Chronik der Tauchgruppe - SLRG Schweiz
Chronik der Tauchgruppe - SLRG Schweiz
Chronik der Tauchgruppe - SLRG Schweiz
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40 Jahre <strong>Tauchgruppe</strong> <strong>SLRG</strong> ZUG - Wie alles begann.<br />
Früher, als es noch keine Hallenbä<strong>der</strong> gab und man nicht einfach an<br />
warme Meere verreisen konnte, badete man in den einheimischen<br />
Gewässern und dies natürlich nur im Sommer. Da aber ausserhalb <strong>der</strong><br />
Schwimmclubs, die Kunst des Schwimmens meist nur beschränkt vorhanden<br />
war führte dies zu vielen Bade-Unfällen. So gründeten Ende <strong>der</strong> 40 er Jahre<br />
überall in <strong>der</strong> <strong>Schweiz</strong>, 1948 auch in Zug, gute Schwimmer <strong>SLRG</strong> Sektionen.<br />
Ihr Ziel war, Badeunfälle zu vermeiden und bei Notfällen helfend eingreifen zu<br />
können.<br />
Die Erfindung von Tauchermaske, Flossen und Lungenautomat<br />
ermöglichte den Rettungsschwimmern auch nach einem Unfall noch zu<br />
helfen o<strong>der</strong> zumindest das Opfer zu bergen. Der Einsatzbereich war durch<br />
die Sprungschicht begrenzt, so dass als Taucherausbildung <strong>der</strong> Satz: „Halte<br />
nie den Atem an!“ genügte. Auch die Zuger <strong>SLRG</strong> erhielt in den 50er Jahren<br />
zwei AGA Tauchgeräte mit je zwei Pressluftflaschen mit 7 Litern Inhalt und<br />
einem Betriebsdruck von 150 bar. Gefüllt wurden diese Geräte im<br />
Kaskadensystem von 4 Flaschen mit 50 Litern Inhalt. Dabei wurden diese<br />
abwechselnd aus den Standflaschen mit steigendem Druck gefüllt, bis am<br />
Schluss die Geräte, im Idealfall etwa 140 bar enthielten. Meist war es aber<br />
auch viel weniger, da zuerst eine neue Standflasche von den<br />
Sauerstoffwerken in Luzern geliefert und dann montiert werden musste. Die<br />
Tauchgeräte, das Füllsystem und das <strong>SLRG</strong>-Boot waren im Strandbad<br />
Chamerfussweg stationiert. Um die temperaturbedingte Tiefenbegrenzung zu<br />
überwinden klebten die Taucher Neoprenplatten zu Tauchanzügen<br />
zusammen. Sie mussten aber beim Anziehen den Körper einseifen damit<br />
diese nicht zerrissen. Bald waren aber in Sportgeschäften in Luzern und<br />
Zürich, aus den Mittelmeerlän<strong>der</strong>n und Amerika importierte, gefütterte Anzüge<br />
erhältlich, die nun auch das Vordringen in grössere Tiefen gestatteten. Die<br />
bisherige, sehr bescheidene, Ausbildung genügte nun nicht mehr und <strong>der</strong><br />
damalige Technische Leiter <strong>der</strong> <strong>SLRG</strong> ZUG, Sepp Haller, führte mit einem<br />
Tauchlehrer aus Zürich den ersten Tauchkurs (67) durch.<br />
Inzwischen war <strong>der</strong> Kreis <strong>der</strong> Personen, die in ihren Ferien mit<br />
dem Gerätetauchen in Kontakt gekommen und auch entsprechend gut<br />
ausgebildet worden waren, gewachsen. Sie suchten die Möglichkeit, diesem<br />
faszinierenden Sport auch ausserhalb <strong>der</strong> Ferienzeit und in heimatlichen<br />
Gewässern nachzugehen. Als einzige Möglichkeit bot sich hier die <strong>SLRG</strong><br />
ZUG an. Hier konnten die gefüllten Pressluftflaschen, die restliche<br />
Ausrüstung war ja meist bereits vorhanden, ausgeliehen werden.
Die Taucher <strong>der</strong> <strong>SLRG</strong> waren bald recht bekannt und erhielten<br />
Tauchaufträge rund um den Zuger- und bis zum Vierwaldstättersee so dass<br />
auch die nötigen Ausrüstungen angeschafft werden konnten um eigene Kurse<br />
durchzuführen. Bojenarbeiten bis auf über 40 Meter waren kein Problem. Fr.<br />
50.- berechnete die <strong>Tauchgruppe</strong> pro Tauchstunde und die Taucher erhielten<br />
eine Entschädigung von Fr. 20.-, „Händschegäld“ genannt. Ab etwa 1972<br />
kamen dann die ersten Neopren-Trockenanzüge auf den Markt, was die<br />
Taucherei doch viel angenehmer machte.<br />
1971 wurden wir von <strong>der</strong> Kantonalen Fischerei- und Jagdverwaltung für<br />
eine Forschungsarbeit über Zugerrötel zum winterlichen Einsatz an<br />
Zigeunerplatz und Chiemen angefragt; eine ziemlich frostige Angelegenheit.<br />
Daraus entstand das alljährliche Röteltauchen mit Rötelessen, zu dem auch<br />
jedes Mal ein Politiker eingeladen wurde.<br />
An den Sonntagen konnte man die Taucher häufig am Chiemen beim<br />
Tauchen und anschliessenden Wurst-Bräteln antreffen. Nach <strong>der</strong> Eröffnung<br />
des Hallenbads Loreto wurde Mittwoch und Freitag trainiert, mit<br />
anschliessenden meist ausgedehnten Stammtischen in verschiedenen<br />
Lokalen. Der SEEMUUGGI erschien 1972; vorerst nur als Informationsorgan<br />
<strong>der</strong> <strong>Tauchgruppe</strong>.<br />
Für die SUSV - 2*Prüfungen wurden externe Tauchlehrerexperten<br />
eingesetzt, bis <strong>der</strong> Tauchchef selbst das Tauchlehrer-Brevet erworben hatte<br />
(1976). Nun wurden auch die Taucher <strong>der</strong> <strong>SLRG</strong> Innerschwyz hier<br />
ausgebildet und geprüft.<br />
Die Taucher <strong>der</strong> <strong>SLRG</strong> engagierten sich auch jahrelang bei <strong>der</strong><br />
Seepolizei an Samstag und Sonntagen als Sicherungstaucher.<br />
Um eine administrative Trennung zwischen <strong>SLRG</strong> und <strong>Tauchgruppe</strong><br />
durchzuführen und die Synergien zu erhalten wurde am 18. Okt 1973 die<br />
<strong>Tauchgruppe</strong> <strong>der</strong> <strong>SLRG</strong> ZUG gegründet; dies auch im Hinblick auf eine<br />
Mitgliedschaft im SUSV als 42. Tauchclub. Als Vorstand genügten drei<br />
Mitglie<strong>der</strong>: Der Tauchleiter, sein Stellvertreter (Peter Schmalz) und die<br />
Kassierin (Ruth Meister). Zwei Mal im Jahr fand eine Mitglie<strong>der</strong>versammlung<br />
statt, wobei <strong>der</strong> offizielle Teil in <strong>der</strong> Regel in zwanzig Minuten erledigt war und<br />
<strong>der</strong> Schwerpunkt eindeutig auf dem nachfolgenden Nachtessen lag.<br />
Die Synergie funktionierte aber auch gegen oben. Marcel Capitelli<br />
wurde Präsident des SUSV und <strong>der</strong> Tauchchef Mitglied <strong>der</strong> erweiterten<br />
Technischen Kommission <strong>der</strong> <strong>SLRG</strong> SCHWEIZ.<br />
Der Tauchleiter a.D. (1969 - 95)<br />
Heinz Bossard, Mon**SUSV/CMAS
Lasst hören aus alter Zeit<br />
Es war natürlich nicht nur auf und<br />
unter dem Meer was los, auch rund um<br />
den Zugersee, das Tauchen im Süsswasser<br />
und die Aktivitäten <strong>der</strong> <strong>SLRG</strong> <strong>Tauchgruppe</strong><br />
gab es Abenteuer; auch diese<br />
sollen nicht vergessen werden.<br />
AGA-Tauchgeräte<br />
2 x 8 lt 150 bar Betriebsdruck<br />
Lasst hören<br />
aus alter Zeit<br />
Sie hatten bereits ein Manometer, aber<br />
die Reseveschaltung schnitt die Luftzufuhr,<br />
drei Atemzüge nach <strong>der</strong> Erhöhung<br />
des Atemwie<strong>der</strong>stand, komplet ab. Flinke<br />
Akrobatik um den Reseveschalter, hier<br />
hinter dem Kopf des Tauchers, zurückzustellen,<br />
war gefragt.
Tauchtaufe für<br />
Kampfschwimmer 1970<br />
Renato Mondadori, angehen<strong>der</strong><br />
Sportlehrer und aktiver Wasserballer,<br />
möchte Tauchen lernen um in <strong>der</strong> RS bei<br />
den Tauchern mitzumachen.<br />
Also auf in die Seeliken, den selbstgeklebten<br />
Neoprenanzug, nach ausgiebigem<br />
Einseifen angezogen, das 2 x 8 Liter<br />
AGA (Betriebsdruck 150 bar) auf den<br />
Rücken und rein ins Wasser.<br />
18 Meter Tiefe, kalt und dunkel.<br />
Plötzlich saugt Renato vergebens, es<br />
kommt keine Luft mehr. Was ist passiert?<br />
Da, wie gewöhnlich, das Tauchgerät<br />
nur halb gefüllt ist, hat sich die Reserve<br />
eingeschaltet und da die AGA-Reserve<br />
ganz beson<strong>der</strong>s perfid konstruiert ist;<br />
(Man hat etwa drei Atemzüge, dann blokkiert<br />
sie jegliche Luftzufuhr) hat Renato<br />
keine Ahnung wie ihm geschieht, - er hat<br />
einfach keine Luft mehr. Und das auf 18<br />
Metern und zum ersten Mal am Tauchen.<br />
Das grosse Husten beginnt und dann ab,<br />
Richtung Oberfläche. Hier wird weiter gehustet,<br />
was die Lunge hergibt.<br />
Nach einer Viertelstunde drehen wir<br />
den Reserveknopf und wie<strong>der</strong>holen den<br />
Tauchgang. Das gibt gute Kampfschwimmer!<br />
Detektiv Moser hat den<br />
Durchblick 1970<br />
Sepp Haller, Detektiv Moser und<br />
ich sind früh in Zug abgefahren und sitzen<br />
nun in Aarau im Amtshaus.<br />
Es geht darum, den Grund für den<br />
tödlichen Tauchunfall am Zigeunerplätzli,<br />
<strong>der</strong> Erste im Zugersee überhaupt, herauszufinden.<br />
Sepp hat mich gefragt ob<br />
ich nicht als „Sachverständiger“ für Meertauchen<br />
mitkommen könne. Ich frage<br />
mich, wie Polizist Moser, sonst hauptsächlich<br />
zuständig für Velodiebstähle, die<br />
Hintergründe eines Tauchunfalls aufklären<br />
könne.<br />
Die drei Tauchkameraden des Opfers<br />
werden von Moser einzeln unter die<br />
Lupe genommen und beschreiben den<br />
Vorfall aus ihrer Sicht. Nachher, beim Mittagessen,<br />
diskutieren wir die Aussagen.<br />
Ich finde den Ablauf plausibel, aber Polizist<br />
Moser ist gar nicht meiner Meinung.<br />
Absoluter Unsinn, findet er, aber gut abgesprochen.<br />
Ich staune, muss aber am<br />
Nachmittag feststellen, dass ich ihn gewaltig<br />
unterschätzt habe.<br />
Langsam, aber sicher, holt er aus<br />
den drei Zeugen die Wahrheit heraus und<br />
so sieht die Story plötzlich ganz an<strong>der</strong>s<br />
aus. Einen Schuldigen gibt es nicht, aber<br />
ein Tauchgang auf über 70 Meter, und<br />
das ohne Rettungsweste, ist doch ziemlich<br />
gewagt.<br />
Wie heisst es so schön: Fischer,<br />
Jäger und Taucher sagen die Wahrheit...<br />
und Polizisten lernen offensichtlich mehr,<br />
als nur Bussenzettel ausfüllen.<br />
Lasst hören<br />
aus alter Zeit
Tiefenjagd im<br />
Zugersee<br />
November ist’s und saukalt.<br />
Mike und ich wollen unbedingt<br />
den Zigeunerplatz<br />
mal weiter unten besichtigen.<br />
Also rein in den Neopren und<br />
abgetaucht. Unsere Minilämpchen<br />
erhellen eine steile,<br />
stufenförmig abfallende<br />
Felswand, die wir bis auf<br />
etwa 50 Meter Tiefe bereits<br />
kennen.<br />
Auf etwa 72 Metern ist<br />
die Felswand zu Ende und<br />
es beginnt ein Schlammabhang.<br />
Wir finden, es sei nun<br />
genug und beginnen mit dem<br />
Aufstieg.<br />
Komisch, so etwa ab 40 Metern beginnt<br />
das Wasser immer kälter zu werden.<br />
Das gibt’s doch nicht! Je höher wir<br />
kommen, desto kälter wird das Wasser, -<br />
immer kälter. Jetzt sollten wir doch noch<br />
ein paar Dekominuten einschalten, aber<br />
es ist nun wirklich arschkalt. Auch Mike<br />
hat genug. Wir lassen Dekompression,<br />
Dekompression sein und kehren, vom<br />
Schmerz getrieben, zur Oberfläche zurück.<br />
Hier stehen wir nun, steif und starr<br />
vor Kälte und können nicht einmal mehr<br />
unsere Tauchgeräte ablegen. Zum Glück<br />
hat Mike seine Freundin dabei. Ihr Job ist<br />
es nun, uns die Ausrüstung abzunehmen,<br />
und zu mir nach Hause unter die warme<br />
Dusche zu chauffieren, wo wir endlich unsere<br />
Anzüge ausziehen können.<br />
Am nächsten Tag, ein Telefon von<br />
Mike: „Du, mich schmerzt meine Schulter,<br />
könnte es nicht etwa ein Dekounfall<br />
sein?“ Nach Konsultation aller verfügbaren<br />
Bücher, kann ich ihn soweit<br />
beruhigen, dass es<br />
sich dabei wohl eher um einen<br />
Rheumaanfall handeln<br />
müsse.<br />
Lasst hören<br />
aus alter Zeit<br />
Wie dieser Selbstversuch<br />
sehr schön zeigt, wirkt<br />
sich die Stickstoffnarkose<br />
sehr deutlich auf die Kälterezeptoren<br />
aus. Man könnte<br />
dort unten also ohne weiteres,<br />
bei wohligem Gefühl,<br />
erfrieren. Aber heute hat<br />
man für solche Tauchgänge<br />
ja Trockentauchanzüge......
Wenn schwimmende<br />
Wracks erzählen<br />
könnten......<br />
Die Blauband-Regatta ist im Gang<br />
und ich bin mit Ernst Seiler auf dem Polizeiboot<br />
unterwegs. Ein plötzlich einfallen<strong>der</strong><br />
Westssturm hat sich chaotisch<br />
ausgewirkt. Sicht gleich null, Katastrophenmeldungen<br />
im Funk. Aber so schnell<br />
wie <strong>der</strong> Sturm gekommen ist, hört er wie<strong>der</strong><br />
auf. Alles vorbei?<br />
Ruhe im Funk, aber direkt vor uns<br />
sehen wir den Masttopp und die Bugspitze<br />
eines Stars aus den Wellen ragen.<br />
Was sollen wir machen? In <strong>der</strong> Regel<br />
saufen vollgelaufene Stare ab. Vielleicht<br />
haben mo<strong>der</strong>nere Modelle Auftriebskörper?<br />
Den Nasstauchanzug habe ich<br />
schon vor dem Sturm angezogen, also<br />
Flossen an, Brille auf und Tau unter den<br />
Arm. Ernst legt das Tauchermesser bereit<br />
um im Notfall das Tau kappen zu können.<br />
Wir wollen ja nicht das Polizeiboot an <strong>der</strong><br />
tiefsten Stelle des Zugersees versenken.<br />
Ich schwimme hinüber, tauche ab und<br />
lege das Tau um den Mastfuss.<br />
Ernst dreht auf, 500 PS reissen mit<br />
Vollgas und <strong>der</strong> Star nimmt Fahrt auf.<br />
Lenzer öffnen und Grosstuch runter, so<br />
kommt sogar ein Star ins Gleiten. Ich darf<br />
auf einem surfenden Star Steuermann<br />
spielen. Wir überholen das ganze, übriggebliebene<br />
Regattafeld und fahren, natürlich<br />
nicht über die Ziellinie, aber doch als<br />
Erste ins Ziel. Die letzten 100 Meter segle<br />
ich dann noch mit <strong>der</strong> Fock zur Boje.<br />
Der Skipper, er und sein Vorschöttler<br />
sind von einem Motorboot gerettet worden,<br />
zeigt sich gar nicht begeistert. Er ist<br />
sofort nach Hause gefahren, wahrscheinlich<br />
um die Versicherung über den<br />
Schicksalsschlag, <strong>der</strong> ihn getroffen hat,<br />
zu informieren und um bei <strong>der</strong> Werft ein<br />
neues Schiff zu or<strong>der</strong>n. Er will ja nächste<br />
Woche an <strong>der</strong> Europameisterschaft teilnehmen.<br />
Uns kommt nur komisch vor, dass<br />
die Verschlussdeckel <strong>der</strong> Auftriebskörper<br />
entfernt und die Tücher knallhart dichtgeholt<br />
worden sind. Aber ein Boot versenkt<br />
man doch nicht, wenn man einen 10 jährigen<br />
Buben an Bord hat? Auch wenn<br />
man schon einmal Eines zu Lasten <strong>der</strong><br />
Versicherung versenkt hat? O<strong>der</strong> nicht,<br />
o<strong>der</strong> doch?<br />
Lasst hören<br />
aus alter Zeit<br />
Interessante Ausrüstungsdetails:<br />
Michel-Anzug, Modell <strong>Schweiz</strong>er<br />
Armee<br />
Dekometer<br />
Doppelzehner mit konischen<br />
Hahnengewinden
In Tiefenbrunnen<br />
Rheomakrodex<br />
Lasst hören<br />
aus alter Zeit<br />
am rechten Zürichseeufer liegt, das<br />
Zürcher Tauchzentrum. Ich bin hier um<br />
Bruno bei seiner Tauchlehrerprüfung moralisch<br />
zu unterstützen. Beim Mittagessen<br />
spricht mich ein an<strong>der</strong>er Kandidat an<br />
und meint: „Du kennst mich sicher nicht<br />
mehr, aber du bist schuld, dass ich hier<br />
gelandet bin.“ Ich erinnere mich. Vor Jahren<br />
hatte mich Walti Bucher, Schwimminstruktor<br />
und ehemals mein Tauchschüler,<br />
Dozent an <strong>der</strong> ETH, angefragt, ob ich<br />
nicht für einen Wochenkurs angehen<strong>der</strong><br />
Sportlehrer eine Abschlusslektion machen<br />
würde.<br />
Die Jungs sind eine ganze Woche<br />
mit Schwimmen, Springen und Wasserball<br />
im Ägerisee herumgeplanscht und<br />
ich sollte ihnen nun am Freitag Abend,<br />
mit einer Einführung ins Freitauchen, im<br />
Lättich, ein interessantes Finale gestalten.<br />
Ich bereite also eine Serie von passenden<br />
Aufgaben vor.<br />
Zuerst eine kurze theoretische Einführung<br />
und ab ins Wasser. Nach einer<br />
Stunde bin ich knütschblau und muss<br />
raus. Die Lektion wäre nun eigentlich vorbei<br />
und die Kursteilnehmer ins Wochenende<br />
entlassen. Aber sie denken gar<br />
nicht daran, aufzuhören. Ich habe mir<br />
vorgestellt, dass nach einer Woche, die<br />
Kursteilnehmer eigentlich genug Wasser<br />
gesehen hätten, aber dem ist gar nicht<br />
so. Es scheint, als hätte ich ihnen ein<br />
Fenster zu einer neuen Welt aufgemacht.<br />
Irgendwann verabschiede ich mich, von<br />
meinen unermüdlichen Schülern und<br />
gehe.<br />
Die Lektion muss gut gewesen sein.<br />
Zur ersten Hilfe bei Dekounfällen<br />
wird die Infusion von Rheomakrodex, einem<br />
Plasmaexpan<strong>der</strong> empfohlen. Da die<br />
Fertigkeit eines Fixers bei Tauchlehrern<br />
nicht vorausgesetzt werden kann, organisiert<br />
Professor Bühlmann einen Infusionskurs.<br />
Wir treffen uns an einem Samstagmorgen<br />
im Hörsaal des Unispitals Zürich.<br />
Der einführende Arzt begrüsst die Kursteilnehmer<br />
und beginnt mit Erklärungen<br />
zum Thema: „Externe Herzmassage“.<br />
Aufruhr auf den hinteren Rängen. Paul<br />
Brünisholz, als militärischer Sanitätsinstruktor,<br />
protestiert: Herzmassage sei, für<br />
nicht medizinisch ausgebildete Personen,<br />
verboten und tabu. Unbeeindruckt macht<br />
<strong>der</strong> Arzt weiter und ich meine etwas ähnliches<br />
wie „idiotische Idee“ und „Prioritäten<br />
setzen“ zu hören.<br />
Aber das Thema interessiert uns,<br />
und alle sind voll dabei. Aus jedem Referat<br />
und je<strong>der</strong> Demonstration spricht die<br />
Praxis. Das Fazit: Es ist nicht so wichtig<br />
wie Ihr es macht, wichtig ist, dass ihr es<br />
macht. (Mit diesen Informationen im Hinterkopf<br />
habe ich später, an all den schönen<br />
Herzmassage und CPR-Kursen immer<br />
grosse Freude gehabt, wenn es mal<br />
wie<strong>der</strong> um zwei Zentimeter höher o<strong>der</strong><br />
tiefer und ähnlich wichtige Details ging.)<br />
Der Fixerkurs wird auf den Nachmittag<br />
verschoben. Zuerst werden Gummiarme<br />
zerstochen, nachher gehen wir zum<br />
Nahkampf über. Auch berühmte Tauchkoryphäen<br />
werden bleich und bleicher,<br />
wenn das Blut zur Decke spritzt. HIV<br />
kannte man damals noch nicht und Gummihandschuhe<br />
waren nur im OPS üblich.<br />
Fazit: „Ein äusserst interessanter<br />
und lehrreicher Samstag“.<br />
Auf unseren Odysséen im Mittelmeer<br />
hatten wir immer zwei Flaschen<br />
Rheomakrodex dabei, zum Glück brauchten<br />
wir sie nie.
Star Wars<br />
Der Kampf um mehr als zwei Sterne<br />
fand früher, mit teils abenteuerlichen Prüfungbestimmungen,<br />
ausschliesslich in<br />
Neuchâtel statt.<br />
Für die 3 Stern-Prüfung haben wir<br />
uns gut vorbereitet, Walti und ich; ein halbes<br />
Jahr hartes Training im Hallen- und<br />
im Männerbad. Lei<strong>der</strong> haben wir ein kleines<br />
Problem. Für diese Prüfung sind 40<br />
Tauchgänge auf 40 Meter im Süsswasser<br />
nachzuweisen und uns fehlen genau<br />
zwei. Meertauchgänge haben wir, schon<br />
lange, mehr als genug.<br />
Am Wochenende vor <strong>der</strong> Prüfung<br />
findet das Skitauchen in St. Moritz statt;<br />
die letzte Möglichkeit, unsere zwei Tauchgänge<br />
noch nachzuholen.<br />
Und das alles auf 1900 Metern<br />
Höhe.<br />
Der erste Tauchgang ist<br />
problemlos: Plaun da Ley,<br />
rechts, steile Felswand, Forellen,<br />
Nullzeit, 10 Minuten.<br />
Der Zweite führt uns beinahe<br />
in eine Katastrophe.<br />
Plaun da Ley, links, Bachdelta,<br />
nach 15 Minuten endlich<br />
auf 40 Metern; Aufstieg<br />
nochmals 15 Minuten, Sternchen<br />
vor den Augen, Dekompression<br />
fällt aus, wegen<br />
keine Luft mehr. Aber<br />
die 40 mal 40 Meter-Tauchgänge<br />
sind geschafft!<br />
Dazwischen findet auch<br />
noch <strong>der</strong> Plauschwettkampf<br />
statt. Und das alles mit einer<br />
Gerätefüllung.<br />
Für den Transport ins ferne Oberengadin<br />
hat Gebi den Opel Kapitän seines<br />
Onkels organisiert. Sechs Taucher mit<br />
Tauch- und Skiausrüstung können Gebi<br />
nicht an seiner sportlichen Fahrtechnik<br />
hin<strong>der</strong>n. Auf dem Heimweg, am Sonntag<br />
Abend, treten die Bremsen in Bummelstreik<br />
und wir müssen in Chur eine Garage<br />
suchen. Der mühsam aufgetriebene<br />
Meister <strong>der</strong> Autotechnik, füllt Bremsöl<br />
nach und meint, dass man im Minimum<br />
jedes Jahr den Ölstand kontrollieren sollte.<br />
Soviel zur Prüfungsvorbereitung.<br />
Am Wochenende darauf, in Neuenburg.<br />
Zum Glück treffe ich am Morgen einen<br />
welschen Kollegen <strong>der</strong> sogar einen<br />
Vorbereitungskurs gemacht hat. Er gibt<br />
mir in 10 Minuten alle guten Tips.<br />
Legendäre Übung: Notaufstieg aus<br />
40 Metern mit <strong>der</strong> Fenzy,- Vollgas und<br />
Stop auf genau 3 Metern. Perfekt gemacht,-<br />
aber, wo bleibt <strong>der</strong> kontrollierende<br />
Experte? Er folgt erst mit etlicher Verspätung,<br />
meint, dass diese Übung <strong>der</strong><br />
Gesundheit nicht zuträglich sei und bemerkt,<br />
dass er dies nicht zwei Mal am<br />
Tag machen würde.<br />
Walti hat dann lei<strong>der</strong> das Pech, dass<br />
er, bei <strong>der</strong> 20-Meter-Rettung, zu heftig<br />
am Bleigurt des Rettlings rüttelt; dieser<br />
löst sich und verschwindet im Schlamm.<br />
Vorgehen und Resultat sind zwar korrekt,<br />
Lasst hören<br />
aus alter Zeit
Lasst hören<br />
aus alter Zeit<br />
aber lei<strong>der</strong> ist er trotzdem vorerst durchgefallen.<br />
Wieso, wenn man an <strong>der</strong> Prüfung<br />
alles richtig macht, <strong>der</strong> Experte aber<br />
seinen Bleigurt nicht sichert?<br />
Mein Rettling, Americo Galfetti,<br />
wiegt ca. 150 kg.<br />
Ich vergesse zwar<br />
alles, was mir mein<br />
welscher Kollege<br />
gesagt hat, bringe<br />
in aber mit brachialer<br />
Gewalt und<br />
meinen Cressi<br />
Concorde-Wettkampf-Flossen<br />
nach oben und fixiere<br />
in an <strong>der</strong><br />
Schiffstreppe bis er<br />
aufschreit: Uebung<br />
gelungen!<br />
Als ich Francois<br />
Clair (Instructeur en chef)<br />
auf französich die transportable<br />
Dekompressionskammer<br />
erklären soll,<br />
erleidet er einen halben<br />
Nervenzusammenbruch,<br />
ich auch. André Och<br />
kommt zufällig dazu und<br />
rettet die Situation.<br />
An <strong>der</strong> Prüfung<br />
zum Tauchlehrer muss<br />
man auch eine Tauchtaufe<br />
durchführen. Mein<br />
Täufling ist Roland Ferrero.<br />
In den Bestimmungen<br />
steht, dass man den angehenden<br />
Taucher in ruhiger<br />
und gelöser Atmosphäre<br />
auf die Tauchtaufe<br />
vorbereiten sollte. Instructeur<br />
Ferrero ist Génèvois,<br />
was liegt da näher, als mit<br />
ihm ins Bistro zu gehen<br />
und einen Ballon Weissen<br />
zu kippen. Die Abschlussnote<br />
ist dann zwar nicht gerade<br />
grandios...<br />
Ja, früher pilgerte man häufig ins<br />
Maison du Plongeur.
