Unterauschuss Zwischenbericht - Toni Hofreiter
Unterauschuss Zwischenbericht - Toni Hofreiter
Unterauschuss Zwischenbericht - Toni Hofreiter
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Deutscher Bundestag<br />
16. Wahlperiode<br />
Nur zur dienstlichen Verwendung<br />
<strong>Zwischenbericht</strong><br />
über die Tätigkeit des<br />
Unterausschusses Eisenbahninfrastruktur<br />
für die Zeit vom 28. März bis zum 31. Dezember 2007<br />
Vorsitz: Enak Ferlemann, MdB (CDU/CSU)<br />
vorgelegt dem Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung<br />
<strong>Zwischenbericht</strong> des Unterausschusses<br />
Eisenbahninfrastruktur<br />
15.01.2008<br />
___________________________________________________________________________<br />
2<br />
1. Einleitung<br />
In seiner 34. Sitzung am 21. März 2007 hat der Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung<br />
einstimmig beschlossen, einen Unterausschuss Eisenbahninfrastruktur einzusetzen.<br />
Aufgabe des Unterausschusses sollte sein, sich mit dem Zustand des Schienennetzes<br />
zu befassen und der Frage nachzugehen, wie eine leistungsfähige und sichere Schieneninfrastruktur<br />
für die Zukunft sichergestellt werden kann. Dem lag zugrunde, dass der<br />
Bundesrechnungshof in einem Entwurf seines Berichtes an den Haushaltsausschuss („Instandhaltung<br />
der Bundesschienenwege“) auf Mängel bei der Instandhaltung des Schienennetzes<br />
durch die DB Netz AG hingewiesen hatte. Die Aufgabe, sich eingehend
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung<br />
<strong>Zwischenbericht</strong> des Unterausschusses<br />
Eisenbahninfrastruktur<br />
15.01.2008<br />
___________________________________________________________________________<br />
3<br />
BD-90/GR (1) Winfried Hermann Dr. Anton <strong>Hofreiter</strong><br />
Zum Vorsitzenden des Unterausschusses wurde Enak Ferlemann, zum stellvertretenden<br />
Vorsitzenden Uwe Beckmeyer bestimmt.<br />
3. Themen<br />
Zu Beginn seiner Arbeit hat der Unterausschuss folgende Themen festgelegt, deren Bearbeitung<br />
er für vordringlich hält:<br />
Themenkomplex Netz:<br />
- Sachstandsbericht zum Netzzustandsbericht (Gespräch mit Vertreter DB Netz AG)<br />
- Erstellung eines Netzentwicklungsplanes<br />
- Erörterung von Fragen zur Unterhaltung des Netzes: Vorgaben, Prioritäten, sachgerechte<br />
Verwendung der Finanzierungsmittel<br />
- Prüfung der Ablaufverfahren bei Planung und Ausbau des Streckennetzes<br />
- Fragen der Netzgröße sowie Auswirkungen eines teilweisen Rückbaus<br />
- Bedarfsplanung bei den Schienenwegen in Bezug auf den Bundesverkehrswegeplan<br />
- Vorlage eines Netzbilanzberichts<br />
- Problematik des Wertes des Netzes: Was ist das Netz wert und welche Kriterien sind<br />
bei der Bewertung zugrunde zu legen?<br />
- Qualitätsmerkmale des Netzes<br />
Themenkomplex Eisenbahninfrastruktur allgemein:<br />
- Prüfung der Verwendung der Mittel für die Eisenbahninfrastruktur seit 1994<br />
- Problematik der Bilanzierung bei der Verwendung von Mitteln durch die Bahn<br />
- Sicherung einer leistungsfähigen und sicheren Infrastruktur (Problematik der<br />
Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung)
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung<br />
<strong>Zwischenbericht</strong> des Unterausschusses<br />
Eisenbahninfrastruktur<br />
15.01.2008<br />
___________________________________________________________________________<br />
- Befassung mit Vorschlägen zu einer Vereinfachung und Beschleunigung der Zulassung<br />
europäischer Zugsicherungsssysteme (European Train Control System - ETCS)<br />
- Infrastrukturprüfung Bahnhöfe<br />
- Problematik der sachgerechten Zuordnung der Vermögenswerte (z. B. Abgrenzung zu<br />
Station und Service)<br />
- Fragen des Managements bei der Deutschen Bahn AG<br />
4<br />
4. Sitzungsverlauf<br />
Zur Klärung der oben genannten Sachthemen hat der Ausschuss folgende Sachverständige<br />
angehört:<br />
2. Sitzung am 25. April 2007 Expertengespräch zum Thema „Netzzustand<br />
und Netzzustandsbericht“ mit Dr. Volker<br />
Kefer und Oliver Kraft von der DB Netz AG<br />
3. Sitzung am 9. Mai 2007 Expertengespräch zum Thema „Erhalt, Entwicklung<br />
und Ausbau der Schienenwege“<br />
mit Dr. Wolf-Rüdiger Gorka, Mitglied des<br />
unabhängigen Netzbeirates bei der DB Netz<br />
AG<br />
4. Sitzung am 20. Juni 2007 Expertengespräch zum Thema „Erhalt, Entwicklung<br />
und Ausbau der Schienenwege“<br />
mit Dr. Martin Henke, Verband Deutscher<br />
Verkehrsunternehmen (VDV)<br />
5. Sitzung am 4. Juli 2007 Expertengespräch zum Thema „Netzzustandsbericht“<br />
mit Dr. Volker Kefer und Oliver<br />
Kraft von der DB Netz AG
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung<br />
<strong>Zwischenbericht</strong> des Unterausschusses<br />
Eisenbahninfrastruktur<br />
15.01.2008<br />
___________________________________________________________________________<br />
5<br />
6. Sitzung am 19. September 2007 Expertengespräch zum Thema „Maßnahmen<br />
zur Beseitigung von Schienenengpässen“ mit<br />
Dr. Volker Kefer und Oliver Kraft von der<br />
DB Netz AG<br />
7. Sitzung am 10. Oktober 2007 Expertengespräch zum Thema „Hinterlandanbindung<br />
der Seehäfen“ mit Bingfried Belter<br />
von der DB Netz AG<br />
8. Sitzung am 24. Oktober 2007 Expertengespräch zum Thema „Zustand des<br />
Schienennetzes im Verkehrsgebiet des Verkehrsverbundes<br />
Berlin-Brandenburg (VBB)“<br />
mit Hans-Werner Franz, Geschäftsführer des<br />
VBB<br />
Ein für den 7. November 2007 geplantes Expertengespräch mit Prof. Dr.-Ing. Thomas Siefer<br />
vom Institut für Verkehrswesen, Eisenbahnbau und –betrieb der Leibniz Universität<br />
