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Verbalkomplex im Mannheimer Valenzmodell.pdf - Pedagoška ...

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1<br />

PEDAGOŠKA FAKULTETA MARIBOR<br />

IDENTIFIKATION DES VERBALKOMPLEXES<br />

IM MANNHEIMER VALENZMODELL


2<br />

4. IDENTIFIKATION DES VERBKOMPLEXES<br />

Jedes satzartige Konstrukt (Hauptsatz, Nebensatz, Partphrase) enthält ein Verb, das Zahl und<br />

Art der Ergänzungen festlegt und damit die Grundstruktur des gesamten satzartigen<br />

Konstrukts best<strong>im</strong>mt. Dieses Verb nennt Engel (1988: 443) das zentrale Verb.<br />

Hauptsätze und finite Nebensätze enthalten <strong>im</strong>mer ein finites Verb. Wenn sie nur eine einzige<br />

Verbform enthalten, fallen zentrales Verb und finites Verb notwendig zusammen. Enthält ein<br />

satzartiges Konstrukt jedoch mehr als eine Verbform, so können zentrales Verb und finites<br />

Verb nicht identisch sein. Dann wird aus diesen Verbformen ein VERBALKOMPLEX<br />

gebildet. Als Regens der Ergänzungen gilt nicht nur das finite Verb, sondern der<br />

Verbkomplex, zu dem gemäß Latour (1985: 43 ff) folgende Elemente gehören:<br />

1. das zentrale Verb (finit oder infinit) [das in der folgenden Beschreibung ausgelassen wird]<br />

2. trennbare Verbzusätze (Verbpräfixe und die 1. unmittelbare Konstituente in<br />

Zusammensetzungen) (z.B. ankommen, untergehen)<br />

3. Modalverben (können, müssen, wollen,…)<br />

4. zeiten- und passivbildende Auxiliarverben* (haben, sein, werden)<br />

5. Reflexivpronomina (in Verbindung mit best<strong>im</strong>mten Verben)<br />

6. Pronomen es (in Verbindung mit best<strong>im</strong>mten Verben)<br />

7. Funktionsverbgefüge ( und einige andere lexikalische Fügungen)<br />

Nach Engel (1988) gehören neben den oben angeführten noch einige weitere Verbklassen zum<br />

<strong>Verbalkomplex</strong> (siehe dazu den Überblick über den Prädikatskomplex).<br />

Übersicht (Prädikatskomplex):<br />

• das zentrale Verb<br />

• Auxiliarverben (haben, sein, werden)<br />

• Modalverben (können, müssen, sollen,…)<br />

• Modalitätsverben (scheinen, pflegen, sich trauen, …)<br />

• Bewegungsverben (gehen, schicken, legen, …)<br />

• modalitätsverbähnliche Verben (sein, bleiben, bekommen, …)<br />

• Situativverben (sein, bleiben, haben)


3<br />

• weitere Konstruktionen mit Partizip II<br />

(Er gibt das Spiel verloren., Wo steht das geschrieben?, Der Brief lag unter den Büchern<br />

versteckt.)<br />

• Nebensatzverben, Infinitivverben, Partizipverben<br />

• trennbare Verbzusätze<br />

• Reflexivpronomina<br />

• Pronomen es<br />

• lexikalische Fügungen (Gefügenomina)<br />

Situativverben: sein, bleiben, haben + Infinitiv (ohne zu)<br />

z.B. (36) Ich würde heute lieber <strong>im</strong> Bett liegen bleiben.<br />

(37) Sie hat unhe<strong>im</strong>lich viel Kr<strong>im</strong>skrams in ihrem Z<strong>im</strong>mer herumliegen.<br />

(38) Der Tisch soll so stehen bleiben.


4<br />

2.Trennbare Verbzusätze<br />

Engel & Schumacher (1978: 34 ff) und Engel (1988: 439 ff) verstehen unter Präfixverben<br />

lediglich Verben mit einem unbetonten, untrennbaren Morphem, das reihenbildend vor das<br />

Verb tritt oder zusammen mit dem Verb als isolierte Bildung vorkommt (z.B. beantragen,<br />

entscheiden, verbieten, verlieren, gewinnen). Von Verben mit Verbzusatz sprechen diese<br />