Das neuste Hilfsmittel, <strong>der</strong><br />
Rettungspneu 1972<br />
Am FFZ Seefest können wir die Aktivitäten<br />
<strong>der</strong> <strong>Tauchgruppe</strong> präsentieren.<br />
Peter Rütimann hat einen Sponsor gefunden,<br />
<strong>der</strong> bereit ist, einen Regaeinsatz zu<br />
sponsoren.<br />
Das Szenarium in Kürze: Ein Ru<strong>der</strong>boot<br />
versinkt in <strong>der</strong> Katastrophenbucht.<br />
Der um Hilfe rufende Ru<strong>der</strong>er wird vom<br />
Rega-Helikopter gerettet. Anschliessend<br />
springen Taucher vom Helikopter ab und<br />
bergen das versunkene Ru<strong>der</strong>boot. Für<br />
die Rega ist das Problem noch neu und<br />
so wird <strong>der</strong> Ertrinkende mit einem Autopneu<br />
aus dem Wasser gefischt. Heute<br />
macht die Rega das natürlich nicht mehr<br />
so.<br />
Lasst hören<br />
aus alter Zeit<br />
Am Sonntag Morgen, nach dem<br />
ersten Seefest, alarmierte <strong>der</strong> damalige<br />
Stadt- und FFZ-Präsident, Gründungsmitglied<br />
<strong>der</strong> <strong>SLRG</strong>, Emil Hagenbuch,<br />
seine Taucher, zur ersten Seeputzete,<br />
nachdem Spaziergänger die<br />
Qualität des Zugersee-Wassers bemängelt<br />
hatten.<br />
Unser Logo, geschaffen vom<br />
Grafiker Markus Meienberg
Lasst hören<br />
aus alter Zeit<br />
Ernst, <strong>der</strong> Rettling<br />
hat seine<br />
abenteuerliche<br />
Rettung glücklich<br />
überstanden
Das Jet-Boot<br />
Auf einem Tauchgang ausserhalb<br />
<strong>der</strong> gängigen Routen, treffen wir auf das<br />
Wrack eines Motorboots. Ein Motorboot<br />
<strong>der</strong> interessanteren Art. Ein Boot mit Hamilton-Jet-Antrieb.<br />
Als Tauch- und Rettungsboot<br />
wäre es, wegen <strong>der</strong> fehlenden<br />
Schraube, ideal. Schon seit sieben Jahren<br />
wartet dieses Wrack auf uns.<br />
Mit Hebesäcken, Rettungsbällen<br />
und Muskelkraft ziehen wir das recht<br />
schwere Ding zuerst in Walchwil auf den<br />
Strand, pumpen es aus, schleppen es anschliessend<br />
nach Zug und setzen es dort<br />
wie<strong>der</strong> auf Grund (und binden es an).<br />
Kaum einen Tag später ist unser Fundstück<br />
weg und wir müssen uns als Detektive<br />
betätigen. Telefonate mit Versicherungen,<br />
Dossiers die nicht mehr vorhanden<br />
sind, alles Mögliche läuft hinter den<br />
Kulissen.<br />
Es stellt sich dann heraus, dass<br />
Ives, ein guter Kollege des Versicherungsdirektors,<br />
das geborgene Schiff,<br />
vom Strand weg, zu einem Vorzugspreis<br />
gekauft hat. Das Boot ist inzwischen bereits<br />
in einer Tiefgarage in Oberwil unter<br />
Verschluss genommen worden. Zum<br />
Glück stellt Ives relativ schnell fest, dass<br />
die Renovation dieses Prunkstücks seine<br />
Managerkräfte weit übersteigen würde.<br />
Unsere Reklamationen<br />
stossen daher auf relativ offene<br />
Ohren. Hans Wickart,<br />
Präsident <strong>der</strong> <strong>SLRG</strong> und<br />
aufstreben<strong>der</strong> Offizier bei<br />
<strong>der</strong> FFZ, fährt mit <strong>der</strong> Autodrehleiter<br />
vor und holte unser<br />
Jetboot in einer Blitzübung<br />
ab. Das Stadtbauamt,<br />
sehr kulant, stellte uns<br />
einen Arbeitsplatz beim alten<br />
Werkhof (heute steht<br />
dort <strong>der</strong> Laubenhof) zur<br />
Verfügung.<br />
Ein Sommer lang Arbeit, im Gestank<br />
von Polyesterharz. Zum Glück habe ich<br />
einen „Freund“ bei Schrauben Bossard;<br />
er freut sich jedesmal riesig, wenn ich<br />
mit einem Schächtelchen voll rostiger<br />
Schrauben (mit Zoll-Gewinden) auftauche..<br />
Peter Rütimann gelingt es sogar bei<br />
<strong>der</strong> Garage Huber ein Auto mit passendem<br />
Motor (Sechszylin<strong>der</strong>) aufzutreiben.<br />
In einer Nacht- und Nebelaktion (wörtlich<br />
zu nehmen!) entsorgen wir das motorlose<br />
Wrack auf dem Autoabbruch. Nach grossen<br />
Mühen erhalten wir, was theoretisch<br />
gar nicht möglich wäre, eine Boje vor unserer<br />
Basis bewilligt.<br />
Lei<strong>der</strong> gelingt es auch den grössten<br />
Automechanikerkoryphäen nicht, den<br />
Motor auf die nötige Tourenzahl zu bringen,<br />
die es für den optimalen Betrieb<br />
braucht; irgend etwas stimmt mit dem<br />
Vergaser nicht. So erleidet unser sensationelles<br />
Boot das Schicksal aller Schiffe,<br />
es sinkt.<br />
Jetzt wird es eng, die Seepolizei hat<br />
uns eine Mahnung geschickt. Sie droht<br />
uns an, das versunkene Wrack, unter kostenfolge,<br />
zu heben und zu entsorgen.<br />
Aber es gibt eine Lösung; Ernst und „Fritz<br />
the Cat“ kaufen das Wrack für ein Nachtessen.<br />
Sie bauen es um und hängen einen<br />
Aussenbor<strong>der</strong> dran. Ende gut - besser<br />
als gar nichts.<br />
Lasst hören<br />
aus alter Zeit
Lasst hören<br />
aus alter Zeit
Abenteuerreise in <strong>der</strong><br />
<strong>Schweiz</strong><br />
Wir haben ein Tauchweekend<br />
geplant. Am Samstag machen wir<br />
einen Tauchgang zum Ledischiff im<br />
Walensee. Es ist schon recht spannend<br />
mit zwei Tauchkollegen auf<br />
30m erfolglos ein Wrack zu suchen,<br />
das „dank <strong>der</strong> am Känzeli angeknoteten<br />
Leine einfach zu finden ist“,<br />
wenn die Leine dann halt nicht vorhanden<br />
ist und <strong>der</strong> Kompasskurs<br />
nicht stimmt. Die Spannung steigt<br />
wenn <strong>der</strong> eine Tauchkamerad, vom<br />
Langstreckentauchen ausser Atem<br />
gerät, <strong>der</strong> an<strong>der</strong>e gleichzeitig einen<br />
Schwindelanfall anzeigt und anschliessend<br />
sofort mit dem Schnellaufstieg<br />
beginnt. Kurz gesagt: Ein<br />
Tauchgang aus dem Horrorbuch.<br />
Wir schlagen unser Nachtlager<br />
im Festsaal des Restaurant<br />
Schwert in Näfels auf, das den Eltern<br />
von Hans Jutzeler (Der erste<br />
Taucher <strong>der</strong> das 2*-Brevet mit nur einem<br />
Bein schafft) gehört.<br />
Am Sonntag geht’s weiter ins<br />
Bündnerland, <strong>der</strong> Caumasee ist unser<br />
Ziel. Dummerweise treffen wir auf ein<br />
Fahrverbot. Nach intensiver Suche finden<br />
wir den Polizeipräsidenten von Flims am<br />
sonntäglichen Stammtisch, wo er uns die<br />
Erlaubnis gibt mit einem Auto zum See<br />
runter zu fahren. Das ganze Tauchpuff im<br />
Kofferraum, spreizt <strong>der</strong> Merz beide Beine<br />
(Doppelgelenkpendelachse), aber die<br />
Fahrt auf dem Holperweg<br />
hinunter gelingt. Nach dem<br />
Tauchgang habe ich natürlich<br />
einen gesalzenen Bussenzettel<br />
an <strong>der</strong> Windschutzscheibe.<br />
Da <strong>der</strong> Polizeipräsident<br />
die nächsten Wochen im Spital<br />
Chur verbringt, gibt es<br />
eine intensive Korrespondenz<br />
mit dem Polizeiamt Ilanz.<br />
Zum Glück bessert sich<br />
<strong>der</strong> Gesundheitszustand des<br />
Polizeipräsidenten wie<strong>der</strong>,<br />
ein Ableben wäre teuer gekommen.,.<br />
Lasst hören<br />
aus alter Zeit
Die erste Fahrstunde<br />
Samstag Nachmittag; ich habe Pikketdienst<br />
auf dem Polizeiboot. Die Sturmwarnung<br />
läuft und ein Föhnsturm tobt. Im<br />
Bojenfeld vor dem Rehgarten liegt eine<br />
Jolle quer über einer Jacht. Zwei Segler<br />
versuchen abwechselnd sich über Wasser<br />
und ihre Jolle von <strong>der</strong> Jacht wegzuhalten.<br />
Wir fahren so nahe heran wie’s irgendwie<br />
geht und Pietro, <strong>der</strong> Freund und<br />
Helfer am Steuer, stellt das Polizeiboot in<br />
den Wind. Dann steht er auf, meint : „Du<br />
fährst!“ und geht nach hinten um den<br />
Schiffbrüchigen ein Tau zuzuwerfen.<br />
Jetzt habe ich ein Problem. Den<br />
Bootsführerausweis habe ich zwar und<br />
vom Zusehen her weiss ich, dass die<br />
zwei Hebel am Steuerrad die Gas- und<br />
die zwei Hebel am Armaturenbrett die<br />
Schalthebel sind. Aber im Kopf sehe ich<br />
schon die Schlagzeilen: „Polizeiboot versenkt<br />
sieben Jachten und zerschellt am<br />
Ufer!“ Da bleibt nur: „Probieren geht über<br />
studieren“.<br />
Unter diesen Umständen kann man<br />
nicht mit dem Steuerrad manövrieren,<br />
son<strong>der</strong>n ausschliesslich mit den Motoren.<br />
Mit dem einen Motor Vollgas vorwärts mit<br />
dem an<strong>der</strong>en das Gleiche aber rückwärts.<br />
Sekunden später nochmals, aber<br />
diesmal umgekehrt. Ziemlich anstrengend<br />
für Kopf und Hand.<br />
Zwischenhinein knallt es aus <strong>der</strong> Kupplungsbox,<br />
aber das Getriebe hält durch.<br />
Nach ein paar Minuten haben wir die Jolle<br />
am Haken und können sie von <strong>der</strong><br />
Jacht wegziehen.<br />
Es ist das einzige Mal dass ich die<br />
Kiste fahren darf. Ich vermute, dass man<br />
dazu eigentlich eine Ausbildung braucht.<br />
Gleichberechtigung?<br />
In den 70er Jahren war die Zusammenarbeit<br />
mit <strong>der</strong> SEPO recht eng.<br />
Samstag- und Sonntagnachmittag wurde<br />
immer ein Taucher <strong>der</strong> <strong>SLRG</strong> und ein<br />
Seepolizist zusammen auf dem Polizeiboot<br />
eingesetzt. Dies hörte lei<strong>der</strong> ziemlich<br />
schnell auf, als die <strong>SLRG</strong> die erste<br />
Taucherin, meine Schwester Verena, in<br />
ihre Reihen aufnehmen konnte.<br />
Es überschritt natürlich die Grenzen<br />
des Erträglichen, wenn die sonntäglichen<br />
Passanten eine wohlgeformte, sehr junge<br />
Dame auf dem Dach des Polizeiboots im<br />
Bikini „sünnelen“ sahen. Obwohl sie natürlich<br />
auch das 2*-SUSV Tauchbrevet<br />
hatte! So weit geht die Gleichberechtigung<br />
dann auch wie<strong>der</strong> nicht.<br />
Lasst hören<br />
aus alter Zeit
Weltmeister<br />
Auf <strong>der</strong> Muota sind<br />
Weltmeisterschaften im<br />
Kanufahren. Da braucht<br />
es Rettungsschwimmer,<br />
vor allem wenn die Muota<br />
Hochwasser führt. Da<br />
man wegen dem kalten<br />
Wasser nur Rettungsschwimmer<br />
mit Tauchanzügen<br />
brauchen kann,<br />
bedeutet das: Taucher<br />
sind gefragt.<br />
Die Zentralschweizer Oberrettungsschwimmer<br />
sind zwar nicht dieser<br />
Meinung; dafür lerne ich neue Rettungshilfsmittel<br />
kennen, darunter das „Rettungsgschtältli“.<br />
Ganz raffiniert; so eine<br />
Art Hosenträger mit einer Öse auf dem<br />
Rücken. Hier befestigt man mit einem<br />
Karabiner ein Seil . Der Rettungsschwimmer<br />
muss den Ertrinkenden nur packen<br />
und die Kameraden können die Beiden<br />
dann ans Ufer ziehen. Ich finde, man sollte<br />
das Ding zuerst mal ausprobieren. Wir<br />
binden das Seil an einem Baum fest und<br />
ich hüpfe rein. Ab geht’s wie auf <strong>der</strong> Wasserrutschbahn,<br />
plötzlich ein Ruck und ich<br />
hänge hilflos in einer Wasserwalze fest.<br />
Sekunden werden zu Minuten, die Luft<br />
wird langsam knapp; was machen den<br />
meine Kollegen, wollen sie mich hier ersaufen<br />
lassen? Doch endlich tut sich was<br />
und auf dem letzten Zacken werde ich<br />
herausgezogen.<br />
Was ist passiert? Offensichtlich haben<br />
wir die Kraft des Wassers unterschätzt<br />
und als sich das Seil, an dessen<br />
Ende ich hänge, ruckartig strafft, „spikken“<br />
Cello und Peti wie von <strong>der</strong> Armbrust<br />
geschossen, selbst ins Wasser. Nun<br />
müssen sie natürlich zuerst selbst ans<br />
Ufer kriechen, bevor sie mich herausholen<br />
können. Dieses Rettungsgerät eignet<br />
sich also nur bedingt für solche Aktionen;<br />
im Gegensatz zu unseren Taucherflossen,<br />
die dem Rettungsschwimmer im<br />
Wildwasser wenigstens ein Minimum an<br />
Kontrolle geben, vorausgesetzt man sichert<br />
sie entsprechend.<br />
Lasst hören<br />
aus alter Zeit
Lasst hören<br />
aus alter Zeit<br />
Der Untergang <strong>der</strong><br />
Marie-Claire<br />
Kaum zu glauben, aber die Jungs<br />
haben es geschafft. Sie haben es so weit<br />
getrieben bis die kleine Jacht vollgelaufen<br />
und abgesoffen ist. Weil das Boot<br />
durch einen Aussenbor<strong>der</strong> angetrieben<br />
war, möchte die Versicherung, motiviert<br />
durch das Amt für Umweltschutz, das<br />
Schiff heben lassen. Auch <strong>der</strong> Eigner<br />
hängt sehr daran und möchte es am<br />
Liebsten zurück. Ich verspreche mein<br />
Möglichstes zu tun.<br />
Um die Untergangsstelle zu finden<br />
brauche ich eine Kreuzpeilung. Zuerst interviewe<br />
ich den Badmeister des Männerbads,<br />
<strong>der</strong> als Zeuge die Polizei informiert<br />
hat und zeichne seine Angaben auf einer<br />
Karte ein. Im Restaurant Casino finde ich<br />
eine Serviertochter, die dem munteren<br />
Treiben bis zum bitteren Ende zugesehen<br />
hat, und kann die Peilung vervollständigen.<br />
Beide Angaben scheinen mir ziemlich<br />
genau und plausibel, aber es bleibt<br />
am Schluss doch noch ein Quadrat von<br />
etwa 400 Metern Kantenlänge. Einen<br />
Nachmittag lang versuche ich, zusammen<br />
mit <strong>der</strong> Seepolizei und dem Echolot<br />
des Polizeiboots mein Glück, habe aber<br />
lei<strong>der</strong> keins. Ein besseres Echolot muss<br />
her und da inzwischen digitale Echografen<br />
zu vernünftigen Preisen auf dem<br />
Markt sind, besorge ich so ein Ding und<br />
montiere es an einem<br />
heissen Samstag Nachmittag<br />
am Schnorchel.<br />
Um den in Strömen<br />
geflossenen Schweiss zu<br />
kompensieren, bestelle<br />
ich in <strong>der</strong> „Hechtländi“ einen<br />
Kübel. Nach dem ersten<br />
Schluck des kalten<br />
Schaumgetränks, habe<br />
ich das Gefühl mich tritt<br />
ein Pferd, in die rechte<br />
Niere. Vor Schmerz falle ich fast vom<br />
Barhocker, so etwas habe ich noch nie<br />
erlebt. Die Barmaid versucht vergeblich<br />
jemand von Rütimanns aufzutreiben; so<br />
schleppe ich mich die Treppe hoch bis<br />
aufs Sofa in <strong>der</strong> guten Stube. Mutter Rütimann<br />
alarmiert dann meine Gattin, die<br />
mich auf <strong>der</strong> Notfallstation abliefert.<br />
Der diensttuende Arzt steckt dem<br />
stöhnenden Patienten eine Infusion und<br />
injiziert eine Portion Buscopan. Nach<br />
dreiviertel Stunden und dem dritten Buscopan,<br />
rede ich, so gut es geht, dem Arzt<br />
ins Gewissen und verspreche ihm, das<br />
ganze Spital zusammenzuschreien wenn<br />
er nicht endlich mit dieser sinnlosen<br />
„Therapie“ aufhören und mich wegspritzen<br />
würde. Er lässt sich überzeugen und<br />
nach einer Stunde Gesundheitsschlaf erwache<br />
ich putzmunter und symptomfrei.<br />
Dummerweise lasse ich mich anschliessen<br />
zu einer Übernachtung, mit anschliessendem<br />
Tagesaufenthalt in <strong>der</strong><br />
Cafeteria bis zur spätnachmittäglichen<br />
Arztvisite, überreden.<br />
Die Suche nach dem Boot geht weiter,<br />
aber ausser dem Ansaugstutzen <strong>der</strong><br />
VZUG-Wasserleitung zeichnet sich nichts<br />
auf dem topfebenen Seegrund ab. Da<br />
GPS noch nicht erfunden ist, muss ich<br />
die Aktion nach ein paar Tagen ergebnislos<br />
abbrechen, was lei<strong>der</strong>, ausser <strong>der</strong><br />
Versicherung, niemand so recht befriedigt.
Der versunkene Hafen<br />
von Gersau<br />
In Gersau wird ein neuer Hafen gebaut.<br />
Allerneuste Technologien kommen<br />
zum Einsatz. Der erste Hafen, bei dem<br />
die schwimmenden Betonelemente bereits<br />
schwimmend gegossen werden.<br />
Cello und Peti haben einen lässigen<br />
Job gefasst. Sie müssen, im Auftrag des<br />
Ingenieurbüros, die Wasserung des ersten<br />
fertiggebauten Elements überwachen.<br />
Um die Fortschrittlichkeit des Verfahrens<br />
zu dokumentieren wird sogar<br />
eine Zeitrafferkamera eingesetzt. Ein<br />
sensationeller Streifen soll entstehen.<br />
Lei<strong>der</strong> ist es mir nie gegönnt gewesen ihn<br />
zu sehen. Ein Gerücht besagt, dass auf<br />
einem Bild das schwimmende Element<br />
zu sehen sei und auf dem nächsten<br />
schon, um ein Haar, nichts mehr. So<br />
schnell ist die Wasserung gegangen. Das<br />
ist das Resultat, wenn man Oberwalliser<br />
Häfen bauen lässt!<br />
Die Idee ist eigentlich genial, aber<br />
doch nicht ganz durchdacht. Im Tiefbau<br />
gibt es spezielle Schläuche um z.B. eine<br />
Kanalisationsleitung zu bauen. Man hebt<br />
einen Graben aus, legt eine aufgeblasene<br />
Wurst hinein und schüttet Beton darüber.<br />
Wenn dieser hart geworden ist,<br />
lässt man die Luft aus <strong>der</strong> Wurst, zieht<br />
die Wursthaut heraus und hat einen runden<br />
Kanal.<br />
Unser Oberwalliser stellt sich vor,<br />
dass man die Schläuche mit Spannfix zusammenbinden<br />
könnte; vier Schläuche<br />
ergeben ein Floss. Darauf errichtet er<br />
eine Plattform und auf dieser Plattform<br />
wird das Lehrgerüst für den Bau eines<br />
Betoncaissons aufgestellt. Ein riesiges<br />
Schlauchboot mit 57 Tonnen Stahl darauf.<br />
Man giesst nun den Beton in dieses Lehrgerüst<br />
und erhält einen schwimmenden<br />
Betonkörper von mehr als 100 Tonnen<br />
Gewicht. Ist <strong>der</strong> Beton ausgehärtet lässt<br />
man die Luft aus dem Schlauchboot, das<br />
Lehrgerüst sinkt ab wie ein Schwimmdock,<br />
<strong>der</strong> Betoncaisson schwimmt, und<br />
wird aus dem abgesenkten Lehrgerüst<br />
herausgezogen. Anschliessend bläst man<br />
wie<strong>der</strong> Luft ins Schlauchboot und das<br />
Lehrgerüst taucht wie<strong>der</strong> aus den Fluten<br />
auf. Der nächste Betonblock kann gegossen<br />
werden. Das geht sehr schnell und<br />
günstig. Seine Offerte ist die günstigste<br />
und er erhält den Zuschlag. Er hat nur einen<br />
kleinen Überlegungsfehler drin, und<br />
den bemerkt <strong>der</strong> Ingenieur auch nicht.<br />
Wenn die Luft aus den Schläuchen<br />
abgelassen wird, verringern sie logischerweise<br />
ihren Querschnitt und flutschen<br />
nach allen Seiten aus den Spanngurten<br />
heraus. Der Hilfsmannschaft gelingt es<br />
gerade noch einige Balken zwischen dem<br />
Leergerüst und dem schwimmenden Betonklotz<br />
zu verkeilen und so das 57-Tonnen<br />
Schlauchboot vor dem Absaufen zu<br />
bewahren.<br />
Nun erben Bruno und ich den Job.<br />
Am Montag treffen wir in Gersau lei<strong>der</strong><br />
nur zwei Spanier, die zwar einen Kran,<br />
aber von <strong>der</strong> ganzen Sache auch keine<br />
Ahnung haben. Wir beginnen voller Elan<br />
mit unserer Arbeit. Zuerst schauen wir<br />
Lasst hören<br />
aus alter Zeit
Lasst hören<br />
aus alter Zeit<br />
uns die Situation an und versuchen uns<br />
in die Überlegungen des Ingenieurs hineinzuversetzen.<br />
Eine Betonmole (Beton<br />
schwimmt, juhui!) dümpelt vor uns im<br />
Wasser. Darum herum hängen, mit Stangen<br />
verkeilt, viele Eisenträger sowie<br />
Holzelemente und dazwischen stechen<br />
Gummiwürste aller Grössen in den Himmel.<br />
Schnell den Baukompressor mit<br />
dem Anschluss verbunden und Vollgas.<br />
Lei<strong>der</strong> passiert gar nichts. Grosses Studium<br />
<strong>der</strong> Gebrauchsanweisung. Aha, ein<br />
Reduzierventil begrenzt den Druck auf<br />
0.3 bar. Na ja die Schläuche liegen auch<br />
beträchtlich unter vier Metern Wassertiefe.<br />
Logisch dass da nichts passiert. Also,<br />
Reduzierventil weg und dann, Full Power.<br />
Nun tut sich etwas, aber nichts Sinnvolles.<br />
Was ist zu tun?<br />
Nur eine Idee des Bauunternehmers<br />
ist brauchbar. Am Strand liegen 30 kleine<br />
Gummiwürste, die je 2 Tonnen Auftrieb<br />
haben, wenn sie voll aufgeblasen sind.<br />
Eine Lösung liegt nahe. Wenn wir die<br />
kleinen Säcke rund ums Lehrgerüst verteilen,<br />
können wir es wie<strong>der</strong> zum<br />
Schwimmen bringen. 30 Ballons mit<br />
einem Volumen von je 2000 lt sind vorhanden,<br />
das Lehrgerüst wiegt 57 Tonnen,<br />
wenn wir’s clever machen, genügt dieser<br />
Auftrieb. An die Arbeit Genossen. Mit <strong>der</strong><br />
Stoppuhr wird die Füllzeit bestimmt. Je<br />
zehn Sekunden Luft, Sichtkontrolle, ein<br />
Zeichen zum Spanier, noch 2, 3, 4 Sekunde.<br />
Es funktioniert, kein einziger Ballon<br />
zerplatzt. Jedes Mal beim Füllen weg<br />
vom Gerüst. Spanische Knoten entsprechen<br />
nicht immer unseren Qualitätsansprüchen.<br />
Und wenn unser Knopfspezialist<br />
mal nicht den richtigen Schlick<br />
erwischt hat und sich <strong>der</strong> Sack beim<br />
Füllen mit einem Knall selbstständig<br />
macht und an die Oberfläche schiesst<br />
wird’s ungemütlich. Es ist in diesem Falle<br />
ratsam sich nicht zwischen dem aufgeblasenen<br />
Sack und dem Lehrgerüst aufzuhalten.<br />
Der Taucher käme ziemlich<br />
flach heraus. Zwei Kubikmeter Luft sind<br />
unter Wasser etwa gleich wirkungsvoll<br />
wie ein zwei Tonnen schweres Wasserbett<br />
dass einem auf den Kopf fällt.<br />
Drei Mal alle 30 Säcke umgehängt<br />
und das Lehrgerüst ist wie<strong>der</strong> auf dem<br />
Niveau <strong>der</strong> schwimmenden Hafenmole.<br />
Jetzt muss <strong>der</strong> Betonklotz aus dem<br />
Schwimmdock ausgefahren werden.<br />
Muskelkraft ist gefragt, ein „Habegger“<br />
muss genügen. Also, ran und gehantelt<br />
was das Zeug hält. Die Drahtseile sind<br />
gespannt wie Gitarrensaiten, sie tönen<br />
auch ganz ähnlich und im Hinterkopf hat<br />
man die Stories von Bauarbeitern denen<br />
reissende Drahtseile den Kopf abgesägt<br />
haben. Wildes Hüpfen auf dem Betonklotz<br />
bringen diesen langsam dazu sich<br />
von seiner Umhüllung zu trennen.<br />
Irgendwann, nach einer Woche Arbeit,<br />
wagen sich dann auch <strong>der</strong> Bauunternehmer<br />
und <strong>der</strong> zuständige Ingenieur<br />
bis zum Bauplatz vor. Wir versuchen ihnen<br />
klarzumachen, welche Überlegungsfehler<br />
sie in ihr Projekt integriert haben<br />
und wie diese eliminiert werden könnten.
Zweiter Akt des<br />
Trauerspiels<br />
:<br />
Das Lehrgerüst ist weg, wohin? 57<br />
Tonnen, irgendwo zwischen 20 und 40<br />
Metern. Graue Würste ragen aus dem<br />
Wasser. Die Seestrasse ist gesperrt. Der<br />
200 Tonnen Pneukran ist, mit verlängertem<br />
Ausleger, bereit. Ich frage den Kranführer<br />
welche Kraft am äusseren Ende<br />
noch zu erwarten währe. Er meint, fünf<br />
Tonnen. Ob er wisse, dass seine Last<br />
mehr als das Zehnfache sei. Im Falle eines<br />
Falles würde er halt bergseits aussteigen,<br />
er habe so das Gefühl im Arsch.<br />
Unter dem Lehrgerüst geht es nämlich<br />
noch mindestens 20 Meter weiter in die<br />
Tiefe, - für den Anfang.<br />
Die Kran-Flasche (300 kg) ist auf 25<br />
Metern angerauscht. Ich ziehe sie mit einem<br />
Doppelzug, so weit es geht, nach<br />
aussen und befestige das Lehrgerüst<br />
(wahrscheinlich kann er mit seinem Haken<br />
nun nicht mal mehr zwei Tonnen halten).<br />
Anschliessend öffne ich abwechselnd<br />
die vier Zuleitungen, die zu den<br />
entsprechenden Riesen-Würsten führen.<br />
Lange passiert nichts, aber plötzlich<br />
kommt Bewegung in die Sache. Ächzend<br />
lösen sich die 57 Tonnen vom Grund und<br />
beginnen ihren Weg nach<br />
oben. Nichts wie weg, wie<br />
schon so oft.<br />
Und siehe da, nach<br />
geraumer Zeit, die<br />
Schläuche haben sich offenbar<br />
in den Gurten verklemmt,<br />
taucht wie das<br />
Ungeheuer von Loch<br />
Ness unser Lehrgerüst<br />
aus den Fluten auf, - und<br />
bleibt auch oben.<br />
Gott sei dank gibt es zu<br />
dieser Zeit noch keine<br />
Tauchcomputer, das<br />
Piepsen würde den ganzen<br />
Tag nicht aufhören.<br />
So geht es nun weiter, volle zwei<br />
Jahre bis zum bitteren Ende, dem Konkurs<br />
des Bauunternehmers. Beinahe hätte<br />
er unsere Rechnung nicht mehr bezahlt,<br />
wenn nicht Cello, als Jurist, und<br />
Peter Rü, als Assistent, persönlich vor<br />
dem Walliser Obergericht angetreten wären<br />
und hier einen wohlwollenden Richter<br />
und einen in Saudiarabien wie<strong>der</strong> zu<br />
Geld gekommenen Bauunternehmer gefunden<br />
hätten. So können wir auch unseren<br />
Kompressor endlich abbezahlen.<br />
Es stecken noch viele weitere Erlebnisse<br />
hinter diesem interessanten Bauplatz,<br />
Drahtseile, die reissen wie Bindfäden.<br />
Oberwalliser Nichtschwimmer, die<br />
einen musterhaften 6 Meter <strong>SLRG</strong>-<br />
Sprung vom absaufenden Leegerüst mit<br />
anschliessendem Klei<strong>der</strong>schwimmen bis<br />
ans Ufer vorführen. Aber ganz beson<strong>der</strong>s<br />
in Erinnerung geblieben ist mir <strong>der</strong> Januarmorgen,<br />
an dem <strong>der</strong> Nasstauchanzug,<br />
steif gefroren, in <strong>der</strong> Baubaracke am Haken<br />
hing.<br />
Sicher ist, gefroren haben wir damals<br />
selten. Wenn wir gezittert haben,<br />
hat das ganz an<strong>der</strong>e Gründe gehabt.<br />
Unterwegs zum Baum in <strong>der</strong> Seeliken,<br />
mit handgeklebten Tauchanzügen und<br />
AGA-Geräten<br />
Lasst hören<br />
aus alter Zeit
Padu trainiert für die **Prüfung<br />
Für Gebi ist alles OK<br />
Lasst hören<br />
aus alter Zeit
Ein lustiger<br />
Betriebsausflug<br />
Es ist Samstagabend und ich sitze<br />
im Restaurant Hechtländi, nichts Böses<br />
ahnend, hinter einer Coupe. Plötzlich<br />
kommt Bewegung in die Passanten;<br />
was ist los? Die Zuschauer drängen<br />
sich am Ufer wie beim Seefest. Auf<br />
dem See dreht sich, mit heulendem<br />
Motor, ein Boot im Kreis, den<br />
Suchscheinwerfer gen Himmel gerichtet,<br />
einzig ein Flakgeschütz fehlt noch für einen<br />
Kriegsfilm.<br />
Dem friedlichen Coupesser ist sofort<br />
klar um welches Boot sich es hier handeln<br />
und er kann sich auch bereits vorstellen,<br />
welches Problem hier eventuell<br />
vorliegen könnte, es wäre ja nicht das erste<br />
Mal. Er begibt sich also schleunigst<br />
zum Bootshaus <strong>der</strong> Feuerwehr, wo er, erstens<br />
einen frischgeduschten ehemaligen<br />
Schulkameraden mit Anzug und Krawatte,<br />
sowie den Postenchef <strong>der</strong> Polizei antrifft.<br />
Mein ehemaliger Schulkamerad ist<br />
ziemlich verwirrt. Der Postenchef behauptet<br />
steif und fest, dass es sich hier<br />
nur um eine Übung handeln könne. Ich<br />
erfahre, dass André die nötigen Massnahmen<br />
bereits in die Wege geleitet hat.<br />
Er fährt schon ein paar Minuten später<br />
mit dem Schnorchel vor, und wir, André,<br />
Hans (ein Arbeitskollege meines Schulkameraden,<br />
er hat, welcher Zufall, sogar<br />
Badehosen dabei) sausen los.<br />
Die Sache ist nicht ganz einfach; unser<br />
„Übungsobjekt“ fährt Vollgas, hat<br />
mehr als doppelt soviel PS wie wir und<br />
zusätzlich 300 Liter Benzin (die Feuerwehr<br />
tankt immer voll auf) an Bord. Seine<br />
Bugwelle spritzt uns das Seewasser wie<br />
ein Wasserfall ins Boot. Wir müssen die,<br />
Karrussel fahrende, Bombe zuerst zu<br />
bremsen versuchen.<br />
Wir knüpfen unser dickes Ankerseil<br />
an einen Rettungsball und fahren dem<br />
wellenwerfenden Ungetüm dicht vor <strong>der</strong><br />
Schnauze vorbei. Das Ankerseil wickelt<br />
sich um die Schraube und das Oelwehrboot<br />
wird deutlich langsamer. Andre und<br />
Hans imitieren Willhelm Tell und es gelingt<br />
ihnen, ohne zwischen den Bordwänden<br />
zerdrückt zu werden.<br />
Nun ist die Übung vorbei und die<br />
Volksmassen können beruhigt nach Hause<br />
gehen.<br />
Meine Coupe ist natürlich inzwischen<br />
aufgetaut, aber die Barmaid stellt<br />
mir eine neue hin.<br />
Lasst hören<br />
aus alter Zeit<br />
Die Kantonale Gebäudeversicherung<br />
spendiert <strong>der</strong> <strong>SLRG</strong><br />
ein neues Ankertau und fünf, den<br />
feuerpolizeilichen Vorschriften<br />
entsprechende, Kunststoffcontainer.<br />
Wir können sie sehr gut gebrauchen;<br />
unsere bis jetzt übliche<br />
Methode, das Bootsbenzin<br />
zu lagern, ist letzte Woche durch<br />
die Feuerpolizei scharf kritisiert<br />
worden.