Hannover zu seiner Studie über die „Ertüchtigung des norddeutschen Eisenbahnnetzes für<br />
den wachsenden Schienengüterverkehr“ musste aufgrund terminlicher Engpässe auf Januar<br />
2008 verschoben werden.<br />
5. Kernaussagen der Experten<br />
Expertengespräch zum Thema „Netzzustand und Netzzustandsbericht“ mit Dr. Volker<br />
Kefer und Oliver Kraft von der DB Netz AG am 25. April 2007<br />
Gegenstand der 2. Sitzung des Unterausschusses „Eisenbahninfrastruktur“ war die Frage,<br />
in welchem Bearbeitungsstand sich der Netzzustandsbericht befindet, nachdem ein im vorangegangenen<br />
Jahr von der DB Netz AG vorgelegter Entwurf noch einmal überarbeitet<br />
werden musste. Von den Experten wurde dargelegt, dass grundsätzlich zwei Probleme bei<br />
der Aufbereitung des Datenmaterials vorhanden seien. So bestünde zum einen die Schwierigkeit,<br />
die Datenflut so aufzuarbeiten, dass sie verständlich und auswertbar sei und auch<br />
zu den richtigen Schlüssen und Ergebnissen führe. Zum anderen müsse geklärt werden,
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung<br />
<strong>Zwischenbericht</strong> des Unterausschusses<br />
Eisenbahninfrastruktur<br />
15.01.2008<br />
___________________________________________________________________________<br />
welches die Messgrößen seien, an denen man sich in der Zukunft orientieren könne, um<br />
von gleichen Maßstäben ausgehen zu können. Zwar umfasse die Zusammenfassung des<br />
Netzzustandsberichtes nur 70 Seiten, ihm lägen allerdings 1.600 Dateien zugrunde, was<br />
ausgedruckt etwa einem Umfang von 20.000 Seiten entspräche. Für die Zukunft sei die<br />
Frage von zentraler Bedeutung, wie man fortlaufend den Netzzustand abfragen könne,<br />
ohne dass es der Abgabe eines in einem formalisierten Verfahren abzugebenden Netzzustandsberichtes<br />
bedürfe.<br />
Die DB Netz AG habe ein Präventionsprogramm eingeführt, in dem das Schleifen der<br />
Schienen zwingend vorgeschrieben werde. Dies sei nicht nur kostenschonend, sondern<br />
auch qualitätssteigernd. Strecken würden hinsichtlich ihrer Belastung kategorisiert, um<br />
damit Mittel effektiver lenken zu können. Eine weitere Rolle spielte während des Gespräches<br />
die Frage, inwieweit einem Dritten die Möglichkeit zur Kontrolle des Netzes eingeräumt<br />
werden kann. Die Experten machten deutlich, dass die DB Netz AG zwar ihre in<br />
dieser Hinsicht bestehende Verantwortung keinem Dritten übertragen würde. Es besteht<br />
aber eine Zuständigkeit des EBA als Kontrollbehörde für die Sicherheit auf dem Netz, die<br />
diese durchaus aktiv wahrnimmt, in dem ein Mitarbeiter des EBA auf einem Messzug mitfährt.<br />
Expertengespräch zum Thema „Netzzustand und Netzzustandsbericht“ mit Dr. Volker<br />
Kefer und Oliver Kraft von der DB Netz AG am 4. Juli 2007<br />
Wie vereinbart hat die DB Netz AG vor Beginn der parlamentarischen Sommerpause am<br />
5. Juli 2007 einen Netzzustandsbericht vorgestellt. Allerdings liegt der Netzzustandsbericht<br />
in seiner endgültigen Form zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht vor, da er noch einer<br />
weiteren, gemeinsamen Bearbeitung durch das BMVBS und der DB Netz AG bedarf. In<br />
der Sitzung des Unterausschusses am 5. Juli 2007 wurden Inhalt und Struktur des Netzzustandsberichtes<br />
in seiner zu diesem Zeitpunkt vorliegenden, vorläufigen Fassung erläutert.<br />
Zur Struktur des Berichtes erklärten die beiden Experten Dr. Volker Kefer und Oliver<br />
Kraft, dass in Teil 1 das Kataster mir 3 Mio. Datensätzen enthalten sei. Hierin enthalten<br />
seien die Strecken und der Anlagenbestand. Diese müssten jedes Jahr von Seiten des Eisenbahnbundesamtes<br />
verifiziert werden. Die Datenqualität sei noch nicht bei 100 %, werde<br />
aber jedes Jahr ein Stück besser. In Teil 2 seien die sogenannten Qualitätskennzahlen<br />
6
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung<br />
<strong>Zwischenbericht</strong> des Unterausschusses<br />
Eisenbahninfrastruktur<br />
15.01.2008<br />
___________________________________________________________________________<br />
enthalten. Zu den Qualitätskennzahlen gehörten der theoretische Fahrzeitverlust, die Störbestehenszeiten<br />
bzw. die Anzahl der Störungen, das Anlagenalter, der Ausbaustandard der<br />
Bahnsteige, die Versorgungssicherheit mit Bahnenergie sowie die noch zu bestimmende<br />
Qualitätskennzahl für die Netzqualität. Weitere sechs bis acht Kennzahlen würden derzeit<br />
noch gemeinsam auch mit den technischen Experten hinsichtlich ihrer Aussagekraft und<br />
Verifizierbarkeit diskutiert.<br />
Bei dem theoretischen Fahrzeitverlust werde der mängelbedingte Normfahrzeitverlust<br />
gemessen. Mit dieser Kennzahl würden Strecken berücksichtigt, die entweder im Verzeichnis<br />
der zulässigen Geschwindigkeit enthalten seien oder aber sogenannte Mängellangsamfahrstellen<br />
seien, die länger als sechs Monate bestünden. Im Jahr 2006 sei ein<br />
theoretischer Fahrzeitverlust von 1.085 Minuten zu verzeichnen. Dies sei eine Verbesserung<br />
gegenüber 2005 von 1.040 Minuten. Zusätzlich sei als Kennzahl noch einmal berücksichtigt<br />
worden, dass sich eine Störung auf einer Strecke stärker auswirke, die extrem<br />
hoch belastet sei. Auch hier sei eine Verbesserung von 562 Minuten gegenüber 2005 mit<br />
615 Minuten festzustellen. Insgesamt gäbe es in der Bundesrepublik für 1.000 gefahrene<br />
Zugkilometer 30,25 Verspätungsminuten. Hiervon würden 5,56 Verspätungsminuten<br />
durch die Infrastruktur verursacht.<br />
Die zweite Kennzahl, die sogenannte Störbestehenszeit dokumentiere, wie lange es dauere,<br />
bis eine Störung behoben sei. Sie umfasse die Zeit vom Anfang einer Störungsmeldung<br />