Autoren, wenn die erste unmittelbare Konstituente des Verbs betont und trennbar ist. (vgl.<br />

dazu auch Fleischer 19XX - Wortbildung der deutschen Gegenwartssprache).<br />

Verbzusätze: Präpositionen (einladen, umsteigen),<br />

Adjektive (krankmelden, breittreten),<br />

Adverbien (weitererzählen, wiedergeben),<br />

Nomina / Präpositionen + Nomina (radfahren - Rad fahren, zutagetreten - zu<br />

Tage treten) - [nach der neuen Rechtschreibung keine Zusammensetzungen !!!],<br />

selten: Verben (kennenlernen - kennen lernen, liegenbleiben - liegen bleiben) -<br />

[nach der neuen Rechtschreibung keine Zusammensetzungen mehr!!!].<br />

Bei den Verben mit Verbzusatz besteht das Problem, zwischen echten komplexen Verben<br />

einerseits und S<strong>im</strong>plex mit freier Ergänzung zu unterscheiden. Kriterien zur Unterscheidung:<br />

1. Komplexes Verb oder S<strong>im</strong>plex + E dir ? (Pseudoverbkomplex ° Adverbien sind<br />

)<br />

fakultativ, mit der<br />

a. Kommutiert das fragliche Element mit Präpositionalphrasen der E 6 (E dir )?<br />

Präposition<br />

z.B. (1) Komm<br />

{<br />

herunter!<br />

}<br />

korresporendierende<br />

nach unten<br />

Teile der E dir<br />

(2) Der Gast geht hinein .<br />

{<br />

ins Hotel (hinein) .<br />

{<br />

(3) Der Fuchs kommt heraus .<br />

}<br />

aus dem Bau (heraus).<br />

}<br />

°<br />

Ein Pseudoverbkomplex ist ein Verb, dessen erstes Kompositionsglied als Ergänzung<br />

beschrieben werden kann.


5<br />

b. Ergibt die Kommutation des S<strong>im</strong>plex mit bedeutungsähnlichen Verben akzeptable Sätze?<br />

z.B. (4) Der Gast<br />

{<br />

geht<br />

}<br />

Die Anaphorisierungsprobe ist nicht<br />

eilt hinein.<br />

durchführbar, weil die<br />

schleicht<br />

Pronominaladverbien Anaphern sind.<br />

…<br />

Wenn die beiden Proben positiv ausfallen, dann ist das fragliche Element eindeutig als E 6<br />

(E dir ) klassifizierbar. Damit sind Pseudoverbkomplexe (Verben + Pseudoverbzusatz) erwiesen<br />

(die folgenden Beispiele nach der Rechtschreibung bis 1998):<br />

z.B.<br />

hinausklettern, hinübersetzen, dazwischenstellen, zurückgehen, fortlaufen, wegrennen,<br />

herunterfallen. (vgl. Fleischer!)<br />

2. Komplexes Verb oder S<strong>im</strong>plex + E sit ?<br />

Zur Identifikation können Proben angewandt werden, die den oben durchgeführten<br />

entsprechen:<br />

a. Kommutierbarkeit mit Präpositionalphrase (E sit )?<br />

b. Kommutation mit Synonymen u.a. – akzeptable Sätze?<br />

z.B. (5) Es stand ein alter Nußbaum davor.<br />

vor dem Haus.<br />

(6) Die Katze sitzt fast <strong>im</strong>mer dahinter.<br />

sitzt<br />

hinter dem Kamin.<br />

(7) Die Katze hockt fast <strong>im</strong>mer dahinter.<br />

liegt<br />

{<br />

{<br />

{ }<br />

}<br />

}<br />

3. Komplexes Verb oder S<strong>im</strong>plex + E adj (E 8 )?<br />

a. Anaphorisierungsprobe (so, es, das → E 8 ) bzw. Erfragbarkeit durch Fragepartikel wie?<br />

z.B. (8) Macht ihre Antwort dich glücklich? + + (Adjektivalergänzung)<br />

(9) Du kannst mir nichts weismachen. - - (Teil des Verbkomplexes)<br />

b. Kann das adjektivische Element <strong>im</strong> eingeleiteten Nebensatz bei einteiliger<br />

Konjugationsform vom V f getrennt werden? (Fall Probe a negativ ausfällt, ist b zweifelhaft)<br />

z.B. (10) Er hoffte, dass sie ihn glücklich dadurch macht, dass … ( E adj )<br />

• • • • •<br />

(11) *Er sagte, dass du ihm weis nichts machst, was… ( Verbkomplex)<br />

• • •<br />

•<br />


6<br />

3.+4. Komplexe Prädikate<br />

Hilfsverben (zeiten- und passivbildende Auxiliarverben) sowie Modalveben und<br />

