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Tro§zdem Nr. 43, November2010 - Justizvollzugsanstalt Oldenburg ...

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§ RECHT & SOZIALES<br />

<strong>Nr</strong>. 1 StPO hinaus auf ein Sachverständigengutachten<br />

zu stützen, dass der besonderen<br />

Tragweite dieser Entscheidung<br />

gerecht wird. Dabei ist auch darauf Bedacht<br />

zu nehmen, dass das ärztliche Gutachten<br />

anerkannten wissenschaftlichen<br />

Standards genügt. Der Gefahr repetitiver<br />

Routinebeurteilungen muss der Richter<br />

durch eine sorgfaltige Auswahl des Gutachters<br />

entgegenwirken (BVerfGE 117,<br />

71 m.w.N.).<br />

Im Falle der erstmaligen Prognoseentscheidung<br />

nach der Mindestverbüßungszeit<br />

von 15 Jahren darf das Gericht in<br />

aller Regel die Einholung eines Gutachtens<br />

nicht allein mit der Begründung<br />

verweigern, dass es eine Strafrestaussetzung<br />

nicht beabsichtige. Nach einem<br />

derart langen Zeitraum fehlt es im Regelfall<br />

an Beurteilungsgrundlagen, die einem<br />

Gericht erlauben, ohne sachverständige<br />

Beratung, eine gesicherte Prognose<br />

darüber abzugeben, ob die durch die Tat<br />

zutage getretene Gefährlichkeit des Verurteilten<br />

fortbesteht. Das Gebot bestmöglicher<br />

Sachaufklärung erfordert daher<br />

regelmäßig für die erstmalige Entscheidung<br />

über die Strafrestaussetzung bei<br />

einer lebenslangen Freiheitsstrafe ein<br />

zeitnahes wissenschaftlich fundiertes<br />

Gutachten.<br />

2. Diesem Maßstab halten die angegriffenen<br />

Entscheidungen nicht stand.<br />

Soweit die angegriffenen Urteile darauf<br />

abstellen, dass die unmittelbare kriminogene<br />

Problematik - trotz der anerkennenswert<br />

frühzeitigen Bemühungen des<br />

Beschwerdeführers - noch nicht so weit<br />

aufgearbeitet worden sei, dass eine hinreichend<br />

günstige Prognose möglich<br />

wäre, genügt diese Begründung nicht,<br />

um von einem sachverständigen Prognosegutachten<br />

nach einem derart langen<br />

Freiheitsentzug abzusehen. Es wird<br />

schon nicht deutlich, worauf die Erkenntnisse<br />

der Gerichte im Einzelnen<br />

beruhen.<br />

Allein der Hinweis, dass eine Therapie<br />

wegen eines tätlichen Angriffs des Beschwerdeführers<br />

auf einen Mithäftling<br />

einmal abgebrochen werden musste,<br />

begründet für sich genommen noch nicht<br />

eine negative Prognose, die ein Verzicht<br />

auf sachverständige Beratung rechtfertigen<br />

könnte.<br />

Es wird auch nicht erkennbar, worauf die<br />

Gerichte ihre Annahme stützen, dass von<br />

einem bereits eingetretenen<br />

(charakterlichen) Wandel derzeit noch<br />

nicht ausgegangen werden könne.<br />

BVerfG [3. Kammer des 2. Senats],<br />

Beschl. v. 20.07.2009 - 2 BvR 328/09<br />

Quelle:Das Schloss 1/ 2010<br />

Fortschreibung des Vollzugsplanes muss<br />

innerhalb der dafür vorgesehenen Frist<br />

erfolgen<br />

VOLLZUGSRECHT: Gefangene<br />

haben ein generelles Recht auf<br />

Fortschreibung ihres Vollzugsplanes<br />

innerhalb der im Vollzugsplan<br />

vorgesehenen Frist.<br />

achdem ein Gefangener sein Recht<br />

N auf die Fortschreibung seines Vollzugsplaner<br />

innerhalb der im Vollzugsplan<br />

vorgesehnen Frist verletzt sah, stellte<br />

er bei der zuständigen Strafvollstreckungskammer,<br />

gemäß § 113 Abs. 1<br />

StVollzG, einen Vornahmeantrag und<br />

beantragte die Antragsgegnerin zur Fortschreibung<br />

des Vollzugsplanes zu verpflichten.<br />

Die Antragsgegnerin argumentierte<br />

jedoch, dass der Antrag unzulässig<br />

sei, weil das Unterlassen einer Maßnahme<br />

nicht vor dem Ablauf von drei Monaten<br />

seit Beantragung der Maßnahme gestellt<br />

werden könne und diese Frist bis<br />

zur Erstellung der neuen Vollzugsplanung<br />

noch nicht verstrichen gewesen sei.<br />

Die 7. Strafkammer des Landgerichts<br />

Marburg an der Lahn sah dies jedoch<br />

anders. Sie urteilte, dass der Antrag nach<br />

§ 113 Abs. 1 StVollzg unzulässig war.<br />

Diese Vorschrift war nicht anwendbar,<br />

denn sie setzt einen Antrag auf Vornahme<br />

einer bestimmten Maßnahme voraus,<br />

der für die Fortschreibung einer Vollzugsplanung<br />

nicht gestellt werden muss.<br />

Wen der Vollzugsplan einen Fortschreibungstermin<br />

vorsieht – was zwingend<br />

der Fall sein muss (§7 Abs. § Satz<br />

2 StVollzG) – hat die Fortschreibung<br />

ohne Antrag zu erfolgen.<br />

Der im Vollzugsplan angegebene<br />

Fortschreibungszeitpunkt kann auch<br />

nicht mit dem Zeitpunkt der Antragstellung,<br />

auf den in § 113 Abs. 1 StVollzG<br />

abgestellt wird, gleichgesetzt werden,<br />

weil es sich hierbei um zwei unterschiedliche<br />

Dinge handelt. Daraus folgt, dass<br />

bei Überschreitung des im Vollzugsplan<br />

genannten Fortschreibungstermins der<br />

auf Erstellung eines neuen Vollzugsplanes<br />

gerichtete Verpflichtungsantrag sofort<br />

zulässig ist und nicht erst nach Ablauf<br />

von drei Monaten.<br />

Der Antrag wäre darüber hinaus auch<br />

begründet gewesen. Gefangene haben<br />

Anspruch auf Fortschreibung des Vollzugsplanes<br />

innerhalb der im Vollzugsplan<br />

vorgesehenen angemessenen Frist<br />

(Feest-Feest/ Joester, StVollzG, 5. Auflage,<br />

2006, § 7 Rn. 30).<br />

Landgericht Marburg/ Lahn 12.11.2009<br />

7aStVK 169/09<br />

56 Tr§tzdem 11/2010 www.jva-oldenburg.de

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