bis zur Wiederfreigabe der Strecke. Hier sei festzustellen, dass es im Jahr 2006 einen Anstieg<br />
gegenüber dem Jahr 2005 gegeben habe. Ursächlich hierfür sei, dass es während der<br />
Fussball-WM weniger Bautätigkeit gegeben habe. Anschließend seien die Temperaturen<br />
zu hoch gewesen, um Schweißungen durchzuführen.<br />
Zu der dritten Kennzahl, dem Durchschnittsalter der Anlagen sei anzumerken, dass sich<br />
das Alter der Gleise von 19,6 auf 19,8 Jahre erhöht habe, das der Weichen von 16,5 auf<br />
16,9 Jahre. Diese Kennzahl sei allerdings nicht unproblematisch, da sie nichts über die<br />
Qualität der Anlagen aussage. Zudem seien lange Liegezeiten ausdrücklich erwünscht.<br />
Bei der vierten Kennzahl, dem Ausbaustandard der Bahnsteige würden Bahnsteige anhand<br />
bestimmter Kriterien wie Blindenleitsysteme, Dächer, Höhe der Bahnsteige usw. bepunktet.<br />
Maximal könne ein Bahnsteig ca. 4600 Punkte erreichen. Hier habe man gegenüber<br />
7
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung<br />
<strong>Zwischenbericht</strong> des Unterausschusses<br />
Eisenbahninfrastruktur<br />
15.01.2008<br />
___________________________________________________________________________<br />
2005 zulegen können: So sei ein Anstieg von 2.517 Punkten auf 2.565 Punkten zu verzeichnen.<br />
Dies sei nicht nur auf die Investitionen des Bundes, sondern auch der Länder<br />
und einzelner Kommunen zurückzuführen.<br />
Die fünfte Kennzahl, die Versorgungssicherheit mit Bahnenergie habe für die elektrifizierten<br />
Strecken ebenfalls einen hohen Aussagewert. An dieser Kennzahl sei abzulesen, wie<br />
gut die Versorgungssicherheit mit Energie beherrscht werde. Durch vorhandene Redundanzen<br />
sei es grundsätzlich möglich, eine sehr hohe Versorgungssicherheit zu gewährleisten.<br />
Mit den weiteren Kennzahlen, die zurzeit noch in der Diskussion seien, gehe es – im Gegensatz<br />
zu den genannten Kennzahlen, mit denen die objektive Aufnahme eines Gesamtzustandes<br />
erfolgen solle – um die Erfassung von Zwischenzuständen, um Tendenz-<br />
Aussagen treffen zu können.<br />
Teil 4 des Berichtes umfasse neben den Instandhaltungs- auch die Investitionszahlen. Im<br />
Jahre 2006 sei eine Summe von 3,4 Mrd. Euro nur für das Bestandsnetz ausgegeben worden.<br />
Hiervon seien 2,7/2,75 Mrd. Bundesmittel und knapp über 600 Mio. Eigenkapital der<br />
Bahn. Damit seien 1.700 km Gleis, 1.450 Weichen, 128 Bahnsteige und 61 Fahrtreppen<br />
erneuert worden. Für Instandhaltung sei eine Summe von 1,8 Mrd. Euro ausgegeben<br />
worden. Davon würden 40 % in Eigen- und 60 % in Fremdleistung erbracht. Weitere<br />
knapp 30 % würden für Wartung, Inspektion und Entstörung ausgegeben. Der Rest werde<br />
für Erneuerung und Instandsetzung aufgewendet. Festzustellen sei, dass eine vermehrte<br />
Umschichtung in das Präventionsprogramm stattfinde. Gegenüber früheren Jahren sei daher<br />
ein Anstieg z. B. bei Vegetationsmaßnahmen und beim Schienschleifen zu verzeichnen.<br />
Im Rahmen von ProNetz sei eine Strategie entwickelt worden, bei der aufgrund einer<br />
Analyse des heutigen Zustandes und der Kenntnis der Wirkzusammenhänge Instandhaltungsstrategien<br />
abgeleitet worden seien. In der Planung für 2007 seien diese mittlerweile<br />
verankert worden. Für 2008 werde das Verfahren noch weiter verfeinert.<br />
8
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung<br />
<strong>Zwischenbericht</strong> des Unterausschusses<br />
Eisenbahninfrastruktur<br />
15.01.2008<br />
___________________________________________________________________________<br />
Expertengespräch zum Thema „Erhalt, Entwicklung und Ausbau der Schienenwege“<br />
mit Dr. Wolf-Rüdiger Gorka, Mitglied des unabhängigen Netzbeirates bei der DB Netz<br />
AG am 9. Mai 2007<br />
In dem Expertengespräch zum Thema „Erhalt, Entwicklung und Ausbau der Schienenwege“<br />
am 9. Mai 2007 legte Dr. Wolf-Rüdiger Gorka, Mitglied des unabhängigen Netzbeirates<br />
der DB Netz AG dar, dass alle Eisenbahnverkehrsunternehmen mit erheblichen Problemen<br />
im Bestandsnetz zu kämpfen hätten, da Unterhaltungsrückstände zu Langsamfahrstrecken<br />
führten. Zum Teil erfolge sogar eine Sperrung einzelner Gleise im Verlade- und<br />
Rangierbereich. Dies habe zur Folge, dass die Produktivitätskosten der Unternehmen immer<br />
größer würden, da man bei langsamerer Fahrweise mehr Kapazitäten brauche. So<br />
käme es auch zu sog. Sprungkosten, da zusätzliche Fahrzeuge gebraucht würden.<br />
Insgesamt strebe der Netzbeirat eine engere Zusammenarbeit mit dem Eisenbahnbundesamt<br />
an, soweit es um die Reduzierung von Infrastrukturmaßnahmen gehe. In dieser Hinsicht<br />
sei es in der Vergangenheit vorgekommen, dass bei der Reduzierung von Abstellgleisen<br />
und ähnlichem Entscheidungen getroffen worden seien, die sich im Nachhinein als<br />
falsch erwiesen hätten, da eine Privatbahn diese durchaus gut hätte nutzen können.<br />
Der genaue Zustand des Netzes sei dem Netzbeirat nicht bekannt. Dabei existierten durchaus<br />
Messzüge sowie auch ein Infrastrukturkataster. Erfreulicherweise seien erstmalig seit<br />
der Bahnreform erfreuliche Zuwächse im Güter-, Fern- und Nahverkehr zu verzeichnen.<br />
Diese Zuwächse seien größer als die Zuwächse auf der Straße. Man stehe nun aber vor der<br />
Situation, dass die Zuwächse im Güterverkehr auf manchen Relationen sehr bald nicht<br />
mehr abgefahren werden könnten. Festzustellen sei, dass die Prioritäten für Schienenprojekte<br />
falsch gesetzt seien. Dringend erforderlich sei der Bau der Y-Trasse, der Strecke<br />
Fulda-Frankfurt, Karlsruhe-Basel und Dortmund-Emmerich. Fraglich sei dagegen, ob man<br />
