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Pragmatische Lösung eines komplexen Problems Schweizer ...

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September 2010<br />

03<br />

Erscheint vierteljährlich<br />

Jahrgang 30<br />

SCHWEIZER<br />

KREBSBULLETIN<br />

BULLETIN SUISSE<br />

DU CANCER<br />

Titelbild:<br />

Hauptgebäude der<br />

Swissmedic in Bern


Band 30, SEPTEMBER 2010, AUFLAGE 3600<br />

INHALTSVERZEICHNIS<br />

Editorial<br />

193-194 Swissmedic und Krebsforschung: nur gut gemeint?<br />

F. Cavalli<br />

Pressespiegel<br />

197-204 Cancer in the media<br />

Schwerpunktthema<br />

Cancer research and Swissmedic<br />

207-209 «Wer in der Schweiz klinische Studien durchführt, spielt in<br />

der A-Liga». Interview mit H.-B. Jenny, Swissmedic<br />

A. Fossgreen<br />

210-211 Swissmedic Notifikationen – Erfahrungen der SAKK<br />

212-213 Notifications de Swissmedic – Expérience du SAKK<br />

P. Wenger, P. Brauchli<br />

214-215 Goethe, Tucholsky und GCP<br />

F. Niggli, I. Lamontagne-Müller<br />

216-217 <strong>Lösung</strong>svorschläge zur Stärkung der akademischen<br />

klinischen Forschung<br />

J. Passweg<br />

218-221 Challenges in Launching Multinational Clinical Trials in<br />

Switzerland: the EORTC perspective<br />

A. Negrouk, R. Stupp<br />

222-223 Regulatorische Probleme bei kutanen Neoplasien –<br />

Studien- und Medikamentenzulassung<br />

R. Dummer<br />

Originalartikel<br />

226-228 oncoreha.ch; Onkologische Rehabilitation Schweiz.<br />

Die onkologische Rehabilitation als ein zukünftiger<br />

Schlüsselfaktor der onkologischen Behandlung?<br />

S. Eberhard<br />

Aktuelles<br />

230 BMS-Preis 2010 an Thomas Pabst<br />

230 SGMO-OPS: Projekt «Adhärenz und Sicherheit bei oraler<br />

Tumortherapie»<br />

231 «Claudius Regaud Medal» to Jacques Bernier<br />

231 Internationale Auszeichnung für die Krebsliga Schweiz<br />

SAKK <strong>Schweizer</strong>ische Arbeitsgemeinschaft<br />

für Klinische Krebsforschung<br />

233-235 SAKK News<br />

C. Britt<br />

236-238 Sechs Jahre Präsidentschaft Richard Herrmann – eine<br />

Würdigung<br />

239-240 Six ans de présidence – Hommage à Richard Herrmann<br />

B. Thürlimann, P. Brauchli<br />

SPOG <strong>Schweizer</strong>ische Pädiatrische<br />

Onkologiegruppe<br />

242-243 Adolescents and young adults (AYA) in hemato-oncology<br />

P. Brazzola<br />

KLS Krebsliga Schweiz<br />

247-248 100 Jahre Krebsbekämpfung in der Schweiz<br />

K. Bodenmüller<br />

249-250 Mehr Mitsprache: Wenn Patienten in der politischen<br />

Meinungsbildung mittun<br />

M.-P. Fauchère<br />

251 2. Psychoonkologie-Tagung in der Klinik Schützen<br />

Rheinfelden 20.01.2011<br />

252 Mehr als 10 Millionen Franken für die Krebsforschung<br />

K. Bodenmüller<br />

255-256 Cent ans de lutte contre le cancer en Suisse<br />

K. Bodenmüller<br />

257-258 Plus de participation active: les patients interviennent dans<br />

la formation politique de l’opinion<br />

M.-P. Fauchère<br />

259 Plus de 10 millions de francs pour la recherche sur le cancer<br />

K. Bodenmüller<br />

OPS Onkologiepflege Schweiz<br />

261-264 Non-Adhärenz: Eine neue Herausforderung in der<br />

Tumortherapie?<br />

M. Eicher, M. Fliedner, E. Näf, E. Rieder<br />

SGPO <strong>Schweizer</strong>ische Gesellschaft für<br />

Psycho-Onkologie<br />

266-268 8. <strong>Schweizer</strong> Fachtagung Psycho-Onkologie.<br />

Spektrum Psycho-Onkologie. Facetten-Ansätze-Einblicke<br />

D. Zwahlen<br />

SGMO <strong>Schweizer</strong>ische Gesellschaft<br />

für Medizinische Onkologie<br />

271-272 Off Label Use: <strong>Pragmatische</strong> <strong>Lösung</strong> <strong>eines</strong> <strong>komplexen</strong><br />

<strong>Problems</strong><br />

J. Nadig<br />

Cooperative Groups<br />

275-276 International Breast Cancer Study Group IBCSG<br />

R. Maibach<br />

Der seltene Fall<br />

281-284 Synchronous occurrence of gastric schwannoma and smallintestinal<br />

GIST in a patient with prior diagnosis of acute<br />

promyelocytic leukemia and prolonged administration of<br />

all-trans retinoic acid: a case report<br />

T. Bartnick, A. Christinat, B. Bühler, E. Zucca<br />

Kongressberichte<br />

287-288 Das interdisziplinäre Knochen- und Weichteiltumorzentrum<br />

der Universität Basel (KWUB) stellt sich der Öffentlichkeit dar<br />

F. Hefti<br />

Bücher<br />

289 Doubt is their product. David Michaels<br />

F. Cavalli<br />

290 Bevorstehende onkologische Ereignisse<br />

Schwerpunktthema Ausgabe Nr. 4-2010: Das Nationale Krebsprogramm (NKP)<br />

Nächste Eingabetermine: Nr. 4/2010: 30. September Nr. 1/2011: 11. Januar Nr. 2/2011: 12. April Nr. 3/2011: 12. Juli<br />

<strong>Schweizer</strong> Krebsbulletin • Nr. 3/2010


EDITORIAL<br />

Swissmedic und<br />

Krebsforschung:<br />

nur gut gemeint?<br />

Schwerpunktthema dieser Ausgabe ist Swissmedic, was für viele Forscher, auch<br />

in der Onkologie, in den letzten Jahren fast zu einem Reizwort geworden ist.<br />

Die Redaktion hat deshalb beschlossen, das Thema offensiv anzupacken, anstatt<br />

es weiterhin zu verschweigen. Wir eröffnen das Thema mit einem Interview<br />

mit Hans-Beat Jenny, stellvertretender Direktor von Swissmedic und<br />

Leiter des Bereiches Bewilligungen, das die Wissenschaftsjournalistin A.<br />

Fossgreen geführt hat. Danach folgen fünf Beiträge aus der Sicht von SAKK,<br />

EORTC, SPOG, KLS und einer monoinstitituellen Forschungsgruppe. Alle<br />

Beiträge zeugen von einer bemerkenswerten Seriosität und sind manchmal in<br />

ihrer Exaktheit sogar etwas akribisch. Erfreulich ist auch, dass neben harscher<br />

Kritik auch immer konstruktive Vorschläge zu finden sind. Das lässt auf eine<br />

bessere Zukunft hoffen.<br />

* * *<br />

Ich habe es häufig auch in der Öffentlichkeit gesagt: Die Aufgabe von Swissmedic<br />

grenzt an «mission impossible». Tatsächlich muss sie fast das gleiche<br />

leisten, was auch viel potentere Organisationen wie FDA und EMEA tun. Das<br />

gelingt meistens auch nur durch einen sehr hohen Einsatz der Swissmedic-<br />

Mitarbeiter: und dies trotz hoher Fluktuation, was das Ganze nochmals erschwert.<br />

Ich wäre fast geneigt zu sagen: typisch für gute <strong>Schweizer</strong> Qualität.<br />

Tatsächlich haben wir aber nicht nur nationale Tugenden, sondern auch leider<br />

einige eidgenössische Schwächen. So neigen wir dazu, nicht allzu selten kleinkariert<br />

zu sein und alle Regeln pingelig genau auszulegen. Und auch davon<br />

ist in den Beiträgen dieser Nummer die Rede. Ich habe bei der Ausarbeitung<br />

des Heilmittelgesetzes (HMG) im Parlament mitgewirkt und weiss, dass das<br />

Gesetz hätte besser sein können. Unter anderem fehlt es darin nicht an Widersprüchen.<br />

Aber das Gesetz lässt häufig einen gewissen Interpretationsspielraum<br />

zu: Swissmedic scheint aber diesen Spielraum kaum je auszunutzen. Man<br />

hat ja sogar den Eindruck, dass sie die Paragraphen immer nur so eng wie<br />

möglich auslegt. Auch das Interview mit Herrn Jenny kann diesen Ausdruck<br />

nicht aus der Welt schaffen. Und wenn das Gesetz unklar oder widersprüchlich<br />

ist, ist die Auslegung von Swissmedic fast nie «in dubbio pro Forscher». Diese<br />

Punkte werden besonders gut im EORTC-Bericht dargelegt. Aber es gibt<br />

auch andere Beispiele: kürzlich wurden Daten z.B. bei einer Phase I Studie verlangt,<br />

die bei derselben Studie von der deutschen Behörde (die bis jetzt als die<br />

strengste in Europa galt), nicht verlangt wurden. Oder als weiteres Beispiel:<br />

warum werden bei Kombinationen mit mehreren Medikamenten, Zertifikate<br />

und Informationen über Zytostatika verlangt, die seit 30 Jahren in der täglichen<br />

Routine gebraucht wurden, ja manchmal sogar so alt sind, dass sie in<br />

vielen Zentren nur noch selten angewandt werden?<br />

* * *<br />

Herr Jenny hat sicher recht, wenn er meint, dass einige (hoffentlich die meisten)<br />

dieser Probleme mit dem Humanforschungsgesetz (HFG), das jetzt<br />

ausgearbeitet wird, gelöst werden sollten. Es gilt vor allem für eine bessere<br />

Abgrenzung der Verantwortungen zwischen Ethischen Komitees und Swissmedic.<br />

Heutzutage ergibt sich dabei häufig eine zeitlich langwierige, nervenaufreibende<br />

Redundanz. Aber sicher wird man auch andere Probleme, die zur<br />

Zeit in der EU manchmal besser geregelt zu sein scheinen, ausräumen können.<br />

Wichtig scheint mir aber, wie im SAKK-Beitrag aufgeführt wird, dass man<br />

sich an den «Geist des HMG» erinnert, der folgendes vorsieht: «Beim Vollzug<br />

dieses Gesetzes, insbesondere beim Erlass von Verordnungen und bei der Anwendung im<br />

Einzelfall, ist darauf zu achten, dass: (…) b. für die Forschung und Entwicklung im<br />

<strong>Schweizer</strong> Krebsbulletin • Nr. 3/2010 193


EDITORIAL<br />

Heilmittelbereicht günstige Rahmenbedingungen bestehen». Das scheint heute etwas<br />

verloren gegangen zu sein. Wenn Herr Jenny auf die Frage der Finanzierung<br />

der Studien (Versicherungen!) antwortet, «wie die Forscher diese Auflage erfüllen,<br />

ist ihre Sache», dann hat er rein technisch recht, aber politisch-institutionell<br />

sicher nicht. Das muss nämlich Sache des Departements sein, zu dem<br />

Swissmedic gehört und schlussendlich des Bundesrates, der ja bei seiner letzten<br />

Forschungsbotschaft schwer bemängelt hatte, dass die klinische Forschung das<br />

schwächste Glied der Forschungskette in der Schweiz sei. Und auch das Problem<br />

«Pharma vs. akademische Forschung» kann man nicht einfach mit der<br />

Pauschalbemerkung, «alle müssen in der Liga A spielen», lösen. Dazu muss<br />

man zuerst die nötigen Bedingungen kreieren, da sich zur Zeit die Spitäler,<br />

manchmal aber sogar die Universitäten weigern, die «finanziellen Auflagen der<br />

klinischen Forschung» zu finanzieren.<br />

* * *<br />

Wie im SAKK-Beitrag festgehalten wird, sind momentan sicher positive Entwicklungen<br />

bei Swissmedic zu beobachten. Eine neue Gesprächsbereitschaft<br />

hat sich in den letzten Monaten bemerkbar gemacht. Aber auch seitens der<br />

Forscher gibt es neue Ansatzpunkte: Viele positive Vorschläge, die in jedem<br />

der fünf Berichte dieser Ausgabe zu finden sind, beweisen es. Die Sicherheit<br />

und die Würde der Patienten liegen uns auch am Herzen und wir haben auch<br />

endlich eingesehen, dass wir an vernünftigen GCP-Regeln nicht herumkommen.<br />

Es bleibt jetzt nur noch zu hoffen, dass die hoffentlich rasche Ausarbeitung<br />

und Implementierung des HFG die Möglichkeit eröffnen wird, alle die<br />

erwähnten, anstehenden Probleme ein für allemal zu lösen. Das müssen wir,<br />

wenn wir die Position des Forschungsstandortes Schweiz (der in der klinischen<br />

Forschung in den letzten Jahren einiges an Bedeutung eingebüsst hat) verbessern<br />

wollen. Wir sind diesbezüglich aber auch gegenüber unseren Patienten<br />

verpflichtet: wie in einigen Berichten richtigerweise festgehalten wird, müssen<br />

wir vermeiden, dass wir uns später irgendwann fragen müssen, ob durch<br />

die Verlangsamung der Forschung nicht mehr Lebensjahre verloren gegangen<br />

sind, als durch verbesserten Schutz vielleicht gewonnen wurden. Und würde<br />

dies eintreffen, wären wir alle sicher nicht glücklich. Swissmedic auch nicht.<br />

Franco Cavalli<br />

194 <strong>Schweizer</strong> Krebsbulletin • Nr. 3/2010


HERAUSGEBER<br />

REDAKTION<br />

Prof. Dr. Franco Cavalli, Koordination: Karin Lerch<br />

Istituto Oncologico della Svizzera Italiana (IOSI), Ospedale Regionale di Bellinzona e Valli, 6501 Bellinzona<br />

Tel. 091 811 82 30, Fax 091 811 91 82, Email: karin.lerch@sakk.ch<br />

SAKK<br />

<strong>Schweizer</strong>ische Arbeitsgemeinschaft für Klinische Krebsforschung / Groupe Suisse de Recherche Clinique sur le Cancer<br />

Verantwortlich: Chantal Britt, SAKK, Effingerstrasse 40, 3008 Bern<br />

Tel. 031 389 91 95, Fax 031 389 92 00, Email: chantal.britt@sakk.ch<br />

NICER<br />

National Institute for Cancer Epidemiology and Registration / Institut national pour l’épidémiologie et l’enregistrement du cancer<br />

Responsable: Dr Jean-Michel Lutz, National Institute for Cancer Epidemiology and Registration, ISPM Zürich, Sumatrastrasse 30, 8006 Zürich<br />

Tel. 044 634 53 78, Fax 044 634 49 09, Email: jean-michel.lutz@ifspm.uzh.ch<br />

SPOG<br />

<strong>Schweizer</strong>ische Pädiatrische Onkologie Gruppe / Groupe suisse d’oncologie pédiatrique<br />

Präsident: PD Dr. Nicolas von der Weid, Unité d’onco-hématologie péd. Service de Pédiatrie, CHUV, 1011 Lausanne<br />

Tel. 021 314 13 34, Fax 021 314 33 32, Email: nicolas.von-der-weid@chuv.ch<br />

KLS<br />

Krebsliga Schweiz / Ligue suisse contre le cancer<br />

Verantwortlich: Kurt Bodenmüller, KLS, Effingerstrasse 40, Postfach 8219, 3001 Bern<br />

Tel. 031 389 93 31, Fax 031 389 91 62, Email: kurt.bodenmueller@krebsliga.ch<br />

ISREC<br />

Institut Suisse de Recherche Expérimentale sur le Cancer / <strong>Schweizer</strong>isches Institut für experimentelle Krebsforschung<br />

Responsible at interim: Prof. Douglas Hanahan, ISREC-EPFL, Batiment SV, Station 19, 1015 Lausanne<br />

Tel. 021 693 06 57, Fax 021 693 06 60, Email: dh@epfl.ch<br />

SASRO<br />

Scientific Association of Swiss Radiation Oncology<br />

Responsible: Prof. Daniel Aebersold, Klinik für Radio-Onkologie, Inselspital, 3010 Bern<br />

Tel. 031 632 26 32, Fax 031 632 48 85, Email: daniel.aebersold@insel.ch<br />

SGO<br />

<strong>Schweizer</strong>ische Gesellschaft für Onkologie / Société suisse d’oncologie<br />

Verantwortlich: PD Dr. Caroline Maake, Universität Zürich, Anatomisches Institut, Winterthurerstrasse 190, 8057 Zürich<br />

Tel. 044 635 53 38, Email: cmaake@anatom.uzh.ch<br />

OPS<br />

Onkologiepflege Schweiz<br />

Verantwortlich: Irène Bachmann-Mettler, Geschäftsstelle Onkologiepflege Schweiz, Hirstigstrasse 13, 8451 Kleinandelfingen<br />

Tel. 052 301 21 89, Fax 052 317 39 80, Email: info@onkologiepflege.ch, www.onkologiepflege.ch<br />

SGPO<br />

<strong>Schweizer</strong>ische Gesellschaft für Psycho-Onkologie / Société Suisse de Psycho-Oncologie<br />

Sekretariat SGPO, c/o Krebsliga Schweiz, Effingerstrasse 40, Postfach 8219, 3001 Bern<br />