Modalitätsverben (Verben mit obligatorischem zu-Infinitiv) werden bei Engel & Schumacher<br />

(1978: 45) bzw. Engel (1988: 443 ff) als verbale Erweiterungen betrachtet, die für die<br />

syntaktische Vollständigkeit von Sätzen nicht konstitutiv sind und denen auch keine Valenz<br />

zukommt (vgl. Helbig & Buscha 1987).<br />

Es gibt jedoch Fälle, die eine Interpretation dieser Verben als Vollverben nicht ausschließen. In<br />

diesen Fällen handelt es sich um sehr übliche Verwendungsweisen, die nicht durch die<br />

Textkonstitution motiviert sind. Die isolierten Sätze ohne Infinitiv (2) - (3) erwecken kaum den<br />

Eindruck syntaktisch unvollständiger (elliptischer) Sätze oder den Eindruck spontaner legerer<br />

Rede (wie es bei der Ellipse des Partizips in (1) der Fall ist.<br />

z.B. (1) Er ist in die Stadt. (gegangen, gefahren, …)<br />

(2) Ich muss leider nach Hause. (gehen, fahren,…)<br />

(3) Ich möchte noch gern eine Tasse Tee. (haben)<br />

V f<br />

V i<br />

Im Gegensatz zu den eben behandelten (elliptischen) Fällen lassen sich für die Beschreibung<br />

von Hauptverben, Modalverben und Modalitätsverben + Infinitivum als Prädikatskomplexe<br />

starke Argumente anführen. Speziell bei infinitivischen Verbalsyntagmen tritt der Fall auf,<br />

dass zwischen<br />

• infinitivischer satzförmiger Ergänzung einerseits,<br />

• und Infinitivkonstruktion als Verbativergänzung E vrb (E 9 ) oder<br />

• als Teil eines Prädikatskomplexes andererseits unterschieden werden muß.<br />

Engel & Schumacher (1978: 46 ff) haben die Kommutation des fraglichen Infinitivs mit<br />

einem nominalen Syntagma als Kriterium für seine Klassifikation als satzförmiger<br />

Ergänzung gewertet.<br />

z.B. (4) Er versprach seiner Frau, ihr einen Netz zu schenken./<br />

Er versprach seiner Frau einen Netz .<br />

(5) Er denkt daran, den Plan zu verwirklichen.<br />

Er denkt an die Verwirklichung des Plans.


7<br />

(6) Er traut sich nicht zu widersprechen.<br />

*Er traut sich keinen Widerspruch.<br />

(7) Ich gedenke, das morgen zu tun.<br />

*Ich gedenke des morgigen Tuns.<br />

(8) Es gilt zu gewinnen.<br />

*Es gilt der Gewinn.<br />

(9) Es beginnt, kalt zu werden.<br />

*Es beginnt mit dem Kaltwerden.<br />

Das Merkmal der Anaphorisierung ist bei diesen Fällen ein zu schwaches Kriterium, da es<br />

eine Klassifizierung der Infinitivkonstruktion als Ergänzung erlauben würde.<br />

z.B. (8') Es gilt zu gewinnen./ Das gilt es.<br />

(9')<br />

Das traut er sich nicht.<br />

Mit dem Kriterium der Kommutation sind aber nur die infinitivischen satzförmigen<br />

Ergänzungen eindeutig identifiziert. Zur Unterscheidung zwischen infinitivischer E vrb (E 9 ) und<br />

dem Infinitiv eines Modalitätsverbs muss ein weiteres Kriterium herangezogen werden. Dieses<br />

Kriterium besteht in den unterschiedlichen Rektionsverhältnissen. Bei Modalitätsverben wird<br />

das Vorhandensein einer E sub (E 0 ) und deren semantische Füllung von dem abhängigen Infinitiv<br />

geregelt. Bei Verben + infinitivischer E vrb (E 9 ) wird die Aktualisierung und semantische<br />