mit einer Eisenbahninfrastruktur in einer Größe, die in Zukunft nicht gebraucht werde,<br />
Aufbauhilfe in den neuen Bundesländern leisten könne.<br />
Das Verfahren der Vorfinanzierung der Planungskosten durch die Bahn sei grundsätzlich<br />
nicht zu beanstanden. Wichtig sei dann aber, dass der Bund für diese Kosten garantiere.<br />
Zudem müssten mehr Mittel hierfür vom Bund bereitgestellt werden. Wichtig sei auch,<br />
dass man seitens des Bundes mit der Bahn eine Lösung finde, damit die Bahn, um Eigen-<br />
9
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung<br />
<strong>Zwischenbericht</strong> des Unterausschusses<br />
Eisenbahninfrastruktur<br />
15.01.2008<br />
___________________________________________________________________________<br />
mittel zu sparen, mit Instandhaltungen nicht solange warte, bis es Ersatzinvestionen geworden<br />
seien, für die der Bund aufkomme.<br />
Expertengespräch zum Thema „Erhalt, Entwicklung und Ausbau der Schienenwege“<br />
mit Dr. Martin Henke, Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV) am 20. Juni<br />
2007<br />
Der Geschäftsführer des Geschäftsbereiches Eisenbahnverkehr des VDV, Dr. Martin Henke,<br />
führte in der Sitzung vom 20. Juni 2007 aus, dass die Ziele, die seinerzeit mit der<br />
Bahnreform hätten erreicht werden sollen, nämlich eine stärkere Beteiligung der Bahn am<br />
Verkehrswachstum zu erzielen, nun stärker verwirklicht würden. Dies stelle aber höhere<br />
Ansprüche an die Verkehrsinfrastruktur. Derzeit würden diese strukturellen Änderungen –<br />
insbesondere auch die Volumina - bei der Planung noch nicht hinreichend berücksichtigt.<br />
Es gäbe mehrere Möglichkeiten, um die Problematik anzugehen, vor allem was die Qualität<br />
und die Einstellung des Netzes auf die Bedürfnisse der Nutzer angehe.<br />
Eines dieser Mittel, das er für prioritär halte, sei eine vernünftige Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung<br />
mit der DB AG. Zurzeit erfolge die öffentliche Finanzierung des Bestandsnetzes<br />
projektorientiert. Hierbei könne nicht ausgeschlossen werden, dass die Infrastrukturunternehmen<br />
die Investitionsprioritäten den Interessen der verbundenen Eisenbahnverkehrsunternehmen<br />
unterordneten. Zudem würden mit der ausschließlichen Investitionsförderung<br />
falsche Anreize gesetzt. So werde bereits im PRIMON-Gutachten ausgeführt,<br />
dass ein Anreiz bestehe, die Instandhaltung auf Kosten kürzerer Lebenszeiten der<br />
Anlagen zu minimieren, da umfangreich werdende Ersatzinvestitionen vom Bund finanziert<br />
würden. Sinnvoller wäre es, wenn sich die Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung<br />
nicht allein auf die Investitionsfinanzierung beschränke, sondern wenn ein Gesamtpaket<br />
geschnürt werde, bei dem ein Zustand eingekauft werde, für den eine Gegenleistung<br />
erbracht werde. Er schlage außerdem vor, dass sich der Abschluss einer Leistungs- und<br />
Finanzierungsvereinbarung zwischen den Netzunternehmen und dem Bund ausschließlich<br />
auf das Bestandsnetz beziehe. Neubau- und Ausbaumaßnahmen wären dann in gesonderten<br />
Einzelfinanzierungsvereinbarungen zu regeln. Die Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung<br />
müsse bei Pflichtverletzungen Sanktionsmöglichkeiten dergestalt enthalten,<br />
dass die Bewirtschaftung von Strecken weggenommen und im Wettbewerb neu vergeben<br />
werde. Zudem wäre es zu begrüßen, wenn die Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung<br />
10
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung<br />
<strong>Zwischenbericht</strong> des Unterausschusses<br />
Eisenbahninfrastruktur<br />
15.01.2008<br />
___________________________________________________________________________<br />
auf regionale Einheiten bzw. Netze zugeschnitten würde. Vorbild hierfür könnten die Regionalnetze<br />
sein, die die DB AG gebildet habe.<br />
Zentraler Bezugspunkt für die Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung müsse ein aussagekräftiger<br />
Netzzustandsbericht sein, der vernünftige Streckenkataster enthalte. Die<br />
Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung müsse als Vorgabe des Bundes unter Bezugnahme<br />
auf den Netzzustandsbericht klare Zielaussagen für die Entwicklung von Kennziffern<br />
enthalten. Sie müsse zudem Aussagen über den politisch gewünschten Umfang des<br />
Netzes treffen. Entwicklungsziele und Finanzierungsbeiträge seien langfristig festzulegen,<br />
um eine kontinuierliche Planbarkeit herzustellen. Bei der Formulierung von Netzentwicklungszielen<br />
müssten Unternehmen intensiv und systematisch beteiligt werden. Um den<br />
Unternehmen ein Mitspracherecht einzuräumen, sei es aus ihrer Sicht sinnvoll, den Netzbeirat<br />
in Zukunft nicht bei den Netzunternehmen, sondern gesetzlich beim Bund zu verankern.<br />
Um feststellen zu können, ob die Netzziele erreicht worden seien, müsse der Netzzustandsbericht<br />
jährlich fortgeschrieben werden.<br />
Es werde zurzeit an sehr unterschiedlichen Elementen zur Förderung der effizienten Ausnutzung<br />
des Netzes gearbeitet, sei es durch Pönale, anreizorientierte Trassenpreise oder<br />
Vereinbarungen zwischen Netzagentur und Netzbetreiber bzw. der Erlass von Verwaltungsakten,<br />
um besonders effizient arbeitende Infrastrukturunternehmen zu stärken. Anreizorientierte<br />
Trassenpreise setzten allerdings eine sehr delikate Feinsteuerung voraus.<br />
Denn durch eine Fehlsteuerung bei den Trassenpreisen könnten Fehlanreize gesetzt werden,<br />
wodurch dann falsche Strecken gefördert würden. Es sei zu erwarten, dass sich die<br />
nicht bundeseigenen Eisenbahnen vehement zu Wort melden würden, da der Zugang zum<br />