Tel. 031 389 91 30, Fax 031 389 91 60, Email: claudia.bigler@krebsliga.ch<br />

SGMO<br />

<strong>Schweizer</strong>ische Gesellschaft für Medizinische Onkologie<br />

Verantwortlich: Dr. Jürg Nadig, SGMO, Bannhaldenstrasse 7, 8180 Bülach<br />

Tel. 044 862 73 00, Fax 044 862 73 01, Email: juerg.nadig@hin.ch<br />

Folgende Firmen unterstützen den SAKK Industriepool:<br />

Amgen Schweiz AG<br />

AstraZeneca AG<br />

Baxter AG<br />

Bayer Schering Pharma (Schweiz) AG<br />

Böhringer Ingelheim AG<br />

Bristol-Myers Squibb GmbH<br />

Celgene Switzerland SA<br />

EBEWE Pharma Schweiz AG<br />

Eli Lilly (Suisse) SA<br />

Essex Chemie AG<br />

Genzyme GmbH<br />

GlaxoSmithKline AG<br />

Janssen-Cilag AG<br />

Lipomed AG<br />

Mepha Pharma AG<br />

Merck (Schweiz) AG<br />

Mundipharma Medical Company<br />

Novartis Pharma (Schweiz) AG<br />

Nycomed Pharma AG<br />

Pfizer AG<br />

PharmaMar S.A.<br />

Robapharm AG<br />

Roche Pharma (Schweiz) AG<br />

Sanofi-Aventis (Schweiz) AG<br />

Takeda Pharma AG<br />

Vifor Pharma AG<br />

196 <strong>Schweizer</strong> Krebsbulletin • Nr. 3/2010


PRESSESPIEGEL<br />

Le gouffre du cancer de la<br />

prostate<br />

Un célèbre médecin américain dénonce un «désastre<br />

de santé publique» et le coût des stratégies<br />

de dépistage. La polémique concerne<br />

aussi la France<br />

Les stratégies de dépistage du cancer de la<br />

prostate sont-elles à revoir? Dans une tribune,<br />

publiée mercredi 10 mars dans le New York<br />

Times, le père du test sanguin utilisé à cette<br />

fin dénonce son utilisation systématique chez<br />

les hommes de plus de 50 ans. Cette prise de<br />

position fait écho à une controverse qui agite<br />

depuis plusieurs années les milieux médicaux<br />

français: tandis que les urologues défendent<br />

un tel dépistage, les épidémiologistes soulignent<br />

son peu d’impact et ses effets négatifs<br />

sur la qualité de vie des patients.<br />

Richard Ablin n’est pas n’importe qui parmi les<br />

spécialistes de la prostate. En 1970, ce professeur<br />

d’immunobiologie et de pathologie de<br />

l’université de l’Arizona a découvert l’antigène<br />

spécifique prostatique (PSA). Une élévation du<br />

taux sanguin de cette protéine exclusivement<br />

fabriquée par la prostate témoigne d’une anomalie,<br />

sans pour autant déterminer s’il s’agit<br />

d’un cancer ou d’une pathologie bénigne. Un<br />

résultat anormal peut ainsi déclencher des<br />

examens complémentaires et des traitements<br />

qui peuvent entraîner des séquelles, en particulier<br />

une impuissance et-ou une incontinence.<br />

Le docteur Ablin rappelle que, chaque année,<br />

quelque 30 millions d’hommes américains subissent<br />

un dosage du PSA. Il évoque un «désastre<br />

de santé publique immensément coûteux»,<br />

puisque la note s’élève «à au moins 3<br />

milliards de dollars, dont la plus grande partie<br />

est assumée par le programme Medicare et<br />

l’administration des anciens combattants».<br />

La commercialisation du test, précise-t-il, a<br />

été autorisée «essentiellement sur la base<br />

d’une étude montrant que la pratique du test<br />

permettait de dépister 3,8% des cancers de<br />

la prostate, ce qui était mieux que la méthode<br />

traditionnelle du toucher rectal».<br />

Comment Richard Ablin explique-t-il que le<br />

dosage du PSA soit néanmoins tant pratiqué?<br />

«Parce que les firmes pharmaceutiques continuent<br />

à vendre à tour de bras les tests et que<br />

des groupes d’influence défendent la vigilance<br />

à l’égard du cancer de la prostate», affirme-t-il.<br />

Richard Ablin ne voit d’intérêt dans le dosage<br />

du PSA que dans la surveillance, après traitement,<br />

d’un cancer de la prostate et chez les<br />

hommes ayant dans leur famille des antécédents<br />

de cancer de la prostate.<br />

En France, la question fait l’objet d’un désaccord<br />

de longue date entre l’Association française<br />

d’urologie (AFU), qui recommande la réalisation<br />

du test annuellement pour les hommes<br />

de 50 à 75 ans, d’une part, et la Haute Autorité<br />

de santé (HAS) et l’Institut national du cancer<br />

(INCa), d’autre part, qui ne préconisent pas ce<br />

dosage systématique.<br />

Lors de la Journée de la prostate, le 15 septembre<br />

2009, l’AFU a fait état d’une enquête<br />

montrant que 90% des médecins généralistes<br />

proposaient un dépistage régulier par dosage<br />

du PSA, mais que 40% le prescrivaient à des<br />

hommes de plus de 75 ans, âge à partir duquel<br />

tout le monde s’accorde à dire que le cancer<br />

de la prostate n’aurait quasiment aucun risque<br />

de provoquer un décès. En revanche, rappelle<br />

l’AFU, une étude européenne publiée en 2009<br />

montre «une diminution de plus de 30% du<br />

risque de mourir d’un cancer de la prostate<br />

dans une population soumise à un dépistage<br />

systématique» par rapport à un groupe où il<br />

n’est pas pratiqué.<br />

Pour sa part, Richard Ablin souligne que dans<br />

l’étude européenne, il faut traiter 48 hommes<br />

pour sauver une vie. «Cela signifie 47 hommes<br />

qui, selon toute vraisemblance, ne peuvent<br />

plus avoir une fonction sexuelle normale ou<br />

être éloigné des toilettes trop longtemps», regrette-t-il<br />

en évoquant les effets indésirables<br />

des traitements chirurgicaux radicaux.<br />

«Comme l’Institut national du cancer américain,<br />

l’INCa et l’HAS ne recommandent pas le<br />

dépistage systématique du cancer de la prostate<br />

par le dosage du PSA, indique le président<br />

de l’INCa, Dominique Maraninchi. Bien sûr, le<br />

dosage du PSA va aider à découvrir certains<br />

cancers de la prostate et à le faire plus tôt,<br />

mais l’examen des différentes études dans le<br />

monde ne débouche sur aucun consensus sur<br />

un bénéfice collectif en termes de réduction<br />

de la mortalité due à ce cancer. Il faut donc le<br />

proposer aux personnes ayant un risque élevé,<br />

mais pas à tous les hommes entre 50 et 75<br />

ans.»<br />

La controverse renvoie donc, comme souvent<br />

s’agissant de dépistage, à deux logiques diamétralement<br />

opposées. L’une, individuelle:<br />

j’accrois mes chances de survie si le test permet<br />

de découvrir un cancer. L’autre concerne<br />

une population entière : les bénéfices collectifs<br />

justifient-ils les inconvénients et les effets indésirables<br />

d’une politique systématique pour une<br />

part importante de la population?<br />

Dominique Maraninchi insiste sur l’information<br />

à donner aux patients souhaitant se soumettre<br />

au dosage du PSA. «En France, où l’on pratique<br />

2,7 millions de dosages du PSA par an, les médecins<br />

doivent préalablement signaler qu’une<br />

élévation du PSA sanguin entraînera une biopsie<br />

de la prostate pour prélever du tissu de la<br />

glande et que, dans 3% des cas, peuvent survenir<br />

une rétention d’urine, une infection de la<br />

prostate, voire une septicémie.»<br />

Pas de réponse simple, donc, à la question<br />

du dépistage du cancer de la prostate. Autant<br />

dire que les hommes ayant passé le cap des<br />

50 ans n’ont pas fini d’être perplexes. Faut-il<br />

assumer l’angoisse du dépistage, sachant qu’il<br />

sera toujours plus justifié l’année suivante car<br />

la fréquence du cancer de la prostate augmente<br />

avec l’âge? Ou bien doit-on considérer<br />

que le risque de séquelles après une ablation<br />

de la prostate est tel que le jeu n’en vaut pas<br />

la chandelle? Enjeux sociétaux, mais aussi enjeux<br />

éthiques: la maladie est plus fréquente<br />

chez les personnes d’origine africaine et chez<br />

les Antillais. Faudrait-il dès lors inclure des critères<br />

ethniques pour déterminer la population<br />

à cibler?<br />

Le Monde, 13 mars 2010<br />

Faltering Cancer Trials<br />

The nation’s most important system for judging<br />

the clinical effectiveness of cancer treatments<br />

is approaching «a state of crisis.» That is the<br />

disturbing verdict of experts assembled by the<br />

National Academy of Sciences to review the<br />

performance of clinical trials sponsored by the<br />

National Cancer Institute.<br />

Unless the shortcomings are remedied, some<br />

of President Obama’s ambitious health care<br />

reforms will be jeopardized and his audacious<br />

goal of finding «a cure for cancer in our time»<br />

will have almost no chance at all.<br />

The most shocking deficiency highlighted by<br />

the report, issued by the academy’s Institute<br />

of Medicine, is that about 40 percent of all<br />

advanced clinical trials sponsored by the Cancer<br />

Institute are never completed. That is an<br />

incredible waste of effort and money, and a<br />

huge obstacle at a time when researchers are<br />

developing promising new therapies that must<br />

be rigorously tested.<br />

These large, government-sponsored studies are<br />

supposed to be the gold standard - and very<br />

different from the narrow, occasionally biased<br />

studies sponsored by manufacturers seeking<br />

approval of a new drug.<br />

The government-sponsored trials can be invaluable<br />

in comparing one therapy against another<br />

(manufacturers rarely want to put their products<br />

up against a competitor’s), combinations<br />

of therapies, or therapies for rare diseases with<br />

little commercial potential.<br />

So it is especially worrying to hear the experts<br />

say that the system - run by the Cancer Institute<br />

<strong>Schweizer</strong> Krebsbulletin • Nr. 3/2010 197


PRESSESPIEGEL<br />

at the National Institutes of Health - is so mired<br />

in cumbersome procedures that it needs to be<br />

completely overhauled.<br />

The Cancer Institute funds clinical trials primarily<br />

through 10 «cooperative groups» of experts.<br />

They generate ideas for testing new therapies<br />

and conduct the trials through networks of cancer<br />

centers and community oncology practices.<br />

More than 25,000 patients, 3,100 institutions<br />

and 14,000 investigators participate each year.<br />

Yet a series of reviews in recent years found<br />

that the testing operation is mired in bureaucracy<br />

and poorly coordinated. A typical trial<br />

must navigate past dozens of overlapping reviews<br />

by different boards and agencies that<br />

must approve the original concept for the trial<br />

and then the protocol that will govern how it<br />

is conducted before the investigators can start<br />

enrolling any patients.<br />

The average time between developing the concept<br />

for a study and getting it started is about<br />

2.5 years. The longer a study takes to get started,<br />

the more likely it is to become scientifically<br />

out of date, and the less likely it is that doctors<br />

or patients will want to participate.<br />

Other factors, including failure to pay investigators<br />

and their institutions the full costs of a<br />

trial, can also impede enrollment. And if not<br />

enough patients are enrolled, the study lacks<br />

the statistical power to generate meaningful results<br />

and cannot be completed.<br />

The Institute of Medicine panel, headed by<br />

John Mendelsohn, president of the M.D. Anderson<br />

Cancer Center in Houston, offered a range<br />

of suggestions for improving the prospects for<br />

success.<br />

It called for reducing and consolidating the<br />

number of cooperative groups, committees<br />

and reviews; increasing the money to support<br />

the trials; increasing the academic rewards to<br />

encourage researchers to run clinical trials;<br />

setting strict deadlines for each step in the<br />

process; and prioritizing the studies most likely<br />

to be successful. All that should be done even<br />

if money has to be transferred from other research<br />

activities.<br />

The need for improvement looms especially<br />

large now that the Obama administration is<br />

pouring substantial sums into «comparative effectiveness<br />

research.» That is essential to helping<br />

doctors determine which treatments work<br />

well and which do not - and holding down the<br />

cost of medical care.<br />

More than 11 million Americans are living with<br />

cancer or the prospect that cancer may return,<br />

and 1.5 million more may get new diagnoses<br />

of the disease this year, driving total cancer<br />

care costs above $100 billion a year. Nearly<br />

one in four Americans are projected to die from<br />

cancer. It is vitally important to find the best<br />

treatments for them. Repairing the clinical trials<br />

system is critical not only for health care reform<br />

but for the health of millions of Americans.<br />

This article has been revised to reflect the following<br />

correction:<br />

Correction: April 27, 2010 An editorial on Sunday<br />

about faltering cancer studies incorrectly<br />

cited two figures for the number of patients participating<br />

annually in advanced clinical trials financed<br />

by the National Cancer Institute. There<br />

are more than 25,000 patients and 14,000<br />

investigators.<br />

New York Times, April 24, 2010<br />

Blockbuster-Arzneimittel im<br />

Visier<br />

Ein neues Gutachten bezweifelt die Wirksamkeit<br />

des Krebsmittels Avastin. Stimmt das,<br />

wäre es für Hersteller Roche eine Katastrophe.<br />

Das Medikament wird von Ärzten gegen Darm-,<br />

Brust-, Lungen- und Nierenkrebs verschrieben.<br />

Als letzte Konsequenz könnte Avastin aus dem<br />

Leistungskatalog der Krankenkassen gestrichen<br />

werden.<br />

Ein spektakulärer Fall heizt den Streit um zu<br />

hohe Arzneimittelkosten in Deutschland an. Der<br />

Arzneimittelkommission der Deutschen Ärzteschaft<br />

liegt nach Informationen des Handelsblatts<br />

ein Gutachten vor, das den Nutzen <strong>eines</strong><br />

der in Deutschland meistverschriebenen Krebsmittel<br />

infrage stellt. Für den Hersteller Roche<br />

steht nun viel auf dem Spiel.<br />

Bevacizumab, Handelsname Avastin, wird von<br />

Ärzten gegen Darm-, Brust-, Lungen- und Nierenkrebs<br />

verschrieben. Roche, <strong>eines</strong> der in Europa<br />

führenden Pharmaunternehmen, hat im<br />

vergangenen Geschäftsjahr weltweit rund 4,2<br />

Mrd. Euro mit Avastin umgesetzt. Das sind 21<br />

Prozent mehr als 2008.<br />

Nun droht Ungemach. Die Arzneimittelkommission<br />

der deutschen Ärzteschaft teilt grundlegende<br />

Bedenken der Gutachter, wie das Handelsblatt<br />

erfuhr. Der Fachausschuss berät die<br />

Bundesärztekammer, eine seiner wichtigsten<br />

Aufgaben ist die Arzneimittelüberwachung.<br />

Auch der Gemeinsame Bundesausschuss von<br />

Ärzten und Krankenkassen (GBA), der darüber<br />

wacht, welche Mittel die gesetzlichen Krankenkassen<br />

bezahlen, beschäftigt sich mit Avastin.<br />

«Wenn es nun neue Erkenntnisse gibt, müssen<br />

wir uns damit befassen», sagte GBA-Chef Rainer<br />

Hess dem Handelsblatt. Es sei nicht auszuschliessen,<br />

dass als letzte Konsequenz Avastin<br />

aus dem Leistungskatalog der Krankenkassen<br />

gestrichen wird.<br />

Vorher müsste der GBA allerdings das Institut<br />

für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen<br />

beauftragen, eine Kosten-Nutzen-<br />

Bewertung vorzunehmen. «Ich halte nicht für<br />

ausgeschlossen, dass wir das auch tun werden»,<br />

sagte Hess.<br />

Das britische Institut NICE (National Institute<br />

of Clinical Excellence), das Kosten-Nutzen-<br />

Analysen für das britische Gesundheitssystem<br />

erstellt, hat schon gehandelt. Es lehnte die<br />

Erstattung von Avastin 2007 wegen zu hoher<br />

Kosten ab.<br />

Die Autoren der neuen deutschen Studie sind<br />

Gutachter des Medizinischen Dienstes (MdK)<br />

der baden-württembergischen Krankenkassen.<br />

Sie wurden bei einer Routineprüfung in onkologischen<br />

Praxen auf den Fall aufmerksam.<br />

Jetzt haben sie bei der Arzneimittelkommission<br />

Alarm geschlagen. In ihrem Schreiben heisst<br />

es: Es handele sich um ein «marginal wirksames<br />

Medikament».<br />

«Dürftige Datenlage»<br />

Die Verlängerung der Lebenszeit der Patienten<br />

sei in den Nachfolgestudien seit der Erstzulassung<br />

2005 nicht belegt. Es bestehe «erhebliche<br />

Toxizität». Teilweise hätten tödliche Komplikationen<br />

zugenommen. Zudem monieren die Gutachter<br />

die «dürftige Datenlage», aufgrund derer<br />

das Mittel zugelassen wurde. «Der geringe Zusatznutzen<br />

des Mittels gegenüber vergleichbaren<br />

Arzneien steht in keinem Verhältnis zu den<br />

monatlichen Therapiekosten von 5’000 Euro»,<br />

schlussfolgert Peter Schwoerer, Chef des Beschwerdeausschusses<br />

Baden-Württemberg. In<br />

einem Antwortbrief an Schwoerer macht sich<br />

auch der Vorsitzende der Arzneimittelkommission,<br />

Wolf-Dieter Ludwig, wesentliche Bedenken der<br />

Prüfer zu eigen. «Ich stimme prinzipiell mit Ihrer<br />

Kritik an der dürftigen Datenlage überein»,<br />

schreibt er. Ludwig ist Krebsspezialist in einer<br />

Klinik.<br />

Dem Handelsblatt sagte Ludwig, schwere Nebenwirkungen<br />

seien zwar selten bestätigt, sie<br />

reichten aber von Nervenstörungen oder verzögerter<br />

Wundheilung bis zu Darmdurchbrüchen.<br />

Lediglich bei der Behandlung von Darmkrebs<br />

habe sich erwiesen, dass Avastin wirksamer sei<br />

als vergleichbare Substanzen. Für die Behandlung<br />

von Brustkrebs gebe es diesen Nachweis<br />

nicht. Der gemeinsame Bundesausschuss erwägt<br />

daher schon länger, Avastin nur noch einzusetzen,<br />

wenn neben dem behandelnden Arzt<br />

ein zweiter Mediziner dies befürwortet.<br />

Hersteller Roche wehrt sich. Die Kritik sei unbegründet.<br />

Von einer dürftigen Datenlage könne<br />

keine Rede sein. «Mit mehr als 40’000 Patienten<br />

in klinischen Studien ist Avastin vielmehr<br />

das weltweit am intensivsten untersuchte<br />

Krebsmedikament», sagte ein Sprecher von<br />

198 <strong>Schweizer</strong> Krebsbulletin • Nr. 3/2010


PRESSESPIEGEL<br />

Roche Deutschland. In allen vier zugelassenen<br />

Indikationen sei Avastin die mit der höchsten<br />

Evidenz belegte Substanz. Nebenwirkungen seien<br />

vielfach auf die in Kombination mit Avastin<br />

verabreichten Chemotherapeutika zurückzuführen.<br />

In der Behandlung von fortgeschrittenem<br />

Lungenkrebs habe man mit Avastin nach zehn<br />

Jahren ohne Therapiefortschritt wieder Überlebensvorteile<br />

erzielt.<br />

Dagegen weist Ludwig darauf hin, dass die von<br />

Roche ins Feld geführten klinischen Studien in<br />

der Regel nicht ausreichten, den Zusatznutzen<br />

gegenüber anderen Arzneimitteln zu belegen.<br />

So bewerte die europäische Zulassungsbehörde<br />

EMA anhand der Studien nur die Relation<br />

zwischen Wirksamkeit und Risiken, nicht jedoch<br />

den mit dem neuen Wirkstoff im Vergleich zu<br />

den verfügbaren Arzneimitteln zu erzielenden<br />

Fortschritt. Wissenschaftlich fundierte Aussagen<br />

zur Wirksamkeit und Sicherheit der Spezialpräparate<br />

unter Alltagsbedingungen und<br />

zur Überlegenheit gegenüber dem bisherigen<br />

medizinischen Standard seien daher oft nicht<br />

möglich.<br />

Der Fall platzt mitten in eine Zeit, in der der<br />

Streit über zu hohe Medikamentenpreise auf<br />

einen Höhepunkt zutreibt. Vergangene Woche<br />

hat die Bundesregierung Eckpunkte für eine<br />

Arzneimittelreform verabschiedet.<br />

Der Arzneimittelkommission gehen die Pläne<br />

nicht weit genug. Ludwig hat vor allem Zweifel,<br />

ob die dürftige Datenlage reicht, um die geplante<br />

Schnellbewertung neuer Präparate in den<br />

ersten drei Monaten nach der Zulassung durchzuführen.<br />

Damit drohe die Kostenexplosion bei<br />

Spezialpräparaten, wie Avastin, weiterzugehen.<br />

Bereits heute wenden die Kassen 20 Prozent<br />

ihrer Arzneimittelausgaben für Spezialpräparate<br />

auf, obwohl der Nutzen oft nicht erwiesen ist.<br />

Handelsblatt, 4. Mai 2010<br />

Krebsspezialist Thomas Cerny<br />

greift Pharmaindustrie an:<br />

«Die Medikamente sind viel<br />

zu teuer»<br />

Sie sind die Hoffnung für Krebskranke. Doch<br />

Ärzte und Kassen bezweifeln, ob die Krebsmedikamente<br />

von Roche & Co. die hohen Preise<br />

wert sind.<br />

Krebs ist eine moderne Geissel der Menschheit:<br />

Dieses Jahr sterben erstmals mehr Menschen<br />

an Tumoren als an Herz-Kreislauf-Krankheiten.<br />

Ebenso rasant wächst der Markt für Krebsmedikamente.<br />

Mit über 50 Milliarden Franken hat<br />

er sich seit 2003 verdoppelt.<br />

Das Geschäft mit den letzten Tagen, Wochen<br />

und Monaten beschert der Pharmaindustrie<br />

bombastische Gewinne. Weltmarktführer<br />

Roche setzt im Onkologiegeschäft mehr als<br />

20 Milliarden um. 36 Prozent davon fliessen<br />

in den Gewinn. «Roche ist extrem dominant,<br />

auch im Lobbying», sagt die Wiener Gesundheitsspezialistin<br />

Claudia Wild, die kürzlich<br />

ein pharmakritisches Buch publiziert hat.<br />

Eine Monatsdosis des Roche-Blockbusters Avastin<br />

kostet 4000 Franken, Mabthera sogar 4700<br />

Franken (siehe unten). «Innovation muss honoriert<br />

werden», sagt Manfred Heinzer (46), Pharmachef<br />

von Roche Schweiz. «Wir gehen hohe Risiken in<br />

der Entwicklung neuartiger Wirkstoffe ein.»<br />

Massgebend für die Preise seien jedoch nicht die<br />

Entwicklungskosten, sondern der Nutzen für die<br />

Patienten.<br />

Doch gegen die Tarifpolitik der Pharmamultis regt<br />

sich Widerstand: «Die Preise müssen runter», fordert<br />

Thomas Cerny (58), Chefarzt am Kantonsspital<br />

St. Gallen und Präsident der Krebsforschung<br />

Schweiz. Die Behörden und die Unternehmen<br />

müssten über die Bücher gehen: «Sonst riskiert<br />

die Pharmaindustrie, dass die Grundversicherung<br />

die Präparate nicht mehr zahlt.»<br />

Klassische Chemotherapien kosten nicht mal<br />

ein Fünftel so viel wie die neuen Krebsmittel.<br />

Sie funktionieren jedoch wie Rasenmäher,<br />

zerstören alle schnell wachsenden Zellen im<br />

Körper, egal, ob krank oder gesund. Die neuen<br />

Präparate zielen dagegen direkt auf die Krebszellen<br />

ab, indem sie etwa die Blutzufuhr der Tumore<br />

blockieren. «Dank unserer Medikamente<br />

können die Patienten ein längeres und besseres<br />

Leben führen», sagt Roche-Mann Heinzer.<br />

Die Wirksamkeit der angeblichen Wunderpillen<br />

ist jedoch umstritten. «Selbst die Studien der<br />

Pharmafirmen weisen bei vielen Präparaten nur<br />

einen geringen Nutzen nach», sagt Buchautorin<br />

Wild. Zwar hemmten manche Mittel für einige<br />

Zeit das Tumorwachstum. «Die tatsächliche Lebensverlängerung<br />

ist aber häufig nur minimal.»<br />

Zu diesem Schluss kommt auch Reto Guetg,<br />

Vertrauensarzt des Krankenkassenverbands<br />

Santésuisse: «Angesichts der hohen Preise<br />

müssten die neuen Präparate deutliche Fortschritte<br />

bringen – das tun sie aber oft nicht.»<br />

Cerny und die <strong>Schweizer</strong> Arbeitsgemeinschaft<br />

für klinische Krebsforschung wollen mehr wissen:<br />

In einer Studie mit 230 Patienten untersuchen<br />

sie, ob Avastin nützt gegen Darmkrebs mit<br />

Ablegern. Bei negativem Resultat werden die<br />

Kassen Druck machen, dass das Medikament<br />

aus der Grundversicherung verschwindet. In<br />

England ist das schon passiert, auch deutsche<br />

Kassen wollen Avastin nicht länger übernehmen.<br />

Cerny hofft, dass sich dies in der Schweiz vermeiden<br />

lässt. «Folge wäre eine Zwei-Klassen-<br />

Medizin, in der sich nur wohlsituierte Patienten<br />

die neusten Präparate leisten können.»<br />

Sonntagsblick, 30. Mai 2010<br />

La grippe A fait une nouvelle<br />

victime: l’OMS<br />

Avec un peu plus de 18 000 morts recensés<br />

dans 214 pays par l’Organisation mondiale de<br />

la santé (OMS), la pandémie grippale due au<br />

nouveau virus A(H1N1) a déjoué les pronostics<br />

officiels. Elle s’est révélée plus bénigne<br />

que ne l’avaient prédit les scénarios les plus<br />

optimistes.<br />

Un peu plus d’un an après que la directrice générale<br />

de l’OMS, le docteur Margaret Chan, annonçait<br />

officiellement, le 11 mai 2009, que les<br />

critères pour déclarer une véritable pandémie<br />

grippale étaient remplis, une question mérite<br />

d’être posée: la principale victime, dans cette<br />

affaire, n’est-elle pas l’OMS elle-même?<br />

Personne ne peut être mis en cause pour n’avoir<br />

pas su à l’avance comment se développerait<br />

l’épidémie partie du Mexique et des Etats-Unis.<br />

En revanche, le soupçon se fait de plus en plus<br />

pesant sur l’incapacité de l’institution internationale<br />

à maintenir les décisions stratégiques<br />

qu’elle a prises sur le niveau d’alerte sanitaire,<br />

les traitements et les vaccins contre le virus<br />

grippal A(H1N1) hors des eaux douteuses des<br />

conflits d’intérêts.<br />

L’annonce du passage au stade de pandémie<br />

a ouvert un boulevard à quelques laboratoires<br />

pharmaceutiques, qui ont bénéficié d’une véritable<br />

manne financière, avec des ventes de<br />

vaccins dont les gains sont estimés entre 7 et<br />

10 milliards de dollars.<br />

Comment prendre au sérieux l’argumentaire<br />

de l’OMS? Elle dit ne pas rendre publiques<br />

les déclarations d’intérêts que remplissent les<br />

experts participant à ses différents comités,<br />

au motif qu’elles comportent des informations<br />

d’ordre «privé»? D’autres institutions et<br />

agences le font pourtant systématiquement.<br />

Dans un rapport adopté le 4 juin par la commission<br />

de la santé de l’Assemblée parlementaire<br />

du Conseil de l’Europe, le député britannique<br />

Paul Flynn pose un bon principe. Il observe que<br />

la situation est caractérisée par une confiance<br />

décroissante dans les décisions de santé publique.<br />

Dans ce contexte, le souci de protéger<br />

certains aspects «privés» du CV des experts<br />

auprès des organisations internationales - leur<br />

appartenance ou non à un laboratoire, par<br />

exemple - ne peut «prévaloir sur le droit de 800<br />

<strong>Schweizer</strong> Krebsbulletin • Nr. 3/2010 199


PRESSESPIEGEL<br />

millions de citoyens à être ouvertement et pleinement<br />

informés sur les décisions majeures<br />

qui pourraient avoir un impact sur leur santé et<br />

leur bien-être individuels».<br />

Margaret Chan a nommé un groupe d’experts<br />

chargé d’examiner la réponse à la pandémie<br />

et la manière dont a été appliqué le Règlement<br />

sanitaire international. Ce groupe a commencé<br />

ses travaux. Mais ce dont l’OMS a besoin rapidement,<br />

c’est d’un sérieux dépoussiérage de<br />

ses procédures et de la mise en oeuvre d’une<br />

véritable transparence et d’une sanctuarisation<br />

de ses décisions à l’égard de toute influence,<br />

notamment celle d’intérêts privés. Faute de<br />

quoi, non seulement l’OMS aura dilapidé le<br />

crédit qu’elle avait accumulé jusqu’ici face aux<br />

grands défis sanitaires, mais elle aura laissé le<br />

monde sans cabine de pilotage face à une future<br />

pandémie, qui ne sera pas nécessairement<br />

aussi clémente que l’a été, jusqu’ici, celle de<br />

2009-2010.<br />

Le Monde, 7 juin 2010<br />

Moving cancer up the global<br />

health agenda<br />

40 years ago, cancer was a scourge mainly affecting<br />

developed nations. But, as the latest<br />

global cancer data from the International Agency<br />

for Research on Cancer (IARC) confirm, most<br />

new cases of cancer and deaths from cancer<br />

now occur in developing countries.<br />

Released on June 1, IARC’s GLOBOCAN 2008 -<br />

an online resource that provides the most accurate<br />

estimates of cancer incidence and mortality<br />

in countries currently available - shows that<br />

in 2008, 53% of the 12.7 million new cases<br />

of cancer and 63% of the 7.6 million cancer<br />

deaths worldwide occurred in developing countries.<br />

Projections from GLOBOCAN 2008 also<br />

suggest that this trend is likely to remain over<br />

the next couple of decades.<br />

The proportion of new cancer cases in developing<br />

nations has increased in part because of<br />

better control of infectious diseases in these<br />

countries, population growth and ageing, and<br />

changes in lifestyle. Meanwhile, in developed<br />

nations, cancer prevention and early detection<br />

have improved. Additionally, low survival rates<br />

for cancer in developing countries and improved<br />

survival in the developed world have led<br />

to the biggest concentration of cancer deaths<br />

falling on the poorest nations.<br />

However, cancer control and care have remained<br />

a low priority in developing countries<br />

and on global health agendas. Data from GLO-<br />

BOCAN 2008 should help to change this situation.<br />

On a practical level, countries can use<br />

the software to produce an important piece of<br />

public health documentation showing the priority<br />

cancers in their populations.<br />

Acting on the data will, of course, prove more<br />

difficult. Most low-income and middle-income<br />

countries have health systems that are poorly<br />

prepared to grapple with the double burden<br />

of infectious and non-communicable diseases<br />

such as cancer. Poor economies cannot currently<br />

access curative therapies, state-of-theart<br />

surgery, or expensive cancer drugs that are<br />

the mainstay of cancer care in developed nations.<br />

Therefore, scaling up prevention and early<br />

diagnosis will be the most cost-effective ways<br />

of dealing with cancer in developing countries<br />

in the near future.<br />

Tobacco control will be key. Overall, smoking<br />

prevalence continues to increase in many lowincome<br />

and middle-income countries: 82% of<br />

smokers are in these nations. All countries, including<br />

developing nations, need to sign and<br />

ratify the Framework Convention on Tobacco<br />

Control, which contains evidenced-based provisions<br />

to reduce tobacco use through reduction<br />

in demand and supply. Health ministries should<br />

see tobacco control as a broad effort to tackle<br />

not only cancer but also other non-communicable<br />

diseases, such as cardiovascular diseases<br />

and chronic respiratory diseases.<br />

Additionally, synergies between efforts to<br />

control cancer and existing health initiatives<br />

should be sought. For example, GLOBOCAN<br />

2008 shows that cervical and liver cancers<br />

are much more common in developing regions<br />

than in developed regions. Most liver cancers<br />

can be prevented by simple childhood immunisation<br />

against hepatitis B, and cervical cancer<br />

can be prevented by vaccination of adolescent<br />

girls against the human papillomavirus (HPV).<br />

Such vaccines could be incorporated into established<br />

vaccination programmes.<br />

Cost, however, is an issue. The HPV vaccine<br />

and most life-saving cancer drugs remain prohibitively<br />

expensive for developing countries. To<br />

this end, the work of the Global Task Force on<br />

Expanded Cancer Care and Control in the Developing<br />

World, launched in November last year,<br />

will be crucial. The Task Force aims to design<br />

and implement global and regional initiatives<br />

for the financing and procurement of affordable<br />

cancer drugs, vaccines, and services. Innovative<br />

financing mechanisms, such as those created<br />

to procure antiretroviral and antimalarial<br />

drugs for developing nations, should be developed<br />

for anticancer vaccines and treatments.<br />

Furthermore, the staggering imbalance in the<br />

distribution of resources needs to be rectified.<br />

Only 5% of global cancer resources are currently<br />

spent in developing countries, which account<br />

for almost 80% of disability-adjusted life years<br />

lost in the world to this disease.<br />

There is hope for improved resources for noncommunicable<br />

diseases, including cancer.<br />

Thanks to a concerted effort by WHO and partners,<br />

the huge burden of chronic diseases in<br />

developing countries is starting to get the attention<br />

it deserves on the global health stage.<br />

This visibility was marked by the recent passing<br />

of a UN resolution to tackle non-communicable<br />

diseases. But much remains to be done. The<br />

data from GLOBOCAN 2008 should provide the<br />

first steps on what is likely to be a long road to<br />

improving cancer control and care in developing<br />

nations.<br />

Am Lebensende<br />

The Lancet, June 12, 2010<br />

Es war ein komplizierter Fall, den der Bundesgerichtshof<br />

als Revisionsinstanz in einem Fall<br />

von Sterbehilfe zu entscheiden hatte. Letztlich<br />

haben sich die Karlsruher Richter, obwohl die<br />

zu beurteilenden Tatbestände davor lagen, bei<br />

ihrem Freispruch auf das Patientenverfügungsgesetz<br />

vom 1. September 2009 als Rechtsgrundlage<br />

berufen. Das könnte man positivistisch<br />

nennen, was in Deutschland oft kritisch<br />

gemeint ist; im vorliegenden Fall erscheint es<br />

aber weise.<br />

In ihrer Begründung geben die Richter zu Protokoll,<br />

dass die Rechtslage wegen «miteinander<br />

nicht ohne weiteres vereinbarer Entscheidungen<br />

des Bundesgerichtshofes» und «Divergenzen<br />

in der Rechtsprechung» vor der Verabschiedung<br />

des Gesetzes unklar gewesen sei - eine<br />

für Ärzte kaum zumutbare und für Angehörige<br />

schwer erträgliche Lage. Auf die ethischen und<br />

rechtsphilosophischen Fragen, die mit dem Problem<br />

der Sterbehilfe verbunden sind, gehen sie<br />

insofern ein, als sie eine an Äusserlichkeiten<br />

orientierte Unterscheidung von «Tun und Unterlassen»<br />

verwerfen; fast salomonisch subsumieren<br />

sie beides unter den Begriff «Behandlungsabbruch».<br />

Ob der Unterschied zwischen einer<br />

«auf Lebensbeendigung gerichteten Tötung»<br />

und «Verhaltensweisen…, die dem krankheitsbedingten<br />

Sterbenlassen mit Einwilligung des<br />

Betroffenen seinen Lauf lassen», trennschärfer<br />

und rechtlich praktikabler ist, wird sich allerdings<br />

noch zeigen müssen.<br />

Die letztlich nicht abschliessbare Debatte darüber,<br />

ob eine Jahre zuvor abgegebene Patientenverfügung<br />

über die Zeit gültig bleibe oder<br />

ob es darüber hinaus nötig oder überhaupt<br />

möglich sei, den mutmasslichen Willen einer<br />

im Wachkoma liegenden, sterbenden Patientin<br />

200 <strong>Schweizer</strong> Krebsbulletin • Nr. 3/2010


PRESSESPIEGEL<br />

- so im gegebenen Fall - zu ermitteln, haben<br />

die Richter nicht aufgegriffen. Sie haben, unter<br />

Berufung auf den Patientenwillen und das<br />

Selbstbestimmungsrecht, die Bedeutung der<br />

Patientenverfügung gestärkt. Zwar lag in diesem<br />

Fall nur eine mündliche Einwilligung vor,<br />

die von Betreuern geprüft und bestätigt wurde.<br />

Aber das Urteil entspricht zweifellos dem Geist<br />

und dem Sinn des Gesetzes. Dass der Angeklagte<br />

über den Freispruch froh war, versteht<br />

sich; dass er das Urteil «grossartig» nannte, hat<br />

dagegen einen Beigeschmack des Unschicklichen.<br />

Rechtssicherheit ist ein hohes Gut. Doch<br />

sie erlöst niemanden von den Erwägungen und<br />

Bedenken, die mit dem Ende des menschlichen<br />

Lebens unentrinnbar verknüpft sind.<br />

Frankfurter Allgemeine Zeitung<br />

26. Juni 2010<br />

Urteil des Bundesgerichtshofs<br />

zur Sterbehilfe<br />

Auch «aktives Tun»<br />

gerechtfertigt<br />

Die lebenserhaltende Behandlung <strong>eines</strong> unheilbar<br />

erkrankten und nicht mehr entscheidungsfähigen<br />

Patienten darf jederzeit abgebrochen<br />

werden, wenn dieser zuvor eine entsprechende<br />

Einwilligung geäussert hat. Ein solcher Behandlungsabbruch<br />

ist kein strafbarer Totschlag, sondern<br />

zulässige passive Sterbehilfe. Das folgt<br />

aus einem am Freitag in Karlsruhe verkündeten<br />

Urteil des Bundesgerichtshofes (BGH).<br />

Damit hat der 2. Strafsenat den Stellenwert der<br />

Behandlungswünsche und des mutmasslichen<br />

Willens von Patienten gestärkt, was insbesondere<br />

für Fälle Bedeutung hat, in denen diese<br />

nicht mittels einer sogenannten Patientenverfügung<br />

schriftliche Festlegungen zu einer möglichen<br />

Behandlung getroffen haben. Zugleich<br />

präzisierte der BGH den Begriff der passiven<br />

Sterbehilfe. So rechtfertige die Einwilligung des<br />

Patienten «nicht nur den Behandlungsabbruch<br />

durch blosses Unterlassen weiterer Ernährung,<br />

sondern auch ein aktives Tun», das dazu diene,<br />

eine nicht oder nicht mehr gewollte Behandlung<br />

zu beenden oder zu verhindern - im konkreten<br />

Fall das Durchtrennen des Schlauches einer<br />

Magensonde. Eine «nicht nur an den Äusserlichkeiten<br />

von Tun oder Unterlassen orientierte<br />

Unterscheidung der straflosen Sterbehilfe vom<br />

strafbaren Töten des Patienten» werde dem<br />

Unterschied zwischen Tötung und krankheitsbedingtem<br />

Sterben lassen mit Einwilligung des<br />

Betroffenen nicht gerecht.<br />

Die Karlsruher Richter gaben damit der Revision<br />

<strong>eines</strong> auf Medizinrecht spezialisierten<br />

Münchner Anwalts gegen eine Entscheidung<br />

des Landgerichts Fulda statt, das ihn wegen<br />

versuchten Totschlags - aktiver Sterbehilfe - zu<br />

einer Bewährungsstrafe von neuen Monaten<br />

verurteilt hatte. Er hatte seiner Mandantin im<br />

Dezember 2007 dazu geraten, den Schlauch<br />

der Magensonde, die ihre Mutter in einem Bad<br />

Hersfelder Pflegeheim künstlich ernährte, zu<br />

durchschneiden.<br />

Die 1931 geborene Frau lag nach einem Hirnschlag<br />

im Oktober 2002 im Wachkoma. Eine<br />

Besserung ihres Gesundheitszustandes, so<br />

stellte das Landgericht später fest, war nicht<br />

mehr zu erwarten. Eine Patientenverfügung lag<br />

nicht vor; indes hatte die Frau im September<br />

2002 ihren Kindern gesagt, sie wolle nicht<br />

künstlich am Leben erhalten werden und in<br />

Würde sterben. Nach nahezu fünf Jahren, die<br />

ihre Mutter im Wachkoma lag, bemühten sich<br />

die Geschwister, inzwischen zu Betreuern bestellt,<br />

um die Einstellung der künstlichen Ernährung.<br />

Nach Auseinandersetzungen mit der Heimleitung<br />

wurde Ende 2007 vereinbart, dass die<br />

Kinder die Ernährung über die Sonde einstellen<br />

und ihrer Mutter im Sterben beistehen sollten.<br />

Nachdem indes die Tochter am 20. Dezember<br />

2007 die Nahrungszufuhr über die Sonde beendet<br />

hatte, wies die Geschäftsleitung des Unternehmens<br />

die Heimleitung an, die künstliche<br />

Ernährung wiederaufzunehmen. Den Kindern<br />

wurde ein Hausverbot für den Fall angedroht,<br />

dass sie sich damit nicht einverstanden erklären<br />

sollten. Darauf riet der Rechtsanwalt seiner<br />

Mandantin, den Schlauch der Sonde zu durchtrennen,<br />

was diese kurz darauf tat. Nachdem<br />

das Heimpersonal dies nach einigen Minuten<br />

entdeckt und die Heimleitung die Polizei eingeschaltet<br />

hatte, wurde die Patientin auf Anordnung<br />

<strong>eines</strong> Staatsanwalts in ein Krankenhaus<br />

gebracht, wo ihr eine neue Sonde gelegt wurde.<br />

Sie starb zwei Wochen darauf <strong>eines</strong> natürlichen<br />

Todes.<br />

Längst war höchstrichterlich geklärt, dass die<br />

Heimleitung keine Befugnis hat, einen Patienten<br />

gegen seinen Willen weiter zu behandeln.<br />

Und schon im sogenannten Kemptener Fall,<br />

in dem es auch um eine Wachkomapatientin<br />

ging, hatte der BGH 1994 entschieden, dass<br />

bei einem unheilbar erkrankten, nicht mehr<br />

entscheidungsfähigen Patienten der Abbruch<br />

einer ärztlichen Behandlung oder Massnahme<br />

ausnahmsweise zulässig sein könne, wenn er<br />

noch nicht im Sterben liege, aber mutmasslich<br />

einen Abbruch wünschen würde. Dennoch wertete<br />

das Landgericht Fulda in seinem Urteil vom<br />

April 2009 den Ratschlag des Rechtsanwalts<br />

als einen gemeinschaftlich mit der Tochter begangenen<br />

versuchten Totschlag durch aktives<br />

Tun – im Gegensatz zum blossen Abbruch einer<br />

lebenserhaltenden Behandlung durch Unterlassen.<br />

Zwar habe die von der Heimleitung<br />

angekündigte Wiederaufnahme der Ernährung<br />

mittels einer Magensonde das Selbstbestimmungsrecht<br />

der Patientin verletzt. Jedoch sei<br />

die Entfernung der Sonde weder durch eine<br />

mutmassliche Einwilligung der Patientin noch<br />

als Nothilfe gerechtfertigt gewesen. Die Tochter<br />

hingegen sprachen die Fuldaer Richter frei; sie<br />

habe nach dem Rat ihres Anwalts annehmen<br />

müssen, rechtmässig zu handeln, und sei deshalb<br />

entschuldigt.<br />

In ihrem Urteil führten die Karlsruher Richter<br />

nun aus, zur Tatzeit sei die Frage, unter<br />

welchen Voraussetzungen in Fällen aktueller<br />

Einwilligungsunfähigkeit von einem bindenen<br />

Patientenwillen auszugehen sein, nicht geklärt<br />

gewesen; es habe «Divergenzen in der<br />

Rechtsprechung» gegeben. Doch habe der Gesetzgeber<br />

die offenen Fragen durch das sogenannte<br />

Patientenverfügungsgesetz mit Wirkung<br />

1. September vergangenen Jahres ausdrücklich<br />

geregelt. Nach diesem Recht, aber auch nach<br />

dem zur Tatzeit geltenden Recht sei die mündliche<br />

Einwilligung der Patientin von 2002 bindend<br />

gewesen. Ausdrücklich sprachen sich die<br />

Richter dagegen aus, etwa das Abhängen <strong>eines</strong><br />

Tropfs und das Durchtrennen <strong>eines</strong> Sondenschlauchs<br />

rechtlich unterschiedlich zu werten –<br />

das wäre «nur an den Äusserlichkeiten von Tun<br />

oder Unterlassen orientiert» und könne nicht<br />

die Grenze zwischen straflosem Sterben lassen<br />

und strafbarem Töten markieren (Aktenzeichen<br />

2 StR 454/09).<br />

Bundesjustizministerin Sabine Leutheusser-<br />

Schnarrenberger (DDP) sagte am Freitag, das<br />

Urteil des SGH schaffe Rechtssicherheit. Es<br />

gebe keine Zwangsbehandlung. Auch die Bayerische<br />

Justizministerin Beate Merk (CSU) sagte,<br />

das Urteil stärke «den Patientenwillen und<br />

bringt Klarheit für Ärzte und Pflegepersonal».<br />

Der Vorsitzende des Ärzteverbandes Marburger<br />

Bund, Rudolf Henke, sagte, der Freispruch sei<br />

kein Freibrief für eigenmächtiges Handeln von<br />

Angehörigen. Weiterhin sei der Patientenwille<br />

massgeblich. Wachkoma-Patienten seien keine<br />

Sterbenden.<br />

Frankfurter Allgemeine Zeitung<br />

26. Juni 2010<br />

Dix ans après, qu’a apporté<br />

le séquençage du génome<br />

humain?<br />

Pourquoi cette avancée majeure n’a-t-elle pas<br />

entrainé la révolution médicale augurée en<br />

2000?<br />

La baisse vertigineuse du coût technologique<br />

changera-t-elle la donne?<br />

<strong>Schweizer</strong> Krebsbulletin • Nr. 3/2010 201


PRESSESPIEGEL<br />

Dix ans après la présentation, le 26 juin 2000,<br />

à la Maison Blanche, des premières ébauches<br />

du séquençage du génome humain, représentant<br />

l’ensemble du patrimoine génétique d’un<br />

individu, la révolution attendue en médecine ne<br />

s’est pas encore produite. Flanqué de scientifiques<br />

prestigieux, Bill Clinton avait pourtant<br />

prophétisé: «La science du génome aura un<br />

impact réel sur notre vie à tous et davantage<br />

encore sur celles de nos enfants: Elle révolutionnera<br />

le diagnostic, la prévention et le traitement<br />

de la plupart, si ce n’est de toutes les<br />

maladies humaines.»<br />

Il y a des raisons à ce retard. Certaines sont<br />

technologiques. «Personne n’a encore développé<br />

correctement son application médicale<br />

notamment parce que les machines qui permettront<br />

un séquençage complet du génome<br />

en trois jours pour 2000 dollars ne seront disponibles<br />

qu’au printemps 2011», avance Philippe<br />

Froguel (Imperial College de Londres et<br />

Institut Pasteur de Lille).<br />

Laurent Alexandre, président de la société spécialisée<br />

dans le séquençage DNAvision, avance<br />

d’autres explications: «L’analyse de la séquence<br />

de la molécule d’ADN est insuffisante.<br />

Il faut aussi étudier la façon dont d’ADN est<br />

compacté, les modifications biochimiques qui<br />

modifient son interprétation par la machinerie<br />

cellulaire, ce que l’on appelle ‘l’épigénomique’.<br />

Les séquenceurs de la toute dernière génération<br />

pourront lire ce second code dès 2012.»<br />

Comprendre la grammaire du génome<br />

Le Projet génome humain et la division par<br />

10 000 en dix ans du coût du séquençage ont<br />

entraîné un déluge de données, qu’il n’a pas<br />

encore été possible de digérer et, surtout, qui<br />

ne représente dorénavant que la partie émergée<br />

de l’iceberg. Nous connaissons le texte du<br />

«livre de la vie», mais nous n’avons pas encore<br />

compris sa signification et ignorons pour l’essentiel<br />

la grammaire de cette langue. La décennie<br />

qui s’est écoulée nous a montré l’étendue<br />

de ce que nous ne connaissons pas encore et<br />

la complexité de ce que nous avons découvert.<br />

Pour interprêter le génome séquençé, il faut<br />

pouvoir corréler des marqueurs génomiques<br />

avec des pathologies, le plus souvent multifactorielles,<br />

comme c’est le cas pour le diabète<br />

ou la schizophrénie. «Cela nécessiterait d’avoir<br />

effectué un séquençage integral chez des dizaines<br />

de milliers de patients. Nous ne l’avons<br />

à ce jour que pour 400 patients», souligne Laurent<br />

Alexandre.<br />

«Nous avons découvert la richesse de ce que<br />

l’on appelait autrefois l’ADN poubelle, qui ne<br />

code pas pour les protéines et joue un rôle<br />

dans l’expression des gènes, mais cela est<br />

beaucoup plus complexe à étudier que ce qui<br />

a déjà été accompli. De même, il est indispensable<br />

d’accéder au génome d’autres organismes»,<br />

remarque Pierre Tambourin, directeur<br />

général du Genopole à Evry.<br />

Pour caractériser cette complexité, la journaliste<br />

de Nature Erica Check Hayden fait référence<br />

aux figures fractales de Benoît Mandelbrot<br />

dont les motifs se répètent en abyme.<br />

Rien n’est simple en génétique. «Un seul gène<br />

explique qu’une vache donne plus ou moins de<br />

lait, mais chez la souris, une centaine de gènes<br />

affectent l’obésité, remarque Davis Altshuler,<br />

l’un des fondateurs du Broad Institute (Cambridge,<br />

Etats-Unis), où il dirige le Programme de<br />

génétique médicale et de génétique des populations.<br />

La science du génome vise non pas à<br />

faire des prédictions comme avec une boule de<br />

cristal, mais à comprendre la part génétique<br />

dans les maladies. Toutes les pathologies que<br />

nous connaissons comportent un élément hérité<br />

qui subit l’influence d’un environnement.»<br />

Des attentes excessives à court terme<br />

Sans doute aussi l’enthousiasme soulevé par<br />

le Projet génome humain a-t-il fait naître des<br />

attentes excessives. «Ceux qui attendaient des<br />

changements spectaculaires du jour au lendemain<br />

sont peut-être déçus, mais devraient se<br />

souvenir que la génomique obéit à la première<br />

loi sur les technologies: nous surestimons invariablement<br />

les impacts à court terme des<br />

nouvelles technologies et sous-estimons leur<br />

effets à long terme», rappelait Francis Collins,<br />

directeur des Instituts nationaux de santé<br />

(NIH), en avril, dans Nature. «L’allure des avancées<br />

technologiques a été spectaculaire, mais<br />

celle des avancées conceptuelles n’a pas été<br />

très rapide. Il s’est produit la même chose avec<br />

l’informatique ou Internet», renchérit Davis Altschuler.<br />

L’élan du Projet génome humain, qui avait fédéré<br />

des équipes de recherches à travers le<br />

monde, fait défaut aujourd’hui. Certains pays<br />

ont poursuivi une politique visant à se maintenir<br />

en tête de peloton. C’est le cas des Etats-<br />

Unis, qui ont une position largement dominante<br />

sur les technologies de séquençage.<br />

«Les Instituts nationaux de santé ont mis en<br />

place un objectif stratégique et y consacrent<br />

20 millions de dollars par an. Nous avons soutenu<br />

toutes les compagnies et plateformes<br />

apportant des progrès dans un séquençage<br />

plus performant et moins coûteux. Au total,<br />

l’Institut national de recherche sur le génome<br />

humain (NHGRI) a investi quelque 200 millions<br />

de dollars», insiste Jeffery Schloss, directeur de<br />

programme en charge de la coordination du<br />

développement technologique au NHGRI.<br />

D’autres comme la Chine se sont engouffrés<br />

dans ce domaine en réalisant de considérables<br />

investissements humains et matériels. A l’inverse,<br />

la France s’est en partie laissé distancer.<br />

«Elle dominait la génétique médicale en 1990.<br />

Elle a laissé échapper le séquençage de masse<br />

des différents organismes faute de financement<br />

au cours des dix dernières années», accuse<br />

le généticien Philippe Froguel.<br />

Même s’il est possible que les chercheurs ne<br />

parviennent pas, dans le futur, à connaître<br />

dans ses détails les plus fins le fonctionnement<br />

d’un organisme ou même d’une cellule, il<br />

ne fait aucun doute que sont encore attendus<br />

des progrès spectaculaires dans l’étude du génome<br />

et des interactions qui influent sur son<br />

expression.<br />

«J’ai toujours dit que c’était une course vers la<br />

ligne de départ. Je pense que les gens utilisant<br />

les fonds publics survendaient les résultats. Le<br />

secteur pharmaceutique voulait justifier l’accès<br />

è l’argent des contribuables», déclarait, au<br />

Monde, Craig Venter, pionnier du séquençage,<br />

en 2008.<br />

Traiter les causes des maladies,<br />

non les symptomes<br />

Directeur du Broad Institute, Cambridge (Etats-<br />

Unis) et coprésident du Conseil d’experts sur<br />

la science et les technologies auprès de Barack<br />

Obama, le biologiste Eric Lander demeure<br />

optimiste: «Je suis persuadé qu’il s’agit d’une<br />

révolution scientifique qui va transformer la<br />

manière dont nous soignons les maladies.<br />

Un cancer peut survenir de cent, de mille<br />

manières. Il nous faut les passer en revue<br />

pour connaître cet ennemi. Dans ce domaine<br />

comme dans d’autres de la médecine, nous<br />

pourrons traiter les causes des maladies et<br />

pas seulement leur symptômes.» La révolution<br />

génomique n’a pas encore commencé.<br />

Le Monde, 10 juillet 2010<br />

Das Streiflicht:<br />

Palliativmedizin und die<br />

Schweiz<br />

Mit dem Sterben haben die Menschen sich immer<br />

schon schwergetan, und sie sind vor den<br />

bekannten und mutmasslichen Schrecknissen<br />

dieser letzten grossen Prüfung, <strong>eines</strong> Examens<br />

mit beängstigend ungewissem Ausgang, gern<br />

in den höheren Unsinn ausgewichen. So kann<br />

man an Stammtischen oft hören, dass der<br />

schönste Tod nichts tauge, wenn man dabei<br />

sterben müsse, und in einem ähnlich kurzgeschlossenen,<br />

um nicht zu sagen: selbstreferen-<br />

202 <strong>Schweizer</strong> Krebsbulletin • Nr. 3/2010


PRESSESPIEGEL<br />

tiellen Sinn hat man Wilhelm Hauffs Reiterlied<br />

zurechtgesungen: «Morgenrot, Morgenrot, Sterben<br />

ist der schönste Tod!» Wäre den Reitersleuten<br />

damals schon ein Truppenpsychologe<br />

zu Gebote gestanden, hätte er wahrscheinlich<br />

gesagt, dass der Tod zu Pferde von hoher Sterbequalität<br />

sei.<br />

So komisch unangemessen der Begriff Sterbequalität<br />

zunächst klingt, so wenig anrüchig<br />

ist er. Das lateinische qualitas bedeutet nichts<br />

anderes als Beschaffenheit, und so gesehen<br />

ist es nur schlüssig, dass man in Analogie zur<br />

Lebensqualität auch die des Sterbens im Auge<br />

hat. Der sogenannte Normalsterbliche ist bei<br />

diesem Thema schnell zur Hand. In der Regel<br />

läuft seine Vorstellung von einem schönen Tod<br />

darauf hinaus, dass es schnell gehen und er<br />

nichts spüren soll, nichts «mitbekommen», wie<br />

der gängige Ausdruck lautet. Angesichts dessen,<br />

was an Grausigem man vom Sensenmann<br />

alias von Freund Hein zu erwarten hat, ist das<br />

verständlich, doch bittet die Kirche in der Allerheiligen-Litanei<br />

nicht ohne Grund, vor einem<br />

jähen und unvorbereiteten Tod, a subitanea et<br />

improvisa morte, bewahrt zu werden: Man will<br />

doch hier seine Sachen in Ordnung bringen<br />

und sich für «drüben» das eine oder andere an<br />

Rechtfertigungen, sprich: an guten Ausreden,<br />

zurechtlegen können.<br />

Leider können wir uns nicht aussuchen, ob es<br />

jäh oder gemächlich zu Ende gehen soll. In<br />

vielen Fällen läuft es auf eine solche Plackerei<br />

hinaus, dass Sterben wirklich der schönste Tod<br />

wäre, und da wird die Frage nach der Sterbequalität<br />

schnell zur Frage aller Fragen. In Hospizen<br />

und in der Palliativmedizin weiss man das<br />

nur allzu gut, doch wollte es die in Singapur<br />

ansässige philanthropische Lien-Stiftung noch<br />

genauer wissen. Sie untersuchte die Sterbequalität<br />

in 40 Ländern, und es kam heraus,<br />

dass man in England behutsamer als sonst wo<br />

ins andere Leben – oder wohin auch immer –<br />

geleitet wird. Deutschland belegt Platz 8, wird<br />

also nicht umhinkönnen, auch auf diesem Feld<br />

zur Qualitätsoffensive zu blasen. Weil gerade<br />

von einem Vergleich die Rede ist: Ein <strong>Schweizer</strong><br />

Immobiliendienst veröffentlichte vor ein paar<br />

Jahren ein Städte-Ranking, bei dem Zug überaus<br />

gut abschnitt. Im Bericht wurde erwähnt,<br />

dass selbst die Sterbequalität hoch sei, «gibt<br />

es doch vom Friedhof aus einen umwerfenden<br />

Blick auf den Zugersee». Im Report der Lien-<br />

Stiftung landet die Schweiz auf dem 19. Rang.<br />

Süddeutsche Zeitung, 15. Juli 2010<br />

Kommentar der Redaktion:<br />

Wir haben immer gewusst, dass die Palliativmedizin<br />

in Grossbritannien zuerst entwickelt<br />

wurde und dass sie dort am besten ist. Man<br />

hat in den letzten Jahren auch oft bemängelt,<br />

dass die Palliativmedizin in der Schweiz viel zu<br />

wenig ausgebaut ist. Dies trifft sicher zu. Dass<br />

die Schweiz aber so schlecht abschneiden<br />

würde, wie in diesem Artikel beschrieben wird,<br />

hatten wir doch nicht erwartet. Vor allem nicht,<br />

dass die Palliativmedizin in Deutschland viel<br />

besser als bei uns sein soll.<br />

Science will never bet the<br />

same again<br />

It seems perverse, and perhaps a little hyperbolic,<br />

to argue that the findings of an inquiry<br />

into how scientists behaved at one UK university<br />

could have profound long-term consequences<br />

for the global scientific enterprise. But<br />

the issues raised by Muir Russell’s independent<br />

climate-change email review into what happened<br />

at the Climatic Research Unit (CRU) at<br />

the University of East Anglia do amplify trends<br />

in science that are already discernible within<br />

the biomedical research community. His report<br />

is a wake-up call to us all.<br />

Russell’s findings matter deeply for climate science,<br />

a subject whose intersections with health<br />

have broadened the concerns of doctors and<br />

public health scientists for several years. The<br />

social movement behind a response to climate<br />

change is fragile, not least within medicine.<br />

«Climategate» decelerated the growth of, and<br />

commitment to, that movement. Russell’s key<br />

conclusion - that there was no evidence of<br />

scientific fraud by CRU scientists - should be<br />

a flame to reignite that movement, and to increase<br />

public pressure for greater political (and<br />

health) leadership on climate change.<br />

But Russell’s report also points to the beginning<br />

of a revolution in the way all of science is<br />

being done. The failures, evasions, misleading<br />

actions, unjustifiable obstructions, and pervasive<br />

lack of engagement with critics by CRU scientists,<br />

which are fully documented by Russell,<br />

amounted to severely suboptimum academic<br />

practice. CRU scientists did not recognise the<br />

changing expectations of the public about science.<br />

Yet if scientists do not adapt to the forces shaping<br />

and sustaining this revolution in the public<br />

culture of science, the trust that the public and<br />

politicians put in science will be jeopardised,<br />

as it was so gravely around climate change.<br />

Some scientists may ridicule this prediction.<br />

But the forces are real and there for all to see.<br />

What are the elements of this revolution?<br />

First, climategate revealed the demand by a<br />

new breed of citizen-scientist for access to<br />

the raw data researchers use to do their work.<br />

Simply accepting a scientist’s assurance that<br />

their data are accurate and reliable is no longer<br />

sufficient for many observers of science. Scientists<br />

are increasingly expected to make their<br />

data available for independent audit. The Wellcome<br />

Trust has been a particular leader in an<br />

effort for greater access to public health data.<br />

As Geoffrey Boulton, a member of the Russell<br />

review and a professor of geology, as well as a<br />

former Vice-Principal of the University of Edinburgh,<br />

said at the report’s launch last week, we<br />

are seeing a change from «science as a private<br />

enterprise to science as a public enterprise».<br />

Second, climategate shows that science must<br />

change its idea of accountability. Traditionally,<br />

scientists have been accountable only to one<br />

another or to their own scientific institutions<br />

(eg, funders, employers, or professional associations).<br />

But with the advent of new critical<br />

public voices in science - the birth of the blogosphere,<br />

for example - scientists must redefine<br />

who is a legitimate critic and who is not. It<br />

is easy to brand the blogosphere as universally<br />

damaging and defamatory. But climategate has<br />

shown that while some critics do enjoy abusing<br />

scientists, others ask tough and illuminating<br />

questions, exposing significant errors and<br />

elisions. These critics have an important part to<br />

play in shaping scientific debate and dialogue.<br />

They should be embraced, not rejected.<br />

Third, some scientists need to get over their<br />

fear of uncertainty. The orthodox scientific view<br />

is that policy makers abhor a vacuum of facts.<br />

They want certainty, not probability. Scientists,<br />

trying to be helpful, might too often pander to<br />

that wish. Instead, they should resist it. The<br />

world is complex. Its problems are not always<br />

easily reduced to one straightforward solution.<br />

Scientists need to do more to emphasise their<br />

uncertainties, not recoil from them. Uncertainty<br />

may be uncomfortable, but its admission builds<br />

trust. It demonstrates integrity. One of science’s<br />

great strengths is its quantification of doubt.<br />

Fourth, scientists need to take peer review off<br />

its pedestal. Editors of medical journals know<br />

that peer review is indispensable to their work.<br />

But we also know that it is widely misunderstood.<br />

Peer review is not the absolute or final<br />

arbiter of scientific quality, as some claim. It<br />

does not test the validity of a piece of research.<br />

It does not guarantee truth. Peer review can improve<br />

the quality of a research paper - it tells<br />

you something about the acceptability of new<br />

findings among fellow scientists - but the prevailing<br />

myths about peer review need to be debunked.<br />

We need a more realistic understanding<br />

about what peer review can do and what it<br />

cannot do. If we treat peer review as a sacred<br />

academic cow, we will continue to let the public<br />

down again and again.<br />

Fifth, university leaders need to think carefully<br />

about the research being done at their institu-<br />

<strong>Schweizer</strong> Krebsbulletin • Nr. 3/2010 203


PRESSESPIEGEL<br />

tions. They should complete risk assessments<br />

of that research, mapping who is doing what,<br />

where, and how. This exercise would provide<br />

universities with signals of potential controversy<br />

if the work addressed an issue of substantive<br />

public, policy, or political interest. This kind of<br />

awareness would prepare scientists and their<br />

institutional leaders for any explosive public<br />

dispute. Such vigilance could do much to protect<br />

reputations and public trust.<br />

Finally, scientists should be taught to welcome<br />

and work within this new open culture of science,<br />

not fear or resist it. A scientist’s training<br />

will need to include ways of making data more<br />

widely available, engaging citizen-scientists<br />

constructively, putting uncertainty at the forefront<br />

of their work, managing public expectations<br />

about what science can do, and dealing<br />

with risk.<br />

Russell called his report «a lesson in what not<br />

to let happen». The Russell review is the catalyst<br />

science needs for a thorough reappraisal<br />

of some of its most enduring and fundamental<br />

assumptions. Out of that re-examination will<br />

come a stronger and more secure scientific enterprise<br />

- one that the public will continue to<br />

put trust in. It is time for scientists - their leaders<br />

and their institutions - to take the first step<br />

towards that reappraisal and re-examination.<br />

The Lancet, July 17-23, 2010<br />

Roche erleidet Rückschlag<br />

beim Top-Krebsmedikament<br />

Avastin bringt laut einer US-Expertenkommission<br />

zu wenig Nutzen bei der Behandlung von<br />

Brustkrebs. Bei Roche steht eine Milliarde auf<br />

dem Spiel.<br />

Roches Avastin war bislang eine Erfolgsgeschichte.<br />

6 Milliarden Dollar jährlich nimmt<br />

der Basler Pharmakonzern inzwischen mit dem<br />

Krebsmedikament ein. Und es sollen mehr<br />

werden, zum Beispiel dank vermehrter Verschreibung<br />

bei Brustkrebs.<br />

Nun aber erhebt eine Expertenkommission<br />

in den USA Einspruch. Sie war von der Arzneimittelaufsicht<br />

FDA um Rat gebeten worden<br />

und befand gestern Abend, dass jüngste Studien<br />

zu Avastin keinen bedeutenden Nutzen für<br />

Brustkrebspatientinnen zeigten. Die Kommission<br />

kam mit 13 zu 0 Stimmen zum Schluss,<br />

dass die Risiken und Nebeneffekte von Avastin<br />

grösser seien als der Nutzen.<br />

Mit 12 zu 1 Stimme beantragte das Gremium<br />

schliesslich der FDA, dem Medikament die Indikation<br />

bei der Behandlung von Brustkrebs zu<br />

entziehen.<br />

Der Entscheid ist von beträchtlicher Bedeutung.<br />

Analysten rechnen damit, dass Roche in<br />

diesem Fall jährlich eine Milliarde an Einnahmen<br />

entgingen, was ungefähr 20 Franken pro<br />

Roche-Genussschein ausmache. Ein guter Teil<br />

davon sei allerdings im gegenwärtigen Kurs von<br />

143 Franken schon eingerechnet.<br />

Aufsicht hat noch Spielraum<br />

Das gestrige Expertenurteil ist allerdings nicht<br />

bindend. Mitte September wird die FDA das<br />

weitere Vorgehen beschliessen. Meistens folgt<br />

die Aufsicht zwar den Vorschlägen der Kommission<br />

für Krebsmedikamente – allerdings<br />

nicht immer. Gerade im Fall von Avastin kam<br />

es zu einer solchen Ausnahme: Vor zwei Jahren<br />

entschied die FDA entgegen dem damaligen Expertenrat,<br />

dem Medikament die beschleunigte,<br />

provisorische Zulassung zu erteilen. Seither ist<br />

Avastin bei gleichzeitiger Behandlung mit einer<br />

bestimmten Chemotherapie zur Vermarktung<br />

freigegeben.<br />

Die nun gewürdigten neuen Studiendaten hatten<br />

aber gezeigt, dass es darauf ankommt,<br />

welche Chemotherapie man in Kombination<br />

mit Avastin wählt. Die vor zwei Jahren bewilligte<br />

Therapie bringt einer an Brustkrebs erkrankten<br />

Person fünfeinhalb Monate, in denen der Tumor<br />

nicht weiterwächst. In anderen Kombinationen<br />

hingegen kann nur mit knapp einem bis knapp<br />

drei Monate gerechnet werden. Offenbar war<br />

dies dem Expertengremium zu wenig.<br />

Ob Avastin bei Brustkrebs das Leben grundsätzlich<br />

verlängert, darüber fehlen bisher Daten.<br />

«Und Avastin ist eben verbunden mit erheblichen<br />

Nebenwirkungen», hatte Richard Pazdur,<br />

Direktor der Krebsmedikamenten-Abteilung der<br />

FDA, vor der Abstimmung erklärt. Avastin wird<br />

bereits bei Darm-, Lungen- und Nierenkrebs<br />

eingesetzt.<br />

Tages-Anzeiger, 21. Juli 2010<br />

Bund lanciert eine<br />

neue Debatte über<br />

Drogenlegalisierung<br />

Eine Fachgruppe propagiert Straffreiheit auch<br />

für harte Drogen. Damit löst sie harsche Kritik<br />

aus.<br />

Geri Müller ist begeistert. In einem neuen Leitbild<br />

für die künftige Suchtpolitik der Schweiz<br />

schläft eine vom Bund beauftragte Expertengruppe<br />

vor, wofür der grüne Nationalrat schon<br />

lange plädiert: die Entkriminalisierung aller<br />

Drogen und damit den straffreien Konsum<br />

auch der heute illegalen Stoffe von Hanf bis<br />

Heroin. «Ein Public-Health-Ansatz verzichtet<br />

auf die gesundheitspolitisch wenig hilfreiche<br />

Unterscheidung zwischen legalen und illegalen<br />

Substanzen», heisst es im Bericht, den<br />

das Bundesamt für Gesundheit (BAG) Anfang<br />

Juni von der Öffentlichkeit unbemerkt vorgestellt<br />

hat. Stattdessen plädieren die Autoren<br />

für legale Märkte, auf denen noch genauer zu<br />

bestimmen wäre, wer unter welchen Bedingungen<br />

welche Substanzen kaufen oder verkaufen<br />

dürfte. «Das ist eine kohärente Suchtpolitik, die<br />

alle psychoaktiven Substanzen und auch anderes<br />

Suchtverhalten umfasst», sagt Co-Autor<br />

François van der Linde.<br />

Bei den Bürgerlichen sorgt das Konzept freilich<br />

für rote Köpfe. «Das ist chancenlos», ärgert<br />

sich CVP-Nationalrätin Ruth Humbel, die sich<br />

gegen eine «Verharmlosung» von harten Drogen<br />

wehrt. Und auch SVP-Nationalrätin Andrea<br />

Geissbühler kann die Offensive der Experten<br />

aus den eidgenössischen Kommissionen für<br />

Alkohol-, Drogen- und Tabakfragen nicht verstehen.<br />

Die Süchtigen wollten nichts als weg von<br />

den Drogen, da sei deren erleichterte Abgabe<br />

sicher der falsche Weg. Zumal das Volk schon<br />

die Entkriminalisierung von Cannabis wuchtig<br />

abgelehnt habe.<br />

BAG hilft mit bei Umsetzung<br />

Trotzdem scheint das BAG gewillt, dem neuen<br />

Konzept Leben einzuhauchen. Es will mithelfen,<br />

das Leitbild nun zu vermitteln, zu vertiefen und<br />

zu verankern. Dazu werden alle betroffenen Akteure<br />

in die Diskussion einbezogen. Und laut<br />

François van der Linde sollen sich bald Arbeitsgruppen<br />

an die Umsetzung der einzelnen<br />

Punkte machen.<br />

Tages-Anzeiger, 2. August 2010<br />

Kommentar der Redaktion:<br />

Diese Initiative ist sehr zu begrüssen. Neben<br />

den in diesem Artikel erwähnten Gründen gibt<br />

es noch weitere, noch wichtigere Aspekte. So<br />

wurde kürzlich mit der AIDS-Weltkonferenz in<br />

Wien eine «Erklärung von Wien» lanciert, in<br />

der deutlich festgehalten wird, dass die Ausbreitung<br />

der HIV-Infektion (vor allem in Asien<br />

und in Osteuropa) vor allem auf die repressive<br />

Drogenpolitik zurückzuführen ist. Aber auch die<br />

Tausende von Toten im Drogenkrieg in Mexiko<br />

und Zentralamerika beweisen es: eine repressive<br />

Drogenpolitik, die dann unweigerlich zu<br />

Drogenkartellen führt, ist das Problem und sicher<br />

nicht die <strong>Lösung</strong> des <strong>Problems</strong>!<br />

204 <strong>Schweizer</strong> Krebsbulletin • Nr. 3/2010


Cancer research and Swissmedic<br />

SCHWERPUNKTTHEMA<br />

«Wer in der Schweiz klinische<br />

Studien durchführt, spielt in<br />

der A-Liga»<br />

Mit Hans-Beat Jenny*<br />

sprach Anke Fossgreen<br />

*Hans-Beat Jenny ist stellvertretender Direktor des<br />

<strong>Schweizer</strong>ischen Heilmittelinstituts Swissmedic und seit<br />

2,5 Jahren der Leiter des Bereichs Bewilligungen<br />

Swissmedic hat die Interkantonale Kontrollstelle für<br />

Heilmittel (IKS) im Jahr 2002 abgelöst. Die Aufgaben<br />

sind neu verteilt worden. Doch nicht jeder ist<br />

mit der nun acht Jahre alten Swissmedic zufrieden.<br />

Forscher beklagen sich, dass es früher bei der IKS<br />

einfacher war, Studien genehmigt zu bekommen.<br />

Warum ist das so?<br />

Jenny: Wenn die Ethikkommission ihr Votum abgegeben<br />

hat, hat Swissmedic maximal 30 Tage Zeit, die Studie zu<br />

prüfen. Innerhalb dieser Frist bewilligen wir eine Studie<br />

oder weisen sie zurück. Das Heilmittelgesetz regelt, dass<br />

eine Studie automatisch als bewilligt gilt, wenn Swissmedic<br />

diese nicht innerhalb von 30 Tagen zurückweist. Wir<br />

sind also unter Druck und können gar keine Verzögerung<br />

anhäufen.<br />

Und wie erklären Sie dann den folgenden Fall? Renommierte<br />

<strong>Schweizer</strong> Krebsforscher beklagen, dass<br />

sie von Swissmedic die Zulassung zu einer Phase I<br />

Studie, die sie zusammen mit Kollegen aus Deutschland<br />

und Frankreich durchführten, als letzte bekamen<br />

- vier Monate nach den deutschen Kollegen. Die<br />

Studie war nur auf ein Jahr ausgelegt.<br />

Jenny: Swissmedic kann eine Studie nur zurückweisen,<br />

wenn beim Antrag etwas fehlt. Dann haben die Forscher die<br />

Hans-Beat Jenny, Leiter<br />

des Bereichs Bewilligungen<br />

bei Swissmedic<br />

Möglichkeit die Unterlagen<br />

nachzureichen. Doch wenn<br />

der Antragsteller unsere<br />

Fragen nicht beantworten<br />

oder die Unklarheiten und Unsicherheiten nicht rasch ausräumen<br />

kann, dann verzögert sich die Bewilligung.<br />

Oft seien es unnötige Formalien, welche Swissmedic<br />

einfordert, bemängeln einige Forscher. Beispielsweise<br />

forderten Sie in einer Studie mit über 50-jährigen<br />

Krebspatientinnen im Endstadium einen Schwangerschaftstest…<br />

Jenny: Genau diesen Punkt finde ich ganz wichtig. Für<br />

uns ist es ein substanzieller Mangel, wenn der Schwangerschaftstest<br />

fehlt. Bereits das Studiendesign soll Fehler<br />

verhindern. Schwangere sind per Gesetz besonders geschützt<br />

und dürfen deshalb nicht an gefährlichen Studien<br />

teilnehmen. Allenfalls können die Patientinnen über 50<br />

Jahre nicht mehr schwanger werden. Doch es ist möglich,<br />

dass vielleicht doch noch eine 30-jährige Patientin<br />

mit einer ähnlichen Indikation nachträglich in die Studie<br />

aufgenommen wird und dann besteht die Gefahr, dass<br />

nicht mehr nach einer Schwangerschaft gefragt wird. Das<br />

ist bei einer Studie passiert, die für Kinder bis 7 Jahre<br />

<strong>Schweizer</strong> Krebsbulletin • Nr. 3/2010 207


SCHWERPUNKTTHEMA<br />

geplant war. Nachträglich wurde auf 14 Jahre erweitert,<br />

auch mit Mädchen. Und dann ist zwingend ein Schwangerschaftstest<br />

nötig.<br />

Sie fordern also einen Sicherheitscheck für alle Eventualitäten?<br />

Jenny: Ja, vergleichbar mit einem Sicherheitscheck vor<br />

einem Flugzeugstart. Auch da müssen immer alle Punkte der<br />

Checkliste abgehakt werden, um kein Risiko zu übersehen.<br />

Machen Sie Unterschiede, ob es sich um eine gefährliche<br />

klinische Studie handelt, oder lediglich eine Erhebung<br />

von Daten?<br />

Jenny: Dieser Punkt ist tatsächlich derzeit nicht praktikabel<br />

geregelt. Das <strong>Schweizer</strong>ische Heilmittelgesetz<br />

definiert, dass alles, was dazu dient, klinische Daten zu<br />

sammeln, eine klinische Studie ist. Das bedeutet in der<br />

Praxis, wenn ein Forscher nur Fragebögen verteilt, um<br />

nach einer Krebsbehandlung systematisch Informationen<br />

von Patienten zu sammeln, dann gilt das als vollwertige<br />

klinische Studie.<br />

Das ist in anderen Ländern nicht so, oder?<br />

Jenny: Nein und diese Situation versucht man nun mit<br />

dem Humanforschungsgesetz zu korrigieren. Dort soll<br />

von vorn herein eine Unterscheidung zwischen risikoreichen<br />

klinischen Studien und solchen, welche die Praxiserfahrung<br />

belegen, möglich sein. Letztere müssten dann<br />

nur die Ethikkommissionen beurteilen, nicht mehr Swissmedic.<br />

Dann wird das Humanforschungsgesetz die Zulassung<br />

für Studien demnach erleichtern?<br />

Jenny: Nicht in allen Fällen. Gerade Krebstherapien sind<br />

oftmals schwer einzuordnen. Da werden zum Beispiel Patientendaten<br />

erhoben nach einer Anwendung <strong>eines</strong> Arzneimittels<br />

oder nach einer Kombination von zwei, drei<br />

Wirkstoffen. Wenn diese Therapien noch nicht zugelassen<br />

sind und die Mediziner die Absicht haben, ihre Daten zu<br />

publizieren, dann führen sie eine Studie durch.<br />

Und das heisst dann für Swissmedic?<br />

Jenny: Wir müssen sicherstellen, dass die Qualität der<br />

Studie stimmt und dass die Patienten hinreichend informiert<br />

wurden. Diese Anforderungen müssen belegt sein.<br />

Und da kann natürlich ein Arzt, der nur eine neue Kombination<br />

von Präparaten, die er in einer Veröffentlichung<br />

gelesen hat und an seinen fünf Patienten ausprobieren<br />

will, sagen: «Unmögliche Bürokratie. Ich kann nicht<br />

mehr forschen.» Das ist seine Sicht.<br />

Und Ihre Sicht?<br />

Jenny: Auch in solch einer kleinen Studie sind Patienten<br />

betroffen. Swissmedic hat den Auftrag, die Patienten<br />

vor Schäden durch neue Anwendungen zu schützen. Bei<br />

Krebstherapien mit einer neuen Kombination von bekannten<br />

Wirkstoffen ist das meist nicht dramatisch. Dennoch<br />

müssen wir sicherstellen, dass ein Patient nicht etwa<br />

um der Vollständigkeit einer Publikation willen mehr<br />

Nebenwirkungen oder gar eine nicht optimale Behandlung<br />

in Kauf nehmen muss.<br />

Gerade bei kleinen Studien ist doch davon auszugehen,<br />

dass der Arzt seine Patienten gut kennt und<br />

alles für ihr Wohl tut. Wäre da nicht ein unbürokratischeres<br />

Vorgehen möglich?<br />

Jenny: Das Problem ist, wenn die Ergebnisse aus Einzelstudien<br />

zusammengenommen und publiziert werden,<br />

dann haben auch die kleinen – vielleicht ungenau oder<br />

falsch interpretierten – Resultate letztlich einen Einfluss<br />

auf das Design weiterer Studien. Das führt in eine Schieflage.<br />

Deshalb legen wir so viel Wert auf GCP, Good Clinical<br />

Practice.<br />

Was bedeutet «Good Clinical Practice»?<br />

Jenny: GCP hat drei Aspekte im Fokus: Die körperliche<br />

Unversehrtheit der Patienten ist zu schützen ebenso wie<br />

deren Rechte. Zudem müssen die Daten verlässlich sein.<br />

Das heisst, die Resultate müssen richtig sein und sorgfältig<br />

gedeutet werden. Es ist beispielsweise verboten, Patientendaten,<br />

die nicht in das erhoffte Ergebnis passen,<br />

einfach wegzulassen. Auch darf die Statistik oder die Hypothese<br />

nicht nach Studienbeginn verändert werden. GCP<br />

fordert also eine gute Experimentierpraxis.<br />

Auch die Krebsforscher befürworten, dass die Qualität<br />

der Studien steigt. Aber in der Praxis fehle oft der<br />

gesunde Menschenverstand. Zum Beispiel fordern<br />

Sie immer eine Versicherung für alle Patienten, die an<br />

einer Studie teilnehmen. Sogar als ein Forscherteam<br />

lediglich eine Hautcreme gegen Blasen an Händen<br />

und Füssen nach einer Chemotherapie ausprobierte.<br />

Diese Versicherung kostete die Forscher zusätzlich<br />

8000 Franken.<br />

Jenny: Da haben wir eine andere Sicht: Das Gesetz sagt,<br />

dass der Patient finanziell geschützt sein muss, wenn er<br />

Schaden bei einer Studie nimmt. Wie die Forscher diese<br />

Auflage erfüllen, ist ihre Sache. Wenn die Forscher für<br />

jede Studie eine neue Versicherung abschliessen, wird das<br />

teuer. Eine andere Möglichkeit wäre beispielsweise, dass<br />

die Spitäler oder die Träger dieser Organisationen Rahmenversicherungen<br />

mit günstigen Prämien aushandeln.<br />

208 <strong>Schweizer</strong> Krebsbulletin • Nr. 3/2010


KREBSFORSCHUNG UND SWISSMEDIC<br />

Gilt das auch für die Inspektionen durch Swissmedic?<br />

Auch da beschweren sich Forscher, dass zusätzliche<br />

Kos ten entstehen.<br />

Jenny: Ja. Für jede Bewilligung wird eine Gebühr von<br />

1000 Franken erhoben. Daneben inspizieren wir stichprobenweise<br />

jede 20. Studie. Dies muss separat bezahlt<br />

werden. Ob die Forscher diese Kosten direkt tragen müssen<br />

oder ob das innerhalb der Forschungseinrichtungen<br />

anders geregelt wird, bleibt diesen überlassen. Wir haben<br />

den staatlich geförderten Forschungseinrichtungen vorgeschlagen,<br />

beispielsweise einen Pool einzurichten, in dem<br />

sie je Studie einen bestimmten Betrag zur Seite legen.<br />

Mit all diesen Auflagen wird doch die industrielle<br />

Forschung bevorzugt. Die grossen Firmen haben<br />

speziell ausgebildete Mitarbeiter, die die Anträge bei<br />

der Swissmedic vorbereiten und genügend Geld, um<br />

Versicherungen oder Inspektionen zu zahlen. Wo<br />

bleibt da die Forschungsfreiheit in der Schweiz?<br />

Jenny: Die Kliniker müssen akzeptieren, dass sie hier auf<br />

dem A-Niveau spielen müssen, weil die Gesetzgebung<br />

nichts anderes vorsieht. Die forschende Industrie in der<br />

Schweiz investiert auf dieser Basis jährlich 6,5 Milliarden<br />

Franken. Da können wir neben dem Forschungsplatz in<br />

der A-Liga nicht noch eine B-Liga mit Sonderregeln haben,<br />

die wir nach aussen nicht erklären können. Wir können<br />

einem renommierten Journal nicht sagen: «Die eine<br />

Studie von der Industrie könnt ihr publizieren, aber nicht<br />

die vom Spital XY, da sie nach unterschiedlichen Kriterien<br />

bewilligt wurde.»<br />

Die <strong>Schweizer</strong>ische Arbeitsgemeinschaft für Klinische<br />

Krebsforschung (SAKK) ist dabei, sich wie die<br />

Industrie zu organisieren, was die Studien betrifft.<br />

Sie hat in den letzten Jahren die Anzahl der Mitarbeiter<br />

verdoppelt. Aber die SAKK macht nicht doppelt<br />

so viele Studien und hat auch nicht doppelt so viele<br />

Forschungsgelder zur Verfügung. Kann es sein, dass<br />

die Formalismen zu viele Ressourcen binden?<br />

Jenny: Wir kommen am Qualitätsstandard Good Clinical<br />

Practice nicht vorbei, da er international gilt. Diese<br />

Hürde müssen wir nehmen. Es gibt keinen Weg zurück.<br />

Bisher ist der Forschungsplatz Schweiz in der Welt anerkannt.<br />

Studien, die hierzulande genehmigt wurden,<br />

tragen sozusagen ein Gütesiegel. Das erkennen die USA,<br />

Europa, Singapur, Australien, Japan, Neuseeland, Kanada<br />

und weitere kleinere Länder an. Doch diese Anerkennung<br />

basiert nicht auf Gesetzen sondern auf gegenseitigem Vertrauen.<br />

Und das dürfen wir nicht durch schlecht gemachte<br />

Studien verlieren.<br />

Also ist es für die Forscher noch ein steiniger Weg,<br />

bis Swissmedic mit allen Studienplänen zufrieden<br />

ist?<br />

Jenny: In der Pharmaproduktion hatten wir in den<br />

1990er Jahren genau diese Diskussion, um die Good Manufacturing<br />

Practice, die gute Herstellungspraxis, durchzusetzen.<br />

Auch in der klinischen Forschung wird es wohl<br />

noch eine Weile dauern, bis das Prinzip wirklich überall<br />

fest verankert ist.<br />

Derzeit diskutieren und streiten die forschenden Mediziner<br />

zum Teil heftig mit Swissmedic über die neuen<br />

Anforderungen…<br />

Jenny: ... deshalb einige versöhnliche Worte am Schluss:<br />

Es geht uns wirklich darum, die Regeln fair und korrekt<br />

für alle gleich einzuhalten, mit dem Ziel die Reputation<br />

der Schweiz auf diesem Gebiet behalten und ausbauen zu<br />

können. Den Schutz der Patienten und die Glaubwürdigkeit<br />

der Daten müssen wir zusammen erreichen. Wir bei<br />

Swissmedic entwickeln uns weiter und wollen als verlässlicher<br />

Aufsichtspartner die Branche stützen.<br />

<strong>Schweizer</strong> Krebsbulletin • Nr. 3/2010 209


SCHWERPUNKTTHEMA<br />

Swissmedic Notifikationen –<br />

Erfahrungen der SAKK<br />

Pascale Wenger, Leiterin Regulatory Affairs<br />

Peter Brauchli, Direktor<br />

Die <strong>Schweizer</strong>ische Arbeitsgemeinschaft für Klinische<br />

Krebsforschung (SAKK) hat eine lange Tradition in der<br />

Durchführung von klinischen Studien auf dem Gebiet der<br />

Onkologie. Daher verfügen wir über einen breiten Überblick<br />

über das regulatorische Umfeld und dessen Entwicklung<br />

in der Schweiz. Heute eröffnet die SAKK pro Jahr<br />

10 bis 12 neue Studien. 2009 haben wir 11 Notifikationen<br />

erhalten, was 22% aller Krebsstudien (48) entspricht, die<br />

von Swissmedic notifiziert wurden.<br />

Ein Rückblick in die jüngste Vergangenheit<br />

Insgesamt beobachten wir auf allen Ebenen, d.h. bei Behörden,<br />

Ethikkommissionen (EK) und Sponsoren, eine Professionalisierung<br />

in der Erarbeitung und Begutachtung von<br />

Studiendokumenten. Somit dürfte auch erwartet werden,<br />

dass die Prozesse klarer und die administrative Bearbeitung<br />

einfacher würden. Während der vergangenen Jahre mussten<br />

wir aber eine gegenteilige Bewegung wahrnehmen: die<br />

Anforderungen werden strikter und das Gesetz enger ausgelegt.<br />

Die Interpretation von Swissmedic, Vollzugsorgan<br />

des Heilmittelgesetzes (HMG), ist der Standard. Wir sind<br />

aber der Ansicht, dass es möglich und erlaubt sein soll, mit<br />

begründeten Einwänden vom Standard abzuweichen.<br />

In der Vergangenheit hatten wir mehrmals den Eindruck,<br />

dass wohlüberlegte und begründete Vorgehensweisen, die<br />

etwas vom Standard abwichen, ohne weiterführende Diskussion<br />

abgelehnt wurden. Dann empfanden wir manchmal<br />

auch, dass Rückstellungen aufgrund mangelnder Kenntnisse<br />

des klinischen Alltags ausgesprochen wurden – die verständliche<br />

Diskrepanz zwischen Theorie und Praxis – die jedoch<br />

mit Rückfragen hätte behoben werden können. Auch<br />

wurden plötzlich gut eingespielte Prozesse nicht mehr akzeptiert.<br />

Und was uns weiter immer wieder beschäftigte,<br />

war die Uneinheitlichkeit in der Begutachtung; unterschiedliche<br />

Reviewer hatten unterschiedliche Meinungen,<br />

so dass es nicht immer leicht war, einen Standard für rein<br />

formale Aspekte zu erkennen. Vielleicht erlebten wir aufgrund<br />

neuer Mitarbeiter am SAKK Koordinationszentrum<br />

auch einen Vertrauensverlust von Swissmedic gegenüber<br />

der SAKK als Sponsor. Das gemeinsame Ziel von allen,<br />

nämlich die Arbeit zum Wohle der Patienten, drohte durch<br />

ungerechtfertigte Erschwernisse und Kontrollen zweitrangig<br />

zu werden. Sponsoren wie die SAKK, also kooperative<br />

Gruppen, die Investigator-Initiated-Trials (IIT) durchführen,<br />

sind in unseren Gesetzen immer noch nicht abgebildet.<br />

So erschienen wir wohl irgendwie unfassbar und daher auch<br />

nicht vertrauenswürdig. Kurz, wir vermissten den Geist<br />

von HMG Art. 1, Abs. 3 «Beim Vollzug dieses Gesetzes,<br />

insbesondere beim Erlass von Verordnungen und bei der<br />

Anwendung im Einzelfall, ist darauf zu achten, dass: (…) b.<br />

für die Forschung und Entwicklung im Heilmittelbereich<br />

günstige Rahmenbedingungen bestehen».<br />

Lange Tradition<br />

Zwischen der Swissmedic und SAKK besteht eine lange<br />

Tradition des gegenseitigen Informationsaustauschs.<br />

Im April 2006 diskutierten wir bereits dringend notwendige<br />

Erleichterungen im Genehmigungsprozess bei Ethikkommissionen<br />

und Behörden für Studien, die in seltenen<br />

Indikationen durchgeführt werden. Die damals revidierte<br />

VAZV sah nur Erleichterungen in der Zulassung von Produkten,<br />

die bei seltenen Erkrankungen eingesetzt werden,<br />

vor; es waren jedoch noch keine Erleichterungen für die Studiendurchführung<br />

in seltenen Indikationen geplant. Gerade<br />

hier wäre eine Erleichterung immer noch sehr nötig, da<br />

diese Studien immer multizentrisch und sogar multinational<br />

sein müssen, und es müssen viele Zentren für jeweils<br />

sehr wenige Patienten eröffnet werden, um in vernünftiger<br />

Zeit die notwendige Anzahl Patienten einzuschliessen.<br />

Im Februar 2008 fand wieder ein gemeinsames Treffen<br />

statt, und wir sprachen über die Notwendigkeit, dass das<br />

System von kooperativen Gruppen, die IITs durchführen,<br />

als Sponsoren offiziell in den Gesetzen und Verordnungen<br />

Eingang finden sollte. Wir nutzten die Gelegenheit, um<br />

die Organisation SAKK vorzustellen und die Unterschiede<br />

in der Medikamenten-Entwicklungs-Forschung der Pharmazeutischen<br />

Industrie und unserer Forschung mit dem<br />

patientenorientierten Fokus der Therapie-Optimierung anzusprechen.<br />

In einer E-Mail von Swissmedic vom 23.9.2008 wurde<br />

erwähnt, dass Swissmedic zusammen mit der AGEK eine<br />

Stellungnahme zum Thema der akademischen oder «notfor-profit»<br />

Studien herausgeben will. Dies nahm die SAKK<br />

zum Anlass, aufgrund ihrer langjährigen Erfahrung auf diesem<br />

Gebiet ihre Ansichten zu diesem Thema darzulegen.<br />

Swissmedic lud darauf zu einem Meeting zwecks persönlichen<br />

Gedankenaustauschs ein. Die Diskussion muss sich<br />

selbstverständlich innerhalb des Interpretationsspielraums<br />

210 <strong>Schweizer</strong> Krebsbulletin • Nr. 3/2010


KREBSFORSCHUNG UND SWISSMEDIC<br />

von ICH-GCP bewegen, da ICH-GCP in der Schweiz als<br />

nationales Gesetz implementiert wurde. Dennoch gäbe es<br />

auch in diesem Rahmen die Möglichkeit, Vorschriften in<br />

ICH-GCP adäquat für die akademische, «not-for-profit»<br />

Studientätigkeit zu interpretieren.<br />

Die hohe Fluktuation bei den Mitarbeitenden von Swissmedic<br />

liess diesen Meinungsaustausch aber wieder versiegen.<br />

Positive Entwicklungen<br />

Ende 2009 fragten wir erneut um die Möglichkeit <strong>eines</strong><br />

Treffens zwischen der SAKK und Swissmedic an, und<br />

am 30.3.2010 trafen wir uns mit VerteterInnen vom Bereich<br />

Bewilligungen, Abteilung Klinische Versuche. Wir<br />

nutzten die Gelegenheit und stellten erneut unsere Organisation<br />

und unsere Tätigkeiten vor. Nach wie vor anerkennt<br />

das <strong>Schweizer</strong> Gesetz kooperative Gruppen nicht als<br />

Sponsoren, dies obwohl die akademische Forschung ein anerkanntes<br />

Bedürfnis der Gesellschaft ist. Es bestehen grosse<br />

Unterschiede zwischen der Forschung und Entwicklung der<br />

Pharmazeutischen Industrie und der patienten orientierten<br />

Forschung kooperativer Gruppen. Wir arbeiten mit Bundesgeldern<br />

und nach einem Leistungsauftrag des Staatssekretariates<br />

für Bildung und Forschung.<br />

Dieses gemeinsame Treffen, sich kennen zu lernen und unsere<br />

Anliegen persönlich vorbringen zu können, war sehr<br />

hilfreich. Für die SAKK hat Swissmedic inzwischen eine<br />

gute <strong>Lösung</strong> gefunden. Zurzeit bearbeitet mehrheitlich eine<br />

