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2. Korinther 6,2b - Wochenspruch zum Drittletzten Sonntag

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Wochenschlussgottesdienst am Samstag, 10. November 2012<br />

in der Mutterhauskapelle der Diakonissen Speyer-Mannheim<br />

Siehe, jetzt ist die Zeit der Gnade,<br />

jetzt ist der Tag des Heils.<br />

<strong>2.</strong><strong>Korinther</strong> 6,<strong>2b</strong><br />

<strong>Wochenspruch</strong> Drittletzter <strong>Sonntag</strong> nach Trinitatis<br />

Jetzt ist die Zeit der Gnade, jetzt ist der Tag des<br />

Heils? Ein bisschen vollmundig, diese Aussage.<br />

In bezug auf unser eigenes Leben – geht es uns da<br />

so gut, dass wir das mit fester Überzeugung sagen<br />

können: Jetzt ist die Zeit der Gnade, jetzt ist der Tag<br />

des Heils? Manchmal, phasenweise, für einige<br />

Augenblicke oder Tage oder Monate schon. Aber<br />

wenn wir an Jahre denken, fangen wir schon an zu<br />

zögern. Jetzt- Zeit der Gnade, Tag des Heils?<br />

Und für manche unter uns sind die Tage des Heils,<br />

die Zeiten der Gnade schon weit weg, in grauer<br />

Vorzeit fast. Der Alltag heute, das ist eher<br />

Gebrechlichkeit, Traurigkeit, Sorge, Mühe, Plage,<br />

alles andere als Heil, als Gnade.<br />

Sicher, wenn wir zurückschauen, wir wollen ja nicht<br />

undankbar sein, da fallen uns schon Augenblicke<br />

und Zeiten der Gnade und des Heils ein. Es ist uns<br />

schon gut gegangen, wir haben schon viel genießen<br />

können, neben mancher Mühe, vielleicht viel Mühe,<br />

die wir auch hatten.<br />

Da gab es und gibt es sonnige Strecken unseres<br />

Lebens, gute Zeiten, glückliche Tage. Nicht nur die<br />

Tage, wo wir meinten, das ganze Glück des Lebens<br />

mit Händen greifen zu können. Nein, einfach die<br />

Zeiten voller Kraft, wo es uns gelungen ist, das<br />

Leben zu bestehen, Schwierigkeiten zu meistern. All<br />

das gab es, schöne Urlaube und Zeiten, wo wir<br />

einfach ehrlich müde am Abend und dennoch sehr<br />

zufrieden waren, das Tagewerk war geschafft, nicht<br />

alles erreicht, aber manches doch abgeschlossen.<br />

Jetzt ist die Zeit der Gnade, jetzt ist der Tag des<br />

Heils? - In bezug auf die politische Situation trauen<br />

wir uns schon gar nicht mehr solche Sätze in den<br />

Mund und solche Gedanken in den Kopf zu nehmen.<br />

Die Renten, die Arbeitslosigkeit, die wirtschaftliche<br />

Entwicklung, die Sicherheit der Arbeitsplätze. Es gibt<br />

keine Schönwetterreden mehr. Es gibt nur das<br />

Blättern in Rezeptbüchern zur Krisenbewältigung.<br />

Das ganz normale Missverstehen macht uns zu<br />

schaffen. All die vielen Kleinigkeiten unseres Alltags,<br />

die uns die Lebensfreude vergällen, und das große<br />

Elend, das uns trifft und den Boden unter den Füßen<br />

wegzieht. Es gibt offenbar Grund genug zu jammern.<br />

Grund genug, das Leben schwer und kaum<br />

erträglich zu finden. Grund genug zu verzweifeln.<br />

Was soll da das himmelhoch jauchzende: Siehe,<br />

jetzt ist die Zeit der Gnade, jetzt ist der Tag des<br />

Heils? Ist es Tünche nur, soll es hinweghelfen,<br />

hinwegtrösten über die trostlose Realität? Ist es<br />

Augenwischerei, billiger Trost, der nicht eingelöst<br />

werden kann von der Wirklichkeit und in der<br />

Wirklichkeit? Es sieht ja ganz so aus.<br />

Wie wir uns halt manchmal hinweghelfen über die<br />

schlimme Realität, wie wir uns etwas vormachen,<br />

wie wir ein bisschen Garnierung brauchen für den<br />

Alltag, wie wir von <strong>Sonntag</strong> zu <strong>Sonntag</strong> leben, von<br />