Beruf des Eisenbahninfrastrukturunternehmens von Seiten der bundeseigenen und nicht<br />
bundeseigenen Eisenbahnunternehmen extrem unterschiedlichen Finanzierungsgrundsätzen<br />
unterliege.<br />
Im Moment sei ein Zuwachs insbesondere bei Anlagen, aber auch bei der Infrastruktur erforderlich.<br />
Drei absolute Brennpunkte seien ein Engpass in Hamburg-Harburg, der Bereich<br />
des Zulaufes von den ARA-Häfen in Richtung Ruhrgebiet, vor allem im Bereich<br />
Oberhausen-Duisburg, und Rastatt. Wichtig sei, sich rechtzeitig darüber Gedanken zu machen,<br />
wo in fünf Jahren Engpässe im Bundesschienenwegenetz bestehen würden. Hier sei<br />
11
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung<br />
<strong>Zwischenbericht</strong> des Unterausschusses<br />
Eisenbahninfrastruktur<br />
15.01.2008<br />
___________________________________________________________________________<br />
insbesondere zu hinterfragen, ob man nicht durchgreifender auf Kapazität und weniger auf<br />
Großprojekte, bei denen gar keine Bestellungen vorlägen, setzen solle. Festzustellen sei,<br />
dass man zu streckenorientiert sei. Es sei von großer Bedeutung, die Anlagen – etwa die<br />
Umlegung von Weichen - stärker in den Focus zu nehmen.<br />
Expertengespräch zum Thema „Maßnahmen zur Beseitigung von Schienenengpässen“<br />
mit Dr. Volker Kefer und Oliver Kraft von der DB Netz AG am 19. September 2007<br />
Gegenstand des Expertengespräches am 19. September 2007 mit Dr. Volker Kefer und O-<br />
liver Kraft von der DB AG war der Wunsch des Unterausschusses, zu erfahren, welche<br />
Engpässe im Netz bestehen. Die Experten legten dar, dass es speziell im Güterverkehr ein<br />
erhebliches Wachstum gäbe. Ursächlich hierfür seien zum einen verstärkte Verkehre aus<br />
den ARA-Häfen über die Betuwe-Linie auf der Linie Oberhausen-Emmerich sowie auch<br />
auf der Strecke Mannheim – Karlsruhe bis nach Basel bzw. Genua. Zum anderen gäbe es<br />
eine zweite große Wachstumslinie aus der Nord-Süd-Richtung von den Häfen Hamburg<br />
und Bremen sowie von dem JadeWeserPort, die erhebliche Wachstumsraten erwarten lasse.<br />
Kleinere Zuwächse gäbe es auch in Ost-West-Richtung. Die Prognosen beruhten darauf,<br />
dass im Fernverkehr mit einem Wachstum bis 2015 von 17 % gerechnet werde. Auf<br />
den Hauptmagistralen würden überproportionale Steigerungsraten von deutlich über 20 %<br />
erwartet. Dies sei eine Mindestentwicklung, wenn man berücksichtige, dass es in den letzten<br />
zwei Jahren fast 11 % Wachstum im Güterverkehr gegeben habe. Das vorhandene<br />
Transportvolumen könne über die Straße nicht abgefahren werden. Wenn der Verkehr a-<br />
ber nicht mehr ausgefahren werde könne, werde das Wachstum der Häfen auf diese Art<br />
und Weisen begrenzt.<br />
Erforderlich sei daher die Beseitigung von folgenden Engpässen u. a. auf folgenden Strecken<br />
bzw. Knoten:<br />
Oberhausen – Emmerich<br />
Rhein/Main – Rhein/Neckar<br />
Karlsruhe - Basel<br />
Knoten Hamburg<br />
Knoten Bremen<br />
Zulauf JadeWeserPort Oldenburg - Wilhelmshaven<br />
12
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung<br />
<strong>Zwischenbericht</strong> des Unterausschusses<br />
Eisenbahninfrastruktur<br />
15.01.2008<br />
___________________________________________________________________________<br />
Fulda - Bebra<br />
Knoten Fürth - Nürnberg<br />
Hamburg - Bremen - Hannover („Ypsilon-Trasse“)<br />
Drittes Gleis Stelle - Lüneburg<br />
Hanau - Würzburg/Fulda („Mottgersspange“)<br />
Mit den in den nächsten Jahren zur Verfügung gestellten Bundesmitteln seien die aufgeführten<br />
Projekte nicht zeitnah zu realisieren. Für die Ypsilon-Trasse z. B. sei damit erst<br />
ein Inbetriebnahmezeitpunkt 2021 zu erreichen. Um diese Projekte im Sinne der verkehrlichen<br />
Entwicklungen und der Prognose auf das Jahr 2015 vorziehen zu können, bräuchte<br />
es eines Anstieges ab 2010 bis 2015/17 auf 1,5/1,6 Mrd. Euro jährlich. Es seien rund 15<br />
Milliarden Euro erforderlich, um die Schieneninfrastruktur den zukünftigen Erfordernissen<br />
anzupassen, derzeit sei aber nur ein Drittel hinterlegt. In den nächsten Jahren müssten<br />
die Projekte im Rahmen der Planfeststellung fixiert und es müssten dann – wenn das Geld<br />
zur Verfügung stünde – Finanzierungsvereinbarungen abgeschlossen werden. Für diesen<br />
Anstieg auf 1,5 Mrd. Euro jährlich sei eine Anschubfinanzierung für die großen Projekte<br />
vonnöten. Mit Blick auf die Laufzeit einer Planfeststellung von 8 Jahren und darauf, dass<br />
es noch keine Trassenerlöse für die Strecken gäbe, sei ein solches Volumen nicht vorzufinanzieren.<br />
Der angegebenen Schätzung lägen einige Risiken zugrunde. So sei es bei einer Vergabe<br />
möglich, dass man zu erheblich erhöhten Preisen komme. Fraglich sei auch, ob die angenommene<br />
Nominalisierung von 1,5 % ausreichend sei. Auch könnten im Rahmen der<br />
Planfeststellung noch Auflagen entstehen, die sich erhöhend auswirkten.<br />
Um Kleinvorhaben insbesondere zum Abfahren der Hinterlandverkehre bewältigen zu<br />
können, bräuchte man zunächst einmal 250 Mio. Euro für die nächsten fünf Jahre. Dies sei<br />
die erste Stufe für ein Sofortprogramm Seehafenhinterlandverkehr. Die zweite Stufe umfasse<br />
die großen Bedarfsplanmaßnahmen wie zum Beispiel das „Ypsilon“. Hieran solle<br />
sich für die Zeit nach 2020 eine dritte Stufe anschließen, ohne dass diese schon näher<br />
konkretisiert sei.<br />
13
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung<br />
<strong>Zwischenbericht</strong> des Unterausschusses<br />
Eisenbahninfrastruktur<br />
15.01.2008<br />
___________________________________________________________________________<br />
Expertengespräch zum Thema „Hinterlandanbindung der Seehäfen“ mit Bringfried<br />