Person unsere Dossiers. Diese kennt unser Tätigkeitsgebiet,<br />

arbeitet professionell und zielorientiert und wir nehmen<br />

die Zusammenarbeit als vertrauens- und respektvoll wahr.<br />

Mögliche Beanstandungen werden zuerst über Rückfragen<br />

zu lösen versucht, und uns wird insgesamt Verständnis für<br />

unsere Studien entgegengebracht. Vorausgesetzt, dass wir<br />

formal komplette Dossiers unterbreiten, wird auch die Bearbeitungszeit<br />

von 30 Tagen nicht ausgeschöpft. Das ist<br />

eine hoch geschätzte Entwicklung.<br />

redundant ist. Die <strong>Schweizer</strong> Ethikkommissionen bestätigen,<br />

dass sie nach ICH-GCP arbeiten. Der europäische<br />

Weg über komplett separate Begutachtungen von Studien<br />

durch Ethikkommissionen und Heilmittelbehörden muss<br />

auch in der Schweiz Standard werden. Vorzugsweise sollte<br />

hier generell eine Anpassung an Europa stattfinden, d.h.<br />

eine parallele Begutachtung aller involvierter Aufsichtsstellen.<br />

Das würde natürlich eine genaue Abgrenzung von<br />

ethischen und studienspezifischen Aufgaben voraussetzen.<br />

Wie auch immer, falls der Prozess sequentiell bleibt, sollte<br />

Swissmedic von der Reevaluation der EK-Beschlüsse absehen.<br />

Ein Hindernis während der Studiendurchführung ist<br />

die Freigabe <strong>eines</strong> jeden einzelnen Studienzentrums bei<br />

Amendments. Ganz klar und selbstverständlich müssen<br />

Amendments den Behörden unterbreitet werden. Dass die<br />

Eröffnung jedes einzelnen Spitals durch Swissmedic notwendig<br />

ist, stellt für uns aber eine Interpretation des Gesetzes<br />

dar, die nicht nachvollziehbar ist.<br />

Innerhalb der EU finden momentan ähnliche Diskussionen<br />

zu den Regularien und deren Anwendung statt. Sponsoren<br />

und PrüfärztInnen stellen Teile der Clinical Trial Directive<br />

in Frage, da während der Anwendung Ungereimtheiten<br />

und Erschwernisse bekannt werden, die es anzugehen gilt.<br />

Die Begründer der «Road Map Initiative for Clinical Research<br />

in Europe» versuchen mit vereinten Kräften, das<br />

regulatorische System für klinische Studien in Europa zu<br />

verbessern. Das European Forum for Good Clinical Practice<br />

(EFGCP) machte diesbezüglich eine wichtige Umfrage<br />

betreffend allgemeiner Zustimmung der gültigen Regeln.<br />

Die Diskussionen sind immer noch im Gange.<br />

Die Implementierung des HFG wird auch Auswirkung auf<br />

die eine und andere Verordnung von Swissmedic haben.<br />

Gerne würden wir bei Swissmedic eine Ansprechpartnerin<br />

für die Belange der akademischen Forschung in der Schweiz<br />

bleiben, und wir freuen uns diesbezüglich auf eine fruchtbare<br />

Zusammenarbeit.<br />

Anregungen für zukünftige Diskussionen<br />

Da dieser Dialog mit Swissmedic erfolgreich war, sind wir<br />

zuversichtlich, dass wir auch in Zukunft die Diskussion zusammen<br />

führen und neue Wege und <strong>Lösung</strong>en zur Zufriedenheit<br />

aller finden können.<br />

Zum Beispiel sind wir überzeugt, dass heutzutage der zweite<br />

Review von ethischen Überlegungen durch Swissmedic<br />

Korrespondenzadresse:<br />

Pascale Wenger<br />

SAKK Koordinationszentrum<br />

Effingerstrasse 40<br />

3008 Bern<br />

pascale.wenger@sakk.ch<br />

Französiche Version auf der nächsten Seite - version française sur la prochaine page<br />

<strong>Schweizer</strong> Krebsbulletin • Nr. 3/2010 211


SCHWERPUNKTTHEMA<br />

Notifications de Swissmedic –<br />

Expérience du SAKK<br />

Pascale Wenger, manager regulatory affairs<br />

Peter Brauchli, directeur<br />

Le Groupe Suisse de Recherche Clinique sur le Cancer<br />

(SAKK) a une longue expérience dans la réalisation<br />

d’études cliniques en oncologie et jouit ainsi d’une vue<br />

assez globale du cadre réglementaire et de son évolution<br />

en Suisse. Le SAKK lance aujourd’hui dix à douze nouvelles<br />

études par an. En 2009, il a reçu 11 notifications,<br />

ce qui correspond à 22% des études oncologiques (48) sur<br />

lesquelles s’est prononcé Swissmedic.<br />

Rétrospective des dernières années<br />

Dans l’ensemble, on observe à tous les niveaux (autorités,<br />

commissions d’éthique (CE) et sponsors) une professionnalisation<br />

dans l’élaboration et l’évaluation des documents<br />

d’étude. On devrait donc pouvoir s’attendre à des procédures<br />

plus claires et à un traitement administratif simplifié.<br />

Pourtant, au cours des dernières années, nous avons<br />

plutôt constaté un mouvement contraire: des exigences<br />

plus sévères et une législation interprétée plus strictement.<br />

Swissmedic, organe exécutif de la Loi fédérale sur les produits<br />

thérapeutiques (LPTh), érigie son interprétation en<br />

norme. Nous pensons qu’il doit être possible et permis de<br />

s’écarter de la norme en cas d’objections justifiées.<br />

Par le passé, nous avons plus d’une fois eu l’impression<br />

que des méthodologies mûrement réfléchies et justifiées<br />

qui ne suivaient pas exactement le modèle étaient rejetées<br />

sans aucun échange d’arguments. Nous avions parfois<br />

aussi le sentiment que des ajournements étaient prononcés<br />

par manque de connaissance de la pratique clinique<br />

quotidienne – la divergence compréhensible entre théorie<br />

et pratique – alors que le problème aurait pu être résolu<br />

en demandant des renseignements complémentaires. De<br />

manière inattendue, des procédures pourtant bien rodées<br />

n’étaient plus acceptées. Le manque d’uniformité dans l’expertise<br />

nous préoccupait en outre sans cesse: les différents<br />

réviseurs ne partageant pas la même opinion, il n’était pas<br />

toujours facile de savoir quelle était la norme pour les aspects<br />

purement formels. Le SAKK en tant que sponsor<br />

a par ailleurs essuyé une perte de confiance de la part de<br />

Swissmedic, peut-être en raison de l’arrivée de nouveaux<br />

collaborateurs au Centre de coordination du Groupe. L’objectif<br />

commun de toutes les parties – agir pour le bien des<br />

patients – menaçait d’être relégué au second plan à cause<br />

de complications et de contrôles injustifiés. Les sponsors<br />

tels que le SAKK, c’est-à-dire les groupes de coopération,<br />

qui mènent des études sur l’initiative de l’investigateur<br />

(investigator initiated trials; IIT), ne sont toujours<br />

pas représentés dans notre législation. Nous avons donc<br />

vraisemblablement été perçus comme «indéfinissables»<br />

d’une certaine manière et par conséquent peu dignes de<br />

confiance. En bref, l’esprit de l’article 1, paragraphe 3 de<br />

la LPTh nous manquait: «Dans l’exécution de la présente<br />

loi, notamment lors de la mise au point des ordonnances<br />

et de leur application dans chaque cas, il y a lieu de veiller<br />

à ce que: (…) b. la recherche et le développement dans le<br />

domaine pharmaceutique se déroulent dans des conditions<br />

favorables».<br />

Longue tradition<br />

L’échange d’informations entre Swissmedic et le SAKK a<br />

une longue tradition.<br />

En avril 2006, nous discutions déjà de l’urgence d’un<br />

allégement de la procédure d’approbation par les commissions<br />

d’éthique et les autorités concernant les études<br />

menées pour des indications peu fréquentes. L’OASMéd<br />

révisée de l’époque ne prévoyait qu’une simplification de<br />

l’autorisation de mise sur le marché de produits prescrits<br />

pour des maladies rares, pas encore des études précitées.<br />

Pourtant, c’est justement dans ce domaine qu’un allégement<br />

serait toujours vraiment nécessaire car ces études<br />

sont systématiquement multicentriques, voire multinationales,<br />

et requièrent l’ouverture de nombreux centres<br />

pour très peu de patients respectivement afin de réunir la<br />

population requise en un temps raisonnable.<br />

En février 2008, nous avons parlé lors d’une nouvelle rencontre<br />

de la nécessité d’intégrer officiellement dans les lois<br />

et les ordonnances en tant que sponsors les organisations<br />

de type groupes de coopération qui mènent des IIT. Nous<br />

avons saisi l’occasion et présenté le SAKK puis abordé les<br />

différences entre les recherches pour le développement<br />

de médicaments de l’industrie pharmaceutique et nos<br />

propres recherches visant à optimiser des traitements pour<br />

le bien des patients.<br />

Dans un message électronique du 23.9.2008, Swissmedic<br />

a mentionné vouloir publier avec l’ACER un avis au sujet<br />

des études académiques ou «not-for-profit». Le SAKK<br />

en a profité pour exposer son propre point de vue à l’appui<br />

de sa longue expérience dans le domaine, suite à quoi<br />

Swissmedic a envoyé une invitation à une réunion en vue<br />

212 <strong>Schweizer</strong> Krebsbulletin • Nr. 3/2010


RECHERCHE SUR LE CANCER ET SWISSMEDIC<br />

d’un échange d’opinions personnel. La discussion devait<br />

évidemment avoir lieu dans la marge d’interprétation des<br />

BPC de l’ICH puisque celles-ci ont été appliquées comme<br />

une loi nationale en Suisse. La possibilité d’interpréter des<br />

directives de BPC (ICH) adéquatement pour les études<br />

scientifiques à but non lucratif est assurée même dans ce<br />

cadre restrictif.<br />

La grande fluctuation chez les collaborateurs de Swissmedic<br />

a cependant de nouveau tari cet échange d’opinions.<br />

Evolution positive<br />

Fin 2009, nous avons réitéré notre demande de réunion<br />

avec Swissmedic, et le 30.3.2010 nous avons effectivement<br />

rencontré des représentants de la division des autorisations<br />

chargés des essais cliniques. Nous avons profité<br />

de cette opportunité pour présenter une nouvelle fois<br />

notre organisation et nos activités. La législation suisse ne<br />

reconnaît toujours pas les groupes de coopération comme<br />

des sponsors bien que la recherche universitaire soit un<br />

besoin social notoire. Il existe de grandes différences entre<br />

la recherche et le développement menés par l’industrie<br />

pharmaceutique et la recherche «orientée patients» des<br />

groupes de coopération. Nous travaillons en effet avec des<br />

fonds fédéraux et sur un mandat de prestations du Secrétariat<br />

d’Etat à l’éducation et à la recherche.<br />

Cette réunion, la connaissance réciproque et la possibilité<br />

d’exposer personnellement nos requêtes ont été très<br />

utiles. Pour le SAKK, Swissmedic a trouvé entre-temps<br />

une bonne solution. A l’heure actuelle, nos dossiers sont<br />

généralement traités par une même personne, qui connaît<br />

notre domaine d’activité et qui travaille de manière professionnelle<br />

sans jamais perdre de vue les objectifs. Nous<br />

estimons cette collaboration basée sur la confiance et le<br />

respect. Toute objection donne lieu dans un premier temps<br />

à une demande de renseignements complémentaires pour<br />

essayer de résoudre le problème; dans l’ensemble, on fait<br />

preuve de compréhension pour nos études. A condition<br />

que nous soumettions des dossiers complets du point de<br />

vue formel, la réponse nous arrive avant la fin du délai de<br />

traitement habituel de 30 jours. Il s’agit là de progrès très<br />

appréciés.<br />

Suggestions pour les discussions à venir<br />

Ce dialogue couronné de succès avec Swissmedic nous a<br />

donné confiance pour l’avenir: nous réussirons à mener<br />

d’autres discussions ensemble et à trouver de nouveaux<br />

moyens et solutions à la satisfaction de tous.<br />

Nous sommes par exemple convaincus qu’aujourd’hui la<br />

seconde révision par Swissmedic des considérations d’ordre<br />

éthique est redondante. Les commissions d’éthique suisses<br />

certifient respecter les BPC de l’ICH. La méthodologie<br />

européenne d’évaluation bien distincte des études par les<br />

commissions d’éthique et par les agences des produits thérapeutiques<br />

doit aussi devenir la norme en Suisse. Nous<br />

devrions de préférence nous adapter d’une manière générale<br />

aux pays de l’Union européenne (expertise parallèle<br />

par toutes les autorités de surveillance intervenant dans la<br />

procédure), ce qui supposerait naturellement une délimitation<br />

précise des tâches d’ordre éthique et spécifiques aux<br />

études. Quoi qu’il en soit, si la procédure reste séquentielle,<br />

Swissmedic devrait renoncer à la réévaluation des<br />

décisions des CE.<br />

La validation de chaque centre d’étude lors de modifications<br />

représente un obstacle pendant la réalisation des<br />

études. Il est évident et naturel que les modifications doivent<br />

être soumises aux autorités mais la nécessité de l’ouverture<br />

par Swissmedic de chaque hôpital nous paraît une<br />

interprétation incompréhensible de la loi.<br />

Au sein de l’UE, des discussions similaires sur les réglementations<br />

et leur application ont actuellement lieu. Les<br />

sponsors et les médecins investigateurs remettent en question<br />

certaines parties de la directive sur les essais cliniques<br />

(Clinical Trial Directive) puisqu’on constate lors de son<br />

application des incohérences et des complications, contre<br />

lesquelles il est nécessaire d’agir. Les promoteurs de la<br />

«Road Map Initiative for Clinical Research in Europe» essaient<br />

de concert d’améliorer le système de réglementation<br />

des études cliniques en Europe. Le Forum européen pour<br />

les bonnes pratiques cliniques (EFGCP) a mené à ce sujet<br />

une importante enquête relative à l’adhésion générale aux<br />

règles en vigueur. Les discussions sont toujours en cours.<br />

L’application de la LRH aura aussi des répercussions sur<br />

certaines ordonnances de Swissmedic. Nous souhaitons<br />

rester chez Swissmedic un interlocuteur pour les questions<br />

de recherche universitaire en Suisse et nous réjouissons à<br />

ce propos d’une fructueuse collaboration.<br />

Adresse de correspondance:<br />

Pascale Wenger<br />

SAKK Centre de coordination<br />

Effingerstrasse 40<br />

3008 Bern<br />

pascale.wenger@sakk.ch<br />

<strong>Schweizer</strong> Krebsbulletin • Nr. 3/2010 213


SCHWERPUNKTTHEMA<br />

Goethe, Tucholsky und GCP<br />

Felix Niggli, Vizepräsident SPOG<br />

Isabelle Lamontagne-Müller, Geschäftsführerin SPOG<br />

Johann Wolfgang von Goethe soll einmal gesagt haben:<br />

«In den Werken des Menschen wie in denen der Natur sind<br />

eigentlich die Absichten vorzüglich der Aufmerksamkeit<br />

wert». So ist es wohl auch mit den zweifellos guten Intentionen,<br />

die zur Formulierung von Regeln zum Schutz von<br />

Teilnehmenden in klinischen Studien geführt haben.<br />

Auch aus der Sicht der pädiatrischen Onkologie anerkennen<br />

wir die gute Absicht hinter der Schaffung der Regeln der<br />

Good Clinical Practice und die Notwendigkeit des Schutzes<br />

der Integrität von Patientinnen und Patienten in klinischen<br />

Studien. Gemäss unserer Wahrnehmung hat sich allerdings<br />

in der Kontrolle der Umsetzung dieser Grundsätze ein Konstrukt<br />

an regulatorischen Abläufen und Hürden für die akademische<br />

klinische Forschung gebildet, welches die Bedürfnisse<br />

von Patientinnen und Patienten nicht mehr sinnvoll in<br />

Betracht zieht.<br />

Etwas schonungsloser als Goethe hat sich übrigens Kurt Tucholsky<br />

zum Thema der guten Absicht geäussert mit seinem<br />

Zitat: «Das Gegenteil von gut ist nicht böse, sondern gut<br />

gemeint».<br />

Als akademische Forschungsorganisation im Bereich der<br />

pädiatrischen Onkologie sind wir dem Wohl von Krebs<br />

betroffener Kinder und Jugendlicher verpflichtet. Unsere<br />

Patientinnen und Patienten bilden eine kleine Gruppe von<br />

Betroffenen, deren Erkrankungen in jedem Fall unter die Definition<br />

einer «Orphan Disease» fallen. Diese Erkrankungen<br />

stehen bekanntlich ausserhalb des Interesses der Pharma-<br />

Industrie, weshalb die heute für Erwachsene zur Verfügung<br />

stehenden Medikamente zur Krebsbehandlung weitgehend<br />

unter Nicht-Beachtung der pädiatrischen Population entwickelt<br />

und auf den Markt gebracht wurden. Dies hat zur<br />

Folge, dass pädiatrische Onkologinnen und Onkologen bzw.<br />

ihre Patientinnen und Patienten bei der medikamentösen<br />

Behandlung oft nur die beiden Möglichkeiten des off label<br />

use oder der Teilnahme an einer klinischen Studie haben.<br />

Letzteres ist unserer Meinung nach in den meisten Fällen<br />

vorzuziehen. Eine Studienteilnahme zeigt bekannterweise<br />

generell bessere Resultate, ist sicherer und bringt einen systematischen<br />

Erkenntnisgewinn mit sich. Unter den gesamthaft<br />

jährlich 35’000 neuen Krebserkrankungen in der Schweiz<br />

betreffen ca. 200-250 Fälle davon Kinder und Jugendliche.<br />

Die Vielfalt an verschiedenen Krebserkrankungen ist in der<br />

Pädiatrie mindestens so gross wie im Erwachsenenbereich.<br />

Damit möglichst wenige Kinder und Jugendliche im Rahmen<br />

von off label use behandelt werden müssen, bzw. möglichst<br />

vielen eine Studienteilnahme ermöglicht werden kann,<br />

muss eine entsprechend breite Palette an Studienprotokollen<br />

zur Rekrutierung offen sein; selbstverständlich nach Prüfung<br />

durch Ethikkommissionen und notifiziert durch Swissmedic.<br />

Da die <strong>Schweizer</strong>ische Pädiatrische Onkologie Gruppe<br />

international ausgezeichnet vernetzt ist und eine langjährige<br />

Tradition der Zusammenarbeit mit anderen kooperativen<br />

Gruppen pflegt, stehen die entsprechenden Protokolle meist<br />

zur Verfügung. Was zunehmend zum schwer überwindbaren<br />

Hindernis wird, sind die regulatorischen Hürden und damit<br />

verbunden die stetig wachsenden Kosten zur Bearbeitung<br />

dieses Bereiches. Immer mehr Gelder, die für die Forschung<br />

bestimmt sind, müssen dafür ausgegeben werden und bei<br />

der Diskussion neuer Studien wird vermehrt nicht nur deren<br />

wissenschaftlicher Gehalt bzw. deren Relevanz für die Betroffenen<br />

diskutiert, sondern allem voran deren regulatorische<br />

Durchführbarkeit. Stark erschwerend wirkt der Umstand,<br />

dass die regulatorischen Prozesse eindeutig auf die gewinnorientierte<br />

Forschung durch Pharmafirmen ausgerichtet sind<br />

und nicht auf die akademische Forschung. Regeln, Formulare<br />

und Checklisten orientieren sich an den Gegebenheiten der<br />

Industrie und passen schlecht zusammen mit den Verhältnissen<br />

der akademischen Forschung, deren Strukturen primär<br />

auf die unmittelbaren Bedürfnisse der Patientinnen und Patienten<br />

ausgerichtet sind. Jener Patientinnen und Patienten,<br />

welche durch GCP geschützt werden sollen. Heute behindert<br />

das regulatorische Konstrukt die Untersuchung neuer therapeutischer<br />

Ansätze, die ja gerade dazu gedacht sind, diesen<br />

Patientinnen und Patienten besser helfen zu können.<br />

Idealerweise würde ein Gleichgewicht bestehen zwischen<br />

dem Schutz von Studienteilnehmenden und der Aufrechterhaltung<br />

forschungsfreundlicher Bedingungen zum Nutzen<br />

der betroffenen Patientinnen und Patienten. Dieses Gleichgewicht<br />

ist ins Wanken geraten. Wir fragen uns heute ernsthaft,<br />

ob für potentiell lebensbedrohende Erkrankungen und<br />

erst recht bei einer Patientenpopulation, die im Fall einer erfolgreichen<br />

Behandlung noch viele Lebensjahre vor sich hat,<br />

der Schaden, der durch die regulatorischen Hürden im Sinne<br />

von Forschungsverlangsamung oder sogar -Verhinderung<br />

für die Betroffenen entsteht, nicht grösser ist als der Nutzen.<br />

Oder anders ausgedrückt: gehen durch die Verlangsamung<br />

der Forschung nicht mehr Lebensjahre verloren, als durch<br />

verbesserten Schutz evtl. gewonnen werden? (siehe auch David<br />

J. Stewart, Simon N. Whitney, and Razelle Kurzrock.<br />

Equipoise Lost: Ethics, Costs, and the Regulation of Cancer<br />

Clinical Research J Clin Oncol 28:2925-2935).<br />

Die Inkompatibilität der regulatorischen Anforderungen<br />

mit den Gegebenheiten der akademischen Forschung bringt<br />

214 <strong>Schweizer</strong> Krebsbulletin • Nr. 3/2010


KREBSFORSCHUNG UND SWISSMEDIC<br />

es mit sich, dass wir oftmals gezwungen sind, aus der Sicht<br />

der Behörden unvollständige Dossiers einzureichen. Die<br />

Abläufe in Pharmafirmen sind heute von der Entwicklung<br />

der ersten Idee im Labor bis zur Markteinführung lückenlos<br />

aufeinander abgestimmt und mit den regulatorischen<br />

Abläufen harmonisiert. Sämtliche geforderten Unterlagen,<br />

vom Analysenzertifikat einer Substanz bis zur Investigator<br />

Brochure, werden laufend produziert und sind zum Zeitpunkt<br />

der Einreichung an die Behörden vorhanden und auf<br />

dem neusten Stand. Schliesslich geht es darum, das Medikament<br />

möglichst rasch auf den Markt zu bringen, um die<br />

Entwicklungskosten wieder einzubringen und Profit zu erwirtschaften.<br />

Akademische Forschungsorganisationen hingegen gehen<br />

Forschungsfragen aus der Perspektive der Patientinnen und<br />

Patienten an. Ihre Studienprotokolle beinhalten oft komplexe<br />

Therapieschemen mit mehreren Medikamenten von<br />

unterschiedlichen Firmen und unterschiedlichem Markteinführungsstatus.<br />

Die Beschaffung sämtlicher von den Behörden<br />

geforderten Dokumente ist oft sehr aufwändig und<br />

manchmal schlicht unmöglich. Dieser Umstand favorisiert<br />

in der Folge auch eine ungleiche Beurteilung durch verschiedene<br />

Mitarbeitende bei Swissmedic. Bei der Optimierung<br />

von Notifikationsdossiers ist der direkte Kontakt mit den<br />

Mitarbeitenden von Swissmedic heute möglich und oft hilfreich.<br />

Die Erfahrung zeigt aber, dass eine einmal praktizierte<br />

pragmatische Problemlösung beim erneuten Auftauchen des<br />

selben Problemes bedauerlicherweise nicht verlässlich reproduzierbar<br />

ist. Oder anders ausgedrückt: Unterschiedliche<br />

Swissmedic Begutachterinnen und Begutachter haben unterschiedliche<br />

Ansprüche. Dies erhöht den Aufwand beträchtlich<br />

und ist für beide Seiten unbefriedigend und zeitraubend.<br />

Auf politischer Ebene sind Bestrebungen im Gange, die<br />

Pharmaindustrie vermehrt in die Pflicht zu nehmen im<br />

Sinne der Mitberücksichtigung der pädiatrischen Population<br />

bei der Entwicklung neuer Medikamente. Dies ist begrüssenswert,<br />

wird aber nicht zu einem vermehrten Engagement<br />

führen im Sinne von Therapieoptimierungsstudien mit Medikamenten,<br />

die im Erwachsenenbereich bereits etabliert, bei<br />

Kindern aber noch ungenügend untersucht sind. Genau diese<br />

Studien sind aber dringend nötig, um den Versorgungsnotstand<br />

mit genügend untersuchten Medikamenten im pädiatrischen<br />

Bereich innert nützlicher Frist zu beheben. Wenn<br />

die regulatorischen Hürden so hoch bleiben wie heute oder<br />

sogar noch weiter steigen, stellen wir uns die Frage, ob bald<br />

nur noch die Pharma-Industrie klinische Studien durchführen<br />

kann und damit nur noch gewinnorientierte Forschung<br />

stattfindet. Das würde bedeuten: keine Studien mehr mit<br />

Substanzen, die nicht patentiert werden können oder deren<br />

Patentschutz abgelaufen ist, keine oder nur wenige Studien<br />

mit Kombinationen von Substanzen verschiedener Firmen,<br />

keine Entwicklung bei seltenen Erkrankungen, keine Untersuchungen<br />

bei Hochrisiko-Patienten. Genau diese Arten<br />

von Untersuchungen sind aber gerade in der Onkologie und<br />

vor allem in der pädiatrischen Onkologie besonders wichtig.<br />

Das Engagement von akademischen kooperativen Gruppen<br />

hat in den letzten Jahrzehnten dazu geführt, dass die Überlebensraten<br />

von Krebs betroffener Kinder und Jugendlicher<br />

von durchschnittlich 20% auf 80% gestiegen sind. Dies war<br />

nur möglich durch ausgeklügelte Kombinationen von Chemotherapeutika<br />

und dem optimalen Einsatz weiterer therapeutischer<br />

Module wie Chirurgie und Strahlentherapie. Die<br />

Pharmaindustrie hat zwar vorgängig eine breite Palette verschiedener<br />

Zytostatika entwickelt, war dann aber bei der Anwendung<br />

und beim optimierten Einsatz dieser Substanzen<br />

im pädiatrisch-onkologischen Bereich kaum beteiligt.<br />

Unsere Arbeit ist aber noch nicht zu Ende. Zu viele Krebserkrankungen<br />

im Kindes- und jugendlichen Alter können<br />

noch nicht befriedigend behandelt werden. Zu viele im Erwachsenenbereich<br />

etablierte Substanzen sind noch nicht genügend<br />

untersucht.<br />

Wir wünschen uns die Wiederherstellung einer Situation, in<br />

der es wirklich um die Patientinnen und Patienten geht und<br />

um die Weiterentwicklung und Anwendung von medizinischem<br />

Wissen zu deren Nutzen - in einem regulatorischen<br />

Umfeld, welches dies möglich macht bzw. nicht behindert.<br />

Nicht nur die unmittelbare Integrität der einzelnen Studienteilnehmerinnen<br />

und -teilnehmer muss geschützt<br />

werden. Auch die Bedingungen, die es erlauben zum<br />

Nutzen der Patientinnen und Patienten zu forschen,<br />

müssen geschützt werden!<br />

Folgendes sind nur einige Vorschläge und Denkansätze zur<br />

Verbesserung der Situation ohne Anspruch auf Vollständigkeit:<br />

• Wir schlagen eine Adaptierung der regulatorischen Abläufe<br />

an die akademische Forschung vor. Nicht weniger<br />

Schutz der Patientinnen und Patienten. Aber eine Umsetzung<br />

der geltenden Regeln, welche dem Umfeld der akademischen,<br />

patientenorientierten Forschung besser gerecht<br />

wird.<br />

• Es wäre hilfreich, wenn die spezielle Situation der Orphan<br />

Diseases auch bei Studiennotifikationen in Betracht gezogen<br />

würde.<br />

• Eine unterschiedliche Tarifierung für gewinnorientierte<br />

Forschung und akademische Forschung wäre angebracht.<br />

• Und schliesslich sollte die Praxis der Mehrfachbeurteilung<br />

durch Ethikkommissionen und Swissmedic auf das absolut<br />

nötige Minimum reduziert werden.<br />

Korrespondenzadresse:<br />

Isabelle Lamontagne-Müller<br />

Geschäftsführerin<br />

SPOG Office<br />

Effingerstrasse 40, 3008 Bern<br />

isabelle.lamontagne@spog.ch<br />

<strong>Schweizer</strong> Krebsbulletin • Nr. 3/2010 215


SCHWERPUNKTTHEMA<br />

<strong>Lösung</strong>svorschläge zur<br />

Stärkung der akademischen<br />

klinischen Forschung<br />

Jakob R. Passweg, Chefarzt Abteilung Hämatologie,<br />

Departement Innere Medizin, Universitätsspital Genf<br />

und Präsident Krebsliga Schweiz<br />

Haus der Krebsliga in Bern Sinn der klinischen Forschung<br />

ist es, Fortschritte<br />

in der Diagnose und Behandlung von Krankheiten zu erzielen,<br />

um Patientinnen und Patienten besser behandeln<br />

und betreuen zu können. Für viele kranke Menschen<br />

sowie Personen aus ihrem Umfeld ist der medizinische<br />

Fortschritt der wichtigste Hoffnungsträger – gerade bei<br />

einer so schwerwiegenden Krankheit wie Krebs. Während<br />

in der Schweiz die Qualität der Grundlagenforschung<br />

im internationalen Vergleich eine absolute Spitzenposition<br />

einnimmt, befindet sich unsere klinische<br />

Forschung nicht auf einem vergleichbar hohen Niveau.<br />

Die Gründe, weshalb die klinische Forschung – speziell<br />

im akademischen Bereich – verbessert werden muss,<br />

sind vielfältig. Verantwortlich sind einerseits strukturelle<br />

Faktoren unseres föderalistischen Systems: Trotz<br />

der bescheidenen Grösse der Schweiz mit knapp 7,8 Millionen<br />

Einwohnern will jeder Kanton möglichst die ganze<br />

Palette medizinischer Leistungen anbieten – selbst in<br />

der Spitzenmedizin. Das <strong>Schweizer</strong> Gesundheitswesen<br />

ist folglich stark fragmentiert. Wir haben Patientinnen<br />

und Patienten in grossen Universitätsspitälern, Privatkliniken,<br />

kleinen und mittleren Regionalspitälern, Privatpraxen<br />

etc.<br />

Um eine genügend grosse Anzahl Patienten einzubinden,<br />

werden klinische Studien meist an mehreren Spitälern<br />

und Kliniken gleichzeitig durchgeführt. Diese Multizenterstudien<br />

müssen gegenwärtig ein sehr aufwendiges<br />

Bewilligungsprozedere durchlaufen, da jede involvierte<br />

kantonale Ethikkommission den Forschungsantrag separat<br />

beurteilt. Zudem kommt in dem langen Prozess, den<br />

die Entwicklung und Bewilligung <strong>eines</strong> Studienprotokolls<br />

den Gesuchsstellern abverlangt, die strengste Hürde<br />

am Schluss: die Notifikation durch Swissmedic. Rund<br />

40% der Protokolle werden von der Zulassungs- und Aufsichtsbehörde<br />

für Heilmittel nach dieser Prüfung zurückgestellt.<br />

Effizienz sähe anders aus.<br />

Andererseits erschweren regulatorische Mängel die klinische<br />

Forschung. Die geltenden Versuchsvorschriften<br />

sind für grosse, kommerzielle Studien konzipiert, mit<br />

denen beispielsweise neue Medikamente getestet werden.<br />

Pharmafirmen können den Aufwand des zeit- und<br />

kostenintensiven Bewilligungsprozesses auf den Medikamentenpreis<br />

abwälzen. Die akademische Forschung,<br />

die mit denselben administrativen Hürden konfrontiert<br />

ist, hat aber nicht annähernd dieselben finanziellen Möglichkeiten<br />

wie der kommerzielle Sektor. Ein steigendes<br />

Sicherheitsbedürfnis auf politischer Ebene und ein wachsender<br />

Regulationseifer auf Behördenseite haben diese<br />

Problematik in den letzten Jahren akzentuiert. Dies kann<br />

dazu führen, dass nicht kommerziell ausgerichtete Studien,<br />

z.B. Therapieoptimierungsstudien, bei uns gar nicht<br />

durchgeführt werden, obwohl sie für die Patienten sinnvoll<br />

und nötig wären.<br />

Eine kürzlich in den USA durchgeführte Untersuchung<br />

zeigt, dass die Regulation der Medikamentenzulassung<br />

den Patientinnen und Patienten möglicherweise mehr<br />

Schaden als Nutzen bringt. Mit anderen Worten: Durch<br />

die Verzögerung des therapeutischen Fortschrittes gehen<br />

mehr Lebensjahre verloren als durch den Schutz vor potenziell<br />

schädlichen Medikamenten gewonnen werden.<br />

Dabei sollten Patienten – gerade bei seltenen Krankheiten<br />

– möglichst häufig gemäss Studienprotokollen<br />

be handelt werden, da dies zwei entscheidende Vorteile<br />

beinhaltet: einen höheren Grad an Qualitätskontrolle<br />

sowie einen stetigen Verbesserungseffekt. Dank der Auswertung<br />

der Therapieergebnisse, die heute in klinischen<br />

Studien erzielt werden, können Patienten morgen besser<br />

behandelt werden.<br />

Wie lassen sich die Probleme der klinischen Forschung in<br />

unserem Land entschärfen? Einen Schritt in die richtige<br />

Richtung macht der Entwurf des Humanforschungsgesetzes,<br />

das einer Leitethikkommission die Federführung<br />

bei Multizenterstudien zuteilt. Dies würde das Geneh-<br />

216 <strong>Schweizer</strong> Krebsbulletin • Nr. 3/2010


KREBSFORSCHUNG UND SWISSMEDIC<br />

migungsverfahren deutlich vereinfachen. Mit einem zentralen<br />

Bewilligungsverfahren würden Voten von weiteren<br />

involvierten kantonalen Kommissionen überflüssig. Ein<br />

verbindlicher Entscheid für alle beteiligten Kantone und<br />

Zentren heisst mehr Effizienz, weniger Bürokratie und<br />

keine Diskriminierung von Patientinnen und Patienten<br />

aufgrund ihres Domizils.<br />

Ein weiterer Schritt, Doppelspurigkeiten auszumerzen,<br />

liegt in der Verschiebung von Kompetenzen: Swissmedic<br />

anerkennt die Entscheide von Ethikkommissionen oder<br />

dem eidgenössischen Datenschutz- und Öffentlichkeitsbeauftragten,<br />

ohne selbst nochmals sämtliche Aspekte des<br />

Bewilligungsgesuchs zu beurteilen. Noch weiter gehen<br />

die Überlegungen, im Falle von internationalen Studien<br />

bereits erteilte Bewilligungen von ausländischen Ethikkomitees<br />

zu anerkennen. Doch dazu wäre noch einiges<br />

an Umdenken seitens Swissmedic nötig. Vorerst dürften<br />

ausländische Behördenvoten bestenfalls als Wegweiser für<br />

die Neu-Beurteilung in der Schweiz dienen. Bekanntlich<br />

weist die hiesige Heilmittel-Überwachungsbehörde gelegentlich<br />

Protokolle zurück, die innerhalb der EU bereits<br />

von mehreren Ländern genehmigt wurden.<br />

Eine ebenso wichtige wie notwendige Massnahme, um die<br />

klinische Forschung zu stärken, ist die Anpassung der geltenden<br />

Vorschriften für nicht kommerzielle, akademische<br />

Studien. Ein Schritt, der bei Forschungsarbeiten zu seltenen<br />

Krankheiten in besonderem Masse angezeigt ist.<br />

Zudem sollten Protokolle mit Standardtherapien nicht<br />

mehr unter das Heilmittelgesetz fallen, womit eine Notifikation<br />

durch Swissmedic entfällt. Akademische Studienvorhaben<br />

scheitern in der Schweiz nicht selten aus<br />

Kostengründen. Es muss deshalb sichergestellt sein, dass<br />

die Krankenkassen die Kosten für die Standardbehandlungen<br />

übernehmen. Für Projekte an universitären Zentren<br />

sollten reduzierte Bewilligungsgebühren gelten, und<br />

die Haftung sollte durch Bund, Kantone oder öffentlichrechtliche<br />

Institutionen übernommen werden.<br />

Es geht hier k<strong>eines</strong>wegs um eine einseitige Interessensvertretung<br />

von Wissenschaft und Medizin. Sowohl das Heilmittelgesetz<br />

wie das neue Humanforschungsgesetz halten<br />

im Zweckartikel fest, dass für die humanmedizinische<br />

Forschung günstige Rahmenbedingungen zu schaffen<br />

sind, etwa durch die entsprechende Ausgestaltung der<br />

einschlägigen Verordnungen. Niemand bestreitet, dass<br />

die Forschungsfreiheit – im Gegensatz zur Würde des<br />

Menschen – kein absolutes Gut ist. In einem funktionierenden<br />

Rechtsstaat ist die Menschenwürde immer höher<br />

zu gewichten als die Forschungsinteressen. Allerdings<br />

müssen Parlament und Behörden Augenmass halten, da<br />

eine Behinderung der Forschung, motiviert durch einen<br />

übermässigen Schutzgedanken, längerfristig nicht nur<br />

den Forschungsstandort Schweiz schwächt, sondern letztlich<br />

auch nicht im Einklang mit den Patienteninteressen<br />

steht. Weniger Forschung, weniger Fortschritt.<br />

Korrespondenzadresse:<br />

Prof. Dr. med. Jakob R. Passweg<br />

Service d‘Hématologie<br />

Hopitaux Universitaires de Geneve<br />

Rue Gabrielle Perret Gentil 4<br />

1211 Geneve 14<br />

Tel. 022 372 39 58<br />

jakob.passweg@hcuge.ch<br />

<strong>Schweizer</strong> Krebsbulletin • Nr. 3/2010 217


SCHWERPUNKTTHEMA<br />

Challenges in Launching<br />

Multinational Clinical Trials<br />

in Switzerland:<br />

the EORTC perspective<br />

Anastassia Negrouk 1 and Roger Stupp 2<br />

1<br />

Regulatory Affairs, Headquarters, European<br />

Organisation for Research and Treatment of Cancer,<br />

Brussels, Belgium, 2 VicePresident, EORTC<br />

The EORTC (European Organization for Research and<br />

Treatment of Cancer) is a multinational cooperative group<br />

aiming at improving cancer care. Legally, the EORTC is<br />

a non-profit foundation under Belgium law. The EORTC<br />

remains the only academic organism conducting transnational<br />

clinical trials in most European countries. Switzerland<br />

and Swiss investigators have been active contributors<br />

since the birth of the organization, with many<br />

Swiss researchers holding leadership functions within the<br />

EORTC. In terms of patient accrual, Switzerland is the<br />

7th leading contributor (1108 patients recruited by Swiss<br />

investigators to EORTC trials for the period of 2000-<br />

2009). Approximately 50% of currently active EORTC<br />

trials are open to patient accrual in Switzerland.<br />

Clinical research is an important and indispensable<br />

means to progress and better medical for patients, and<br />

EORTC Headquarters,<br />

Brussels, Belgium<br />

in particular for cancer patients.<br />

Large, international<br />

and collaborative trials are<br />

often the only way to demonstrate or reject the efficacy<br />

of a novel or modified treatment. Research in human<br />

beings is a very sensitive matter that needs to be performed<br />

under a strict ethical and legal framework. Over<br />

the years European legislation has created a framework<br />

to guarantee patient protection while aiming at harmonizing<br />

the process. The current European Clinical<br />

Trials Directive was finalized in 2001 and is applicable<br />

in the EU member states since May 2004. Similarly,<br />

Switzerland produced in 2001 the ordinance on clinical<br />

trials with therapeutic products (referred to as OClin<br />

or VKlin) applicable since 2002, and updated in 2004,<br />

2007 and most recently in April 2010).<br />

Discussion points and proposals for future collaboration:<br />

• Trial conduct and requirements should be risk adapted, e.g. a different level of surveillance and monitoring may<br />

be required for a first-in-man phase I study or early phase II study with a entirely novel agent, compared to a<br />

treatment optimisation protocol with approved and marketed agents, or research aiming at identifying novel<br />

molecular or radiological biomarkers.<br />

• Guidelines to clarify the scope of the legislation with clear examples should be established.<br />

• A centralized or leading ethical committee review system should limit the number of contradictory requirements.<br />

• A parallel submission process to Ethic Committees and Competent Authorities should be allowed and facilitated.<br />

Clear definition of mutual responsibilities of each regulatory body is required, overlaps should be avoided. A<br />

direct communication between Competent Authorities and Ethical Committees should allow for streamlining<br />

processes and rapid unbureaucratic elimination of discrepancies.<br />

• Verification of contractual agreements should be limited, and focus on patient protection and definition of responsibilities.<br />

Request of potentially confidential and sensitive information needs to be restricted and clearly defined.<br />

A list of mandatory requirements would help sponsors to negotiate adequate agreements with third parties and<br />

grant providers. Harmonization of Swiss requirements and EU would greatly simplify the processes.<br />

• Transfer of pseudo-anonymized (key-coded) data should be allowed provided that the third country partner would<br />

never be in procession of the key.<br />

• The value of future research should be recognised, and a clear set of easy rules should be in place to make it possible<br />

with respect to ethics and patient rights and willingness to participate to future research.<br />

218 <strong>Schweizer</strong> Krebsbulletin • Nr. 3/2010


CANCER RESEARCH AND SWISSMEDIC<br />

Harmonization, hurdles and bottlenecks<br />

Despite a clear intention to provide a better framework<br />

for clinical research and to increase international collaboration<br />

(within and outside Europe), these legislations or<br />

their local implementations contain several additional<br />

barriers hindering such cooperation. From the perspective<br />

of the EORTC regulatory affairs we aim at highlighting<br />

some obstacles and challenges we are facing on a regular<br />

basis.<br />

Scope and perimeter of the Swiss legislation<br />

Oclin article 5 defines clinical trials as any trial with the<br />

aim to verify safety, efficacy, or other properties of a therapeutic<br />

product. Such a definition typically targets trials<br />

that are part of drug development programs. In a separate<br />

document Swissmedic specifies that «non-interventional<br />

studies, post-authorization safety studies, application observations,<br />

and the like» fall under the same legislation if<br />

«carried out using pharmaceuticals (even if they are authorized<br />

preparations in an authorized application)» [http://<br />

www.swissmedic.ch/bewilligungen/00089/00477/index.<br />

html?lang=en].<br />

Based on this interpretation, radiotherapy or surgery trials<br />

would thus not, or only partially be governed by Oclin as<br />

long no medicinal product is used in conjunction. However,<br />

chemotherapy may often be involved as part of the<br />

standard of care, and OClin art 13 b. excludes products<br />

that are used in accordance with the approved purpose. In<br />

contrast, art 5 states that «any trial […] with the intention<br />

of verifying safety, efficacy or other properties of a<br />

therapeutic product» is considered a clinical trial. And indeed,<br />

we recently received the request to list even all supportive<br />

medications (e.g. antiemetics, pain killers, premedication)<br />

as therapeutic product under investigation.<br />

Thus a distinction needs to be made of situations where<br />

medications are involved but the objective is not to study<br />

specific drug properties but rather to optimize therapeutic<br />

strategies and entirely novel chemicals.<br />

Legal representation<br />

The Swiss ordinance (OClin - Art. 7 alinea 3) requires<br />

a legal representative based in Switzerland to guarantee<br />

sponsor’s responsibility to cover eventual damages caused<br />

to the patient. This requirement may sound straight forward<br />

and simple, and could be assumed according to the<br />

law by any Switzerland-based investigator. However, investigators<br />

as employees of public hospitals are often not<br />

allowed by their employer to assume such responsibilities.<br />

Further, they would have only limited directive power<br />

towards other institutions. The Swiss Cooperative Group<br />

for Cancer Research (SAKK) is now the legal representative<br />

of EORTC for Switzerland, and vice versa EORTC is<br />

representing SAKK in the EU. Nevertheless, this requirement<br />

precludes participation of Swiss institutions in international<br />

trials conducted by other cooperative groups.<br />

This emphasizes the importance of EORTC in order to<br />

give Swiss patients access to international clinical trials.<br />

Ethics Committees and Competent Authorities<br />

Multiple opinions: One important addition of the EU directive<br />

has unfortunately not been picked up by the Swiss<br />

legislation. The Clinical Trial Directive imposes a single<br />

Ethics Committee (EC) opinion. Not so in Switzerland,<br />

and as a result each EC (in total over 13 EC in Switzerland:<br />

www.swissethics.ch) issues its own opinion often<br />

requesting different additions or deletions to the patient<br />

information sheet. Then Swissmedic regularly warrants<br />

additional modifications that subsequently again require<br />

multiple EC approvals. This process requires translations<br />

into English and re-translations to the local language, and<br />

complex communication between the Competent Authority<br />

(Swissmedic), investigators and their research team,<br />

Ethics Committees, EORTC and often external partners<br />

(e.g. other cooperative groups or industry). Not only does<br />

this add substantial additional delays and unduly burdens<br />

all parties, but the subject of discussion and the modifications<br />

are overall often of minor importance (thus the fact<br />

that the same text was approved by ethical committees<br />

and competent authorities in other Swiss and International<br />

centers and countries) and does not translate to a true<br />

benefit for the patient.<br />

Delay of review: Oclin specifies the time of response from<br />

both EC and Competent Authority (max. 30 days), applicable<br />

however only for the initial evaluation. While<br />

EU legislation enables the sponsor to submit the dossier<br />

in parallel to EC and Competent Authority, Swissmedic<br />

warrants sequential submission only after full approval<br />

by the local EC. Indeed, in September 2009 Swissmedic<br />

introduced a procedure of limited parallel submission<br />

(still applicable only after provisional approval of one EC),<br />

however this procedure was revoked less than a year later<br />

(Swissmedic Journal May 2010, p. 441-2) as apparently<br />

the required delays for subsequent definitive EC approval<br />

could not be kept in clinical practice. In the experience<br />

of the EORTC the average time to obtain Competent<br />

Authority approval in Switzerland has been about 4.5<br />

months.<br />

Duplication of responsibilities between Swissmedic and EC: From<br />

an EORTC perspective and in contrast to other European<br />

countries, authorities in Switzerland duplicate some of the<br />

roles of the EC. Indeed, patient information and informed<br />

consent are extensively reviewed and commented on by<br />

EC’s, and modified following their recommendations. Of<br />

21 EORTC trials approved in Switzerland since 2004, 14<br />

<strong>Schweizer</strong> Krebsbulletin • Nr. 3/2010 219


SCHWERPUNKTTHEMA<br />

had received additional comments by Swissmedic (despite<br />

prior review and acceptance by Swiss Ethic Committees,<br />

and despite acceptance in EU countries) requiring further<br />

revision of the patient information. What was initially developed<br />

as a notification, for oversight of clinical research<br />

in Switzerland has become a complex, in part duplicate<br />

(and occasionally even contradictory) approval process in a<br />

jungle of Federal and Cantonal legislations.<br />

Verification of contractual agreements: Swissmedic requires<br />

full disclosure and review of all contractual agreements<br />

giving reference to OClin art 7 and 13 (however, art 7<br />

describes coverage of harm, and art. 13 with obligation to<br />

notify). The «Instructions for the Dossiers» specifies the<br />

items to be submitted further:<br />

• Contract Sponsor – Clinical Research Organization.<br />

This is applicable only in the rare instances that EORTC<br />

outsources part of its responsibilities of clinical trial<br />

conduct.<br />

• Contract Sponsor – Researcher: this used to be an oral<br />

agreement and engagement with no formal written contract.<br />

Based on this requirement a more formal commitment<br />

of the investigators has recently been established.<br />

Swissmedic requires freedom of publication for the individual<br />

researcher, this is in contradiction of cooperative<br />

group principles and good research practice, that<br />

does prohibit subgroup analyses of individual cohorts<br />

in order to maintain scientific integrity. However, the<br />

EORTC in its bylaws and organization guarantees full<br />

scientific independence, and is at such comparable to<br />

the individual investigator.<br />

• Contract Legal sponsor – Financial Grant Provider:<br />

Swissmedic specifies that only the legal sponsor has the<br />

right to access source data for verification purposes. Although<br />

this is the case in most practical circumstances,<br />

the possibility of ultimate filing of research results for<br />

regulatory approval may require by law data verification<br />

by the Grant provider (usually pharmaceutical industry)<br />

or its designee.<br />

In clinical practice Swissmedic regularly requests submission<br />

of all subcontracts that may be related to a clinical<br />

trial, many of which we may not even have access to.<br />

Academic organizations, though sponsors of the trials,<br />

frequently collaborate with other academic organizations<br />

that may be sponsors located outside of Europe. This type<br />

of agreement is not a contractor-subcontractor relationship,<br />

but an equal partnership, though mutual responsibilities<br />

are of course clearly documented (through a partnership<br />

agreement). Partners may freely subcontract other<br />

organizations to execute parts of the project under their<br />

responsibility. This may result in a multitude of agreements<br />

none of which stipulate or puts in question data<br />

integrity and rights of access.<br />

Art. 14 of the Oclin stipulates that transfer of sponsor<br />

tasks to a clinical research organization requires submission<br />

of the respective contract including exact definition<br />

of tasks. However, conduct of specific research, e.g. performance<br />

of a specific molecular test is not a delegation<br />

of a sponsor-specific activity. Nevertheless, we have been<br />

repeatedly requested to submit all these contracts as well,<br />

many that may not even be established at the time of<br />

Swissmedic submission, and others that are outside of our<br />

direct responsibility.<br />

Data protection and transfer<br />

Multinational collaboration implies potential transfer of<br />

data and biological material to other countries, which<br />

may include the United States. Article 6 of federal law on<br />

data protection requires guarantees that of data protection<br />

in the partnering countries according to the standard of<br />

Switzerland and the EU. Although the US legislation may<br />

not formally provide the same level of data protection, the<br />

conditions within a clinical trial are entirely different. All<br />

data to be transferred is always and entirely key-coded<br />

(anonymized), thus does not allow identification of an individual<br />

by either EORTC or its partner organizations.<br />

Solely the investigator having access to the source data<br />

can identify the subjects’ identity. Further, with the objective<br />

to correctly and exhaustively inform the patient,<br />

the patient information sheet contains specific paragraphs<br />

explaining the international collaborative framework and<br />

possibility of data transfer.<br />

In a recent trial where the patients consented that anonymized<br />

data and material might be transferred to a US<br />

laboratory for specific analyses, the Swiss authorities required<br />

additional contractual clauses and securities to be<br />

put in place.<br />

Biological material for future research<br />

Translational research is a key component of most clinical<br />

trials. Only better understanding the illness itself, and<br />

correlation of molecular characteristics with outcome will<br />

allow to substantially advancing cancer care. Translational<br />

research and molecular biology are rapidly evolving, with<br />

new techniques becoming available almost daily. Certain<br />

biological questions will also develop based on knowledge<br />

not available at the inception of a clinical trial. Recent<br />

examples include molecular predictors of response like<br />

KRAS and MGMT for the use of EGFR inhibitors and<br />

alkylating agents. As part of the informed consent procedure<br />

patients are asked optional permission to store biological<br />

material for future, yet undefined or incompletely<br />

described research. Subsequent research project will re-<br />

220 <strong>Schweizer</strong> Krebsbulletin • Nr. 3/2010


CANCER RESEARCH AND SWISSMEDIC<br />

quire formal review and approval by the research authorities.<br />

According to comments received from Swissmedic, they<br />

do not want to approve future research, and refer us to<br />

general biobanking. However, what distinguishes translational<br />

research within a well-described prospective clinical<br />

trial from biobanking is exactly its prospective nature<br />

of data collection according to clearly defined eligibility<br />

criteria, homogenous treatment and statistical analysis.<br />

Conclusions<br />

This increased complexity has led to mutual frustration<br />

and as a consequence first-round rejection of most recent<br />

trial notification dossiers. The number of questions and<br />

requirements is continuously rising without substantially<br />

improving trial conduct, patient safety or data quality.<br />

Inconsistency of the various reviewers within the Competent<br />

Authority has led to variable requests on almost<br />

identical trials. Similar dossiers may once pass and then<br />

be rejected. Several rounds of comments have become the<br />

rule rather than the exception (2004-2006: 13/16 trials<br />

were approved at first submission; 2007-2009: 6/8 trials<br />

required 2+ rounds of submissions). Recently Swissmedic<br />

has issued an even more restrictive rule that files considered<br />

incomplete or non-approvable at second submission<br />

are to be definitively rejected.<br />

A number of guidelines and supporting documents recently<br />

released by Swissmedic allow to clarifying a number of<br />

critical points and will allow for better preparation of the<br />

filing dossier. However, in order to adequately apply the<br />

legal framework in a nuanced way and serving its purpose<br />

of maximal patient protection while facilitating research<br />

and progress, individual adaptation of the requirement to<br />

a specific project as well as open and direct communication<br />

between the Competent Authority and the Sponsor<br />

may be needed.<br />

The limitations of a rigid framework of laws and regulations<br />

have also been recognized within the European<br />

Union. Discussion towards an amendment of the Clinical<br />

Trials Directive aiming at streamlining and accelerating<br />

clinical research are ongoing. The notion of individual<br />

risk and to adapted requirements is strongly supported.<br />

The EORTC values the scientific contribution of Switzerland.<br />

Efficient and active cooperation with Swiss investigators<br />

is key for EORTC activity, but also for Swiss<br />

patients wishing access to latest international research and<br />

advances.<br />

Correspondence address:<br />

Roger Stupp, MD<br />

Hôpitaux Riviera-Chablais<br />

1800 Vevey<br />

and Department of Neurosurgery<br />

Centre Hospitalier Universitaire Vaudois (CHUV)<br />

and University of Lausanne<br />

46, rue du Bugnon, 1011 Lausanne<br />

roger.stupp@chuv.ch<br />

<strong>Schweizer</strong> Krebsbulletin • Nr. 3/2010 221


SCHWERPUNKTTHEMA<br />

Regulatorische<br />

Probleme bei kutanen<br />

Neoplasien – Studien- und<br />

Medikamentenzulassung<br />

Reinhard Dummer, Stv. Klinikdirektor<br />

Dermatologische Klinik USZ, Zürich<br />

Universitätsspital Zürich Kutane Neoplasien sind<br />

sehr häufig, wahrscheinlich<br />

häufiger als alle anderen Tumorerkrankungen<br />

zusammen. Dennoch, viele Tumorentitäten<br />

der Haut sind selten und damit nicht das primäre<br />

Ziel von Medikamentenentwicklungen. Zudem ist der<br />

<strong>Schweizer</strong> Medikamentenmarkt für kleine Indikationen<br />

nicht sehr attraktiv, da ein grosser Aufwand betrieben<br />

werden muss, um ein Medikament zuzulassen und dann<br />

nur eine handvoll von Patienten behandelt werden können.<br />

Insbesondere bei den kutanen T-Zell Lymphomen ist<br />

das inzwischen ein Problem. Während in den Vereinigten<br />

Staaten in den letzten 10 Jahren mehrere Medikamente<br />

zugelassen wurden, wie Ontak (Denileukin Diftitox),<br />

Targretin (Bexaroten), Zolinza (Vorinostat) und Istodax<br />

(Romidepsin), ist in der Schweiz kein einziges dieser Medikamente<br />

zugelassen.<br />

So ist z.B. die Lizenzierung von Bexaroten (Targretin) in<br />

Europa langfristig unklar. Das Medikament ist momentan<br />

in Europa von der Firma Cephalon vertreten. Der Patentinhaber<br />

Ligand wurde von der japanischen Firma Eisa<br />

übernommen. Da die Lizenzierung für Europa ungeklärt<br />

ist, ist die Firma Cephalon nicht interessiert, Bexaroten in<br />

der Schweiz zuzulassen.<br />

Auch der seit einigen Jahren in den USA zugelassene<br />

Histon-Deacetylase Inhibitor Vorinostat (Zolinza) ist in<br />

der Schweiz nicht zugelassen. Dieses Medikament ist in<br />

der Schweiz nicht verfügbar. Woran das liegt, ist weder<br />

Pa tienten noch Ärzten klar. Möglicherweise hängt dies<br />

damit zusammen, dass die Zulassung in den USA auf Patienten<br />

abzielt, die unter Bexaroten progredient geworden<br />

sind. Selbstverständlich gibt es diese Patienten auch in<br />

der Schweiz, da Bexaroten sowohl im Rahmen von klinischen<br />

Studien, wie der EORTC-Studie 21011 weitflächig<br />

eingesetzt wurde und auch im Rahmen von individuellen<br />

Heilversuchen Bexaroten verschrieben wird.<br />

Ähnlich ist die Situation für Istodax (Romidepsin). Diese<br />

Sachlage führt dazu, dass <strong>Schweizer</strong> Patienten mit primär<br />

kutanen Lymphomen vom Goodwill ihrer Krankenkasse abhängen.<br />

Es sollte natürlich möglich sein, in der Schweiz die Verwendung<br />

von Bexaroten bei den Krankenkassen zu beantragen.<br />

Dies sollte in der Regel problemlos akzeptiert werden,<br />

da Targretin in Europa und in den USA zugelassen<br />

wird und die primär kutanen Lymphome eine schwerwiegende,<br />

lebensbedrohliche Erkrankung darstellen. Leider<br />

ist dem nicht so. Trotz eindeutiger Rechtslage betreuen<br />

wir Patienten, bei denen die Krankenkasse nur die Hälfte<br />

der Medikamentenkosten übernimmt. Wir raten diesen<br />

Patienten, sich über die <strong>Schweizer</strong> Patientenorganisation<br />

zu beschwerden.<br />

Probleme mit den regulatorischen Bestimmungen gibt es<br />

auch bei Patienten mit metastasierendem Melanom. Beim<br />

metastasierendem Melanom sollte die Standardbehandlung<br />

primär im Rahmen von prospektiv randomisierten<br />

Studien erfolgen, um möglichst schnell die Datenlage für<br />

diese aggressive kutane Neoplasie zu verbessern. Um international<br />

kompetitiv zu sein, ist es für die studienaktiven<br />

Zentren in der Schweiz sehr wichtig, dass sie ihre<br />

Bewilligungen möglichst schnell bekommen, insbesondere<br />

vor dem Hintergrund, dass viele pharmazeutische<br />

Firmen die Schweiz auslassen, mit der Begründung, dass<br />

die Zulassungs- und Bewilligungsverfahren für klinische<br />

Stu dien sehr umständlich und langwierig seien. Im generellen<br />

können wir das nicht bestätigen, jedoch gibt es<br />

immer wieder unklare und unnötige Verzögerungen.<br />

So kritisierte die Swissmedic kürzlich bei einer randomisierten<br />

Multizenterstudie die Patienteninformation,<br />

die bereits von den lokalen Ethikkommissionen für gut<br />

befunden wurde. Es wurden verschiedene Punkte angemahnt.<br />

Die Swissmedic forderte bei der Korrektur jedoch,<br />

dass die verbesserte Patienteninformation zunächst noch<br />

einmal der lokalen Ethikkommission vorgelegt werden<br />

222 <strong>Schweizer</strong> Krebsbulletin • Nr. 3/2010


KREBSFORSCHUNG UND SWISSMEDIC<br />

müsse, bevor sie wieder bei der Swissmedic angesehen<br />

wird. Das ist aus unserer Sicht ein Schritt, der das Zulassungsverfahren<br />

unnötig verzögert, denn die lokale Ethikkommission<br />

hatte ja die ältere Version bereits geprüft und<br />

sollte somit mit einer noch strengeren Formulierung einverstanden<br />

sein. Aus unserer Sicht wäre es viel sinnvoller<br />

gewesen, die Einreichung der korrigierten Patienteninformation<br />

an beiden Stellen gleichzeitig zu erlauben. Glücklicherweise<br />

hat sich dieses Procedere bei anderen Studien<br />

nicht wiederholt.<br />

Die <strong>Schweizer</strong> Patienten befinden sich aufgrund der besonderen<br />