Füllung der E sub (E 0 ) nicht vom abhängigen Infinitiv gesteuert. Die E sub bleibt in diesem Fall<br />

konstant, wenn man andere Verben als Infinitive einsetzt. Das V f regelt die E sub.<br />

z.B. (10) Es gilt zu gewinnen.<br />

} Vollverb +<br />

(11) Es gilt, ihn willkommen zu heißen.<br />

infinitivische E vrb (E 9 )<br />

(12) Er pflegt, samstags seine Einkäufe zu erledigen.<br />

(13) In dieser Gegend pflegt es häufig zu regnen.<br />

}<br />

Modalitätsverb +<br />

abhängiger Infinitiv<br />

Das Subjekt des Modalitätsverbs (Engel 1988: 477) und das Subjekt des abhängigen Verbs<br />

bezeichnen <strong>im</strong>mer dieselbe Größe. Daher wird das Subjekt nur einmal genannt. Die besondere<br />

Problematik des Modalitätsverben liegt darin, dass es zu den meisten von ihnen homonyme<br />

Vollverben gibt. Zwischen homonymen Vollverben und E sub besteht eine<br />

Verträglichkeitsrelation, während Modalitätsverben mit beliebiger E sub kombinierbar sind<br />

(unter Beachtung der Verträglichkeit zwischen E sub und Infinitiv).<br />

z.B. (14) Er verspricht ihr, sie zu besuchen. (VV)<br />

(15) *Das Wetter verspricht uns, schön zu werden. (V n )


8<br />

(16) Er hat bei ihm nichts zu lachen.<br />

(17) Das Buch hat hier liegenzubleiben.<br />

Die abhängige Infinitivkonstruktion be<strong>im</strong> Vollverb ist anaphorisierbar, bei den<br />

Modalitätsverben kann der abhängige Infinitiv nicht anaphorisiert und auch nicht kommutiert<br />

werden.<br />

z.B. (18) Das Wetter verspricht schön zu werden./<br />

*Das Wetter verspricht es/das. (V n )<br />

(19) Er verspricht, morgen zu kommen./<br />

Er verspricht es/das.<br />

(VV)<br />

(20) Das verspricht ja heiter zu werden./<br />

*Das verspricht Heiterkeit. (V n )<br />

(21) Er versprach, mir etwas zu schenken./<br />

Er versprach mir ein Geschenk. (VV)<br />

Schwieriger ist die Unterscheidung von Modalitätsverb und homonymem Vollverb bei<br />

anfangen, beginnen, aufhören, da in diesen Fällen auch bei den Vollverben die E sub des V f<br />

und des Infinitivs referenzidentisch sind. Aber nur die Modalitätsverben können mit relativ<br />

beliebigen E sub kombiniert werden.<br />

z.B. (22) Die Sache fängt an, mir Spaß zu machen.<br />

(23) Es fängt an zu regnen.<br />

(24) Der Blumenstrauß fängt an zu welken.<br />

Aber nur:<br />

(25) Klaus fängt (damit) an zu singen.<br />

Nur der Infinitiv be<strong>im</strong> Vollverb ist anaphorisier-/ kommutierbar.<br />

z.B. (25') Klaus fängt damit an.<br />

(25'') Klaus fängt mit dem Singen an.<br />

Der semantische Unterschied zwischen Vollverb und V n besteht darin, dass das Vollverb auf<br />

eine intentionale Handlung referiert; das Modalitätsverb (V n ) bezeichnet nur den Beginn eines<br />

Prozesses.


9<br />

Eine Gruppe von Verben (sein, bleiben, bekommen, kriegen, geben, es gibt) verhält sich<br />

ähnlich wie die Modalitätsverben (V n ).<br />

z.B. (26) Das Problem ist kaum zu lösen.<br />

(27) Es bleibt noch viel für dich zu tun.<br />

(28) In diesem Restaurant bekommt man noch nach 22 00 etwas zu essen.<br />

(29) Du kriegst es nichts mehr zu trinken!<br />

(30) Gib mir doch bitte noch etwas zu trinken!<br />

(31) In Köln gibt es viele schöne Kirchen zu besichtigen. (…,die man …)<br />

(32) Es gab eine Menge zu essen/zum Essen.<br />

Diese Gruppe ist heterogen und zeigt gemäß Engel (1988: 51 ff) Abweichungen gegenüber den<br />

Modalitätsverben:<br />

z.B. • Konkurrenzform zum werden-Passiv; +/-E sub (31)<br />

• Infinitiv als Attribut zu E akk (31),(32) – es gibt (31,32) + zu-Infinitiv (man +V f )<br />

Nebensatzverbkomplexe: zu den Nebensatzverben rechnet Engel (1988: 485): bedeuten,<br />

finden, sich fragen, es heißt, sich sagen, wähnen. Nebensatzverben regieren nie Infinitivsätze.<br />

