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Latein lernen - gewusst wie

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<strong>Latein</strong> <strong>lernen</strong> - <strong>gewusst</strong> <strong>wie</strong>!<br />

(Kurzfassung des Stoffes Cursus 1, Lektion 1-10)<br />

Grundsätzliches<br />

Übersicht über die Fachbegriffe: Grammatik S.6 - sie sollten aber auch aus dem Deutschunterricht<br />

bekannt sein.<br />

<strong>Latein</strong>ische Wörter funktionieren nach dem „Baukastenprinzip“:<br />

Bei Substantiven, Adjektiven und Verben gibt es Wortstämme („Bedeutungsteile“), an die<br />

Endungen angehängt werden, um Kasus, Numerus und Genus bzw. Person und Numerus anzuzeigen.<br />

Man muss lateinische Wörter also gewissermaßen „von hinten“ lesen:<br />

vide-t er/sie/es sieht<br />

vide-mus wir sehen<br />

amic-am die Freundin (Frage: wen?)<br />

amic-arum der Freundinnen (Frage: wessen?)<br />

Bei den Verben schiebt sich in anderen Tempora als dem Präsens zwischen Stamm und Endung<br />

noch ein Tempuskennzeichen:<br />

vide-ba-t er/sie/es sah<br />

<strong>Latein</strong>ische Sätze haben eine andere Wortstellung als deutsche, denn das Prädikat (die Verbform,<br />

an der man Person und Tempus erkennt) steht im lateinischen Satz meistens an letzter<br />

Stelle, im deutschen Hauptsatz aber als zweites Satzglied:<br />

Quintus Flaviae epistulam scribit. Quintus schreibt Flavia einen Brief.<br />

Deshalb kann man einen lateinischen Satz nicht einfach von vorne nach hinten durchübersetzen,<br />

sondern muss oft nach dem ersten Wort zum Prädikat „pendeln“ und dann <strong>wie</strong>der zurück!<br />

DAS IST EINE DER WICHTIGSTEN REGELN BEIM ÜBERSETZEN!!!<br />

Quintus Flaviae epistulam scribit.<br />

Wenn man das Prädikat gefunden hat, kann man von dort aus den Satz abfragen: Quintus<br />

schreibt ... wem? ... was?<br />

Die Antworten findet man über die Endungen der Substantive, weil diese den Kasus anzeigen:<br />

wem? Dativ -> Flaviae was? Akkusativ -> epistulam


Substantive<br />

Es gibt im <strong>Latein</strong>ischen mehrere Substantivgruppen (Deklinationen), die für die verschiedenen<br />

Kasus jeweils eigene Endungen haben:<br />

puer: der Junge, puer-i: des Jungen fortuna: das Schicksal, fortun-ae: des Schicksals<br />

mors: der Tod, mort-is: der Todes<br />

In Resten findet sich das auch noch im Deutschen:<br />

der Schüler - des Schülers aber: die Lehrerin - der Lehrerin (und nicht: der Lehrerins)<br />

und: der Mensch - des Menschen (und nicht: des Menschs)<br />

Um zu wissen, welche Endungen man anhängen muss (bzw. was die Endungen des Wortes signalisieren),<br />

ist es also unbedingt notwendig zu wissen, zu welcher Deklination ein Substantiv<br />

gehört.<br />

Das ist leicht, wenn man zwei Formen hat: den Nominativ und Genitiv Singular des Substantivs.<br />

Deshalb sind diese beiden Formen im Vokabelteil angegeben, z.B.<br />

urbs (das ist der Nominativ), urbis (das ist der Genitiv)<br />

vitium (Nominativ), vitii (Genitiv) usw.<br />

Mit der Kombination dieser beiden Formen (und nur aus der Kombination!) kann man eine<br />

einhundertprozentig sichere Zuordnung zu einer Deklination vornehmen:<br />

Nominativ Sg. Genitiv Sg. Deklination Geschlecht Beispiel<br />

-a -ae a-Deklination femininum aqua<br />

(außer nauta, pirata)<br />

-us -i o-Deklination maskulinum oculus<br />

-(e)r -i o-Deklination maskulinum vir, ager<br />

-um -i o-Deklination neutrum donum<br />

-is<br />

konsonantische<br />

Deklination<br />

consul, victor,<br />

servitus<br />

Bei der konsonantischen Deklination kann der Nominativ ganz unterschiedlich enden (s.<br />