Der Schatz im Zugersee<br />
In den Anfangszeiten des Tauchens<br />
am Zugersee meint ein lieber Kollege aus<br />
Zürich eine Goldgrube gefunden zu haben.<br />
Es ist ihm aufgefallen, dass zwischen<br />
Zigeunerplatz und Grindwäschi,<br />
überall Baumstämme herumliegen (Mikado).<br />
Am Zigeunerplatz auf 40 Metern,<br />
über dem Querriss, sind sie sehr dekorativ<br />
drapiert.<br />
Früher war beim ehemaligen Seehotel<br />
Lothenbach ein Holzlagerplatz und neben<br />
dem Restaurant Löwen eine Sägerei,<br />
angetrieben vom Lothenbach. Alles Holz<br />
wurde vom Chiemen her, in Ermangelung<br />
einer Strasse, über den See geführt. Es<br />
giebt eine Regel, dass beim Flössen 10%<br />
aller Tannen versinken. Bei den Harthölzern<br />
ist <strong>der</strong> Prozentsatz noch höher.<br />
Es scheint das dieser Kollege das<br />
gleiche Buch gelesen hat wie ich: „Wie<br />
kann man beim Tauchen Geld verdienen?“.<br />
Er hat anschliessend beschlossen,<br />
seine sauer verdienten Ferien nicht<br />
in warmen Gewässern zu geniessen,<br />
son<strong>der</strong>n sich ein Vermögen aus dem Zugersee<br />
zu fischen.<br />
Mit Tauchausrüstung und Floss<br />
macht er sich an die Arbeit. Alles was wie<br />
Holz aussieht wird aufgefischt und wohl<br />
geordnet am Ufer gestapelt. Lei<strong>der</strong> hat<br />
<strong>der</strong> Unglücksritter sein Projekt nur<br />
schlecht vorbereitet. Da <strong>der</strong> Säger nicht<br />
bereit ist, mehr als hun<strong>der</strong>t Franken pro<br />
Ster zu bezahlen, lohnt es sich beim besten<br />
Willen nicht, das Holz bis zur Strasse<br />
rauf zu bringen.<br />
Turi hat dann das gesammelte<br />
Schmalholz nutzbringend verwertet. Der<br />
einzige „kohlebringende“ Stamm liegt<br />
wie<strong>der</strong> auf dem Seegrund. (Die Anzeige<br />
wegen Diebstahls gegen Unbekannt ging<br />
damals von einem neutral geschätzten<br />
Wert von Fr. 4000.- aus).<br />
Es war natürlich wirklich eine Situation<br />
zum Totlachen. Der Tauchchef <strong>der</strong><br />
<strong>SLRG</strong>, Sonntag Abends, füdliblutt (mangels<br />
Badehose und in Erwartung eines<br />
menschenleeren Strands) bindet, rittlings<br />
auf im sitzend, einen riesigen Baumstamm<br />
ans deutlich angeschriebene Rettungsboot<br />
<strong>der</strong> <strong>SLRG</strong>, <strong>der</strong>weil das Gründungsmitglied,<br />
Sport- und Kantonsschulprofessor<br />
Vögeli, ruhig seine Brustschwimmübungen<br />
durchführend, sich<br />
sehr befremdet über das irritierende Treiben<br />
um sich herum zeigte.<br />
Preisfrage: Wo liegt jetzt diese<br />
Mooreiche?<br />
Lasst hören<br />
aus alter Zeit
In den 80er-Jahren machten<br />
unsere Fische nicht gerade<br />
den besten Eindruck...<br />
Lasst hören<br />
aus alter Zeit
Lasst hören<br />
aus alter Zeit<br />
Aber es wurde<br />
auch wie<strong>der</strong><br />
besser...
Schnorchel 1<br />
Jet-Boot<br />
Lasst hören<br />
aus alter Zeit<br />
Die Rettungsboote<br />
Schnorchel 2
Lasst hören<br />
aus alter Zeit<br />
Das waren noch<br />
Zeiten, als zu den<br />
Brevetprüfungen noch<br />
die Presse erschien...
Tauchtaufe mit Fritz R.<br />
1975<br />
Fritz macht heute seinen ersten<br />
Tauchgang. Das Wetter ist nicht super,<br />
umso besser, wir haben das ganze<br />
Strandbad für uns. Wir steigen nach <strong>der</strong><br />
theoretischen Einweisung die Leiter am<br />
grossen Steg hinunter. Von dort geht es<br />
vorsichtig über den Sandgrund bis auf<br />
drei Meter. Keine Probleme, bis jetzt.<br />
Plötzlich schiesst Fritz zur Oberfläche,<br />
ich hintennach. Er taucht aber nicht<br />
ganz auf, mit <strong>der</strong> Brille bleibt er unter<br />
Wasser und saust mit einem Wahnsinnstempo<br />
davon. Ich habe keine Chance in<br />
zu erwischen. Er pedalt, zum Glück, in<br />
Richtung Ufer, da kann nicht viel passieren,<br />
irgendwann wird er ja den Kopf anschlagen.<br />
Das tut er auch, macht eine<br />
Vierteldrehung nach rechts und weiter<br />
geht’s mit unvermin<strong>der</strong>tem Tempo, in<br />
knietiefem Wasser! Das Ganze wird mir<br />
langsam unheimlich, aber in spätestens<br />
50 Metern wird er am kleinen Steg ankommen.<br />
Was passiert aber, wenn er<br />
nochmals eine Vierteldrehung macht?<br />
Scheisse! Ich gebe nun auch Vollgas,<br />
aber direkt, über die abgekürzte Distanz.<br />
Gott sei dank, denn Fritz wählt die<br />
schlimmstmögliche<br />
Lösung,<br />
sein Spurt geht<br />
nun weiter,<br />
Richtung Rigi.<br />
Dank meiner<br />
Abkürzung kann<br />
ich ihn endlich<br />
schnappen. Ich<br />
blase seine Weste<br />
auf, sein Gesicht<br />
kommt aus<br />
dem Wasser,<br />
seine Augen<br />
sind weit aufgerissen.<br />
Völlig ausser Atem keucht er: „Was ist?“<br />
Er hat keine Ahnung was in den letzten<br />
Minuten passiert ist. Ich auch, - noch<br />
nicht.<br />
Lei<strong>der</strong> hat Fritz ein paar Jahre später<br />
am Chlausenegg nochmals das gleiche<br />
Problem. Dort hat es statt flachem<br />
Sandgrund aber eine steile Felswand.<br />
Das Wasser ist sehr trüb und sein Tauchpartner<br />
hat nicht die geringste Chance,<br />
ihn rechtzeitig zu erwischen, Fritz ist weg.<br />
Eine lange Suchaktion hat keinen Erfolg<br />
und die Abdankung findet ohne Fritz statt.<br />
Zwei Jahre später „stolpert“ dann ein<br />
Tieftaucher über den Vermissten und er<br />
kann geborgen werden.<br />
Wie<strong>der</strong> einige Zeit später findet Walti<br />
eine verlorene Taucherlampe. Auch ein<br />
Handschuh hängt noch dran. Wenn ein<br />
Taucher am Chlausenegg also noch einen<br />
Handschuh finden sollte, wäre es<br />
besser, er würde ihn liegen lassen.<br />
Jahre später lese ich in einer Fachzeitschrift<br />
dass 2-3 % <strong>der</strong> Bevölkerung an<br />
dieser psychischen Anomalie (Paniksyndrom<br />
mit Bewusstlosigkeit) leiden. Möglicherweise<br />
liessen sich so auch einige unerklärliche<br />
Autounfälle erklären.<br />
Lasst hören<br />
aus alter Zeit
Lasst hören<br />
aus alter Zeit<br />
Die Grenzen ärztlichen<br />
Wissens<br />
Womit wir dann beim Sinn <strong>der</strong> obligatorischen<br />
ärztlichen Tauchtauglichkeitsuntersuchung<br />
wären.<br />
Die Praxis zeigt, dass physische<br />
Tauchhin<strong>der</strong>ungsgründe nur mit aufwändigsten<br />
Untersuchungen und psychische<br />
gar nicht ausgeschlossen werden können.<br />
Wer aus anatomischen Gründen, die<br />
in einer einfachen Untersuchung feststellbar<br />
sind, tauchuntauglich ist, merkt das<br />
sofort, beim ersten Tauchgang. Wenns<br />
weh tut, hört er in <strong>der</strong> Regel auf. Ein offenes<br />
Foramen Ovale (30% <strong>der</strong> Bevölkerung<br />
sollen davon betroffen sein!) tut<br />
zwar nicht weh, kann aber nur sehr<br />
schwer diagnosdiziert werden.<br />
Es gab mal eine Zeit als Asthma<br />
noch als absoluter Tauchhin<strong>der</strong>ungsgrund<br />
gegolten hat, bis die Statistiker<br />
feststellten, dass <strong>der</strong> Anteil von Asthmatikern<br />
unter den Tauchern gleich hoch war,<br />
wie unter <strong>der</strong> nichttauchenden Bevölkerung.<br />
Was hatten denn diese Lausbuben,<br />
o<strong>der</strong> -Mädchen, gemacht? Sie hatten<br />
dem zeugnissausstellenden Arzt, man<br />
will ja den Hausarzt nicht mit <strong>der</strong> Verantwortung<br />
belasten, bei <strong>der</strong> Anamnese das<br />
Asthma einfach verschwiegen. Interessanterweise<br />
hatten tauchende Asthmatiker<br />
auch plötzlich keine Asthmaanfälle<br />
mehr, und in <strong>der</strong> Unfallstatistik war nirgendwo<br />
Asthma als Unfallgrund anzutreffen.<br />
So ist es möglich dass eine bisherige<br />
Asthmatikerin in <strong>der</strong> Nationalmannschaft<br />
Unterwasserrugby mitspielt und<br />
ein betablockertherapierter Hochdruckpatient<br />
Tauchlehrer wird. Die Praxis zeigt<br />
dass auch querschnittsgelähmte o<strong>der</strong><br />
trommelfellperforierte Taucher mit Metallplatten<br />
im Schädel unter problemlosen<br />
Umständen und mit kompetenten Partnern<br />
ihren Sport ausüben können.<br />
Heute, am 19. Sept. 82<br />
ist Zweisternprüfung und Ich sollte<br />
eigentlich im Seeliken-Bad aufkreuzen.<br />
Das dürfte schwierig werden, ich bin<br />
nämlich mit Antoinette im Bürgerspital. In<br />
aller Herrgottenfrühe haben bei ihr die<br />
Wehen eingesetzt und ich musste eine<br />
Notfallübung durchziehen. Es scheint<br />
also ein interessanter Tag zu werden, zur<br />
Sicherheit habe ich ein Funkgerät mitgenommen.<br />
Nach langer Wartezeit, das Funkgerät<br />
bringt wenigsten einige Abwechslung,<br />
kreuzt ein Arzt auf, verkündet etwas von<br />
Steisslage und fragt ob ich etwas gegen<br />
einen Kaiserschnitt einzuwenden hätte.<br />
Ich finde dass wir die Zeit nicht mit Diskussionen<br />
vergeuden sollten und kann<br />
ein paar Minuten später einen kleinen,<br />
schrumpeligen, verschmierten Buben im<br />
warmen Wasser schwenken.<br />
An diesem Sonntag ist einiges los<br />
gewesen und zum Glück auch alles gut<br />
abgelaufen, im Bürgerspital und in <strong>der</strong><br />
Seeliken
Der Heubeeriliföhn tobt<br />
Ende November, Nachts um 10 Uhr<br />
läutet das Telefon. Die Polizei ist dran und<br />
frägt, ob ich nicht den Schnorchel klar machen<br />
könne; das Polizeiboot sei in <strong>der</strong> Werft<br />
und sie hätten eine Meldung dass ein<br />
Föhnsturm im Walchwiler Bojenfeld zwei<br />
Jachten losgerissen hätte.<br />
Ich werde ins Strandbad gefahren und<br />
muss nicht mal das Boot runterdrehen. Ich<br />
kann zwar die Meldung kaum glauben, <strong>der</strong><br />
See liegt spiegelglatt, kein Lüftlein weht.<br />
Trotzdem ziehe ich das Ölzeug an und nehme<br />
Taucherlampe und Töffhelm mit. Pius,<br />
nicht gerade <strong>der</strong> seekundigste Polizist,<br />
kommt mit. Wir fahren Vollgas Richtung Süden.<br />
Kurz vor dem Chiemen wird die Luft<br />
plötzlich heiss und ein komisches Rauschen<br />
liegt in <strong>der</strong> Luft. Und nun kommt auch Dünung<br />
auf, und Dünung ist hier <strong>der</strong> richtige<br />
Ausdruck. Solche Wellen habe ich auf dem<br />
Zugersee noch nie gesehen. Auch <strong>der</strong><br />
Sturm ist plötzlich da, höchste Zeit den Vollvisierhelm<br />
anzuziehen, denn das Flugwasser<br />
das über unser Boot spritzt ist eisig kalt.<br />
Im Lichtkegel <strong>der</strong> Lampe sehen wir eine<br />
weisse Jacht in den Wellen treiben und versuchen<br />
in die Nähe zu fahren. Die Idee erweist<br />
sich sofort als idiotisch, denn sowohl<br />
die Jacht, wie auch wir, surfen von jedem<br />
Wellenberg ins Tal hinunter. Und die Wellenberge<br />
sind unglaublich hoch.<br />
Pius versucht zu funken. Sobald er das<br />
Funkgerät vor den Mund hält, veranstaltet<br />
<strong>der</strong> Wind ein Pfeiffkonzert das jede Verbindung<br />
verunmöglicht. Pius schlottert, er<br />
ist inzwischen patschnass. Jede Welle<br />
läuft oben in den Le<strong>der</strong>mantel hinein<br />
und unten natürlich auch wie<strong>der</strong> heraus.<br />
Wir beschliessen zurückzufahren.<br />
Unsere Jacht wird am<br />
an<strong>der</strong>en Tag gefunden; praktisch unbeschädigt,<br />
steht sie auf dem eigenen<br />
Kiel, zwischen den Felsen auf dem<br />
Chiemen.<br />
REGA down<br />
Der Funkpiepser läuft wie es sich für<br />
einen Feuerwehrmann gehört, auch<br />
wenn’s eigentlich nicht gestattet ist. Und<br />
mitten auf <strong>der</strong> Neugasse tönt es aus dem<br />
FFZ-ipot: „Aufgebot Ölwehr, Helikopterabsturz<br />
im Zugersee!“<br />
Die werden das doch nicht ohne<br />
<strong>SLRG</strong> durchziehen wollen? Tauchausrüstung<br />
unter den Arm und Schnorchel gestartet.<br />
Auf die Meldung bei <strong>der</strong> Seepolizei<br />
kriege ich doch schon einen Auftrag:<br />
„Untersuchungsrichter mitnehmen“. Im<br />
Ennetsee ist die Ölwehr schon dabei eine<br />
Ölsperre zu errichten. Einige wenige<br />
Trümmer schwimmen noch herum. Ich<br />
sehe schnell; Taucher, sind hier im Moment<br />
nicht nötig. Der Pilot war allein an<br />
Bord, <strong>der</strong> Absturz muss genau untersucht<br />
werden, hier sind Polizeitaucher zuständig.<br />
Ich mache mich wie<strong>der</strong> auf den<br />
Heimweg. Da fällt mir ein farbiges Etui<br />
auf, das auf <strong>der</strong> Wasseroberfläche treibt.<br />
Ich fische es aus dem Wasser und werfe<br />
schnell einen Blick hinein. Ich bin zwar<br />
nicht Apotheker, aber was ich sehe, veranlasst<br />
mich, das Necessair doch noch<br />
schnell auf dem Posten vorbei zu bringen.<br />
Ein Helikopterabsturz ist zwar eine<br />
sichere, aber auch ziemlich exklusive Art,<br />
sich vom Leben zu verabschieden.<br />
Lasst hören<br />
aus alter Zeit
Der Tauchchef wird<br />
verabschiedet 1996<br />
in <strong>der</strong> Seeliken<br />
Lasst hören<br />
aus alter Zeit
Lasst hören<br />
aus alter Zeit
Lasst hören<br />
aus alter Zeit
Lasst hören<br />
aus alter Zeit
Lasst hören<br />
aus alter Zeit
Lasst hören<br />
aus alter Zeit
Röteltauchen<br />
1971 werden wir<br />
von <strong>der</strong> Jagd- und Fischereiverwaltung<br />
gebeten,<br />
an einem Forschungsprojekt<br />
über den<br />
Zugerrötel mitzumachen.<br />
Zwei Teams sind im<br />
Einsatz; die Einen starten<br />
in Turis Fischerhütte,<br />
die An<strong>der</strong>n von <strong>der</strong> Kantonalen<br />
Fischbrutanstalt<br />
in Walchwil. Von dort traversieren<br />
wir über den<br />
See zum Chiemen und tauchen dort auf<br />
dem Rötelplatz. Eine ziemlich kühle Veranstaltung<br />
zu dieser Jahreszeit. Heisses<br />
Wasser aus <strong>der</strong> Thermosflasche, vorher<br />
in den Anzug gekippt, ist eine eher psychologische<br />
Massnahme.<br />
Der Tauchgang ist recht interessant,<br />
das Wasser relativ klar, die Rötel fehlen<br />
zwar, aber ich sehe die grösste Trische<br />
meines Lebens. Wir fotografieren und<br />
nehmen Bodenproben. Grossen Erfolg<br />
haben die Kollegen, die vergessen haben,<br />
den Verschlusspfropfen vom Probenrohr<br />
zu nehmen. Auf 40 Metern lässt<br />
sich das natürlich nicht mehr nachholen.<br />
Ein vom Kanton spendiertes Essen<br />
bringt die schlotternden Taucher wie<strong>der</strong><br />
unter die Lebenden zurück. Da sich auch<br />
<strong>der</strong> zweite Teil <strong>der</strong> Veranstaltung erfolgreich<br />
entwickelt, beschliessen wir, diesen<br />
Anlass zur Tradition werden zu lassen. In<br />
den folgenden Jahren lädt <strong>der</strong> Präsi, Peter<br />
Rü, natürlich nur für den zweiten Teil,<br />
einen interessanten Politiker ein.<br />
Regierungsrat Alois Hürlimann meint<br />
zwar, er habe gleich nach dem Essen<br />
den nächsten Termin; nachmittags um<br />
Vier, ist er immer noch am Erzählen.
Triesche sucht nach<br />
Rötel-Kaviar<br />
Rötelplatz vor und<br />
nach dem Kiesen
UW-Film mit<br />
Hin<strong>der</strong>nissen<br />
Ich drehe einen Film über<br />
die Zugerrötel; o<strong>der</strong> versuche<br />
es wenigstens. Res Merz hat<br />
mir sein Hugi-Gehäuse mit<br />
den zwei Scheinwerfern ausgeliehen.<br />
(Dieses Gehäuse<br />
liegt immer noch irgendwo vor<br />
Ras Muhammed,- Sladli ruhe in Frieden).<br />
Da <strong>der</strong> Mensch nur zwei Hände hat, werde<br />
ich zur Tauchgangbeleuchtung einen<br />
<strong>der</strong> Filmscheinwerfer einschalten.<br />
Bruno begleitet mich. Seine Taucherlampe,<br />
ein Spiro-Lämpchen mit etwa<br />
3 Watt, aber immerhin wasserdicht, wird<br />
erst sichtbar als es um uns herum langsam<br />
dunkel wird. (Zu dieser Zeit konnte<br />
man sich halt Halogenlicht nur zum Filmen<br />
leisten).<br />
Wir tauchen also langsam, Turis Ansaugleitung<br />
folgend, nach unten. Am<br />
Fuss <strong>der</strong> Wand, es wird etwa in 40 Metern<br />
Tiefe sein, ich habe eben den zweiten<br />
Scheinwerfer auch eingeschaltet,<br />
wird meine Beleuchtung rapide schwächer<br />
und im Handkehrum stehe ich in völliger<br />
Dunkelheit. Weit unter mir sehe ich<br />
das Armseelenlichtlein von Bruno, das<br />
kurz darauf auch verschwindet.<br />
Da stehe ich nun, auf 40 Metern mit<br />
<strong>der</strong> schweren Kamera in <strong>der</strong> Hand, in<br />
pechschwarzer Nacht. Ich weiss nicht<br />
einmal mehr wo die Wand ist und gerade<br />
Aufsteigen darf ich auch nicht, weil<br />
<strong>der</strong> Fels, gut drei Meter überhängend,<br />
über meinen Kopf hinausragt. Die einzige<br />
sinnliche Wahrnehmungen ist die<br />
Grundberührung mit den Füssen und<br />
das beruhigende Blubbern des Lungenautomaten.<br />
Wo bleibt nur Bruno? Es<br />
scheint mir unwahrscheinlich dass er<br />
mich mit seinem Minilämpchen in <strong>der</strong><br />
Dunkelheit wie<strong>der</strong>findet. Also los, vorsichtig<br />
die Fenzy anblasen; in <strong>der</strong> einen<br />
Hand die Kamera, die an<strong>der</strong>e zum<br />
Schutz über den Kopf gehalten und mit<br />
<strong>der</strong> dritten Hand die Fenzy reguliert.<br />
Geht es überhaupt aufwärts und wenn<br />
ja, wie schnell? Beruhigt bin ich, als es<br />
doch langsam ein bischen heller wird<br />
und ich noch rechtzeitig vor dem Überhang<br />
anhalten kann. Auch Bruno hat<br />
auf diesem kurzen Tauchgang nicht viel<br />
gesehen.
Der Film wird dann aber doch noch<br />
fertig.Mit aufgeladenen Batterien steige<br />
ich, nachts um 22 Uhr, mit Gebi aus Turis<br />
Fischerhütte ins Wasser. Turi hat Netze<br />
gesetzt und ich habe mit Gebi die Szene<br />
vorher abgesprochen.<br />
Ich suche mir in 40 Metern eine Stelle<br />
mit gefangenen Röteln und lege mich<br />
hinter das Netz. Gebi kommt nun mit <strong>der</strong><br />
Lampe von <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite und<br />
schaut sich die Rötel an. 15 Minuten und<br />
die Szene ist im Kasten.<br />
Ein Kameramann des <strong>Schweiz</strong>er<br />
Fernsehens sucht geanau solche Aufnahmen<br />
zur Komplettierung eines Films über<br />
den Rötelfang. So wird die Filmsequenz<br />
an einem Sonntagabend zum Abschluss<br />
<strong>der</strong> Tagesschau gesendet.<br />
Es sei das erste Mal, dass das<br />
<strong>Schweiz</strong>er Fernsehen einen Super 8-<br />
Film gesendet habe. Es ist ja auch relativ<br />
neu, dass das Fernsehen überhaupt farbige<br />
Bil<strong>der</strong> auf die Reise schickt.<br />
Gebi hinter dem Netz
Pirouette auf dem<br />
Rötelplatz<br />
Zu einer Zeit als <strong>der</strong> Begriff Octopus<br />
nur für einige Meertaucher eine Bedeutung<br />
hatte, bei den Amerikaner war dies<br />
bereits Standard, hatte ich mir auch<br />
schon einen Nemrod Snark II als Zweitautomaten<br />
zugelegt. Der Snark II war als<br />
Upstream-Automat konstruiert, sehr billig,<br />
sehr einfach, und, vor allem in <strong>der</strong> Tiefe,<br />
sehr wirkungsvoll. Wenn man ihn nicht irrtümlicherweise<br />
am Manometeranschluss<br />
befestigte (gleiches Gewinde), sonst flog<br />
einem natürlich <strong>der</strong> Mitteldruckschlauch<br />
um die Ohren. Dieser Schlauch war nicht<br />
gebriedet, nicht gepresst, son<strong>der</strong>n nur<br />
eingeschraubt - meistens. Es gab Serien,<br />
da konnte man mit einem kleinen Ruck<br />
die zweite Stufe vom Schlauch abziehen.<br />
Die wichtigste Eigenschaft: Er war billig.<br />
Turi und ich wollen seinen Rötelplatz<br />
begutachten. Ich nehme meinen Aquazepp<br />
zur Beleuchtung und zum Testen<br />
mit. Bei <strong>der</strong> letzten Rückreise von <strong>der</strong><br />
Odyssee hat sich nämlich, durch die Erschütterung,<br />
<strong>der</strong> Scheinwerfer eingeschaltet<br />
und die ganze Batterieladung ist<br />
in Wärme umgesetzt worden, zum Glück<br />
ohne ein Feuer zu entfachen. Dabei ist<br />
aber die Frontscheibe teilweise angeschmolzen.<br />
Ich warne also Turi dass<br />
eventuel die ganze Angelegenheit mit einem<br />
respektablen Knall implodieren könne,<br />
er solle sich dadurch ja nicht erschrecken<br />
lassen.<br />
Wir gehen also runter auf den Rötelplatz;<br />
erstaunlicherweise bleibt <strong>der</strong><br />
grosse Knall aus. Um Turi im Lichtstrahl<br />
des Scheinwerfers mein OK-Zeichen geben<br />
zu können, klemme ich mir den<br />
Zepp unter den Arm. Dummerweise gerate<br />
ich dabei mit dem Ellenbogen an<br />
den „Gas-Schalter“. Das Resultat ist<br />
eine motorgetrieben 360° Pirouette.<br />
Nun findet <strong>der</strong> Knall doch noch statt,<br />
aber an<strong>der</strong>s als erwartet.<br />
Mein Snark II ist beim Zwirbeln in die<br />
Schraube geraten und vom Mitteldruckschlauch<br />
abgerissen worden. Nun sehe<br />
ich, rechts von mir, den Schlauch, wie ein<br />
losgelassener Feuerwehr-Strahlrohr, in einem<br />
wilden Blasenschwall, auf und ab<br />
schiessen. Ich versuche, so gut es geht,<br />
den Schlauch zusammenzuknicken um<br />
den Luftverlust zu bremsen; vergebliche<br />
Liebesmühe, mit den dicken Handschuhen.<br />
Ich gebe Turi das Zeichen dass etwas<br />
nicht in Ordnung sei und wir dringend<br />
aufsteigen müssten, er scheint aber<br />
nicht meiner Meinung. Als er auch auf<br />
das Notfallzeichen nicht reagiert, beschliesse<br />
ich, in Anbetracht <strong>der</strong> unsicheren<br />
Luftvorratssituation (noch kein Manometer),<br />
den sofortigen Aufstieg.<br />
Aquazepp senkrecht und Vollgas. An<br />
<strong>der</strong> Oberfläche gelingt es mir dann doch<br />
noch den Schlauch zusammenzudrücken<br />
und nach einem mehr o<strong>der</strong> weniger beruhigten<br />
Blick auf Turis Luftblasen versuche<br />
ich, wenigstens auf drei Metern, noch so<br />
etwas wie eine Dekompression durchzubringen.<br />
Klar, grosse Sorgen muss ich mir<br />
nicht machen, wir sind ja erst ein paar Minuten<br />
unten gewesen, aber es kann ja<br />
nicht schaden. Bald ist mein Gerät leer<br />
und ich muss rauf. Wo ist Turi? Offensichtlich<br />
immer noch unten, wie mir seine<br />
Luftblasen verraten.<br />
Als er dann auch zurückkommt, sein<br />
zuvor nur halbvolles Gerät ist inzwischen<br />
auch leer, meint er, dass ich ihm nicht allzusehr<br />
gefehlt hätte...............
Sag mir, wo die Rötel sind...<br />
Aus Turis Lungenautomat kommen<br />
komische Töne. Verrückt! Hier sind Sie<br />
ja, schön aufgereiht wie im Supermarktgestell.<br />
Alles kapitale Burschen, einer neben<br />
dem an<strong>der</strong>en. Mann müsste sie nur<br />
herausgrapschen. Hier, im Querspalt auf<br />
18 Metern direkt unter Turis Fischerhütte.<br />
Während dem ganzen Tauchgang<br />
haben wir keinen Schwanz gesehen,<br />
ausser den üblichen Trischen und ein<br />
paar mickrigen Kaulbarschen, nichts als<br />
leere Netzte bis hinunter auf 50 Meter.<br />
„Du hättest gescheiter deine Netze<br />
aus dem Fenster gehängt“ sage ich<br />
nachher, beim Umziehen, zu ihm.