Belter von der DB Netz AG am 10. Oktober 2007<br />
In dem Expertengespräch mit dem Projektleiter des Masterplans Seehafenhinterlandanbidung<br />
bei der DB AG, Bringfried Belder, am 10. Oktober 2007 bestätigte dieser die Aussage,<br />
dass der Güterverkehr in den kommenden Jahren stark zunehmen werde. Der Bundesverkehrswegeplan<br />
2003 habe für das Jahr 2015 eine Gesamtmenge von 624 Mrd. To n-<br />
nenkilometer vorgesehen. Diese Menge sei bereits im Jahre 2006 erreicht worden. Im Jahre<br />
2015 sei mit einem Auswuchs von rund 50 Prozent, von 2005/2006 an gerechnet, auszugehen.<br />
In Gesprächen mit Häfen, Transporteuren und Teilbetreibern sei festgestellt worden, dass<br />
jeder von einer eigenen Prognose ausgehe, die von der der anderen abweiche. Daraufhin<br />
habe man sich darauf verständigt, eine gemeinsame Prognose in Zusammenarbeit mit den<br />
großen Häfen Hamburg, Bremen, Bremerhaven, Wilhelmshaven, Lübeck und Duisburg zu<br />
erarbeiten. Im Ergebnis sei festgestellt worden, dass insgesamt rund 400 Züge zusätzlich<br />
aus den großen Häfen der Nordsee herausfahren würden.<br />
Zurzeit führen in Hamburg im Schnitt 208 Züge pro Tag in oder aus dem Hafen heraus.<br />
Die Prognosen gingen davon aus, dass es 2015 394 Züge sein würden. Hinzu kämen weitere<br />
60 Züge durch den Ausbau des Hafen Steinwerder, der im Jahre 2015 abgeschlossen<br />
sein werde, sowie weitere 100 Züge, die durch eine zu bauende große Anlage für Containerentladung<br />
im Gebiet des Westhafens verursacht würden, so dass die Anzahl im Jahr<br />
2025 auf 560 Züge steige. In Bremen/Bremerhaven gehe City 4 2008 gesamthaft in Betrieb.<br />
Hierdurch würde die Containermenge von 3,7 Mio TEU (Standardcontainer) heute<br />
auf 8,7 Mio. anwachsen. Dies bedeute einen Anstieg um 106 Züge. In Wilhelmshaven<br />
komme der JadeWeserPort noch hinzu. Sie gingen davon aus, dass dieser 2011 in Betrieb<br />
gehen könne. Dort würden dann 2,7 Mio. TEU (Standardcontainer) umgeschlagen, was<br />
sich dann in 48 zusätzliche Züge ausdrücke. Auch der größte Binnenhafen Duisburg<br />
wachse. Einerseits nehme der Kohleverkehr zu. Andererseits werde Duisburg, so die<br />
Prognosen, eine neue Drehscheibe für die ARA-Häfen darstellen. Insgesamt führen etwa<br />
400 Züge aus den Häfen zusätzlich heraus. 75 Prozent davon seien in der Nord-Süd-<br />
Relation. Dies sei eine überraschende Erkenntnis gewesen, da man ursprünglich davon<br />
14
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung<br />
<strong>Zwischenbericht</strong> des Unterausschusses<br />
Eisenbahninfrastruktur<br />
15.01.2008<br />
___________________________________________________________________________<br />
ausgegangen sei, dass die Ströme Richtung Osten deutlich stärker zunehmen würden als<br />
in Richtung Süden.<br />
Um das vorhandene Netz besser nutzen zu können, seien kleinere Maßnahmen dringend<br />
erforderlich, die kurzfristig wirkten. Sie hätten eine Gesamtliste von etwa 100 Maßnahmen<br />
mit einem Volumen von 300 Mio. Euro zusammengestellt. Hierzu gehörten u. a. die<br />
Blockverdichtung zwischen Hamburg und Harburg und die Verbindungskurve Richtung<br />
Bremen. Sinnvoll sei eine Sammelfinanzierungsvereinbarung, damit dies schnell abgearbeitet<br />
werden könne. Bis 2015 würden 1,5 Mrd. Euro per anno benötigt. Es fehlten in den<br />
nächsten Jahren rund 500 Mio. Euro. Erforderlich sei auch eine Anschubfinanzierung für<br />
die Planung.<br />
Das „Ypsilon“ sei 2015 dringend erforderlich, da ansonsten kein Wachstum der Häfen<br />
mehr möglich sei. Eine vernünftige Alternative zum „Ypsilon“ gebe es nicht. Der<br />
mehrgleisige Ausbau über Lüneburg sei deshalb nicht sinnvoll, weil damit ignoriert würde,<br />
dass es einen Zuwachs in Bremerhaven, Bremen und Wilhelmshaven gäbe, wo dann<br />
aber keine Entlastung stattfinde. Zudem sei in einem Raumordnungsverfahren vor etwa<br />
acht bis zehn Jahren bei einem Vergleich der unterschiedlichen Varianten festgestellt worden,<br />
dass das „Ypsilon“ die am ehesten verträgliche Variante sei.<br />
Wenn man die von ihm vorgeschlagenen Maßnahmen nicht durchführe, sei mit Restriktionen<br />
was die Zugläufe anbelange zu rechnen. Dann könne nicht zu jeder Zeit, die der<br />
Markt fordere, gefahren werden. Es sei nicht absehbar, ob der Markt dies annehme. Alternativen<br />
seien geprüft aber verworfen worden. So bringe eine Harmonisierung der Geschwindigkeiten<br />
nicht die erforderliche Entlastung. Die Einführung eines alternierenden<br />
Haltens im Nahverkehr sei politisch nicht durchsetzbar, da der Bevölkerung dann nur<br />
noch 50 Prozent an Halten angeboten würden. Auf der Rheinachse sei nun ein Versuchsprogramm<br />
mit 1000-Meter-Zügen begonnen worden. Es seien aber weder 1000 Meter Ü-<br />
berholgleise noch Anlagen, um einen 100-Meter-Zug bilden zu können, vorhanden. Dies<br />
sei daher auch keine Maßnahme, die sich für eine kurzfristige Entlastung eigne, sondern<br />
möglicherweise eine langfristige Maßnahme auf internationaler Ebene.<br />
15
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung<br />
<strong>Zwischenbericht</strong> des Unterausschusses<br />
Eisenbahninfrastruktur<br />
15.01.2008<br />
___________________________________________________________________________<br />
Expertengespräch zum Thema „Zustand des Schienennetzes im Verkehrsgebiet des<br />
Verkehrsverbundes Berlin-Brandenburg (VBB)“ mit Hans-Werner Franz, Geschäftsführer<br />
des VBB am 24. Oktober 2007<br />
Der Geschäftsführer des Verkehrsverbundes Berlin-Brandenburg (VBB) erläuterte in der<br />
Sitzung am 24. Oktober 2007 die Ergebnisse einer vom VBB durchgeführten Netzzustandsanalyse.<br />