regulatorischen Eigenheiten unseres Landes in<br />

einer schwierigen Situation. Die <strong>Schweizer</strong> Behandlungszentren<br />

müssen zunehmend im internationalen Wettbewerb<br />

um die Zuteilung wichtiger Studien kämpfen, um<br />

den hiesigen Patienten moderne therapeutische Verfahren<br />

anbieten zu können und frühzeitig Erfahrungen mit neuen<br />

Medikamenten zu sammeln. Sicherlich ist auch gerade<br />

bei Phase-III-Studien der hohe Kostenaufwand im Vergleich<br />

zur Anwendung ein Nachteil. Dies kann aus unserer<br />

Sicht jedoch durch die ausgezeichnete Qualität der<br />

Medizin in der Schweiz kompensiert werden. Dennoch<br />

ist eine Straffung der administrativen Abläufe im Zulassungsverfahren<br />

von Medikamenten bei Orphan Indikationen<br />

und bei der Bewilligung von klinischen Studien<br />

für lebensbedrohliche Krebspatienten notwendig. Dies ist<br />

sowohl im Interesse der Öffentlichkeit der Behörden und<br />

der klinischen Krebsforschung. Hier sollte ein Gefäss zum<br />

Gedankenaustausch zwischen den Beteiligten (Industrie<br />

und Krebsforschern) geschaffen werden, um langfristig<br />

die Wettbewerbsfähigkeit der Schweiz in diesem Umfeld<br />

im Interesse der Krebspatienten sicherzustellen.<br />

Korrespondenzadresse:<br />

Prof. Dr. med. Reinhard Dummer<br />

Stv. Klinikdirektor<br />

Dermatologische Klinik USZ<br />

UniversitätsSpital Zürich<br />

Gloriastrasse 31, 8091 Zürich<br />

Tel. 044 255 25 07<br />

Fax 044 255 89 88<br />

reinhard.dummer@usz.ch<br />

Schweiz, Suisse, Svizzera or Switzerland?<br />

In a previous issue of this bulletin (March 2010) I reported about the last congress of AORTIC in Dar es Salaam.<br />

AORTIC-OAREC is a bilingual organization since Africa is a bilingual continent: at least regarding the idioms<br />

which were imported from the West (English, français). The whole congress was bilingual, with translation being<br />

provided. One Swiss participant told me «In Switzerland we are very proud to be a multilingual nation, but scientific<br />

discussions are increasingly carried out in English. We should learn from AORTIC». This remark is very pertinent.<br />

Personally I never liked the fact that English has become the official language even in the Board of SAKK.<br />

One could accept that this can be tolerated in some small technical committees, in which junior staff are present and<br />

sometimes they just started to work in Switzerland coming from abroad. But in the Board of SAKK, where heads<br />

of Swiss departments are present, it should be considered as normal that they understand the national languages.<br />

Warum ist es möglich, dass afrikanische Delegierte beim AORTIC-Kongress entweder Französisch oder Englisch<br />

sprechen, während man in der Schweiz immer mehr dazu neigt, sogar in den Leitungsgremien der SAKK nur Englisch<br />

zu sprechen?<br />

Wenn selbst Chefärzte die nationalen Sprachen nicht mehr verstehen, könnte es bald zu Problemen für den Zusammenhalt<br />

der Schweiz kommen.<br />

Come mai è possibile che al congresso AORTIC i delegati africani parlino francese o inglese, mentre in Svizzera,<br />

addirittura nel comitato direttivo della SAKK, si tende sempre di più a parlare solo inglese?<br />

Se persino i primari non comprendono più le lingue nazionali, potremmo avere presto dei problemi con l’unità della<br />

Svizzera.<br />

Pour quelle raison est-il possible qu’au congrès AORTIC les délégués parlent français ou anglais, tandis qu’en<br />

Suisse, même dans les commissions directives de la SAKK, on ne parle presque plus que l’anglais?<br />

Si les médecins-chef eux-mêmes ne comprennent plus les langues nationales, on va avoir bientôt des problèmes pour<br />

la cohésion de la Suisse.<br />

Franco Cavalli<br />

<strong>Schweizer</strong> Krebsbulletin • Nr. 3/2010 223


ANZEIGE<br />

Front-line bevacizumab* provides significant<br />

PFS increase in ovarian cancer<br />

Professor Robert Burger, Study Chair of<br />

GOG-0218 and Director of the Women’s<br />

Cancer Center at the Fox Chase Cancer<br />

Center, presented positive results from the<br />

GOG-0218 trial at this year’s ASCO meeting<br />

(Burger, #LBA1) 1 . This randomised<br />

phase III trial is the first in many senses:<br />

• First to demonstrate PFS increase<br />

of anti-angiogenic therapy in ovarian<br />

cancer<br />

• First to demonstrate PFS increase of<br />

bevacizumab in the front-line setting<br />

in ovarian cancer<br />

• First to demonstrate PFS increase of<br />

maintenance biologic therapy in ovarian<br />

cancer<br />

The design of the trial can be seen in<br />

Figure 1.<br />

Importantly, the study population represented<br />

a group of patients with very poor<br />

prognosis. Two-thirds of patients had<br />

stage III suboptimal or stage IV disease.<br />

The primary objective of GOG-0218<br />

was met, demonstrating significantly<br />

improved PFS in patients receiving bevacizumab<br />

combined with chemotherapy<br />

followed by single-agent bevacizumab<br />

(arm III) compared with chemotherapy<br />

alone (hazard ratio = 0.717,<br />

p


ANZEIGE<br />

The GOG-0218 data also show that<br />

maintenance therapy is important. The<br />

time between the end of chemotherapy<br />

and relapse is crucial and giving bevacizumab<br />

before relapse potentially<br />

provides the opportunity to change the<br />

natural history of disease. Overall, the<br />

data give a positive message; now we<br />

should try to optimise the treatment.<br />

What are your views on the two<br />

different analyses performed on the<br />

GOG-0218 data (Table 1)?<br />

The effect of bevacizumab was even<br />

stronger when the data were analysed<br />

excluding progression defined by CA-<br />

125 alone. In the censored evaluation,<br />

based only on clinical benefit, median<br />

PFS was increased by 6 months and the<br />

hazard ratio was better. We don’t know<br />

how anti-angiogenic agents affect the<br />

profile of CA-125 and therefore I think<br />

the analysis excluding progressions determined<br />

only by CA-125 is valid.<br />

Do you have any concerns about the<br />

safety of first-line bevacizumab therapy<br />

for 15 months in ovarian cancer?<br />

Bevacizumab has been shown to be tolerable.<br />

Providing patients are appropriately<br />

selected, bevacizumab-containing therapy<br />

is feasible, and feasible for a long time.<br />

How would you summarise<br />

the results?<br />

I’m optimistic because the trial has<br />

proved that bevacizumab has a benefit<br />

in terms of PFS in ovarian cancer<br />

and has a tolerable safety profile. Additional<br />

data are needed but we now<br />

have a strong reason to pursue this new<br />

pathway in ovarian cancer therapy and<br />

there is hope to improve treatment for<br />

this disease.<br />

Reference:<br />

Burger RA et al. Phase III Trial of Bevacizumab<br />

in the Primary Treatment of<br />

Advanced Epithelial Ovarian, Primary<br />

Peritoneal, or Fallopian Tube Cancer:<br />

A Gynecologic Oncology Group (GOG)<br />

Study. J Clin Oncol 28:7s, 2010 (suppl;<br />

abstr LBA1) and oral presentation<br />

Table 1. Summary of the two GOG-0218 analyses: one was protocol defined and the other was<br />

required by the Health Authorities (adapted from Burger R et al., presented at ASCO 2010 1 )<br />

Avastin ® (bevacizumab, a recombinant humanised<br />

monoclonal antibody). Indications:<br />

Colorectal cancer (CRC): In combination with<br />

intravenous 5-fluorouracil/folinic acid, intravenous<br />

5-fluorouracil/folinic acid/irinotecan or<br />

capecitabine/oxaliplatin (XELOX) for the firstline<br />

treatment, or in combination with 5-fluorouracil/folinic<br />

acid/oxaliplatin (FOLFOX) for the<br />

second-line treatment following failure of fluoropyrimidine-based<br />

chemotherapy with or without<br />

irinotecan, of patients with metastatic colorectal<br />

cancer. Non-small-cell lung cancer (NSCLC): In<br />

combination with cisplatin- and gemcitabinebased<br />

chemotherapy for the first-line treatment<br />

of unresectable, advanced, metastatic or recurrent,<br />

non-squamous NSCLC. Breast cancer (BC):<br />

In combination with paclitaxel or docetaxel for<br />

the first-line treatment of patients with HER2-<br />

negative, locally recurrent or metastatic breast<br />

cancer. Renal cell carcinoma (RCC): In combination<br />

with interferon alpha-2a for the first-line<br />

treatment of patients with advanced and/or<br />

metastatic renal cell carcinoma. Glioblastoma<br />

(GBM): As monotherapy for the treatment of patients<br />

with recurrent glioblastoma (WHO grade<br />

IV) after pretreatment with temozolomide. Dosage:<br />

CRC: In first-line treatment 5 mg/kg every<br />

two weeks or 7.5 mg/kg every three weeks; in<br />

second-line treatment 10 mg/kg every two<br />

weeks, as an infusion, until tumour progression.<br />

NSCLC: 7.5 mg/kg every three weeks as<br />

an infusion in combination with a cisplatin- and<br />

gemcitabine-based chemotherapy for up to 6<br />

cycles of treatment. Avastin is then continued as<br />

monotherapy until tumour progression. BC: 10<br />

mg/kg body weight every two weeks or 15 mg/<br />

kg body weight every three weeks, as an infusion,<br />

until tumour progression. A clinical benefit has<br />

also been demonstrated at a dosage of 7.5 mg/<br />

kg body weight in combination with docetaxel.<br />

RCC and GBM: 10 mg/kg every two weeks as an<br />

infusion until tumour progression. Contraindications:<br />

Hypersensitivity to bevacizumab, hamster<br />

(CHO) cell products or other recombinant human<br />

or humanised antibodies. Pregnancy. Precautions:<br />

Any pre-existing hypertension should<br />

be adequately controlled before starting Avastin.<br />

Avastin should be discontinued in patients with<br />

grade 4 proteinuria or grade 4 pulmonary embolism.<br />

Avastin may adversely impact wound<br />

healing. The incidences of arterial and venous<br />

thromboembolic events and the risk of haemorrhages<br />

are increased with Avastin. Avastin<br />

should be discontinued permanently in patients<br />

with grade 3/4 bleeding. Patients with pulmonary<br />

haemorrhage/haemoptysis of recent onset<br />

should not be treated with Avastin. Caution is<br />

indicated in patients with risk factors for chronic<br />

heart failure. Severe neutropenia occurs more<br />

frequently with Avastin in combination with<br />

myelotoxic chemotherapy regimens. Possible<br />

increased risk of gastrointestinal perforations<br />

and fistula formation. Discontinue the infusion<br />

if severe infusion/hypersensitivity reactions occur.<br />

Undesirable effects: Hypertension, fatigue<br />

or asthenia, diarrhoea, nausea, abdominal<br />

pain, changes in laboratory test results (incl.<br />

neutropenia, leukopenia, proteinuria), wound<br />

healing complications, arterial thromboembolism<br />

(particularly in patients over 65 years),<br />

venous thrombembolic events (incl. pulmonary<br />

embolism), chronic heart failure, gastrointestinal<br />

perforations, fistulae, haemorrhage incl.<br />

pulmonary (haemoptysis) and cerebral haemorrhage,<br />

hypertensive encephalopathy, reversible<br />

posterior leukoencephalopathy syndrome<br />

(RPLS), pulmonary hypertension, nasal septum<br />

perforation, dysphonia, hypersensitivity/infusion<br />

reactions, gastrointestinal ulceration. Interactions:<br />

Simultaneous chemotherapy (IFL, 5-FU/<br />

LV, carboplatin-paclitaxel, capecitabine, doxorubicin,<br />

cisplatin/gemcitabine) has no clinically<br />

relevant interactions with the pharmacokinetics<br />

of bevacizumab. Bevacizumab has no significant<br />

impact on the pharmacokinetics of cisplatin,<br />

capecitabine, irinotecan and its active metabolites<br />

SN38 or interferon alfa-2a. Bevacizumab<br />

should not be combined with sunitinib. Packs:<br />

100 mg bevacizumab in 4 ml vial (25 mg/ml),<br />

400 mg bevacizumab in 16 ml vial (25 mg/ml).<br />

List A. Eligible for reimbursement (L). Comprehensive<br />

information, particularly on precautions<br />

and undesirable effects, can be found in<br />

the Swiss Drugs Compendium®.<br />

September 2010


Originalartikel<br />

oncoreha.ch; Onkologische Rehabilitation Schweiz.<br />

Die onkologische Rehabilitation als ein zukünftiger<br />

Schlüssel faktor der onkologischen Behandlung?<br />

Stephan Eberhard, Gründungspräsident oncoreha.ch, Berner Klinik Montana, Crans-Montana<br />

Keywords: onkologische Rehabilitation, Definition,<br />

Methodik, Verein, Gesundheit, Partizipation<br />

Die onkologische Rehabilitation in der Schweiz erhält<br />

eine Stimme. Am 26. Mai 2010 wurde in den Räumen<br />

der Krebsliga Schweiz der multiprofessionelle Verein oncoreha.ch<br />

gegründet. In diesem Verein sind alle Sprachregionen,<br />

Fachpersonen verschiedenster Berufsrichtung<br />

mit Interesse an der onkologischen Rehabilitation sowie<br />

die medizinischen Fachverbände, welche sich um die Behandlung<br />

von krebskranken Personen kümmern, vertreten.<br />

Der Verein wird im Co-Präsidium geführt durch Frau<br />

Dr. med. Nathalie Steiner-Collet aus Genf und Dr. med.<br />

Stephan Eberhard aus Crans-Montana.<br />

Die onkologische Rehabilitation gewinnt in der Schweiz<br />

und auch weltweit zunehmend an Bedeutung. Durch die<br />

in den letzten Jahren im Kampf gegen Krebs erzielten<br />

Erfolge ist heute die Chance der Betroffenen auf ein<br />

Langzeitüberleben auf 65% gestiegen. Diese Tendenz ist<br />

weltweit steigend. Krebs wird heute von der WHO als<br />

Paradebeispiel einer chronischen Erkrankung genannt.<br />

Die Betroffenen wollen trotz der Erkrankung weiterhin<br />

aktiv am Leben teilhaben. Prägnant hat dies der an Krebs<br />

erkrankte deutsche Philosoph und Regisseur Christoph<br />

Schlingensief ausgedrückt 1 :<br />

Ich bin ganz sicher, dass alle Menschen, die krank sind, sich<br />

fragen, wie sie sich einen Teil ihrer Autonomie zurückerobern<br />

können, auf welche Weise sie wieder an ihren Platz in der<br />

Welt zurückkehren können. Wie sie aus der Ächtung der Gesellschaft<br />

rauskommen, die einem vermittelt, man sei kein produktiver<br />

Faktor mehr. Wie sie sich dagegen wehren können,<br />

gnädigerweise noch einen Platz am Ausgang zugewiesen zu<br />

bekommen, von wo aus sie vielleicht noch ein bisschen zugucken<br />

können.<br />

Hat man sich in den vergangenen Jahren darauf konzentriert,<br />

den Patientinnen und Patienten bei der Kontrolle<br />

der durch Krankheit und Behandlung verursachten Symptome<br />

beizustehen, sie zu begleiten und zu unterstützen,<br />

so zeigt das obige Zitat, dass dies vielleicht nicht genügt.<br />

Es gibt mehr als Symptomkontrolle! Es gibt mehr als liebevoll<br />

zugewandte Pflege! Es gibt mehr als blosse Unterstützung!<br />

Die Betroffenen wollen ihre Selbständigkeit zurückgewinnen!<br />

Sie wollen nicht am Rande stehen sondern<br />

mittendrin! Sie wollen wieder produktiv sein! Sie wollen<br />

ein akzeptierter Teil der Gesellschaft sein!<br />

Die heutige Akzeptanz und Unterstützung von Palliativmedizin,<br />

die Verfügbarkeit vielfältigster Unterstützungsleistungen<br />

für krebskranke Menschen in der Schweiz sind<br />

wunderschöne Erfolge, die in den letzten Jahrzehnten mühevoll<br />

erarbeitet wurden. Aus Erfahrungen mit anderen<br />

chronischen Krankheiten können wir lernen, dass Symptomkontrolle,<br />

Verbesserung von Funktionen und Aktivitäten<br />

leider nicht automatisch zu einer Verbesserung der<br />

Teilhabe am Leben führen muss. Im schlechtesten Fall<br />

kann ein Netz von Unterstützungsleistungen sogar das<br />

Gegenteil bewirken und den Betroffenen von der Reintegration<br />

in den Alltag abhalten 2 .<br />

Heute ist nun die Zeit, einen Schritt weiter zu gehen.<br />

Die Betroffenen sollen befähigt werden, ihren selbstbestimmten<br />

Platz im Leben wieder einnehmen zu können.<br />

Dies ist die Kernkompetenz der Rehabilitationsmedizin.<br />

Kurz gesagt:<br />

Rehabilitation ist eine interdisziplinäre, medizinische Behandlungsmethode<br />

mit dem Ziel, die Partizipationsfähigkeit<br />

der kranken Menschen zu erhalten oder zu verbessern.<br />

Die Rehabilitation muss sich immer am individuellen<br />

Kontext der Betroffenen orientieren. Trotz dieser individuellen<br />

Ausrichtung zeigen Untersuchungen der<br />

vergangenen Jahre, dass strukturierte Rehabilitationsprogramme,<br />

unabhängig von der zugrundeliegenden<br />

Krebsentität, den Betroffenen helfen, die obgenannten<br />

Zielsetzungen zu erreichen 3, 4, 5 . Die onkologische Rehabilitation<br />

lässt sich folgendermassen definieren:<br />

Onkologische Rehabilitation ist ein gesundheits- und autonomie-orientierter<br />

Prozess, welcher alle koordinierten Massnahmen<br />

medizinischer, pädagogischer, sozialer und spiritueller Art<br />

226 <strong>Schweizer</strong> Krebsbulletin • Nr. 3/2010


Originalartikel<br />

umfasst, die es dem Krebskranken ermöglichen, krankheitsbedingte<br />

oder durch die Therapie bedingte Behinderungen oder<br />

Einschränkungen zu überwinden und wieder eine optimale<br />

physiologische, psychologische und soziale Funktionalität zu<br />

erlangen, in der Art, dass er sein Leben aus eigener Kraft in<br />

grösstmöglicher Autonomie gestalten und seinen Platz in der<br />

Gesellschaft wieder einnehmen kann.<br />

Die onkologische Rehabilitation findet idealerweise in<br />

einem interdisziplinären Rahmen statt mit Orientierung<br />

auf die verbesserte Partizipationsfähigkeit der Betroffenen.<br />

Die Massnahmen müssen zwingend von einer Stelle<br />

zielorientiert koordiniert sein. Im Gegensatz zu anderen<br />

Methoden des onkologischen Supports fordert die Rehabilitation<br />

dem Patienten und seinem Umfeld einiges an<br />

Motivation und Leidensfähigkeit ab, um erfolgreich sein<br />

zu können.<br />

Die Evidenz verschiedenster Methoden ist mit Blick auf<br />

die onkologische Rehabilitation untersucht und nachgewiesen<br />

worden 6 . Für eine erfolgreiche onkologische Rehabilitation<br />

scheint heute die Methodenkompetenz und<br />

weniger die Strukturqualität im Vordergrund zu stehen.<br />

Als elementare Bausteine zu betrachten sind:<br />

Definierte Behandlungspfade<br />

Symptomkontrolle<br />

Psychosozialer Support<br />

Bewegungs- und Sporttherapie<br />

Passive physikalische Massnahmen<br />

Psychoonkologie<br />

Ernährungstherapie<br />

Es ist aus rehabilitativer Sicht zweckmässig, Behandlungspfade<br />

auf die Behinderungsmuster und weniger auf<br />

einzelne Krebsentitäten auszurichten. Je nach Behinderung<br />

müssen obige Bausteine durch individuelle therapeutische<br />

Massnahmen ergänzt werden.<br />

Der neugegründete Verein oncoreha.ch verfolgt die Vision,<br />

die onkologische Rehabilitation in der Schweiz für<br />

alle krebskranken Menschen zugänglich zu machen. Dazu<br />

gehört auch die Information und Evaluation aller Betroffenen<br />

hinsichtlich Rehabilitationsbedarf und Rehabilitationsmöglichkeiten.<br />

Eine Rehabilitationsbehandlung kann in verschiedensten<br />

Stadien der Krebserkrankung sinnvoll sein 7, 8 und sollte<br />

immer wieder neu evaluiert werden.<br />

In der Schweiz wurden und werden aktuell zunehmend<br />

Strukturen und Programme für onkologische Rehabilitation<br />

aufgebaut. Der Verein oncoreha.ch will als Kommunikationsplattform<br />

zum Austausch des gewonnenen<br />

Wissens und auch zur Erarbeitung von Standards und<br />

Qualitätsrichtlinien für die onkologische Rehabilitation<br />

dienen. Dazu gehört in den nächsten Jahren unter anderem<br />

der internationale Austausch, der Austausch mit<br />

Behörden und Versicherungen, der Aufbau <strong>eines</strong> Schulungs-<br />

und Weiterbildungsprogramms für interessierte<br />

Fachpersonen und die Initiierung von Forschungsprojekten.<br />

Viele Fragen müssen im Wertekontext der schweizerischen<br />

Kultur identifiziert und beantwortet werden. So<br />

wichtig es ist, von den vorhandenen Erfahrungen und Studienresultaten<br />

zu profitieren, so muss ein onkologisches<br />

Rehabilitationsprogramm in unserer pluralistischen Gesellschaft<br />

doch auch auf regionale Besonderheiten Rücksicht<br />

nehmen, um erfolgreich sein zu können.<br />

Für viele Fachpersonen die in die Behandlung von<br />

Krebspatientinnen und -patienten involviert sind, mag<br />

die Sichtweise der modernen Rehabilitationsmedizin<br />

noch fremd sein. Es braucht deshalb eine Plattform, um<br />

sich auszutauschen, zu lernen, sich weiterzubilden und<br />

neue Dinge zu entwickeln zum Nutzen der Betroffenen<br />

und der Gesellschaft in der Schweiz.<br />

Eine heute oft gebrauchte Formulierung lautet: -Der richtige<br />

Patient, am richtigen Ort, zur richtigen Zeit-. Aktuell<br />

sind in der Schweiz viele Bestrebungen dahingehend<br />

im Gange durch verbesserte Unterstützungsleistungen,<br />

durch Pflege zuhause, den Patienten ein lebenswertes Leben<br />

zu ermöglichen. Vielleicht müssen wir unseren Blickpunkt<br />

zukünftig um den Begriff der Rehabilitation erweitern.<br />

In der Schweiz schlummert ein riesiges ungenutztes<br />

Potenzial in der onkologischen Rehabilitation.<br />

Es ist ein Mythos, dass die Rehabilitation ein nettes Extra<br />

ist. Rehabilitation ist ein essentieller Bestandteil der Krebsbehandlung!<br />

9<br />

Der Verein oncoreha.ch ist offen für alle interessierten<br />

Fachpersonen, Verbände und Interessengruppen. Hierbei<br />

sind vor allem auch Fachpersonen angesprochen, die sich<br />

mit der beruflichen Reintegration krebskranker Menschen<br />

auseinandersetzen. Eine weitere, oft vernachlässigte<br />

Patientengruppe, sind Kinder und vor allem Jugendliche<br />

und junge Erwachsene die an Krebs erkranken. Den obgenannten<br />

Problemkreisen und Patientengruppen gebührt<br />

eine besondere Aufmerksamkeit durch den Verein.<br />

Auch wenn die onkologische Rehabilitation nur einen<br />

kleinen Baustein in der onkologischen Behandlungskette<br />

darstellt so kommt ihr zukünftig vielleicht eine Schlüsselfunktion<br />

zu. Damit der Verein die anstehenden vielfältigen<br />

Aufgaben bewältigen kann ist er auf Unterstützung<br />

und zahlreiche aktiv mitarbeitende Mitglieder angewiesen.<br />

Dies zum Wohl der Patientinnen und Patienten, die<br />

<strong>Schweizer</strong> Krebsbulletin • Nr. 3/2010 227


Originalartikel<br />

neben der Konfrontation mit einer lebensbedrohenden<br />

Krankheit urplötzlich auch in ihrer Autonomie stark eingeschränkt<br />

werden. Dies kann verhindert werden!<br />

To be healthy does not mean to be free of disease; it means that<br />

you can function, do what you want to do, and become what<br />

you want to become.<br />

(René Jules Dubos 1901 - 1982)<br />

Literatur<br />

1. Schlingensief Christoph. So schön wie hier kanns im Himmel gar<br />

nicht sein! Tagebuch einer Krebserkrankung. Kiepenheuer&Witsch<br />

2009.<br />

2. Loisel P. Work Disability: It is not just the «lesion» in Feuerstein<br />

M (ed). Work and Cancer Survivors. Springer Science+Business Media,<br />

LLC 2009.<br />

3. Van Weert E et al. Cancer-related fatigue: predictors and effects of<br />

rehabilitation, Oncologist 2006 Vol 11 Issue 2 p184-96.<br />

4. Korstiens I et al. Quality of life after self-management cancer<br />

rehabilitation: arandomized controlled trial comparing physical and<br />

cognitive-behvioral training versus physical training. Psychosom Med<br />

2008, Vol 70 Issue 4 p422-9.<br />

5. May AM et al. Long-term effects on cancer survivors’ quality of life<br />

of physical training versus physical training combined with cognitivebehavioral<br />

therapy: results from a randomized trial.<br />

6. NHS: NCAT, Supporting and Improving Commissioning of Cancer<br />

Rehabilitation Services Guidelines November 2009.<br />

7. NHS: NCAT, Supporting and Improving Commissioning of Cancer<br />

Rehabilitation Services Guidelines November 2009.<br />

8. Cheville AL. Cancer Rehabilitation. Semin Oncol 2005 Vol 32 Issue<br />

2 p 219-24.<br />

9. NHS: NCAT, Supporting and Improving Commissioning of Cancer<br />

Rehabilitation.<br />

Korrespondenzadresse:<br />

Dr. med. Stephan Eberhard<br />

Gründungspräsident oncoreha.ch<br />

Berner Klinik Montana<br />

3963 Crans-Montana<br />

Tel. 027 485 52 77<br />

eberhard.stephan@bernerklinik.ch<br />

Homepage:<br />

www.oncoreha.ch<br />

Geschäftsstelle oncoreha.ch:<br />

MBC Markus Bonelli Consulting<br />

Wülflingerstrasse 59<br />

8400 Winterthur<br />

052 226 06 03<br />

bonelli@bonelli.ch<br />

228 <strong>Schweizer</strong> Krebsbulletin • Nr. 3/2010


AKTUELLES<br />

BMS-Preis 2010<br />

an Thomas Pabst<br />

Prof. Thomas Pabst, Institut für Medizinische Onkologie<br />

am Inselspital Bern, ist in einer feierlichen Zeremonie an<br />

der Jahresversammlung der <strong>Schweizer</strong>ischen Gesellschaft<br />

für Hämatologie am 20. Mai 2010 mit dem Hematological<br />

Malignancies Award 2010 ausgezeichnet worden. Die<br />

fünfköpfige Preisjury unter Leitung von Prof. Andreas<br />

Tobler würdigt damit eine herausragende Studie über die<br />

genetischen Ursachen der akuten myeloischen Leukämie<br />

(AML). Das von Bristol-Myers Squibb gestiftete Preisgeld<br />

in Höhe von CHF 100‘000.– soll <strong>Schweizer</strong> Spitzenforschung<br />

auf dem Gebiet der Hämato-Onkologie fördern.<br />

Die Ergebnisse der Studie* zeigen erstmals, dass Keimbahn-CEBPA-Mutationen<br />

bei AML-Patienten mit CEB-<br />

PA-Mutation häufig vorkommen. Zusätzlich wurden<br />

somatische CEBPA-Mutationen als vielfach auftretendes<br />

Zweitereignis bei AML mit Keimbahnmutationen identifiziert.<br />

Damit ist bewiesen: Keimbahn-CEBPA-Mutationen<br />

prädisponieren für AML und zusätzliche somatische<br />

CEBPA-Mutationen tragen zur Genese der AML bei.<br />

* Thomas Pabst, Marianne Eyholzer, Simon Haefliger, Julian Schardt, and Beatrice U. Mueller: Somatic CEBPA mutations are a frequent second<br />

event in families with germline CEBPA mutations and familial acute myeloid leukemia. Journal of Clinical Oncology, Vol 26, No 31; 2008:<br />

5088-5093.<br />

<strong>Schweizer</strong>ische Gesellschaft<br />

Medizinische Onkologie (SGMO)<br />

Onkologiepflege Schweiz (OPS)<br />

Projekt «Adhärenz und Sicherheit<br />

bei oraler Tumortherapie»<br />

Eine zunehmende Anzahl von Tumormedikamenten wird<br />

oral verabreicht. Gegenüber der intravenösen Gabe stellt<br />

die Tablettenform bezüglich der Adhärenz eine Herausforderung<br />

für viele Patientinnen und Patienten dar. Sie<br />

und ihre Angehörigen benötigen umso mehr Informationen<br />

zu den Medikamenten, den unerwünschten Wirkungen<br />

und deren Management. Es bedarf einer Beratung mit<br />

definierten Inhalten, um die regelmässige Einnahme der<br />

Medikamente sicherzustellen.<br />

Heute ist nicht klar geregelt, welche Informationen von Ärzten,<br />

Pflegenden oder Apothekern vermittelt werden. Bei den<br />

aktuellen Prozessen und Strukturen im Spital oder in der<br />

Arztpraxis, werden die Patientinnen und Patienten meist<br />

allein durch den Arzt informiert. Den Pflegenden wird hingegen<br />

oft keine Zeit und im Arbeitsablauf keine Gelegenheit<br />

für ergänzende Informationen zur Verfügung gestellt. Dieser<br />

Informations- und Beratungsvorgang hat sich jedoch bei<br />

intravenös verabreichten Tumormedikamenten bewährt und<br />

ist für alle Beteiligten eine Selbstverständlichkeit.<br />

In einem interdisziplinären Projekt der SGMO und der OPS<br />

erarbeiten Ärzte, Pflegende und Apotheker bis Ende 2010<br />

Empfehlungen zur Förderung der Adhärenz und Sicherheit<br />

bei der Einnahme oraler Tumormedikamente. Dazu werden<br />

auch Aufgaben, Prozesse und Strukturen der beteiligten Berufsgruppen<br />

definiert und schriftliche Informationen (Merkblätter)<br />

für Patientinnen und Patienten verfasst. Nach einer<br />

Pilotphase in der deutschen Schweiz, wird das Projekt unter<br />

Einbezug der Fachpersonen aus dem Tessin und der Romandie,<br />

auf die ganze Schweiz ausgeweitet.<br />

Das Projekt wird von der SGMO, von der OPS und mittels<br />

unrestricted grants durch diverse Pharmafirmen finanziert.<br />

In weiteren Schritten (2011/12) werden für alle beteiligten<br />

Berufsgruppen Fortbildungen angeboten und Projekte<br />

zur Implementierung der Empfehlungen lanciert. Mittels<br />

Forschungsprojekten soll untersucht werden, welche<br />

Auswirkungen die Empfehlungen auf die Adhärenz und<br />

die Sicherheit der oralen Tumortherapie haben.<br />

Projektorganisation<br />

(erste Phase)<br />

Auftraggeber<br />

Vorstände SGMO und OPS<br />

Kernteam / Leitung<br />

Irène Bachmann-Mettler, Mark Haefner, Anita Margulies,<br />

Evelyn Rieder, Christian Rothermundt<br />

Mitglieder der Arbeitsgruppen<br />

Christa Baumann, Urs Breitenstein, Richard Cathomas,<br />

Manuela Eicher, Ilona Kaufmann, Vreni Pletscher, Christine<br />

Widmer<br />

230 <strong>Schweizer</strong> Krebsbulletin • Nr. 3/2010


AKTUELLES<br />

«Claudius Regaud Medal»<br />

to Jacques Bernier<br />

In September Jacques Bernier will be awarded the<br />

«Claudius Regaud Medal» by ESTRO, on the occasion of<br />

the Annual Meeting of the Society, which will take place<br />

in Barcelona. The Medal honours this French radio-oncologist<br />

from the Curie Foundation, Paris, who, in 1922,<br />

first described the principles of fractionation in clinical<br />

practice and pionneered translational research.<br />

Jacques Bernier’s career is multifaceted. After obtaining<br />

his degree in Radio-Oncology at the University of Liege,<br />

Belgium, he completed his training at the MD Anderson<br />

Cancer Center, Houston, and the Curie Institute, Paris. In<br />

1988 he moved to Switzerland, where he was appointed<br />

Chairman of the Radio-Oncology Division, Tessin Cantonal<br />

Hospital. In 1995 he received a Privat Docent Chair<br />

from the Geneva University. Together with Franco Cavalli,<br />

he founded, in the early 2000’s, IOSI – Oncology Institute<br />

of Southern Switzerland, in Bellinzona. In 2006 he<br />

joined the Swiss Genolier Medical Network, where since<br />

then he has chaired the Radio-Oncology Department.<br />

Throughout most of his career, Jacques Bernier has<br />

been heavily involved with translational and clinical<br />

research. In 1993 he received the Yalow-Berson Award,<br />

in St Louis, USA, for his laboratory work on interfe-<br />

rons and interleukins. In a<br />

recent past he has been instrumental<br />

in introducing<br />

the concept of post-operative<br />

chemo-radiation in head<br />

& neck cancers and leading<br />

a seminal EORTC study, the<br />

results of which were published<br />

in the New England<br />

Journal of Medicine.<br />

From 2000 to 2006 Jacques<br />

Bernier was Chairman of the<br />

Head and Neck Group of the<br />

EORTC. He currently serves<br />

as an Editorial Board member of various international<br />

peer-reviewed journals, including «Journal of Clinical<br />

Oncology». In January 2010 he was appointed Associate<br />

Editor of «Annals of Oncology». A Course Director at the<br />

European School of Oncology since 1990, Jacques Bernier<br />

is also the Chairman of the International Conference on<br />

Translational Research in Radio-Oncology - ICTR, organized<br />

every three years in Switzerland.<br />

Conferred for the first time in 1988, the «Claudius Regaud<br />

Medal» awards researchers for their outstanding<br />

contribution in the field of experimental and clinical radiotherapy.<br />

G. Fletcher, S. Hellman, J.C. Horiot, H. Suit,<br />

and H. Bartelink count among the previous Claudius Regaud<br />

Lecturers nominated by ESTRO.<br />

Internationale Auszeichnung<br />

für die Krebsliga Schweiz<br />

Anlässlich des World Cancer Congress in Shenzhen<br />

(China) wurde die Krebsliga Schweiz mit einem<br />

UICC Award for Excellence in Global Cancer Control<br />

2010 ausgezeichnet.<br />

Im Rahmen des Weltkrebskongresses, der dieses Jahr vom<br />

18. bis am 21. August 2010 in der chinesischen Stadt<br />

Shenzhen stattfand, zeichnet die Internationale Union gegen<br />

Krebs (UICC) alle zwei Jahre Persönlichkeiten, Organisationen<br />

und Politiker aus, die sich nachhaltig um den<br />

Kampf gegen Krebs verdient gemacht haben. Die Krebsliga<br />

Schweiz erhielt den UICC Award 2010 in der Kategorie<br />

«Outstanding Organisation» für ihre herausragenden<br />

Leistungen in der Krebsprävention, in ihren psychosozialen<br />

Programmen und der Förderung der Krebsforschung.<br />

«Es ist eine grosse Ehre und motivierend für uns alle,<br />

diesen Award im Jahr unseres 100-jährigen Bestehens zu<br />

erhalten», sagte Marcelle Heller, die den Preis im Namen<br />

aller <strong>Schweizer</strong> Krebsligen entgegennahm. Von der hoch-<br />

karätigen internationalen Jury besonders hervorgehoben<br />

wurden die Verdienste der Krebsliga bei der Förderung<br />

einer qualitativ hochstehenden Krebsforschung, ihr Ausnahmeeinsatz<br />

für die Früherkennung von Brustkrebs und<br />

ihr Engagement für den Schutz vor Passivrauchen. Anerkennend<br />

bemerkt wurden ebenfalls die langjährige Unterstützung<br />

der Non-Profit-Organisation bei der Etablierung<br />

von kantonalen Krebsregistern in der Schweiz sowie<br />

die 2010 dank der Krebsliga erfolgte Gründung einer nationalen<br />

Patienten-Koalition.<br />

<strong>Schweizer</strong> Krebsbulletin • Nr. 3/2010 231


<strong>Schweizer</strong>ische Arbeitsgemeinschaft für Klinische Krebsforschung<br />

Groupe Suisse de Recherche Clinique sur le Cancer<br />

SAKK<br />

SAKK News<br />

Chantal Britt, SAKK Coordinating Center, Bern<br />

Farewell Symposium<br />

SAKK organized a Farewell Symposium to honor SAKK<br />

President Richard Herrmann, who stepped down from his<br />

position after completing his second and last statutory<br />

three-year tenure at the end of June. Beat Thürlimann succeeded<br />

Herrmann as president. There will be an extensive<br />

appreciation of Herrmann’s achievements as SAKK president<br />

in this issue of the Swiss Cancer Bulletin (page 236).<br />

Gregor Häfliger<br />

Gregor Häfliger, head of the Department<br />

National Research at<br />

the State Secretariat for Education<br />

and Research (SER), and<br />

former Swiss Cancer League<br />

President Thomas Cerny welcomed<br />

the participants of the<br />

farewell symposium. They outlined<br />

Herrmann’s major merits<br />

and elaborated on the significant<br />

role and tasks of cancer<br />

research. The presidents of the<br />

SAKK project groups then<br />

presented the highlights in their respective field of cancer<br />

research over the course of Herrmann’s presidency, followed<br />

by Ralph Winterhalder from the Division of Oncology at<br />

the Kantonsspital Luzern, who commented on his experience<br />

in setting up a cancer research center at a mid-sized<br />

hospital. Oliver Gautschi from the Institute for Medical<br />

Oncology at the Inselspital in<br />

Bern gave an outlook on the<br />

role he expects SAKK to play<br />

in the future and the importance<br />

of improving oncology<br />

therapies and meeting patients’<br />

needs. Herrmann closed the<br />

symposium with a few words<br />

of thanks to all the presenters<br />

and his colleagues, and invited<br />

Thomas Cerny<br />

participants to join him at an<br />

aperitif.<br />

New Board Members<br />

On June 17, SAKK held its summer semi-annual meeting<br />

in Bern, which was attended by about 250 specialists. During<br />

the General Assembly the members accepted the annual<br />

accounts and the annual report and granted discharge<br />

of the board members. The assembly also elected two new<br />

board members to replace Beat Thürlimann from the Kantonsspital<br />

St.Gallen, who has become SAKK president, and<br />

Martin Fey from the Inselspital in Bern, who is stepping<br />

down from his position. The members elected Viviane Hess<br />

from the University Hospital Basel and Markus Borner from<br />

the Spitalzentrum Biel and the Inselspital in Bern.<br />

Hess has been an active member<br />

of the SAKK Project Group<br />

Gastrointestinal Cancer for<br />

several years. She will represent<br />

the northeastern region of<br />

Switzerland. Following medical<br />

studies in Lausanne, Zurich<br />

and Basel she received further<br />

training as research fellow at<br />

the Royal Marsden Hospital in<br />

London and Harvard Medical<br />

School. She built on her theoretical<br />

background in biostatis-<br />

Viviane Hess<br />

tics and trial design at Harvard<br />

University and has conducted several investigator-driven<br />

trials in the U.K. and Switzerland. At the end of 2008,<br />

Hess habilitated in medical oncology at the University<br />

of Basel. Hess will bring her enthousiasm and her already<br />

wide expertise gained in a still young career to the SAKK<br />

board. Hess is also the first woman on the SAKK board.<br />

Borner, the head of the Clinical<br />

Research Facility of the<br />

University Clinic for Medical<br />

Oncology at the Inselspital<br />

and head of Oncology at the<br />

second-largest hospital of the<br />

canton Bern in Biel, will represent<br />

the region of Bern on<br />

the SAKK board. Borner is the<br />

president of the very productive<br />

SAKK Project Group Gastrointestinal<br />

Cancer until the<br />

Markus Borner<br />

beginning of 2011. Following<br />

his medical studies in Basel, a fellowship in oncology in<br />

Bern and a research fellowship at the National Cancer Institute<br />

in Bethesda, U.S., Borner worked as an attending<br />

physician at the University Hospital in Bern. He habilitated<br />

in 1999 and received an associate professorship from<br />

the University of Bern in 2003.<br />

<strong>Schweizer</strong> Krebsbulletin • Nr. 3/2010 233


SAKK<br />

Public Relations<br />

SAKK Seminar<br />

At the annual meeting of the Swiss Society for Internal Medicine<br />

(SGIM), SAKK President Richard Herrmann presented<br />

the organization, followed by talks from Markus Borner about<br />

gastrointestinal cancers, Richard Cathomas about prostate<br />

cancer and Christoph Rochlitz on breast cancer. The SAKK<br />

Seminar attracted interest from about 100 conference participants.<br />

(Link to the program and the presentations under<br />

http://www.congress-info.ch/sgim2010/p14-1.html)<br />

ASTRO Presentation<br />

The abstract Concomitant Cisplatin and Hyperfractionated<br />

Radiotherapy in Locally Advanced Head and Neck Cancer. Tenyear<br />

follow-up of a randomized phase III trial (SAKK 10/94)<br />

from radiooncologist Pirus Ghadjar from the Inselspital<br />

in Bern has been accepted for oral presentation at the<br />

ASTRO Annual Meeting, which will be held from Oct.<br />

31 until Nov. 4 in San Diego, U.S.<br />

ASCO<br />

Arnaud Roth from Geneva presented the results of his<br />

translational study on the PETACC 3/EORTC/40993/<br />

SAKK 60-00 trial in an oral presentation at ASCO, the<br />

world’s largest cancer congress. The abstract was also part<br />

of the Best-of-ASCO program and the Swiss Post-ASCO.<br />

BRAF marker, tumor site and time to relapse are determinants<br />

of overall survival following relapse, according<br />

to the abstract Molecular and clinical determinants of survival<br />

following relapse after curative treatment of stage II-III colon<br />

cancer (CC). Results of the translational study on the PETACC<br />

3 - EORTC 40993 - SAKK 60-00 trial. Other presentations<br />

on the trial included Sabine Tejpar’s abstract Mutant<br />

KRAS and BRAF gene expression profiles in colorectal cancer:<br />

Results of the translational study on the PETACC 3-EORTC<br />

40993-SAKK 60-00 trial.<br />

Other ASCO presentations from SAKK representatives<br />

included:<br />

Poster Discussion Session<br />

Reinhard Dummer 9 #8521-First-line temozolomide<br />

(TEM) combined with bevacizumab (BEV) in metastatic<br />

melanoma (MM): A multicenter phase II trial<br />

(SAKK 50/07).<br />

General Poster Sessions<br />

Kerri A. Pierz 24C #8065-Predictive value of FCGR3A<br />

genotype on response to rituximab induction and<br />

maintenance therapy (MT) in follicular non-Hodgkin’s<br />

lymphoma (NHL). (SAKK 35/98)<br />

Adrian F. Ochsenbein 51B #8558-MGMT promoter<br />

methylation status in metastatic melanoma patients<br />

receiving first-line temozolomide plus bevacizumab<br />

(SAKK 50/07).<br />

Gregor Fuerstenberger 55C #8585-Predictive and prognostic<br />

potential of angiogenic serum factors and circulating<br />

endothelial cells in metastatic melanoma patients<br />

receiving temozolamide plus bevacizumab<br />

(SAKK 50/07).<br />

Mauro Delorenzi 8H #3597-Molecular classes in CRC:<br />

Characterization of MSI by expression profiling in the<br />

translational study of the PETACC 3-EORTC 40993-<br />

SAKK 60-00 trial.<br />

Richard Cathomas 14C #4666-Cetuximab in combination<br />

with docetaxel in patients (pts) with metastatic<br />

castration resistant (mCRPC) and docetaxel-refractory<br />

prostate cancer: A multicenter phase II trial<br />

(SAKK 08/07).<br />

Publication-only Abstract<br />

C. A. Maurer, M. Mayer, M. Schilling, U. F. Metzger, U.<br />

T. Laffer, P. Buchmann, B. Lerf, P. Villiger, G. A. Melcher,<br />

K. #e14053 - Prospective surgico-pathologic registration<br />

study of colorectal cancer (Swiss Group for Clinical<br />

Cancer Research SAKK protocol 40/00): Current<br />

practices and short-term outcome.<br />

Board Meeting<br />

At their last meeting on May 11, the SAKK board members<br />

approved the development and conduct of five new<br />

trials:<br />

HD16 Treatment optimization trial in the first-line treatment<br />

of early stage Hodgkin lymphoma; treatment stratification by<br />

means of FDG-PET.<br />

HOVON 103 A program of randomized phase II multicenter<br />

studies to assess the tolerability and efficacy of the addition of<br />

new drugs to standard induction chemotherapy in AML and<br />

RAEB ≥ 66 years and very poor risk AML ≥ 18 years.<br />

SAKK 39/10 Nelfinavir and lenalidomide/dexamethasone in<br />

patients with multiple myeloma that have failed lenalidomidecontaining<br />

therapy.<br />

SAKK 09/10 Dose intensified salvage RT in biochemically relapsed<br />

prostate cancer without macroscopic disease: a randomized<br />

phase III trial.<br />

SAKK 08/09 Metformin in Castration Resistant Prostate<br />

Cancer.<br />

234 <strong>Schweizer</strong> Krebsbulletin • Nr. 3/2010


SAKK<br />

Publications Q2<br />

SAKK 41/03<br />

von Moos R, Roth A, Ruhstaller T, Widmer L, Uhlmann<br />

C, Cathomas R, Köberle D, Simcock M, Lanz D, Popescu<br />

R. Oxaliplatin, irinotecan and capecitabine (OCX) for<br />

firstline treatment of advanced/metastatic colorectal<br />

cancer: a phase I trial (SAKK 41/03). Onkologie.<br />

2010;33(6):295-9. Epub 2010 May 14.<br />

HD15<br />

Engert A, Josting A, Haverkamp H, Villalobos M, Lohri<br />

A, Sökler M, Zijlstra J, Sturm I, Topp MS, Rank A, Zenz<br />

T, Vogelhuber M, Nogova L, Borchmann P, Fuchs M,<br />

Flechtner HH, Diehl V. Epoetin alfa in patients with<br />

advanced-stage Hodgkin’s lymphoma: results of the<br />

randomized placebo-controlled GHSG HD15EPO<br />

trial. J Clin Oncol. 2010 May 1;28(13):2239-45. Epub<br />

2010 Apr 5.<br />

IFM-2005-01<br />

Moreau P, Hulin C, Marit G, Caillot D, Facon T, Lenain<br />

P, Berthou C, Pégourié B, Stoppa AM, Casassus P, Michallet<br />

M, Benboubker L, Maisonneuve H, Doyen C, Leyvraz<br />

S, Mathiot C, Avet-Loiseau H, Attal M, Harousseau JL.<br />

Stem cell collection in patients with de novo multiple<br />

myeloma treated with the combination of bortezomib<br />

and dexamethasone before autologous stem<br />

cell transplantation according to IFM 2005-01 trial.<br />

Leukemia. 2010 Apr 29. (Epub ahead of print)<br />

SAKK 76/02<br />

Ruhstaller T, Templeton A, Ribi K, Schuller JC, Borner<br />

M, Thierstein S, von Moos R, Pederiva S, Lohri A, Lombriser<br />

N, von Briel C, Koeberle D, Popescu R. Intense<br />

therapy in patients with locally advanced esophageal<br />

cancer beyond hope for surgical cure: a prospective,<br />

multicenter phase II trial of the Swiss Group for<br />

Clinical Cancer Research (SAKK 76/02). Onkologie.<br />

2010;33(5):222-8. Epub 2010 Apr 9.<br />

HOVON-43<br />

Löwenberg B, Beck J, Graux C, van Putten W, Schouten<br />

HC, Verdonck LF, Ferrant A, Sonneveld P, Jongen-<br />

Lavrencic M, von Lilienfeld-Toal M, Biemond BJ, Vellenga<br />

E, Breems D, de Muijnck H, Schaafsma MR, Verhoef<br />

G, Döhner H, Gratwohl A, Pabst T, Ossenkoppele GJ,<br />

Maertens J. Gemtuzumab ozogamicin as postremission<br />

treatment in AML at 60 years of age or more:<br />

results of a multicenter phase III study. Blood. 2010<br />

Apr 1;115(13):2586-91. Epub 2010 Jan 26.<br />

Korrespondenzadresse:<br />

Chantal Britt<br />

SAKK Koordinationszentrum<br />

Effingerstrasse 40<br />

3008 Bern<br />

chantal.britt@sakk.ch<br />

<strong>Schweizer</strong> Krebsbulletin • Nr. 3/2010 235


SAKK<br />

Sechs Jahre Präsident schaft<br />

Richard Herrmann –<br />

eine Würdigung<br />

Beat Thürlimann, Präsident und<br />

Peter Brauchli, Direktor<br />

Die SAKK lag Richard Herrmann schon damals am<br />

Herzen, und er war sich auch bewusst, dass ihre Tätigkeit<br />

für die Gesellschaft zu wichtig war, als dass man sie<br />

sang- und klanglos untergehen lassen durfte. Er nahm<br />

also die anspruchsvolle Herausforderung der Präsidentschaft<br />

zu einem Zeitpunkt an, als die Organisation mit<br />

ihren bestehenden Strukturen in einer tiefen Depression<br />

steckte. Trotz kritischer Stimmen verteidigte er immer<br />

wieder die Ideen der SAKK und das Modell der kooperativen<br />

Gruppe. Er wusste um das Potential der klinischen<br />

Krebsforschung und nahm sich vor, Energie und Zeit zu<br />

investieren, um die SAKK wieder auf den Pfad des Erfolgs<br />

zurückzuführen.<br />

Neuanfang<br />

Richard Herrmann war klar, dass die Probleme grundsätzlich<br />

angegangen werden, und die bestehenden Strukturen<br />

erneuert werden mussten. Das arg strapazierte<br />

Vertrauen in die Leitung und die Kompetenz des Koordinationszentrums<br />

musste wieder aufgebaut und be stärkt<br />

werden, damit auf Basis des bestehenden Knowhows, der<br />

langjährigen Erfahrungen und der vielversprechenden<br />

Forschungsprojekte eine neue gesunde Organisation für<br />

die klinische Krebsforschung in der Schweiz entstehen<br />

konnte.<br />

Richard Herrmann<br />

verabschiedet sich als<br />

SAKK-Präsident<br />

Prof. Richard Herrmann hat im<br />

Juni 2004 die Präsidentschaft<br />

der <strong>Schweizer</strong>ischen Arbeitsgemeinschaft<br />

für Klini sche<br />

Krebsforschung (SAKK) übernommen. Er hat die Organisation<br />

während der sechs Jahre, in denen er der SAKK<br />

als Präsident vorstand, mit Umsicht und Weitblick geführt.<br />

Ende Juni schied er nach maximal möglicher Dauer<br />

aus seinem Amt aus.<br />

Bei seinem Amtsantritt waren die Vereinigung <strong>Schweizer</strong>ischer<br />