Beispielwörter). Der Genitiv auf -is führt aber stets, immer und ausnahmslos zur konsonantischen<br />

Deklination. Da das Geschlecht hier (anders als bei den anderen Deklinationen) nicht<br />

an eine bestimmte Endung gekoppelt ist, muss man es mit<strong>lernen</strong>; man kann es aus der Form<br />

nicht ableiten.<br />

Das heißt:<br />

ES IST BEI SUBSTANTIVEN UNBEDINGT NOTWENDIG, BEIDE FORMEN UND<br />

DAS GESCHLECHT ZU LERNEN!!!<br />

Eine Übersicht über die Endungen der verschiedenen Deklinationen findet sich in der Grammatik<br />

auf Seite 25, Punkt 1.2 und S.30, Punkt 1.1.<br />

ES HILFT LEIDER NICHTS: DIESE ENDUNGEN MÜSSEN SCHLICHT GEPAUKT<br />

WERDEN.<br />

Manche Endungen sind mehrdeutig. Die Endung -i kann bei einem Wort der o-Deklination<br />

z.B. Genitiv Singular oder Nominativ Plural anzeigen:<br />

puer-i: des Jungen (Gen.Sg.: wessen?) / die Jungen (Nom. Pl.: wer?)<br />

Deshalb ist die oben erwähnte Satzabfrage vom Prädikat aus besonders wichtig beim<br />

Übersetzen! Habe ich beispielsweise schon ein Wort, das auf die Frage „wer?“ antwortet,<br />

wird die Form „pueri“ Genitiv Singular sein.


Verben<br />

Auch bei den Verben gibt es mehrere Gruppen (Konjugationen). Sie haben im Prinzip alle<br />

die gleichen Endungen, die sich in der Grammatik auf Seite 13 Punkt 2.1 und auf Seite 14<br />

Punkt 2.3 finden. Es gibt aber doch gewisse Unterschiede in den Formen; manchmal schiebt<br />

sich z.B. ein Sprechvokal ein. Deshalb muss man auch bei den Verben genau wissen, zu welcher<br />

Konjugation sie gehören. Aber auch hier gibt es absolut eindeutige Zuordnungsmechanismen.<br />

Für eine eindeutige Zuordnung benötigt man den Infinitiv und die erste Person Singular Präsens<br />

des Verbs. Das sind die ersten beiden Formen, die im Vokabelteil angegeben werden,<br />

z.B.<br />

agere (das ist der Infinitiv), ago (das ist die erste Person Singular Präsens)<br />

laborare (Infinitiv), laboro (1.P.Sg.Präs.) usw.<br />

Auch hier ist es <strong>wie</strong>der die Kombination (und <strong>wie</strong>der nur die Kombination!) der beiden Formen,<br />

die einen todsicher zur richtigen Konjugation führt:<br />

Infinitiv 1. Pers. Sg. Präsens Konjugation Beispiel<br />

-are -o a-Konjugation stare<br />

-ēre -eo e-Konjugation vidēre<br />

-ire -io i-Konjugation audire<br />

-ere -o konsonantische Konjugation<br />

petere<br />

a- und i-Konjugation sind sehr leicht zu identifizieren. Aufpassen muss man bei e- und konsonantischer<br />

Konjugation; sie werden leicht verwechselt. Mit etwas Sorgfalt sieht man aber:<br />

Die e- Konjugation hat ein langes e, und das ist auch im Vokabelteil immer so gekennzeichnet.<br />

Dieses lange e gehört zum Stamm und bleibt deshalb in allen Formen erhalten. Die<br />

konsonantische Konjugation hat im Infinitiv ein kurzes e; dieses gehört nicht zum Stamm,<br />

sondern ist nur eingeschobener Sprechvokal. Deshalb taucht es in der 1. Person Singular Präsens<br />

auch nicht auf, weil hier kein Sprechvokal nötig ist. Also noch einmal:<br />

Die Kombination -ēre, -eo führt zur e- Konjugation: tacēre, taceo<br />

Die Kombinatione -ere, -o führt zur konsonantischen Konjugation: agere, ago<br />

Es ist also notwendig, bei den Verben die Längenzeichen im Vokabelteil zu beachten!