Wie kriegt man Luft in die<br />
Taucherflaschen?<br />
Der Wi-, Wa-,<br />
Watschenmann...<br />
Lasst hören<br />
aus alter Zeit<br />
In den Urzeiten <strong>der</strong> <strong>SLRG</strong>-Taucherei<br />
füllten die tapferen Froschmänner ihre<br />
Tauchgeräte im Strandbad Chamerfussweg.<br />
Eine Füllrampe mit 4 Standflaschen<br />
à 50 Liter mit 150 bar waren da verbunden.<br />
Man füllte die Tauchgeräte im Kaskadenverfahren<br />
d.h. man schloss ein Gerät<br />
an, öffnete die erste Standflasche,<br />
liess den Inhalt überströmen, schloss diese<br />
Flasche und wie<strong>der</strong>holte den Vorgang<br />
mit den an<strong>der</strong>en drei Flaschen. Wenn die<br />
vierte Flasche neu war, konnte man so<br />
sein Gerät auf einen Enddruck von vielleicht,<br />
bestenfalls, 140 bar (damals noch<br />
Atü) füllen.<br />
Es handelte sich in <strong>der</strong> Regel um<br />
AGA-Geräte von 2x8 Litern Inhalt mit einem<br />
Betriebsdruck von 150 bar. Wenn<br />
man rechtzeitig nachbestellte, lieferte das<br />
Sauerstoffwerk Luzern eine neue Standflasche<br />
nach. Die Rechnung für die benötigten<br />
Standflaschen bezahlte übrigens<br />
die Stadt Zug.<br />
1970 installierte die Kantonale Gebäudeversicherung,<br />
für den Bedarf <strong>der</strong><br />
Feuerwehren, im Bunker, am Ort <strong>der</strong> heutigen<br />
Casino-Tiefgarage, einen Kompressor.<br />
Auch die Taucher <strong>der</strong> Polizeikorps<br />
und <strong>der</strong> <strong>SLRG</strong> erhielten die Bewilligung<br />
dort zu füllen. Der Kompressor war ein<br />
„brüllendes“ Monster. Nach <strong>der</strong> Einweihungsfeier<br />
durfte <strong>der</strong> junge Taucher, mit<br />
dem damaligen Technischen Leiter <strong>der</strong><br />
<strong>SLRG</strong> Sepp Haller, Käsekuchen essen in<br />
<strong>der</strong> Taube. Alles was Rang und Namen<br />
hatte von Feuerwehr und Polizei war<br />
auch da.<br />
Sepp war übrigens nicht nur Technischer<br />
Leiter <strong>der</strong> <strong>SLRG</strong>, er war auch Leiter<br />
des Krankenwagendienstes und in dieser<br />
Funktion auch Chauffeur <strong>der</strong> Regierungslimousine,<br />
mit den besten Beziehungen<br />
zu den Kantonalen Behörden inbegriffen.<br />
Endlich hatten wir volle Tauchgeräte.<br />
Lei<strong>der</strong> machte <strong>der</strong> kleine junge Taucher<br />
den Fehler, an einem Sonntag<br />
Nachmittag, mit den Feuerwehrkameraden<br />
vom Atemschutzkorps <strong>der</strong> Feuerwehr<br />
in <strong>der</strong> Gartenwirtschaft des Restaurant<br />
Hirschen einige Bierchen zu kippen.<br />
Die Diskussion kreiste natürlich um<br />
den neuen Kompressor. Das junge Taucherlein<br />
interessierte, unter an<strong>der</strong>en kleinen<br />
Details, wieso eine automatische<br />
Kondensatentleerung nicht auch gleich<br />
installiert worden sei (preislich wäre das<br />
ja alleweil dringelegen). Lei<strong>der</strong> beachtete<br />
er nicht, dass am gleichen Tisch auch <strong>der</strong><br />
Installateur <strong>der</strong> Anlage, er war damals<br />
Chef des Atemschutzes, auch anwesend<br />
war. Das war ein kapitaler Fehler.<br />
Bereits am Tage darauf, waren die<br />
unbedachten Äusserungen des kleinen<br />
Taucherleins bereits Thema einer Sitzung<br />
des zuständigen Regierungsrates (sic!).<br />
Der arme Technische Leiter wurde grauenhaft<br />
zusammmengeschissen und das<br />
Betreten <strong>der</strong> Füllstation den <strong>SLRG</strong>-Tauchern<br />
sofort verboten.<br />
Lei<strong>der</strong> kam nun ein tragisches Unglück<br />
dazu. Sepp verunglückte in Ausübung<br />
seines Jobs tödlich.<br />
Das kleine Taucherlein wurde nun<br />
zum Tauchchef beför<strong>der</strong>t, was aber <strong>der</strong><br />
Füllung unserer Tauchflaschen keinesfalls<br />
zuträglich war. Nach mehreren Sitzungen<br />
mit dem legendären Feuerwehrinspektor<br />
Hasenmeile, auch „Hasebüngel“<br />
genannt, und verschiedenen Wie<strong>der</strong>erwägungsgesuchen,<br />
brachten wir es<br />
fertig das wenigstens <strong>der</strong> neue Technische<br />
Leiter <strong>der</strong> <strong>SLRG</strong>, Tschuss Aeberli,<br />
beruflich Bademeister im Strandbad Zug,<br />
die Berechtigung zum Füllen unserer Geräte<br />
erhielt. Selbstverständlich war über<br />
jede Füllung genau Buch zu führen und<br />
die Entschädigung wurde für jede Flasche<br />
auf Fr. 2.- festgelegt. Nur diesmal
ezahlte das nicht die Stadt Zug, son<strong>der</strong>n<br />
diese wurden <strong>der</strong> <strong>SLRG</strong> fakturiert. Das<br />
Resultat war, dass man im Sommer alle<br />
verfügbaren Geräte bis zum letzten „Lufttropfen“<br />
leersoff. Dann versuchte man<br />
den Bademeister zu motivieren, die Geräte<br />
zu füllen, während <strong>der</strong> Badesaison<br />
meiste ein Ding <strong>der</strong> Unmöglichkeit. Wenn<br />
sich <strong>der</strong> fleissige Bademeister in seinem<br />
gedrängten Tagesprogramm irgendwann<br />
zwei Stunden abklemmen konnte, musste<br />
das kleine Tauchleiterlein mit seines Papas<br />
Auto ins Strandbad fahren, alles was<br />
wie ein Tauchgerät aussah einladen und<br />
zur Füllstation führen. Hier trug er die Geräte<br />
in einem langen, feuchten (daher wenigstens<br />
kühlen) Gang etwa hun<strong>der</strong>t Meter<br />
ins Dunkel und konnte dort zusehen,<br />
wie <strong>der</strong> liebe Bademeister den Kompressor<br />
dazu brachte die Geräte zu füllen. Anschliessend<br />
transportierte er die Kübel im<br />
Kofferraum wie<strong>der</strong> ins Strandbad zurück.<br />
Dies erlaubte den <strong>SLRG</strong>-Tauchern<br />
für die nächsten zwei Wochen wie<strong>der</strong> einige<br />
Tauchgänge, bis eine überraschende<br />
Schlechtwetterperiode dem Bademeister<br />
wie<strong>der</strong> die Gelegenheit gab eine<br />
Füllsession einzulegen. Mit wieviel bar<br />
(o<strong>der</strong> Atü) ein Taucher damals ins Wasser<br />
stieg interessierte kein Schwein, die<br />
Hauptsache war, dass man das Gerät<br />
nicht vorher mit <strong>der</strong> Velopumpe auffüllen<br />
musste.<br />
Dass diese Situation für das Tauchleiterlein<br />
untragbar war, ist klar und ich<br />
bin überzeugt, dass alle an<strong>der</strong>en Beteiligten<br />
eine höllische Freude an diesem Treiben<br />
hatten, mit Ausnahme <strong>der</strong> <strong>SLRG</strong>-<br />
Taucher natürlich.<br />
Was <strong>der</strong> Grund war, dass das junge<br />
Taucherlein <strong>der</strong>massen geplagt wurde<br />
kann ich nicht erklären. Ich vermute, dass<br />
ich unbeabsichtigt und auch ungewollt einem<br />
schlafenden Hund heftig auf den<br />
Schwanz getreten war. Mit ein bischen<br />
Fantasie lässt sich <strong>der</strong> Vorgang rekonstruieren:<br />
Irgendwer war wahrscheinlich<br />
davon ausgegangen, dass sowieso niemand<br />
eine Ahnung von diesen Dingen<br />
habe, und hat dann, irgendjemand, einen<br />
alten Kompressor mit wenig Betriebsstunden<br />
untergejubelt, ein Son<strong>der</strong>angebot,<br />
sozusagen. Weitergehende Vermutungen<br />
verkneife ich mir jetzt...<br />
Waldeslu-u-u-uft....!<br />
Es ergab sich dann, dass Gebi von<br />
seinem Einsatz als Tauchassi bei <strong>der</strong><br />
SUBEX auf Elba nach Hause kam. In seinem<br />
jugendlichen Leichtsinn hatte er dort<br />
einen „frischrevidierten“ Kompressor K-<br />
14 erstanden (günstig (!) für Fr. 3000.-).<br />
Voller Mitgefühl bot er dem armen gestressten<br />
Tauchleiterlein seine Hilfe an.<br />
Wir mussten den Kompressor nur in<br />
Altdorf abholen. Frisch gestrichen und silbern<br />
leuchtend stand er da, die Mutter aller<br />
Kompressoren. Ehemals Eigentum<br />
des USZ Basel, vermutlich ein Modell<br />
aus <strong>der</strong> Nullserie. Ich kannte ihn, wir hatten<br />
uns schon auf <strong>der</strong> Fieramosca mit<br />
ihm herumgeärgert. Nach zigtausenden<br />
von Betriebsstunden hatte er sich wahrscheinlich<br />
schon auf den Ruhestand gefreut.<br />
Hinter dem Haus machten wir einen<br />
Probelauf; mindestens 20 Meter flog die<br />
Zündkerze nach <strong>der</strong> ersten Zündung in<br />
den Nachthimmell. Das interessierte uns<br />
aber gar nicht, wir wollten ja einen Kompressor<br />
mit Elektromotor.<br />
Peter Rü brachte dann den „Mokken“<br />
von <strong>der</strong> ABB mit. Nun finge das lustige<br />
Füllen an; meinten wir. Lei<strong>der</strong><br />
machte sich das Alter unseres Methusalems<br />
in je<strong>der</strong> Beziehung bemerkbar.<br />
Ein Kompressor ist sehr stark mit einem<br />
Dieselmotor verwandt, er funktioniert<br />
nur umgekehrt, - meistens. Die Luftqualität<br />
war von jeglicher Norm, soweit so etwas<br />
damals schon bekannt wahr, weit<br />
entfernt. Ely kotzte fast nach jedem<br />
Tauchgang. Bruno Merz riskierte in <strong>der</strong><br />
Tauchschwimmer-RS bei einer Wechselatmungsübung,<br />
mit anschliessendem<br />
Lasst hören<br />
aus alter Zeit
Lasst hören<br />
aus alter Zeit<br />
Notaufstieg, beinahe das Leben seines<br />
Zugführers (Mais, Merz, s’est quoi cette<br />
air, s’est de-geu-lasse !!!) und ich erhielt<br />
von paar zürcher Tauchern beinahe eine<br />
Anzeige wegen vorsätzlicher Körperverletzung<br />
(Was, schlechte Luft, das macht<br />
uns nichts, wir sind uns die miesesten italienischen<br />
Füllstationen gewohnt!). So<br />
ging es nicht weiter.<br />
Wir bestellten bei <strong>der</strong> Firma<br />
EUROSUB einen grossen Standfilter für<br />
Fr. 800.-. Zuerst interessierte mich natürlich<br />
wie so ein Filter aufgebaut ist und ob<br />
überhaupt etwas drin sei. Ich schraubte<br />
in also auseinan<strong>der</strong>. Es ging nur sehr<br />
mühsam (übrigens war Aktivkohle drin),<br />
das Zusammenschrauben nur zur Hälfte<br />
und dann gar nichts mehr. Das ganze<br />
Team ins Auto und ab nach Hallwil zu<br />
den Herren Wecker und Lehmann.<br />
Der gewiefte Techniker Lehmann<br />
hatte das Gefühl, wir hätten etwas nicht<br />
richtig gemacht und meinte man müsse<br />
nur dass Rohr ein bischen erwärmen und<br />
das Ganze könne problemlos wie<strong>der</strong><br />
auseinan<strong>der</strong>genommen werden. Denkste,<br />
auch <strong>der</strong> Schweissbrenner hilft gar<br />
nichts, wenn ein Gewinde bereits kalt<br />
verschweisst ist. Aber, man ist ja kulant<br />
und holt den nächsten Filter aus dem<br />
Lager. Voilà, das Herausschrauben geht<br />
perfekt, verdammt, beim Hineinschrauben<br />
geht nichts mehr. Offensichtlich hatte<br />
sich hier <strong>der</strong> Lehrling im Gewindedrehen<br />
geübt. Zum Glück sieht dann das Gewinde<br />
des dritten, und letzten, Filters vernünftig<br />
aus und funktioniert auch so.<br />
Keep cool, es wird ja auch nur mit 200<br />
bar belastet.<br />
Dafür waren unsere geschmacklichen<br />
Probleme ein für alle Mal gelöst. Ein<br />
Meter Aktivkohle verhalfen uns zu<br />
Waldesluft, ausser es passierte wie<strong>der</strong><br />
mal ein Scheiss und die Kohle landete,<br />
pulverisiert und durch den Sinterfilter<br />
gedrückt, in <strong>der</strong> Tauchflasche.<br />
Sticky Fingers<br />
Die Luft war nun gut, aber es zeigte<br />
sich ein an<strong>der</strong>es Problem. Bei den diversen<br />
elbanischen „Generalrevisionen“ unseres<br />
Ungetüms war auch die Leitung<br />
<strong>der</strong> Druckölschmierung ersetzt worden.<br />
Serienmässig wäre dort ein kleines Filterchen<br />
eingebaut gewesen. Dieses hatte<br />
sich natürlich inzwischen in Luft aufgelöst<br />
und fehlte bei unserem Prachtstück.<br />
Als Resultat wan<strong>der</strong>ten, bei je<strong>der</strong> Inbetriebnahme,<br />
die kleinen Metallspänchen<br />
aus dem Schmiersumpf nach oben<br />
in die vierte Stufe. Dort verkeilten sie sich<br />
im Schmierspalt (2-3/1000mm) des fliegenden<br />
Kolbens und verschweissten ihn<br />
innert Sekunden mit dem Zylin<strong>der</strong>. Ein<br />
begabter Werkzeugmacher (Fritz Reck)<br />
gelang es, diese Kolben auf den Tausendstel<br />
genau nachzudrehen.<br />
Irgend wann war aber die Geduld<br />
meiner Mutter erschöpft (ein Buchbin<strong>der</strong><br />
<strong>der</strong> immer mit Armen schwarz bis zu den<br />
Ellenbogen herumläuft, ist untragbar) und<br />
sie bot <strong>der</strong> <strong>Tauchgruppe</strong> ein zinsloses<br />
Darlehen für einen neuen, funktionierenden<br />
Kompressor an. Unsere Probleme<br />
waren wie<strong>der</strong> einmal gelöst. Ein „Grossauftrag“<br />
(siehe: Der sinkende Hafen) erlaubte<br />
uns dann, nach und nach, das<br />
Darlehen zurückzuzahlen.<br />
Mit den Jahren wurde dann, mit <strong>der</strong><br />
Mithilfe von Peter Rütimann (Steuerung)<br />
und Peter Schmalz (Installation), die Anlage<br />
immer weiter ausgebaut und wir verfügten<br />
so über die leistungsfähigste Füllstation<br />
weit und breit.<br />
Für die Mitglie<strong>der</strong> war die Luft gratis.<br />
Fremdbezüger, sie mussten nur wissen,<br />
wo <strong>der</strong> Eingangsschlüssel versteckt war,<br />
warfen einen „Fünfliber“ ins Kässeli.
Die Stadt plant<br />
auf dem Gelände <strong>der</strong> ehemaligen<br />
Ziegelei Brandenberg ein Wassersportzentrum.<br />
Das Gebäude erstreckt sich, zigarrenförmig<br />
auf Pfählen, in den See hinaus.<br />
Unter unserem Klubraum werden wir<br />
18 Meter Wasser bis zum Seegrund haben.<br />
Tauchen direkt aus dem Klubraum,<br />
welche Perspektive. Natürlich gehört<br />
auch eine Füllstation dazu.<br />
Wir haben mit verschiedenen Unterwasserarbeiten<br />
ziemlich Geld auf dem<br />
Kompressorkonto gespart und ich mache<br />
mich an die Planung. An einem Kurs<br />
habe ich bei <strong>der</strong> Zürcher Seepolizei im<br />
Tiefenbrunnen eine Dräger Füllanlage<br />
gesehen, bei <strong>der</strong> ein kleiner Bauer Kompressor<br />
drei Speicherflaschen mit 300 bar<br />
füllt. Dieser Ansatz scheint mir sehr vernünftig<br />
und so etwas schwebt mir auch<br />
für uns vor. Später stellt sich dann lei<strong>der</strong><br />
heraus, dass sich Pressluft bei Drücken<br />
über 200 bar nicht so verhält, wie das<br />
Boyle-Mariotte in jedem Taucherlehrbuch<br />
stolz verkünden.<br />
An einem Kurs, organisiert vom<br />
SUSV bei Bauer-Kompressoren in München,<br />
hole ich mir einige Grundkenntnisse.<br />
Dort spricht man bereits von Drücken<br />
von 540 bar, aber das scheint mir dann<br />
doch ein bisschen heiss.<br />
Bei einer Volksabstimmung bewilligen<br />
die Stimmbürger 42 Millionen für die<br />
Seeufergestaltung. Der Siebbach wird für<br />
sagenhafte 11 Millionen offengelegt, ein<br />
Mehrfamilienhaus wird gebaut und ein<br />
neuer Stadtrat weigert sich das Wassersportzentrum<br />
zu realisieren.<br />
Übrig bleibt wenigstens ein Kompressorraum<br />
und so können wir wenigstens<br />
unsere Füllstation weiter planen.<br />
Als sich auch noch die <strong>Tauchgruppe</strong>n von<br />
See- und Kantonspolizei mit je 15 000.-<br />
beteiligen, steht einer Realisierung nichts<br />
mehr im Weg.<br />
Flieg, Kolben, flieg!<br />
Es muss so irgendwann anfangs <strong>der</strong><br />
Fünfzigerjahre gewesen sein, <strong>der</strong> damalige<br />
K 14 Kompressor war im Prototypenzustand<br />
und <strong>der</strong> Seniorchef von BAUER<br />
kämpfte mit dem Problem, wie er die<br />
Dichtungsringe <strong>der</strong> vierten Stufe den Belastungen<br />
anpassen könnte. Bei einer<br />
Bergwan<strong>der</strong>ung hatte er dann die wun<strong>der</strong>bare<br />
Idee, es einmal ohne Dichtungsringe<br />
zu versuchen. Er konstruierte einen<br />
Kolben mit einem sehr kleinen Spiel zwischen<br />
Zylin<strong>der</strong>bohrung und Kolben (2-3/<br />
1000 mm) und dachte sie mit Schmieroel<br />
unter dem entsprechenden Druck zu<br />
dichten.<br />
Eine entsprechende Pumpe zu konstruieren<br />
lag ausserhalb seiner Möglichkeiten,<br />
also nahm er eine normale Treibstoffpumpe<br />
eines Dieselmotors. Seine<br />
Überlegungen gingen dahin, dass diese<br />
Pumpe genau synchron zum „Freiflugkolben“<br />
<strong>der</strong> vierten Stufe arbeiten müsste,<br />
um ein Rückfliessen <strong>der</strong> verdichteten Luft<br />
zu verhin<strong>der</strong>n. Genaue Vorschriften für<br />
die Einstellung <strong>der</strong> Antriebskette stellten<br />
diesen Vorgang sicher.<br />
Da die „lausigen Kompressorwarte“<br />
vergassen diese Kette zu schmieren<br />
stellten sich fortlaufend Defekte ein. Als<br />
Weiterentwicklung wurde dann bei <strong>der</strong><br />
nächsten Generation des K 14 anstelle<br />
<strong>der</strong> Kette ein wartungsfreier Zahnriemen<br />
aus Gummi eingebaut. Nun gingen die<br />
„lausigen Kompressorwarte“ noch weiter<br />
und bauten die Zahnriemen ein, ohne<br />
sich um die Synchronisation <strong>der</strong> Pumpe<br />
mit dem Freiflugkolben zu kümmern. Und<br />
siehe da es funktionierte.<br />
Seither benützt BAUER ganz gewöhnliche<br />
Keilriemen, kein Schwein kümmert<br />
sich um die Synchronisation und<br />
niemand weiss, wie und warum die ganze<br />
Sache funktioniert.<br />
Lasst hören<br />
aus alter Zeit
Fotos aus dem<br />
Kompressorraum<br />
von Peter Schmalz<br />
Elly, die Seenixe<br />
Warten auf den Sturm<br />
Lasst hören<br />
aus alter Zeit
Lasst hören<br />
aus alter Zeit<br />
Gebi <strong>der</strong> Doppelpirat<br />
Der erste Tröcheler am Zugersee<br />
Konstruktion: Ernst Michel
Helmut, Peter, Franz<br />
Thomas, Bruno und Jan<br />
Lasst hören<br />
aus alter Zeit
Bruno Merz<br />
Lasst hören<br />
aus alter Zeit<br />
Man fährt gerne mit<br />
dem Aquazepp beim<br />
Rigiblick vorbei
Odysséen 1970 - 90<br />
Jedes Jahr charterten wir ein bis<br />
zwei Mal ein Schiff für eine Woche um<br />
nach Lust und Laune (unserer und <strong>der</strong><br />
des Kapitäns) und abhängig vom Wetter,<br />
die Inseln des Thyrrenischen Meers zu<br />
erkunden. Das Gebiet in dem sich die<br />
Odysseen abspielten, erstreckte sich<br />
zwischen Capraia im Norden, Giannutri<br />
im Süden und Scoglio d’Africa (Africhella)<br />
im Westen. Die Ausgangspunkte waren<br />
Porto Azzurro, Talamone und Porto<br />
Santo Stefano. Die Boote waren meistens<br />
abenteuerliche Oldtimer, Zweimast-Gaffelschoner,<br />
so ca. 15 Meter lang<br />
und 50 Tonnen schwer. Wenn <strong>der</strong> Wind<br />
mal von hinten kam, konnten wir sogar<br />
segeln. Aber im Mittelmeer ist <strong>der</strong> Wind<br />
meist entwe<strong>der</strong> zu schwach o<strong>der</strong> zu<br />
stark und kommt fast immer von vorn.<br />
Das Juwel unter den Tauchgebieten<br />
war Monte Christo mit <strong>der</strong> Villa von König<br />
Vittorio Emanuele, einem Park mit exotischen<br />
Gewächsen und einem Museum<br />
ohne Besucher. Die Insel wurde in den<br />
70er Jahren unter Schutz gestellt, mit einem<br />
Ankerverbot im Umkreis von 500<br />
Metern. Auch wir konnten nur noch mit<br />
den Archäologen von Oxford hinfahren,<br />
und als Rudi, unser Kapitän, mal ganz<br />
gute Laune hatte. Was aber nicht viel<br />
brachte, da wir damals wetterbedingt<br />
(Sturmodyssee), nur drei mal ins Wasser<br />
kamen.<br />
Inzwischen übernachten die Fischer<br />
von Porto Santo Stefano, auch „wetterbedingt“,<br />
und bemühen sich, nachts, mit <strong>der</strong><br />
Harpune in <strong>der</strong> Hand, ihre Fänge aufzubessern.<br />
Odysséen im Tyrrennischen Meer<br />
1970-90
Das erste Odyssee-Schiff war die<br />
ELBA MARINA. Die einzige sanitäre Instalation<br />
war eine WC-Kabine an Deck,<br />
die nach dem Schwerkraftprinzip funktionierte.<br />
Übernachtet wurde auf Luftmatrazen;<br />
wer es luxuriös wollte, nahm ein<br />
Klappbett mit. Bei Regenwetter wurde<br />
das Sonnensegel aufgespannt und <strong>der</strong><br />
Kampf um einen Trockenplatz begann.<br />
Die Letzten, die, meist ausreichend<br />
erfrischt, vom Landgang zurückkamen,<br />
mussten sich halt ihren Schlafplatz organisieren.<br />
Ein Erker in <strong>der</strong> Hafenmauer<br />
o<strong>der</strong> ein Tisch in einer Gartenwirtschaft<br />
boten meist Schutz genug. Wir ruhten<br />
sanft am Busen <strong>der</strong> Natur, o<strong>der</strong> so.<br />
Die ELBA MARINA im<br />
Hafen von Porto Azzurro<br />
Odysséen im Tyrrennischen Meer<br />
1970-90<br />
Auf <strong>der</strong> TYRA und <strong>der</strong> FIERAMOS-<br />
CA gab es bereits relativ trockene Kojen<br />
und ein Pumpklosett an dem manchmal<br />
<strong>der</strong> Zettel hing „Out of or<strong>der</strong>, go ashore“<br />
was uns anschliessend erlaubte, mit <strong>der</strong><br />
„Grossen Zerlegung“ des Patienten, unsere<br />
Parkdienstkenntnisse zu erweitern.<br />
SEEMÖWE und MARLIN waren dann<br />
bereits keine Seelenverkäufer mehr.<br />
TYRA<br />
Zweimastgaffelschoner<br />
Einzylin<strong>der</strong>motor 28 PS<br />
Togg, togg, togg, togg, togg.......<br />
FIERAMOSCA I
Auf, auf, zur fröhlichen<br />
Odyssée<br />
Odysséen im Tyrrennischen Meer<br />
1970-90<br />
Zug – Tirrenia, 800 Kilometer<br />
sind es ungefähr, und jedes Mal<br />
Abenteuer pur, je<strong>der</strong> Kilometer. Am<br />
Gotthard bohrt man zwar ein Loch,<br />
aber bis das Jahrhun<strong>der</strong>twerk fertig<br />
ist, geht es noch einige Zeit und im<br />
Mai und Oktober ist <strong>der</strong> Pass meist<br />
noch gesperrt. Wir fahren also über<br />
den San Bernardino im Konvoi,<br />
manchmal verbunden mit Funkgeräten<br />
und das mit gutem Grund. Die<br />
Autos sind noch nicht für das Zurücklegen<br />
grösserer Distanzen konstruiert<br />
und wenn sie mal 60’000 Kilometer<br />
auf dem Tacho haben, ist es höchste<br />
Zeit sich um einen Ersatz zu kümmern.<br />
In Thusis o<strong>der</strong> so, gehen wir Nachtessen.<br />
Spätestens im Tessin ist <strong>der</strong> TCS-<br />
Pannendienst an <strong>der</strong> Reihe. Kurz bevor wir<br />
eine Unterkunft für die Nacht zu suchen beginnen,<br />
stellt <strong>der</strong> Patrouilleur fest, dass sich<br />
die Zündverteilerfeststellschraube gelockert<br />
hatte und, nach <strong>der</strong>en Fixierung, einer Weiterfahrt<br />
nichts mehr im Weg stehe.<br />
Beim Überqueren des Apennin ergiebt<br />
sich dann das nächste Problem. Trotzdem<br />
<strong>der</strong> Anlasser nicht mehr will, gelingt es, den<br />
Motor, rückwärtsrollend, wie<strong>der</strong> in Gang zu<br />
bringen. Dank <strong>der</strong> italienischen Beleuchtung<br />
im Tunnel hat es auch niemand gesehen.<br />
Die Autobahn hat bald ein Ende, <strong>der</strong><br />
Tankinhalt auch und die Suche nach einer<br />
Tankstelle beginnt. In Italien kommen Tankstellen<br />
entwe<strong>der</strong> gehäuft vor, dafür sind sie<br />
alle im Streik, o<strong>der</strong> man findet zwar die einsame<br />
Tankstelle und es gibt weit und breit<br />
keinen Operateur. Ein Reservebidon empfiehlt<br />
sich in jedem Fall.<br />
Am Zielort hat nun die Garage eine<br />
Woche Zeit den Wagen zu reparieren, vorausgesetzt<br />
es gelingt ihr, die englischen Ersatzteile<br />
zu organisieren.<br />
Andreas <strong>der</strong> Kapitän <strong>der</strong> TYRA und Susi<br />
seine Lebensgefährtin.<br />
Vorsicht: Odysséen können für Frauen<br />
gefährlich sein!<br />
Languste
Matrose erklimmt<br />
die Takelage<br />
Fotos Peter Schmalz<br />
Odysséen im Tyrrennischen Meer<br />
1970-90<br />
Die Bühlmann-Tabelle<br />
war immer dabei
Die Fieramosca wird<br />
im Hafen von Talamone<br />
beladen<br />
Rudi, Alexan<strong>der</strong> und Ilse<br />
Odysséen im Tyrrennischen Meer<br />
1970-90
Odysséen im Tyrrennischen Meer<br />
1970-90<br />
Grotone<br />
Franz
Mare molto mosso agitato<br />
Eine steife Brise bläst und als wir<br />
die Bucht von Portoferraio verlassen,<br />
kommt noch eine zackige Dünung dazu.<br />
Normalerweise dauert die Fahrt<br />
nach Piombino 90 Minuten, aber heute<br />
wird’s wahrscheinlich etwas länger dauern.<br />
Das Bordrestaurant ist wegen Glasbruchgefahr<br />
geschlossen, mit einem<br />
magennervenberuhigenden Drink ist’s<br />
also nichts. An Deck ist die Luft auch viel<br />
frischer; bedeutend frischer als auf den<br />
Toiletten, wie ich beim Vorbeigehen feststellen<br />
kann. Aber auch hier ist die Situation<br />
chaotisch. Vom Vordeck läutet<br />
die Schiffsglocke. Ich traue meinen Augen<br />
nicht: Auf <strong>der</strong> Brücke steht <strong>der</strong> Steuermann,<br />
(o<strong>der</strong> ist’s <strong>der</strong> Kapitän?),<br />
krümmt sich über die Reling und reihert.<br />
Es empfiehlt sich, die Windrichtung<br />
zu beachten; die Kotze fliegt heute tief.<br />
Nun wird’s auch mir langsam ungemütlich<br />
und ich bin froh, als wir heil an <strong>der</strong><br />
Mole von Piombino anlegen.<br />
Odysséen im Tyrrennischen Meer<br />
1970-90
Bärenkrebs<br />
Odysséen im Tyrrennischen Meer<br />
1970-90<br />
Horst in Aktion<br />
Die TYRA in Montechristo
Emerita und Fieramosca<br />
Fieramosca vor Capo Liveri<br />
Odysséen im Tyrrennischen Meer<br />
1970-90<br />
Morgenessen<br />
in Giglio Porto
Odysséen im Tyrrennischen Meer<br />
1970-90<br />
Giglio Campese<br />
Giannutri<br />
Sonnenuntergang in Campese<br />
Campese
Odysséen im Tyrrennischen Meer<br />
1970-90<br />
Die Gefangenen von Monte<br />
Christo<br />
Eine sehr interessante Odyssee auf<br />
<strong>der</strong> Fieramosca hat uns Rudi versprochen.<br />
Da er ja den Wildhüter auf Monte<br />
Christo beson<strong>der</strong>s gut kennt, sollte es<br />
uns möglich sein, auch ohne Bewilligung<br />
(Naturschutzgebiet, Ankerverbot!) hinzufahren.<br />
Ich habe extra noch einen Superaquazepp<br />
organisiert (70 kg, 10 km/h)<br />
und los geht’s.<br />
Lei<strong>der</strong> gibt <strong>der</strong> Bierkonsum von Rudi<br />
zu gröberen Bedenken Anlass. Er verdoppelt<br />
sich, quasi von Stunde zu Stunde;<br />
irgend etwas ist mit dem Wetterbericht<br />
nicht in Ordnung (Mare mosso, agitato).<br />
Obwohl Rudi zuerst gesagt hat, wir<br />
würden nicht in <strong>der</strong> Hauptbucht anlegen,<br />
(um den Wildhüter nicht allzustark zu<br />
kompromitieren) ankern wir dann schlussendlich<br />
doch in <strong>der</strong> Cala Maestra (unter<br />
den Augen des Wildhüters). Dem sehr<br />
prekären Wetterbericht zufolge, setzen<br />
wir zwei Anker mit je etwa hun<strong>der</strong>t Metern<br />
Kette. Zum Ufer hin vertäut Rudi das<br />