Anlass für diese Analyse sei gewesen, dass in den letzten Jahren zunehmend<br />
Qualitätsmängel im Netz festgestellt worden seien, dass man aber von der DB Netz<br />
keine Informationen über das Netz habe bekommen können.<br />
Hans-Werner Franz führte aus, dass die Netzzustandsanalyse zu dem Ergebnis gelangt sei,<br />
dass auf 16 Prozent des Netzes 662 Langsamfahrstellen vorhanden seien. 7 Prozent der<br />
Strecke seien in einem schlechten Zustand. Damit bestehe ein Reisezeitverlust auf der<br />
Schiene in Berlin-Brandenburg von über 5000 Stunden und über 7 Prozent. Es bestünde<br />
ein krasser Widerspruch zu den Angaben der DB Netz AG. Diese gebe nämlich an, dass<br />
das Netz in Berlin-Brandenburg lediglich 35 Langsamfahrstellen aufweise und dass der<br />
Fahrzeitverlust nur 2,4 Prozent betrage. Aus Sicht des VBB werde der Zustand des Netzes<br />
durch die DB Netz AG beschönigt.<br />
Auf einzelnen Strecken gebe es extreme Verschlechterungen im Netz. Die größten Probleme<br />
seien bei den Verbindungen vorhanden, die in die Großstädte am Rande der Republik<br />
führten, wie etwa nach Cottbus, Dresden oder nach Frankfurt an der Oder. 1993 habe<br />
die Fahrzeit auf der Strecke Berlin-Dresden 1 Stunde und 51 Minuten betragen, heute<br />
betrage die Fahrzeit 2 Stunden und 5 Minuten. Ohne Mängel würde die Fahrt 1 Stunde<br />
und 42 Minuten dauern. Die Fahrzeitverlängerung habe höhere Betriebskosten zur Folge,<br />
die er auf 10 Prozent schätze.<br />
Probleme zeigten sich bei den Unterhaltungsmaßnahmen, die nicht in dem ausreichenden<br />
Maße erfolgten, am Oberbau, am Unterbau, an den Weichen, die nicht ausreichend gewartet<br />
seien, an der Signaltechnologie und auch an der Art, wie trassiert werde. Durch die<br />
mangelnde Weichenwartung entstünde ein Fahrtzeitverlust von zwanzig Prozent, mangelhafte<br />
Brücken hätten einen Fahrzeitverlust von zwölf Prozent zur Folge.<br />
Die DB lege eine andere Berechnungsweise als der VBB, nämlich den theoretischen Fahrzeitverlust,<br />
zugrunde. Hierbei würden tatsächlich gefahrene Geschwindigkeiten,<br />
16
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung<br />
<strong>Zwischenbericht</strong> des Unterausschusses<br />
Eisenbahninfrastruktur<br />
15.01.2008<br />
___________________________________________________________________________<br />
Abbrems- und Anfahrwege nicht berücksichtigt. Dies sei unrealistisch. Zudem würden bei<br />
der Berechnung der DB nur die Stellen einbezogen, die seit dem letzten Fahrplanwechsel<br />
entstanden seien. Schadhafte Stellen, die zum Teil bereits seit Jahren bzw. Jahrzehnten bestünden,<br />
blieben auf diese Weise unberücksichtigt. Problematisch hieran sei vor allem,<br />
dass die Bahn sich auch in öffentlichen Verlautbarungen hierauf beziehe und verkünde,<br />
dass der Gesamtfahrzeitverlust im deutschen Netz nur bei zwei Prozent liege. Irritierend<br />
sei zudem, dass die DB Netz selbst nur ein Pünktlichkeitsziel von 93 Prozent habe. Der<br />
Fahrplan müsse so kalkuliert werden, dass man zu 100 Prozent pünktlich fahre.<br />
Es sei nicht nachzuvollziehen, warum das öffentliche Eisenbahnnetz von der DB Netz AG<br />
als geheime Kommandosache behandelt werde und keine Informationen zu erhalten seien.<br />
Diese habe Probleme zur Folge, weil der Fahrplan vom VBB bereits ein Jahr vorher bestellt<br />
würde, man aber definitiv nicht sagen könne, in welchem Zustand dann der Fahrplan<br />
gefahren werde. Die Konsequenz hieraus sei gewesen, dass eine Strecke ein halbes Jahr<br />
mit Busersatzverkehr habe gefahren werden müssen, weil der Fahrplan nicht zu halten<br />
gewesen sei. Erschwerend käme hinzu, dass bei der DB Netz kaum noch jemand vorhanden,<br />
der einen Fahrplan rechnen könne. In den letzten 10 Jahren habe man dort rund 60<br />
Prozent des Personals abgebaut. Dadurch sei es bei Störungen kaum noch möglich,<br />
schnell darauf zu reagieren und Störungen abzustellen. In der Region seien die Mittel der<br />
DB Netz stark zurückgefahren worden. Die Unterhaltsmittel seien mehr als halbiert worden.<br />
Auch die Investitions- und Planungsmittel seien verringert worden, so dass die Aufgaben,<br />
die erforderlich wären, um die Qualität zu halten, gar nicht mehr durchgeführt<br />
werden könnten. Es sei bei ihnen der Eindruck entstanden, dass bei der DB nur wenig Interesse<br />
bestehe, die Nebenstrecken zu erhalten. Vielmehr habe in den letzen Jahren ein<br />
massiver Rückbau im Netz stattgefunden. Der Rückbau von Überholgleisen z.B. habe zur<br />
Folge, dass internationale Güterzüge Vorrang hätten und es hierdurch – mangels Überholgleise<br />
– zu erheblichen Verspätungen komme. Insgesamt bestehe der Eindruck, dass weniger<br />
Geld in das Netz in Brandenburg fließe, als an Trassennutzungsgebühren gezahlt<br />
werde.<br />
17
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung<br />
<strong>Zwischenbericht</strong> des Unterausschusses<br />
Eisenbahninfrastruktur<br />
15.01.2008<br />
___________________________________________________________________________<br />
6. Zwischenergebnis<br />
18<br />
Ein aussagekräftiger Netzzustandsbericht ist zum einen wesentlicher Bezugspunkt für die<br />
mit der DB zu schließende Leistungs- und Finanzierungsvereinbarung. Er hat aber auch<br />
für die nicht bundeseigenen Eisenbahnen zentrale Bedeutung, um einen gerechten Wettbewerb<br />
auf der Schiene herstellen zu können. Dies ist in den Gesprächen mit Dr. Martin<br />
Henke vom VDV und Hans-Werner Franz vom VBB noch einmal ausdrücklich unterstrichen<br />
worden.<br />
In einem konstruktiven Gespräch des Unterausschusses mit Vertretern der DB Netz AG<br />