Übersetzungstechnik<br />

Es gibt zwei grundsätzliche Unterschiede zwischen Deutsch und <strong>Latein</strong>, die manchmal zu<br />

Sch<strong>wie</strong>rigkeiten beim Übersetzen führen können:<br />

1. Die Stellung des Prädikats<br />

Im deutschen Hauptsatz steht das Prädikat als zweites Satzglied, im lateinischen Satz<br />

steht es meistens am Ende des (Teil-)Satzes. Deshalb muss man, <strong>wie</strong> oben beschrieben, pendeln.<br />

Fast nie kann man einen lateinischen Satz einfach von vorne nach hinten durchübersetzen!<br />

2. Die freiere Wortstellung<br />

Da die Endungen der lateinischen Wörter deren grammatische Funktion im Satz anzeigen,<br />

kann sich das <strong>Latein</strong>ische eine viel freiere Wortstellung erlauben als das Deutsche oder gar<br />

das Englische.<br />

Das Englische hat praktisch keine Kasusendungen. Deshalb ist die Wortreihenfolge im Satz<br />

streng festgelegt: Subjekt - Prädikat - Objekt.<br />

Quintus (wer?) is reading a letter (wen/was?) from Flavia.<br />

Quintus (wer?) liest einen (wen/was?) Brief von Flavia.<br />

Subjekt und Objekt können nicht vertauscht werden, ohne den Sinn des Satz komplett zu verändern.<br />

Im Deutschen haben wir noch so viel Reste von Deklination, dass wir diese Reihenfolge umdrehen<br />

könnten, ohne den Sinn zu verfälschen:<br />

Einen Brief (wen/was?) von Flavia liest Quintus (wer?).<br />

Ungewöhnlich, aber möglich! Die Endung einen Brief zeigt ja eindeutig an, dass hier die wen/<br />

was-Frage beantwortet wird und nicht die wer-Frage.<br />

Im <strong>Latein</strong>ischen ist das nun gar nicht so ungewöhnlich!<br />

Epistulam Flaviae Quintus legit.<br />

Die Endung -am zeigt eindeutig, dass mit diesem Wort die wen/was-Frage beantwortet wird<br />

(= Akkusativ) ; die Endung -us bei Quintus verweist eindeutig auf „wer“ (Nominativ).<br />

Gerade bei den ersten Wörtern des lateinischen Satzes muss man also besonders gut auf<br />

die Endung schauen, damit man nicht schon falsch beginnt! Es wäre völliger Quatsch, den<br />

Satz „Epistulam Flaviae Quintus legit.“ mit „Der Brief ...“ anzufangen!<br />

Neben diesen Unterschieden in den beiden Sprachen wirken lange Sätze mit Nebensätzen oft<br />

etwas unübersichtlich; auch das kann gewisse Probleme bereiten. Hier hilft es, sich klar zu<br />

machen, was zum Hauptsatz gehört und was zum Nebensatz. Eine Übersicht über die Wörter,<br />

die Nebensätze einleiten (Subjunktionen), steht in der Grammatik auf Seite 76.


Folgende Vorgehensweise beim Übersetzen ist also zu empfehlen:<br />

• Den zu übersetzenden Satz einmal vollständig durchlesen. Dabei schon auf eventuelle<br />

Nebensätze achten.<br />

• Den Satzanfang besonders genau betrachten: Steht hier schon ein Nominativ (also unser<br />

Subjekt auf die Frage „wer?“)? Oder beginnt der Satz z.B. mit einem Akkusativobjekt?<br />

• Mit der Übersetzung beginnen, dabei die Kasus der ersten Substantive genau beachten!<br />

• Wenn man an der Stelle der Übersetzung angelangt ist, an der im Deutschen das Prädikat<br />

kommen muss, ist es Zeit für den Pendelschwung zum lateinischen Prädikat! Achtung:<br />