Schiff mit zwei dicken Tauen. Keinen Moment<br />
zu früh, denn das Theater geht sofort<br />
los.<br />
Obwohl wir in <strong>der</strong> Abdeckung des Inselgebirges<br />
liegen, schlägt die Tramontana<br />
mit brutaler Gewalt zu. Die Taue spannen<br />
sich wie<br />
Basssaiten und fibrieren<br />
auch entsprechend<br />
bei je<strong>der</strong> Böe.<br />
Unsere massive Aluminium-Gangway<br />
saust, wie eine alte<br />
Zeitung, quer übers<br />
Deck. Rudi hält<br />
Kriegsrat und erklärt,<br />
dass, immer laut<br />
Wetterbericht, <strong>der</strong><br />
Wind mitten in <strong>der</strong><br />
Nacht wechseln und<br />
dann mit <strong>der</strong> gleichen<br />
Stärke aus <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Richtung blasen<br />
würde. Eine nicht sehr erfreuliche Vorstellung.<br />
Ich reservierte mir für alle Fälle<br />
die Koje gleich unter dem Nie<strong>der</strong>gang.<br />
Sie ist zwar bei Regenwetter etwa feucht,<br />
erlaubt aber den sofortigen Ausstieg.<br />
Mitten in <strong>der</strong> Nacht beginnt die Ankerwinsch<br />
zu rattern; raus aus dem Sack<br />
und rauf aufs Deck, <strong>der</strong> Wind kommt nun<br />
voll von vorn. Rudi gibt Vollgas und wir<br />
versuchen, gegen den Sturm, aus <strong>der</strong><br />
Cala Maestra herauszukommen. Auf dem<br />
Vordeck geht alles drunter und drüber.<br />
Ich versuchte noch das, was von den<br />
zwei Aquazepps übrig geblieben ist, mit<br />
Tauen festzuzurren. Ein Riesenknall, unser<br />
Heck ist, zwischen den Felsen, auf einem<br />
Steinbrocken aufgeschlagen. Mit<br />
voller Motorkraft und <strong>der</strong> Ankerwinde<br />
kommen wir vom Ufer frei und keine<br />
zwanzig Meter neben dem steilen Felsufer<br />
können wir, mit halbem Wind und<br />
akrobatischer Schräglage, Richtung Süden<br />
entkommen. Aus <strong>der</strong> Küche melden<br />
sich inzwischen unsere ganzen Porzellan-<br />
und Glaswaren scheppernd ab. Rudi<br />
beschwört die ganze, auf dem Heck versammelte,<br />
recht verstörte Mannschaft, ja<br />
sitzenzubleiben und garantiert, auf jedes<br />
„Mann über Bord Manöver“ zu verzichten.<br />
Der Super-Aquazepp
Mit Ach und Krach können wir so in<br />
die Abdeckung entkommen. Dort treffen<br />
wir dann die versammelten Fischkutter<br />
von Porto Santo Stefano; auch ihnen ist<br />
<strong>der</strong> Mistral zu stark um nach Hause zu<br />
fahren. Unser Matrose steuert, Rudi steht<br />
andächtig an <strong>der</strong> Bordwand und lauscht<br />
auf die Sirene des Bilgenwasserwarngeräts.<br />
Beni frägt mich was „Nähchäschtli“<br />
auf englisch heisse. Auf meine Rückfrage<br />
wieso er denn, in einer solch kritischen<br />
Situation, Fremdsprachen lernen wolle,<br />
(Ich weiss ja den richtigen Ausdruck auch<br />
nicht!) meint er, dass die entsprechende<br />
Schublade auf dem Küchenboden herumsause<br />
und er den Kapitän darüber informieren<br />
wolle. Ich versuche im beizubringen,<br />
dass sich unser Kapitän im Moment<br />
sicher nicht für den Zustand des<br />
Nähkästchens interessieren würde.<br />
Für’s Erste sind wir nun mal davongekommen.<br />
Lei<strong>der</strong> ist das<br />
Einzige was sich in dieser<br />
Woche noch än<strong>der</strong>t die<br />
Windrichtung, und dies<br />
alle paar Stunden. Aus einer<br />
Bucht raus, in <strong>der</strong><br />
übernächsten wie<strong>der</strong><br />
rein. Zwar immer in die<br />
Windabdeckung, so gut<br />
es geht, aber dafür den<br />
Schwell und die Wellen<br />
des vorherigen Windes<br />
voll aufs Schiff.<br />
Die Kochleistung unseres<br />
Kapitäns geht sehr<br />
zurück, zum Glück auch<br />
<strong>der</strong> Appetit seiner Passagiere.<br />
Peter Rü und ich<br />
behelfen uns; er gestaltet<br />
eine Kalte Platte und ich<br />
hänge die Weinflasche<br />
an den Mast. So können<br />
wir uns abwechselnd mit<br />
Speis und Trank versorgen.<br />
Die Platte saust,<br />
synchron zur Weinflasche,<br />
immer mit <strong>der</strong> Krängung des<br />
Schiffs, hin und her.<br />
Ein Fluchtversuch wird nach drei<br />
Stunden abgebrochen, wir sind nur vier<br />
Kilometer weit gekommen und die Bilgenwarnung<br />
lärmt, obwohl die Lenzpumpe<br />
pumpt was sie kann.<br />
Wir sind, zwei Tage über den Charter<br />
hinaus, Gefangene von Monte Christo,<br />
das einzige Schiff weit und breit. Nur<br />
die Express-Ferry Genua-Neapel ist noch<br />
unterwegs, aber nicht express und ganz<br />
ungewohnt nahe dem Festland. We<strong>der</strong><br />
Wildhüter, noch Fischer, noch Guardia Finanza<br />
sind draussen. Je<strong>der</strong> <strong>der</strong> ein Schiff<br />
besitzt, bleibt zu Hause; - nur wir können<br />
nicht. Nachteilig ist natürlich, dass dieses<br />
Tohuwabohu auch keinen Tauchbetrieb<br />
zulässt. Gerade drei Tauchgänge sind<br />
witterungsbedingt möglich. Meine schönen<br />
Aquazepps, - ganz für die Katz...<br />
Odysséen im Tyrrennischen Meer<br />
1970-90
Odysséen im Tyrrennischen Meer<br />
1970-90<br />
Es lebe <strong>der</strong> RECTA-<br />
Kompass!<br />
Das Chachelischiff, einer <strong>der</strong> bekanntesten<br />
Tauchplätze von Monte Christo,<br />
ist recht schwierig zu betauchen. Genau<br />
in <strong>der</strong> Mitte <strong>der</strong> Cala Santa Maria<br />
liegt das Wrack eines mit Steingut beladenen<br />
Schiffs zwischen 48 - 52 Metern<br />
Tiefe. Ein grosses Fischernetz ist am<br />
Wrack hängen geblieben.<br />
Früher schwebte es, einer Kathedrale<br />
o<strong>der</strong> einem Atomkraftwerk-Kühlturm<br />
ähnlich, rund ums Wrack herum. Später<br />
hat es sich dann aufs Wrack gelegt, wie<br />
wenn es die herumliegende Ladung<br />
schützen wollte. Dieses Netz erschwert<br />
natürlich den Tauchgang nicht unerheblich,<br />
da die geistige Fitness in dieser Tiefe<br />
nicht mehr beson<strong>der</strong>s ausgeprägt ist. In<br />
<strong>der</strong> Regel taucht man vom Schlauchboot<br />
aus ins Blaue ab, bei guter Peilung und<br />
klarem Wasser landet man meist am richtigen<br />
Ort.<br />
Schwieriger ist <strong>der</strong> Aufstieg. Es gibt<br />
zwei Möglichkeiten: Entwe<strong>der</strong> ein Freiwasseraufstieg<br />
mit Dekompression unter<br />
dem Schlauchboot, dies ist die langweilige<br />
und je nach Wetter auch die gefährlichere<br />
Version, o<strong>der</strong> das Tauchen dem<br />
Grund entlang zur südlichen Wand <strong>der</strong><br />
Bucht. Dies ist dekompressionsmässig<br />
ein bischen heikel, weil man über den<br />
Grund, o<strong>der</strong> zumindest mit Grundsicht,<br />
in erheblicher Tiefe, eine längere<br />
Strecke zurücklegen muss. Da<br />
die Deko-Tabellen auf dem Rechteck-Tauchgangsprofil<br />
beruhen,<br />
muss man die noch zurückzulegende<br />
Strecke in die Grundzeit einrechnen<br />
- o<strong>der</strong> so. Während <strong>der</strong> Dekozeit<br />
an <strong>der</strong> Felswand kann man<br />
dann, ganz gemütlich, zur geankerten<br />
Fieramosca zurücktauchen.<br />
Dies wollen Peter Rü und ich<br />
auch so machen, als wir, das<br />
schwere Einkaufsnetzchen mit den<br />
geborgenen Kaffetassen in <strong>der</strong> Hand, die<br />
Felswand erreichen. Gemütlich geht es<br />
aufwärts, bis die Felswand auf 28 Metern<br />
abrupt zu Ende ist und es wie<strong>der</strong> abwärts<br />
geht. Es fällt uns sofort auf, dass hier etwas<br />
nicht stimmen kann. Die wun<strong>der</strong>baren<br />
unberührten Fel<strong>der</strong> von grossen Roten<br />
Gorgonien, belebt von vielen kleinen<br />
Fischen, erfreuen zwar unsere Augen,<br />
beruhigen uns aber in keiner Weise. Etwas<br />
ist krumm gelaufen und die Kombination<br />
<strong>der</strong> Anzeigen von Uhr, Tiefenmesser,<br />
Manometer und Tauchtabelle rufen<br />
nach einem schnellen „Führerentschluss“.<br />
Um diesen zu erleichtern, hat ein Offizier<br />
<strong>der</strong> <strong>Schweiz</strong>er Armee (Peter), immer<br />
einen RECTA-Kompass dabei. Also die<br />
Libelle ausgefahren, einen Ostkurs eingestellt<br />
und schnellstens Abschied genommen<br />
von unserem kleinen, neuentdeckten<br />
Paradies. Nach einigen bangen Minuten,<br />
nur von klarem Wasser umgeben, bei denen<br />
uns scheint, die Zeiger von Manometer<br />
und Uhr bewegten sich immer schneller<br />
in die entgegengesetzte Richtung, ist<br />
Land in Sicht.<br />
Wir möchten hier noch nachträglich<br />
dem VBS (früher ASS, noch früher EMD)<br />
unseren besten Dank aussprechen, für<br />
dieses polyvalente Hilfsmittel, auch wenn<br />
es sicher ursprünglich nicht für diesen,<br />
eher ausgefallenen, Verwendungszweck<br />
konzipiert worden ist.
Im Tiefflug zur NASIM<br />
Auf Giannutri liegt, gleich ausserhalb<br />
<strong>der</strong> Cala Maestra (ja dort, wo man in einem<br />
original römischen Keller, zwischen<br />
Amphoren und Schafscheren, eine Pizza<br />
essen kann), auf 60 Metern Grund ein<br />
Frachter.<br />
In einer dunkeln, ruhigen Winternacht,<br />
anfangs <strong>der</strong> Siebzigerjahre, sauste<br />
er, von Livorno kommend, mit voller Kraft<br />
auf die nördliche Küste <strong>der</strong> kleinen Insel.<br />
Es scheint dass niemand am Steuer,<br />
stand. Die ganze Mannschaft, entwe<strong>der</strong><br />
übermässig erfrischt, o<strong>der</strong> vor dem Fernsehapparat,<br />
o<strong>der</strong> gar beides; sonst hätten<br />
sie nämlich die Lichtsignale des Leuchtturms<br />
gesehen. Es gab, wie es scheint,<br />
keine Opfer, alle konnten ans Ufer<br />
schwimmen.<br />
Wieso es <strong>der</strong> Frachter so eilig gehabt<br />
hatte, kann nur vermutet werden.<br />
Die überall ums Wrack verstreuten Autos<br />
<strong>der</strong> oberen Mittel- und Luxusklasse, mit<br />
italienischen und deutschen Nummernschil<strong>der</strong>n,<br />
sollten als Decksladung, vermutlich<br />
möglichst<br />
schnell,<br />
nach Tunesien<br />
gebracht werden.<br />
In jedem Fall ein interessanter und<br />
nicht einfacher Tauchgang zwischen 50<br />
und 60 Metern mit freiem Abstieg vom<br />
Schlauchboot.<br />
Mit dem Unterwassertöff geht es bedeutend<br />
einfacher. Während die Kollegen<br />
mühsam ins Schlauchboot klettern, kann<br />
<strong>der</strong> Aquazepp-Pilot direkt von <strong>der</strong> Fieramosca,<br />
die in <strong>der</strong> Cala Maestra vor Anker<br />
liegt, ins Wasser steigen. Auf dem Rükken<br />
das 12 lt- Gerät mit einer „Pony-Bottle“<br />
von 5 lt zur Sicherheit. Auf dem Kompass<br />
Kurs Nord und runter den sandigen<br />
Abhang. Bei 75 Metern scharf links und<br />
wie<strong>der</strong> bergauf. Schon bald kommen die<br />
ersten Autowracks in Sicht. Sie sind praktisch<br />
unberührt. Aus dem Nebel taucht<br />
ein dunkler Schatten auf. Es ist <strong>der</strong><br />
Wulstbug des Frachters. Schnell eine<br />
Runde über das Schiff, die Kollegen sind<br />
inzwischen auch herunter gekommen,<br />
und dann, Richtung Ufer, dekomprimierend<br />
zurück zur Fieramosca. Ein kurzer<br />
Tauchgang von einer halben Stunde, das<br />
Tauchgerät ist am Schluss noch halbvoll.<br />
Odysséen im Tyrrennischen Meer<br />
1970-90
Odysséen im Tyrrennischen Meer<br />
1970-90<br />
Beim ersten Besuch sahen die<br />
Wagen noch fast wie neu aus und<br />
Gebi konnte sogar noch ein Reserverad<br />
mitnehmen.<br />
Übrigens ist in dieser Tiefe ein Reserverad<br />
sechseckig.
Operationssaal Fieramosca<br />
Bei Mistral liegt man in <strong>der</strong> Cala<br />
Spalmatoia relativ ruhig. Aber jetzt ist es<br />
mit <strong>der</strong> Ruhe plötzlich vorbei; dabei ist<br />
die Sonne noch kaum richtig aufgegangen.<br />
Der Bootsmotor rumpelt und Rudi<br />
verlangt, dass sofort jemand, das am<br />
Ufer verankerte, Hecktau löse. Aha, <strong>der</strong><br />
Wind hat gedreht und Rudi läuft schon<br />
wie<strong>der</strong> am Limit. Da ich vorsichtshalber in<br />
ziviler Kleidung zu übernachten pflege,<br />
bin ich schnell aus <strong>der</strong> Koje. Als weitere<br />
Freiwillige springt Ruth ins Schlauchboot<br />
und wir hangeln uns am Hecktau an<br />
Land. Wir gehen davon aus, dass wir das<br />
Tau lösen und Ruedi uns dann zurück<br />
zum Schiff zieht. Aber unser „Patentierter<br />
Kapitän <strong>der</strong> britischen Handelsmarine“<br />
schlägt wie<strong>der</strong> einmal brutal zu.<br />
Zwischen den hochschlagenden<br />
Wellen, am scharfgezackten Felsufer,<br />
bleibt uns nicht an<strong>der</strong>es übrig, als zuzusehen,<br />
wie unser begnadeter Skipper, mit<br />
eingelegtem Vorwärtsgang, in <strong>der</strong> einen<br />
Hand das Ende unseres Taus, mit <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en<br />
Hand vergeblich versuchend, den<br />
Schalthebel, <strong>der</strong> sich natürlich immer<br />
mehr aus seiner Reichweite entfernt, zurückzustellen,<br />
nun gezwungen ist, unsere<br />
Verbindung loszulassen. Als Resultat<br />
hängen wir nun plötzlich auf dem messerscharfen<br />
Riff und es ist schnell klar,<br />
welches Schicksal unserem Schlauchboot<br />
bevorsteht, wenn uns nicht sofort etwas<br />
einfällt.<br />
Ein Sprung ins Wasser und ich stelle<br />
blitzartig fest, dass ich, erstens, vergessen<br />
habe meine Schuhe anzuziehen und,<br />
zweitens, die Felsen mit Seeigeln übersät<br />
sind. Mit <strong>der</strong> einen Hand versuche ich, je<br />
nach Wellenhöhe, bald stehend, bald<br />
schwimmend, unser Dhingi vom Felsen<br />
weg zu halten und mit <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Hand,<br />
den Anker, <strong>der</strong> mir Ruth gegeben hat, so<br />
weit wie möglich rauszuwerfen. So gelingt<br />
es Ruth das Schlauchboot von den<br />
Felsen freizubekommen.<br />
Ich kann ins Schlauchboot klettern; wir<br />
starten den Motor und fahren, das Tau<br />
aufrollend, unserer Fieramosca hinterher.<br />
Meine Füsse sehen aus, wie mit einem<br />
Häcksler bearbeitet und sind gespickt<br />
mit abgebrochenen Stacheln. Aber<br />
unser erstklassiges „Erste Hilfe-Team“<br />
beginnt sofort mit den „Lebensrettenden<br />
Sofortmassnahmen“. Aus dem Küchenwird<br />
ein Operationstisch und zwei Chirurginnen<br />
machen sich mit Armeesackmessern<br />
an die blutige Arbeit. Ich muss präzisieren,<br />
es sind natürlich die eleganteren<br />
Modelle, ohne Zapfenzieher, dafür mit<br />
Pinzette und feinem Fe<strong>der</strong>messer. Ruth<br />
und Esther schnitzeln, mit offensichtlichem<br />
Vergnügen, flott drauflos und kippen<br />
hin und wie<strong>der</strong> eine Ladung Mercurochrom<br />
über die beiden Operationsfel<strong>der</strong>.<br />
Anesthesieschwester Megi hält meinen<br />
Kopf und jedes Mal, wenn ich zu<br />
Stöhnen beginne, erhalte ich einen<br />
Schluck aus <strong>der</strong> Whiskyflasche. Nach<br />
etwa zwei Stunden Arbeit haben sie tatsächlich<br />
den grössten Teil <strong>der</strong> Seeigelstacheln<br />
aus meinen Fusssohlen herausgeholt;<br />
ich werde verbunden und in den Aufwachraum<br />
verlegt.<br />
Am nächsten Tag ist bereits wie<strong>der</strong><br />
Tauchen angesagt,- <strong>der</strong> Trockenanzug<br />
macht’s möglich.<br />
Odysséen im Tyrrennischen Meer<br />
1970-90
Rudi schlägt natürlich dem Gipfel<br />
den Boden ins Gesicht, als er sich beklagt,<br />
dass sein Schlauchboot bei dieser<br />
Aktion ein klitzekleines Leck eingefangen<br />
habe. Ja einem „Patentierten<br />
Kapitän <strong>der</strong> englischen Handelsmarine“<br />
kann man wahrscheinlich nichts<br />
gut genug machen.<br />
Ein Riesenseeigel; zwischen<br />
den Stacheln, sieht<br />
man die Saugfüsschen<br />
(Ambukralfüsschen)<br />
Odysséen im Tyrrennischen Meer<br />
1970-90<br />
Die „Meersau“,<br />
ein grosser Drachenkopf
Argenterola,<br />
das Silberinselchen<br />
Dem Monte Argentario, die Halbinsel<br />
auf <strong>der</strong> Porte Hercole und Porto Santo<br />
Stefano liegen, vorgelagert, finden wir<br />
das kleine Inselchen Argenterola. Hier<br />
findet meist <strong>der</strong> letzte Tauchgang, vor <strong>der</strong><br />
Rückkehr ans Festland, statt. Sowohl zu<br />
Fuss wie auch mit dem Aquazepp ist das<br />
Inselchen gut zu umtauchen. Auf <strong>der</strong><br />
Nordseite findet man in nur 6 Metern Tiefe<br />
den Eingang zu einer riesigen Höhle.<br />
Auf <strong>der</strong> Südseite gedeihen in 40 Metern<br />
Tiefe schöne Edelkorallen. Diese will ich<br />
besuchen. Lei<strong>der</strong> ist hier die Sicht, wegen<br />
<strong>der</strong> Landnähe, meist sehr schlecht,<br />
vergleichbar mit dem Zugersee. Um auch<br />
den Heimweg wie<strong>der</strong> zu finden, habe ich<br />
mir einen ziemlich grossen Präzisions-<br />
Peilkompass um den Hals gehängt. Bei<br />
den Edelkorallen knie ich mich in den<br />
weichen Schlamm um sie anzuleuchten.<br />
Sofort entwickelt sich eine dichte<br />
Schlammwolke. Also, nichts wie weiter.<br />
Lei<strong>der</strong> beachte ich nicht, dass mein<br />
Kompass zwischen den Propellerblättern<br />
<strong>der</strong> Antriebsschraube durchgerutscht ist.<br />
Sowie ich starte, rollt sich die Kordel auf<br />
<strong>der</strong> Propellerwelle auf und ich finde meinen<br />
Kopf plötzlich mit <strong>der</strong> Propeller-Abdeckung<br />
eng verbunden. Das muss ziemlich<br />
komisch aussehen. Zum Glück gehört<br />
zur kompletten Tauchausrüstung<br />
auch ein Messer.<br />
Odysséen im Tyrrennischen Meer<br />
1970-90<br />
Direkt vor <strong>der</strong> Höhle
Odysséen im Tyrrennischen Meer<br />
1970-90<br />
Während vielen Jahren waren wir, in<br />
unserem Ausgangshafen Talamone, an<br />
einem sensiblen Punkt <strong>der</strong> Werltpolitik.<br />
Wir wussten zwar, dass die CRESTA,<br />
über <strong>der</strong>en Deck wir manchmal an Bord<br />
<strong>der</strong> Fieramosca klettern mussten, für<br />
Sprengstofftransporte benutzt wurde. Die<br />
zugehörige Fabrik befand sich im Pinienwald<br />
direkt hinter dem Sandstrand. Hinter<br />
und neben dem Pinienwalt befand sich<br />
einer <strong>der</strong> grössten Campingplätze <strong>der</strong><br />
Toscana. Wie es scheint, wurde durch<br />
den Pinienwald von <strong>der</strong> italienischen<br />
Schwerindustrie die Waffen angeliefert,<br />
die dann gleich mit dem Sprengstoff<br />
verladen werden konnten.<br />
Das waren dann vermutlich die<br />
gleichen Schiffe, die wir beim Tauchen in<br />
<strong>der</strong> Strasse von Tiran vorbeifahren sahen.
Istruttore Quattro Stelle<br />
Heute hat uns <strong>der</strong> Wildhüter<br />
gefragt, ob wir nicht seinen Kollegen<br />
zum Chachelischiff mitnehmen<br />
würden. Er hat um den Hals eine<br />
grosses goldenes Medaillon, das<br />
Ihn als 4-Sterne Instruktor des Italienischen<br />
Tauchsportverbandes<br />
ausweist; also, wieso nicht?<br />
Wir gehen runter und je<strong>der</strong><br />
buddelt, wie gewohnt, für sich, im<br />
Scherbenhaufen herum. Wo ist<br />
denn unser Istruttore? Die Sicht ist<br />
gut und da nirgends ein lebloser<br />
Körper herumliegt, muss er den<br />
Tauchgang, ohne sich abzumelden,<br />
frühzeitig abgebrochen haben.<br />
Als wir ihn nachher, an <strong>der</strong><br />
Oberfläche im Boot, wie<strong>der</strong>finden,<br />
meint er, dass er auf dem Chachelischiff<br />
ein unsicheres Gefühl gehabt<br />
habe. Wo werden in Italien die<br />
Instruktoren-Brevets verlost?<br />
Spirografen<br />
(Röhrenwürmer)<br />
Sie verschwinden, wenn sie ein unsicheres<br />
Gefühl haben, blitzartig.<br />
Odysséen im Tyrrennischen Meer<br />
1970-90
Der Krake schleicht sich davon<br />
Odysséen im Tyrrennischen Meer<br />
1970-90<br />
ein<br />
Tief atmend<br />
aus
Flexible Tauchgangplanung?<br />
Giannutri, Cala Spalmatoia, Spätnachmittags.<br />
Cello, Gebi, Kurti und ich<br />
sitzen um die Seekarte und planen noch<br />
einen Abendtauchgang. Wir wollen an <strong>der</strong><br />
Punta San Francesco nur einen kurzen<br />
Tauchgang, <strong>der</strong> am Morgen war recht<br />
happig gewesen, durchziehen. Die Karte<br />
zeigt eine Wand; wir werden senkrecht<br />
runter und auch wie<strong>der</strong> rauf tauchen, 40<br />
Meter, 10 Minuten, also beinahe ein Nullzeitentauchgang.<br />
Der Matrose fährt uns mit dem<br />
Schlauchboot raus und wir machen ab,<br />
dass wir etwa 10 Minuten <strong>der</strong> Wand entlang<br />
tauchen würden; er brauche ja nur<br />
auf unsere Luftblasen zu achten. Wir tauchen<br />
ab und die Wand ist da, wie wir das<br />
auf <strong>der</strong> Karte gesehen haben. Am Fuss<br />
<strong>der</strong> Wand geht’s auf dem Sandgrund weiter.<br />
Wun<strong>der</strong>schöner Bewuchs, Höhlen mit<br />
Leben gefüllt, Rote Gorgonien.<br />
Die TYRA in <strong>der</strong> Cala Spalmatoia<br />
Hoppla, wir sind schon 15 Minuten<br />
unten, höchste Zeit aufzusteigen. Also<br />
schön die Wand hoch, aber, (was soll<br />
das?) auf 30 Metern ist sie zu Ende. Soweit<br />
man sehen kann, erstreckt sich eine<br />
gerade Sandfläche, - das war aber auf<br />
<strong>der</strong> Seekarte nicht vorgesehen! Zum<br />
Glück habe ich einen Kompass dabei und<br />
weiss, in welcher Richtung das Ufer liegt.<br />
Die Zeit drängt; die Dekozeit können wir<br />
berechnen, wenn wir wie<strong>der</strong> an <strong>der</strong> Wand<br />
sind.<br />
Von rechts beginnt plötzlich eine<br />
rauhe Strömung zu blasen und behin<strong>der</strong>t<br />
unser Kompassschwimmen erheblich.<br />
Wo kommt den diese Strömung plötzlich<br />
her? Nach endlosen Minuten, ich verliere<br />
beinahe den Glauben an die Kompassnadel,<br />
sind wir wie<strong>der</strong> an <strong>der</strong> Wand zurück.<br />
Wir steigen auf. Die Dekozeit ist inzwischen<br />
nicht mehr schätzbar, wir müssen<br />
eine neue Rechnung machen. Aber verdammt,<br />
was ist denn hier los? Es geht<br />
rauf und runter, wie an <strong>der</strong> Chilbi. In <strong>der</strong><br />
halben Stunde, in <strong>der</strong> wir unten gewesen<br />
sind, ist, wie es scheint, ein Sturm aufgekommen.<br />
Die Brecher, die an die Steilkü-<br />
Odysséen im Tyrrennischen Meer<br />
1970-90
Odysséen im Tyrrennischen Meer<br />
1970-90<br />
ste donnern, verhin<strong>der</strong>n eine Dekompression<br />
auf 3 Metern. Wir verkeilen uns<br />
im Kreis, in einer Felsspalte auf 6 Metern,<br />
um nicht weggerissen zu werden.<br />
Ein eifriges Rechnen beginnt. Der Tauchgang<br />
vom Morgen - Restsättigung - 15<br />
Minuten/45 Meter - 10 Minuten 30 Meter<br />
- Dekotiefe ist zwingend 6 Meter. Wir haben,<br />
zum Glück, je<strong>der</strong> ein Hilfsmittel dabei.<br />
Die Italiener haben den Dekometer<br />
erfunden, ein analoger Vorläufer des<br />
Tauchcomputers. Auch wenn die gesamte<br />
schweizerische Taucherwelt den Einsatz<br />
dieses Hilfsmittels verdammt, sind<br />
wir in diesem Moment doch froh darum.<br />
Es erlaubt uns, die Tabellen etwas zu relativieren<br />
und auch zu extrapolieren. Ich<br />
frage mich wie die schweizer „Obertauchfrösche“<br />
diesen Tauchgang berechnen<br />
würden; wahrscheinlich würden sie die<br />
ganze Nacht dekomprimieren. Inzwischen<br />
wird es nämlich langsam dunkel.<br />
Irgendwann entscheiden wir demokratisch,<br />
dass wir nun genug dekomprimiert<br />
hätten; wir tauchen ins Blaue hinaus,<br />
weg von <strong>der</strong> Felswand und steigen<br />
auf. Wo ist das Schlauchboot? Das hat<br />
uns nun gerade noch gefehlt. Von jedem<br />
Wellenberg herunter versuchen wir unser<br />
Boot zu entdecken,- vergeblich. Die Aussicht,<br />
in dieser Brandung, mehrere hun<strong>der</strong>t<br />
Meter, gegen die Strömung schnorcheln<br />
zu müssen, erhöht nicht gerade die<br />
Stimmung. Wir halten wie<strong>der</strong> Kriegsrat.<br />
Das Erklimmen <strong>der</strong> Felswand ist nirgends<br />
möglich. Doch plötzlich kommt<br />
uns, wie ein Korken auf den Wellen tanzend,<br />
unser Gommone entgegen. Wir<br />
seien ja praktisch an <strong>der</strong> gleichen Stelle<br />
auf- wie abgetaucht, meint unser Tauchtaxidriver.Von<br />
den Luftblasen sei, nach<br />
dem Aufkommen das Sturms, überhaupt<br />
nichts zu sehen gewesen. Wir sind sehr<br />
froh, vor dem Einbruch <strong>der</strong> Nacht, auf unserem<br />
Schiff zurück zu sein.<br />
Seekarten sind für eine genaue<br />
Tauchgangplanung nicht geeignet!<br />
Statt <strong>der</strong> Seemöwe,<br />
- ein Marlin<br />
Rudi und die Fieramosca sind unerreichbar<br />
und wir brauchen also ein an<strong>der</strong>es<br />
Odysséevehikel. Ich habe bei einem<br />
Reisebüro die Seemöwe gebucht,<br />
aber die ist nicht in Porto Santo Stefano<br />
eingetroffen. Der Reisebüroleiter beruhigt<br />
mich, sein Agent in Santo Stefano<br />
habe die Situation im Griff und eine Alternative<br />
gefunden. Er drückt mir ein<br />
Couvert mit unserer Vorauszahlung in<br />
die Hand und meint, ich müsse es nur<br />
seinem Agenten im Hafen übergeben;<br />
ich träfe ihn in <strong>der</strong> Hafenbar. Am Ziel angekommen,<br />
wird mir mitgeteilt, ich fände<br />
Herr Hildebrand, so heisst <strong>der</strong> Agent, in<br />
<strong>der</strong> Werft.<br />
Nun ist die Werft in <strong>der</strong> Hafenstadt<br />
Santo Strefano nicht etwa am Hafen,<br />
nein, sie ist auf dem Berg. Verglichen<br />
mit Zug, etwa in <strong>der</strong> Schönegg. Wir fahren<br />
also auf den Berg und in <strong>der</strong> Werfteinfahrt<br />
fällt mir sofort ein Fiat mit Zuger<br />
Autonummer auf, weiter hinten steht<br />
noch ein Mercedes. Mir geht ein Licht<br />
auf: Hier muss die Werft sein in <strong>der</strong> die<br />
Motorjacht von Pierre Sudan, sie ist ihm<br />
abgebrannt, repariert wird. Auch Herr<br />
Hildebrand treffen wir hier und um eventuellen<br />
Problemen (ich weiss ja nicht,<br />
wie viel Kohle im Umschlag ist) aus dem<br />
Weg zu gehen, schlage ich vor, den Umschlag<br />
von einem Neutralen öffnen zu<br />
lassen. Wir treffen Pierre auf <strong>der</strong> Brücke<br />
seines Schiffs, im „Übergwändli“ mit <strong>der</strong><br />
Schleifmaschine in <strong>der</strong> Hand. Ich staune,<br />
das hätte ich ihm nicht zugetraut.<br />
Hildebrand kommt mit zum Hafen<br />
und ein schmucker Zweimaster, die<br />
„Marlin“, legt sauber (römisch-katholisch)<br />
an <strong>der</strong> Hafenmole an. Der Eigner<br />
und seine Frau blicken erst etwas skeptisch,<br />
aber <strong>der</strong> Odyssee steht nichts<br />
mehr im Weg.