Krebsregister (VSKR), die <strong>Schweizer</strong>ische Pädiatrische<br />

Onkologie Gruppe (SPOG) und die SAKK unter<br />

dem Dach des <strong>Schweizer</strong>ischen Instituts für Angewandte<br />

Krebsforschung (SIAK) zusammengeschlossen. Zu diesem<br />

Zeitpunkt befand sich die klinische Krebsforschung<br />

in der Schweiz in der Krise. Auslöser war die Einführung<br />

des neuen Heilmittelgesetzes, dessen Anforderungen die<br />

SAKK ins Schleudern brachten. Als Folge war das Präsidium<br />

der SAKK nur interimistisch besetzt. Diese Herausforderungen<br />

hätten damals beinahe das Ende der in der<br />

akademischen klinischen Krebsforschung tätigen Organisationen<br />

bedeutet.<br />

Schon bald konkretisierten sich die Massnahmen, die<br />

die SAKK treffen musste, um diese Krisensituation erfolgreich<br />

zu meistern: tiefgreifende Reformen waren<br />

unumgänglich. Richard Herrmann initiierte eine Statutenrevision<br />

unter Einbezug der Corporate Governance-<br />

Richtlinien für Nonprofit-Organisationen und war dafür<br />

verantwortlich, dass diese Konzepte in die Funktionsweise<br />

der SAKK einflossen und verinnerlicht wurden. Dabei<br />

blieb er immer seinem Prinzip von einfachen transparenten<br />

Strukturen treu. Durch seine Weitsicht und klare<br />

Strategie war es ihm möglich, die SAKK erfolgreich<br />

aus dieser schwierigen Situation herauszuführen. Er war<br />

massgeblich daran beteiligt, dass das SIAK aufgelöst wurde<br />

und dessen Aktivitäten von der SAKK übernommen<br />

werden konnten.<br />

Richard Herrmann überzeugte die Mitglieder, dass eine<br />

Fokussierung notwendig ist. In der Folge konzentrierte<br />

die SAKK ihre Forschungstätigkeit auf die Bereiche<br />

Brustkrebs, Gastrointestinale Tumoren, Leukämie, Lymphome,<br />

Lungenkrebs und neue Medikamente (New<br />

Drugs). Während dieser oft auch schmerzhaften Prozesse<br />

beachtete Richard Herrmann aber immer, dass Raum<br />

blieb, um neue Forschungsgebiete zu erschliessen und<br />

künftigen Trends Rechnung zu tragen. So wurden unter<br />

Richard Herrmanns Präsidentschaft die Projektgruppen<br />

News Drugs und Urgenital Tumors ins Leben gerufen. Dank<br />

236 <strong>Schweizer</strong> Krebsbulletin • Nr. 3/2010


SAKK<br />

seiner Unterstützung, Ermutigungen und s<strong>eines</strong> Enthusiasmus<br />

ist Richard Herrmann für viele junge Ärzte aus<br />

allen Fachrichtungen der Krebsbehandlung sowohl Vorbild<br />

als auch Mentor.<br />

Unter seiner Präsidentschaft wurden auch wieder vermehrt<br />

radiotherapeutische und chirurgische Fragestellungen<br />

in SAKK-Studien berücksichtigt. Damit sind<br />

auch in diesen Disziplinen die Voraussetzungen für eine<br />

evidenzbasierte Medizin gegeben.<br />

Die verstärkte Zusammenarbeit mit der Industrie und den<br />

Universitäten war ihm ein Anliegen und erlaubte es der<br />

SAKK, vermehrt auch klinische Studien mit neuen Substanzen<br />

in Angriff zu nehmen. Gleichzeitig war Richard<br />

Herrmann aber auch eine treibende Kraft für die Durchführung<br />

der Studie SAKK 41/06 zur Avastin-Erhaltungstherapie,<br />

in der die SAKK erstmals Hand in Hand mit<br />

den Krankenkassen eine medizinische und pharmakoökonomische<br />

Fragestellung untersucht.<br />

Durch das Projekt Mittlere Zentren, das von der Krebsliga<br />

Schweiz unterstützt wurde, ermöglichte er auch Patienten<br />

an kleineren Spitälern die Behandlung in einer klinischen<br />

Studie. Als Folge der Ausdehnung der Studientätigkeit<br />

auf kleinere und mittelgrosse Zentren erhöhte sich die<br />

Anzahl der SAKK-Mitglieder von anfänglich neun auf<br />

heute 17. Ausserdem erhielten auch ausländische Zentren<br />

die Möglichkeit, unter bestimmten Bedingungen Teil des<br />

SAKK-Netzwerkes zu werden.<br />

Referenzorganisation<br />

Die Einnahmen und Ausgaben der SAKK haben sich<br />

unter der Ägide von Richard Herrmann verdoppelt. Die<br />

Anzahl der von der SAKK durchgeführten klinischen<br />

Studien, der eingeschlossenen Patienten und der wissenschaftlichen<br />

Publikationen sind stetig gestiegen. Gleichsam<br />

war es Richard Herrmann immer auch ein Anliegen,<br />

die Studiendurchführung zu vereinfachen – selbstverständlich<br />

unter ständiger Berücksichtigung der Qualitäts-<br />

und Sicherheitstandards.<br />

Um die Akzeptanz und die Professionalität der SAKK im<br />

eigenen Land, aber auch im Ausland, zu stärken, rief er<br />

den Wissenschaftlichen Beirat ins Leben, welcher mit internationalen<br />

Experten besetzt wurde und dazu beitrug,<br />

dass die SAKK an Ansehen gewann. Auch in den vielen<br />

Gesprächen mit Vertretern der Swissmedic und den<br />

Ethikkomissionen hat er stets eine klare Linie vertreten<br />

und dadurch das Image der SAKK gestärkt. Seine präsidialen<br />

Leistungen für die Organisation können nicht<br />

hoch genug geschätzt werden. Heute steht es nicht mehr<br />

zur Debatte, dass die SAKK aufgelöst wird oder gar der<br />

SCTO unterstellt wird. Die SAKK hat in der klinischen<br />

Forschung ihren festen Platz und gilt als Referenzorganisation.<br />

Dies mag und soll auch heute eine Selbstverständlichkeit<br />

sein. Es ist das Resultat jahrelanger harter Arbeit.<br />

Wenn wir in ein paar Jahren zurückblicken werden, wird<br />

es schwer nachzuvollziehen sein, welch schwierigen<br />

Weg die SAKK gehen musste, um ihre Selbständigkeit<br />

wiederzuerlangen.<br />

Richard Herrmann hat die SAKK dort hingeführt, wo sie<br />

heute steht. Die SAKK ist eine starke Organisation mit<br />

einem eigenen Koordinationszentrum. Er hat den Ausbau<br />

des Koordinationszentrums unterstützt und damit seine<br />

Produktivität massgeblich erhöht. Richard Herrmann<br />

meinte einmal, dass sich das SAKK Koordinationszentrum<br />

nicht selbst als Kompetenzzentrum bezeichnen könne.<br />

Heute wird es jedoch genau als dies wahrgenommen.<br />

Tatsache ist, dass viele Forschungsorganisationen aus dem<br />

Ausland die SAKK um ihr Koordinationszentrum beneiden.<br />

International ist die SAKK eine selbstbewusste kooperative<br />

Gruppe und in der Schweiz das Flagschiff der<br />

klinischen Forschung.<br />

Unter dem Dach der SAKK führen Kliniker verschiedener<br />

Disziplinen wieder vermehrt gemeinsame multimodale<br />

Forschungsprojekte durch. Dank des neu erarbeiteten<br />

Vertrauens sind auch der kooperative Geist und<br />

die Studienkultur zurückgekehrt. Heute wollen Spitäler<br />

nicht nur Studien durchführen, weil sie dazu verpflichtet<br />

sind, sondern weil klinische Forschung ein allgemein anerkanntes<br />

Qualitätsmerkmal für eine Klinik ist und der<br />

Institution und den Forschenden zu internationaler Anerkennung<br />

verhilft.<br />

Auch die Krebsliga, die Krebsforschung Schweiz, SPOG<br />

und NICER sind sich während der letzten Jahre wieder<br />

näher gekommen, arbeiten gemeinsam an Projekten und<br />

sind heute unter dem Dach der Oncosuisse im Kampf gegen<br />

Krebs geeint. Dies hat allen Organisationen neuen<br />

Respekt bei Behörden, Politikern und der Öffentlichkeit<br />

entgegengebracht.<br />

Persönliches Vorbild<br />

Auch als Person ist Richard Herrmann ein Vorbild für<br />

uns. Er hat uns gezeigt, was es bedeutet, Verantwortung<br />

zu übernehmen und mit Beharrlichkeit Ziele zu verfolgen.<br />

Er unterstützte alle Mitarbeitenden mit seinem<br />

klaren und kreativen Denken und half dadurch, auch<br />

schmerzhafte Entscheide zu fällen und neue Strategien<br />

zu verankern. Richard Herrmanns Kampf gegen die Bürokratie<br />

in der eigenen Organisation als auch in anderen<br />

Institutionen ist schon fast legendär.<br />

<strong>Schweizer</strong> Krebsbulletin • Nr. 3/2010 237


SAKK<br />

Als Kliniker kann Richard Herrmann zudem besser als<br />

irgend jemand vermitteln, worum es bei der Arbeit in<br />

der klinischen Krebsforschung eigentlich geht, da er nie<br />

die Bedürfnisse der zu behandelnden Patienten aus den<br />

Augen verliert. Als Arzt am Krankenbett erlebt er jedes<br />

Mal von neuem, welche Verantwortung man übernimmt,<br />

wenn man einen schwer kranken Patienten behandelt.<br />

Dabei besitzt Richard Herrmann aber auch die Gabe, die<br />

Übersicht zu behalten und das grosse Ganze zu vermitteln.<br />

Diese Fähigkeit ist besonders wichtig, wenn es darum<br />

geht, Aussenstehenden die Bedeutung der klinischen<br />

Forschung aufzuzeigen.<br />

Jetzt heisst es Abschied nehmen von Richard Herrmann<br />

als SAKK-Präsident. Er bleibt uns vorerst als Oncosuisse-<br />

Präsident erhalten, aber wir werden ihn an den Sitzungen<br />

und Versammlungen der SAKK vermissen.<br />

Wir danken Richard Herrmann für alles, was er für<br />

die SAKK getan hat; für deren Leitung, für die Mitarbeitenden<br />

des SAKK Koordinationszentrums, für die<br />

Forschenden und die Patienten. Wir wünschen ihm<br />

alles Gute für die Verwirklichung seiner künftigen<br />

Projekte. Ein Ausscheiden von seinem Präsidentenamt<br />

eröffnet Richard Herrmann viele neue Möglichkeiten.<br />

Für ihn ist es nicht nur ein Abschluss, sondern<br />

auch ein Neuanfang. Er kann neue Wege einschlagen,<br />

neue Freiheiten geniessen und auch wieder neue Herausforderungen<br />

annehmen. Wir sind gespannt, wohin<br />

ihn sein Weg führen wird.<br />

Französiche Version auf der nächsten Seite - version française sur la prochaine page<br />

SAKK Symposium<br />

State of the Art in Oncology Research<br />

Personalized Medicine in Oncology<br />

Thursday, October 28, 2010, afternoon<br />

<strong>Schweizer</strong>ischer Nationalfonds SNF, Wildhainweg 3, 3001 Bern<br />

Target audience:<br />

Oncologists, statisticians, ethics committee members,<br />

independent data monitoring committee members,<br />

delegates of cancer patient associations, delegates of<br />

pharmaceutical companies, clinical researchers, cancer leagues, etc.<br />

A more detailed program will be released in due time<br />

238 <strong>Schweizer</strong> Krebsbulletin • Nr. 3/2010


SAKK<br />

Six ans de présidence –<br />

Hommage à<br />

Richard Herrmann<br />

Beat Thürlimann, président et<br />

Peter Brauchli, directeur<br />

Le professeur Richard Herrmann a pris la présidence<br />

du Groupe Suisse de Recherche Clinique sur le Cancer<br />

(SAKK) en juin 2004. Pendant six ans, il a dirigé l’organisation<br />

avec circonspection et clairvoyance. Fin juin, il a<br />

passé la relève au terme de la durée de mandat maximale.<br />

A son entrée en fonctions, l’Association Suisse des Registres<br />

des Tumeurs (ASRT), le Groupe d’Oncologie Pédiatrique<br />

Suisse (SPOG) et le SAKK étaient réunis au<br />

sein de l’Institut Suisse de Recherche Appliquée sur le<br />

Cancer (SIAK). A l’époque, la recherche clinique sur le<br />

cancer en Suisse traversait une période de crise déclenchée<br />

par l’instauration de la nouvelle loi sur les produits thérapeutiques,<br />

dont les exigences ont fait partir le SAKK à la<br />

dérive. En conséquence, la présidence du Groupe n’était<br />

plus assurée que par intérimaire. Les difficultés à surmonter<br />

auraient alors presque signé la fin des organisations de<br />

recherche clinique universitaire sur le cancer.<br />

Déjà à l’époque, le SAKK tenait à cœur à Richard Herrmann.<br />

Il avait conscience que les activités du Groupe étaient<br />

trop importantes pour la société pour les laisser disparaître<br />

sans tambour ni trompette. Il a donc relevé le lourd défi de<br />

prendre les rênes de l’organisation à un moment où celle-ci<br />

sombrait avec ses structures dans une profonde dépression.<br />

Malgré les critiques, il a sans cesse défendu les idées du<br />

SAKK et le modèle du groupe de coopération. Il connaissait<br />

le potentiel de la recherche clinique sur le cancer et s’est<br />

proposé d’investir du temps et de l’énergie pour reconduire<br />

le SAKK sur la voie du succès.<br />

Nouveau début<br />

Richard Herrmann savait pertinemment qu’il fallait s’attaquer<br />

de manière fondamentale aux problèmes et moderniser<br />

les structures en place. La confiance en la direction<br />

mise à rude épreuve et les compétences du Centre de coordination<br />

devaient être rétablies et consolidées afin de faire<br />

renaître une nouvelle organisation saine pour la recherche<br />

clinique sur le cancer en Suisse sur la base du savoir-faire,<br />

de la longue expérience et de projets prometteurs.<br />

Les mesures qu’a dû prendre le SAKK pour enrayer cette<br />

crise se sont très vite concrétisées; des réformes de fond<br />

étaient inévitables. Richard Herrmann a engagé une révision<br />

des statuts tenant compte des directives de Corporate<br />

Governance pour les organisations à but non lucratif<br />

et a été à l’origine de l’intégration et de l’inscription de<br />

ces concepts dans le fonctionnement du SAKK. Ce faisant,<br />

il n’a jamais dérogé à son principe de simplicité et<br />

de transparence des structures. Grâce à sa clairvoyance et<br />

à sa stratégie claire, il a réussi à sortir le Groupe de cette<br />

situation difficile. Il a contribué de manière déterminante<br />

à la dissolution du SIAK et à la reprise de ses activités par<br />

le SAKK.<br />

Richard Herrmann a convaincu les membres de la nécessité<br />

d’avoir un axe de travail. Par la suite, le SAKK a<br />

concentré ses recherches sur le cancer du sein, les tumeurs<br />

gastro-intestinales, la leucémie, les lymphomes, le cancer<br />

du poumon et les nouveaux médicaments (New Drugs).<br />

Au cours de ces processus souvent pénibles, Richard Herrmann<br />

a toujours veillé à garder une place pour la conquête<br />

de nouveaux domaines de recherche et pour satisfaire aux<br />

tendances futures. C’est sous sa présidence qu’ont vu le<br />

jour les groupes de projet News Drugs et Urogenital Tumors.<br />

Grâce à son soutien, à ses encouragements et à son<br />

enthousiasme, Richard Herrmann est tant un exemple<br />

qu’un mentor pour bon nombre de jeunes médecins de<br />

toutes les disciplines de la thérapie anticancéreuse.<br />

Toujours sous sa présidence, les études du SAKK ont de<br />

nouveau plus tenu compte de questions relatives à la radiothérapie<br />

et à la chirurgie. Ainsi, dans ces disciplines<br />

aussi, les conditions pour la médecine fondée sur les<br />

preuves sont-elles données.<br />

La coopération renforcée avec l’industrie et les universités<br />

était pour lui un souhait. Elle a permis au SAKK de<br />

s’attaquer plus souvent à la conduite d’études cliniques<br />

portant sur de nouvelles substances. Dans le même temps,<br />

Richard Herrmann a été un promoteur dans la réalisation<br />

de l’étude SAKK 41/06 sur le traitement d’entretien par<br />

Avastin, dans laquelle le SAKK examine pour la première<br />

fois main dans la main avec les caisses-maladie une question<br />

médicale et pharmaco-économique.<br />

Avec le projet Mittlere Zentren, mené avec le soutien de<br />

la Ligue suisse contre le cancer, il a en outre permis à des<br />

patients admis dans de petits hôpitaux d’être traités dans<br />

le cadre d’une étude clinique. Suite à l’extension des activités<br />

d’étude aux petits et moyens centres, le nombre de<br />

membres du SAKK est passé de neuf initialement à 17<br />

aujourd’hui. Des centres à l’étranger ont même eu la possibilité<br />

de rejoindre le réseau du SAKK s’ils satisfaisaient<br />

à certaines conditions.<br />

<strong>Schweizer</strong> Krebsbulletin • Nr. 3/2010 239


SAKK<br />

Une référence<br />

Les recettes et les dépenses du SAKK ont doublé sous<br />

l’égide de Richard Herrmann. Le nombre d’études cliniques<br />

conduites par le Groupe mais aussi de patients<br />

inclus et de publications scientifiques ont augmenté de<br />

façon continue. Il a toujours souhaité simplifier la réalisation<br />

des études, pour ainsi dire – bien entendu dans le<br />

respect constant des normes de qualité et de sécurité.<br />

Pour accroître l’acceptation et le professionnalisme du<br />

SAKK en Suisse ainsi qu’à l’étranger, il a mis sur pied<br />

le Conseil scientifique, composé d’experts internationaux,<br />

qui a contribué à la réputation du Groupe. Dans les<br />

nombreux entretiens avec des représentants de Swissmedic<br />

et des commissions d’éthique, il a toujours défendu<br />

une ligne claire et consolidé ainsi l’image du SAKK. On<br />

ne peut apprécier à sa juste valeur tout ce qu’a accompli<br />

Richard Herrmann pendant sa présidence. Il n’est plus<br />

question aujourd’hui de dissoudre le SAKK ni même de<br />

le placer sous la tutelle de la SCTO; l’organisation a sa<br />

place dans la recherche clinique et est considérée comme<br />

une référence. Ce qui peut sembler et doit effectivement<br />

être une évidence aujourd’hui est le résultat d’un long et<br />

dur labeur. Lorsque dans quelques années nous ferons un<br />

examen rétrospectif, il sera difficile d’arriver à comprendre<br />

quel chemin semé d’embûches le SAKK a dû parcourir<br />

pour retrouver son autonomie.<br />

Richard Herrmann a mené le SAKK à sa position actuelle:<br />

celle d’une organisation forte dotée d’un propre Centre de<br />

coordination. Il a appuyé la consolidation de ce centre<br />

accroissant ainsi sa productivité de façon déterminante.<br />

Richard Herrmann a dit un jour que le Centre de coordination<br />

du SAKK ne pouvait pas se qualifier lui-même de<br />

centre de compétence. C’est pourtant précisément ce qu’il<br />

est considéré aujourd’hui. Le fait est que de nombreuses<br />

organisations de recherche à l’étranger envient le SAKK<br />

pour son Centre de coordination. A l’échelle internationale,<br />

le SAKK est un groupe de coopération plein d’assurance,<br />

et en Suisse le fleuron de la recherche clinique.<br />

Au sein du SAKK, des cliniciens de diverses disciplines<br />

mènent de nouveau ensemble des projets de recherche<br />

multimodaux. La confiance établie a fait retrouver l’esprit<br />

de coopération et l’intérêt pour les études. Aujourd’hui,<br />

les hôpitaux ne veulent plus seulement conduire des<br />

études par obligation mais parce que la recherche clinique<br />

est globalement considérée comme une marque de qualité<br />

d’un établissement et contribue à la reconnaissance internationale<br />

de l’institution et des chercheurs.<br />

La Ligue contre le cancer, la fondation Recherche suisse<br />

contre le cancer, la SPOG et le NICER se sont à nouveau<br />

rapprochés au cours des dernières années. Ils travaillent<br />

sur des projets communs et sont maintenant unis dans la<br />

lutte contre le cancer, dans l’organisation faîtière Oncosuisse,<br />

ce qui a valu à chacun d’eux le respect renouvelé des<br />

autorités, des politiques et de l’opinion publique.<br />

Un modèle personnel<br />

En tant que personne aussi, Richard Herrmann est pour<br />

nous un modèle. Il nous a montré ce que signifie assumer<br />

des responsabilités et suivre des objectifs avec ténacité. Il<br />

a soutenu tous les collaborateurs avec son esprit clair et<br />

créatif et a aidé par-là à prendre des décisions douloureuses<br />

et à ancrer de nouvelles stratégies. Le combat de Richard<br />

Herrmann contre la bureaucratie au sein de la propre organisation<br />

mais aussi d’autres institutions est déjà presque<br />

légendaire.<br />

En tant que clinicien, Richard Herrmann a en outre pu<br />

mieux que tout autre transmettre le véritable devoir à<br />

suivre en recherche clinique contre le cancer puisqu’il<br />

ne perd jamais de vue les besoins des patients. En tant<br />

que médecin hospitalier, il redécouvre chaque fois les responsabilités<br />

qu’assume le soignant en charge d’une personne<br />

gravement malade. Richard Herrmann a le don<br />

de toujours s’y retrouver et de communiquer une idée<br />

d’ensemble – une capacité particulièrement appréciable<br />

lorsqu’il s’agit de démontrer à des non-initiés l’importance<br />

de la recherche clinique.<br />

Nous devons à présent faire nos adieux à Richard Herrmann<br />

en tant que président du SAKK. Même si nous le<br />

conservons pour le moment comme président d’Oncosuisse,<br />

il nous manquera lors des réunions et des assemblées<br />

du Groupe.<br />

Nous remercions Richard Herrmann pour tout ce qu’il a<br />

fait pour le SAKK, pour sa direction, pour les collaborateurs<br />

du Centre de coordination, pour les chercheurs et<br />

pour les patients. Nous lui souhaitons bonne chance dans<br />

la réalisation de tous ses projets futurs. Son départ de la<br />

fonction de président lui ouvre de nombreuses nouvelles<br />

portes. Ce n’est pas une fin en soi mais un nouveau départ.<br />

Il peut s’engager sur de nouvelles voies, profiter de<br />

nouvelles libertés et relever également de nouveaux défis.<br />

Nous sommes impatients de savoir où cela le mènera.<br />

240 <strong>Schweizer</strong> Krebsbulletin • Nr. 3/2010


SPOG<br />

Adolescents and young<br />

adults (AYA) in hematooncology<br />

Pierluigi Brazzola, head of Pediatric Oncology Bellinzona<br />

It is not easy to define the upper age limit of pediatric<br />

patients. Some say the limit should be 18 years (or the age<br />

when persons are considered adult legally), others tend towards<br />

16 years of age (i.e. the end of puberty). Many hospitals<br />

use 16 years as the age limit for pediatric care, and<br />

patients who show up in the emergency room at 16 years<br />

plus one day are automatically transferred to the adult ER.<br />

The oncology AYA patient and his physician are sometimes<br />

in trouble when they have to decide if the pediatric<br />

oncology team or the adult oncology team should be in<br />

charge of the treatment. Of course, this is not the case<br />

where bureaucracy is so strict that it overrules any individual<br />

decision. Then, if a patient is older then 16 years of<br />

age he has to be followed by the adult oncology team. But,<br />

fortunately, in many places there is the chance to discuss<br />

the issue and choose the better option for the patient.<br />

One important point in this decision is if the team has<br />

an open treatment protocol or not. The fact that a patient<br />

is enrolled in a treatment protocol has many advantages.<br />

The possibility to have acces to new drugs, new treatment<br />

strategies, double checking of laboratory or diagnostic<br />

imaging results, and last but not least the fact that patients<br />

treated according to a protocol have a better prognosis.<br />

In Switzerland the percentage of pediatric oncology<br />

patients enrolled in an international protocol is about<br />

50% and this rate is increasing every year. Most pediatric<br />

protocols have an eligibility range of 0 to 18 years of age,<br />

with some treatment plans admitting patients until the<br />

age of 21 years.<br />

Another important point is the biology of the disease and<br />

the experience of the team with it. A 19 years old patient<br />

with Ewing’s sarcoma could be followed and treated by a<br />

pediatric team as well as by an adult team. A rare indolent<br />

Non-Hodgkin lymphoma in an 18 years old patient<br />

should be probably be treated in an adult center whereas<br />

a Burkitt Lymphoma could be taken care of by a pediatric<br />

center. Specially for lymphomas and leukemias there is a<br />

little debate if AYA patients should be treated according<br />

to adult or pediatric protocols in order to have a better<br />

prognosis 2,3,4 .<br />

Another point, but not less important, should be the<br />

«bio logical» age of a patient. Even in non-oncology pa-<br />

<strong>Schweizer</strong>ische Pädiatrische Onkologiegruppe<br />

tients you can find a 15 years old teenager, who would<br />

like to be hospitalised in an adult department because he<br />

can not stand the crying of babies or some restrictions of<br />

pediatric departments. On the other side you can have an<br />

already 16 years old teenager, who cannot stay alone at<br />

night and asks for the presence of a parent day and night.<br />

The oncology patient is not different, and sometimes you<br />

have to accept that what you offer is not the best for the<br />

patient or the family.<br />

I would say that in Switzerland we have the privilege to<br />

work in very tight collaboration between pediatric and<br />

adult oncology and the next examples should exemplify<br />

this.<br />

Patient 1<br />

16 6/12 years old male patient with a new diagnosis of<br />

acute lymphoblastic leukemia. The first day, because of<br />

lack of space in the adult department, he landed on the<br />

pediatric unit. After the first contact with the patient and<br />

the family it became clear that his «biological» age was<br />

in the pediatric range. After discussion with colleagues<br />

of the adult oncology team it was decided to treat him<br />

according the pediatric protocol BFM ALL 2000. During<br />

the 2 years of therapy he had a biological evolution, too, so<br />

that at the end of the therapy (and passing the car licence<br />

exam!) he will be switched to the adult team for the follow<br />

up. He and his mother were both happy for the possibility<br />

to have the mother stay with him during the therapy, but<br />

now he is ready to «leave» the pediatric world.<br />

Patient 2<br />

A 14 years old patient with a new diagnosis of glioblastoma<br />

WHO Grad IV. After the surgery and the radiotherapy,<br />

a chemotherapy was discussed. Unfortunately,<br />

the current pediatric protocols do not offer a significantly<br />

improved outcome. After a discussion it was decided to<br />

treat him according to an adult protocol with the help of<br />

the adult oncology team.<br />

The therapy was undertaken without major side effects, he<br />

could follow school almost without problems and have a<br />

normal daily routine at home. More than 12 months after<br />

the end of the therapy he is still in complete remission<br />

without any sequelae.<br />

Patient 3<br />

A 18 6/12 years old girl with a new diagnosis of an abdominal<br />

desmoplastic small round cell sarcoma. After discussion<br />

with the adult team it was decided that we take<br />

care of the patient and a protocol according to the MSK<br />

institute was started. Because of the extension of the abdominal<br />

mass an invasive surgery had to be undertaken,<br />

and in this case it was decided to take advantage of the<br />

experience of a surgeon in the adult field. The surgery was<br />

242 <strong>Schweizer</strong> Krebsbulletin • Nr. 3/2010


SPOG<br />

completed with success and without complications, with<br />

a rapid discharge home.<br />

The treatment plan included a high dose chemotherapy<br />

with an autologous stem cell transplantation followed by<br />

a abdominal wall radiotherapy. The first part was done in<br />

a pediatric unit and the second by the team of the adult<br />

radiotherapy.<br />

Every step of the therapy was discussed with the patient,<br />

but both parents were always involved in the discussion<br />

and decisions. At the beginning of the treatment the issue<br />

of the «treatment team» was discussed, and the different<br />

options were offered.<br />

Even if the family had to change 3 times the treatment<br />

team and hospital, they were absolutely happy with the<br />

fact that for every step of the therapy they could discuss it<br />

with us and the transfers between pediatric and adult were<br />

seen as a positive aspect more than a stress.<br />

These three examples show only some possible ways of<br />

management of these situations. According to the local<br />

possibilities, patient’s situation and family wishes the approaches<br />

could have been very different.<br />

My personal «take home» message is that for some patients<br />

the collaboration between adult and pediatric on-<br />

cology world can not only be helpful in terms of prognosis,<br />

but also be a help for the patient and the family<br />

making the long path they have to follow a little easier.<br />

References<br />

1. J.D. Lantos, The inclusion benefit in clinical trials, J Pe diatr<br />

1999;134:130-1<br />

2. John T. Sandlund, Should Adolescents with NHL be treated as old<br />

children or young adults?, Hematology Am Soc Hematol Educ Program.<br />

2007:297-303. Review<br />

3. A. Ferrari et al., The Challenges in Clinical Trials for Adolescents and<br />

Young Adults With Cancer, Pediatr Blood Cancer 2008;50:1101-1104<br />

4. A. Bleyer, TheQuid Pro Quo of PediatricVersus Adult Services for<br />

Older Adolescent Cancer Patients. Pediatr Blood Cancer 2010;54:<br />

238-241<br />

Correspondence address:<br />

Pierluigi Brazzola, MD<br />

Pediatric Oncology<br />

Ospedale San Giovanni<br />

6501 Bellinzona<br />

pierluigi.brazzola@eoc.ch<br />

STATIONSPIRATEN: Ein Film über Jugendliche mit der Diagnose Krebs<br />

In einem <strong>Schweizer</strong> Kinderspital kreuzen sich die Lebenswege von fünf Teenagern. Sie heissen Benji, Michi,<br />

Kevin, Jonas und Sascha. Vier von ihnen haben Krebs, einer wartet auf seine Diagnose.<br />

Jeder der fünf STATIONSPIRATEN reagiert auf die schwierige Situation anders: Obwohl Benjis Bein schmerzt,<br />

versucht er, die Station bei Laune zu halten und damit seine eigenen Ängste zu überspielen. Michi wartet<br />

auf seine Bein-Prothese und ist felsenfest davon überzeugt, bald wieder auf dem Fussballplatz zu stehen -<br />

ausser ihm glaubt das jedoch niemand. Kevin hat den Glauben an seine Genesung verloren - doch Laura, das<br />

Mädchen aus dem 7. Stock, schenkt ihm neuen Mut. Jonas’ Leidenschaft für die Fliegerei ist stärker als jedes<br />

Medikament. Und Sascha zeigt, dass er hinter seiner abweisenden Fassade ein echter Freund sein kann.<br />

Die fünf STATIONSPIRATEN unterstützen sich gegenseitig. Gemeinsam schaffen sie es, ihrer ungewissen<br />

Zukunft mutig ins Gesicht zu blicken. Gemeinsam erobern sie das Leben.<br />

Start in den <strong>Schweizer</strong> Kinos am 4. November 2010.<br />

<strong>Schweizer</strong> Krebsbulletin • Nr. 3/2010 243


ANZEIGE<br />

Neu: PALLADON ® INJECT<br />

Das Tumorschmerz-Konzept für den Praxisalltag<br />

• Flexible Invasivtherapie bei progredientem Tumorschmerz<br />

• Dauertherapie mit Port- und Pumpensystemen möglich<br />

Seit Juli 2010 ist PALLADON ® INJECT nun auch<br />

auf dem <strong>Schweizer</strong> Markt erhältlich. Das parenterale<br />

Hydromorphon von Mundipharma Medical<br />

Company ist in vier Wirkstärken verfügbar. Es kann<br />

subkutan oder langsam intravenös injiziert werden.<br />

Die Wirkung tritt bei intravenöser Gabe bereits<br />

nach fünf beziehungsweise bei subkutaner Gabe<br />

nach fünf bis zehn Minuten ein und hält drei bis<br />

vier Stunden an. Die Injektionslösung hat einen<br />

pH-Wert von 4,0 und ist lokal gut verträglich.<br />

Das Besondere: PALLADON ® INJECT ist in vier<br />

verschiedenen, auf den Praxisalltag abgestimmten<br />

Dosiseinheiten vorhanden. Sie ermöglichen dem<br />

Arzt, die Analgesie flexibel an die Situation des<br />

Patienten anzupassen: Die 2 mg/1 ml-Ampulle<br />

eignet sich als Einmalgabe oder Einstiegsdosis,<br />

um starke Schmerzen über einen kurzen Zeitraum<br />

schnell zu lindern. So zum Beispiel zur Titration,<br />

Dosiseinstellung oder bei Durchbruchschmerzen.<br />

Die 10 mg/1 ml-Ampulle reicht meist als Tagesdosis<br />

aus. Die 20 mg/1 ml und 50 mg/1 ml-Dosierung<br />

sind für die Dauerbehandlung mit Pumpenund<br />

Portsystemen vorgesehen. Das aufwändige<br />

Brechen zahlreicher Ampullen zum Befüllen von<br />

Pumpenreservoirs und Ports entfällt. Da Hydromorphon<br />

eine höhere analgetische Potenz als<br />

Morphin besitzt, ist für Port- und Pumpen-Füllungen<br />

ein geringeres Applikationsvolumen erforderlich.<br />

Damit ist PALLADON ® INJECT optimal, wenn<br />

das subkutane Bolus- oder Infusionsvolumen minimal<br />

sein muss. Für den Patienten bedeuten dauerhafte<br />

Zugänge, zum Beispiel mit implantierten<br />

Portsystemen oder mit Pumpen, eine Steigerung<br />

der Lebensqualität. Patienten können so ambulant<br />

behandelt werden und bleiben dabei mobil und<br />

selbständig.<br />

PALLADON ® : Die flexible Schmerztherapie<br />

erhöht Lebensqualität<br />

Bei Tumorschmerzen ist laut Weltgesundheitsorganisation<br />

(WHO) eine orale Opioid-Gabe die<br />

Therapie der Wahl, was jedoch bei vielen Patienten<br />

nicht möglich ist: Sie haben Schluckstörungen oder<br />

tolerieren keine Tabletten, Kapseln und Tropfen.<br />

Mitunter sind erkrankungsbedingte oder substanzspezifische<br />

Nebenwirkungen wie Nausea,<br />

Emesis und Obstipation zu stark ausgeprägt. Auch<br />

dann sollte der parenterale Weg gewählt werden.<br />

Bei Palliativpatienten in der Terminalphase oder<br />

wenn ein sehr hoher Analgetika-Bedarf besteht,<br />

empfiehlt es sich ebenfalls, Schmerzmittel zu injizieren.<br />

Die PALLADON ® -Produktepalette bietet somit<br />

ein Konzept, mit dem Ärzte progrediente Tumorschmerzen<br />

mit nur einer Substanz behandeln<br />

können: PALLADON ® Kapseln eignen sich für die<br />

orale Basistherapie von Tumorpatienten, deren<br />

Schmerzen schnell sehr stark werden sowie bei<br />

Multimedikation. Die Tumorschmerz-Kapsel für<br />

Tag und Nacht wird zweimal täglich eingenommen<br />

und ist in vier Wirkstärken vorhanden. So kann die<br />

Dosierung flexibel an den Tag- und Nachtschmerz<br />

angepasst werden. Für Durchbruchschmerzen<br />

gibt es die wirkstoffgleiche Rescuemedikation<br />

PALLADON ® Kapseln 1,3 und 2,6 mg. Mit<br />

PALLADON ® INJECT profitieren nun Patienten, bei<br />

denen eine orale Therapie nicht mehr möglich ist.<br />

Der Wirkstoff Hydromorphon wird nicht über das<br />

Cytochrom P450-System metabolisiert, so dass bei<br />

gleichzeitiger Einnahme mehrerer Medikamente<br />

nur ein minimales Interaktionspotenzial besteht.<br />

Durch die niedrige Plasma-Eiweissbindung von<br />

acht Prozent besteht bei Begleitmedikation eine<br />

hohe Therapiesicherheit. Zudem bildet Hydromorphon<br />

keine therapeutisch aktiven Metabolite wie<br />

Morphin-6-glucuronid. So können alle PALLADON ® -<br />

Präparate bei Patienten mit eingeschränkter Nierenfunktion<br />

und Multimedikation eingesetzt werden.<br />

Referenz: Sittig, H.-B.: Wenn die orale Schmerztherapie versagt. Schmerztherapie 1/2007, 23. Jg.<br />

Herausgeber: Mundipharma Medical Company<br />

Zweigniederlassung Basel, St. Alban-Rheinweg 74, Postfach, CH-4020 Basel, www.mundipharma.ch<br />

PALLADON ® / PALLADON ® RETARD / PALLADON ® INJECT<br />

Zusammensetzung: Wirkstoff: Hydromorphonhydrochlorid. PALLADON ® : Kapseln zu 1,3 mg bzw. 2,6 mg. PALLADON ® RETARD : Kapseln zu 4 mg, 8 mg, 16 mg bzw. 24 mg. PALLADON ®<br />

INJECT : Ampullen à 1ml zu 2, 10, 20, 50 mg Hilfsstoffe: Zitronensäure, Natriumcitrat, Natriumchlorid, Natriumhydroxid, Salzsäure, Wasser für Injektionszwecke. Indikationen: Mittelstarke bis starke<br />

akute (PALLADON ® / PALLADON ® INJECT) und prolongierte (PALLADON ® / PALLADON ® RETARD / PALLADON ® INJECT) Schmerzen bzw. bei ungenügender Wirksamkeit nicht-opioider Analgetika und/<br />

oder schwacher Opioide. Dosierung/Anwendung: Dosierung abhängig von der Stärke der Schmerzen, der individuellen Reaktion, der Anwendungsart (p.o., i.v., s.c., Bolus, Infusion, PCA) und vom<br />

Alter. Schrittweise Dosisanpassung. PALLADON ® : Alle 4 Stunden verabreichen. PALLADON ® RETARD : Alle 12 Stunden verabreichen. PALLADON ® / PALLADON ® RETARD : Für Kinder unter 12 Jahren<br />

nicht empfohlen. PALLADON ® INJECT : Die Wirkungsdauer beträgt 3– 4 Stunden nach i.v. oder s.c. Injektion. PALLADON ® INJECT : Für Kinder unter 12 Monaten nicht empfohlen. Kontraindikationen:<br />

Überempfindlichkeit gegenüber einem der Inhaltsstoffe, Atemdepression, Koma, akutes Abdomen, obstruktive Erkrankungen der Atemwege, paralytischer Ileus, akute Lebererkrankungen, verzögerte<br />

Magenentleerung, Schädel-Hirn-Trauma, erhöhter intrakranieller Druck, konvulsive Störungen, Delirium tremens, während der Anwendung von MAO-Inhibitoren oder innerhalb von 2 Wochen nach<br />

deren Absetzen. Warnhinweise/Vorsichtsmassnahmen: Bei Atemdepression, Opioid-Abhängigkeit, Kopfverletzungen, Krampfleiden, Alkoholismus, toxischer Psychose, Schilddrüsen- und Nebenniereninsuffizienz,<br />

Hypotonie bei Hypovolämie, Bewusstseinsstörung, Gallenwegserkrankung, Gallen- oder Nierenkolik, Schock, Pankreatitis, obstruktiven oder entzündlichen Darmerkrankungen,<br />

Chordotomie, Prostatahypertrophie, Nebennierenrinden-Insuffizienz, Hypothyreose, COPD, verminderter Atemreserve, älteren oder geschwächten Patienten, Leber- und Nierenfunktionsstörungen,<br />

Hyperalgesie. Vorsicht bei prä-, intra- und postoperativer (erste 24 Stunden) Gabe. Hydromorphon kann auch bei bestimmungsgemässem Gebrauch das Reaktionsvermögen verändern. Toleranzentwicklung<br />

resp. Kreuztoleranz zu anderen Opioiden. Missbrauchpotenzial. Unerwünschte Wirkungen: Sehr häufig bis häufig: Sedierung, Obstipation, Verwirrtheit, Schwindel, Somnolenz, Hypotonie,<br />

Mundtrockenheit, Übelkeit, Erbrechen, Pruritus, Hyperhidrosis, Harnverhalten, verstärkter Harndrang, Asthenie. Gelegentlich: Atemdepression sowie unerwünschte ZNS-Wirkungen. Interaktionen:<br />

Potenzierung der Wirkung von Anästhetika, Hypnotika, Sedativa, Tranquilizern, Alkohol, Antidepressiva, Antiemetika, Barbituraten und Phenothiazinen (MAO-Hemmer s. Kontraindikationen). Möglicherweise<br />

Wechselwirkung mit Cimetidin (Anstieg Plasmakonzentration von Hydromorphon). Schwangerschaft/Stillzeit: Sollte während Schwangerschaft/Stillzeit nicht eingenommen werden.<br />

Hinweise: Bei Raumtemperatur (15–25 °C) unter Lichtschutz lagern. Stand der Information: November 2005 / Juli 2009. Weitere Informationen und Dosierungsanweisungen entnehmen Sie<br />

bitte dem Arzneimittel-Kompendium der Schweiz. Abgabekategorie: Liste A+. Untersteht dem Bundesgesetz über die Betäubungsmittel und die psychotropen Stoffe. Zulassungsinhaberin:<br />

Mundipharma Medical Company, Zweigniederlassung Basel, St. Alban-Rheinweg 74, 4020 Basel, www.mundipharma.ch<br />

®<br />

: 244 PALLADON ist eine registrierte Marke.<br />

<strong>Schweizer</strong> Krebsbulletin • Nr. 3/2010


Krebsliga Schweiz<br />

Ligue suisse contre le cancer / Lega svizzera contro il cancro<br />

KLS<br />

100 Jahre<br />

Krebsbekämpfung<br />

in der Schweiz<br />

Interview: Kurt Bodenmüller, Kommunikationsverantwortlicher<br />

Wissenschaftliches Sekretariat,<br />

Krebsliga Schweiz<br />

«Vom Tabu zum Thema?» lautet der Titel des<br />

Fachbuchs zum 100-Jahr-Jubiläum der Krebsliga<br />

Schweiz. Die Publikation beleuchtet erstmals die<br />

wichtigsten Facetten der Krebsbekämpfung in der<br />

Schweiz von 1910 bis 2010 aus medizinhistorischer<br />

Warte. Die lesenswerte Pionierarbeit ist ab dem<br />

19. November 2010 im Buchhandel und bei der<br />

Krebsliga Schweiz erhältlich. Interview mit dem Autor,<br />

dem Historiker Daniel Kauz.<br />

Das «Röntgenkabinett»<br />

im Krankenasyl<br />

Oberwynental um 1930.<br />

(Quelle: Archiv Institut<br />

für Medizingeschichte,<br />

Universität Bern)<br />

Vor hundert Jahren bedeutete die Diagnose Krebs praktisch ein<br />

Todesurteil. Heute können dank Hightechforschung und Spitzenmedizin<br />

rund die Häflte der Patientinnen und Patienten erfolgreich<br />

behandelt werden. Wie kam es dazu?<br />

Der Fortschritt der medizinischen Wissenschaften war<br />

und ist im Verlauf des 20. Jahrhunderts beeindruckend.<br />

Die ersten massgeblichen Entwicklungen fanden bereits<br />

um 1900 statt. Mit der Anästhesie und der Antisepsis erweiterten<br />

sich die Möglichkeiten der Chirurgie beträchtlich.<br />

Auch die damals entdeckte<br />

Wirkung der Röntgen- und<br />

Radiumstrahlen fand rasch Anwendung<br />

in der Behandlung<br />

von Geschwulsten. Es herrschte<br />

ein ungeheurer Optimismus.<br />

Man hoffte – analog zu gewissen Infektionskrankheiten –<br />

auch Krebs bald «besiegen» zu können. Die Ärzte hatten<br />

einige, wenn auch nicht sonderlich erfolgreiche Behandlungsmöglichkeiten<br />

zur Hand. Erste Kenntnisse über die<br />

Ursachen von Tumoren gewann man über sogenannte<br />

«Berufskrebse», etwa bei Schornsteinfegern oder Bergwerksarbeitern.<br />

Diese dienten gleichsam als Modell, um<br />

Tumore experimentell zu erzeugen.<br />

Doch die grossen Durchbrüche in der Krebsbehandlung liessen<br />

noch längere Zeit auf sich warten, oder?<br />

Das stimmt. Krebs erwies sich je länger, je vielfältiger<br />

und komplexer. Theorien und Spekulationen schossen ins<br />

Kraut, und mit der Zeit machte sich Ernüchterung breit.<br />

Mitte des 20. Jahrhunderts kamen chemotherapeutische<br />

Behandlungsmöglichkeiten hinzu. Damit entwickelten<br />

sich auch die internationalen Netzwerke für klinische Studien,<br />

die seit den 1960er-Jahren eine kontinuierliche Spezifikation<br />

und Individualisierung der Behandlungen ermöglichten.<br />

In der Forschung rückte die Rolle von Viren<br />

und Bakterien stärker ins Blickfeld der Forscher. Schliesslich<br />

setzte sich mit der molekulargenetischen Perspektive<br />

die Auffassung von Krebs als genetische Erkrankung, als<br />

Störung der zellulären Vermehrung, durch. Heute steht<br />

die Bezeichnung Krebs als Sammelbegriff für über 200<br />

verschiedene Formen von Tumorerkrankungen, die sich<br />

hinsichtlich Ursachen, Entstehung, Vorkommen, Verlauf,<br />

Auswirkungen und Prognose immens unterscheiden.<br />

Die Rolle der Patientinnen und Patienten sowie die Beziehungen<br />

zwischen Arzt und Patient haben enorme Veränderungen erfahren.<br />

Wo standen wir diesbezüglich vor hundert Jahren und wo<br />

stehen wir heute?<br />

Das Verhältnis zwischen Arzt und Patient ist immer gekennzeichnet<br />

durch gesamtgesellschaftliche Normen und<br />

Werte. Bis zur Mitte des letzten Jahrhunderts war das Bild<br />

des Mediziners geprägt durch Autorität. Dazu gehörte es,<br />

dass Patienten – gerade im Falle von Krebserkrankungen –<br />

wenn überhaupt, nur sehr rudimentär informiert wurden.<br />

Der Arzt «behandelte», das Gespräch mit dem Patienten<br />

war zweitrangig. Der langwierige Prozess der «Emanzipation»<br />

des Patienten (Recht auf Information über mögliche<br />

Behandlungen, Erfolgsaussichten etc.) setzte erst Ende der<br />

60er-Jahre ein. Initiiert wurde er nicht etwa in den medizinischen<br />

Institutionen, vielmehr von Einzelpersonen,<br />

die die Kommunikation zwischen Arzt und Patient untersuchten<br />

und erhebliche Defizite feststellten. Erkannt wurde<br />

dabei auch die wichtige Rolle, die das Pflegepersonal<br />

in der Arzt-Patienten-Beziehung einnimmt. Die damals<br />

aufkommenden Selbsthilfeorganisationen trieben diesen<br />

Veränderungsprozess weiter voran und legten den Grundstein<br />

für ein neues Selbstverständnis der Patientinnen und<br />

Patienten. Heute sind kommunikative Aspekte integraler<br />

Bestandteil ärztlicher Ausbildung und Behandlung.<br />

<strong>Schweizer</strong> Krebsbulletin • Nr. 3/2010 247


KLS<br />

Aufklärung und Information ist seit jeher eine der zentralen<br />

Aufgaben der Krebsliga. Wie haben sich diese im Laufe der Zeit<br />

geändert?<br />

«Aufklärung» war bereits zur Gründung der <strong>Schweizer</strong>ischen<br />

Vereinigung für Krebsbekämpfung, wie die Krebsliga<br />

Schweiz anfänglich hiess, ein zentraler Programmpunkt.<br />

Sie verdichtete sich damals in der Formel «frühzeitig<br />

erkannt – heilbar». Denn die Behandlungsmöglichkeiten<br />

waren begrenzt, und Prävention gab es keine. Umso<br />

wichtiger war es, das Bewusstsein der Bevölkerung für<br />

mögliche Anzeichen der Erkrankung zu schärfen. Unumstritten<br />

war Aufklärung aber nicht: Manche Ärzte<br />

fürchteten, damit nur die «Cancerophobie», die krankhafte<br />

Krebsfurcht, zu schüren. In der ersten Hälfte des<br />

20. Jahrhunderts beschränkte sich die Vereinigung in ihrer<br />

Aufklärungsarbeit auf Informationsvermittlung. In der<br />

zweiten Jahrhunderthälfte diversifizierte sich diese erheblich.<br />

Es genügte nicht mehr, eine einzige Broschüre über<br />

die Gefahren des Tabakkonsums zu publizieren. Vielmehr<br />

gab es spezielles Informationsmaterial für Schüler, wiederum<br />

anderes für Rekruten oder für Schwangere. In der<br />

Konsumgesellschaft der Nachkriegszeit weitete sich die<br />

Aufklärung zur Öffentlichkeits- und Medienarbeit aus.<br />

Das heutige Informationsangebot zum Thema Krebs ist schier unüberschaubar:<br />

Websites, Zeitungsartikel, Broschüren, Präventionskampagnen,<br />

Bücher, Ratgeber etc. Laufen wir mittlerweile Gefahr,<br />

die Patienten und ihre Angehörigen damit zu überfordern?<br />

Diese Informationsflut ist nur schwer einzudämmen oder<br />

zu kanalisieren. Wir leben nun mal in einer Informationsgesellschaft,<br />

wo praktisch jeder und jede Informationen<br />

in Umlauf bringen und konsumieren kann. Der Qualität<br />

der Information wie auch der Verlässlichkeit der Quelle<br />

kommt daher immer grössere Bedeutung zu. Gerade hier<br />

hat die Krebsliga eine sehr wichtige Funktion.<br />

Im Buchtitel stellen Sie in Frage, dass sich Krebs von einem Tabu<br />

zu einem öffentlichen Thema gewandelt hat. Ist es gelungen, das<br />

Tabu aufzubrechen, oder ist die Enttabuisierung von Krebs heute<br />

noch Wunschdenken?<br />

Gewiss wird heutzutage im Allgemeinen offener über<br />

Krebs gesprochen. Das kommunikative Verhältnis zwischen<br />

Arzt und Patient ist ein ganz anderes als noch vor<br />

30 Jahren. Eine Enttabuisierung hat also tatsächlich stattgefunden.<br />

Vereinzelt wird es aber immer noch Fälle geben,<br />

in denen Ärztinnen und Ärzte nicht offen kommunizieren<br />

oder Patienten und Angehörige eine Erkrankung<br />

verschweigen und verdrängen. Hier ist aber zu bedenken,<br />

dass Krebs nach wie vor existenzbedrohend ist; auf solche<br />

Situationen reagieren Menschen sehr verschieden. Ausserdem:<br />

Wie offen die Kommunikation zwischen Arzt und<br />

Patient auch immer sein mag, die kommunikative Situation<br />

an sich wird immer asymmetrisch bleiben: Der Arzt<br />

ist der Experte, der Patient der Betroffene. Vorstellungen<br />

wie jene des «autonomen» Patienten erachte ich deshalb<br />

als problematisch. Sie zielen m<strong>eines</strong> Erachtens an den<br />

existentiellen Ängsten der Betroffenen vorbei. Auf diese<br />

Vielschichtigkeiten wollte ich mit dem Fragezeichen im<br />

Buchtitel hindeuten.<br />

1910 war die Krebsliga eine kleine Vereinigung ärztlicher Spezialisten.<br />

Heute ist sie eine professionelle, gesundheits- und forschungspolitisch<br />

aktive Non-Profit-Organisation. Nennen Sie<br />

uns ein paar Meilensteine dieser Entwicklung.<br />

In der Gründungsphase stand sicherlich die «Aufklärung»<br />

im Vordergrund. Der Aufklärungsfilm über Krebs von 1946<br />

war gewissermassen der Höhepunkt. In den 1950er-Jahren<br />

waren die Gründungen der kantonalen Ligen sowie der Aufbau<br />

<strong>eines</strong> Netzes von Fürsorge- und Beratungsstellen eine<br />

wichtige Etappe. In den 60er- und 70er-Jahren spielte die<br />

Krebsliga insbesondere bei der Förderung der klinischen<br />

Forschung eine wichtige Rolle. Seit Ende der 80er-Jahre ist<br />

schliesslich eine markante Professionalisierung ihrer Strukturen<br />

festzustellen. Die Mittelbeschaffung, die Kampagnentätigkeit,<br />

die Medien- und auch die politische Lobbyarbeit<br />

wurden erheblich verbessert und ausgebaut.<br />

Ihr Buch wird als umfassende Pionierarbeit zu diesem Thema bezeichnet.<br />

Wo stehen wir in dieser historischen Aufarbeitung jetzt,<br />

nachdem das Buch geschrieben ist?<br />

Im Rahmen dieser Arbeit habe ich versucht, ein Gesamtbild<br />

zu erarbeiten. Allerdings sind gewisse Entwicklungen<br />

nur thesenhaft dargestellt, und es bleiben Lücken. Nicht<br />

zuletzt, da ich nur auf wenige Vorarbeiten zurückgreifen<br />

konnte. Das Thema Krebs ist ohnehin überaus vielschichtig.<br />

Gerade in der Schweiz mit ihrem föderalistischen Gesundheitssystem<br />

haben wir es mit sehr unterschiedlichen<br />

Entwicklungen zu tun. Hier gäbe es noch einiges an medizingeschichtlicher<br />

Detailarbeit zu leisten.<br />

Bibliografische Angaben<br />

Daniel Kauz<br />

Vom Tabu zum Thema?<br />

100 Jahre Krebsbekämpfung<br />

in der Schweiz 1910–2010<br />

2010. Ca. 270 Seiten,<br />

150 Abbildungen.<br />

Gebunden. Mit DVD. sFr. 58.–<br />

ISBN 978-3-7965-2671-8<br />

Korrespondenzadresse:<br />

Vom Tabu zum Thema?<br />

100 Jahre Krebsbekämpfung<br />

in der Schweiz 1910–2010<br />

Kurt Bodenmüller<br />

Kommunikationsverantwortlicher Wissenschaftliches<br />

Sekretariat, Krebsliga Schweiz<br />

kurt.bodenmueller@krebsliga.ch<br />

Daniel Kauz<br />

248 <strong>Schweizer</strong> Krebsbulletin • Nr. 3/2010


KLS<br />

Mehr Mitsprache: Wenn<br />

Patienten in der politischen<br />

Meinungsbildung mittun<br />

Marie-Pierre Fauchère, Kommunikation,<br />

Krebsliga Schweiz<br />

Politik, Leistungserbringer und Versicherer sind die<br />

Akteure, welche die gesundheitspolitische Landschaft<br />

Schweiz gestalten. Die Betroffenen selbst – Patientinnen<br />

und Patienten – stehen bei wichtigen Weichenstellungen<br />

aussen vor. Die Patienten-Koalition, die sich Ende Mai<br />

mit Unterstützung der Krebsliga Schweiz konstituierte,<br />

bietet ihnen künftig die Möglichkeit, ihre Interessen mit<br />

starker Stimme zu vertreten. Jetzt gilt es, die Chance zu<br />

ergreifen und dafür zu sorgen, dass die Stimme der Patienten<br />

sich auch langfristig Gehör verschaffen kann.<br />

Was in vielen Ländern Europas längst erfolgreich praktiziert<br />

wird, ist in der Schweiz seit Ende Mai einen entscheidenden<br />

Schritt näher gerückt: die Partizipation <strong>eines</strong><br />

Patientengremiums an der politischen Meinungs- und<br />

Entscheidungsbildung. Die gesamtschweizerische Verankerung<br />

des Prinzips der «delegierten Mitbestimmung»<br />

wurde von Patientenorganisationen in der Vergangenheit<br />

zwar immer wieder gefordert, entsprechende Initiativen<br />

kamen aber nie über das Stadium einer Skizze auf dem<br />

Reissbrett hinaus.<br />

Eine Patienten-Koalition für die Schweiz<br />

Der Krebsliga Schweiz ist es in Zusammenarbeit mit ihrem<br />

Patientenbeirat und diversen Partnerorganisationen<br />

gelungen, den Anstoss für die Schaffung einer Patienten-<br />

Koalition zu liefern: 60 Erstunterzeichnende – darunter<br />

Vertreter von Patienten- und Selbsthilfevereinigungen,<br />

aber auch nicht organisierte Betroffene – bekundeten am<br />

29. Mai 2010 an einer Gründungsplattform in Bern den<br />

Willen zur Bildung einer nationalen Patienten-Koalition.<br />

Ziel ist, die Stimme der Patienten als neue Kraft im<br />

<strong>Schweizer</strong> Gesundheitswesen zu etablieren und die delegierte<br />