Zu den Nebensatzverben gibt es auch gleichlautende Verben mit anderer Bedeutung. Zu allen<br />

Nebensatzverben sind Perfektformen möglich, Passiv <strong>im</strong> allgemeinen nicht.<br />

z.B. (33) Man bedeutete ihr, (dass) das Spiel entschieden sei.<br />

(34) Ich finde, er hat recht.<br />

(35) Sie fragte sich, ob er das wohl ernst meine.<br />

(36) Es heißt, Petra sei gestürzt.<br />

(37) Ich habe mir gesagt, dass da etwas wohl nicht st<strong>im</strong>men kann.<br />

(38) Wähntest du etwa, ich sollte das Leben hassen?<br />

Infinitivverbkomplexe: Nebenverben*, die <strong>im</strong>mer ein anderes Verb <strong>im</strong> Infinitiv (einschließlich<br />

seiner Satelliten) regieren, jedoch eine andere Subjektgröße als dieses haben. (± zu-Infinitiv)<br />

z.B. (39) Man bedeutete ihr, den Hut abzunehmen. (gehoben)<br />

• • • • • •<br />

(40) Ich fühle die Erde φ beben.<br />

• • •<br />

(41) Es gibt<br />

•<br />

eine Menge zu tun.<br />

• •<br />

(42) Ich hörte<br />

• • •<br />

ihn φ kommen. (→ Fortbewegungsverben)<br />

• •<br />

•<br />

• •<br />


10<br />

Partizipverbkomplexe: die Verben kommen, stehen. Das Subjekt des Partizipverbs und das<br />

des abhängigen Partizips sind identisch .<br />

z.B. (43) Er kam ins Z<strong>im</strong>mer geschwankt.<br />

• •<br />

• • • • • •<br />

(44) In diesem Buch steht alles geschrieben, was …<br />

• • • • • • • •<br />

Weitere Beispiele:<br />

•<br />

Er<br />

•<br />

gibt das Spiel<br />

• •<br />

verloren., Wo steht das geschrieben?, Der Brief lag unter<br />

den Büchern versteckt.<br />

• • • •<br />

• •<br />

• •<br />

•<br />

Komplexe mit finden uns sehen:<br />

•<br />

z.B. (45) Sie fand ihn an den Mauer lehnen/lehnend.<br />

• • •<br />

(46) Sie fand ihn schlafend.<br />

• • • • •<br />

(47) Sie fanden das Kind in Windeln • • • gewickelt.<br />

• • • • •<br />

(48) Ich sah ihn den • • Ast • absägen • •<br />

• • • •<br />

(49) Sie sah ihn Nüsse knackend <strong>im</strong> Z<strong>im</strong>mer • • • .<br />

(50) Sie wurde total vom • Regen • • • durchnässt gesehen.<br />

Als Prädikatskomplexe auch (in)transitive Verben V t /V i + Infinitiv < + Bewegung ><br />

z.B. (51) Ich gehe noch heute in die Stadt einkaufen.<br />

• • • • •<br />

(52) Gehst du mit baden ?<br />

• • •<br />

(53) Sie schickt den Jungen Brötchen holen. • • •<br />

• • •<br />

• • •<br />

(51') Ich gehe noch heute in die Stadt, um einzukaufen.<br />

(52') Gehst du mit ins Freibad / ins Freibad<br />

• • •<br />

• •<br />

baden.<br />

Trotz der möglichen Kommutation haben sich • • Engel & Schumacher (1978: 51) dafür<br />

entschieden, den Infinitiv als Teil eines komplexen Prädikats zu beschreiben, »da <strong>im</strong> Falle der<br />

Kommutation des Infinitivs mit einer E dir (E 6 ) in (34') die Kodierung des Infinitivs als<br />

Satzergänzung theoretisch nicht vertretbar ist.«<br />

Situativverben: sein, bleiben, haben + Infinitiv (ohne zu)<br />

z.B. (54) Ich würde heute lieber <strong>im</strong> Bett liegen bleiben.<br />

(55) Sie hat unhe<strong>im</strong>lich viel Kr<strong>im</strong>skrams in ihrem Z<strong>im</strong>mer herumliegen.<br />

(56) Der Tisch soll so stehen bleiben.


