Tro§zdem Nr. 43, November2010 - Justizvollzugsanstalt Oldenburg ...
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§ RECHT & SOZIALES<br />
Keiner muss in<br />
dreckige Zellen<br />
Das Bundesverfassungsgericht hat den<br />
Rechtsschutz von Strafgefangenen<br />
gestärkt. Die Karlsruher Richter gaben<br />
der Verfassungsbeschwerde eines<br />
Häftlings in der Transportabteilung<br />
der Haftanstalt Hannover statt, der in<br />
einer verdreckten Zelle voll rassistischer<br />
Schmierereien untergebracht<br />
war. Die Menschenwürde verbiete es,<br />
„Gefangene grob unhygienischen und<br />
widerlichen Haftraumbedingungen<br />
auszusetzen‘ heißt es in dem Beschluss.<br />
Gegen eine solche Unterbringung<br />
müsse den Gefangenen auch im<br />
Nachhinein noch Rechtsschutz vor<br />
den Gerichten ermöglicht werden. Ein<br />
Sprecher des niedersächsischen Justizministeriums<br />
bestätigte, dass der Haftraum<br />
in einem „katastrophalen Zustand“<br />
gewesen sei.<br />
(dpa)<br />
Mehr Platz im Knast<br />
Demografiescher Wandel und<br />
neue Anstalten.<br />
Nach Angaben von Landesjustizministers<br />
Bernd Busemann (CDU) sind die<br />
niedersächsischen Gefängnisse nicht<br />
mehr überfüllt. Der allgemeine Bevölkerungsrückgang<br />
macht sich offenbar<br />
zumindest in den Gefängnissen positiv<br />
bemerkbar. Zudem wurden seit 2003<br />
mit Sehnde und Rosdorf zwei neue<br />
Anstalten in Betrieb genommen. Busemann<br />
plant ein weiteres Gefängnis in<br />
Bremervörde. Kritiker halten das für<br />
überflüssig. Die JVA <strong>Oldenburg</strong> war<br />
2003 fast voll belegt. Inzwischen gibt<br />
es 610 Haftplätze, aber nur noch 487<br />
Gefangene. Die Quote der Einzelunterbringung<br />
sei aufgrund der neuen<br />
Anstalten in Sehnde und Rosdorf von<br />
50 Prozent auf rund 82 Prozent gestiegen,<br />
erklärte Busemann.<br />
Rund 20 000 Häftlinge durchlaufen<br />
pro Jahr die niedersächsischen Gefängnisse.<br />
49 Standorte des Justizvollzugs<br />
- der Jugendarrest eingeschlossen<br />
- gibt es in dem Bundesland. 7000<br />
Haftplätze stehen zur Verfügung. Es<br />
sitzen durchschnittlich rund 6000<br />
Häftlinge ein. Weniger Enge in den<br />
Haftanstalten habe auch weniger<br />
Stress und Gewalt zur Folge, sagte der<br />
Justizminister. Quelle: NWZ 03.09.2010<br />
Fehler bei der Erstellung von<br />
Prognosegutachten<br />
JUSTIZ: Laut einer neuen Studie sind die meisten Prognosegutachten fehlerhaft.<br />
S<br />
eit je her hat sich die Jurisprudenz<br />
nach einer zuverlässige Methode<br />
der Straftäterermittlung gesehnt.<br />
Die Anfänge der modernen Kriminalprognose<br />
gehen in das späte 19. Jahrhundert<br />
als der italienische Mediziner und<br />
Psychiater Cesare Lombroso mit der<br />
Begründung der Phrenologie, scheinbar<br />
einen Meilenstein in der forensischen<br />
Kriminalitätsprognose gelegt hatte.<br />
Lombroso vertrat die Auffassung, dass<br />
der geborene Verbrecher anhand bestimmter<br />
körperlichen Merkmale identifiziert<br />
werden kann.. Er glaubte unter<br />
anderem, dass eine bestimmte Schädelform<br />
oder zusammengewachsene Augenbrauen<br />
eindeutige Hinweise für eine atavistische<br />
(urmenschliche), und damit<br />
niedrigere und gewalttätigere, Entwicklungsstufe<br />
liefern. In seinem berühmten<br />
Einen Kriminellen bereits vor Begehung<br />
seiner Tat dingfest zu machen,<br />
ist ein langgehegter Wunsch<br />
von Verbrechensbekämpfern.<br />
Buch „L´Uomo delinquente“ (Der Verbrecher…),<br />
dass als eines der ersten<br />
Werke der Kriminologie gesehen werden<br />
kann, vertrat er die Auffassung, dass die<br />
äußeren Merkmale auf eine tief verwurzelte<br />
Anlage zum Verbrecher hinweisen,<br />
die auch durch die Aneignung sozialer<br />
Verhaltensweisen nicht überdeckt werden<br />
können. Nicht mehr die verbrecherische<br />
Tat, sondern der Kriminelle als<br />
anthropologisch determinierter Typus<br />
wurde damit zum Gegenstand einer neuen<br />
wissenschaftlichen Disziplin, der forensischen<br />
Phrenologie. Obwohl diese<br />
Ansichten bereit zu seiner Lebzeit widerlegt<br />
wurden, hielt Lombroso zeitlebens<br />
an seinen Überzeugungen fest.<br />
Im Dritten Reich gewannen die Thesen<br />
des Phrenologie-Begründers wieder<br />
an Beachtung, als die Nationalsozialisten<br />
unter Berufung auf Lombrosos kriminalbiologische<br />
Thesen, im Rahmen ihrer<br />
medizinisch-eugenischen Programme,<br />
umfangreiche Zwangssterilisationen bei<br />
Kriminellen und Geisteskranken durchführten.<br />
Doch die Zeiten dieses dilettantischen<br />
Treibens sind in unserer zivilisierten<br />
und aufgeklärten Gesellschaft<br />
44 Tr§tzdem 11/2010 www.jva-oldenburg.de