Mitbestimmung auf Bundesebene zu verankern.<br />

Für Betroffene sind die Möglichkeiten bisher begrenzt, in<br />

sozial- und gesundheitspolitischen Fragen mitzureden, in<br />

denen ihre Interessen auf dem Spiel stehen. In Zeiten, in<br />

denen im Gesundheitswesen über neue, teils einschneidende<br />

Versorgungsmodelle nachgedacht wird, ist es für<br />

Patienten jedoch essenziell, ihre Anliegen gegenüber Legislative<br />

und Exekutive sowie Bundesämtern und Kommissionen<br />

mit starker Stimme vertreten zu können – aus<br />

ihrer Sicht und auf dem Hintergrund ihrer eigenen patientenzentrierten<br />

Erfahrungen.<br />

Als Interessensvertreterin von Patienten und Angehörigen<br />

ist die Krebsliga selbst dezidiert Lobby und Partei.<br />

In der Organisation ist jedoch auch das Bewusstsein für<br />

die Notwendigkeit gewachsen, Betroffene vermehrt zu<br />

involvieren. «Wir können als Experten nicht das einzige<br />

Sprachrohr der Patienten sein», bekräftigt Professor Jakob<br />

Passweg, Präsident der Krebsliga Schweiz. «Patientinnen<br />

und Patienten sind heute kompetent: Wenn sie den Finger<br />

auf einen wunden Punkt legen, dann wissen sie präzis,<br />

wovon sie reden.»<br />

Resolutionsübergabe an<br />

die Bundespräsidentin<br />

Diese Patientenkompetenz war<br />

auch an der Gründungsplattform<br />

vom 29. Mai 2010 deutlich<br />

spürbar. In pointierten Stellungnahmen<br />

berichteten Betroffene von ihren Erfahrungen<br />

und erörterten mit Politikern und Gesundheitsfachleuten<br />

Problemfelder, in denen aktuell Handlungsbedarf besteht.<br />

Neben den Auswirkungen einer Krebserkrankung auf die<br />

Erwerbssituation kam man auch wiederholt auf Lücken im<br />

<strong>Schweizer</strong> Sozialversicherungsnetz zu sprechen, die gerade<br />

mit Blick auf die Lebensrealität von Langzeitpatienten dringend<br />

geschlossen werden müssen.<br />

Weil Patienten wissen, wovon sie reden<br />

Die Koalition ergriff die Gelegenheit und verabschiedete<br />

eine Resolution mit konkreten politischen Anliegen.<br />

Gefordert werden die Schaffung einer obligatorischen<br />

Krankentaggeldversicherung, Unterstützung beim beruflichen<br />

Wiedereinstieg für chronisch Kranke sowie neue<br />

<strong>Schweizer</strong> Krebsbulletin • Nr. 3/2010 249


KLS<br />

Modelle zur Vereinbarung von Pflege und Berufstätigkeit<br />

für Angehörige. Die Resolution wurde im Rahmen des<br />

Jubiläumsanlasses der Krebsliga auf dem Bundesplatz<br />

Bundespräsidentin Doris Leuthard überreicht.<br />

Der erste Schritt ist getan, der Nukleus einer neuen politischen<br />

Akteurin konstituiert. Damit steht die Patienten-<br />

Koalition jedoch erst am Anfang: Jetzt gilt es in erster<br />

Linie, eine breite, gesamtschweizerische Abstützung für<br />

das Vorhaben sicherzustellen. Für den 6. November 2010<br />

ist eine nationale Plattform geplant, an der über das weitere<br />

Vorgehen diskutiert wird.<br />

Die Krebsliga Schweiz wird dem jungen Gremium während<br />

der Konsolidierungsphase zur Seite stehen. Ziel ist<br />

jedoch, der Patienten-Koalition rasch eine vollständige<br />

Autonomie zu ermöglichen. Die Krebsliga freut sich, in<br />

gesundheitspolitischen Fragen bald mit einer eigenständigen<br />

und initiativen Partnerin zusammenarbeiten zu<br />

können.<br />

Korrespondenzadresse:<br />

Dr. phil. nat. Peter R. Müller<br />

Leiter Support und Vernetzung<br />

Krebsliga Schweiz<br />

Effingerstrasse 40, Postfach 8219, 3001 Bern<br />

peter.r.mueller@krebsliga.ch<br />

Melden Sie sich jetzt an!<br />

Krebstagung 2010: Früherkennung von Prostatakrebs<br />

28. Oktober 2010 im STADE DE SUISSE in Bern<br />

An der Krebstagung vom 28. Oktober 2010 im STADE DE SUISSE werden Fachmeinungen auf nationaler<br />

wie internationaler Ebene zum Thema Früherkennung von Prostatakrebs aufgezeigt und diskutiert. Die Krebstagung<br />

befasst sich u.a. mit folgenden Fragen: Führt die regelmässige Anwendung des PSA-Tests zu einer<br />

Reduktion der Prostatakrebs-Sterblichkeit? Sind unnötige Diagnosen und Therapien ethisch vertretbar? Wie<br />

werden Männer über die Vor- und Nachteile der Früherkennung informiert? Eine Podiumsdiskussion wird die<br />

Impulsreferate und die Diskussion im Plenum abschliessen.<br />

Referierende und Podiumsteilnehmer<br />

Prof. Dr. Jakob Passweg, Prof. Dr. George Thalmann, Prof. Dr. Johann Steurer, Prof. Dr. Christine Bouchardy,<br />

Dr. med. Markus Battaglia, Prof. Dr. Hans-Peter Schmid, Prof. Dr. Marcel Zwahlen, Prof. Dr. Thomas Cerny,<br />

Dr. Matthias Schwenkglenks, Prof. Dr. Matthias Egger, Prof. Dr. Franz Recker, Dr. med. Walter Raaflaub<br />

Die Krebstagung ist eine Fachveranstaltung für Ärztinnen und Ärzte, Fachpersonal, Vertreter von Behörden,<br />

Medien, Krankenkassen, Pharmafirmen und Patientenorganisationen sowie Vorstände, Geschäftsleitende und<br />

Mitarbeitende der kantonalen Krebsligen und der Krebsliga Schweiz.<br />

Anmeldung<br />

Die Teilnehmerzahl ist beschränkt. Melden Sie sich noch heute an unter www.krebsliga.ch/krebstagung.<br />

250 <strong>Schweizer</strong> Krebsbulletin • Nr. 3/2010


KLS<br />

2. Psychoonkologie-Tagung<br />

in der Klinik Schützen<br />

Rheinfelden am<br />

20. Januar 2011<br />

Kathryn Schneider, FMH für Innere Medizin,<br />

Verhaltenstherapie, Psychosomatische und<br />

Psychosoziale Medizin SAPPM<br />

Der Erfolg der ersten «Tagung Psychoonkologie» unter<br />

der gemeinsamen Trägerschaft der <strong>Schweizer</strong>ischen<br />

Gesellschaft für Psychoonkologie (SGPO) und der Klinik<br />

Schützen Rheinfelden sowie unter dem Patronat der<br />

Krebsliga Scheiz (KLS) Anfang 2010 hat uns motiviert,<br />

diesem wichtigen Fachgebiet auch in Zukunft eine Plattform<br />

zu bieten. Es ist unser Ziel, Ärztinnen und Ärzten sowie<br />

einem interdisziplinären Publikum von Fachpersonen<br />

aus dem Bereich Onkologie eine Vertiefung und Erweiterung<br />

des Wissens zu ermöglichen, das für die Behandlung<br />

Krebskranker wichtig ist. Auch der Erfahrungsaustausch<br />

und die kollegiale Vernetzung liegen uns sehr am Herzen.<br />

Die Klinik Schützen Rheinfelden – eine Klinik mit einem<br />

Schwerpunkt in stationärer psychosomatischer Onkologie<br />

– bietet für die Tagung einen besonders schönen und einladenden<br />

Rahmen.<br />

Das Programm zeichnet sich aus durch eine breite Palette<br />

von Vorträgen und Workshops zu spezifischen Themen<br />

der Onkologie und Psychoonkologie mit anerkannten Referentinnen<br />

und Referenten (Christoph Rochlitz, Judith<br />

Alder, Marc Schläppi, Uli Kesper u.a.m.). Die Vermittlung<br />

aktueller medizinischer Erkenntnisse aus der Onkologie<br />

hat ihren festen Platz, da diese die Voraussetzung<br />

bilden, Menschen mit Krebs kompetent begleiten zu<br />

können. Den Hauptschwerpunkt bildet selbstredend die<br />

Psychoonkologie in ihrer ganzen Vielfalt: integrative Onkologie,<br />

Achtsamkeit, «Breaking sad and bad news» etc.<br />

Die Workshops werden dieses Mal doppelt geführt, um<br />

dem Wunsch der Teilnehmenden nachzukommen, möglichst<br />

viele praktische Erkenntnisse mit nach Hause nehmen<br />

zu können.<br />

Das detaillierte Programm kann eingesehen werden unter:<br />

www.klinikschuetzen.ch (siehe Rubrik: Fortbildungen/<br />

Fachveranstaltungen). Die Platzzahl ist begrenzt, eine<br />

frühe Anmeldung empfehlenswert.<br />

Wir hoffen, Sie an unserer 2. Tagung Psychoonkologie begrüssen<br />

zu dürfen und mit Ihnen ein vielseitiges, interessantes<br />

Programm zu erleben.<br />

Tagungssekretariat:<br />

Sarah Klein<br />

Klinik Schützen Rheinfelden<br />

Tel. 061 836 24 38<br />

sarah.klein@schuetzen-ag.ch<br />

<strong>Schweizer</strong> Krebsbulletin • Nr. 3/2010 251


KLS<br />

Mehr als 10 Millionen<br />

Franken für die<br />

Krebsforschung<br />

Kurt Bodenmüller, Kommunikationsverantwortlicher<br />

Wissenschaftliches Sekretariat, Krebsforschung Schweiz<br />

Die Stiftung Krebsforschung Schweiz hat im Jahr 2009<br />

mit mehr als 10 Millionen Franken 39 qualitativ hochstehende<br />

Forschungsprojekte sowie Stipendiaten, Forschungsprogramme<br />

und -organisationen unterstützt. Sie<br />

fördert seit 20 Jahren mit Hilfe von Spendengeldern die<br />

patientennahe, industrieunabhängige Krebsforschung in<br />

der Schweiz. Der neu konstituierte und erweiterte Stiftungsrat<br />

wird von Professor Thomas Cerny, Chefarzt Onkologie/Hämatologie<br />

am Kantonsspital St. Gallen, präsidiert.<br />

Seit 1990 engagiert sich die<br />

Stiftung Krebsforschung<br />

Schweiz in der Förderung<br />

innovativer Forschungsprojekte<br />

und exzellenter Wis-<br />

Jahresbericht 2009<br />

senschaftler im Bereich der<br />

Onkologie. Zwei Kriterien<br />

stehen gemäss dem Stiftungsratspräsidenten,<br />

Prof.<br />

Dr. med. Thomas Cerny, im<br />

Zentrum der Förderstrategie:<br />

«Wir unterstützen nur die<br />

qualitativ besten Forschungsarbeiten<br />

und legen den Fokus<br />

auf die patientennahe Forschung, d.h. auf vielversprechende<br />

Projekte, von denen die betroffenen Patientinnen<br />

und Patienten möglichst direkt profitieren.»<br />

Vergangenes Jahr unterstützte die Stiftung 31 Forschungsprojekte,<br />

3 Stipendiaten sowie 5 Forschungsorganisationen<br />

und -programme mit insgesamt knapp<br />

10,4 Millionen Franken. Gefördert werden Projekte der<br />

Grundlagenforschung sowie der klinischen, epidemiologischen<br />

und psychosozialen Krebsforschung. «Unser Ziel<br />

ist, auf allen Ebenen der Krebsbekämpfung kontinuierlich<br />

Fortschritte zu erzielen, um Krebs bestmöglich zu verhindern,<br />

rechtzeitig zu erkennen, erfolgreich zu behandeln<br />

und seine Folgen wirksam zu lindern», resümiert Cerny.<br />

Im Jahresbericht 2009 der Stiftung Krebsforschung Schweiz<br />

werden die strategischen und operationellen Veränderungen,<br />

die im Rahmen der letztjährigen Reorganisation umgesetzt<br />

wurden, erläutert. Er gewährt Einblicke in ausgewählte Forschungsprojekte<br />

und fasst die wichtigsten Zahlen und Fakten<br />

zusammen. Zusätzlich zu den acht renommierten Fachleuten<br />

und Persönlichkeiten, die im Bericht vorgestellt werden, erfuhr<br />

der Stiftungsrat kürzlich eine erfreuliche Erweiterung:<br />

Alt-Bundesrat Pascal Couchepin wurde am 25. Juni 2010<br />

neu ins Gremium gewählt.<br />

Bestellungen Jahresbericht 2009:<br />

• in gedruckter Form beim Wissenschaftlichen Sekretariat<br />

der Krebsforschung Schweiz: Tel. 031 389 91 61,<br />

Fax 031 389 91 60, info@krebsforschung.ch;<br />

• im pdf-Format auf www.krebsforschung.ch/de/<br />

publikationen.html.<br />

Weitere Informationen: www.krebsforschung.ch<br />

Die neun Mitglieder des Stiftungsrats<br />

der Krebsforschung Schweiz<br />

Prof. Dr. med. Thomas Cerny, Präsident, St. Gallen<br />

Past President Krebsliga Schweiz (KLS)<br />

Prof. Dr. med. Richard Herrmann, Vizepräsident, Basel<br />

ehemaliger Präsident <strong>Schweizer</strong>ische Arbeitsgemeinschaft für<br />

Klinische Krebsforschung (SAKK) und Vertreter klinische<br />

Krebsforschung<br />

PD Dr. med. Nicolas von der Weid, Lausanne<br />

Präsident <strong>Schweizer</strong>ische Pädiatrische Onkologie Gruppe<br />

(SPOG) und Vertreter pädiatrische Krebsforschung<br />

Alt-Bundesrat Pascal Couchepin, lic. iur., Martigny<br />

unabhängige Persönlichkeit<br />

Prof. Dr. med. Matthias Egger, Bern<br />

Vertreter epidemiologische Krebsforschung<br />

Prof. Dr. sc. nat. Hans Hengartner, Langnau am Albis<br />

Vertreter onkologische Grundlagenforschung<br />

Dr. med. Eduard Holdener, Therwil<br />

unabhängige Persönlichkeit<br />

Isabel Lechtman-Mortara, Genf<br />

unabhängige Persönlichkeit<br />

Gallus Mayer, St. Gallen<br />

Finanzfachmann<br />

Geschäftsführer: Dr. rer. nat. Rolf Marti, Leiter Wissenschaftliches<br />

Sekretariat<br />

Korrespondenzadresse:<br />

Kurt Bodenmüller<br />

Kommunikationsverantwortlicher<br />

Wissenschaftliches Sekretariat, Krebsliga Schweiz /<br />

Krebsforschung Schweiz<br />

kurt.bodenmueller@krebsliga.ch<br />

252 <strong>Schweizer</strong> Krebsbulletin • Nr. 3/2010


LSC<br />

Cent ans de lutte contre le<br />

cancer en Suisse<br />

Interview: Kurt Bodenmüller, chargé de communication<br />

du Secrétariat scientifique, Ligue suisse contre le<br />

cancer<br />

A l’occasion de son centenaire, la Ligue suisse contre<br />

le cancer publie un ouvrage intitulé «Du tabou au<br />

débat?». La publication éclaire pour la première fois<br />

les principaux aspects de la lutte contre le cancer en<br />

Suisse de 1910 à 2010 d’un point de vue historicomédical.<br />

Elle sera en vente en librairie et auprès de la<br />

Ligue suisse dès le 19 novembre 2010. Interview de<br />

l’auteur, l’historien Daniel Kauz.<br />

Voici cent ans, le diagnostic «cancer» signifiait pratiquement un<br />

arrêt de mort. Aujourd’hui, grâce à une recherche et une médecine<br />

de pointe, près de la moitié des patients recouvrent la santé. Comment<br />

en est-on arrivé là?<br />

En effet, les progrès de la médecine ont été impressionnants<br />

au cours du XX e siècle. Les premiers développements<br />

notables remontent aux alentours de 1900:<br />

avec l’anesthésie et l’antisepsie, les possibilités de la<br />

chirurgie se sont considérablement étendues. L’effet des<br />

rayons X et du radium a aussi été découvert à cette<br />

Le «cabinet de radiologie»<br />

de l’hospice d’Oberwynental<br />

vers 1930. (Source:<br />

Archives de l’Institut<br />

d’histoire de la médecine,<br />

Université de Berne.)<br />

époque et il a rapidement<br />

trouvé une application dans<br />

le traitement des tumeurs.<br />

Il régnait un immense optimisme.<br />

On espérait pouvoir<br />

bientôt «éradiquer» le cancer,<br />

au même titre que certaines maladies infectieuses.<br />

Les médecins avaient quelques possibilités de traitement<br />

à disposition, même si leur efficacité laissait parfois<br />

à désirer. Les premières découvertes sur les causes<br />

des tumeurs ont été obtenues grâce à des études sur les<br />

«cancers professionnels», menées notamment auprès de<br />

ramoneurs ou de mineurs. Ceux-ci servaient en quelque<br />

sorte de modèles pour provoquer des tumeurs à titre<br />

expérimental.<br />

Mais les grandes percées dans le traitement du cancer se sont encore<br />

faites attendre assez longtemps, n’est-ce-pas?<br />

En effet. Au fil du temps, le cancer s’est révélé de plus en<br />

plus complexe. Les théories et les spéculations allaient<br />

bon train, et peu à peu, un certain désenchantement s’est<br />

fait sentir. Les possibilités de traitement par chimiothérapie<br />

sont apparues au milieu du XX e siècle. Elles ont<br />

entraîné le développement de réseaux internationaux<br />

pour les études cliniques qui ont permis, depuis les années<br />

1960, une spécification et une individualisation<br />

continues des traitements. Les chercheurs se sont davantage<br />

intéressés au rôle des virus et des bactéries. Avec le<br />

point de vue de la génétique moléculaire, une conception<br />

génétique du cancer en tant que dysfonctionnement<br />

de la multiplication cellulaire s’est finalement imposée.<br />

Aujourd’hui, le terme cancer est une dénomination générique<br />

recouvrant plus de 200 formes de tumeurs qui se<br />

distinguent considérablement à la fois à l’égard de leurs<br />

causes, leur origine, leur apparition, leur évolution, leurs<br />

effets et leur pronostic.<br />

Le rôle des patientes et des patients, ainsi que la relation entre le<br />

médecin et le patient, ont énormément changé. Qu’en était-il voici<br />

cent ans et qu’en est-il aujourd’hui?<br />

Le rapport entre le médecin et le patient se caractérise<br />

toujours par les normes et les valeurs de l’ensemble de<br />

la société. Jusqu’au milieu du siècle dernier, l’image du<br />

médecin était empreinte d’autorité. Cela impliquait que<br />

les patients, précisément dans le cas d’un cancer, n’étaient<br />

pas informés ou seulement de façon très rudimentaire. Le<br />

médecin «traitait», le dialogue avec le patient passait au<br />

second plan. Le long processus «d’émancipation» du patient<br />

(droit à l’information sur les traitements possibles,<br />

chances de succès, etc.) n’a commencé que vers la fin des<br />

années 60. Il n’a cependant pas été initié dans les institutions<br />

médicales, mais par des particuliers qui étudiaient la<br />

communication entre le médecin et le patient et ont relevé<br />

de grands déficits. Le rôle important du personnel soignant<br />

dans la relation médecin-patient a aussi été reconnu. Les<br />

organisations d’entraide apparues à cette époque ont accéléré<br />

le mouvement et posé les prémisses d’une nouvelle<br />

conception du rôle de patient. Aujourd’hui, les aspects<br />

communicatifs font partie intégrante de la formation médicale<br />

et du traitement.<br />

<strong>Schweizer</strong> Krebsbulletin • Nr. 3/2010 255


LSC<br />

L’information du public a toujours été l’une des tâches centrales de<br />

la Ligue. Comment a-t-elle évolué au fil du temps?<br />

L’information a été un point central du programme de la<br />

Ligue, dès la fondation de l’Association suisse pour la lutte<br />

contre le cancer, son appellation initiale. A l’époque, l’information<br />

était condensée dans la formule «détecté de bonne<br />

heure – guérissable». Car les possibilités de traitement<br />

étaient limitées et il n’y avait pas de prévention. Il était<br />

d’autant plus important de sensibiliser la population aux<br />

signes possibles de la maladie. Mais la démarche ne faisait<br />

pas l’unanimité: certains médecins craignaient de ne faire<br />

ainsi qu’attiser la «cancérophobie», l’angoisse maladive<br />

qu’inspirait le cancer. Durant la première moitié du XX e<br />

siècle, l’Association s’est contentée de transmettre des informations.<br />

Durant la seconde moitié du siècle, cette tâche<br />

s’est considérablement diversifiée. Il ne suffisait plus de<br />

publier une seule brochure sur les risques du tabagisme.<br />

Le matériel d’information a été adapté aux différents publics<br />

cibles: les élèves, les recrues ou les femmes enceintes.<br />

Dans la société de consommation de l’après-guerre, les<br />

tâches d’information se sont étendues, englobant désormais<br />

aussi le travail médias et de relations publiques.<br />

L’offre d’information sur le thème du cancer est gigantesque de nos<br />

jours: des sites internet, des articles de presse, des brochures, des<br />

campagnes de prévention, des livres, des guides, etc. Ne risquonsnous<br />

pas de submerger les patients et leurs proches?<br />

Ce flot d’informations est difficile à endiguer ou à canaliser.<br />

Nous vivons dans une société où pratiquement tout le<br />

monde peut consommer et faire circuler des informations.<br />

La qualité de l’information et la fiabilité de la source revêtent<br />

de plus en plus d’importance. C’est justement là que<br />

la Ligue contre le cancer a une fonction très importante.<br />

Dans le titre du livre, vous remettez en question le fait que le<br />

cancer est passé d’un tabou à un thème public. A-t-on réussi à<br />

briser le tabou ou n’est-ce encore qu’un rêve?<br />

Dans l’ensemble, on parle certainement plus ouvertement<br />

du cancer de nos jours. La communication entre médecin<br />

et patient n’est plus du tout la même qu’il y a 30 ans. Le<br />

tabou a donc bel et bien été brisé. Mais il subsiste sans<br />

doute ça et là des cas où les médecins ne communiquent<br />

pas ouvertement et des cas où les patients et leurs proches<br />

taisent ou dissimulent une maladie. Il faut tenir compte<br />

du fait que le cancer reste une menace de mort et que les<br />

gens réagissent très différemment à ce genre de situations.<br />

Par ailleurs, la communication entre médecin et patient<br />

a beau être très ouverte, la situation en soi n’en demeure<br />

pas moins toujours asymétrique: le médecin est l’expert,<br />

le patient le malade. C’est pourquoi je trouve problématiques<br />

des notions telles que celle du patient «autonome».<br />

A mon avis, elles passent à côté des craintes existentielles<br />

des malades. C’est cette complexité que j’ai voulu souligner<br />

avec mon point d’interrogation dans le titre.<br />

En 1910, la Ligue contre le cancer était une petite association de<br />

spécialistes de la médecine. C’est aujourd’hui une organisation<br />

professionnelle à but non lucratif qui s’implique dans la politique<br />

de la santé et dans la politique de la recherche. Citez-nous<br />

quelques étapes de cette évolution.<br />

Durant la phase de fondation, l’information sur le cancer<br />

passait certainement au premier plan. Le film sur le cancer<br />

de 1946 a sans doute été le point culminant. Dans les<br />

années 1950, la fondation des ligues cantonales et la mise<br />

en place d’un réseau de services de conseil et d’assistance<br />

ont été une étape importante. Dans les années 60 et 70,<br />

la Ligue a notamment joué un rôle déterminant dans la<br />

promotion de la recherche clinique. Enfin, depuis la fin<br />

des années 80, on observe une nette professionnalisation<br />

de ses structures. La recherche de fonds, les campagnes,<br />

le travail avec les médias et le lobbysme politique ont été<br />

considérablement améliorés et étendus.<br />

Votre livre est considéré comme un vaste travail de pionnier sur ce<br />

sujet. Où en sommes-nous dans cette mise à jour historique, maintenant<br />

que l’ouvrage est terminé?<br />

Dans le cadre de ce travail, j’ai tenté de brosser un tableau<br />

général. Certains développements sont juste esquissés<br />

à titre d’hypothèses et il reste des lacunes. Notamment<br />

parce que je n’ai pas eu suffisamment de travaux préliminaires<br />

auxquels me référer. Le cancer est de toute façon un<br />

sujet complexe. En Suisse, avec notre système de santé fédéraliste,<br />

nous avons affaire à des évolutions très diverses.<br />

Sur ce plan, il y aurait encore beaucoup de travail historico-médical<br />

de détail à accomplir.<br />

Informations bibliographiques<br />

Daniel Kauz<br />

Du tabou au débat?<br />

Cent ans de lutte contre<br />

le cancer en Suisse 1910–2010<br />

2010. Ca. 270 pages,<br />

150 illustrations en couleur.<br />

Relié. sFr. 58.–<br />

ISBN 978-2-940418-16-9<br />

Adresse de correspondance:<br />

Du tabou au débat ?<br />

Cent ans de lutte contre<br />

le cancer en Suisse 1910–2010<br />

Kurt Bodenmüller<br />

Chargé de communication du Secrétariat scientifique,<br />

Ligue suisse contre le cancer<br />

kurt.bodenmueller@liguecancer.ch<br />

Du tabou au débat ?<br />

Cent ans de lutte contre le cancer en Suisse 1910–2010<br />

Daniel Kauz<br />

256 <strong>Schweizer</strong> Krebsbulletin • Nr. 3/2010


LSC<br />

Plus de participation<br />

active: les patients<br />

interviennent dans la<br />

formation politique de<br />

l’opinion<br />

Marie-Pierre Fauchère, Communication,<br />

Ligue suisse contre le cancer<br />

Responsables politiques, prestataires de soins et assureurs<br />

sont les acteurs qui déterminent le paysage<br />

de la politique de santé en Suisse. Or, lorsqu’il s’agit<br />

de prendre des décisions importantes, les personnes<br />

concernées – patientes et patients – demeurent à<br />

l’écart. La coalition de patients qui s’est constituée<br />

en mai dernier grâce au soutien de la Ligue suisse<br />

contre le cancer leur offre désormais la possibilité de<br />

défendre de vive voix leurs intérêts. Dès lors, il s’agit<br />

de saisir l’opportunité et de veiller à ce que la voix<br />

des patients puisse véritablement se faire entendre.<br />

Ce qui est depuis longtemps pratiqué avec succès dans de<br />

nombreux pays d’Europe a connu fin mai, en Suisse, une<br />

avancée décisive: la participation d’un groupement de patients<br />

à la formation politique de l’opinion et, partant,<br />

aux processus de décision. Si l’ancrage du principe de la<br />

«participation déléguée» à l’échelle nationale a été régulièrement<br />

réclamé dans le passé par des organisations de<br />

patients, les initiatives en ce sens n’ont jamais dépassé le<br />

stade d’une esquisse sur la planche à dessin.<br />

Une coalition de patients pour la Suisse<br />

En collaboration avec son conseil des patients et diverses<br />

organisations partenaires, la Ligue suisse contre le cancer a<br />

réussi à donner le coup d’envoi à la création d’une coalition<br />

de patients: 60 premiers signataires – parmi eux des représentants<br />

d’associations de patients et d’entraide, mais aussi<br />

des personnes concernées non organisées – ont annoncé le<br />

29 mai 2010, lors d’une plateforme de fondation à Berne,<br />

leur volonté de constituer une coalition nationale de patients.<br />

L’objectif est de faire de la voix des patients une force<br />

qui compte au sein de notre système de santé et d’ancrer à<br />

terme la participation déléguée sur le plan national.<br />

Pour les personnes concernées, les possibilités sont aujourd’hui<br />

encore limitées d’exprimer leur avis sur les questions<br />

de politique sociale et de santé dans lesquelles leurs<br />

intérêts sont en jeu. A une époque où les responsables du<br />

système de santé réfléchissent à de nouveaux modèles de<br />

Remise d’une résolution à la<br />

présidente de la Conféderation<br />

soins, parfois radicaux, il<br />

est pourtant essentiel pour<br />

les patients de pouvoir<br />

faire entendre haut et fort leurs revendications face tant au<br />

pouvoir législatif et exécutif qu’aux offices fédéraux et aux<br />

commissions – en exprimant leur point de vue à la lumière<br />

de leur propre expérience centrée sur le patient.<br />

La Ligue, en tant que représentante des intérêts des patients<br />

et de leurs proches, agit elle-même résolument<br />

comme lobbyiste en prenant clairement parti. Toutefois,<br />

au sein de l’organisation, on est aussi de plus en plus<br />

conscient de la nécessité d’impliquer davantage les personnes<br />

concernées. «En notre qualité d’experts, nous ne<br />

pouvons pas être à nous seuls le porte-parole des patients»,<br />

souligne le professeur Jakob Passweg, président de la Ligue<br />

suisse contre le cancer. «Les patients sont désormais<br />

compétents: lorsqu’ils mettent le doigt sur un point sensible,<br />

ils savent précisément de quoi ils parlent.»<br />

Cette compétence des patients était aussi nettement perceptible<br />

lors de la plateforme de fondation du 29 mai<br />

2010. Dans des prises de position incisives, les personnes<br />

concernées ont raconté leurs expériences et évoqué avec<br />

des responsables politiques et des spécialistes des questions<br />

de santé les problèmes qu’il est aujourd’hui urgent<br />

d’aborder. Outre les conséquences d’un cancer sur la situation<br />

professionnelle, le débat a également porté à maintes<br />

reprises sur les lacunes que présente le réseau suisse des<br />

assurances sociales, et qu’il est urgent de combler compte<br />

tenu – précisément – de la réalité quotidienne des patients<br />

atteints de maladies chroniques.<br />

Parce que les patients savent de quoi ils parlent<br />

La coalition a profité de l’occasion pour adopter une résolution<br />

dont les revendications ont trait à la politique sociale<br />

<strong>Schweizer</strong> Krebsbulletin • Nr. 3/2010 257


LSC<br />

et de santé. Elle exige une assurance obligatoire d’indemnités<br />

journalières en cas de maladie, un meilleur soutien pour<br />

les personnes atteintes d’une maladie chronique lors de leur<br />

réinsertion professionnelle ainsi que de nouveaux modèles<br />

permettant aux proches de concilier activité professionnelle<br />

et soins. La résolution a été remise à la présidente de la<br />

Confédération, Doris Leuthard, dans le cadre de la manifestation<br />

du centenaire de la Ligue sur la Place fédérale.<br />

Le premier pas est accompli, le noyau d’un nouvel acteur<br />

politique est constitué. Or, la coalition de patients n’en<br />

est encore qu’à ses débuts: il s’agit maintenant en premier<br />

lieu d’assurer au projet un large soutien à l’échelle du pays.<br />

Une plateforme nationale est prévue pour le 6 novembre<br />

2010, lors de laquelle seront débattues les prochaines<br />

étapes à envisager.<br />

La Ligue suisse contre le cancer assistera le jeune organisme<br />

pendant la phase de consolidation. L’objectif est<br />

toutefois de permettre à la coalition de patients d’acquérir<br />

rapidement une pleine et entière autonomie. En effet, la<br />

Ligue se réjouit de pouvoir bientôt collaborer avec une<br />

partenaire autonome et pleine d’initiative pour tout ce qui<br />

concerne les questions de politique de santé.<br />

Adresse de correspondance:<br />

Dr phil. nat. Peter R. Müller<br />

Responsable soutien et mise en réseau<br />

Ligue suisse contre le cancer<br />

Effingerstrasse 40<br />

CH - 3001 Berne<br />

peter.r.mueller@liguecancer.ch<br />

Les inscriptions sont ouvertes!<br />

Journée suisse du cancer sur le dépistage<br />

du cancer de la prostate<br />

Le 28 octobre 2010, au STADE DE SUISSE, à Berne<br />

Le 28 octobre 2010, la Journée suisse du cancer organisée par la Ligue contre le cancer se tiendra au STADE DE<br />

SUISSE à Berne, avec pour mission de faire entendre différents points de vue de spécialistes de renom au niveau<br />

national et international sur le dépistage du cancer de la prostate. Les questions suivantes seront abordées: La<br />

mesure régulière du taux de PSA entraîne-t-elle une diminution de la mortalité due à ce cancer? Les diagnostics<br />

et traitements inutiles sont-ils éthiquement acceptables? De quelle manière les hommes sont-ils informés des<br />

avantages et inconvénients d’un dépistage? Les présentations et les discussions seront suivies d’un débat final.<br />

Intervenants et participants au débat<br />

Prof. Dr Jakob Passweg, Prof. Dr George Thalmann, Prof. Dr Johann Steurer, Prof. Dr Christine Bouchardy,<br />

Dr med. Markus Battaglia, Prof. Dr Hans-Peter Schmid, Prof. Dr Marcel Zwahlen, Prof. Dr Thomas Cerny,<br />

Dr Matthias Schwenkglenks, Prof. Dr Matthias Egger, Prof. Dr Franz Recker, Dr med. Walter Raaflaub<br />

Cette journée s’adresse aux médecins, au personnel soignant et aux scientifiques intéressés, aux représentants<br />

des autorités, des assureurs-maladie, des instances politiques, des médias, des entreprises pharmaceutiques et<br />

des organisations de patients, ainsi qu’aux membres des comités, des directions et des collaboratrices et des<br />

collaborateurs de la Ligue contre le cancer.<br />

Inscription<br />

Le nombre de participants est limité. Veuillez vous inscrire à l’adresse www.liguecancer.ch/journeecancer.<br />

258 <strong>Schweizer</strong> Krebsbulletin • Nr. 3/2010


KLS<br />

Plus de 10 millions de<br />

francs pour la recherche<br />

sur le cancer<br />

Kurt Bodenmüller, chargé de communication du<br />

Secrétariat scientifique, fondation Recherche suisse<br />

contre le cancer<br />

En 2009, la Recherche suisse contre le cancer a<br />

soutenu ou financé 39 projets de recherche, bourses,<br />

programmes et organisations de recherche pour plus<br />

de 10 millions de francs. Grâce à des dons, cette<br />

fondation encourage en Suisse depuis 20 ans une<br />

recherche sur le cancer indépendante de l’industrie et<br />

orientée vers le patient. Le conseil de fondation, dont<br />

la composition a été remaniée et élargie, est présidé<br />

par le professeur Thomas Cerny, médecin-chef du<br />

service d’oncologie/hématologie de l’Hôpital cantonal<br />

de Saint-Gall.<br />

Depuis 1990, la fondation<br />

Recherche suisse contre le<br />

cancer soutient des projets<br />

de recherche novateurs et des<br />

Rapport annuel 2009 scientifiques de premier plan<br />

dans le domaine de l’oncologie.<br />

Comme le rappelle le président<br />

du conseil de fondation, le<br />

professeur Thomas Cerny, la<br />

stratégie adoptée en matière<br />

de promotion de la recherche<br />

obéit à deux critères: «Nous<br />

soutenons uniquement les<br />

meilleurs travaux tout en<br />

mettant l’accent sur une recherche proche du patient,<br />

c’est-à-dire sur des projets prometteurs dont les patients<br />

concernés profitent autant que possible directement.»<br />

L’an dernier, la fondation a financé 31 projets de recherche<br />

et 3 bourses et soutenu 5 organisations et programmes de<br />

recherche en leur allouant 10,4 millions de francs au total.<br />

Les projets qui ont bénéficié d’un subside relèvent de la<br />

recherche fondamentale, de la recherche clinique, de la<br />

recherche épidémiologique et psychosociale sur le cancer.<br />

«Notre objectif est de progresser constamment à tous<br />

les niveaux de la lutte contre le cancer afin de prévenir<br />

les maladies cancéreuses le mieux possible, de les déceler<br />

rapidement, de les traiter avec succès et d’en atténuer<br />

efficacement les conséquences», résume le professeur<br />

Cerny.<br />

Le rapport annuel 2009 met en lumière les changements<br />

opérés par la Recherche suisse contre le cancer sur le<br />

plan stratégique et opérationnel dans le cadre de la<br />

réorganisation de l’an dernier. Il donne un aperçu de<br />

projets de recherche dûment sélectionnés et résume les<br />

principaux chiffres et faits. En plus des huit spécialistes<br />

renommés et personnalités présentés dans le rapport, le<br />

conseil de fondation a eu le plaisir d’accueillir récemment<br />

un nouveau membre: l’ancien conseiller fédéral Pascal<br />

Couchepin, élu en son sein le 25 juin 2010.<br />

Commandes du rapport annuel 2009:<br />

• en version papier au Secrétariat scientifique de la<br />

Recherche suisse contre le cancer: tél. 031 389 91 61,<br />

fax 031 389 91 60, info@recherchecancer.ch;<br />

• au format pdf sur le site www.recherchecancer.ch/fr/<br />

publications.html.<br />

Pour en savoir plus: www.recherchecancer.ch<br />

Les neuf membres du conseil de fondation de la<br />

Recherche suisse contre le cancer<br />

Prof. Dr med. Thomas Cerny, président, Saint-Gall<br />

past president de la Ligue suisse contre le cancer (LSC)<br />

Prof. Dr med. Richard Herrmann, vice-président, Bâle<br />

ancien président du Groupe suisse de recherche clinique sur le cancer<br />

(SAKK) et représentant de la recherche clinique sur le cancer<br />

PD Dr med. Nicolas von der Weid, Lausanne<br />

président du Groupe d’oncologie pédiatrique suisse (SPOG) et<br />

représentant de la recherche pédiatrique sur le cancer<br />

Pascal Couchepin, lic. iur., ancien conseiller fédéral,<br />

Martigny, personnalité indépendante<br />

Prof. Dr med. Matthias Egger, Berne<br />

représentant de la recherche épidémiologique sur le cancer<br />

Prof. Dr sc. nat. Hans Hengartner, Langnau am Albis<br />

représentant de la recherche fondamentale sur le cancer<br />

Dr med. Eduard Holdener, Therwil<br />

personnalité indépendante<br />

Isabel Lechtman-Mortara, Genève<br />

personnalité indépendante<br />

Gallus Mayer, Saint-Gall<br />

expert financier<br />

Directeur: Dr rer. nat. Rolf Marti, responsable du<br />

Secrétariat scientifique<br />

Contact:<br />

Kurt Bodenmüller<br />

Chargé de communication du Secrétariat scientifique,<br />

Ligue suisse contre le cancer et fondation Recherche<br />

suisse contre le cancer<br />

kurt.bodenmueller@liguecancer.ch<br />

<strong>Schweizer</strong> Krebsbulletin • Nr. 3/2010 259


Onkologiepflege Schweiz<br />

OPS<br />

Non-Adhärenz: Eine neue<br />

Herausforderung in der<br />

Tumortherapie?<br />

M. Eicher 1&2 , M. Fliedner 2 , E. Näf 3 , E. Rieder 4<br />

1<br />

Haute Ecole de Santé Fribourg, 2 Inselspital,<br />

Universitätsspital, Bern, 3 Solothurner Spitäler AG<br />

4<br />

Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften<br />

Keywords: Adhärenz, Patientenedukation,<br />

Orale Tumortherapie<br />

Einleitung<br />

Bereits Hippokrates wies darauf hin, dass man sich bewusst<br />

sein müsse, dass «Patienten lügen, wenn sie behaupten,<br />

sie hätten ihre Medikamente eingenommen»<br />

(Wintersteller, 2008). Dieses Problem ist insbesondere<br />

bei chronischen Krankheiten seit den 70er Jahren zunehmend<br />

erforscht worden, wobei zunächst vor allem der<br />

Begriff Compliance Verwendung fand, der heute mehrheitlich<br />

durch den Begriff Adhärenz abgelöst wird (Haslbeck,<br />

2010; Haynes, Ackloo, Sahota, McDonald, & Yao,<br />

2008). Adhärenz ist «… das Ausmass, mit welchem das<br />

Verhalten <strong>eines</strong> Betroffenen mit den Empfehlungen übereinstimmt,<br />

die er von Professionellen im Gesundheitsbereich<br />

erhalten hat und mit denen er sich einverstanden<br />

erklärt hat.» (Haynes 1979 ergänzt durch World Health<br />

Organization, 2003).<br />

In der Onkologie wird das Thema Adhärenz mit oralen<br />

antineoplastischen Therapien erst seit einigen Jahren<br />

aufgegriffen (Ruddy, Mayer, & Partridge, 2009). Derzeit<br />

wissen wir wenig über die Adhärenz / Non-Adhärenz von<br />

Patienten unter oralen Tumortherapien, da dieses Thema<br />

bisher selten systematisch in klinischen Studien untersucht<br />

wurde, obschon die Wirksamkeit von Medikamenten<br />

durch Non-Adhärenz eingeschränkt oder verhindert<br />

wird (Partridge, Avorn, Wang, & Winer, 2002). In der<br />

Praxis gewinnt dieses Thema jedoch an Bedeutung, da<br />

Onkologen, Pflegefachpersonen und weitere Personen<br />

anderer Gesundheitsberufe zunehmend mit Problemen<br />

in der Praxis konfrontiert sind. Daher soll dieser Artikel<br />

einen Überblick über den aktuellen Stand der Forschung<br />

und Praxis im Bereich der Adhärenz mit oralen Tumortherapien<br />

geben und die Rolle der Onkologiepflege im<br />

Bereich der Adhärenz diskutieren.<br />

Definition der oralen Tumortherapien<br />

Zu den oralen Tumortherapien gehören alle antineoplastischen<br />

Wirkstoffe, die über den Gastrointestinaltrakt einge-<br />

nommen werden und den zytotoxischen oder biologischen<br />

Therapien zuzuordnen sind (Weingart et al., 2008). Diese<br />

Therapieformen sind seit Jahrzehnten im Einsatz. Zur<br />

ersten Generation gehörten beispielsweise Chlorambucil,<br />

Cyclophosphamid und Methotrexat (Bedell, 2003). In<br />

den letzten Jahren ist eine starke Zunahme an oralen antineoplastischen<br />

Medikamenten zu verzeichnen. Zu diesen<br />

gehören endokrine Therapien (z.B. selektive Östrogen-<br />

Rezeptor-Modulatoren, Aromatasehemmer), zytotoxische<br />

Wirkstoffe (z.B. Capecitabine) sowie Kinase-Inhibitoren<br />

und andere Wirkstoffe, die im Mikroumfeld des Tumors<br />

eingesetzt werden und die an Rezeptoren der Zelloberfläche<br />

und andere Proteine binden (z.B. Imatinib, Gefitinib, Erolitinib,<br />

Lapatinib, Nilotinib). Es wird geschätzt, dass sich<br />

derzeit ca. 200 neue orale Tumortherapien in Entwicklung<br />

befinden (DeCardenas & Helfrich, 2010).<br />

Vor- und Nachteile der oralen Einnahme<br />

der Tumortherapien<br />

Verschiedene Autoren haben die Vor- und Nachteile der<br />

oralen Einnahme der Tumortherapien diskutiert. Oft wird<br />

oralen Therapien ein effizienteres Medikamentenregime<br />

zugeschrieben. Dabei werden vor allem die geringere<br />

Anzahl an Konsultationen, die geringeren Transportkosten<br />

der Patienten zum Therapieort und die geringeren<br />

Behandlungs- und Wartezeiten als effizienzsteigernde<br />

Faktoren genannt (Cassidy et al., 2006; Faithfull & Deery,<br />

2004; James, Blanco, & Farina, 2003; Weingart et<br />

al., 2008). Solche Effizienzgewinne sind aber nur unter<br />

Monotherapie zu erreichen, die jedoch selten zur Anwendung<br />

kommen kann (Weingart et al., 2008). Weiter kann<br />

man davon ausgehen, dass unter oraler Therapie weniger<br />

schwerwiegende und anders gelagerte Komplikationen<br />

bzw. Nebenwirkungen auftreten, da keine venösen Zugänge<br />

gelegt werden müssen und die Dosierungen aufgrund<br />

der kontinuierlichen und langfristigeren Einnahme<br />

niedriger titriert werden können als unter i/v- Verabreichung<br />

(Aisner, 2007; Colomer et al., 2010; DeCardenas<br />

& Helfrich, 2010; Gornas & Szczylik, ; MacLeod et al.,<br />

2007). Ein weiterer Vorteil aus der Patientenperspektive<br />

wird in der Eigenverantwortung und den angenehmeren Behandlungsmodalitäten<br />

gesehen (Barefoot, Blecher, & Emery,<br />

2009; Bowers, Silberman, & Mortenson, 2002; Lembersky et<br />

al., 2006; Liu, Franssen, Fitch, & Warner, 1997).<br />

Die Nachteile der oralen Therapien werden einerseits im<br />

Bereich der Nebenwirkungen und Symptome der Patienten<br />

geortet (Aisner, 2007; Bartel, 2007; Weingart et<br />

al., 2007). Andererseits wird ein Problembereich der oralen<br />

Tumortherapien, bezüglich der Komplexität der Medikamentenregime<br />

und der Eigenverantwortung der Patienten<br />

beschrieben. Dies alles beeinflusst eine Kontrolle der initial<br />

vereinbarten Therapieschemen zwischen Arzt und Patient<br />

(Bartel, 2007; Taylor, Winter, Geyer, & Hawkins, 2006;<br />

<strong>Schweizer</strong> Krebsbulletin • Nr. 3/2010 261


OPS<br />

Weingart et al., 2008). Daher wird durch die Task Force<br />

des National Comprehensive Cancer Network (NCCN)<br />

empfohlen, orale Therapien stets durch umfassende Patientenedukation<br />

zu begleiten und gleichzeitig wird angemerkt,<br />

dass für diese derzeit kaum Ressourcen zur Verfügung<br />

stehen (Weingart et al., 2008). Weiter muss insbesondere<br />

bei ökonomischen Analysen in Betracht gezogen werden,<br />

dass orale Therapien von umfassender Patientenberatung<br />

begleitet sein sollten (Cassidy et al., 2002; Chau, Legge, &<br />

Fumoleau, 2004; Marse, Van Cutsem, Grothey, & Valverde,<br />

2004). Diese verursacht (Personal-)Kosten, die in bisherigen<br />

Analysen möglicherweise nicht ausreichend berücksichtigt<br />

wurden. Gleichzeitig dürfte die Beratung der Patienten<br />

auch weitere Kostenfaktoren beeinflussen und beispielsweise<br />

zu einer Reduktion ungeplanter Konsulta tionen durch<br />

ein verbessertes Selbst-Management beitragen. Interessant<br />

ist in diesem Zusammenhang eine Studie von Molassiotis et<br />

al., die nicht nur eine signifikante Minderung von Symptomen<br />

von Patienten unter Capecitabine zeigte, die gezielte<br />

pflegerische Beratung in einem Home-Care Programm erhielten,<br />

sondern auch, dass in der Interventionsgruppe signifikant<br />

weniger Gesundheitsdienstleitungen ungeplant in<br />

Anspruch genommen wurden (Molassiotis et al., 2009).<br />

Die Gegenüberstellung dieser Vor- und Nachteile zeigt, dass<br />

die Einführung der oralen Tumortherapien wahrscheinlich<br />

nur durch eine umfassende Beratung und Betreuung der<br />

Patienten erfolgversprechend sein kann. Non-Adhärenz ist<br />

auch in der Onkologie ein Problem, welches aber nicht<br />

als Patientenproblem abgetan werden darf. Vielmehr ist<br />

Non-Adhärenz als Anzeichen einer ungenügenden Gesundheitsversorgung<br />

zu verstehen, die oft durch einen<br />

Mangel an einer geteilten Entscheidungsfindung in der<br />

Phase der Therapieentscheidung liegt und daran, dass<br />

eine nachhaltige Unterstützung der Patienten fehlt.<br />

Faktoren, die die Adhärenz beeinflussen<br />

Es besteht heute Einigkeit darüber, dass Non-Adhärenz<br />

ein als multifaktorielles, komplexes Phänomen zu verstehen<br />

ist (Nunes, 2009; WHO, 2003). Diverse Faktoren für<br />

die Beeinflussung der Adhärenz bei oralen Tumortherapien<br />

wurden bereits beschrieben. Darunter reiht man eine<br />

vorangegangene Non-Adhärenz (Miaskowski, Shockney,<br />

& Chlebowski, 2008), die Komplexität des Medikamentenregimes<br />

(Osterberg & Blaschke, 2005), unerwünschte<br />

Wirkungen der Therapien (Davidson, Vogel, & Wickerham,<br />

2006), die Dauer der Therapien (Partridge et al.,<br />

2008), die Krankheitsbelastung (Osterberg & Blaschke,<br />

2005), sozio-demographische Faktoren (Noens et al.,<br />

2009), kognitive oder psychische Einschränkungen (Osterberg<br />

& Blaschke, 2005) sowie eine unzureichende Gesundheitsversorgung<br />

(Osterberg & Blaschke, 2005; Partridge<br />

et al., 2002). Daher bedeutet die Unterstützung der<br />

Adhärenz nicht einfach die Verbesserung der Tabletteneinnahme,<br />

sondern sie muss beim Verständnis der Patientenperspektive<br />

ansetzen. Sie basiert auf dem Erfragen<br />

der Einstellungen gegenüber den Medikamenten und den<br />

Gründen, warum Medikamente eingenommen oder eben<br />

nicht eingenommen werden (Nunes et al., 2009). Zu berücksichtigen<br />

ist zudem, dass es auch immer wieder zu<br />

«Overadherence» kommt, bei welcher Patienten zu viele<br />

Medikamente einnehmen (Osterberg & Blaschke, 2005,<br />

Noens et al, 2009). Der «more is better approach» mag<br />

bedingt sein durch die aus Patientensicht vermeintlich<br />

geringere Wirksamkeit (Bell, 2009) und Gefährlichkeit<br />

für Nebenwirkungen (Griffin, 2003) und den kategorischen<br />

Willen, die Krankheit zu bekämpfen.<br />

Methoden zur Einschätzung der Adhärenz<br />

Es kommen indirekte und direkte Methoden zur Messung<br />

der Adhärenz zum Einsatz. Zu den indirekten Methoden<br />

zählen Selbstberichte in Form von Tagebüchern,<br />

der Patienten-Selbstbericht oder Berichte von Angehörigen.<br />

Zu den direkten Einschätzungsmethoden zählen<br />

Rezepteinlösung, Tablettenzählen, der elektronische Verbrauchsmonitor,<br />

Messung des Medikamentes oder <strong>eines</strong><br />

Metaboliten oder des biologischen Markers in Körperflüssigkeiten<br />

sowie die Messung von physiologischen Markern<br />

(Bosworth, 2006; Schäfer-Keller, Garzoni, Dickenmann,<br />

& De Geest, 2010). Da alle Methoden Stärken und<br />

Schwächen besitzen, hat sich derzeit kein Gold-Standard<br />

etabliert. In neueren Studien werden verschiedene Methoden<br />

kombiniert (Noens et al., 2009). In der Praxis<br />

werden unterschiedliche Ansätze gewählt, um zusammen<br />

mit Patienten deren Adhärenz einzuschätzen. Oft ist das<br />

Screening der Risikofaktoren oder das Assessment der Adhärenz<br />

/ Non-Adhärenz Ausgangslage für Interventionen<br />

zur Adhärenz-Verbesserung.<br />

Interventionen zur Verbesserung der Adhärenz<br />

Eine Cochrane Review widmet sich den Interventionen<br />

zur Unterstützung der Medikamenten-Adhärenz bei<br />

chronischen Erkrankungen. Nachhaltige Verbesserung<br />

der Adhärenz zeigt sich in dieser Review vor allem durch<br />

komplexe Interventionen (Haynes et al., 2008), deren<br />

Evidenz muss aber derzeit noch als schwach bezeichnet<br />

werden. Zu den bisher getesteten Interventionen zählen:<br />

• Unterstützende Behandlung<br />

• Information<br />

• Selbstbeobachtung<br />

• Positive Verstärkung<br />

• Beratung / Familienorientierte Beratung<br />

• Psychologische Therapien<br />

• Krisenintervention<br />

• Telephonischer Follow-Up<br />

262 <strong>Schweizer</strong> Krebsbulletin • Nr. 3/2010


OPS<br />

Experten sind sich einig, dass zur Verbesserung der Adhärenz<br />

ein Ansatz gewählt werden muss, der die Information,<br />

die Motivation und das Verhalten der Patienten positiv<br />

und nachhaltig beeinflusst. In der Regel geht es um<br />

eine kontinuierliche Kombination von Interventionen,<br />

da keine der Genannten alle Faktoren oder Probleme der<br />

Non-Adhärenz abdecken kann. Dies bedingt auch eine<br />

enge Zusammenarbeit verschiedener Disziplinen.<br />

Umsetzung der Adhärenz-Unterstützung in der Praxis<br />

Auch wenn die wissenschaftlichen Grundlagen momentan<br />

nicht eindeutig für bestimmte Interventionen<br />

sprechen, entstehen derzeit zunehmend Standards und<br />

Leitfäden für Professionelle und Patienten im Umgang<br />

mit oralen Tumortherapien. Im vergangenen Jahr publizierten<br />

die American Society of Clinical Oncology<br />

gemeinsam mit der Oncology Nursing Society die Chemotherapy<br />

Administration Safety Standards, in denen<br />

explizit auf den Umgang mit oralen Tumortherapien<br />

eingegangen wird (Jacobson et al., 2009). Die Multinational<br />

Association of Supportive Care in Cancer (MA-<br />

SCC) bietet auf Ihrer Website einen Oral Agent Teaching<br />

Tool (MOATT) für Personal im Gespräch mit<br />

Patienten an, das in verschiedenen Sprachen erhältlich ist<br />

(http://www.mascc.org/mc/page.do?sitePageId=89760).<br />

Auch in der Schweiz werden derzeit verschiedene Projekte<br />

lanciert, z.B. ein Schulungsmodul zur Sensibilisierung<br />

und zum Training von Personen im Gesundheitswesen.<br />

Weiter werden in einem Projekt Empfehlungen und<br />

Hilfsmittel (Merkblätter für Patienten) zur Förderung<br />

der Adhärenz und Sicherheit bei der Einnahme von Tumormedikamente<br />

durch die <strong>Schweizer</strong>ische Gesellschaft<br />

für Medizinische Onkologie (SGMO) und die Onkologiepflege<br />

Schweiz (OPS), im Rahmen <strong>eines</strong> interdisziplinären<br />

Projektes erarbeitet.<br />

Pflegenden kommt eine zentrale Rolle im Assessment der<br />

Patientenperspektive und der Adhärenz, sowie bei der<br />

Patientenedukation zur Unterstützung der Adhärenz zu<br />

(Hartigan, 2003; Moore, 2007). In vielen Ländern haben<br />

sich Pflegende auf das Screening und die Beratung der<br />

Adhärenz von Patienten mit chronischen Erkrankungen<br />

spezialisiert. Auch in der Schweiz bieten bereits erste<br />

spezifisch ausgebildete Pflegefachpersonen ein Adhärenzscreening<br />

und spezifische Adhärenz-Konsultationen an. So<br />

ist beispielsweise am Kantonsspital St.Gallen die Pflegewissenschaftlerin<br />

Dr. Dunja Nicca für Adhärenzscreening<br />

und -beratung von HIV-Patienten zuständig. Am Universitätsspital<br />

Basel wurde durch die Pflegewissenschaftlerin<br />

Dr. Petra Schäfer-Keller eine Modell des Adhärenzscreenings<br />

bei Patienten nach Nierentransplantation etabliert<br />

(Schäfer-Keller et al., 2010). Solche Modelle könnten zukünftig<br />

auch in der Unterstützung von Patienten, die orale<br />

Tumortherapien einnehmen, zum Einsatz kommen. Es<br />

gilt nun auch für die Onkologie die passenden Standards,<br />

Hilfsmittel und Modelle zu entwickeln und interessierte<br />

Pflegefachpersonen entsprechend auszubilden.<br />

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World Health Organization. (2003). Adherence to Long-Term Therapies;<br />