11<br />

5. Reflexivpronomina<br />

Nicht alle Reflexivpronomina gehören zum Verbkomplex. Engel & Schumacher (1978: 42 ff)<br />

unterscheiden <strong>im</strong> KVL ° folgenden Gruppen:<br />

a) echt reflexive Verben<br />

b) fakultativ reflexive Verben<br />

c) part<strong>im</strong> reflexive Verben<br />

d) reflexive Fügungen<br />

e) reziproke Verben<br />

a) echt reflexive Verben<br />

Echt reflexive Verben liegen dann vor, wenn folgende Kriterien erfüllt sind:<br />

• das Reflexivpronomen ist nicht weglassbar (Ausnahmen: z.B. Er irrt (sich).);<br />

• der Austausch des Reflexivpronomens gegen einen anderen sprachlichen Ausdruck (ein<br />

anderes Pronomen, eine Nominalphrase, … ) ist nicht möglich.<br />

z.B. (1) Er weigert sich, das zu glauben.<br />

(2) Er hat sich dem Mädchen erklärt.<br />

In (2) ist der Austausch nur mit Bedeutungsveränderung möglich.<br />

sich weigert<br />

er<br />

das zu glauben<br />

° KVL ( Engel & Schumacher: Kleines Valenzlexikon deutscher Verben; 1978)


12<br />

b) fakultativ reflexive Verben<br />

• das Reflexivpronomen ist weglassbar;<br />

• das Reflexivpronomen kommutiert ebenfalls nicht mit anderen sprachlichen Ausdrücken<br />

(Pronomen, Nominalphrasen, …) oder der Austausch ergibt eine Bedeutungsveränderung<br />

z.B. (3) Er hält (sich) eine Illustrierte.<br />

c) part<strong>im</strong> reflexive Verben<br />

Das Reflexivpronomen kommutiert mit einem anderen Glied <strong>im</strong> selben Kasus (eine E x kann<br />

durch ein Reflexivpronomen realisiert sein), mit Nomina und Pronomina. In diesem Falle zählt<br />

das Reflexivpronomen nicht zum Verbkomplex, sondern hat den Status einer Ergänzung.<br />

z.B. (4) Er verletzt<br />

}<br />

sich.<br />

wäscht<br />

den Hund.<br />

ihn.<br />

d) feste Fügungen mit Reflexivpronomen<br />

Ein Reflexivpronomen kann Bestandteil einer (phraseologischen) verbalen Wendung sein.<br />

Es ist • weder el<strong>im</strong>inierbar<br />

• noch austauschbar gegen andere Pronomina oder Nomina.<br />

Daher wird es von Engel & Schumacher als Bestandteil des Verbkomplexes gesehen.<br />

z.B. (5) Er zerbricht sich den Kopf.<br />

(6) Er setzt sich zur Ruhe. [V + sich + Präp. + NP]<br />

(7) Er führt <strong>im</strong>mer einen Regenschirm mit sich. [V + Präp. + sich]<br />

2 Typen: [V + sich + Präp. + NP] und [V + Präp. + sich].<br />

e) reziproke Verben<br />

In reziproker Bedeutung ist das Reflexivpronomen ersetzbar durch einander.<br />

z.B. (8) Sie lieben sich. - Sie lieben einander (Er liebt sie, sie liebt ihn)<br />

Das Reflexivpronomen in (8) hat den Status einer Ergänzung.


13<br />

6. Pronomen es<br />

Zu unterscheiden sind ein kommutierbares es (1) und ein nicht kommutierbares es. (2)-(12).<br />

z.B. • (1) Das neue Auto<br />

}<br />

ist teuer.<br />

Es<br />

• (2) Es regnet.<br />

• (3) Er n<strong>im</strong>mt es mit allen auf<br />

(4) Er meint es gut mit dir.<br />

• (5) Es gibt dort keinen Ärger mehr.<br />

(6) Es kam zu einem schweren Verkehrsunfall.<br />

(7) Es handelt sich um deine Anfrage.<br />

(8) Es fehlt (dir) an Mut.<br />

(9) Es kommt auf das Ergebnis an.<br />

• (10) Es wurden 30 Typhusfälle gezählt.<br />

(11) Es ist ein schreckliches Unglück passiert.<br />

(12) Es heißt, dass ihre Firma in Konkurs geht.<br />

Das nicht-kommutierbare es wird zum <strong>Verbalkomplex</strong>, und nicht als Ergänzung gerechnet.<br />

Das hat die Konsequenz, dass einige der angeführten Sätze kein Subjekt haben. Andere<br />

Grammatiktheorien sprechen in einem solchem Falle von einem formalen Subjekt. In (10),<br />

(11) ist es stellungsgebunden: el<strong>im</strong>iniert man es an dieser 1. Stelle des Satzes, so wird der<br />

Aussagesatz (konstative Satz) zum Fragesatz; stellt man ein anderes Satzelement an die Spitze<br />

des Satzes, so fällt dieses es weg. Daher kategorisiert Latour (1985:46) dieses nichtkommutierbare<br />

stellungsgebundene Pronomen es weder als abhängiges Satzglied noch dem<br />

<strong>Verbalkomplex</strong> zugehörig.