Als Optimist habe ich meinen Toyota<br />
im Halteverbot auf <strong>der</strong> Hauptstrasse,<br />
zwischen zwei Bäumen, keine 50 Meter<br />
vom Polizeiposten entfernt stehen und,<br />
um dunkle Gestalten abzuschrecken,<br />
das Handschuhfach offen gelassen.<br />
Wir erleben eine Superwoche rund<br />
um Giannutri und werden vom Eignerpaar<br />
hervorragen betreut. Sie sind Wiener<br />
und so lernen wir die gute östreicher<br />
Küche kennen. Wenn wir untereinan<strong>der</strong><br />
Mundart parlieren, ist das für sie<br />
eine Fremdsprache, während wir ihr<br />
wienerisch natürlich bestens verstehen.<br />
Zum Schluss kriegen wir ein Riesenkompliment:<br />
Sie hätten noch nie so<br />
gute Taucher an Bord und, trotz anfänglichen<br />
Bedenken, viel Freude mit<br />
uns gehabt. Bisher seien sie halt nur<br />
mit Wienern unterwegs gewesen und<br />
<strong>Schweiz</strong>er seien ihnen halt doch ein<br />
bisschen exotisch vorgekommen.<br />
Wir sind dann noch ein paar Mal,<br />
von Südfrankreich aus, mit ihnen unterwegs<br />
gewesen<br />
Mein Auto finde ich, ohne Bussenzettel<br />
o<strong>der</strong> Kratzer, am Abstellort wie<strong>der</strong>.<br />
Bei uns hätte man es sicher schon<br />
lange abgeschleppt.<br />
.<br />
Muräne<br />
Riviera<br />
Nach vielen Jahren in denen wir unsere<br />
Odysseen im Thyrrenischen Meer<br />
durchgeführt haben, sind die italienischen<br />
Behörden auf die Idee gekommen dass<br />
solche Charterfahrten nur noch von italienischen<br />
Schiffen durchgeführt werden<br />
dürfen. Das zwingt die MARLIN, und<br />
auch uns, nach Frankreich auszuweichen.<br />
Wir starten jetzt von Bormes-Les-<br />
Mimosas, nicht weit von Le Lavandou gelegen.<br />
Hier, vor Hyères liegen die bekanntesten<br />
Tauchgebiete <strong>der</strong> französischen<br />
Riviera.<br />
Wir liegen vor dem Hafen in <strong>der</strong><br />
Bucht vor <strong>der</strong> Insel Port-Cros. Vorsichtigerweise<br />
hat unser Kapitän zwei Anker<br />
mit voller Kette ausgelegt, den die Tramontana<br />
gibt Vollgas. Wir sind zwar hier<br />
in <strong>der</strong> Windabdeckung <strong>der</strong> Insel, aber<br />
zentraleuropäische Seeleute sind vorsichtig.<br />
Und trotzdem, wir sitzen in <strong>der</strong> Kombüse,<br />
trinken Kaffee und das letzte Bier,<br />
sehen wir die Lichter <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Boote<br />
an uns vorbei ziehen. Unser Zweimaster<br />
segelt tatsächlich, die zwei Anker hinter<br />
sich her ziehend, quer durch die Bucht.<br />
Zwei Tage gibt es keine Ruhe und selbst<br />
die Maxijacht, die versucht wegzusegeln,<br />
ist eine halbe Stunde später wie<strong>der</strong> zurück.<br />
Nun kommt die erste Passagierfähre<br />
von Hyères herüber. Über die Wellenkämme<br />
sieht man grosse<br />
Teile des Rumpfes, jedesmal,<br />
bevor das respektable<br />
Schiff ins<br />
nächste Wellental knallt.<br />
Die aussteigenden Passagiere<br />
hinterlassen einen<br />
unvergesslichen<br />
Eindruck Tropfnass und<br />
käsebleich wanken sie<br />
die Gangway hinunter.<br />
Man sieht, dass sie<br />
dem Himmel danken,<br />
nochmals davongekommen<br />
zu sein.<br />
Odysséen im Tyrrennischen Meer<br />
1970-90
Der Sinai ruft<br />
Von 1972-79<br />
machten wir unsere<br />
Tauchexpeditionen an<br />
einem Brennpunkt <strong>der</strong><br />
Weltpolitik, im Sinai.<br />
Zuerst als Vagabunden<br />
mit Schlafsack, den<br />
gemieteten VW- Buss,<br />
ausgehend von Tel Aviv<br />
durch den Negev „prügelnd“,<br />
später mit <strong>der</strong><br />
ARKIA nach Sharm in<br />
Hugi’s Tauchcenter.<br />
Ich erinnere mich an einen Flug in<br />
<strong>der</strong> „Angströhre“, dem Metroliner, zwei Turboprops,<br />
nirgends Stehhöhe; aber für jeden<br />
Passagier ein Fenster. Die Hostesse bestand<br />
aus einer Thermosflasche und <strong>der</strong><br />
Jagdpilot am Steuer präsentierte uns, direkt<br />
auf <strong>der</strong> Grenze, in <strong>der</strong> Mitte des Golf von<br />
Akaba, im Messerflug, die Korallenriffe von<br />
Saudi Arabien und die Nachschubfrachter<br />
des Iran-Irak-Kriegs auf <strong>der</strong> Reede von<br />
Akaba.<br />
Der Metroliner,<br />
Angströhre genannt<br />
Einmal picknickten wir auf dem Deck<br />
einer grossen Jacht, direkt auf <strong>der</strong> zurückgenommenen<br />
Waffenstillstandslinie im Marsa<br />
Bereika. Die Israelischen Ada’s, die auf<br />
ihrer Seite, am Strand, gesünnelt hatten,<br />
versuchten erfolglos, uns, mit ihren Sturmgewehren<br />
fuchtelnd, von unserem Ankerplatz<br />
zu vertreiben. Also in <strong>der</strong> Luft, am Boden<br />
und unter Wasser, Action pur.<br />
Sinai<br />
1972-80
Mit Gebi auf <strong>der</strong><br />
Geisterbahn...<br />
Sinai<br />
1972-80<br />
Gebi hat an alles gedacht.<br />
Für ihn ist klar, die<br />
Wüste ist trocken. Also<br />
hat er im Taxfree-Shop<br />
eine Magnumflasche<br />
Dimple (12 Years old) gekauft.<br />
In unserem Tel Aviver<br />
Hotel checken wir ein.<br />
Neben den Tauchtaschen,<br />
klemmt er sich auch noch<br />
seine „bruchsicher“ verpackte<br />
Whiskyflasche unter<br />
den Arm. Dummerweise<br />
rutscht sie, gleich vor<br />
<strong>der</strong> Lifttüre, aus <strong>der</strong> Wellpappebox<br />
und zerschellt auf dem luxuriösen<br />
Marmorboden. Über drei Treppenstufen<br />
ergiesst sich Gebis wertvoller Notvorrat<br />
in die Hotellobby. Letzte Reste können<br />
noch im Flaschenboden gerettet werden,<br />
ein sofortiger Verbrauch drängt sich aber<br />
Gebi hinter Schwarzen Korallen<br />
bei Faraun Island<br />
auf. Es riecht wie in einer Whiskybrennerei.<br />
Gebi ist gestresst. Eigentlich wäre<br />
jetzt Zeit schlafen zu gehen. Er liegt auf<br />
dem Bett und manipuliert mit einem Schraubenzieher<br />
an seinem Fenzy-Jacket herum.<br />
Endlich ist das Überdruckventil raus und<br />
Gebi zieht strahlend ein Bündel israelischer<br />
Pfunde hervor. Er hat den Zoll überlistet.<br />
Die Umstehenden staunen. Gebi hat erfahren,<br />
dass die Ein- und Ausfuhr von Israelischen<br />
Pfunden verboten ist. Aber er hat lei<strong>der</strong><br />
das Pech, dass Israelische Pfunde hier<br />
billiger zu kaufen sind, als in <strong>der</strong> <strong>Schweiz</strong>.<br />
Lustiges Reisen<br />
An<strong>der</strong>ntags geht die Reise Richtung<br />
Sinai los. Endlose Strassen durch Palmenhaine,<br />
Steppen und Wüste wechseln<br />
sich ab. Zum Glück ist ein Autobuss voller<br />
junger Damen auch in Richtung Eilath<br />
unterwegs. Mit Lippenstift kritzeln sie die<br />
Heckscheibe ihres Cars mit „frommen“<br />
Sprüchen voll. Da sich <strong>der</strong> Gegenverkehr im<br />
Rahmen hält, gelingt uns bei 100 km/h von<br />
Fenster zu Fenster ein eifriger Tauschhandel<br />
Orangen gegen Äpfel.
Kamelmarkt<br />
Unsere erste Zwischenstation<br />
ist die Wüstenstadt<br />
Bersheeba. Wir<br />
parkieren unser Auto direkt<br />
vor dem Haupteingang und<br />
organisieren eine „Planggenwache“.<br />
Viel Interessantes gibt es<br />
zu sehen. In <strong>der</strong> Abteilung<br />
Geflügel werden die armen<br />
Hühner wie am Fliessband<br />
vom Leben zum Tode beför<strong>der</strong>t.<br />
Der Schächter hat ein Messer im<br />
Mund, ergreift das Huhn bei den Beinen<br />
und zieht im das Messer quer durch die<br />
Kehle. Dann lässt er es in eine Tüte fallen,<br />
die Beine strampeln noch ein paar Sekunden,<br />
und schon ist das Fe<strong>der</strong>vieh verkaufsbereit.<br />
Der diensttuende Fachmann findet<br />
es nicht lustig dass ich sein Aktionen filme.<br />
Ich kann aber im letzten Moment seinem<br />
scharfen Messer entfliehen.<br />
Zurück bei unserem Auto laufe ich<br />
gleich in den nächsten Hammer hinein.<br />
Sogar in unserer Kabine hat sich ein<br />
Huhn eingenistet. Die Umgebung gefällt<br />
ihm gar nicht. Es hat schon unsere ganze<br />
Kabine vollgeschissen. Orlando erklärt mir,<br />
er kenne meine „Vorliebe“ für Fisch und Vogel<br />
und dass es sich hier um ein persönliches<br />
Geschenk, nur für mich, handle. Ich<br />
organisiere eine Kartonkiste und mein Huhn<br />
findet einen Platz auf <strong>der</strong> Ladefläche. Nach<br />
<strong>der</strong> Ankunft in Eilath entlasse ich es in die<br />
Freiheit.<br />
Am an<strong>der</strong>en Tag zeigt sich die Basiscrew<br />
absolut begeistert. Es sei ihnen<br />
noch nie passiert, quasi in <strong>der</strong> Wüste, ein<br />
lebendes Huhn zu finden. Sie hätten es natürlich<br />
sofort auf den Grill geklemmt.<br />
Trockene Wüste<br />
So eine Sinaiexpedition muss vorbereitet<br />
sein. Der Expeditionsleiter denkt an<br />
Wasservorräte und kauft einen 5 Gallonen<br />
Bidon. Am an<strong>der</strong>en Tag fährt unser Superfahrer<br />
Gebi vor. Das<br />
Wasser im Bidon<br />
sieht eher wie Sirup<br />
aus . Gebis Kommentar:<br />
„In <strong>der</strong> Wüste<br />
braucht man kein<br />
Wasser, man braucht<br />
Benzin“.<br />
Im Prinzip hat er<br />
ja recht.<br />
Sinai<br />
1972-80
Geschwindigkeitstests<br />
Unser VW-Buss fährt wie ein Formel-1<br />
Wagen. Es ist eine Version die in <strong>der</strong><br />
<strong>Schweiz</strong> garantiert nicht erhältlich ist. Der<br />
Motor ist nicht plombiert und die Kiste läuft,<br />
voll beladen mit uns sechs und dem kompletten<br />
Gepäck und Tauchausrüstungen auf<br />
<strong>der</strong> Brücke, über 140 km/h. Gebi am Steuer<br />
reizt das natürlich voll aus. Auf <strong>der</strong> schurgeraden<br />
Piste hinunter nach Ras Muhammed<br />
frässt er, voll chrösch, in eine vielleicht fusshohe<br />
Sanddüne. Der folgende Knall lässt<br />
uns das Schlimmste befürchten, aber das<br />
rechte Vor<strong>der</strong>rad ist noch dran. Gebi meint,<br />
dass Sand ja normalerweise weich sei. Es<br />
war aber seeeehr feiner Sand!<br />
Joe’s Naama Hilton<br />
Joes Hotel, inmitten eines Alteisenlagers,<br />
an <strong>der</strong> Naama Beach ist ziemlich luxuriös.<br />
Wir haben Halbpension gebucht, und<br />
auch bezahlt. Im Abwaschbecken stapelt<br />
sich das dreckige Geschirr bis zur Decke.<br />
Da das Hotel keine Dächer hat, ist Horst<br />
vorsichtig. Er schnappt sich einen Sonnenschirm<br />
und richtet sich seine eigene Schlafecke<br />
ein. Es sieht aus wie „Der arme Dichter“<br />
bei Spitzweg.<br />
Was macht <strong>der</strong> Barsch im<br />
Tiefkühler?<br />
Ein Blick in den Tiefkühler vor dem Hotel<br />
macht alles klar. Er ist offensichtlich<br />
schon längere Zeit nicht mehr mit dem<br />
Stromnetz verbunden. Olfaktorisch sind interessante<br />
Nuancen festszustellen. Der erste<br />
Fischmumienfund im Sinai.<br />
Wurst und Bier<br />
Jeden Morgen müssen wir beim Supermercado<br />
vorbeischauen um etwaigem<br />
Hunger o<strong>der</strong> Durst vorzubeugen. Der bester<br />
Platz um eine Kiste Bier, bei 40 Grad im<br />
Schatten, einigermassen kühl zu halten, befindet<br />
sich unter dem Beifahrersitz. Die<br />
Würstchen sehen zwar gut aus, aber für<br />
koschere Wienerli, haben wir schnell festgestellt,<br />
können sich nur Fische begeistern.<br />
Doktorfisch<br />
Sinai<br />
1972-80<br />
Sandaale
Menue gastronome am Ras<br />
Mohammed<br />
Glücklicherweise haben wir auf unserer<br />
Expedition einen Mehrsternekoch dabei<br />
und ein Sponsor („Fritz the Cat“ und MAG-<br />
GI) haben uns mit Trocken-Fastfood versorgt.<br />
Wir haben aber doch ein Problem; in<br />
<strong>der</strong> Wüste wachsen fast keine Bäume und<br />
Quellen sind ziemlich selten.<br />
Da Gebi unseren Wasserbidon zu einem<br />
Benzinbehälter umfunktioniert hat,<br />
müssen wir viele Cognac-, Whisky- und<br />
ähnliche Flaschen ausleeren um genügend<br />
Wasservorräte mitnehmen zu können. Als<br />
Brennholz „organisieren“ wir hinter den wenigen<br />
Restaurants die alten Gemüseboxen.<br />
So haben wir mitten auf dem Riff von Ras<br />
Muhammed die Wahl zwischen Tomaten-<br />
Pilz- o<strong>der</strong> Erbsensuppe.<br />
Spezialitätenrestaurant<br />
Hugi<br />
Lei<strong>der</strong> trudle ich verspätet beim Nachtessen<br />
ein. Drei dunkelbraune, harte Kügelchen<br />
liegen auf meinem Teller. Ich gehe in<br />
die Küche und versuche dem Koch die Geheimnisse<br />
seiner kulinarischen Köstlichkeit<br />
zu entlocken. Um meinen Fragen Nachdruck<br />
zu verleihen, nehme ich eine Pfanne<br />
zur Hand. Der Koch, übrigens ein <strong>Schweiz</strong>er,<br />
flüchtet auf die an<strong>der</strong>e Herdseite und<br />
verspricht Besserung. Die Kügelchen sind<br />
Hühnermägen! Ich liebe exotische Küche.<br />
Sinai<br />
1972-80
Sinai<br />
1972-80<br />
This is my expensif wife...<br />
ruft <strong>der</strong> Jüngling unter <strong>der</strong> Tür und<br />
stellt uns so seine hübsche Begleiterin<br />
vor. Wir sitzen auf den Bänken vor dem<br />
Tauchcenter von Willy Halpert an <strong>der</strong> Coral<br />
Beach in Eilath und vertreiben uns die<br />
Zeit, bis unsere Geräte gefüllt sind.<br />
Es ist <strong>der</strong> Meeresbiologe Hans Frikke,<br />
<strong>der</strong> uns anschliessend zu motivieren<br />
versucht, die grossen Drahtkäfige, die er<br />
selber zusammengeschweisst hat, über<br />
den Strand hinunter ins Meer zu schleppen.<br />
Ich hatte seine Spuren schon 1968 auf<br />
dem Feld mit den Sandaalen bemerkt. Er<br />
hatte das ganze Gebiet mit Schnurquadraten<br />
eingeteilt. Fricke war schon als Student<br />
mit dem Velo von Deutschland bis hier an<br />
die Coral Beach getrampt um mit seinen<br />
Forschungsarbeiten zu beginnen. Das Golf<br />
von Akaba ist halt das am nördlichsten und<br />
uns auch am nächsten gelegene, tropische<br />
Meer.
Gespenster in<br />
Dahab<br />
„Was rappelt da im<br />
Nachttischlein?“ Frägt<br />
Horst im „Hotel“ Dahab,<br />
wo wir regelmässig<br />
Duschübernachtungen<br />
einschieben. Orlando<br />
klärte ihn auf.<br />
Kapitale Einsiedlerkrebse<br />
würden die Abwasserleitung<br />
zur Dusche<br />
hinaufaufkrabbeln<br />
und sich dann in den<br />
Nachttischlein-Schubladen<br />
verkrümeln. Horst<br />
ist beruhigt. Wir verschieben<br />
dann aber die<br />
Einsiedlerkrebse doch<br />
wie<strong>der</strong> zurück an den<br />
Strand.<br />
Sinai<br />
1972-80
Science Fiction<br />
am Lighthouse<br />
Sinai<br />
1972-80<br />
Super, wir sind die einzigen<br />
Taucher hier. Gebi streichelt<br />
einen Riesenzackenbarsch;<br />
Kurt filmt. Aber <strong>der</strong><br />
Nachttauchgang schlägt Alles.<br />
Aus allen Löchern kriechen<br />
die Gorgonenhäupter<br />
heraus, setzen sich oben aufs<br />
Riff und entrollen ihre Fangarme<br />
in die Strömung; ein gespenstischer<br />
Anblick, wie aus<br />
einer an<strong>der</strong>en Welt. Das ganze<br />
Riffdach ist übersäht von<br />
Fangarmen die mit ihren „Fingern“<br />
nach dem vorbeitreibenden<br />
Plankton greifen.<br />
Jetzt geht die Show aber<br />
erst richtig los...<br />
Gorgonenhaupt
Ein Schwarm von „Blinkifischen“ (Photoblepharon)<br />
ist aus <strong>der</strong> Tiefsee heraufgeschwommen.<br />
Im Scheinwerferlicht sind diese<br />
Fische recht unauffällig, aber wenn man<br />
die Taucherlampe ausschaltet, taucht man<br />
inmitten eines Feuerwerks. Rundherum<br />
blinkt es wie wild und wenn man versucht<br />
auf einen Lichtblitz zu leuchten, sieht man<br />
nur die Riffkorallen. Nach jedem Blitz schlagen<br />
sie einen Haken zur Seite.<br />
Diese Fische wagen sich nur in mondlosen<br />
Nächten so weit nach oben. Man<br />
kennt sie auch noch nicht lange.<br />
Zuerst vermutete man hinter<br />
<strong>der</strong> seltsamen Lichterscheinung<br />
feindliche Kampftaucher.<br />
Die Blinkifische tragen<br />
ihre „Blitzlichter“, bestehend<br />
aus Leuchtbakterien, in einer<br />
Klapptasche unter den Augen.<br />
Blitzlicht aus<br />
Photoblepharon<br />
Laternenfisch<br />
Blitzlicht ein<br />
Sinai<br />
1972-80
Sinai<br />
1972-80<br />
Tempel<br />
An diesem Tauchplatz wohnt<br />
ein kapitaler Napoleon, <strong>der</strong><br />
sich gerne als Film- und Fotomodel<br />
produziert.
Amphoras<br />
heisst das Tauchgebiet,<br />
wo diese riesigen Amphoren<br />
herumliegen. Sie<br />
scheinen zum Transport<br />
von Quecksilber gedient<br />
zu haben, das im<br />
Edelmetallbergbau benötigt<br />
wurde. Beim im 17.<br />
Jahrhun<strong>der</strong>t untergegangenen<br />
Schiff soll es sich<br />
um eine türkische Galeone<br />
gehandelt haben.<br />
Steinanker<br />
Sinai<br />
1972-80
Salpen<br />
sind quallenähnliche Tiere. Sie treten<br />
in grossen Kolonien auf. Die<br />
Drückerfische und alle Planktonfresser<br />
sind begeistert.<br />
Sinai<br />
1972-80
Sinai<br />
1972-80<br />
Zackenbarsche
Blue Hole Diving<br />
Wir, das heisst Orlando, Kurt, Horst,<br />
Toni, Gebi und ich, sind in Dahab gelandet.<br />
Was liegt da näher als ein Tauchgang im<br />
Blue Hole. Im Reiseführer steht: Zugang nur<br />
für Fahrzeugen mit 4-Rad-Antrieb. Versuchen<br />
wir’s doch mal. Die Strasse wird immer<br />
schmäler, die Löcher immer tiefer, bis<br />
wir wirklich nicht mehr weiter kommen. Kurt<br />
findet das Problem lösbar und lässt uns<br />
aussteigen.<br />
Tatsächlich, staunend sehen wir zu,<br />
wie unser VW, selbstverständlich mit dem<br />
entsprechenden Anlauf und allen vier Rä<strong>der</strong>n<br />
in <strong>der</strong> Luft, die Spalte im Saumweg<br />
überwindet. Unsere ganze Ausrüstung, Koffer,<br />
Kisten, Tauchgeräte fliegt mit.<br />
Glasklar ist das Wasser im Blue hole<br />
und traumhaft ist <strong>der</strong> freie Fall. Auf 70 Metern<br />
bremst mich <strong>der</strong> Sandboden. Beim<br />
Blick nach oben, sieht man auf 40 Metern<br />
die winzig-kleinen Taucherlein <strong>der</strong> Wand<br />
entlang tauchen. Nun sofort, es gilt ja Luft<br />
zu sparen, die Fenzy mit <strong>der</strong> Abluft gefüllt<br />
und los geht <strong>der</strong> rasante Aufstieg, abgestoppt,<br />
bei den Kameraden an <strong>der</strong> Wand.<br />
Makrelen auf <strong>der</strong> Jagd<br />
Nur Gebi hat’s, hinter meinem Rücken,<br />
noch tiefer geschaft. Sensationell auch die<br />
Aussenseite des Blue Hole. Eine respektable<br />
Makrele, die, getarnt hinter einem grossen<br />
Napoleon auf die Jagd geht.<br />
Sinai<br />
1972-80
Ein Riesenschwanz<br />
Schön ist’s hier am Ras Muhammed.<br />
Ich habe ausdekomprimiert und segle<br />
noch ruhig, knapp über <strong>der</strong> 10 Meter-<br />
Grenze ums Riff herum. Kein bisschen<br />
Strömung, das Wasser ist arschklar, ich<br />
schaue in die blaue Tiefe. Bald wird meine<br />
Flasche leer sein, ich sauge noch die letzten<br />
Atemzüge heraus und dann geht’s<br />
rauf.<br />
Da, ich traue meinen Augen nicht,<br />
ein Fischsschwanz, aber was für einer.<br />
Dieses Monster muss ich in Augenschein<br />
nehmen, also sofort runter. Lei<strong>der</strong> sehe<br />
ich nur noch einen Schatten im Loch verschwinden.<br />
Jetzt wird’s heiss, soll ich im<br />
nach? Auf vierzig Metern und praktisch<br />
ohne Luft?<br />
Die Entscheidung wird mir leicht gemacht,<br />
das Einatmen wird immer schwerer.<br />
Jetzt gilt es einen Kompromiss zu finden<br />
zwischen sparsamer Verwertung <strong>der</strong><br />
übrig gebliebenen Luftmoleküle, schnellem<br />
Aufstieg und Zusatzdekompression.<br />
Zum Glück spendiert mir <strong>der</strong> Lungenautomat,<br />
wegen dem abnehmenden Umgebungsdruck,<br />
so etwa alle 10 Meter einen<br />
Atemzug. Beim Aussteigen kann ich garantieren<br />
dass die Flasche wirklich leer ist.<br />
Wimpelfisch<br />
Einer belgischen <strong>Tauchgruppe</strong> gelang<br />
es eine Foto des Giganten zu schiessen<br />
(Erschienen im Aventures Submarines).<br />
Der Zackenbarsch war mindestens drei Meter<br />
lang.<br />
Sinai<br />
1972-80<br />
Zu dieser Zeit kannte man noch kein<br />
Finimeter, man hatte eine Reserveschaltung,<br />
die etwa ein Fünftel des Flascheninhalts<br />
zurückhielt, um für die Dekompression<br />
noch einen Luftvorrat übrig zu<br />
haben.<br />
Für jeden Taucher hatten wir zwei<br />
Tauchgeräte dabei, aber um diese nachzufüllen,<br />
mussten wir hun<strong>der</strong>te von Kilometern<br />
weit fahren. Also musste jedes<br />
Atü ausgenützt werden; ein Gerät war<br />
erst dann leer, wenn wirklich nichts mehr<br />
herausgesogen werden konnte<br />
.