Evidence for Action. Geneva: World Health Organization.<br />

Korrespondenzadresse:<br />

Dr. rer. medic. Manuela Eicher<br />

Haute Ecole de Santé Fribourg<br />

Route des cliniques 15<br />

1700 Fribourg<br />

manuela.eicher@hefr.ch<br />

264 <strong>Schweizer</strong> Krebsbulletin • Nr. 3/2010


SGPO<br />

<strong>Schweizer</strong>ische Gesellschaft für Psycho-Onkologie<br />

Société Suisse de Psycho-Oncologie<br />

8. <strong>Schweizer</strong> Fachtagung<br />

Psycho-Onkologie<br />

Spektrum Psycho-Onkologie<br />

Facetten – Ansätze – Einblicke<br />

Tagungsbericht von Diana Zwahlen (Psychoonkologin<br />

Inselspital Bern), illustriert mit Bildern von Verena<br />

Staggl. Die Bilder entstanden inspiriert durch die<br />

Referatsthemen der Tagung.<br />

Keywords: Psycho Onkologie, SGPO, Fachtagung,<br />

Interdisziplinarität, Betreuung<br />

Am 20. April lud die <strong>Schweizer</strong>ische Gesellschaft für<br />

Psycho-Onkologie (SGPO) zur 8. <strong>Schweizer</strong> Fachtagung<br />

Psycho-Onkologie. Der Tagung ging die jährliche Mitgliederversammlung<br />

der SGPO voraus.<br />

Die SGPO setzt sich in ihrem Hauptanliegen dafür ein,<br />

dass krebsbetroffene Personen und ihre Angehörigen in<br />

der Schweiz uneingeschränkten Zugang zu qualifizierter<br />

psycho-onkologischer Unterstützung erhalten. Eine Voraussetzung<br />

für eine professionelle psycho-onkologische<br />

Versorgung ist die Weiterbildung und die Vernetzung der<br />

Fachpersonen. Mit einer stetig wachsenden Anzahl von<br />

Fachpersonen im Bereich der Psycho-Onkologie ist der<br />

Austausch und die Rolle einer zentralen Fachgesellschaft<br />

besonders wichtig. Die Möglichkeit zum Austausch und<br />

Vernetzung im Rahmen von Fachtagungen ist von besonderer<br />

Bedeutung gerade auch weil das interdisziplinäre<br />

Arbeitsfeld der Psycho-Onkologie in der Schweiz eine relativ<br />

junge Disziplin ist. Die Möglichkeit der Vernetzung<br />

mit anderen Personen haben Viele genutzt, die Fachtagung<br />

war mit 150 Teilnehmern sehr gut besucht.<br />

Das Thema der Fachtagung «Spektrum Psycho-Onkologie,<br />

Facetten – Ansätze – Einblicke» stand in enger Anlehnung<br />

an die klinische Realität des Arbeitsfeldes zum<br />

einen und zur intensiven Weiterentwicklung in Klinik<br />

und Forschung zum anderen: die Psycho-Onkologie ist<br />

unter anderem durch die Beteiligung verschiedener Disziplinen<br />

ein Arbeitsfeld mit vielen Facetten, zudem entfaltet<br />

sich im Zuge neuer Erkenntnisse und Erfahrungen<br />

eine reiche Fülle an Ansätzen und Methoden. Die Fachtagung<br />

bot den Teilnehmenden die Möglichkeit, einige<br />

Beispiele aus dem ganzen Spektrum der Psycho-Onkologie<br />

(besser) kennenzulernen. Auf dem Programm standen<br />

unter anderem sechs Kurzreferate, die exemplarisch standen<br />

für dieses breite Spektrum der psycho-onkologischen<br />

Praxis. Die Themen der Vorträge konnten in Workshops<br />

mit den Referenten am Nachmittag vertieft werden.<br />

In die Tagung gestartet wurde mit der Begrüssungsrede<br />

von Pascale Bruderer Wyss, Nationalratspräsidentin,<br />

die durch ihr Amt als Geschäftsleiterin der Krebsliga des<br />

Kantons Aargau eine enge Verbindung zum Thema Onkologie<br />

aufweist. Sie bekräftigte mit ihrer Präsenz und ihren<br />

Worten das Bestreben der SGPO, sich für das Anliegen<br />

der Psycho-Onkologie einzusetzen. Der Begrüssungsrede<br />

folgten die Kurzreferate: Cornelia Knipping (Pallium<br />

Atelier, Uster) berichtete sehr lebendig und eindrücklich<br />

vom Beitrag der Pflege zur Psycho-Onkologie, Alfred Velardi<br />

(Spital Pourtalès) informierte über den Einsatz von<br />

Psychopharmaka in der Onkologie. Danach folgten zwei<br />

Beiträge zu künstlerischen Therapien: zum einen stellte<br />

Harald Gruber (Alanus Hochschule, Alfter b. Bonn) die<br />

Ergebnisse einer gross angelegten Studie zur Musik- Tanzund<br />

Kunsttherapie in der psycho-onkologischen Behandlung<br />

Erwachsener vor. Zum anderen berichtete Astrid<br />

Lorz (Kinderkliniken, Bern) von ihren Erfahrungen in der<br />

Musiktherapie mit krebserkrankten Kindern. Es folgte<br />

der Beitrag von Torsten Berghändler (Psychosomatik und<br />

Rehabilitationsklinik, Gais) zur Sport- und Bewegungstherapie<br />

in der psycho-onkologischen Rehabilitation und<br />

schliesslich beschloss das Team Gion Duno Simeon (Psychoonkologischer<br />

Dienst Graubünden), Stefan Mamié<br />

(Kantonsspital Aarau und Baden) und Sandra Sieber (Spitalzentrum<br />

Oberwallis) mit einem politischen Thema: sie<br />

stellten die Finanzierungsmodelle ihrer Institutionen als<br />

mögliche Beispiele für realisierbare Entwürfe der Finanzierung<br />

psycho-onkologischer Dienstleistungen vor.<br />

Der Nachmittag wurde mit den Berichten aus den Regionalgruppen<br />

begonnen: Die Plattform Psycho-Onkologie<br />

mit ihren verschiedenen Regionalgruppen ist ein Projekt<br />

der Krebsliga Schweiz in Zusammenarbeit mit der SGPO.<br />

Die Regionalgruppen sollen die (regionale) Vernetzung<br />

von psycho-onkologischen Fachpersonen fördern. Vertreterinnen<br />

und Vertreter berichten regelmässig von der<br />

aktuellen Entwicklung der jeweiligen Gruppe und ihren<br />

Aktivitäten.<br />

Im Anschluss an die Präsentationen aus den Regionalgruppen<br />

berichteten Sabine Jenny, Programmleiterin<br />

Krebsinformationsdienst Krebsliga Schweiz, und Valentina<br />

Celio, Projektleiterin Rehabilitation/Palliative Care<br />

Krebsliga Schweiz, von der Entwicklung des «Wegweisers».<br />

Der «Wegweiser» ist eine nationale Datenbank auf<br />

dem Internet. Über die Datenbank sind Informationen<br />

über psychosoziale Dienstleistungen für Betroffene, Angehörige<br />

und Fachpersonen aus den Bereichen Beratung,<br />

Behandlung und Pflege (keine medizinisch-onkologischen<br />

Dienstleistungen) erhältlich. Diese Datenbank wurde von<br />

der Krebsliga Schweiz im Jahr 2008 als Antwort auf die<br />

erkannten Mängel in der Information und dem Zugang<br />

zu psychosozialen Angeboten und begleitenden Massnah-<br />

266 <strong>Schweizer</strong> Krebsbulletin • Nr. 3/2010


SGPO<br />

men ins Leben gerufen. Laut den Referentinnen beinhaltet<br />

die Datenbank heute mehr als 700 Angebote und ist<br />

insgesamt erfolgreich gestartet. Im aktuellen Jahr ist vorgesehen,<br />

das Pilotprojekt zu evaluieren und die Aufnahmekriterien<br />

zu überarbeiten.<br />

Der Workshop war sehr lebendig es wurde lebhaft diskutiert und<br />

auf Fragen der Teilnehmenden eingegangen. Sicher trugen einige<br />

das Gehörte zurück in ihr Arbeitsumfeld, um es dort weiter zu<br />

diskutieren.<br />

Ursula Zimmerli (Vorstand SGPO)<br />

Finanzierungsmodelle<br />

Die LeiterInnen, Gion Duno Simeon, Stefan Mamié und Sandra<br />

Sieber teilten nach kurzer Einführung die Teilnehmer in drei<br />

Kleingruppen von 5-6 Personen auf. Zu jeder Gruppe gesellte<br />

sich auch je ein/e Leiter/in. Während einer guten halben Stunde<br />

widmete sich eine Gruppe möglichen Finanzierungsmodellen<br />

für psycho-onkologische Leistungen unter den gegebenen realen<br />

Bedingungen. Daraus ergaben sich ein (unvollständiger) Überblick<br />

bestehender sowie eine Ideensammlung für zukünftige Finanzierungsmodelle.<br />

Eine zweite Gruppe trug Kritikpunkte an<br />

der momentanen Finanzierungssituation psycho-onkologischer<br />

Leistungen zusammen. Die Idee dabei: Ein Argumentarium zur<br />

Verbesserung der Finanzierungssituation muss auch begründen,<br />

warum und inwiefern die aktuelle Situation nicht befriedigt. Die<br />

dritte Kleingruppe beschäftigte sich mit «Wunschvorstellungen»<br />

und generierte in diesem Sinne Visionen über wünschbare Zustände.<br />

Alle drei Gruppen stellten anschliessend ihre auf Flip-Charts<br />

festgehaltenen Ergebnisse vor. Die Workshopleitenden werden diese<br />

weiter verarbeiten.<br />

Alfred Künzler (Vorstand SGPO), Sandra Sieber<br />

Es folgten die Workshops des Nachmittags zu den Themen<br />

der Kurzreferate. Nebst den Themen der Kurzreferate<br />

wurde die Möglichkeit geboten, an einer Führung<br />

durch die Radioonkologische Klinik des Kantonsspital<br />

Aarau mit Stephan Bodis (Radioonkologische Klinik,<br />

Kantonsspital Aarau) teilzunehmen.<br />

Exemplarisch werden die Inhalte von drei Workshops aus<br />

der Sicht von drei Teilnehmerinnen kurz zusammengefasst.<br />

Bewegungstherapie in der psychoonkologischen Rehabilitation<br />

(Torsten Berghändler)<br />

Torsten Berghändler betonte im Workshop anschaulich und lebendig<br />

den hohen Stellenwert der Bewegungs- und Sporttherapie in<br />

der psychoonkologischen Rehabilitation und räumte dabei auch<br />

mit Vorurteilen auf, dass Sport unter Chemotherapie schädlich<br />

sei. Er vertrat dezidiert die Meinung, dass Bewegung und Sport<br />

Krebs- (bei Kolonkarzinom), und Rezidivpräventiv (bei Brustkrebs)<br />

wirkt, was anhand von Studien in Deutschland belegt<br />

worden ist. Sport und Bewegung mildert (evident) Symptome bei<br />

chronischer Fatigue. Seiner Meinung nach wird Fatigue immer<br />

noch zu wenig erkannt und konsequent behandelt.<br />

Musiktherapie für Kinder (Astrid Lorz)<br />

Mit einer kurzen Einführung zu den Wesensmerkmalen der<br />

Musiktherapie und deren Zuordnung zu den Therapiezielen der<br />

psychosozialen Unterstützung von krebskranken Kindern wurde<br />

uns Workshopteilnehmden anhand einer Tonbandaufnahme ein<br />

sehr anschauliches, eingängiges Beispiel für die konkrete Arbeit<br />

der Musiktherapeutin geliefert. Frau Lorz tritt mit einem<br />

14jährigen Mädchen am Klavier in einen Dialog über die sehr<br />

belastende Situation der Krebsbehandlung. Über Sprache hat sich<br />

das Mädchen verweigert.<br />

Sehr eindrücklich war für uns alle die Erfahrung mit den sehr<br />

unterschiedlichen Musikinstrumenten, den Klangkörpern und<br />

Alltagsgegenständen, welche im Raum bereit lagen, zu experimentieren,<br />

Dialoge entstehen zu lassen, Gewohntes zu verändern<br />

und Spass zu haben.<br />

Für mich war dieser Workshop eine wohltuende Erweiterung und<br />

ein therapeutischer Zugang, den ich nicht nur Kindern und Jugendlichen<br />

vermehrt im Rahmen der psychoonkologischen Begleitung<br />

wünschen würde.<br />

Brigitta Wössmer (Präsidentin SGPO)<br />

<strong>Schweizer</strong> Krebsbulletin • Nr. 3/2010 267


SGPO<br />

Passend zum facettenreichen Programm wurde die Fachtagung<br />

musikalisch klangvoll beendet. Zurück blieben<br />

zufriedene Teilnehmende mit reichhaltigen Eindrücken.<br />

Es ist der SGPO gelungen, mit der Fachtagung die Umsetzung<br />

ihrer Ziele weiter vorangetrieben zu haben: es<br />

wurde Wissen weitergegeben, Interesse geweckt, es wurden<br />

Einblicke verschaffen und das Netzwerk und der<br />

Austausch der psycho-onkologisch tätigen Fachpersonen<br />

gestärkt.<br />

Auf der Homepage www.psycho-onkologie.ch unter Fachtagung<br />

SGPO finden Sie die Referate der Tagung.<br />

Korrespondenzadresse:<br />

Dr. phil. Diana Zwahlen<br />

Psychoonkologischer Dienst<br />

Klinik und Poliklinik für medizinische Onkologie<br />

Inselspital, Universitätsspital Bern<br />

3010 Bern<br />

diana.zwahlen@insel.ch<br />

Einladung: 5 Jahre Akademische Fachgesellschaft<br />

Onkologiepflege<br />

27. Oktober 2010, 16.00-18.00 Uhr<br />

Haute Ecole de Santé, Route de cliniques 15, 1700 Fribourg<br />

Als eine der ersten akademischen Fachgesellschaften (AFG) unter dem <strong>Schweizer</strong>ischen Verein für Pflegewissenschaft<br />

(VfP) wurde vor fünf Jahren die akademische Fachgesellschaft Onkologiepflege gegründet. Wir möchten<br />

dieses junge Jubiläum zum Anlass nehmen, unsere Aktivitäten einem breiten Publikum vorzustellen, unsere bisherigen<br />

Errungenschaften zu reflektieren und Zukunftsvisionen zu entwickeln. An dieser Feier sollen aber nicht<br />

über Erfolge berichtet werden, sondern es soll auch eine kritische Debatte über die Einführung dieser AFG geführt<br />

werden. Und natürlich möchten wir diesen Anlass gemeinsam mit allen Personen feiern, die sich für die Arbeit der<br />

AFG interessieren!<br />

Anmeldung bitte bis 8. Oktober 2010 an catherine.rouvenaz@hefr.ch<br />

Tel. 026 429 60 11 oder 026 429 60 00 (Sekretariat)<br />

268 <strong>Schweizer</strong> Krebsbulletin • Nr. 3/2010


<strong>Schweizer</strong>ische Gesellschaft für Medizinische Onkologie<br />

SGMO<br />

Off Label Use:<br />

<strong>Pragmatische</strong> <strong>Lösung</strong> <strong>eines</strong><br />

<strong>komplexen</strong> <strong>Problems</strong><br />

Jürg Nadig MAE, Präsident der <strong>Schweizer</strong>ischen<br />

Gesellschaft für Medizinische Onkologie<br />

Keywords: Off label use, Vertrauensärzte,<br />

Orphan Indikation, SGV, SGMO, Ticketing System<br />

Verschiedene Bereiche des off label use<br />

Off label use ist die Anwendung <strong>eines</strong> zugelassenen Medikaments<br />

ausserhalb der im Packungsprospekt festgelegten<br />

Vorschriften. Off label use kann sich somit auf Indikation,<br />

Dosierung oder Verabreichung beziehen. Eine<br />

Änderung der von den Zulassungsbehörden anerkannten<br />

Vorschriften bedingt in der Regel eine Nachregistrierung.<br />

Diese muss durch wissenschaftliche Daten belegt<br />

sein. Der Onkologe ist in seiner täglichen Arbeit mit drei<br />

Bereichen vom Off label use betroffen: Die Zubereitung<br />

von Zytostatika zur Anwendung am Patienten ist im Packungsprospekt<br />

geregelt. Herceptin darf in der Schweiz<br />

für die meisten Indikationen nicht mit dem mitgelieferten<br />

Benzylalkohol aufgelöst werden, um haltbar zu sein.<br />

Eine Ampulle darf nur noch einmal angestochen werden.<br />

Der nicht verabreichte Rest ist zu verwerfen. Andererseits<br />

wollen einzelne Krankenkassen nur die Menge Herceptin<br />

bezahlen, die die Patientin aufgrund ihres Gewichtes benötigt.<br />

Die Anpassung der Dosierung an neue Studien<br />

findet oft keinen Niederschlag im Packungsprospekt. 5<br />

FU war über lange Zeit nur für bestimmte Dosierungen<br />

zugelassen, weil es für die Pharmafirma nicht lohnend<br />

war, bei einem Nachahmerprodukt Nachregistrierungen<br />

zu finanzieren. Am meisten Schwierigkeiten treten aber<br />

bei der Indikation auf. Nachregistrierungen hinken oft<br />

hinter den Studienresultaten her, da der Zulassungsprozess<br />

Zeit erfordert. Preisverhandlungen als Folge der Indikationsausweitung<br />

verzögern die Kassenzulässigkeit<br />

nochmals. Bei sehr seltenen Krankheiten liegen kaum<br />

grosse Phase III Studien vor. Für diese Krankheiten wird<br />

die Indikation selten nachregistriert. Es gibt aber auch<br />

seit Jahren anerkannte Indikationen, die nicht nachregistriert<br />

werden, da der Patentschutz für diese Medikamente<br />

abgelaufen ist und die Firmen den Aufwand nicht auf sich<br />

nehmen wollen. Eine Änderung der Registrierung kann<br />

nur auf Antrag des Bewilligungsinhabers (d.h. des Pharma-Unternehmens)<br />

erfolgen.<br />

Rechtliche Grundlage zum Off label use<br />

Bereits seit Ende der 90er Jahre des letzten Jahrhunderts<br />

regelt eine Verordnung des BAG diese Situation.<br />

Die Kostenübernahme durch die Krankenkassen war<br />

aber unterschiedlich. Dies widersprach dem Gebot der<br />

Gleichbehandlung. Ein Entscheid des Eidgenössischen<br />

Versicherungsgerichtes vom September 2004 präzisierte<br />

die Verordnung und legte fest, dass Medikamente, die zu<br />

einem Behandlungskomplex gehören oder bei einer lebensbedrohlichen<br />

Krankheit eingesetzt werden oder bei<br />

schwerer und chronischer Krankheit wirksam sind, von<br />

der OKP bezahlt werden müssen, wenn keine anderen<br />

Mittel zur Verfügung stehen und eine wesentliche kurative<br />

oder palliative Wirkung vorhanden ist. Dem Vertrauensarzt<br />

der Krankenkasse kommt bei der Beurteilung dieser<br />

Indikationserweiterung eine entscheidende Rolle zu.<br />

Erste Resultate<br />

An der Mitgliederversammlung im November 2005 organisierte<br />

D. Betticher eine Weiterbildung zum Thema Off<br />

label use. Es diskutierten Vertreter der Swissmedic und<br />

der Kassen zusammen mit dem Juristen der FMH und<br />

Anw. ausserhalb<br />

SL-Limitation<br />

Grundsatz:<br />

keine Vergütung<br />

Off-label-use* Orphan indication* Compassionate use* Orphan drug*<br />

Grundsatz:<br />

keine Vergütung<br />

Grundsatz:<br />

Vergütung<br />

Grundsatz:<br />

keine Vergütung<br />

Grundsatz:<br />

Vergütung<br />

Ausnahme:<br />

Behandlungskomplex<br />

Ausnahmen:<br />

- Behandlungskomplex<br />

- lebensbedrohliche<br />

Situation<br />

Voraussetzungen:<br />

wiss. Nachweis, medizinisch<br />

unbestritten,<br />

vertrauensärztliche<br />

Zustimmung<br />

Voraussetzungen:<br />

wiss. Nachweis, medizinisch<br />

unbestritten,<br />

vertrauensärztliche<br />

Zustimmung<br />

Voraussetzungen:<br />

wiss. Nachweis, medizinisch<br />

unbestritten,<br />

vertrauensärztliche<br />

Zustimmung<br />

<strong>Schweizer</strong> Krebsbulletin • Nr. 3/2010 271


SGMO<br />

einem Ethiker die verschiedenen Aspekte. Die Vertrauensärzte<br />

wünschten eine enge Zusammenarbeit mit der<br />

SGMO um sich bei diesen schwierigen Fragen beraten zu<br />

lassen. Jürg Zollikofer, der Präsident der Vertrauensärzte,<br />

und ich luden im Februar 2006, BAG, Santésuisse, Swissmedic,<br />

die Pharmaindustrievertreter und die Oncosuisse<br />

zu einem runden Tisch ein, um <strong>Lösung</strong>sansätze zu diskutieren.<br />

Die Pharmavertreter sagten eine Mitfinanzierung<br />

zu, während das BAG keine Mittel zur Verfügung stellen<br />

konnte. Die Vertrauensärzte und die SGMO bildeten gemeinsam<br />

eine paritätische Kommission aus je drei Vertretern<br />

unter der Leitung von Beat Seiler. Thomas Kroner als<br />

Onkologe zählte als Vertreter der Vertrauensärzte. Innert<br />

<strong>eines</strong> halben Jahres erarbeite die Kommission Kriterien<br />

zur Beurteilung und diskutierte Grundsatzfragen. Im<br />

Zusammenarbeitsmodell sind die Onkologen die Berater<br />

der Vertrauensärzte. Die Onkologen stellen ihr Wissen<br />

den Vertrauensärzten konsiliarisch zur Verfügung.<br />

Dieses Konstrukt gleicht eigentlich der konsiliarärztlichen<br />

Tätigkeit, die wir auch gegenüber andern Fachdisziplinen<br />

erfüllen. Eine Homepage wurde eingerichtet<br />

(http://www.vertrauensaerzte.ch/expertcom/oncology/).<br />

Dort sind die Empfehlungen zu verschiedenen Indikationen<br />

öffentlich zugänglich. Die vier Onkologen erarbeiteten<br />

zu verschiedenen Indikationen Empfehlungen, die<br />

wegen abgelaufenem Patentschutz kaum mehr nachregistriert<br />

wurden. Parallel dazu referierte Thomas Kroner<br />

zu Fragen des off-label use an Weiterbildungskursen für<br />

Vertrauensärzte und an Fortbildungen für nicht-ärztliche<br />

MitarbeiterInnen der Krankenversicherer. Beide Aktivitäten<br />

führten dazu, dass sich das Verhältnis zwischen den<br />

Onkologen und den Vertrauensärzten entspannte. Die<br />

Kostengutsprachen wurden einheitlicher.<br />

Das Diagramm für die Beurteilung von nicht registrierten<br />

Indikationen.<br />

Obwohl die Kommission mit dem freiwilligen Einsatz<br />

der Mitglieder einen beachtlichen Leistungsnachweis erbrachte,<br />

waren weder Kostenträger noch die Pharmaindustrie<br />

bereit, die Kosten für die Arbeit der Gruppe zu<br />

übernehmen. Dies war umso störender, als sowohl die<br />

Versicherer als auch die Pharmaindustrie von der Arbeit<br />

einer solchen Kommission profitieren können. Offenbar<br />

spielten haftungsrechtliche Bedenken für ausländische<br />

Pharmafirmen eine wesentliche Rolle.<br />

Ende 2008 stellte die Kommission deshalb ihre Arbeit<br />

ein. Dies war bedauerlich, da die Zusammenarbeit in einer<br />

vertrauensvoller kooperativen Atmosphäre stattfand.<br />

Neustart 2010<br />

2009 wurde von der <strong>Schweizer</strong>ischen Gesellschaft der Vertrauensärzte<br />

(SGV) nach <strong>Lösung</strong>en gesucht. SGMO und<br />

SGV kamen überein, den Projektstart allenfalls selber zu<br />

finanzieren und die Kommissionsarbeit auszuweiten. Zudem<br />

erhält die SGV nun von der Pharmaindustrie einen<br />

unrestricted grant, mit dem die Arbeit der Kommissionsmitglieder<br />

finanziert wird. Neben der grundsätzlichen<br />

Beurteilung von neuen Indikationen erhalten die Vertrauensärzte<br />

die Möglichkeit, Fragen aus ihrem Tagesgeschäft<br />

direkt einem Onkologen stellen zu können und<br />

beantworten zu lassen. Dieses Ticketing-System soll von<br />

den Kassen mitfinanziert werden, da sie sich damit eigene<br />

Recherchen ersparen. Aufgrund der Anfragen erkennt die<br />

Arbeitsgruppe, in welchen Bereichen Handlungsbedarf<br />

für Grundsatzentscheide besteht.<br />

Ärztliche Kooperation trotz unterschiedlichen Aufgaben<br />

Die Finanzierung für den Neustart und die Weiterführung<br />

der Arbeit sind fürs erste gesichert. Die Vorbereitungsarbeiten<br />

sind abgeschlossen. Die Kommission wurde auf zwei<br />

Mal sieben Mitglieder erweitert. Damit wird die Arbeit<br />

auf mehr Schultern verteilt. Die SGV und die SGMO sind<br />

überzeugt, dass so das Problem des Off label use in der Onkologie<br />

gelöst werden kann. Die konstruktive Zusammenarbeit<br />

in einem Klima von Respekt und Vertrauen zwischen<br />

zwei Partnern mit zum Teil unterschiedlichen Aufgaben ist<br />

beispielshaft. Sie zeigt, dass Ärzte miteinander tragfähige<br />

<strong>Lösung</strong>en auch ohne Unterstützung durch Behörden umsetzen<br />

können, wenn sie sich auf pragmatische <strong>Lösung</strong>en<br />

im Interesse des Patienten einigen.<br />

Korrespondenzadresse:<br />

Dr. med. Jürg Nadig MAE<br />

Präsident der <strong>Schweizer</strong>ischen Gesellschaft für<br />

Medizinische Onkologie, Facharzt für Medizinische<br />

Onkologie und Innere Medizin FMH<br />

Bannhaldenstrasse 7, CH-8180 Bülach<br />

Tel. +41 44 862 73 00<br />

juerg.nadig@hin.ch<br />

272 <strong>Schweizer</strong> Krebsbulletin • Nr. 3/2010


Cooperative Groups<br />

International Breast Cancer<br />

Study Group IBCSG<br />

Rudolf Maibach, IBCSG Coordinating Center, Berne<br />

Keywords: IBCSG, Adjuvant breast cancer,<br />

Endocrine treatment, Ovarian function suppression,<br />

Translational research, CYP2D6<br />

BIG 1-98 first results on CYP2D6 expected for<br />

SABCS<br />

The breast cancer research community is waiting to see<br />

results from analyses of BIG 1-98 tumor blocks. Amendment<br />

6 distributed in March 2009 describes the translational<br />

research program planned for the tumor blocks<br />

collected and stored in the IBCSG Tissue Bank and serves<br />

to ensure the proper patient consent to the translational<br />

research program. Over the past year, participating sites<br />

have made a major effort to reconsent patients to donate<br />

their tissue for this program, including the critical assessment<br />

of the role of CYP2D6 as a mediator of tamoxifen<br />

effectiveness. BIG 1-98 is likely to provide the definitive<br />

evidence concerning this controversial subject. We expect<br />

that the results will have an immediate and profound influence<br />

on the treatment of future patients. Genotyping<br />

is underway using DNA extracted from tumor blocks of<br />

BIG 1-98 patients to elucidate genetic determinants of<br />

inter-individual variability in efficacy and side effects of<br />

adjuvant endocrine therapies. We hypothe size that variants<br />

of CYP2D6 are associated with shorter breast cancer-free<br />

interval on tamoxifen monotherapy, and that the<br />

relation will not be observed with letrozole monotherapy<br />

as a control. The association with sequential therapies is<br />

unknown and will be explored. Several SNPs of CYP2D6<br />

will be genotyped on up to 4000 patients, and results are<br />

expected for the San Antonio Breast Cancer Symposium.<br />

CLINICAL TRIALS<br />

1. IBCSG 35-07 / SOLE<br />

SOLE (Study Of Letrozole Extension), a worldwide trial<br />

coordinated by the International Breast Cancer Study<br />

Group (IBCSG), is designed to compare extended continuous<br />

letrozole for 5 years with intermittent letrozole<br />

over a 5-year period for postmenopausal women who are<br />

disease-free following 4 to 6 years of prior adjuvant endocrine<br />

therapy with SERM(s) and/or AI(s) for endocrineresponsive,<br />

node-positive, operable breast cancer.<br />

The trial plans to enrol 4800 patients over 4 years, an ambitious<br />

goal to be reached with the active participation of<br />

BIG members. The trial was activated November 8, 2007,<br />

and by June 30, 2010, 1423 patients had been randomized,<br />

of which 129 have been recruited by Swiss centers.<br />

The Japanese Breast Cancer Research Group JBCRG has<br />

joined the trial and activation of their centers is ongoing.<br />

The next countries to be activated are India, Scotland, Slovenia,<br />

Austria and Brazil. Monthly accrual is planned to<br />

reach 100 patients in summer, and the trial will recruit<br />

until end of 2012.<br />

2. IBCSG 38-09/ BIG 3-07/ TROG DCIS<br />

This is a randomized phase III study of radiation doses<br />

and fractionation schedules for ductal carcinoma in situ<br />

(DCIS) of the breast and has been developed by the Trans<br />

Tasman Radiation Oncology Group (chair: Dr. Boon<br />

Chua). The Breast International Group (BIG) supports<br />

this trial. The National Cancer Institute of Canada Clinical<br />

Trials Group (NCIC CTG), the European Organisation<br />

for Research and Treatment of Cancer (EORTC) and the<br />

Borstkanker Onderzoek Groep (BOOG) as well as IBCSG<br />

have decided to participate.<br />

The primary objective of the study is to individualize<br />

treatment selection for women with non-low risk DCIS<br />

of the breast following breast conserving surgery in order<br />

to achieve long term disease control with minimal toxicity.<br />

Women with completely excised non-low risk ductal<br />

carcinoma in situ (DCIS) treated by breast conserving surgery<br />

suitable for adjuvant whole breast radiation therapy<br />

(RT) are eligible for the study. The hypotheses to be tested<br />

are a) Addition of a tumour bed boost to whole breast RT<br />

after breast conserving surgery reduces local recurrence<br />

rate b) Local recurrence rate after the shorter dose fractionation<br />

schedule is not greater than the standard dose<br />

fractionation schedule, and c) the use of tumour bed boost<br />

reduces psychological distress but worsens physical quality<br />

of life, cosmetic outcome and body image perception.<br />

In addition, molecular signatures predictive of invasive<br />

recurrence of DCIS and normal tissue side-effects will be<br />

sought and may have clinical utility for treatment individualisation.<br />

The planned samples size is 610 patients, but an extension<br />

to 2000 patients will be discussed in 2010. The primary<br />

endpoint of this study is the time to local recurrence and<br />

as secondary endpoints overall survival, time to disease recurrence,<br />

cosmetic outcome, radiation toxicity and quality<br />

of life will be evaluated.<br />

<strong>Schweizer</strong> Krebsbulletin • Nr. 3/2010 275


Cooperative Groups<br />

One interim analysis of the trial endpoints is planned to<br />

take place after 50% of the expected local recurrences have<br />

occurred and is expected to be completed approximately<br />

one year after the end of accrual. The main analysis of trial<br />

endpoints will take place 5 years after the end of accrual.<br />

The IBCSG Radiation Therapy Task Force headed by Dr.<br />

Günther Gruber is enthousiastic to participate in this trial.<br />

A survey among radio-oncology units in Switzerland<br />

has yielded a high interest, and the trial will be implemented<br />

widely in order to allow Swiss patients from all<br />

parts of the country to join it. The trial documentation<br />

has been distributed in summer and first sites are expected<br />

to activate in the last quarter of 2010.<br />

3. IBCSG 24-02 (BIG 2-02) / SOFT and SOFT-EST<br />

substudy<br />

The SOFT trial has been closed for accrual except for<br />

centers who participate in the SOFT-EST substudy on<br />

the evaluation of estradiol levels in the triptorelin plus<br />

tamoxifen (B) and triptorelin plus exemestane (C) arms.<br />

The cohort of 30 patients from arm B has been filled in<br />

2009 already, and by the end of June 66 patients have<br />

been recruited to the cohort of 90 from arm C. The five<br />

Swiss centers who participate in SOFT-EST continue to<br />

recruit to all SOFT arms, and are expected to motivate<br />

patients randomized to arm C to participate in the substudy.<br />

We expect to reach the target accrual towards the<br />

end of the year.<br />

4. IBCSG 25-02 / TEXT: Amendment 2<br />

Recruitment to TEXT was suspended on Nov 30, 2007,<br />

because the originally planned sample size had been<br />

reached. Amendment 2 from November 2008 allows<br />

for the inclusion of a further 600 patients, and asks for a<br />

mandatory blood draw for correlative studies. Most Swiss<br />

centers have re-opened the trial and are recruiting again.<br />

With the current accrual rate, the extended sample size of<br />

2639 will be reached in 2011.<br />

5. TEXT Bone substudy<br />

This substudy of the TEXT trial evaluates serial bone<br />

markers for bone remodeling, serial growth factors, and<br />

bone mineral density. It was distributed to selected centers<br />

on November 10, 2008 along with the TEXT amendment<br />

2. Most Swiss centers have decided to participate and to<br />

motivate their patients for participation in the substudy.<br />

Centers are urged to include all patients randomized to<br />

the parent TEXT trial. Eligibility is basically the same<br />

as for TEXT, with only a few restrictions (no fractures, no<br />

bone conservation therapy in past 6 months).<br />

Latest IBCSG publications<br />

Electronic Publications:<br />

1. Rabaglio M, Ruepp B, for the STP Steering Committee.<br />

Death due to liver failure during endocrine therapy<br />

for premenopausal breast cancer. E-pub May 2010, ACTA<br />

Oncologica.<br />

2. Phillips KA, Ribi K, Sun Z, Stephens A, Thompson<br />

A, Harvey V, Thürlimann B, Cardoso F, Pagani O, Coates<br />

AS, Goldhirsch A, Price KN, Gelber RD, Bernhard J.<br />

Cognitive function in postmenopausal women receiving<br />

adjuvant letrozole or tamoxifen for breast cancer in the<br />

BIG 1-98 randomized trial. E-pub Apr 2010, The Breast.<br />

Publications:<br />

3. Colleoni M, Cole BF, Viale G, Regan MM, Price KN,<br />

Maiorano E, Mastropasqua MG, Crivellari D, Gelber RD,<br />

Goldhirsch A, Coates AS, Gusterson BA. Classical Cyclophosphamide,<br />

methotrexate, and fluorouracil chemotherapy<br />

is more effective in triple-negative, node-negative<br />

breast cancer: results from two randomized trials of adjuvant<br />

chemoendocrine therapy for node-negative breast<br />

cancer. J Clin Oncol 28:2966-2973, 2010.<br />

4. Maiorano E, Regan MM, Viale G, Mastropasqua MG,<br />

Colleoni M, Castiglione-Gertsch M, Price KN, Gelber<br />

RD, Goldhirsch A, Coates AS. Prognostic and predictive<br />

impact of central necrosis and fibrosis in early breast cancer:<br />

Results from two International Breast Cancer Study<br />

Group randomized trials of chemoendocrine adjuvant<br />

therapy. Breast Cancer Res Treat 121:211-218, 2010.<br />

The list of all IBCSG publications can be found on<br />

IBCSG’s website www.ibcsg.org.<br />

Correspondence:<br />

Rudolf Maibach, PhD<br />

IBCSG Coordinating Center<br />

Effingerstrasse 40<br />

3008 Berne<br />

Tel. +41 31 389 91 96<br />

rudolf.maibach@ibcsg.org<br />

www.ibcsg.org<br />

276 <strong>Schweizer</strong> Krebsbulletin • Nr. 3/2010


ANZEIGE<br />

Vierjahresdaten in der chronischen myeloischen Leukämie<br />

Effektive und gut verträgliche Zweitlinientherapie<br />

mit Dasatinib bei CML-CP<br />

ASCO 2010. Die aktuellen Ergebnisse einer Langzeitstudie<br />

mit Dasatinib, die am diesjährigen<br />

ASCO a Annual Meeting vorgestellt wurde, belegen:<br />

Dasatinib (Sprycel ® ) ist bei Patienten mit<br />

chronischer myeloischer Leukämie in der chronischen<br />

Phase (CML­CP), die resistent oder intolerant<br />

auf Imatinib waren, auch nach vier Jahren<br />

der Therapie wirksam und gut verträglich. 1 Die<br />

Patienten profitierten bei Langzeitanwendung<br />

von der Zweitlinientherapie mit dem Tyrosinkinase­Inhibitor.<br />

Nach vier Jahren der Behandlung<br />

waren bei einer Dosierung von 1 mal täglich<br />

100 mg Dasatinib noch 82 % der Patienten am<br />

Leben und 66 % der Patienten waren progressionsfrei.<br />

Die chronische myeloische Leukämie (CML) ist<br />

eine hämatopoetische Erkrankung, die mit einer<br />

länger anhaltenden, symptomarmen chronischen<br />

Phase beginnt, dann in eine akzelerierte Phase<br />

übergeht, in der sich das Allgemeinbefinden der<br />

Patienten verschlechtert, und schliesslich in einer<br />

lebensbedrohlichen akuten Blastenkrise endet.<br />

Ausgangspunkt der CML ist eine maligne Entartung<br />

einer pluripotenten hämatopoetischen Stammzelle.<br />

Ursache hierfür ist in fast allen Fällen eine<br />

reziproke Translokation zwischen den Chromosomen<br />

9 und 22. Das dadurch entstehende verkürzte<br />

Chromosom 22 («Philadelphiachromosom»)<br />

enthält das abnorme BCR­ABL­Fusionsgen, das<br />

für die BCR­ABL­Tyrosinkinase kodiert. Deren<br />

Aktivität ist erhöht und spricht nicht mehr auf<br />

hemmende Signale an − die betroffene Zelle proliferiert<br />

aufgrund mangelhafter Apoptose unkontrolliert<br />

und wird damit zur Tumorzelle.<br />

Zur Behandlung der Philadelphiachromosom­positiven,<br />

chronischen myeloischen Leukämie werden<br />

Inhibitoren der BCR­ABL­Tyrosinkinase eingesetzt,<br />

welche die unkontrollierte Proliferation der CML­<br />

Zellen hemmen und deren Apoptose induzieren.<br />

Hier gilt Imatinib derzeit als Standardmedikation<br />

bei der Erstlinientherapie. Gegenüber diesem Wirkstoff<br />

können die Patienten jedoch Intoleranzen<br />

entwickeln beziehungsweise im Laufe der Behandlung<br />

Resistenzen ausbilden. In diesen Fällen ist<br />

eine alternative Therapie notwendig, mit der sich<br />

die Krankheit wirksam kontrollieren lässt und die<br />

gleichzeitig von den Patienten gut vertragen wird.<br />

tinib − die BCR­ABL­Tyrosinkinase, indem er an<br />

die aktive und inaktive Konformation des Enzyms<br />

bindet. 2,4 Darüber hinaus blockiert Dasatinib fast<br />

alle mutierten Formen dieser Proteinkinase, die<br />

sich bei Patienten nach mehrjähriger Imatinib­<br />

Therapie ausbilden können und eine Resistenz<br />

gegen diese Substanz hervorrufen. 2 Ein weiterer<br />

Angriffspunkt der Therapie sind die Kinasen der<br />

SRC­Familie, deren Aktivierung eine BCR­ABLunabhängige<br />

Imatinib­Resistenz auslösen kann. 3,4<br />

Auch die onkogenen Kinasen c­KIT, Ephrin­(EPH)­<br />

Rezeptor­Kinasen und PDGFß­Rezeptor­Kinase<br />

werden in vitro durch den Wirkstoff gehemmt. 4<br />

Dasatinib wirkt demnach als Multikinase­Inhibitor<br />

und kann so verschiedene Resistenzmechanismen<br />

umgehen, die sich gegenüber Imatinib entwickeln<br />

können.<br />

Die Therapie ist angezeigt für die Behandlung von<br />

Patienten mit Philadelphiachromosom­positiver<br />

chronischer myeloischer Leukämie (Ph+CML) in<br />

der chronischen Phase bei Progression oder mit<br />

Resistenz auf eine optimale Imatinib­Dosierung<br />

sowie in der akzelerierten Phase oder Blastenkrise<br />

bei Progression oder Resistenz auf Imatinib. Die<br />

Indikation für Dasatinib besteht auch bei Patienten<br />

mit Ph+CML in der chronischen Phase, der<br />

akzelerierten Phase oder Blastenkrise bei signifikanter<br />

Toxizität unter der Therapie mit Imatinib. 4<br />

Optimierte Therapie durch Dosisanpassung<br />

CML­Patienten können in der Praxis von der guten<br />

Wirksamkeit einer Zweitlinientherapie mit Dasatinib<br />

profitieren. Die Verträglichkeit der Behandlung<br />

lässt sich durch ein geeignetes Dosierungsschema<br />

optimieren, ohne dabei die Effektivität zu<br />

beeinträchtigen, wie die Daten einer Phase­III­<br />

Studie belegen. 5 In die Open­Label­Untersuchung<br />

wurden 670 Patienten involviert, die unter chronischer<br />

myeloischer Leukämie in der chronischen<br />

Phase (CML­CP) litten. Diese waren bereits intensiv<br />

mit Imatinib vorbehandelt worden und hatten<br />

im Verlauf dieser oft mehr als drei Jahre andauernden<br />

Therapie eine Resistenz gegenüber dem<br />

Wirkstoff entwickelt (n = 498) oder wiesen eine<br />

Intoleranz auf (n = 172). Die Studienteilnehmer<br />

wurden mit Dasatinib behandelt, und zwar randomisiert<br />

nach folgenden Dosierungsschemata:<br />

70 mg zweimal täglich (n = 168), 100 mg einmal<br />

täglich (n = 167), 140 mg einmal täglich (n = 167)<br />

oder 50 mg zweimal täglich (n = 168).<br />

Nach einer Therapiedauer von median acht Monaten<br />

zeigten die Patienten unter der Dosierung von<br />

100 mg einmal täglich signifikant weniger Pleuraergüsse<br />

in allen Schweregraden als unter der<br />

bisher empfohlenen Dosierung von 70 mg zweimal<br />

täglich (7 % versus 16 %, p = 0,024). Auch<br />

die Rate an Thrombozytopenien der Grade 3 und<br />

4 war deutlich niedriger (22 % versus 37 %;<br />

p = 0,004). Die einmal tägliche Gabe von 100 mg<br />

Dasatinib hatte zudem weniger Dosisverringerungen,<br />

Behandlungsunterbrechungen und Therapieabbrüche<br />

zur Folge als die bisherige Standarddosierung.<br />

Gleichzeitig erwies sich die 100 mg<br />

Dosierung als genauso gut wirksam wie die übrigen<br />

Dosierungsschemata: Die hämatologischen<br />

und zytogenetischen Ansprechraten, die Beständigkeit<br />

der Remissionen und das progressionsfreie<br />

Überleben waren über alle untersuchten Therapiearme<br />

vergleichbar gut. Die einmal tägliche Gabe<br />

von 100 mg Dasatinib ist somit das optimale<br />

Dosierungsschema für Patienten mit CML in der<br />

chronischen Phase.<br />

Wirksamkeit und gute Verträglichkeit<br />

in der Langzeittherapie<br />

Bei dauerhafter Anwendung haben CML­CP­Patienten,<br />

die resistent oder intolerant auf Imatinib<br />

reagieren, ebenfalls einen deutlichen Benefit von<br />

der Zweitlinientherapie mit Dasatinib in der Dosierung<br />

von 100 mg einmal täglich. Dies bestätigen<br />

die kürzlich vorgestellten Vierjahresdaten der<br />

oben erwähnten Studie: 1<br />

• Nach 24 Monaten (letzte Bewertung) zeigten<br />

92 % der Patienten ein komplettes hämatologisches<br />

Ansprechen (CHR), d. h., ihr Blutbild war<br />

normalisiert. 63 % wiesen eine weitgehende<br />

(MCyR), 50 % eine vollständige zytogenetische<br />

Response auf (CCyR) − Philadelphiachromosome<br />

waren also nur noch in sehr wenigen Zellen<br />

beziehungsweise gar nicht mehr nachweisbar.<br />

Damit erwies sich die einmal tägliche Dosierung<br />

von 100 mg auch langfristig als ebenso effektiv<br />

wie die übrigen Dosierungsschemata (Abb. 1).<br />

• Nach 42 Monaten (letzte Bewertung) sprachen<br />

Dasatinib − auch bei Resistenz<br />

gegen Imatinib wirksam<br />

Abb. 1 Vollständiges hämatologisches Ansprechen<br />

Eine Option, um Patienten mit chronischer myeloischer<br />

Leukämie im Rahmen einer Zweitlinien­<br />

zytogenetisches Ansprechen (CCyR) auf die Behand­<br />

(CHR) sowie weitgehendes (MCyR) und vollständiges<br />

therapie effektiv zu behandeln, bietet der im Jahr lung mit Dasatinib in den Dosierungen von 100 mg/<br />

2006 zugelassene Tyrosinkinase­Inhibitor der zweiten<br />

Generation Dasatinib (Sprycel ® ). Der Wirk stoff und 50 mg/2 x täglich. Die Responseraten waren in 44 % der Patienten weitgehend molekular auf<br />

1 x täglich, 70 mg/2 x täglich, 140 mg/1 x täglich<br />

hemmt 278 effektiv − in vitro 325­mal stärker als Ima­<br />

allen untersuchten Therapiearmen vergleichbar gut. 1 die Behandlung <strong>Schweizer</strong> an (MMR), Krebsbulletin das BCR­ABL­Gen­<br />