und des BMVBS wurde die Problematik eines Netzzustandsberichtes intensiv erörtert. Die<br />
Vertreter der DB Netz AG, Dr. Volker Kefer und Oliver Kraft, gaben einen Einblick in<br />
die zu erwartende Struktur des Berichts, in wesentliche Zwischenergebnisse sowie auch in<br />
die noch bestehenden Divergenzen. In diesem Zusammenhang wurden von Seiten der<br />
Mitglieder des Unterausschusses Anforderungen an den Bericht formuliert. Das BMVBS<br />
hat zugesagt, dass in den nächsten Wochen der Netzzustandsbericht in einer veränderten<br />
Form vorgelegt wird. Sobald der Bericht in seiner endgültigen Fassung übermittelt worden<br />
ist, wird darüber zu diskutieren sein, ob dieser akzeptabel ist.<br />
Es bestand ein allgemeiner Konsens der befragten Experten, dass die bisher gesetzten Prioritäten<br />
neu überdacht werden müssen und dass eine Unterfinanzierung bei der Bahn besteht.<br />
Im Hafenhinterlandverkehr haben wir bereits heute die Prognosezahl erreicht, die<br />
für 2015 vorhergesagt war. Aufgrund der Beratungen des Unterausschusses „Eisenbahninfrastruktur“<br />
ist eine verbesserte Hinterlandanbindung der Seehäfen als vordringlich erkannt<br />
worden. Die sehr erfreuliche Entwicklung der Häfen macht es erforderlich, in erheblichem<br />
Umfang investive Mittel bereitzustellen. Konsequenzen sind bereits von den<br />
Fraktionen der großen Koalition gezogen worden. Diese haben im Hauptausschuss einen<br />
Antrag zum Haushalt 2008 vorgelegt, im dem die „Bottlenecks“, die Priorisierung und die<br />
Planung der zukünftigen Hinterlandverkehre thematisiert worden ist. Dies hat zur Folge<br />
gehabt, dass im Haushalt 2008 in einem neuen Titel erstmalig insgesamt 255 Millionen €<br />
für das Programm „Seehafenhinterlandverkehr zur Beseitigung von Engpässen im Güterverkehr“<br />
bereitgestellt worden sind. Da dies allerdings erst ein erster Schritt ist, um die
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung<br />
<strong>Zwischenbericht</strong> des Unterausschusses<br />
Eisenbahninfrastruktur<br />
15.01.2008<br />
___________________________________________________________________________<br />
sogenannten „Bottlenecks“ zu beseitigen, wird es hier auch in Zukunft weiterer Anstrengungen<br />
zur Lösung der Probleme bedürfen.<br />
7. Ausblick<br />
19<br />
Für die zukünftige Arbeit sieht der Unterausschuss „Eisenbahninfrastruktur“ die Bearbeitung<br />
folgender Themen als vordringlich an:<br />
Thema „Bahnhöfe“: Hier bestehen deutschlandweit massive Probleme. Zum einen geht es<br />
um den Erhaltungszustand, zum anderen aber auch um die Vorgehensweise beim Verkauf<br />
der Bahnhöfe (wie etwa die Dauer eines Verkaufs). Diskutiert werden sollte in diesem Zusammenhang,<br />
ob der Stadtentwicklung beim Verkauf von bahneigenem Gelände eine höhere<br />
Priorität eingeräumt werden könnte. Wesentlich wäre aber auch eine Bedarfsabschätzung<br />
für die Zukunft. Das Thema sollte Bahnhöfe, Bahngelände, Empfangsgebäude und<br />
Haltepunkte umfassen.<br />
Thema Immobilienzuordnung und Gleise: Zu erörtern wird hier die Frage der Zuordnung<br />
der Immobilien sein, was man mit nicht mehr benötigten Gleisen macht und welcher Bedarf<br />
hier in Zukunft besteht.<br />
Thema „Energieversorgung“: Bei dem Thema wird es darum gehen, Grundinformationen<br />
über die Rahmenbedingungen sowie auch zur Preisberechnung zu erhalten. Es ist geplant,<br />
hierzu die DB Energie einzuladen.<br />
Thema „Netzzustand“: Hierbei wird es um die Fragen gehen, was aus der Initiative Pro<br />
Netz geworden ist und welche weiteren Maßnahmen von der DB Netz AG zur Behebung<br />
von Defiziten auf dem bestehenden Schienennetz ergriffen werden. Praktische Erkenntnisse<br />
sollen bei der Teilnahme der Unterausschussmitglieder an einer Testfahrt gewonnen<br />
werden.<br />
Thema Netzentwicklung: Es sollte die Frage diskutiert werden, wie man künftig Netzentwicklung<br />
steuern und kontrollieren will. Ziel könnte hierbei die Verständigung auf eine<br />
Entwicklungsstrategie Infrastruktur sein.
Ausschuss für Verkehr, Bau und Stadtentwicklung<br />
<strong>Zwischenbericht</strong> des Unterausschusses<br />
Eisenbahninfrastruktur<br />
15.01.2008<br />
___________________________________________________________________________<br />
Thema „Trassen“: Zu erörtern wird bei diesem Thema sein, ob es eine stärke Transparenz<br />
bei der Verwendung der Trassenentgelte geben sollte, um hieraus Rückschlüsse für die<br />
Weiterentwicklung der Netzinfrastruktur ziehen zu können. Bei dem zu dem Thema<br />
„Trassen“ gehörenden Aspekt des Diskriminierungspotentials sollte die Bundesnetzagentur<br />
mit einbezogen werden.<br />
Thema „Priorisierung“: In Hinblick auf die Überarbeitung des Bundesverkehrswegeplanes<br />
2009/2010 muss eine Priorisierung vorgenommen werden. Hier sollte die Hinterlandanbindung,<br />
wie im Unterausschuss besprochen, Berücksichtigung finden. Mit Blick auf die<br />
im Unterausschuss festgestellte Notwendigkeit, weitere investive Mittel für die Bahn bereitzustellen,<br />
muss an dieser Problematik weitergearbeitet werden.<br />
Thema „Lärmschutz“: Bei diesem Themenkomplex wird gemeinsam mit der DB AG die<br />
Frage zu erörtern sein, ob das bisher angewandte Verfahren noch gangbar ist.<br />
Thema „Bundesmittel für nichtbundeseigenen Bahnen“: Mit diesem Thema wird ein Sonderproblem<br />
angesprochen. Es geht um die Beschwerde von nichtbundeseigenen Bahnen,<br />
die eine eigene Infrastruktur betreiben, dass sie keine Bundesmittel erhalten.<br />
Verfassen eines gemeinsamen Abschlussberichtes: Ziel der Arbeit des Unterausschusses<br />
ist die Abfassung eines gemeinsamen Abschlussberichtes an den Hauptausschuss.<br />
20<br />
Enak Ferlemann, MdB