Die mit dem Haifisch<br />
tanzen...<br />
Sinai<br />
1972-80<br />
Ely, Walti und ich sind vor <strong>der</strong><br />
Jackfish-Alley vom Zweimaster gesprungen.<br />
Kaum im Wasser ruft Walti etwas von einem<br />
Hammerhai und wir lassen uns durchfallen<br />
bis wir auf etwa 40 Metern an <strong>der</strong> Riffwand<br />
landen. Vom Hammerhai ist zwar nichts zu<br />
sehen, aber dafür kommt uns ein kapitaler<br />
Ammenhai entgegen.<br />
Ganz entgegen allgemeiner Haigepflogenheiten<br />
zeigt er nicht nur keine<br />
Angst, son<strong>der</strong>n schwimmmt direkt auf<br />
mich zu, dreht eine Runde um mich herum<br />
und schwimmt weiter. Ich komme<br />
kaum nach, mit einstellen und abdrükken.<br />
Ely und Walti schütteln sich vor Lachen
Pterois Volitans und <strong>der</strong><br />
Wun<strong>der</strong>handschuh<br />
Fröhliches, individuelles Tauchen am<br />
Ras um Sid (Sharks Point) ist angesagt.<br />
Der neuseeländische Diveguide vom Aquamarin<br />
Divecenter führt ein paar Touristen<br />
spazieren.<br />
Staunend kann ich zusehen wie er unter<br />
den Riffvorsprung greift und, ich glaub<br />
es nicht, versucht einen <strong>der</strong> dort schwebenden<br />
Rotfeuerfische ans Licht zu heben. Er<br />
zuckt zurück und aus seiner behandschuhten<br />
Handfläche steigt ein schwarzer Faden<br />
auf. Wie vom Blitz getroffen, lässt er seine<br />
Tauchergruppe Gruppe sein und schiesst<br />
an die Oberfläche, ja sogar darüber hinaus.<br />
Ich folge ihm zur Riffkante und sehe nur<br />
noch wie er im Crawlstyl bereits gut die<br />
Hälfte des breiten Riffplateaus zurückgelegt<br />
hat. Auch die Kollegen kommen nun nach;<br />
aber wir haben es ja nicht so pressant.<br />
Wie wir das Ufer hochgestiegen sind,<br />
sehen wir unseren Guide wie er zwei Österreichern,<br />
bei ihrem Wohnmobil, die Teestunde<br />
vermiest. Er badet bereits seine blutende<br />
Hand in ihrem heissen Wasserkesse!.<br />
Sein Arm ist bereits auf das Doppelte angeschwollen;<br />
heisses Wasser scheint nicht<br />
gerade ein Wun<strong>der</strong>mittel zu sein. Wir pakken<br />
ihn in unseren Pick-up und fahren mit<br />
ihm in die Notfallstation von Sharm el Sheik.<br />
Der diensttuende Arzt ist absolut nicht<br />
überrascht und beruhigt unseren Patienten.<br />
Er spritzt ihm ein Serum und zwei Stunden<br />
später können wir unseren unglücklichen,<br />
nun wie<strong>der</strong> quietschfidelen, Kollegen abholen.<br />
Als wir ihn fragen, wie er dazu komme,<br />
einen Rotfeuerfisch in die Hand zu nehmen,<br />
meint er, dass seine neuseeländischen<br />
Tauchhandschuhe (echt Le<strong>der</strong>) die robustesten<br />
<strong>der</strong> Welt seien. Aber muss man das<br />
denn unbedingt ausprobieren?<br />
30 Minuten Warten auf 20 Metern am<br />
Sharks Point, brauchte es, bis <strong>der</strong> Grauhai<br />
zu einer Portraitaufnahme bereit war.<br />
Sinai<br />
1972-80
Amos <strong>der</strong> Kampfschwimmer.<br />
Sinai<br />
1972-80<br />
Mitte <strong>der</strong> Siebzigerjahre wurde im Sinai<br />
eine Tiefenbeschränkung von 40 Metern<br />
eingeführt. Das setzte uns natürlich hart zu.<br />
Aus war es mit dem freien Tauchen. „Big<br />
Brother is watching you.“ Unser Big Brother<br />
war Amos, ein junger Kampfschwimmer,<br />
frisch aus dem Militärdienst zurück. Da <strong>der</strong><br />
speichernde Tauchcomputer noch nicht erfunden<br />
war, spielten wir ständig ein kleines<br />
Versteckspiel mit ihm. Und des öfteren wurden<br />
wir von ihm, wie kleine Rekruten, zusammengeschissen.<br />
Bis es uns dann aber<br />
zuviel wurde.<br />
Amos und ich machen zusammen<br />
mit etwa 48 Englän<strong>der</strong>n einen Ausflug<br />
nach Ras Muhammed. Geheimnisvoll<br />
meint er, dass heute keine Tiefenbegrenzung<br />
gelte. Unser Schiff ankert zwischen<br />
den Riffen von Ras und und eine gewaltige<br />
Strömung bläst. Bis die Englän<strong>der</strong> unter <strong>der</strong><br />
Leitung ihres Diving-Marshalls mit <strong>der</strong><br />
Tauchgangplanung fertig sind, treiben wir<br />
schon im Wasser. Amos hat mich vorher<br />
noch gefragt ob ich in <strong>der</strong> Strömung bis<br />
zum Riff rüberzuschwimmen vermöge und<br />
ich meinte, schlimmstenfalls würde ich den<br />
Grauhai<br />
Riffhai<br />
Weg dem Grund entlang nehmen. Nun ich<br />
habe es geschafft, aber wie, weiss ich<br />
selbst nicht und hänge nun schwer atmend<br />
am Riff. Für Amos, <strong>der</strong> immer noch im militärischen<br />
Trainingzustand ist, natürlich kein<br />
Problem. Nun hat es ihn aber offenbar gepackt<br />
und er stürzt sich wie ein Jagdflieger<br />
in die nördliche Schlucht. Es bleib mir<br />
nichts an<strong>der</strong>es übrig, als ihm zu folgen.<br />
Zum Glück lässt nun die Gegenströmung<br />
nach und ich versuche mich auf die Kontrolle<br />
<strong>der</strong> Atmung zu konzentrieren. Ich bemerke<br />
aber, dass dies, je tiefer wir kommen,<br />
desto unmöglicher wird. So bei ca. 50<br />
Tiefenmetern findet er dann, es<br />
sei genug. Ich lasse mich <strong>der</strong><br />
Wand entlang treiben wie eine alte<br />
Dampflokomotive und bin richtig<br />
froh, dass es dann zwischen den<br />
Riffen im Strömungsschatten wie<strong>der</strong><br />
aufwärts geht. Vor allem, da<br />
es mir noch nie gelungen ist, in so<br />
kurzer Zeit, eine so grosse Luftmenge<br />
durch den Automaten zu<br />
jagen. Ich verzichte dann darauf,<br />
Amos zu erklären, welche Tauchtechnik<br />
ich für die Vernünftigere<br />
halte.
Sehr interessant wird es an<br />
<strong>der</strong> Oberfläche. Die Südspitze<br />
des Sinai ist gerade von den Israelis<br />
an die Ägypter zurückgegeben<br />
worden. Diese haben ein<br />
paar Zelte als Militärbasis auf die<br />
Klippe gestellt.<br />
Der Kommandant klettert<br />
herunter und watet über das Riffplateau<br />
bis an die Kante heran.<br />
Von dort aus diskutiert er mit unserem<br />
Amos. Er beklagt sich,<br />
dass <strong>der</strong> Nachschub von Kairo<br />
sehr zu wünschen übrig lasse.<br />
Vor allem <strong>der</strong> Mangel an Zigaretten<br />
mache ihm zu schaffen. Eine Stange Zigaretten<br />
ist schnell aufgetrieben, jetzt geht<br />
es nur noch um die Übergabemodalitäten.<br />
Diplomatische Komplikationen liegen in <strong>der</strong><br />
Luft, <strong>der</strong> ägyptische Offizier ist nämlich<br />
Nichtschwimmer.<br />
So ergibt es sich, dass ein israelischer<br />
Offizier, einem ägyptischen Offizier, auf<br />
feindlichem Territorium, eine Stange Zigaretten<br />
überreicht. Lei<strong>der</strong> habe ich keinen<br />
Fotoapparat bereit und daher ist dieser historische<br />
Vorgang auch nie in <strong>der</strong> Weltpresse<br />
dokumentiert worden.<br />
Barrakudaschwarm<br />
Auf dem Wrack <strong>der</strong> YOLANDA.<br />
Heute liegt es, nach einem Sturm, ein paar<br />
hun<strong>der</strong>t Meter tiefer, vor den Riffen von Ras<br />
Muhammed.<br />
Sinai<br />
1972-80
Sinai<br />
1972-80<br />
Makrelen<br />
Imposante Gorgonie
Riesenbarsch<br />
Suppenschildkröte<br />
Sinai<br />
1972-80
Der fliegende Thunfisch<br />
Die grossen Thune, die hier am<br />
Strand herumliegen, sehen aus wie echt,<br />
sind aber aus Polyester und einsame<br />
Waisenkin<strong>der</strong>. Ein italienisches Kamerateam<br />
hat einen Film gedreht, und da<br />
Thunfische nicht auf Befehl ins Bild<br />
schwimmen, haben sie solche aus Kunststoff<br />
mitgebracht. Wir adoptieren Einen.<br />
Er wird zuoberst auf unserer Ladung<br />
montiert und muss unsere Expedition mitmachen.<br />
Natürlich wollen wir ihn auch nach<br />
Hause mitnehmen. Beim Eingang zum<br />
Tel Aviver Flughafen schnappe ich mir ein<br />
Industrierolli und packe unseren Fisch<br />
drauf. Er sieht wirklich aus wie echt.<br />
Rund um uns herum staunen Völkerstämme<br />
aller Nationalitäten und Hautfarben,<br />
welcher Clown auf die Idee kommen<br />
könne, einen Thunfisch von 150 cm<br />
Länge als Fluggepäck einzuchecken.<br />
Das psychologisch geschulte Sicherheitsgirl<br />
interviewt uns intensiv und<br />
beäugt unser Souvenier von innen und<br />
aussen. Sie lacht und meint, dass <strong>der</strong><br />
Thunfisch Mundgeruch habe. Nach<br />
Wein....? findet sie!<br />
Drei „Tigers“ von <strong>der</strong> SWISSAIR stehen<br />
mit finsterer Mine daneben und finden<br />
es gar nicht lustig. Unsere Dame<br />
macht uns zwar Hoffnungen, will aber<br />
nichts versprechen, klebt dem Thunfisch<br />
einen Gepäckkleber um den Schwanz<br />
und legt ihn aufs För<strong>der</strong>band.<br />
Und siehe da; in Kloten taucht <strong>der</strong><br />
Thunfisch, schwanzvoran, aus dem Untergrund<br />
wie<strong>der</strong> auf.<br />
Sinai<br />
1972-80<br />
Imperator
Gorgonie<br />
Mondsichelbarsch<br />
Sinai<br />
1972-80
Sinai<br />
1972-80<br />
Sonnenuntergang<br />
in Sharm<br />
Arabischer<br />
Kaiser
Mein Wrack,<br />
<strong>der</strong> Marktnauen von<br />
Buonas<br />
Direkt unter dem<br />
Schloss Buonas<br />
springe ich<br />
rein. Miggel<br />
Speck, <strong>der</strong> Berufsfischer,<br />
hat<br />
mich mit seinem<br />
Boot hergefahren. Er<br />
möchte, wie immer,<br />
dass ich das hängengebliebene<br />
Netz löse. Er<br />
hofft jedes Mal dass sein<br />
Netz an einer Schatzkiste hängengeblieben<br />
sei; bisher haben wir<br />
lei<strong>der</strong> immer Pech gehabt. Heute sieht es<br />
ein bisschen besser aus, kein Schatz<br />
zwar, aber doch ein Wrack. Auf 20 Metern<br />
liegt es, halb im Schlamm vergraben<br />
auch Ru<strong>der</strong>schäfte schauen noch aus<br />
dem Dreck, an ihnen ist<br />
wahrscheinlich schon manches<br />
Netz hängen geblieben.<br />
Anker, Kaffeekrug<br />
und Zappi liegen auch<br />
noch auf dem Kieshaufen<br />
herum.<br />
Was könnte denn<br />
das für ein<br />
Schiff sein?<br />
Miggel<br />
meint, ich solle<br />
mal in <strong>der</strong> Totenkapelle<br />
von Buonas nachschauen,<br />
er habe dort das<br />
Bild eines im Sturm untergehenden<br />
Schiffes gesehen. Die Kamera<br />
unter den Arm und hin. Tatsächlich, es ist<br />
das Schiff und gewisse Details stimmen<br />
überein. Der Maler muss also das Schiff<br />
noch gesehen haben. Dramatisch sieht<br />
<strong>der</strong> Kampf <strong>der</strong> Insassen gegen die wütenden<br />
Elemente aus. Auch das Untergangsdatum,<br />
<strong>der</strong> 24. Dez. 1817 ist vermerkt.<br />
Der Marktnauen von Buonas<br />
1995
Der Marktnauen von Buonas<br />
1995<br />
Meine Schwester arbeitet in <strong>der</strong><br />
Kantonsbibliothek und findet dort sogar<br />
einen Augenzeugenbericht. Sechs Jugendliche<br />
aus Buonas waren am Weihnachtstag<br />
nach Walchwil gefahren um<br />
eine Ladung Kies zu holen. Auf dem<br />
Heimweg gerieten sie in einen Sturm und<br />
<strong>der</strong> Nauen sank einen Steinwurf vor <strong>der</strong><br />
Halbinsel. Da zu dieser Zeit die Kunst<br />
des Schwimmens noch nicht weit verbreitet<br />
war, ertranken alle, bis auf ein Mädchen,<br />
das, vom im Schloss wohnenden<br />
Pfarrresignat Bossard, mit einem Ast gerettet<br />
werden konnte.<br />
Die Angelegenheit wird immer interessanter<br />
und ich informiere den Kantonsarcheologen<br />
Stefan Hochueli.<br />
Er hat natürlich sofort Angst,<br />
dass sich Grabräuber über das<br />
Wrack hermachen würden, und<br />
überlegt ob man es heben<br />
könnte, o<strong>der</strong> mit Kies überschütten<br />
sollte. Ich versuche ihn<br />
zu beruhigen und ihm klarzumachen,<br />
dass Unterwasserarchäologie<br />
für mich kein Fremdwort<br />
sei. Es stellt sich dann heraus<br />
, dass es sich bei dem<br />
Schiff um eine Seltenheit handelt,<br />
da es durch seine schwere<br />
Ladung fast unbeschädigt auf<br />
den Grund gelegt worden war.<br />
Alle an<strong>der</strong>en vergleichbaren Ledischiffe<br />
sind abgewrackt und<br />
verfeuert worden. Das letzte,<br />
gefunden 1915 bei <strong>der</strong> Ausgra-
Der Marktnauen von Buonas<br />
1995<br />
bung des Burggrabens von Schloss Hallwil,<br />
wurde dort ausgestellt und im Zweiten<br />
Weltkrieg zu Heizzwecken verwertet.<br />
An <strong>der</strong> Aabachstrasse brennt ein altes<br />
Bauernhaus. Grosseinsatz mit Atemschutz.<br />
Bald ist alles vorbei, die Feuerwehr<br />
steht herum, und die Medienmeute<br />
wartet auf die Presseorientierung. Unter<br />
den Kameraleuten sehe ich Geri Guldenschuh<br />
vom<br />
<strong>Schweiz</strong>er Fernsehen.<br />
Wie ich zu<br />
ihm sage, dass<br />
ich etwas für ihn<br />
hätte, sind wir sofort<br />
im Zentrum<br />
des Polizeiinteresses.<br />
Ich zeige<br />
im meine Unterlagen,<br />
die ich miniaturisiert<br />
immer<br />
im Portemonnaie<br />
mitschleppe und<br />
er ist sofort begeistert.<br />
Wir verabreden<br />
uns für Unterwasseraufnah-<br />
men und dank<br />
<strong>der</strong> Fürsprache<br />
von Stefan können<br />
wir sogar<br />
durch den<br />
Schlosspark bis<br />
ans Ufer runter<br />
fahren. Zwei mal<br />
dreiviertel Stunden<br />
filmen wir,<br />
was die Batterien<br />
hergeben.<br />
An einem<br />
wun<strong>der</strong>baren Februarmorgen<br />
fahre ich mit dem<br />
<strong>SLRG</strong>-Boot, einem<br />
ganzen<br />
Fernsehteam und Miggel nochmals hinüber.<br />
Die Sonne scheint, leichter Nebel<br />
liegt über dem See und im Schlosspark<br />
hüpfen ein halbes Dutzend Rehe herum.<br />
Den Kameraleuten laufen die Augen<br />
über. Dabei wollen wir ja nur die Überwasseraufnahmen<br />
für den <strong>Schweiz</strong> Aktuell<br />
Beitrag machen. Alles geht rund, die<br />
Aufnahmen sind alle im ersten Durchlauf
im Kasten und wir sind nach drei<br />
Stunden zurück, ein Riesentheater<br />
wegen zweier, am Hafen geparkten,<br />
Autos inklusive.<br />
Mit Katrin Böschenstein von<br />
den Zuger Nachrichten habe ich<br />
auch einen Artikel aufgegleist.<br />
Jetzt versuche ich alles zu koordinieren,<br />
denn Mitte März findet in<br />
Zug die Delegiertenversammlung<br />
des <strong>Schweiz</strong>er Unterwassersport<br />
Verbands statt. Am Freitagabend<br />
bringt also das Fernsehen den<br />
Beitrag und am Samstag können<br />
wir die „Zuger Nachrichten“, praktisch<br />
als Son<strong>der</strong>ausgabe, mit den<br />
Schlagzeilen und dem Wrackbeitrag<br />
auf <strong>der</strong> Frontseite verteilen.<br />
Der Marktnauen von Buonas<br />
1995<br />
Der Fernsehbeitrag gewann<br />
in <strong>Schweiz</strong> Aktuell und auch auf<br />
3sat den Preis „Best of the year“.<br />
Sybille untersucht das Wrack<br />
Monate später sinddann<br />
die Wrackplün<strong>der</strong>er tatsächlich<br />
unterwegs gewesen.<br />
Die Kaffeekanne, die oben<br />
auf dem Kieshaufen gelegen<br />
hat, ist weg. Aber auf ein, am<br />
richtigen Ort platziertes, böses<br />
Gerücht materialisiert<br />
dann <strong>der</strong> emailierte Artefakt<br />
wun<strong>der</strong>barerweise am alten<br />
Ort. Die Seepolizei säubert<br />
darauf, im Auftrag <strong>der</strong> Kantonsarchäologie,<br />
das Wrack<br />
von allen Überresten.
Schnellschuss Helengeli<br />
Nachdem Fihalohi gezeigt hat, dass<br />
die Malediven mehr als einen Tauchgang<br />
wert sind, wollen wir nun eine Klubreise<br />
machen. Ein Kollege , Maitre de Cabin<br />
bei <strong>der</strong> BALAIR, will uns den Aufenthalt<br />
organisieren. Zwei Wochen vor dem Abflug<br />
löst sich unsere Vorfreude in Luft auf.<br />
Nun müssen wir uns schnell etwas<br />
einfallen lassen. Ich schaue mit Ruth<br />
Meister den Subaqua-Katalog durch; ein<br />
Foto weckt unser Interesse. Eine Insel<br />
langgezogen, am Aussenriff gelegen. Die<br />
Form deutet auf starke Strömungen hin;<br />
sowas suchen wir. Abgelegen, am nördlichen<br />
Ende des Nordmale-Atolls.<br />
Helengeli<br />
1982-93
Das Riff überlebt immer!<br />
Von 1982 - 96 besuchten wir jedes<br />
Jahr mindestens ein Mal unsere Insel.<br />
Sie war relativ bescheiden eingerichtet<br />
und hatte dadurch ihren eigenen<br />
Charme. Zuerst unter österreichischem,<br />
später unter schweizer Management. Mit<br />
dem Basisleiter Ueli Weibel konnten wir<br />
auch frei und ganz nach Lust und Laune<br />
drauflostauchen. Mit amtlich verordneten<br />
Tiefenbegrenzunge hatte er nichts am<br />
Hut, dafür konnte er seine Gäste taucherisch<br />
richtig einschätzen.<br />
Helengeli galt als Ökoinsel, daher<br />
kam das Bier vom Fass, und das in rauen<br />
Mengen. Interessante Diskussionsthemen,<br />
wie: „Was unterscheidet den Tiefenrausch<br />
von an<strong>der</strong>en Suchtmitteln?“.<br />
Je früher <strong>der</strong> Morgen, desto bleicher<br />
<strong>der</strong> ceylonesische Barmann. Ein<br />
lauter Wecker war unverzichtbar.<br />
Zuerst erreichte man die Insel<br />
nur mit dem Dhoni in vierstündiger<br />
Fahrt; beson<strong>der</strong>s interessant, wenn<br />
mal, auf <strong>der</strong> Rückfahrt, morgens um<br />
zwei Uhr, <strong>der</strong> Motor streikte. Später<br />
kam dann das Schnellboot, da war<br />
jedes Auge gefragt auf <strong>der</strong> Suche<br />
nach versteckten Korallenriffen; ein<br />
Motorboot hat keine Bremse!.<br />
Eines Jahres waren Walti und<br />
Elly im Januar, eigentlich die ruhige<br />
Jahreszeit, zu Besuch. Zwei Wochen<br />
lang donnerten die Brecher<br />
über das Riff. Sie kamen nur drei<br />
Mal zum Tauchen. Am Hausriff war<br />
das Tauchen sogar unmöglich.<br />
Wir besuchten die Insel im<br />
Herbst des gleichen Jahres; sie war am<br />
Aussenriff zwei Meter höher geworden<br />
und die Riffabhänge sahen aus wie eine<br />
Kiesgrube, in <strong>der</strong> eine Hun<strong>der</strong>tschaft Indonesier<br />
mit Dynamit gefischt hatten. Ein<br />
Jahr später sprossen die ersten Korallenzweiglein<br />
aus den Ruinen und drei Jahre<br />
später war von den Schäden nichts mehr<br />
zu sehen.<br />
Vorfreude<br />
Helengeli<br />
1982-93<br />
Steinfisch
Peitschenkoralle und Wimpelfische<br />
Paradieskaiser<br />
Helengeli<br />
1982-93
Tanz <strong>der</strong> Mantas<br />
Beson<strong>der</strong>e Hektik treffen wir einmal<br />
im Oktober an. Auslaufende Strömung<br />
und extrem trübes Wasser lassen nicht<br />
gerade einen lustigen Tauchgang erwarten.<br />
In den Oberflächenwirbeln sieht man<br />
aber bereits zahlreiche Flossen aus dem<br />
Wasser ragen, als ob ein Rudel Haifische<br />
sich besammelt hätte. Doch nichts <strong>der</strong>gleichen,<br />
es sind Mantas.<br />
Sofort runter und hinter den Korallen<br />
Deckung gesucht, die Strömung zieht<br />
lausig. Oekologisches Verhalten bleibt<br />
reine Theorie. Die Sichtweite beträgt<br />
etwa sechs Meter. Aus dem Nirgendwo<br />
tönt gespenstisch ein Gong. Ueli gibt<br />
Signale indem er mit seinem Messer auf<br />
die Tauchflasche schlägt. Plötzlich, wie<br />
ein Schlag gegen den Kopf! Aus <strong>der</strong><br />
Suppe vor mir taucht ein Manta auf, wie<br />
ein Lastwagen aus dichtem Nebel. Sicher<br />
vier Meter breit und das Maul geöffnet<br />
wie ein Scheunentor. Wahnsinn!<br />
Ich versuche für eine Foto näher zu<br />
kommen,- vergeblich. Dies gelingt mir<br />
erst später. Der Manta steht bewegungslos,<br />
still in dieser Wahnsinnsströmung,<br />
etwa ein Meter über dem Riff und wartet<br />
bis die kleinen Putzerfischchen zu ihm<br />
raufkommen. Ich robbe, immer in Dekkung,<br />
näher und näher an ihn heran. Auf<br />
etwa zwei Meter gelingt es mir und ich<br />
löse den Blitz aus. Er steigt weg und ich,<br />
hinter ihm her, gegen die Oberfläche. Die<br />
Strömung reisst mich nun natürlich mit,<br />
aber es gelingen noch einige Fotos im<br />
Gegenlicht. Jetzt aber nichts wie wie<strong>der</strong><br />
runter, bevor ich in den offenen Ozean<br />
abgetrieben bin. Mit Mühe und Not erreiche<br />
ich noch das untere Ende des Tilas<br />
und muss jetzt, möglichst im Strömungsschatten,<br />
zurück zum Ausgangspunkt.<br />
Für mehr als eine halbe Stunde<br />
reicht die Luft nicht, - aber was für<br />
dreissig Minuten. Wo ist eigentlich Horst?<br />
Helengeli<br />
1982-93
Helengeli<br />
1982-93
Wracktauchen interessiert<br />
mich nicht!<br />
Aber den Kollegen gelingt es doch,<br />
mir ein Wrack schmackhaft zu machen,<br />
obwohl <strong>der</strong> Weg dahin etliche Stunden<br />
dauert. Am Aussenriff des Gaavaru-Atolls<br />
liegt das Wrack <strong>der</strong> „Sea Gull“. Ein<br />
Dampfsegler, <strong>der</strong> auf dem Weg von Indien<br />
nach England, 1873 nachts auf das<br />
Riff gedonnert ist. Die Einheimischeninsel<br />
von Gaavaru ist auch einen Besuch wert,<br />
aber das Wrack ist sensationel.<br />
Auf 50 Metern liegt <strong>der</strong> hintere Teil<br />
mit <strong>der</strong> Schiffsschraube, eine interessante<br />
Konstruktion aus <strong>der</strong> Anfangszeit des<br />
Dampfschiffbaus, er sieht aus wie ein<br />
riesiger Flugzeugpropeller. Unter dem<br />
Schiff liegt noch Leergut herum, originale<br />
Schweppes-Flaschen. Der Rest des<br />
Wracks liegt über den ganzen Riffabhang<br />
hinauf verstreut, rundum von den Korallen<br />
überwachsen, noch viele belebter als<br />
es das Riff sonst schon ist. Ein wun<strong>der</strong>barer<br />
Tauchplatz.<br />
Helengeli<br />
1982-93
Helengeli<br />
1982-93
Elegant schwimmt <strong>der</strong> Rochen<br />
zwischen den Überresten<br />
<strong>der</strong> „Sea Gull““.<br />
Helengeli<br />
1982-93
Ruth und Nicki<br />
betrachen die<br />
Süsslippen<br />
Helengeli<br />
1982-93<br />
Luciano und<br />
<strong>der</strong> Imperator
Luciano und die Süsslippen<br />
Helengeli<br />
1982-93
Selbst schlechtes Wetter,<br />
Luciano<br />
(gibts den sowas auf den Malediven?)<br />
hält uns nicht vom Tauchen ab.<br />
Der Schreck fährt einem aber doch in die<br />
Flossen, wenn man auftaucht und sich<br />
mitten im nie<strong>der</strong>prasselnden Regen mit<br />
einer Sichtweite von etwa 50 Metern<br />
findet. Wo ist das Riff? Wo ist Indien?<br />
Besser gleich wie<strong>der</strong> runter aufs Riffplateau<br />
und auf besseres Wetter warten,<br />
solange die Luft reicht.<br />
Beim nächsten Besuch an <strong>der</strong> Oberfläche<br />
taucht wun<strong>der</strong>barerweise aus <strong>der</strong><br />
Wasserwand das Dhoni auf und wir können<br />
einsteigen. Glücklicherweise fehlt<br />
diesmal die Strömung. Ein dreifach Hoch<br />
auf die Dhonicrew.<br />
Helengeli<br />
1982-93<br />
Nicki mit Napoleon
Ein Tauchgang zum Tila<br />
mit Ueli ist ein beson<strong>der</strong>er Leckerbissen.<br />
Nach drei Minuten Bootsfahrt<br />
hüpfen wir ins Wasser und versuchen, in<br />
<strong>der</strong> starken Strömung, so schnell wie<br />
möglich, runter zu kommen. Auf 25 Metern<br />
versammeln wir uns auf einem Riffplateau<br />
genau über dem Kanal. Und nun<br />
müssen wir im Strömungsschatten nur<br />
noch zuschauen.<br />
Alles dreht sich um uns. Schnapperschwärme,<br />
Riffhaie, Napoleon, alles<br />
kommt vorbei, ein Verkehr wie auf dem<br />
Postplatz zur Stosszeit. Langsam macht<br />
sich <strong>der</strong> Computer bemerkbar, die Nullzeit<br />
nähert sich ihrem Ende. Nun geht<br />
<strong>der</strong> Tauchgang erst richtig los. Runter<br />
über die Kante und abgetaucht. Bei 45<br />
Metern liegen noch eine Reihe Korallenblöcke<br />
unter denen oft Haie schlafen.<br />
Aber heute schlafen sie nicht, sie sind in<br />
<strong>der</strong> Strömung unterwegs. Hilflos fliegen<br />
wir zwischen den Gorgonien durch. Bevor<br />
es uns in den offenen Ozean spühlt,<br />
schnell rechts weg, in die Deckung des<br />
Tilas, und im Strömungsschatten wie<strong>der</strong><br />
hinauf. Dekomprimieren wird nun etwas<br />
schwierig weil das Tila kaum bis zur 10<br />
Meter-Marke heraufkommt.<br />
Schlimmstenfalls lassen wir uns<br />
dann doch in Richtung Indien davon<br />
treiben. Die Bootscrew wird’s schon richten.<br />
Ein Halfterfisch (Zanclus)<br />
Helengeli<br />
1982-93
Keilfleck-Falterfisch<br />
Zackenbarsche<br />
Blaukopf-Kaiser<br />
Helengeli<br />
1982-93
Ali Spezial<br />
Strömung braucht’s auch für den „Ali<br />
Spezial“. Ueli führt diese Übung aber nur<br />
durch, wenn er eine gute Crew zusammen<br />
hat. In Dreiergruppen wird am Rande<br />
des Kanals abgetaucht und jede<br />
Gruppe versucht, so schnell wie möglich,<br />
auf den Grund zu kommen. In 50 Metern<br />
Tiefe setzt man sich in die Querspalten,<br />
<strong>der</strong>, im übrigen blank geschliffenen, Kanalsohle.<br />
Nur ein paar einsame Drahtkorallen<br />
haben hier <strong>der</strong> Strömung wie<strong>der</strong>stehen<br />
können.<br />
Rund herum ist <strong>der</strong> Teufel los. Haie,<br />
Rochen, Riesenzackenbarsche und sogar<br />
ein Schwarm von 23 Adlerrochen<br />
kreisen mühelos in <strong>der</strong> Strömung. Von<br />
Zeit zu Zeit schaut je<strong>der</strong> auf sein Finimeter.<br />
Dazwischen versucht man auch noch<br />
die interessantesten Passanten auf den<br />
Film zu kriegen. Wenn <strong>der</strong> Erste in <strong>der</strong><br />
Gruppe nur noch 100 bar in <strong>der</strong> Flasche<br />
hat, <strong>der</strong> halbe Luftvorrat also aufgebraucht<br />
ist, wird aufgestiegen. Eine Blauwasser-Dekompression<br />
liegt vor uns.<br />
Die Strömung treibt uns in rasantem<br />
Tempo ins Innere des Atolls. Je nach<br />
Grundzeit gibt es eine Dekompression<br />
von 15 - 30 Minuten. Die aufmerksame<br />
Dhonimannschaft kann uns erst mehrere<br />
Kilometer vom Ausgangspunkt weg, wie<strong>der</strong><br />
aus dem Wasser fischen.<br />
Helengeli<br />
1982-93
Helengeli<br />
1982-93<br />
Nicki und Ruth
Ich bin Marianne,<br />
ein stattlicher Zackenbarsch, und<br />
lebe hier im Riff auf <strong>der</strong> Nordseite von<br />
Helengeli. Den Tag durch schlafe ich und<br />
verdaue. Aber am Abend, wenn es dunkel<br />
wird, bin ich unterwegs und warte auf<br />
meine Freunde aus <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Welt.<br />
Und sie kommen, jeden Abend und bringen<br />
sogar ihre eigenen Sonnen mit. Seit<br />
diese komischen Wesen zu mir heruntertauchen,<br />
muss ich mir keine Mühe mehr<br />
machen, irgend ein unachsames<br />
Riffbärschlein zu erwischen, nein meine<br />
Kollegen zeigen mit ihren handlichen<br />
Sonnen direkt auf die besten Stücke des<br />
kalten Büffets und bevor diese schlaftrunken<br />
den plötzlichen Sonnenaufgang<br />
realisieren, schiesse ich aus dem Dunkel<br />
heraus und schnappe mir den Leckerbissen.<br />
Ein Leben wie im Paradies...<br />
Helengeli<br />
1982-93<br />
Hier zeige ich Priska den Weg
Helengeli<br />
1982-93<br />
Hier bläst die Strömung häuffig nicht nur<br />
von <strong>der</strong> Seite!