• Nr. 3/2010


produkt war also mittels PCR nur noch in wenigen<br />

Leukozyten nachweisbar.<br />

• Nach zwölf Monaten waren 91 %, nach 24 Monaten<br />

81 %, nach 36 Monaten 73 % und nach<br />

48 Monaten noch 66 % der Patienten progressionsfrei.<br />

Die Progression der Erkrankung war<br />

definiert als ansteigende Zahl an weissen Blutzellen,<br />

Verlust von CHR oder MCyR, mindestens<br />

30 %iger Anstieg der Ph(+)­Metaphasen, Übergang<br />

in die Akzelerations­ oder Blastenphase<br />

(AP/BP) oder Tod.<br />

• Im vierten Jahr kam es in keinem Fall zu einem<br />

Übergang in die Akzelerationsphase oder Blastenkrise<br />

(AP/BC­Progression). Über die gesamte<br />

Studiendauer von 48 Monaten schritt die<br />

Erkrankung bei 3,6 % der Patienten dementsprechend<br />

fort.<br />

• Das Ausmass der Response nach sechs bzw.<br />

zwölf Monaten erwies sich als guter Prädiktor<br />

für das progressionsfreie Überleben nach 48 Monaten.<br />

So waren von denjenigen Patienten, die<br />

nach sechs Monaten eine vollständige zytogenetische<br />

Response aufwiesen, 93 % am Ende<br />

der Studie noch progressionsfrei gegenüber<br />

67 % derjenigen, die nach sechs Monaten nur<br />

eine partielle zytogenetische Response zeigten.<br />

• Nach 48­monatiger Therapie mit Dasatinib in<br />

der Dosierung von 100 mg einmal täglich waren<br />

noch 82 % der Patienten am Leben.<br />

Gleichzeitig erwies sich die Therapie auch über die<br />

Dauer von vier Jahren als verträglich und sicher:<br />

Nichthämatologische Nebenwirkungen verliefen<br />

in der Regel mild bis moderat und traten unter der<br />

Dosierung von 100 mg einmal täglich vor allem<br />

in den ersten 24 Monaten auf. Die Rate an Pleuraergüssen<br />

sank beispielsweise von 15 % in den<br />

ersten 24 Monaten auf 2 % zwischen Monat 36<br />

und 48 ab. Auch unerwünschte hämatologische<br />

Abb. 2 Zytopenien Grad 3/4 unter Dasatinib bei einmal<br />

täglicher Dosierung von 100 mg. Im Laufe der Therapie<br />

mit dem Tyrosinkinase­Hemmer sank die Rate<br />

der hämatologischen Nebenwirkungen deutlich. 1<br />

Effekte waren vor allem in der ersten Zeit der<br />

Behandlung nachweisbar (Abb. 2). So verringerte<br />

sich die Rate der Neutropenien (Grad 3/4) von<br />

33 % während der ersten zwölf Monate auf 0,6 %<br />

zwischen Monat 24 und 36 sowie 0 % zwischen<br />

Monat 36 und 48. Auch der Anteil der Patienten,<br />

die eine Thrombozytopenie (Grad 3/4) entwickelten,<br />

konnte im Verlauf der Therapie von 22 % in<br />

den ersten zwölf Monaten auf 1,2 % zwischen<br />

Monat 24 und 36 sowie 0 % in den letzten zwölf<br />

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Monaten reduziert werden. In ähnlicher Weise<br />

sanken die Leukopenie­ und Anämieraten über die<br />

Dauer der Behandlung. Die Zahl der Therapieabbrüche<br />

infolge von Nebenwirkungen nahm<br />

ebenfalls kontinuierlich ab, und zwar von 10 % im<br />

ersten Jahr über 4,1 % und 3,9 % im zweiten bzw.<br />

dritten Jahr auf 2,4 % im vierten Jahr der Behandlung.<br />

Was bedeutet dies für die Praxis?<br />

Dasatinib ist auch bei langfristiger Anwendung<br />

eine effektive, sichere und verträgliche Therapieoption<br />

für Patienten mit Philadelphiachromosompositiver,<br />

chronischer myeloischer Leukämie, die<br />

nicht oder nicht mehr auf Imatinib ansprechen<br />

oder eine Unverträglichkeit gegenüber dem Wirkstoff<br />

entwickelt haben. Die Dosierung des Tyrosinkinase­Inhibitors<br />

von 100 mg einmal täglich weist<br />

bei der Behandlung von CML in der chronischen<br />

Phase das beste Risiko­Nutzen­Profil auf, wobei<br />

das Präparat unabhängig von den Mahlzeiten<br />

morgens oder abends oral eingenommen werden<br />

kann. Für die Therapie von Patienten, die sich in<br />

der akzelerierten Phase oder der Blastenkrise befinden,<br />

wird eine Dosierung von 70 mg zweimal<br />

täglich empfohlen. 4 Die Anwendung von Dasatinib<br />

als Erstlinientherapie bei Patienten mit chronischer<br />

myeloischer Leukämie in der chronischen Phase<br />

wird derzeit überprüft. 6<br />

a ASCO Annual Meeting, 4.– 8.6.2010, Chicago<br />

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Referenzen<br />

1. Shah NP, et al. Four­year follow­up of patients with chronic­phase chronic myeloid leukemia (cp­cml) receiving dasatinib 100 mg once daily. Presented at the ASCO Annual Meeting, June 4–8,<br />

2010, Chicago, IL, USA. 2. O’Hare T, et al. In vitro activity of Bcr­Abl Inhibitors AMN107 and BMS­354825 against clinically relevant imatinib­resistant Abl kinase domain mutants. Cancer Res 2005;<br />

65 (11): 4500−5. 3. Donato JN, et al. BCR­ABL independence and LYN kinase overexpression in chronic myelogenous leukemia cells selected for resistance to STI571. Blood 2003; 101: 690−8.<br />

4. Fachinformation Sprycel ® (Januar 2010). 5. Shah NP, et al. Intermittent target inhibition with dasatinib 100 mg once daily preserves efficacy and improves tolerability in imatinib­resistant and<br />

­intolerant chronic­phase chronic myeloid leukemia. J Clin Oncol. 2008; 26: 3204−12. 6. Kantarjian H, et al. Dasatinib compared to imatinib in patients with newly diagnosed chronic­phase chronic<br />

myelogenous leukemia in chronic phase (CML­CP): 12­month efficacy and safety from the phase 3 DASISION study [abstract no. LBA6500]. ASCO Annual Meeting, June 4–8, 2010, Chicago, IL, USA.<br />

Redaktion: Dr. Ellen Heitlinger, H+O communications ag<br />

Die Veröffentlichung dieses Interviews wurde durch eine finanzielle Unterstützung von Bristol­Myers Squibb ermöglicht.<br />

Dasatinib ist in der Schweiz unter dem Namen Sprycel ® im Handel erhältlich.<br />

Weitere Informationen entnehmen Sie bitte dem Arzneimittelkompendium der Schweiz 2010 (www.documed.ch).<br />

Kontakt: Bristol­Myers Squibb SA, Neuhofstrasse 6, 6341 Baar, Telefon +41 41 767 72 00 Fax +41 41 767 73 05<br />

SPRYCEL Kurzfachinformation<br />

Produkt: SPRYCEL ® (Dasatinib). Indikation: Behandlung von Patienten mit Philadelphiachromosom­positiver chronischer myeloischer Leukämie (Ph+CML) in der chronischen Phase bei Progression<br />

oder Resistenz auf optimale Imatinib­Dosierung, in der akzelerierten Phase oder Blastenkrise bei Progression oder Resistenz auf Imatinib. Behandlung von Patienten mit Ph+CML in der chronischen<br />

Phase, der akzelerierten Phase oder Blastenkrise bei signifikanter Toxizität unter Therapie mit Imatinib. Dosierung/Anwendung: In der chronischen Phase der Ph+CML ist die empfohlene Dosierung<br />

1 x täglich 100 mg oral, regelmässig morgens oder abends, mit oder ohne Mahlzeit. In der akzelerierten Phase oder Blastenkrise der Ph+CML ist die empfohlene Dosierung 2 x täglich 70 mg oral,<br />

mit oder ohne Mahlzeit. Spezielle Dosierungsanweisungen: In der chronischen Phase der Ph+CML wird empfohlen, bei ANC < 0.5 x 10 9 /l und/oder Plättchen < 50 x 10 9 /l, die Behandlung bis<br />

zur Erholung auf ANC ≥ 1.0 x 10 9 /l und Plättchen ≥ 50 x 10 9 /l zu unterbrechen, dann erfolgt die Wiederaufnahme der Behandlung mit der ursprünglichen Dosis. Bei Werten für Plättchen < 25 x 10 9 /l<br />

und/oder Wiederauftreten von ANC < 0.5 x 10 9 /l erfolgt ein Behandlungsunterbruch und anschliessend wird die Behandlung mit einer auf 80 mg einmal täglich reduzierten Dosis wieder aufgenommen<br />

(zweite Episode) bzw. die Behandlung eingestellt (dritte Episode). In der akzelerierten Phase und Blastenkrise der Ph+CML wird empfohlen, bei ANC < 0.5 x 10 9 /l und/oder Plättchen < 10 x 10 9 /l, die<br />

Behandlung bis zur Erholung auf ANC ≥ 1.0 x 10 9 /l und Plättchen ≥ 20 x 10 9 /l zu unterbrechen, dann erfolgt die Wiederaufnahme der Behandlung mit der ursprünglichen Dosis. Bei Wiederauftreten<br />

der Zytopenie erfolgt ein Behandlungsunterbruch und anschliessend wird die Behandlung mit einer auf 50 mg 2 x täglich reduzierten Dosis wieder aufgenommen bzw. mit 40 mg 2 x täglich, wenn<br />

bereits vorher eine Dosisreduktion erfolgte. Falls eine schwerwiegende nicht­hämatologische unerwünschte Wirkung auftritt, muss Dasatinib solange abgesetzt werden, bis die Reaktion abgeklungen<br />

ist. Abhängig vom Schweregrad des ursprünglichen Ereignisses kann danach die Behandlung, falls angemessen, mit reduzierter Dosis wieder aufgenommen werden. Kontraindikationen: Überempfindlichkeit<br />

gegenüber dem Wirkstoff oder einem der Hilfsstoffe gemäss Zusammensetzung. Schwangerschaft und Stillen. Warnhinweise / Vorsichtsmassnahmen: Die häufigsten und dosislimitierenden<br />

unerwünschten Wirkungen von Dasatinib sind Neutropenie Grad 3/4 und Thrombozytopenie Grad 3/4. Patienten unter Behandlung mit Thrombozytenaggregationshemmern oder Antikoagulantien<br />

wurden von der Teilnahme an klinischen Studien mit SPRYCEL ® ausgeschlossen. Dasatinib sollte nicht gleichzeitig mit anderen das Blutungsrisiko erhöhenden Arzneimitteln verabreicht werden. Flüssigkeitsretention<br />

war bei 6 % der Patienten schwer ausgeprägt und Pleura­ und Perikardergüsse, Aszites, generalisierte Ödeme und Lungenödeme nicht­kardialer Genese wurden beobachtet. Eine QT­<br />

Verlängerung wurde in klinischen Studien beobachtet. Interaktionen: Dasatinib wird hauptsächlich über das Isoenzym CYP 3A4 metabolisiert, was eine Vielzahl von möglichen Arzneimittelwechselwirkungen<br />

zur Folge haben kann. Wir bitten um Beachtung der ausführlichen Beschreibung in der Fachinformation. Unerwünschte Wirkungen: Bei der Mehrheit der Patienten unter Behandlung<br />

mit Dasatinib traten unerwünschte Wirkungen auf. Die meisten Reaktionen waren leichter bis mittelschwerer Natur. Ein Absetzen der Medikation war bei durchschnittlich 8 % der Patienten erforderlich.<br />

Die am häufigsten berichteten unerwünschten Wirkungen waren Ödeme / Flüssigkeitsansammlung (inklusive Pleuraerguss), Durchfall, Ausschlag, Kopfschmerzen, Blutung, Müdigkeit, Übelkeit, Dyspnoe,<br />

Muskel­/Skelettschmerzen und Fieber. Dosislimitierend war Myelosuppression mit Thrombozytopenie und Neutropenie. Über eine febrile Neutropenie wurde bei 5 % der Patienten berichtet. Wir bitten<br />

um Beachtung der ausführlichen Beschreibung in der Fachinformation. Packungen: SPRYCEL ® Filmtabletten zu 20mg, 50mg und 70mg, HDPE­Flaschen zu 60 Filmtabletten; Filmtabletten zu 100 mg,<br />

HDPE­Flaschen zu 30 Filmtabletten (A). Kassenzulässig. Die vollständige Fachinformation finden Sie unter: www.kompendium.ch. Literatur auf Anfrage erhältlich bei: Bristol­Myers Squibb SA, Neuhofstrasse<br />

<strong>Schweizer</strong> 6, Krebsbulletin 6341 Baar • Nr. 3/2010 279


Der seltene Fall<br />

Synchronous occurrence<br />

of gastric schwannoma and<br />

small-intestinal GIST in a<br />

patient with prior diagnosis<br />

of acute promyelocytic<br />

leukemia and prolonged<br />

administration of all-trans<br />

retinoic acid: a case report<br />

Tammo Bartnick, Alexandre Christinat, Beat Bühler,<br />

Emanuele Zucca<br />

IOSI - Istituto Oncologico della Svizzera italiana,<br />

Ospedale Regionale di Locarno e Ospedale Regionale<br />

di Bellinzona e Valli<br />

Keywords: Acute promyelocytic leukemia, ATRA,<br />

Schwannoma, GIST<br />

Figure 1. Preoperative CT scan shows an endoluminal mass in<br />

the gastric antrum with a diameter of about 2.5 cm<br />

Case report<br />

Figure 2. Preoperative CT scan shows an endoluminal mass in<br />

the proximal jejunum with a diameter of 3.5 cm<br />

We present the case of a 63 year old woman, who in 1983,<br />

at the age of 37, was diagnosed with acute promyelocytic<br />

leukemia (APL), M3 according to the French-American-<br />

British (FAB) classification.<br />

The first induction-therapy with daunorubicin and cytosine<br />

arabinoside (Ara-C) was followed by a consolidationtherapy<br />

with high doses of Ara-C and etoposide (VP-16)<br />

in 1984 and a complete remission was achieved.<br />

She had a first APL relapse in May 1990 and was treated<br />

with daunorubicin, Ara-C and vincristine. This treatment<br />

resulted in an only partial remission, and was followed,<br />

from December 1990, by the administration of<br />

all-trans retinoic acid (ATRA), 45 mg/m 2 day, which<br />

after 6 months converted the partial remission into a<br />

complete one. ATRA maintenance was continued until<br />

March 1993.<br />

A second APL relapse was documented in July 1993. Chemotherapy<br />

with idarubicin, amsacrine (m-AMSA) and<br />

VP-16, was started, determining a partial response. Allogeneic<br />

transplant was considered but no adequate donors<br />

were found. ATRA treatment was then restarted, rapidly<br />

resulting in a new complete remission. Considering that<br />

the disease had previously relapsed only a few months after<br />

ATRA discontinuation, and since treatment was tolerated<br />

very well with no symptoms related to known side<br />

effects, the patient refused to interrupt it until 2003. In<br />

all subsequent clinical and hematological follow-up examinations,<br />

no further relapse was documented and the<br />

patient is still in a complete remission of leukemia.<br />

In June 2009, a gynecological exam revealed the presence<br />

of free fluid in the pouch of Douglas, in a subsequent abdominal<br />

CT scan no gynecological lesions were described,<br />

<strong>Schweizer</strong> Krebsbulletin • Nr. 3/2010 281


Der seltene Fall<br />

but two endoluminal vegetations were found in the gastric<br />

antrum (with a diameter of about 2.5 cm) and a larger<br />

one (with a diameter of about 3.5 cm) in the proximal<br />

jejunum [Figure 1 and 2]. Endoscopic biopsy of both lesions<br />

was taken. The histological exam of the gastric one<br />

showed a fused cells tumor with a very low proliferation<br />

index and without invasion of the mucosa. The immunohistochemical<br />

profile was positive for S-100 and negative<br />

for CD34 and CD117 and the diagnosis of a mesenchymal<br />

tumor, compatible with a schwannoma, was established.<br />

The jejunum lesion also did not show invasion of the<br />

mucosa, and was constituted of a uniform population of<br />

spindle-shaped cells with a focal extension under the mesothelial<br />

lamina of the visceral peritoneum. The immunohistochemical<br />

panel was negative for S-100 and positive<br />

for CD34 and CD117, the proliferation index was very<br />

low, and the diagnosis of a mesenchymal tumor, compatible<br />

with a gastrointestinal stromal tumor (GIST), was<br />

established. These diagnoses, suggestive for two distinct<br />

neoplastic processes, were later confirmed after a Billroth<br />

II gastrectomy with Roux-en-Y anastomosis and a segmental<br />

jejunal resection in November 2009. The resected<br />

regional lymph nodes resulted negative for neoplastic tissue.<br />

The postoperative course was uncomplicated and the<br />

patient was dismissed.<br />

Before surgery, PET-CT scans showed a moderate positivity<br />

for the two known lesions, but no other suspicious lesions.<br />

In a follow-up CT scan in June 2010, there was no<br />

evidence of relapse.<br />

Discussion<br />

We describe the rare case of a patient who developed concomitantly<br />

a gastric schwannoma and a duodenal GIST 26<br />

years after the first diagnosis of acute promyelocytic leukemia<br />

(APL) repeatedly treated with aggressive chemotherapy<br />

for several relapses and with maintenance therapy<br />

with ATRA protracted for about 12 years.<br />

Acute myeloblastic leukemia (AML) in European adults<br />

represents 5–8 cases per 100 000 yearly and the mortality<br />

figures 4–6 cases per 100 000. A relatively rare subtype<br />

of acute myeloid leukemia is APL, which comprises<br />

about 6%-10% of all AMLs with distinctive morphology<br />

and clinical presentation with coagulopathy [1]. It was<br />

termed M3 in the French–American–British (FAB) criteria<br />

established in 1976 and based on morphology and immunophenotyping.<br />

Nowadays, this disease entity is more<br />

precisely defined by the presence of the t(15;17) (q22;q12)<br />

chromosomal translocation affecting the retinoic acid receptor<br />

alpha gene (RARα) [2].<br />

Acute promyelocytic leukemia was first described in 1957<br />

[3]. During the 1950s through 1970s APL had a 100%<br />

mortality rate primarily due to severe hypofibrinogenopenia<br />

as a result of primary fibrinolysis and disseminated<br />

intravascular coagulation which frequently caused intracerebral<br />

hemorrhage. After the introduction of daunorubicin-based<br />

chemotherapy regimens, the induction of complete<br />

remissions in about the majority of the APL cases<br />

became possible, with a median duration of remission of<br />

more than 2 years [4, 5].<br />

Further treatment progress followed the demonstration<br />

that retinoic acid induces terminal granulocytic differentiation<br />

of human promyelocytic leukemia cells [6] and<br />

that the abnormal accumulation of immature promyelocytes<br />

in APL is linked to chromosomal aberrations involving<br />

the retinoic acid receptor alpha gene. In the late 1980s<br />

it was discovered that the consistent chromosomal aberrations<br />

of APL, t(15;17) (q22;q12) [7], fuses the RARα<br />

gene on chromosome 17 to the promyelocytic leukemia<br />

(PML) gene on chromosome 15, generating the fusion<br />

protein PML-RAR [8-11].<br />

This genetic alteration renders the neoplastic cells particularly<br />

sensitive to ATRA, which induces differentiation<br />

of the leukemic cells into mature granulocytes. The<br />

incorporation of ATRA in induction therapy represented<br />

indeed an important progress in APL, which decreased<br />

the risk of early hemorrhagic complications and death<br />

and enhanced the long term response rate and survival<br />

[12, 13]. APL has nowadays become the most curable<br />

AML subtype in adults and the role of ATRA in its<br />

treatment is considered a paradigm of targeted therapy.<br />

ATRA with anthracycline-based chemotherapy for induction<br />

and consolidation followed by ATRA plus lowdose<br />

chemotherapy maintenance is the current standard<br />

for newly diagnosed patients [14].<br />

Stromal or mesenchymal neoplasms affecting the gastrointestinal<br />

(GI) tract constitute


Der seltene Fall<br />

ATRA, a vitamin A metabolite, takes part in the control<br />

of normal cell growth, cell differentiation, and cell death<br />

during embryonic development and in certain tissues later<br />

in life. For example the induction of glandular differentiation<br />

of the oesophagus was demonstrated [20]. In vertebrates,<br />

ATRA has a relevant role in the early development<br />

of the nervous system, stimulating neuronal differentiation<br />

and inducing the expression of neuronal proteins [21,<br />

22]. In the embryo, ATRA is essential in the support of<br />

neuronal survival, migration, and differentiation [21].<br />

ATRA acts by binding to nuclear retinoic acid receptors<br />

(RARs), which alter gene transcription, however, the<br />

genes that lie downstream of ATRA and its receptors in<br />

neuronal cells are largely unknown [21]. Neuroblastoma<br />

cell lines can be induced to differentiate along many neural<br />

crest cell lineages like chromaffin cells, Schwann cells,<br />

melanocytes and neurons [23, 24] and ATRA has been<br />

thoroughly described in vitro to act as a neuronal differentiation<br />

inducer [25].<br />

Whether the long term administration of ATRA in vivo<br />

has played a role in promoting the growth of the stromal<br />

and peripheral nerve sheath tumors remains arguable. We<br />

found no reports in the literature.<br />

In a recent efficacy and safety study of ATRA in combination<br />

with arsenic trioxide in newly diagnosed APL, the<br />

toxicity profile was mild and reversible and no secondary<br />

carcinoma was observed, but the follow-up was limited<br />

to 24 months post-treatment [26]. Rare therapy-related<br />

myelogenous leukemias and myelodysplastic syndromes<br />

in APL patients have been described [27] but the development<br />

of stromal and peripheral nerve sheath tumors is not<br />

a known long term effect of anthracycline or cytarabine<br />

treatment. An increased risk of developing acute myeloid<br />

leukemias [28], as well as other solid cancers [29], has<br />

recently been reported in patients with GIST; but, on the<br />

other hand, a predisposition for developing gastrointestinal<br />

mesenchymal tumors in patients presenting APL has<br />

not yet been reported. A few cases of schwannoma developed<br />

following treatment for Hodgkin disease have been<br />

reported [30, 31], and we found only one case report of<br />

concomitant GIST and APL in the literature [32]. Nevertheless,<br />

in this patient, the maintenance treatment with<br />

ATRA was extended for about 12 years and the synchronous<br />

occurrence of a gastric schwannoma and small bowel<br />

GIST some years later seems worth to be reported.<br />

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myelodysplastic syndromes in adult patients: ESMO Clinical Practice<br />

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<strong>Schweizer</strong> Krebsbulletin • Nr. 3/2010 283


Der seltene Fall<br />

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coexisted with acute promyelocytic leukemia: a case report. Chin Med J<br />

(Engl) 2008; 121: 1852-1853.<br />

Correspondence address:<br />

Dr. Emanuele Zucca<br />

Oncology Institute of Southern Switzerland (IOSI)<br />

Ospedale S. Giovanni<br />

CH-6501 Bellinzona<br />

ielsg@ticino.com<br />

Confidence<br />

Early and<br />

Metastatic<br />

Breast Cancer<br />

Aromasin ® (exemestane). Indications: Adjuvant treatment of postmenopausal invasive early breast cancer following at least 2 years of initial Tamoxifen treatment. Treatment of advanced postmenopausal breast cancer. Posology: 25 mg/day. Advanced breast cancer: until progression. Early breast cancer:<br />

until completion of fi ve years of hormonal therapy or until tumour relapse. Contraindication: Hypersensitivity against active or inactive ingredient, premenopausal hormonal status, pregnancy and lactation. Precautions: Confi rmed postmenopausal status. In case of osteoporosis or risk of osteoporosis:<br />

assessment of bone mineral density before treatment and regularly thereafter. Precaution with severe renal insuffi ciency. Possible impairment on ability to drive and use machines. Undesirable effects: Hot fl ushes, increased sweating, increased appetite, anorexia, insomnia, depression, head ache, fatigue,<br />

dizziness, carpal tunnel 284 syndrome, hypertension, gastrointestinal disorders, rash, alopecia, joint-, musculoskeletal and general pain, peripheral oedema, decrease of lymphocytes, elevation of liver enzymes. Interaction: Estrogens. <strong>Schweizer</strong> Presentations: Krebsbulletin Sugar coated tablets • Nr. 25 mg: 3/2010 15, 30 and 90. Sales category<br />

B. Marketing authorisation holder: Pfi zer AG, Zurich. For detailed information refer to Swiss drug compendium. (LPD V001)<br />

IPM 76130-071-Sep09


11th INTERNATIONAL CONFERENCE<br />

ON MALIGNANT LYMPHOMA<br />

Lugano, Switzerland, June 15-18, 2011<br />

11-ICML<br />

Venue and date:<br />

Palazzo dei Congressi, Lugano, Switzerland<br />

June 15-18, 2011<br />

Important deadlines: January 31, 2011: abstract submission<br />

February 28, 2011: early registration<br />

April 29, 2011: group registration<br />

Conference President:<br />

Prof. Dr. F. Cavalli<br />

Medical Director, IOSI<br />

Ospedale San Giovanni, CH-6500 Bellinzona<br />

Tel: +41 91 811 86 66 / Fax: +41 91 811 80 56<br />

e-mail: iosi. direzione@eoc. ch - www.iosi.ch<br />

Organizing Committee: Prof. Dr. M. Ghielmini (Bellinzona) - chairman<br />

J.O. Armitage (Omaha)<br />

F.E. Cotter (London)<br />

M.F. Fey (Bern)<br />

R. Gascoyne (Vancouver)<br />

M.K. Gospodarowicz (Toronto)<br />

P.W.M. Johnson (Southampton)<br />

E. Zucca (Bellinzona)<br />

For any information,<br />

please contact:<br />

Cristiana Brentan<br />

11-ICML Secretariat, IOSI<br />

Ospedale San Giovanni, CH-6500 Bellinzona<br />

Tel: +41<br />

91 922 05<br />

/ Fax:+41 91<br />

922<br />

20<br />

<strong>Schweizer</strong> Krebsbulletin • Nr. 3/2010 285<br />

75<br />

e-mail: cristiana.brentan@lymphcon.ch<br />

www.lymphcon.ch<br />

84


15. Internationales Seminar<br />

„Palliativbetreuung von Tumorkranken“<br />

28. - 30. April 2011, Kartause Ittingen, Warth b. Frauenfeld / Schweiz<br />

Für Pflegende, Ärzte und weitere Interessierte<br />

Seminarziele und -Leitung:<br />

• Interdisziplinäre und interprofessionelle Auseinandersetzung mit fachspezifischen, gesellschaftlichen und gesundheitspolitischen<br />

Aspekten im Kontext Palliative Betreuung<br />

• Förderung der wirksamen, interdisziplinären Zusammenarbeit und Kommunikation<br />

• Aufarbeitung ausgewählter Aspekte aus der Symptomkontrolle sowie der psychosozialen und seelsorgerlichen Begleitung in der<br />

Palliativen Betreuung<br />

• Reflexion moralisch-ethischer Aspekte in der Palliativen Betreuung<br />

Dr. Agnes Glaus, PhD, Pflege-Expertin, Tumor- und Brustzentrum ZeTuP, St. Gallen (CH)<br />

Dr. med. Daniel Büche / Dr. med. Steffen Eychmüller, Palliativzentrum, Kantonsspital, St. Gallen (CH)<br />

Dr. med. Gerda Hofmann-Wackersreuther, Palliativstation, Klinikum Nord, Nürnberg (DE)<br />

Ulrich Oechsle, Theologe, Logotherapeut, Existenzanalytiker, eigene Praxis, Nürnberg (DE)<br />

Prof. Dr. med. Hans-Jörg Senn, Tumor- und Brustzentrum ZeTuP, St. Gallen (CH)<br />

14. Internationales Seminar<br />

«Onkologische Pflege –<br />

Fortgeschrittene Praxis»<br />

25. - 26. August 2011, Universität St. Gallen / Schweiz<br />

Seminarziele und -Leitung:<br />

• Wissen aus Forschung und Literatur vermehren und vertiefen<br />

• Eigene Pflegepraxis reflektieren und mit dem existierenden Wissen vergleichen<br />

• Erkennen, welche Veränderungen in der eigenen Pflegepraxis nötig sind<br />

Dr. Agnes Glaus, PhD, Pflege-Expertin, Tumor- und Brustzentrum ZeTuP, St. Gallen (CH)<br />

Monica Fliedner, MSN, Pflege-Expertin, Inselspital, Bern (CH)<br />

Bernhard Glawogger MSc, Oberpfleger, Universitätsklinikum, Graz (AT)<br />

Elke Irlinger, MHSc, Pflege-Expertin, Stuttgart (DE) und Zürich (CH)<br />

Informationen: Kongress-Sekretariat / DESO<br />

c/o Tumor- und Brustzentrum ZeTuP, Frau Gabi Laesser<br />

Rorschacherstr. 150, CH-9006 St. Gallen, Schweiz<br />

Tel. + 41 (0)71 243 0032 – Fax + 41 (0)71 245 6805<br />

Mail deso@oncoconferences.ch - Web www.deso.oncoconferences.ch<br />

✂<br />

Bitte senden Sie mir das Detail-Programm für:<br />

❏ 15. Internationales Seminar: «Palliativbetreuung von Tumorkranken»<br />

❏ 14. Internationales Seminar: «Onkologische Pflege – Fortgeschrittene Praxis»<br />

Name<br />

Vorname<br />

Adresse<br />

PLZ Stadt Land<br />

E-mail<br />

286 <strong>Schweizer</strong> Krebsbulletin • Nr. 3/2010


Kongressberichte<br />

Das interdisziplinäre Knochen-<br />

und Weichteil tumorzentrum<br />

der Uni ver sität Basel<br />

(KWUB) stellt sich der<br />

Öffentlichkeit dar<br />

Fritz Hefti, Chefarzt Kinderorthopädische<br />

Universitätsklinik, Universitätskinderspital<br />

beider Basel (UKBB)<br />

Keywords: Musculoskeletal diseases, Bone Neoplasms,<br />

Soft Tissue Neoplasms, Sarcomas, Interdisciplinary<br />

Communication<br />

Tumoren am Bewegungsapparat sind selten. Ihre malignen<br />

Varianten repräsentieren nur ca. 2% aller bösartigen<br />

Geschwulste – im Vergleich zu den häufigen Karzinomen<br />

wie Bronchus-, Mamma- oder Prostata- oder Colonkarzinomen<br />

sind sie eine ausgesprochene Rarität. Ein Allgemeinpraktiker<br />

wird vielleicht unter etwa 10’000 Erkrankungen<br />

nur einen solchen Tumor bei einem Patienten<br />

sehen [1]. In USA wurde errechnet, dass pro Jahr neben<br />

184‘000 Brust- und 164‘000 Lungenkarzinomen etwa<br />

8100 Weichteil- und 2500 Knochensarkome auftreten<br />

[2]. Die Klassifikation der WHO unterscheidet 54 Arten<br />

von Knochen- und 83 von Weichteiltumoren [3]. Hinzu<br />

kommen noch mehrere unterschiedliche tumorähnliche<br />

Läsionen. Es handelt sich also nicht nur um seltene Tumoren,<br />

sondern sie treten auch in grosser Variabilität auf.<br />

Hinzu kommt das Problem, dass der Bewegungsapparat<br />

ein sehr grosses Organ mit sehr unterschiedlichen anatomischen<br />

Anteilen ist, weshalb Diagnostik und Therapie<br />

solcher Tumoren sehr komplex und anspruchsvoll ist.<br />

Aus diesem Grund wurde vor 5 Jahren an der Universität<br />

Basel vom Schreibenden zusammen mit dem Knochen-<br />

Pathologen G. Jundt das interdisziplinäre Knochen- und<br />

Weichteiltumorzentrum (KWUB) gegründet. Alle an der<br />

Diagnostik und Behandlung solcher Tumoren beteiligten<br />

Ärzte treffen sich seither 14täglich am Dienstag um 17.30h<br />

im Institut für Pathologie und besprechen die aktuellen Fälle.<br />

Sinnvoll ist dies schon vor der Einleitung von aufwändiger<br />

Diagnostik, da diese dann gezielter erfolgen kann.<br />

Da die bösartigsten Formen der Sarkome typischerweise<br />

bei Kindern und Jugendlichen auftreten, hat sich die Tumorbehandlung<br />

primär im Universitätskinderspital beider<br />

Basel (UKBB) entwickelt. Die Behandlungskompetenz<br />

wurde vom UKBB auch für Erwachsene zur Verfügung<br />

gestellt. In den letzten 10 Jahren wurden (v.a. im Kantonsspital<br />

Bruderholz, aber auch im Universitätsspital=USB)<br />

Hunderte von erwachsenen Patienten durch die Ärzte des<br />

UKBB behandelt. Mit dem KWUB haben wir ein Forum<br />

geschaffen, welches die Kompetenzen sowohl der Kinderwie<br />

auch der Erwachsenenmediziner vereint. Es ist Teil<br />

des Behandlungszentrums Bewegungsapparat am Universitätsspital<br />

und wurde als <strong>eines</strong> von bislang erst 4 interdisziplinären<br />

Behandlungszentren von der internationalen<br />

Arbeitsgemeinschaft für Knochentumoren (AGKT)<br />

anerkannt.<br />

Das Symposium<br />

Am 20. Mai dieses Jahres hat sich das KWUB im Rahmen<br />

<strong>eines</strong> kleinen Symposiums der interessierten Öffentlichkeit<br />

vorgestellt. Vortragende waren die Mitglieder des<br />

KWUB und ein sehr prominenter Gastredner. U. Studler<br />

(Radiologe am USB) sprach zum Thema «Braucht es für<br />

die Tumordiagnostik einen spezialisierten Radiologen?»<br />

und konnte klar zeigen, dass sich ein Radiologe intensiv<br />

mit der Problematik der Knochen- und Weichteiltumoren<br />

beschäftigen muss, um für den Kliniker wertvolle<br />

Aussagen machen zu können.<br />

Im Anschluss sprach G. Jundt, der auf Knochen- und<br />

Weichteiltumoren spezialisierte Pathologe an der Universität<br />

Basel und Leiter des seit 1972 bestehenden Knochentumor-Referenzzentrums<br />

der <strong>Schweizer</strong>ischen Gesellschaft<br />

für Pathologie, in welchem inzwischen mehr als<br />

15‘000 Knochentumoren registriert sind. G. Jundt sprach<br />

über «Enorme Vielfalt der Tumoren am Bewegungsapparat<br />

– wie findet man darin Ordnung?». Er wies auf die<br />

Schwierigkeiten der Klassifikation bei der grossen Vielfalt<br />

der Läsionen hin. Biologische Erkenntnisse führen auch<br />

dazu, dass die therapierelevante Klassifikation immer weiter<br />

verfeinert und gelegentlich auch geändert wird. Herr<br />

Jundt zeigte auf, dass der Tumor nicht überall die gleiche<br />

Morphologie aufweisen muss. Wird die Biopsie nicht<br />

an der richtigen Stelle entnommen, so entsteht ein völlig<br />

falsches Bild, was fatale Folgen haben kann. Dies weist<br />

auf die Wichtigkeit der Kommunikation zwischen den<br />

verschiedenen Disziplinen hin.<br />

M. Paulussen (Onkologe am UKBB) sprach über «Gibt<br />

es neue Ansätze in der Chemotherapie?». Die Chemotherapie<br />

ist in den vergangenen 30 Jahren zu einem regelrechten<br />

Siegeszug angetreten und ist hauptverantwortlich<br />

dafür, dass gerade bei den hochmalignen Sarkomen (Ewing-,<br />

Osteosarkom) heute Überlebensraten von 60-70%<br />

möglich sind, während sie vorher bei 10-15% lagen.<br />

Die wichtigsten Therapieprotokolle wurden anfangs der<br />

80-er Jahre konzipiert und seither ständig weiterentwickelt.<br />

Europaweit werden die gleichen Protokolle verwendet,<br />

was die Auswertung der Therapiewirksamkeit auf<br />

breiter Basis erlaubt.<br />

<strong>Schweizer</strong> Krebsbulletin • Nr. 3/2010 287


Kongressberichte<br />

Der Schreibende sprach über «Resektion und Rekonstruktion<br />

– wie viel davon ist «evidence based», wie viel<br />

beruht auf Erfahrung?». Primär wies er auf die Schwierigkeiten<br />

der Biopsie hin. Diese erscheint zwar technisch einfach,<br />

dabei können aber sehr viele Fehler gemacht werden,<br />

welche das Resultat negativ beeinflussen, zu einer falschen<br />

Diagnose führen oder gar eine gliedmassenerhaltende<br />

Therapie verunmöglichen können. Deshalb sollte schon<br />

die Biopsie im Zentrum oder zumindest in Zusammenarbeit<br />

mit diesem erfolgen. Mehrere Studien belegen, dass<br />

die Resultate der Behandlung in einem Tumorzentrum<br />

wesentlich besser sind als an Orten, an denen solche Tumoren<br />

nur selten behandelt werden [4, 5]. Für maligne<br />

Tumoren ist die weite Resektion (d.h. Resektion im gesunden<br />

Gewebe) heute der Standard. Ein «Debulking»<br />

bei «inoperablen» Tumoren ist abzulehnen, da es zur<br />

Tumordissemination führen kann. Als Rekonstruktion<br />

kommen prothetischer Ersatz (v.a. wenn Gelenkanteile<br />

betroffen sind) oder biologische Verfahren in Frage. In den<br />

vergangenen 10 Jahren wurden am UKBB 910 Tumoren<br />

am Bewegungsapparat behandelt. Dabei wurden 2330<br />

Operationen durchgeführt. Neben Biopsien, Resektionen,<br />

und Rekonstruktionen waren es auch Gefässoperationen<br />

und plastisch-chirurgische Massnahmen.<br />

Der Gastreferent W. Winkelmann aus Hamburg berichtete<br />

mit dem Thema «»Tumorprothese versus Umkehrplastik<br />

– ist letztere noch indiziert?» über seine grossen<br />

Erfahrungen mit beiden Verfahren. W. Winkelmann ist<br />

massgeblich an der Entwicklung des heute in Europa am<br />

häufigsten verwendeten Mutars-Tumorprothesensystems<br />

beteiligt. Die Umkehrplastik wird heute von zwar nur<br />

noch wenigen Patienten akzeptiert, ist aber funktionell<br />

immer noch die beste und dauerhafteste <strong>Lösung</strong>.<br />

Danach referierte A. Krieg (Oberarzt in der Kinder- und<br />

Tumororthopädie am UKBB). Er sprach über «Wie tauglich<br />

ist die Rekonstruktion nach extrakorporaler Bestrahlung?».<br />

Ist die Knochenqualität durch den Tumor<br />

nicht allzu stark beeinträchtigt, so ist die intraoperative<br />

extrakorporale Bestrahlung und Wiedereinsetzung des<br />

Resektates eine gute biologische Option. Alle Zellen des<br />

Resektates werden abgetötet, aber es bestehen eine ideale<br />

Passgenauigkeit und gute Voraussetzungen für die Revaskularisierung.<br />

A. Krieg berichtete auch über ein Forschungsprojekt,<br />

mit welchem wir über ein Gerüst aus<br />

Titan und Einwachsen von gezüchteten Osteoblasten die<br />

Rekonstruktion grösserer Beckenanteile versuchen.<br />

C. Kettelhack, leitender Arzt der chirurgischen Klinik<br />

am USB berichtete über «Was bringt die ‘Isolated limb<br />

perfusion’ bei Weichteiltumoren?» Bei dieser innovativen<br />

Methode werden die tumortragende Extremität selektiv<br />

mit für den Gesamtorganismus eigentlich toxischen Dosen<br />

von TNF-alpha und Melphalan perfundiert. Besonders<br />

bei Tumoren in der Nähe grosser Nerven ist diese<br />

Methode präoperativ angewendet eine gute Vorbereitung<br />

für eine nervenerhaltende Resektion.<br />

M. Gross, leitender Arzt im Institut für Radioonkologie<br />

des USB sprach über «Bestrahlung bei Weichteiltumoren:<br />

prä- oder postoperativ?» und hob die Vorteile der präoperativen<br />

Bestrahlung hervor, die bei geringeren Strahlendosen<br />

und kleinerem Strahlenfeld mit einer niedrigeren<br />

Rezidivrate einhergeht als die postoperative Bestrahlung.<br />

Es steht allen Ärzten jederzeit offen, Patienten mit Verdacht<br />

auf einen Knochen- oder Weichteiltumor im<br />

KWUB vorzustellen.<br />

Die aktuellen Mitglieder des KWUB sind hier aufgelistet:<br />

Leitung<br />

Prof. Dr. F. Hefti, Kinderorthopädie, Tumorchirurgie (UKBB)<br />

Mitglieder<br />

Prof. Dr. C. Kettelhack, Viszeral-, Tumorchirurgie (USB)<br />

Dr. A. Krieg, Kinderorthopädie, Tumorchirurgie (UKBB)<br />

Dr. M. Haug, Plastische Chirurgie (USB)<br />

Prof. Dr. M. Paulussen, Kinderonkologie (UKBB)<br />

Fr. Dr. C. Dröge, Onkologie (USB)<br />

PD Dr. M. Gross, Radioonkologie (USB)<br />

Prof. Dr. G. Jundt, Pathologie (USB)<br />

Fr. PD Dr. E. Bruder, Pathologie (USB)<br />

Prof. Dr. A. Nidecker, Radiologie<br />

Dr. J. Schneider, Radiologie (UKBB)<br />

Dr. U. Studler, Radiologie (USB)<br />

Dr. T. Wischer, Radiologie<br />

Literatur<br />

1. Freyschmidt J et al. (2003) Knochentumoren. Springer-Verlag Heidelberg.<br />

2. Weiss SW et al. Enzinger and Weiss’s soft tissue tumors. Mosby 2007.<br />

3. Fletcher DM et al. (2006) Tumour of Soft Tissue and Bones . WHO<br />

Classification of Tumours. WHO Press, Geneva.<br />

4. Gutierrez JC et al. (2007) Should soft tissue sarcomas be treated at highvolume<br />

centers? An analysis of 4205 patients. Ann Surg 245(6): 952-8.<br />

5. Mankin HJ et al. (1997) The hazards of the biopsy, revisited. Members of<br />

the Musculoskeletal Tumor Society. J Bone Jt Surg Am 79(1997): 656-63.<br />

Korrespondenzadresse:<br />

Prof. Dr. Fritz Hefti, Chefarzt<br />

Kinderorthopädische Universitätsklinik<br />

Universitätskinderspital beider Basel (UKBB)<br />

Postfach, 4005 Basel<br />

Tel. 061 685 53 46<br />

fritz.hefti@unibas.ch<br />

288 <strong>Schweizer</strong> Krebsbulletin • Nr. 3/2010


BüCHER<br />

Doubt is their Product<br />

How Industry’s Assault on<br />

Science Threatens your<br />

Health<br />

David Michaels, Oxford University Press, 2008 (372 p.)<br />

D. Michaels is an epidemiologist<br />

and currently director<br />

of the Project on Scientific<br />

Knowledge at the George<br />

Washington University.<br />

During the Clinton administration<br />

he served as Assistant<br />

Secretary of Energy for Environment,<br />

Safety and Health.<br />

He has therefore not only a<br />

broad scientific knowledge,<br />

but had the opportunity to<br />

witness how things are happening<br />

at the political level.<br />

D. Michaels summarises in this thrilling book very many<br />

examples of how leading industries were able to block<br />

legislations, which would have outlawed or at least significantly<br />

reduced carcinogenics either in the work process<br />

or in the general environment. Of course he starts<br />

with the two best known examples: tobacco and asbestos.<br />

The second one is very revealing. Currently it is responsible<br />

for 100’000 deaths a year worldwide. Although<br />

first hints to the health consequences of export of asbestos<br />

were voiced already in 1898 and although already from<br />

1918 many American and Canadian life insurance companies<br />

declined generally to insure asbestos workers, industry<br />

was able to cover up the scientific evidence until the<br />

70’s-80’s of last century (see also <strong>Schweizer</strong> Krebsbulletin<br />

2/2008, Die Asbestlüge, Geschichte und Gegenwart einer<br />

Industriekatastrophe, M. Roselli, 166 p.).<br />

The same tactic was applied in the case of tobacco when<br />

Michaels speaks of the «most infamous example». He<br />

is quoting one cigarette executive who once observed<br />

«doubt is our product, since it is the best means of competing<br />

with the body of fact that exists in the minds of the<br />

general public. It is also the means of establishing a controversy».<br />

In other words: industry has learned that debating<br />

the science is much easier and more effective than<br />

debating the policy. Someone could say: this has just been<br />

the case in the past. But you need just to open the newspapers<br />

today and to watch news on TV and you will see<br />

that what is happening today with global warming is exactly<br />

what has happened many years ago with asbestos or<br />

tobacco. The waste majority of climate scientists believe<br />

there is adequate evidence to justify immediate intervention.<br />

Opponents of action, lead by the fossil fuels industry,<br />

are delaying this policy debate simply by challenging the<br />

science with a classic doubt campaign.<br />

The tactic has always been the same: just to say, yes there<br />

are data, but they are as yet not conclusive. We need more<br />

studies in order to be sure. To achieve that, you need just<br />

to find a couple of mercenary scientists, who will be certifying<br />

that it would be somewhat better to have a few<br />

more data….<br />

To keep the public confused about the hazards caused by<br />

global warming, secondhand smoke, asbestos, lead, plastics<br />

and many other toxic materials (described in detail in<br />

the book by D. Michaels), industry executives have hired<br />

unscrupulous scientists and lobbyists to dispute the scientific<br />

evidence that would alert the public to this dangers.<br />

Their goal is the manufacture of doubt.<br />

This is a fascinating book which should be read by all<br />

physicians who are interested in improving the health of<br />

the population.<br />

Michaels offers concrete proposals to improve the regulatory<br />

system, by taking the politics out of science and ensuring<br />

that concern for public health and safety guides the<br />

regulatory policy and not the corporate interest.<br />

Franco Cavalli<br />

<strong>Schweizer</strong> Krebsbulletin • Nr. 3/2010 289


Bevorstehende onkologische Ereignisse<br />

2010<br />

30.09.-02.10. «Mieux communiquer» Séminaire pour médecins et personnel infirmier en oncologie<br />

Chexbres<br />

Info: Ligue suisse contre le cancer, cours CST, Marion Stettler, CP 8219, 3001 Berne<br />

Tél. 031 389 91 29, cours-cst@liguecancer.ch, www.liguecancer.ch<br />

08.-12.10. 35th ESMO Congress (abstract submission: 19 May 2010)<br />

Milan, I<br />

European Society for Medical Oncology, Via Luigi Taddei 4, CH-6962 Viganello-Lugano, www.esmo.org<br />

28.10. 27.10. Krebstagung 5 Jahre Akademische 2010 / Journée Fachgesellschaft suisse du cancer Onkologiepflege 2010<br />

Bern Fribourg Organisiert Anmeldung: von Catherine der Krebsliga Rouvenaz, im Stade Hochschule de Suisse für in Gesundheit Bern zum Thema Freiburg, Früherkennung Tel. 026 429 60 von 11, Prostatakrebs, catherine.rouvenaz@hefr.ch für Fachleute.<br />

28.10. Programm Krebstagung und 2010 Anmeldung: / Journée www.krebsliga.ch/krebstagung.<br />

suisse du cancer 2010<br />

Bern<br />

Organisée Organisiert par von la der Ligue Krebsliga contre le im cancer Stade au de Stade Suisse de in Suisse Bern zum à Berne Thema sur le Früherkennung thème du dépistage von Prostatakrebs, du cancer de la für prostate, Fachleute.<br />

destinée Programm à des und spécialistes. Anmeldung: Programme www.krebsliga.ch/krebstagung et inscription: / www.liguecancer.ch/journeecancer<br />

Organisée par la Ligue contre le cancer au Stade de Suisse à Berne sur le<br />

29.-30.10. thème Symposium du dépistage Integrative du cancer Onkologie de la prostate, und destinée Forschung à des spécialistes. Programme et inscription: www.liguecancer.ch/journeecancer<br />

29.-30.10. St. Gallen Symposium Infos: Frau Heidi Integrative Glauser, Sekretariat Onkologie Onkologie/Hämatologie, und Forschung Kantonsspital St. Gallen, Rorschacherstrasse 95, 9007 St. Gallen<br />

St. Gallen Infos: Tel. +41 Frau 71 Heidi 494 Glauser, 10 62, Fax Sekretariat +41 71 Onkologie/Hämatologie, 494 28 78, heidi.glauser@kssg.ch, Kantonsspital www.integrative-oncology.ch<br />

St. Gallen, Rorschacherstrasse 95, 9007 St. Gallen<br />

12.11. Tel. «Communication +41 71 494 10 et 62, construction Fax +41 71 494 relationnelle» 28 78, heidi.glauser@kssg.ch, www.integrative-oncology.ch<br />

12.11. Chexbres «Communication Séminaire pour médecins et construction et personnel relationnelle» infirmier en oncologie qui ont participé au cours de base «Mieux communiquer»<br />

Chexbres Séminaire Info: Ligue pour suisse médecins contre le et cancer, personnel cours infirmier CST, Marion en oncologie Stettler, qui CP ont 8219, participé 3001 Berne, au cours Tél. de 031 base 389 «Mieux 91 29 communiquer»<br />

Info: cours-cst@liguecancer.ch, Ligue suisse contre www.liguecancer.ch<br />

le cancer, cours CST, Marion Stettler, CP 8219, 3001 Berne, Tél. 031 389 91 29<br />

13.-19.11. cours-cst@liguecancer.ch, 2nd ESO-ESTRO Masterclass www.liguecancer.ch in Radiation Oncology<br />

13.-19.11. Cascais, PT 2nd European ESO-ESTRO School of Masterclass Oncology, Bellinzona Radiation Office, Oncology Ospedale Regionale di Bellinzona e Valli, CH-6500 Bellinzona<br />

Cascais, PT European Programme School and organisation: of Oncology, cmelcher@eso.net Bellinzona Office, or cgasparotto@estro.org, Ospedale Regionale further di Bellinzona information: e Valli, www.eso.net CH-6500 Bellinzona<br />

25.-26.11. Programme SAKK-Halbjahresversammlung<br />

and organisation: cmelcher@eso.net or cgasparotto@estro.org, further information: www.eso.net<br />

25.-26.11. Basel<br />

SAKK-Halbjahresversammlung<br />

http://sakk.ch<br />

Basel 25.-27.11. http://sakk.ch 13. Zentraleuropäisches Seminar «Methodik klinischer Prüfung in der Onkologie»<br />

25.-27.11. Wien, AT 13. Patronat: Zentraleuropäisches Deutschsprachig-Europäische Seminar «Methodik Schule für klinischer Onkologie Prüfung (DESO) in der Onkologie»<br />

Wien, AT Patronat: Info: Angewandte Deutschsprachig-Europäische Krebsforschung – Institution Schule für für Onkologie Translationale (DESO) Forschung Wien (ACR-ITR VIEnna),<br />

Info: c/o Bernardgasse Angewandte 24/2, Krebsforschung A-1070 Wien, – Institution Tel. +43 1 für 523 Translationale 35 94, Fax +43 Forschung 1 523 35 Wien 944(ACR-ITR VIEnna), A-1070 Wien<br />

Tel. ch.dittrich@chello.at, +43 1 523 35 94, www.acr-itr-vienna.at<br />

Fax +43 1 523 35 944, ch.dittrich@chello.at, www.acr-itr-vienna.at<br />

2011<br />

20.01. 2. Psychoonkologie-Tagung in der Klinik Schützen Rheinfelden<br />

Rheinfelden<br />

Info: Klinik Schützen Rheinfelden, Sarah Klein, Bahnhofstrasse 19, 4310 Rheinfelden<br />

Tel. 061 836 24 38, sarah.klein@schuetzen-ag.ch, www.klinikschuetzen.ch (Rubrik: Fortbildungen/Fachveranstaltungen)<br />

12.-17.02. 1st Masterclass in Colorectal Cancer Surgery<br />

Cascais, PT<br />

European School of Oncology, Bellinzona Office, Ospedale Regionale di Bellinzona e Valli, CH-6500 Bellinzona<br />

Organisation: cmelcher@eso.net, further information: www.eso.net<br />

16.-19.03. 12th St.Gallen International Breast Cancer Conference (abstract deadline: 15.12.2010)<br />

St.Gallen<br />

Primary Therapy of Early Breast Cancer with Treatment Consensus Update<br />

Info: Congress-Secretariat «SG-BCC-2011», St.Gallen Oncology Conferences,<br />

c/o Tumor and Breast Center ZeTuP, CH-9006 St. Gallen, info@oncoconferences.ch, www.oncoconferences.ch<br />

24.03. Onkologiepflege Kongress / Congrès soins en oncologie<br />

Bern<br />

www.onkologiepflege.ch, www.soinsoncologiesuisse.ch<br />

02.-07.04. 10th ESO-ESMO Masterclass in Clinical Oncology<br />

Ermatingen<br />

European School of Oncology, Bellinzona Office, Ospedale Regionale di Bellinzona e Valli, CH-6500 Bellinzona<br />

(Lake Constance)<br />

Organisation: cmelcher@eso.net, further information: www.eso.net<br />

02.-07.04. 4th ESO-EONS Masterclass in Oncology Nursing<br />

Ermatingen<br />

European School of Oncology, Bellinzona Office, Ospedale Regionale di Bellinzona e Valli, CH-6500 Bellinzona<br />

(Lake Constance)<br />

Organisation: cmelcher@eso.net, further information: www.eso.net<br />

28.-30.04. 15. Internationales Seminar «Palliativbetreuung von Tumorkranken»<br />

Warth b. Frauenfeld Informationen: Kongress-Sekretariat / DESO, c/o Tumor- und Brustzentrum ZeTuP, Frau Gabi Laesser, Rorschacherstr. 150,<br />

CH-9006 St. Gallen, Tel. +41 (0)71 243 00 32, Fax +41 (0)71 245 68 05, deso@oncoconferences.ch, www.deso.oncoconferences.ch<br />

12.-14.06. Leukaemia and Lymphoma<br />

Ascona<br />

European School of Oncology, ESO Bellinzona Office, Ospedale Regionale di Bellinzona e Valli, CH-6500 Bellinzona<br />

Organisation: dknupfer@eso.net, lrichetti@eso.net, further information: www.eso.net<br />

15.-18.06. 11 - ICML 11th International Conference on Malignant Lymphoma<br />

Lugano<br />

Oncology Institute of Southern Switzerland (IOSI)<br />

Ospedale San Giovanni, CH-6500 Bellinzona, Tel. +41 (0)91 922 05 75, Fax +41 (0)91 922 20 84, www.lymphcon.ch<br />

25.-26.08. 14. Internationales Seminar «Onkologische Pflege – Fortgeschrittene Praxis»<br />

St. Gallen Informationen: Kongress-Sekretariat / DESO, c/o Tumor- und Brustzentrum ZeTuP, Frau Gabi Laesser, Rorschacherstr. 150,<br />

CH-9006 St. Gallen, Tel. +41 (0)71 243 00 32, Fax +41 (0)71 245 68 05, deso@oncoconferences.ch, www.deso.oncoconferences.ch<br />

03.-05.11. ABC1 Advanced Breast Cancer – First International Consensus Conference<br />

Lisbon, PT<br />

European School of Oncology, Via del Bollo 4, I- 20123 Milan, further information: www.eso.net<br />

30.11.-03.12. AORTIC 2011 Conference / Conférence de l’OAREC 2011<br />

Cairo, EG<br />

aortic@globalconf.co.za, www.africa.aortic.org<br />

290 <strong>Schweizer</strong> Krebsbulletin • Nr. 3/2010

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