14<br />

7. Funktionsverbgefüge und andere lexikalische Fügungen<br />

Der Begriff der lexikalischen Fügung deckt einen Bereich ab, der sehr heterogen ist in Bezug<br />

auf die interne syntaktische Struktur wie auch in Bezug auf den Verschmelzungsgrad der<br />

einzelnen Teile dieser Fügungen. Die verbabhängigen Bestandteile (Nomina, Adjektive,<br />

Verben, Pronomina) können nicht als Ergänzungen beschrieben werden, da die<br />

Anaphorisierungsprobe negativ ausfällt, sondern als Teile des Verbkomplexes.<br />

z.B. (1) Sie steht dem Maler Modell. (E akk - E 1 ?)<br />

*Sie steht es dem Maler.<br />

(2) Ich lasse mich nicht für dumm verkaufen. (E prp - E 4 ?)<br />

*Ich lasse mich nicht dafür verkaufen.<br />

(3) Er hat die Sache <strong>im</strong> Griff. (E sit - E 5 ?)<br />

*Er hat die Sache dort.<br />

(4) Seine Ausbildung stand in Frage. (E sit - E 5 ?)<br />

*Seine Ausbildung stand dort.<br />

(5) Der Plan kommt zur Erörterung. (E dir - E 6 ?)<br />

*Der Plan kommt dorthin.<br />

(6) Er hat es <strong>im</strong> Leben weit gebracht. (E adj - E 8 ?)<br />

*Er hat es <strong>im</strong> Leben so gebracht.<br />

Diese Fügungen können durch (z.T.) Attribute erweitert werden, d.h. ihre interne Struktur ist<br />

z.T. veränderbar. Bei den attribuierbaren Fügungen handelt es sich in erster Linie um eine<br />

best<strong>im</strong>mte Gruppe von Funktionsverbgefügen, in denen das Verb nur noch strukturelle<br />

Verbfunktionen ausübt, während das Gefügenomen (in der Regel ein Deverbativum) einen<br />

verbalen Inhalt (meist eine Handlung oder einen Vorgang) ausdrückt.<br />

Die attributiven Erweiterungen können verschiedener Art sein.<br />

z.B. (7) Er kam in Gefahr, sein Leben zu verlieren.<br />

Er kam in Lebensgefahr.<br />

In (7) kommutiert der infinitivische Attributsatz mit der ersten unmittelbaren Konstituente<br />

einer Zusammensetzung.


15<br />

In (8) kommutiert ein Possesivpronomen mit einem attributiven Adjektiv, mit einem<br />

attributiven Genitiv und mit der ersten unmittelbaren Konstituente einer Zusammensetzung.<br />

z.B. (8) Das Land steht unter der Kontrolle des Militärs.<br />

Das Land steht unter seiner Kontrolle.<br />

Das Land steht unter militärischer Kontrolle.<br />

Das Land steht unter Militärkontrolle.<br />

Soll man die (meist) von den Nomina abhängigen Elemente als Attribute betrachten, oder soll<br />

man sie in Abhängigkeit von der gesamten Fügung sehen, d.h. als Ergänzungen (besonders bei<br />

den Funktionalverbgefügen gut vorstellbar – die Basisverben sind nämlich kommutierbar).<br />

z.B. (9) in Bewegung setzen - bewegen<br />

in Aufregung bringen - aufregen<br />

unter Kontrolle stehen - kontrolliert werden<br />

(Funktionalverbgefüge – Basisverben: leisten aktionale Differenzierung)<br />

Engel & Schumacher (1978: 41) haben sich entschlossen, dieses Problem <strong>im</strong> Kleinen<br />

Valenzlexikon auszuklammern (»*«) und begnügen sich mit Beispielsätzen. Die Gefügenomina<br />