Urlaub zu Urlaub. Wie wir einander auch etwas<br />

vorspielen von heiler Welt und guter Stimmung, wie<br />

wir ein bisschen schauspielern, und wie’s da drinnen<br />

aussieht, geht niemanden etwas an.<br />

Aber ganz so ist das Leben ja nicht. Das sagt uns<br />

jedenfalls das Stück Lebenserfahrung, das wir<br />

haben. Da gibt es eben auch Leid, Krankheit,<br />

ungestillte Sehnsucht, Verzweiflung, Angst,<br />

Hoffnungslosigkeit, das ganze Elend eines<br />

Menschenlebens, das es eben auch gibt.<br />

Jetzt ist die Zeit der Gnade, jetzt ist der Tag des<br />

Heils – kaum zu glauben. So gern wir’s glauben<br />

würden.<br />

2<br />

Lesen wir die Sätze um diesen <strong>Wochenspruch</strong><br />

herum, Sätze des Paulus im <strong>2.</strong> <strong>Korinther</strong>brief, dann<br />

stellen wir fest: Blauäugig sind diese Sätze nicht<br />

formuliert. Paulus weiß, wie Menschen zu allen<br />

Zeiten gewusst haben, dass das Leben kein<br />

Honiglecken allein ist.<br />

Auch wenn es Menschen über Phasen ihres Lebens<br />

hin immer wieder gelingt, die weniger guten Zeiten<br />

auszublenden und den Traum vom glücklichen<br />

Leben ohne Ende zu träumen, Den einen gelingt es<br />

mehr, den anderen weniger. Das hängt ganz vom<br />

persönlichen Geschick ab, das einen trifft.<br />

Und wenn es einer Kultur immer wieder einmal<br />

gelingt, in begrenzten Welträumen und auf<br />

begrenzte Zeit, manchmal über Jahrzehnte hinweg,<br />

in euphorischen Stimmungen in eine Zukunft hinein<br />

zu leben, in der alles machbar und beherrschbar und<br />

das Elend ausrottbar zu sein scheint. Das sind die<br />

Zeiten leichter Lebensart und des großen oder<br />

kleinen Luxus. Jahrzehnte, wie wir sie kennen,<br />

allesamt.<br />

Paulus weiß, dass das nicht das ganze<br />

Menschenleben ist. ... in allem erweisen wir uns als<br />

Diener Gottes: in großer Geduld, in Trübsalen, in<br />

Nöten, in Ängsten, in Schlägen, in Gefängnissen, in


Verfolgungen, in Mühen, im Wachen, im Fasten ... In<br />

all dem erweisen wir uns als Diener Gottes.<br />

Mitten in dieser Welt, mitten in dieser Zeit leben wir.<br />

Und mitten drin ist zu hören: Siehe, jetzt ist die Zeit<br />

der Gnade, siehe, jetzt ist der Tag des Heils! In den<br />

Ängsten, in den Nöten, in Trübsal, gar in Gefängnis<br />

und Verfolgung, in aller Mühe des Lebens. Siehe,<br />

jetzt ist die Zeit der Gnade, siehe, jetzt ist der Tag<br />

des Heils!<br />

3<br />

Siehe! Dieses kleine Wort ist der Schlüssel <strong>zum</strong><br />

Verständnis. Es kommt auf das Sehen an, auf den<br />

Blick, auf den Blickwinkel. Man muss schon<br />

hinsehen, will man in unserer Zeit die Zeit der Gnade<br />

entdecken, in unseren Tagen den Tag des Heils.<br />

Hinsehen mit dem rechten Blick für die Gnade und<br />

das Heil.<br />

Das ist unser Beitrag als Glaubende, als Christen in<br />

dieser Welt. Den rechten Blick haben. Das Gute<br />

sehen, das in dieser Welt da ist, Gott sehen, der in<br />