Nicht jede Verbform kann ein Prädikat sein! Prädikat ist immer eine Form, bei der<br />

man eine Person und eine Zeit erkennen kann (also kein Infinitiv).<br />

• Nach der Übersetzung des Prädikats schwingt man <strong>wie</strong>der an die Stelle zurück, an der<br />

man vorher aufgehört hat. Jetzt ist auch Zeit, den Satz mit den Fragen „abzufragen“, die<br />

vom Prädiakt abhängen.<br />

• Wenn der Satz wegen Nebensätzen unübersichtlich wirkt, kann man diese erst einmal<br />

weglassen und später noch einfügen.<br />

• Unbedingt immer die Endungen genau beachten.<br />

Einmal am Beispiel vorgemacht:<br />

(Situation: Die Aufidier sitzen im Amphitheater, aber Maronilla mag gar nicht recht hinschauen<br />

...)<br />

Maronillae pugnae virorum non placent, etsi Publius filius gladiatores incitat.<br />

Erster Blick über den Satz: Der Teil nach dem Komma ist ein Nebensatz, zu erkennen an der<br />

Sunjunktion etsi „auch wenn“.<br />

Der Hauptsatz beginnt mit der Form Maronillae ... Hoppla, das ist kein Nominativ! Es könnte<br />

Genitiv oder Dativ Singular sein.<br />

Gibt es sonst eine Form im Hauptsatz, die Nominativ sein könnte? Ja - pugnae. Merken!<br />

Schauen wir mal auf das Prädikat ... placent „sie gefallen“.<br />

Welche Fragen bleiben offen? WER gefällt? Aha, pugnae ... WEM? Aha, wir brauchen also<br />

einen Dativ - na klar: Maronillae<br />

Also: Der Maronilla (wem?) ...<br />

jetzt Pendelschwung: ... gefallen ...<br />

<strong>wie</strong>der zurück: ... die Kämpfe (wer?) ...<br />

Es bleibt noch ein eindeutiger Genitiv, nämlich virorum: ... der Männer ...<br />

fehlt noch non: ... nicht.<br />

Der Maronilla gefallen die Kämpfe der Männer nicht, obwohl (etsi) ...<br />

Jetzt wird es einfach: ... ihr Sohn Publius die Gladiatoren anfeuert.<br />

zusätzliche Tipps für Schulaufgaben:<br />

• Den Vorspann lesen, den der Lehrer vor die Schulaufgabe gesetzt hat! Hier wird kurz in<br />

die Situation eingeführt, manchmal werden auch schon wichtige Namen genannt etc.<br />

• Den Text vor der genaueren Übersetzung einmal komplett durchlesen! Dabei könnten<br />

einem schon Wortfelder, beteiligte Personen usw. auffallen.<br />

• Absolut tödlich ist übrigens die Methode, über alle Wörter eines Satzes einfach die Bedeutung<br />

zu schreiben und sich dann einen Sinn zusammenzureimen. Das geht garantiert<br />

schief!


Vokabeln <strong>lernen</strong><br />

Wichtig:<br />

• Überschaubare Portionen, dafür aber sehr regelmäßig.<br />

• Mit möglichst vielen Sinnen <strong>lernen</strong>: Lesen, laut sprechen, schreiben, eine Zeichnung<br />

machen, sich kleine (deutsche) Sätze zu den Vokabeln ausdenken ....<br />

• Sich das Lernen erleichtern durch<br />

... das Erkennen von Ableitungen und Wortverwandtschaften,<br />

... „Eselsbrücken“ („Et“ heißt „und“ und auch „auch“. - „Endlich“ habe ich ein tandem.),<br />

... echtes Verständnis der Bedeutungen - man kann sich z.B. durch einen deutschen Satz<br />

klar machen, was imponere „auferlegen“ eigentlich bedeutet.<br />

• Immer <strong>wie</strong>der Wiederholungen einschieben; dabei von der aktuellen Lektion rückwärts<br />

gehen.<br />

Die Führung eines Karteikastens ist sehr effektiv, allerdings auch eher mühselig.<br />

Gute Dienste leistet ein Vokabelheft: Nicht <strong>gewusst</strong>e „alte“ Vokabeln eintragen und alle 3-4<br />

Tage <strong>wie</strong>derholen.

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