(und die Nomina in anderen lexikalischen Fügungen) werden nicht als Ergänzungen<br />

gesehen, sondern bilden zusammen mit dem Verb (und Präposition) den Verbkomplex, denn<br />

die Gefügenomina sind nicht anaphorisierbar (Latour 1985: 46 und Engel & Schumacher<br />

1978: 38 ff. behandeln nur Funktionalverbgefüge mit Präpositionalphrasen »pS«, bei<br />

Helbig/Buscha 1987 auch andere Typen)<br />

R<br />

kam<br />

zur Sprache<br />

wurde<br />

genommen in Betrieb<br />

D<br />

das Thema<br />

die neue Maschine


16<br />

Funktionsverbgefüge<br />

zur Sprache<br />

kommen<br />

DAS<br />

GEFÜGENOMEN<br />

(der eigentliche<br />

Sinnträger<br />

nicht anaphorisierbar)<br />

⇒keine Ergänzung,<br />

DAS Teil des GEFÜGE<br />

Verbkomplexes)<br />

DAS FUNKTIONSVERB<br />

⇒ (fast) nur noch eine ausdrucksyntaktische<br />

Funktion<br />

das Verb hat seine ursprüngliche Funktion fast<br />

völlig verloren,<br />

es ist der Träger der Konjugationsendungen<br />

Die hauptsächliche semantische Leistung der Funktionsverbgefüge besteht darin, dass sie ein<br />

Geschehen folgenderweise markieren (Helbig/Buscha, S.103):<br />

Funktionsverbgefüge<br />

Basisverben<br />

dauernd [dur] beginnend [incho] bewirkend [caus] perfektiv [perf]<br />

in Bewegung sein kommen setzen sich bewegen<br />

Mut haben bekommen machen mutig sein<br />

in Ordnung sein kommen bringen ordnen/ regeln


17<br />

Pronomen es<br />

Beispiel Ersetzbarkeit Weglassbarkeit Status<br />

(1) Mein neues Auto - es ist kaputt. + - Ergänzung<br />

(2) Es regnet. - - VK<br />

(10) Es wurden 30 Typhusfälle gezählt. - + Platzhalter<br />

Trennbare Verbzusätze<br />

Kommutation<br />

Kommutation Anaphorisierbarkeit<br />

Trennbarkeit<br />

mit Präpositionalgruppe<br />

des Elements <strong>im</strong><br />

mit Synonymen<br />

best<strong>im</strong>mter Klasse<br />

eingeleiteten Nebensatz<br />

E dir + +<br />

E sit + +<br />

E adj + +<br />

VK - - - -<br />

Komplexe Prädikate<br />

Infinitivische<br />

Satzergänzung<br />

Teil eines<br />

Prädikatkomplexes<br />

Infinitivkonstruktion<br />

Als E 9<br />

Kommutation mit<br />

einem nominalen<br />

+ - -<br />

Syntagma<br />

Anaphorisierbarkeit + + +<br />

Unterschiedliche<br />

Rektionsverhältnisse<br />

E sub hängt vom V i ab E sub hängt vom V f ab


18<br />

Modalitätsverben und homonyme Vollverben<br />

VOLLVERBEN<br />

der abhängige Infinitiv<br />

ist anaphorisierbar<br />

der abhängige Infinitiv<br />

ist kommutierbar<br />

Kombinierbar mit<br />

best<strong>im</strong>mten E sub<br />

Semantik:<br />

bezeichnen eine<br />

intentionale Handlung<br />

MODALITÄTSVERBEN<br />

der abhängige Infinitiv ist<br />

nicht anaphorisierbar<br />

der abhängige Infinitiv ist<br />

nicht kommutierbar<br />

Kombinierbar mit relativ<br />

beliebigen E sub<br />

Semantik:<br />

bezeichnen den Beginn<br />

eines Prozesses


19<br />

Reflexivpronomina<br />

Verb<br />

echt<br />

fakultativ<br />

part<strong>im</strong><br />

reziproke<br />

feste<br />

reflexive<br />

reflexive<br />

reflexive<br />

reflexive<br />

Fügungen<br />

Pronomen<br />

Verben<br />

Verben<br />

Verben<br />

Verben<br />

Kommutation<br />

des Pronomens<br />

mit<br />

Nominalphrase<br />

möglich<br />

- - + (+) -<br />

el<strong>im</strong>inierbar - + - - -<br />

betonbar - - + + -<br />

erstellenfähig - - + + -<br />

koordinierbar - - + + -<br />

negierbar - - + + -<br />

erfragbar - - + + -<br />

VK VK E E VK

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