18.11.2013 Aufrufe

Genese und Genealogie - Einsnull

Genese und Genealogie - Einsnull

Genese und Genealogie - Einsnull

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

Vorwort<br />

Das Fragewort woher, das in der Frageliste der Menschheit ganz<br />

oben steht, findet am häufigsten an jener Person Anwendung, die<br />

sich außerhalb des Ortes ihrer Herkunft befindet – ob Herkunft oder<br />

Abstammung auf die ganze Wahrheit über jene Person, die gefragt<br />

wird, verweisen könnte – kann letztendlich zu dem uralten Glauben<br />

führen, nach welchem, wie Nietzsche formulierte, »am Anfang aller<br />

Dinge [...] das Wertvollste <strong>und</strong> Wesentlichste [stehe].« 1 Ein Ort,<br />

ein Land oder eine Gemeinschaft, hieße sie Sippe, Geschlecht oder<br />

Nation, die man durch seine Herkunft <strong>und</strong> die dadurch bestimmte<br />

Zugehörigkeit zu repräsentieren hat, vertreten die Personen, die in<br />

diesem circulus vitiosus der Repräsentationen sich auflösen <strong>und</strong> ihre<br />

singuläre Einmaligkeit zu Gunsten eines ›pluralen Ichs‹, das als etwas<br />

Gesamtes <strong>und</strong> Unpersönliches eintritt, abgeben. Dieses ›plurale Ich‹<br />

ist das genealogische Ich, in dem nicht nur die lebenden Dazugehörigen,<br />

sondern auch die Ahnen einbezogen sind <strong>und</strong> mitsprechen.<br />

Hinter dieser mehrstimmigen Einheit steht die Vorstellung nach<br />

einem gemeinsamen Ursprung, der es erst ermöglicht, eine Vielzahl<br />

von Menschen unter einer Entität zusammenzuschließen. Der<br />

Stammbaum als das bildliche Symbol der <strong>Genealogie</strong> entstammt<br />

dem Ursprung <strong>und</strong> verbindet jedes einzelne Menschenkind nicht<br />

nur mit seinen Vorfahren <strong>und</strong> Vorahnen, sondern sowohl mit den<br />

religiösen <strong>und</strong> politischen Institutionen, als auch Sinn- <strong>und</strong> Denkbildern,<br />

aus denen die genealogische Ordnung besteht. Ein wichtiges<br />

funktionales Element der <strong>Genealogie</strong>, das im Mythos am deutlichsten<br />

sichtbar ist, hat der Philosoph Klaus Heinrich hervorgehoben, indem<br />

1 Friedrich Nietzsche, Der Wanderer <strong>und</strong> sein Schatten, in: ders.: Kritische<br />

Studienausgabe, Bd. 2, hrsg. von Giorgio Colli <strong>und</strong> Mazzino Mmontinari,<br />

S. 540.<br />

7

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!