dieser Welt am Werk ist.<br />

Den rechten Blick haben. Davon spricht das<br />

Evangelium dieser Woche, Lukas 17, 20f: Als Jesus<br />

von den Pharisäern gefragt wurde: Wann kommt das<br />

Reich Gottes?, antwortete er ihnen und sprach: Das<br />

Reich Gottes kommt nicht so, dass man's<br />

beobachten kann; man wird auch nicht sagen:<br />

Siehe, hier ist es! Oder: Da ist es! Denn siehe, das<br />

Reich Gottes ist mitten unter euch.<br />

Den rechten Blick haben, das heißt: Wissen, dass<br />

Gott am Werk ist. So verquer die Welt ist, so<br />

schlecht ein Teil der Menschen, so schlecht ein Teil<br />

in uns. Wissen, dass Gott am Werk ist. Mitten unter<br />

uns, inwendig in uns, wie die alte Luitherübersetzung<br />

sagte. Da ist das Reich Gottes. Da etabliert sich<br />

seine Herrschaft. Da zeigt er seine Macht, sein<br />

Reich, seine Kraft und seine Herrlichkeit. Mitten<br />

unter uns, inwendig in uns.<br />

Dafür den rechten Blick haben. Für das Gute, das in<br />

dieser Welt geschieht. Für Gottes Geist, der in ihr<br />

am Werk ist. Dafür den rechten Blick haben, das ist<br />

unser Beitrag als Glaubende, als Christen in dieser<br />

Welt.<br />

Das heißt: Nicht griesgrämig das Elend nur sehen<br />

und es sauertöpfisch bejammern. Das Böse nicht<br />

überhand nehmen lassen. Das Schlimme uns nicht<br />

niederdrücken lassen. Auf das Gute achten, auf das<br />

Leben, auf die Liebe. Auf die Blume, die uns blüht,<br />

auf die Freundschaft, die uns trägt, auf die Hoffnung,<br />

die uns aufrecht hält.<br />

Sogar eine große Hoffnung, am Ende. Das Leben ist<br />

stärker als der Tod. Gott will nicht, dass wir verloren<br />

werden, sondern das ewige Leben haben. Eine<br />

Hoffnung, die alles Elend überstrahlt. Auch wenn sie<br />

sich uns nicht in jedem Augenblick aufdrängt, wenn<br />

sie manchmal wegrutscht und verschwunden zu sein<br />

scheint.<br />

Deshalb dieses Siehe! hier. Habt acht darauf. Tut die<br />

Augen auf. Seht durch den Nebelschleier hindurch,<br />

der euch eure Welt trüb macht. Seht auf Gottes<br />

Glanz. Mitten unter euch, inwendig in euch.<br />

4<br />

Und wenn ihr seht, dann bleibt ihr nicht dieselben,<br />

die ihr zuvor wart. Dann werdet ihr aktiv. Dann tut ihr<br />

mit. Von ganz allein.<br />

Deshalb fängt Paulus den Abschnitt, in dem unser<br />

<strong>Wochenspruch</strong> steht, an: Als Mitarbeiter aber<br />

ermahnen wir euch, dass ihr die Gnade Gottes nicht<br />

vergeblich empfangt. Denn er spricht (Jesaja 49,8):<br />

»Ich habe dich zur Zeit der Gnade erhört und habe<br />

dir am Tage des Heils geholfen.« Siehe, jetzt ist die<br />

Zeit der Gnade, siehe, jetzt ist der Tag des Heils!<br />

Mitarbeiter seid ihr dann. Mitarbeiter sind wir. ... in<br />

allem erweisen wir uns als Diener Gottes, Diener,<br />

Diakone, Diakonissen, Diener Gottes. Wir tun seine<br />

Arbeit, wir tun bei seiner Arbeit mit.<br />

Das Heil Gottes sehen und dann dazu beitragen,<br />

daran mitarbeiten. Das ist unser Amt, unser Dienst,<br />

unsere Diakonie. So ist das Reich Gottes mitten<br />

unter uns. Darin, dass wir in seinem Dienst stehen.<br />

Dass wir tun, was er uns vormacht. Dass wir ihm<br />

folgen. Dass wir einander helfen, das Leben zu<br />

bestehen. In guten und in bösen Zeiten.<br />

Weil wir den Tag des Heils sehen, weil wir die Zeit<br />

der Gnade wahrnehmen, deshalb können wir tätig<br />

sein dafür.<br />

5<br />

Das führt uns dazu, noch einmal die Umkehrung des<br />

Gedankens zu bedenken. Wir kommen von der<br />

Gnade her. Wir sind darauf angewiesen, dass und<br />

das Heil geschenkt wird.<br />

Gott hat getan, was uns hilft. Gott hat geschenkt,<br />

was wir brauchen. Es ist Gottes Liebe, die diese<br />

Welt trägt und hält, und es ist der Strom der Liebe<br />

Gottes, in den wir einsteigen, in dem wir<br />

mitschwimmen, der durch uns weiterfließt in die<br />

kleine Welt hinein, in der wir leben. Gottes Liebe,<br />

Gottes Leben, Gottes Heil.<br />

Als Mitarbeiter ... ermahnen wir euch, dass ihr die<br />

Gnade Gottes nicht vergeblich empfangt. Nicht<br />

vergeblich empfangen. Aber eben empfangen. Uns<br />

beschenken lassen. Offen sein für die Freundlichkeit<br />

Gottes. Offen sein für die Sonne, die uns scheint, für


den Tag, der uns geschenkt wird, für das Glück, das<br />

wir dankbar hinnehmen können, für die Nähe, die wir<br />

erfahren.<br />

Offen sein dafür, es dankbar nehmen, als Geschenk,<br />

und daraus die Kraft erfahren, den eigenen Weg zu<br />

gehen. Wie schwer er vielleicht auch ist.<br />

Empfangen, was uns gegeben wird. Das<br />

Wesentliche im Leben ist eben Geschenk, nicht<br />

selbst gemacht, nicht selbst verdient, sondern<br />

geschenkt. Uns von Gott geschenkt.<br />

Als Beschenkte dienen. Das ist unser Auftrag. In<br />

dieser Reihenfolge: Uns beschenken lassen, und<br />

das Geschenk nutzen, füreinander, für andere.<br />

Gerade auch für die, die unsere Hilfe und<br />

Zuwendung brauchen.<br />

6<br />

Siehe, jetzt ist die Zeit der Gnade, siehe, jetzt ist der<br />

Tag des Heils!<br />

Eine Einladung also, unser Leben als Geschenk zu<br />

empfangen, zu sehen, was uns gegeben ist, und an<br />

unserer Stelle zu tun, was wir tun können<br />

füreinander. Dann spüren und sehen auch andere,<br />

dass jetzt ... die Zeit der Gnade ist, dass jetzt ... der<br />

Tag des Heils ist. Und Gottes Welt kommt ein Stück<br />

weiter zu ihrer Vollendung.<br />

Das zu bedenken ist uns aufgegeben an diesem<br />

<strong>Drittletzten</strong> <strong>Sonntag</strong> im Kirchenjahr mit seinem<br />

Thema: Warten auf das Reich Gottes. Da<br />

verschränkt sich unsere Erwartung der Endzeit, der<br />

Erlösung, die Gott für uns und unsere Welt<br />

bereithält, mit dem Blick in unseren Alltag.<br />

Siehe, jetzt ist die Zeit der Gnade, siehe, jetzt ist der<br />

Tag des Heils!<br />

Werner Schwartz,<br />

Diakonissen Speyer-Mannheim

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