Male live<br />
Wir haben das Glück eine Nacht<br />
in Male zu verbringen. Zuerst gibt es<br />
einen Stadtspaziergang in <strong>der</strong> am<br />
dichtest bevölkerten Stadt <strong>der</strong> Welt. Es<br />
leben auf diesem Inselchen (1,5 km 2 )<br />
gleich viele Leute wie im ganzen Kanton<br />
Zug. Sogar Lichtsignale hat es auf<br />
den Kreuzungen, um den bescheidenen<br />
Verkehr, <strong>der</strong> sich vorsichtig um die<br />
badewannenähnlichen Schlaglöcher<br />
schleicht, zu regeln. Die riesige goldene<br />
Kuppel <strong>der</strong> neuen Moschee wird<br />
überragt von einem fünfstöckigen<br />
Parkhaus. Woher sollen alle diese Autos<br />
kommen? Aber die Saudis werden<br />
das alles mit <strong>der</strong> gleichen Bauabrechnung<br />
bezahlt haben.<br />
Bei <strong>der</strong> Zollbehörde liegen haufenweise<br />
neue Tauchflaschen mit abgeschraubten<br />
Ventilen herum. Es<br />
braucht viiiiiel Zeit bis sie alle kontrolliert<br />
sind, mit gutem Grund.<br />
Vor Jahren wurden, übrigens<br />
von <strong>Schweiz</strong>ern, Waffen in Tauchgeräten<br />
versteckt, eingeschmuggelt. Es<br />
war die undemokratische Bildung einer<br />
neuen Regierung geplant. Die Geräte<br />
waren auch sehr clever umkonstruiert.<br />
So clever, dass Eines, dem<br />
Umbauer, er hatte seine Bastelarbeit<br />
bereits vergessen, beim irrtümlichen<br />
Füllen, zwischen die Ohren flog.<br />
Heute besteht wahrscheinlich<br />
eher die Gefahr, dass auf diesem unkonventionellem<br />
Weg, Genussmittel<br />
<strong>der</strong> harten Art, den Weg auf diese Inseln<br />
<strong>der</strong> Glückseligen finden.<br />
In einem Speiselokal am Ocean<br />
Drive gibt es ein Abendessen. Wir sind<br />
die einzigen Touristen hier, die maledivischen<br />
Gäste bilden ein interessiertes<br />
Publikum. An <strong>der</strong> Wand hängt das Bild<br />
eines Alpensees, mit Berggipfeln und<br />
röhrendem Hirsch.<br />
Der Tisch ist schon gedeckt, auf<br />
jedem Teller liegt bereits ein schwarzgebratener<br />
Fisch. 12 Töpfe mit Currysossen<br />
und verschiedenen Einlagen<br />
stehen auf dem Tisch. Der Appetit hält<br />
sich in Grenzen.<br />
Lustiger ist das Spiel: Wer findet<br />
heraus, was in <strong>der</strong> Currysosse<br />
schwimmt? Die Getränkeauswahl ist<br />
nicht überwältigend: Eine Büchse<br />
Cola, - one Dollar.<br />
Zum Dessert gibt’s<br />
selbstgedrehte Zigaretten<br />
und Nelkenköpfe.<br />
Gut, das Abendmahl<br />
ist bescheiden,<br />
aber wir, und auch die<br />
Malediver, haben viel<br />
zu lachen.<br />
Im Hotel treten ich<br />
ins Fettnäpfchen, mit<br />
meinem Wunsch nach<br />
einem Schlummerbier.<br />
Es lebe <strong>der</strong> Prophet<br />
Mohammed...<br />
Helengeli<br />
1982-93
Haiparade<br />
Ammenhai<br />
Helengeli<br />
1982-93
Helengeli<br />
1982-93<br />
KIALOHA heisst die Maxi-Jacht,<br />
die, seit Tagen, vor Helengeli vor Anker<br />
liegt. Jim Kilroy, <strong>der</strong> Eigner lässt<br />
sich jeden Morgen von zwei Matrosen<br />
an die Jetty fahren, verschwindet für<br />
einige Zeit im Office und kommt nachher<br />
mit ein paar Metern Faxpapier zurück.<br />
So macht Arbeiten Spass,<br />
scheint mir.<br />
Bald wird die Reise weitergehen,<br />
wenigstens für die Mannschaft. Der<br />
Eigner erwartet sie, in ein paar Wochen,<br />
im Roten Meer. Ein paar tausend<br />
Meilen liegen vor ihnen und das<br />
alles frontal gegen den Monsun.<br />
Profisegeln ist kein Zuckerschlecken.
Sixty-nine Informations<br />
o<strong>der</strong> <strong>der</strong> wahre Schatz von<br />
Monte Christo<br />
Eine leicht bemooste Motorjacht<br />
liegt neben <strong>der</strong> CRESTA im Hafen von<br />
Talamone. Weiter hinten liegen die Fieramosca<br />
I und die Fieramosca II gut vertäut,<br />
besser gesagt, an die Kette gelegt,<br />
von <strong>der</strong> Guardia die Finanza.(Jetzt wird<br />
mir klar, wieso wir auf <strong>der</strong> Fieramosca<br />
manchmal DDR-Bier mit Rostspuren an<br />
den Kronkorken serviert bekommen haben.<br />
Rudi scheint einen Tauschhandel<br />
mit den auf <strong>der</strong> Reede ankernden Ostblock-Frachtern,<br />
die hier Waffen und<br />
Sprengstoff für den Irak-Iran Krieg einluden,<br />
getrieben haben.)<br />
Er habe die HARYANNA, so heisst<br />
unser Schiff, von einem Kollegen aus<br />
Porto Santo Stefano geliehen und müsse<br />
dafür die Motoren revidieren, meint Rudi:<br />
Hauptsache sie schwimmt.<br />
Bald erscheinen auch Mensun<br />
Bound und Angus auf <strong>der</strong> Bildfläche.<br />
Ruedi hat uns richtig genervt; wir sollen<br />
unbedingt noch eine Odyssée im Oktober<br />
unternehmen. Die Bewilligung für Monte<br />
Christo habe er. Auf das Stichwort Monte<br />
Christo tun wir natürlich unser Möglichstes.<br />
Werner Iten, Georges Parmentier,<br />
Bruno Huber und ich. Wahrscheinlich hat<br />
Rudi gar nicht damit gerechnet dass wir<br />
alle auftauchen.<br />
MARE<br />
1984/85
Mensun Bound ist <strong>der</strong> Bewilligungsberechtigte,<br />
Professor für Archäologie an<br />
<strong>der</strong> Universität Oxford und Angus ein junger<br />
englisch-italienischer Berufstaucher.<br />
Im Sommer hat eine englische Crew<br />
vier Wochen nach einem Wrack gesucht,<br />
das Rudi einmal beim Tauchen gesehen<br />
haben will. „Thousands of Amphores!“<br />
Die Englän<strong>der</strong> haben lei<strong>der</strong> nichts gefunden<br />
aber die <strong>Schweiz</strong>er werdens schon<br />
schaffen; meint er.<br />
Wir müssen nur noch Wasser und<br />
Diesel bunkern. Zu diesem Zweck sollten<br />
wir auf die an<strong>der</strong>e Seite <strong>der</strong> Pier wechseln.<br />
No problems, unser Schiff hat ja<br />
zwei Motoren. Aber lei<strong>der</strong> fährt es nur geradeaus,<br />
aber mit Seilmanövern,<br />
Schlauchbooteinsatz und Manneskraft<br />
bringen wir es endlich an den richtigen<br />
Ort. Des Rätsels Lösung: Rudi meint, das<br />
Schiff könne lei<strong>der</strong> im Moment nur geradeaus<br />
fahren, da ja <strong>der</strong> eine Motor noch<br />
in Revision und demzufolge auch noch<br />
nicht festgeschraubt sei.<br />
Ein bischen komisch ist es schon;<br />
wir füllen Wasser ein wo FUEL steht und<br />
Diesel dort wo WATER steht. Aber Rudi<br />
muss es ja wissen...<br />
Wenn wir nach Monte Christo wollen,<br />
müssen wir nun ans Werk. Es ist<br />
Samstag Abend. Zum Glück sind die Arbeitszeiten<br />
in Italien nicht so straff geregelt<br />
und es gelingt uns, nach 15 km Fahrt<br />
noch eine Werkstatt zu finden, in <strong>der</strong> wir<br />
den löchrigen Auspuffkrümmer zuschweissen<br />
können. Mit zwei Tagen Verspätung<br />
können wir dann endlich in Richtung<br />
<strong>der</strong> verheissenen Insel losrauschen.<br />
Beim Betrachten des Schiffs von unten<br />
wird uns auch klar, wieso das Schiff<br />
mit nur einem Motor manövrierunfähig ist.<br />
Es ist nur ein Steuerru<strong>der</strong> vorhanden (Für<br />
Landratten: Normalerweise hat ein Motorschiff<br />
hinter jedem Propeller ein Steuerru<strong>der</strong>.<br />
Dieses wird vom Wasser angeströmt<br />
und erlaubt, auch mit nur einem Motor,<br />
wenn auch meist mit vermin<strong>der</strong>ter Leistung,<br />
doch noch Manöver zu fahren).<br />
Hoffentlich haben wir keinen Motorausfall,<br />
sonst werden wir geradeaus quer<br />
durchs Mittelmeer skippern und es wird<br />
eine richtige Odyssee werden.<br />
Die Motoren halten durch und wir erreichen<br />
das gelobte Land. Bei Punta Diavolo<br />
erreichen wir unseren Ankerplatz.<br />
Unter dem Schiff ist es gerade 50 Meter<br />
tief, obwohl wir nur etwa 20 Meter von<br />
<strong>der</strong> Felsenküste entfernt sind. Nun lernen<br />
wir zuerst die Grundregeln <strong>der</strong> UW-Archeologie.<br />
Wun<strong>der</strong>bar gezeichnete Pläne,<br />
die ganze Unterwasserlandschaft in<br />
Planquadrate eingeteilt, hängt Mensun<br />
an die Wand <strong>der</strong> Kombüse.<br />
Bruno und Werni beim Dekomprimieren<br />
MARE<br />
1984/85
Mensun staunt<br />
MARE<br />
1984/85<br />
Das ganze Gebiet haben die Englän<strong>der</strong><br />
bis zu einer Tiefe von 45 Metern abgesucht;<br />
das heisst, mit kleinen Sondierstöcklein<br />
systematisch im Sande gewühlt.<br />
Uns bleibt also nur, die getane Arbeit weiterzuführen.<br />
Wir beginnen weitere Planquadrate<br />
einzuzeichnen und zu durchsuchen.<br />
Am Anfang ist Mensun irritiert. Er<br />
kann nicht begreifen, wieso wir beim Morgenessen<br />
dreiviertel Stunden diskutieren,<br />
bevor wir anstalten machen in unsere<br />
Ausrüstung zu steigen. Ich erkläre ihm,<br />
dass bei uns nicht auf Befehl getaucht<br />
wird und bei <strong>der</strong>art extremen<br />
Tauchgängen<br />
zuerst die psychische<br />
und physische Tagesform<br />
mit dem taucherischen<br />
Auftrag in Übereinstimmung<br />
gebracht<br />
werden muss. Aber es<br />
geht nicht lange und er<br />
ist von unserem Konzept<br />
überzeugt.<br />
Unsere Ausrüstung begeistert<br />
Mensun. Das UW-Telefon, die Unterwasser-TV-Kamera<br />
von Peter Schmalz und<br />
mein Aquazepp waren neu für ihn.<br />
Meist tauchen Bruno und Werni zusammen.<br />
Bruno hat ein Militär-Doppelzehner<br />
mit einer 7 lt-Flasche als zweitem<br />
System oben drauf. Werni hat auch ein<br />
Doppelzehner; zur Dekompression bringen<br />
wir aber in <strong>der</strong> Regel noch ein zusätzliches<br />
Gerät an die Dekostufe.<br />
Bruno hat einen Prototypen des ersten<br />
Tauchcomputers, dem Deko-Brain<br />
organisiert. Wir können so gut Vergleiche<br />
ziehen, zwischen den Bühlmann Tabellen<br />
und <strong>der</strong> Dekobrain-Software. In <strong>der</strong> Folge<br />
werden die Tauchgänge immer tiefer, die<br />
Dekozeiten immer länger, so gegen an<strong>der</strong>thalb<br />
Stunden. Langsam wird <strong>der</strong><br />
Deko-Brain unverzichtbar, denn die<br />
Tauchgänge von Werni und Bruno sind<br />
auf <strong>der</strong> Bühlmann-Tabelle längst nicht<br />
mehr zu finden. Dank den Notfalltabellen<br />
<strong>der</strong> US-Navy (Ausdrücklich nicht zum<br />
Tauchen geeignet!) können wir wenigsten<br />
die Deko-Brain Werte auf Plausibilität<br />
kontrollieren. Die Wand in <strong>der</strong> Cala Diavolo<br />
ist sehr lebendig und die dekomprimierenden<br />
Taucher können sich die Wartezeit<br />
mit biologischen Studien vertreiben.<br />
HARYANNA an <strong>der</strong> Punta Diavolo
Angus erhält einen Blitzkurs im Tieftauchen;<br />
er ist bei seiner Profiausbildung<br />
in Fort Bovisand bisher noch nie tiefer als<br />
13 Meter gewesen. Aber er ist ein intelligentes<br />
Kerlchen; und begreift die Regeln<br />
des Tieftauchens sowie das Benützen <strong>der</strong><br />
Dekotabelle sehr schnell.<br />
Eine Stirnhöhlenvereiterung behin<strong>der</strong>t<br />
mich ziemlich. Zuerst beim Abtauchen<br />
an <strong>der</strong> Ankerkette, mit dem Aquazepp<br />
in <strong>der</strong> einen Hand, mit <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en<br />
alle zehn Zentimeter den Druckausgleich<br />
erzwingend, brauche ich zehn Minuten<br />
bis auf 50 Meter. Nach einer ausgedehnten<br />
Rundfahrt über das Gebiet wird es<br />
aber beim Auftauchen kritisch. Der Druckausgleich<br />
funktioniert nun überhaupt<br />
nicht mehr und die Birne droht zu zerspringen.<br />
Es gibt aber keine Wahl, rauf<br />
muss man immer. Ein Taucher kennt keinen<br />
Schmerz und mit etwas Glück, bleiben<br />
die Trommelfelle ganz. Wie’s in <strong>der</strong><br />
Stirnhöhle aussieht, kann man sich gar<br />
nicht vorstellen. Naja, ich bin nachher<br />
Georges mit UW-Telefon und UW-TV<br />
Bruno mit dem Deko-Brain<br />
noch einige Tage ziemlich wacklig auf<br />
den Beinen; Drehschwindel nennt man<br />
das, und an Tauchen ist natürlich nun<br />
überhaupt nicht mehr zu denken.<br />
Als wir das Gefühl haben tiefere<br />
Tauchgänge seien nun wirklich nicht<br />
mehr zu verantworten, es ist inzwischen<br />
Freitag geworden, beschliessen wir, weiter<br />
oben weiterzufahren und tatsächlich,<br />
beim ersten Tauchgang findet Bruno einen<br />
golden glänzenden Kupfernagel und<br />
Werni eine kleine aber unbeschädigte<br />
Amphore.<br />
Mensun flippt fast aus als wir den<br />
Fund melden; aber vorläufig sind unsere<br />
beiden Taucher noch an <strong>der</strong> Ankerkette<br />
am Dekomprimieren. Zum Glück merken<br />
sie nicht, dass ihre Dekompression inzwischen<br />
weitab <strong>der</strong> Küste im offenen Meer<br />
stattfindet.<br />
Das Schiff ist von Wind und Strömung<br />
vom Ankerplatz fortgetrieben worden<br />
und <strong>der</strong> Anker hängt frei ins Blaue.<br />
Mensuns Angst gilt natürlich nicht den<br />
Tauchern, er sorgt sich vor allem um die<br />
Amphore und ist erst beruhigt als er sie<br />
unversehrt in die Arme nehmen kann, die<br />
Amphore. So haben sowohl Rudi wie<br />
auch Mensun den Beweis für ihr etruskisches<br />
Wrack. Rudi zusätzlich noch die<br />
Befriedigung dass es seine <strong>Schweiz</strong>er<br />
doch geschafft haben.<br />
MARE<br />
1984/85
. Mensun kann nun endlich seine Fotos<br />
machen. Etwa eine Stunde dauert es,<br />
bis er seine „spontan“ wirkende Aufnahme<br />
mit <strong>der</strong> maximal möglichen Anzahl<br />
von „Informations on one picture“ gestellt<br />
hat.<br />
Ja man lernt auch ausserhalb des<br />
Wasser immer noch was dazu.Am Sonntag<br />
Morgen leistet sich unser „Patentierter<br />
Kapitän <strong>der</strong> Englischen Handelsschiffart“<br />
noch einen Schnitzer <strong>der</strong> gröberen<br />
Art. Als er für die Heimfahrt den Anker heben<br />
will, bleibt dieser unter den vorstehenden<br />
Felsblöcken am Grund hängen.<br />
Er versucht herauszufinden was stärker<br />
ist; die Kette o<strong>der</strong> die Ankerwinde.<br />
Bruno und Werni dekomprimieren<br />
immer noch<br />
MARE<br />
1984/85<br />
Das Foto mit den „sixty-nine<br />
informations“<br />
Das schwächste Glied im System ist aber<br />
offensichtlich <strong>der</strong> Schwergewichts-Anker.<br />
Nach einem riesigen Knall kommt nur die<br />
Hälfte davon an die Oberfläche. Nun geht<br />
die Diskussion los. Rudi hat Angst dem<br />
Schiffsbesitzer den Anker ersetzen zu<br />
müssen, er möchte die untengebliebene<br />
Hälfte auch noch haben um ihn wie<strong>der</strong><br />
zusammenschweissen zu können. Lei<strong>der</strong><br />
ist von uns Tauchern nur noch Angus uneingeschränkt<br />
einsatzbereit und uns<br />
scheint das Risiko doch ein bischen<br />
hoch, ihn allein auf 50 Meter zum Ankersuchen<br />
zu schicken, umsomehr als sich<br />
herausstellt dass Rudi nicht einmal ein<br />
Tau mit dieser Länge an Bord hat. Seiner<br />
Meinung nach müsste man ja „nur den<br />
Hebesack aufblasen.......“ (Ja, ja wir haben<br />
das ja auch schon so gemacht).<br />
Am Schluss muss er doch klein beigeben<br />
und mit einem halben Anker die<br />
Heimfahrt antreten.<br />
So gelingt es schliesslich Georges<br />
am Montag Morgen, nach einem kurzen<br />
Rasurhalt zu Hause, rechtzeitig am Arbeitsplatz<br />
zu erscheinen. Den Raubüberfall<br />
auf <strong>der</strong> Umfahrungsautobahn von Florenz<br />
können wir, dank überlegener Motorleistung<br />
und entschlossenem Auftreten,<br />
vereiteln.
Es bleibt noch zu bemerken, dass<br />
es Mensun doch noch gelang, aus dem<br />
Expeditionsergebnis einen mehrseitigen<br />
Farbbericht in <strong>der</strong> englischen Tauchzeitschrift<br />
DIVER zu machen; mit vielen<br />
schönen Farbfotos und „maximum Informations<br />
on it“. Später hat er sogar ein<br />
Buch über das Monte Christo Wrack geschrieben.<br />
MARE<br />
1984/85<br />
Merke: Archeologen müssen vor allem<br />
das PR-Handwerk beherrschen,<br />
sonst kriegen sie keine Kohlen zusammen<br />
(man nennt das Found Raising).<br />
Mensun’s Fazit:<br />
Es ist einfacher aus einem Taucher einen<br />
Archeologen zu machen, als aus einem<br />
Archeologen einen Taucher.<br />
Angus putzt Werni’s Amphore<br />
Der Fachmann sieht sofort: Pélichet 47<br />
Mensun und Joana<br />
Die Nacht in <strong>der</strong> Fernando<br />
kam<br />
Ringsum ist Ruhe, die Geisterstunde<br />
ist längst vorbei. Zwei Gäste sitzen noch<br />
am Tisch und haben keine Lust schlafen<br />
zu gehen, obwohl alle Gläser leer sind.<br />
„Fernando is comming“ meint <strong>der</strong> Eine,<br />
<strong>der</strong> mit dem dicken linken Arm. „Are you<br />
sure ?“ „Go outside and have a look“. Der<br />
zweite steht auf und geht zur Tür. „Why<br />
you know it ? „ 3500 Pferde stürmen um<br />
die Felsnase. Ein donnerndes Geräusch<br />
erfüllt die Schlucht. Fernando ist da.......<br />
GUARDIA FINANZA steht auf <strong>der</strong><br />
grauen, unbeleuchteten Jacht die längsseits<br />
kommt. Bruno weckt die ganze<br />
Mannschaft, sonst glaubt am Schluss<br />
wie<strong>der</strong> keiner, dass Fernando hier war.<br />
Im l e t z t e n Moment (Bier seit zwei Tagen<br />
ausgegangen, Weinflasche seit dem<br />
Mittag leer) bringt Fernando seinen Grappa<br />
von <strong>der</strong> Kapitänsbrücke. Anschliessend<br />
Waffenkontrolle (3 x 27 mm), Blick<br />
in den Maschinenraum (3500 PS) und<br />
auf die Kommandobrücke.<br />
Die archäologischen Funde werden<br />
gezählt, kontrolliert und quittiert.
Monte Cristo zum Zweiten<br />
Mit Vollgas fräst die „Corsaro Nero“,<br />
ein umgebauter Sizilianischer Schwertfischfänger,<br />
durch die dunkle Nacht von<br />
Genua in Richtung Talamone. Der Scheinwerfer<br />
über dem Steuerstand beleuchtet<br />
grell das Vordeck, weiter vorne ist es<br />
schwärzer als schwarz.<br />
Der Kapitän ist mit seiner Freundin<br />
ins Kistchen geschlüpft und hat das Steuerru<strong>der</strong><br />
seinem Matrosen überlassen. Dieser,<br />
ein junger Süditaliener, ist offensichtlich<br />
neu in diesem Job. Die Kompassnadel<br />
schwankt immer etwa zwanzig Grad<br />
links und rechts vom vorgesehenen Kurs.<br />
Bei Tage, wenn man das Kielwasser sähe,<br />
müsste man annehmen dass <strong>der</strong> Steuermann<br />
besoffen wäre, aber hier sieht uns<br />
ja niemand. Die Strassenlampen vom toskanischen<br />
Festland flackern von<br />
ferne;wäre uns irgendetwas im Weg, wir<br />
würden’s, ohne es zu sehen, überrennen.<br />
Ob hier alle so unterwegs sind...? Bruno<br />
und ich finden das Ganze nicht geheuer,<br />
kramen die Seekarte hervor und versuchen<br />
anhand <strong>der</strong> blinkenden Leuchttürme<br />
den Kurs zu verifizieren.<br />
Zwei Tage vorher haben wir von<br />
Mensun Bound Bericht bekommen, dass<br />
die Archeologische Expedition nach Monte<br />
Christo stattfinden würde. Wahrscheinlich<br />
ist alles ein Sponsorenproblem gewesen.<br />
Aber wenn RAI 1sagt, dass sie<br />
kommen werden, ist auch ein Sponsor<br />
schnell gefunden. Die grossen Reklameaufschriften<br />
auf dem Boot werden schnell<br />
mit MARES-Transparenten überdeckt.<br />
Auch wir haben schon die passenden<br />
Tauchanzüge gefasst, lei<strong>der</strong> nicht zum<br />
Behalten . In Talamone wird noch das<br />
restliche Material zugeladen und es geht<br />
los nach Monte Christo.<br />
Geradezu luxuriös ist die Ausrüstung.<br />
Neben grossen Flaschen mit Helium und<br />
Sauerstoff steht auch eine Galeazzi-Dekokammer<br />
herum. Unser archäologischer<br />
Zeichner beginnt sofort damit, sie mit dem<br />
Expeditionslogo zu beschriften. Nicht vergessen:<br />
Das Fernsehen kommt! Ich interessiere<br />
mich mehr dafür, ob Sie denn<br />
auch einsatzbereit sei und was eine dicke<br />
Schicht von Spinnweben daran zu suchen<br />
hat.<br />
Bald kommt Monte Cristo in Sicht<br />
und das grosse Rätselraten beginnt: Wo<br />
ist die Punta del Diavolo? Zum Glück<br />
habe ich mein Album mit den Fotos vom<br />
letzten Jahr dabei und die charakteristische<br />
Klippe ist schnell identifiziert. Zuerst<br />
brauchen wir eine feste Verankerung, ein<br />
Mooring. Dazu müssen wir eine schwere<br />
Kette auf einer Tiefe von 50 Metern an einem<br />
Felsblock befestigen; besser gesagt,<br />
wir müssen natürlich zuerst einen Felsblock<br />
finden. Und dies alles während eines<br />
Tauchgangs <strong>der</strong>, wenn möglich, nicht<br />
länger als 15 Minuten dauern sollte.<br />
Runter geht’s, mitten im Sand ein<br />
schöner Block, umgeben von Amphorenscherben,<br />
hier sind wir richtig. Die Markierungsboje<br />
befestigt, die Boje steigt auf<br />
und wir warten auf die Kette. 10 Minuten,<br />
die Kette kommt am dünnen Faden <strong>der</strong><br />
Markierungsboje herunter, natürlich weit<br />
weg von unserem Block. Sofort hin, die<br />
Kette gepackt, zurückgeschleppt und<br />
um den Block gelegt und festgeschäkkelt.<br />
Geschafft,-die Dekozeit liegt noch<br />
im Rahmen des Erträglichen.<br />
MARE<br />
1984/85<br />
Corsaro Nero, Dekokammer etc.
Wer ist Filippo?<br />
Filippo ist ein UW-<br />
Roboter. Er wird an einem<br />
200 Meter langen<br />
Kabel geführt und übermittelt,<br />
das was seine<br />
Kamera sehen sollte, an<br />
seine Bedienungsmannschaft,<br />
die vor einem<br />
Monitor sitzt.<br />
Morgens um 9 Uhr<br />
wird Filippo geweckt<br />
und dann von seinem<br />
Vater gefüttert (Batterie<br />
laden). Anschliessend<br />
werden seine zwei Schalen mit einer plastischen<br />
Masse gedichtet und verschraubt.<br />
Dies dauert ungefähr zwei<br />
Stunden. Lei<strong>der</strong> ist Filippo etwas kurzsichtig.<br />
Weil er normalerweise Pipelines<br />
kontrolliert, verfügt er nur über ein Makroobjektiv,<br />
an ein Weitwinkel hat lei<strong>der</strong> niemand<br />
gedacht. Ob man die Batterien vielleicht<br />
nicht auch nachts laden könnte?<br />
Man kommt sich vor wie in einem<br />
Land des real existierenden Sozialismus.<br />
Man hört Professor Parkinson gröhlend<br />
im Grab rotieren. Bella Italia.<br />
MARE<br />
1984/85<br />
Das Überwachungsteam in<br />
<strong>der</strong> Kombüse
paar weitere Meter absinken<br />
und das könnte dann<br />
vielleicht doch etwas zu<br />
tief sein. Also lasse ich<br />
Tiefe Tiefe sein und kehre<br />
wie<strong>der</strong> zu Angus zurück. I<br />
.<br />
Ich habe nicht den<br />
Eindruck, dass er mich<br />
vermisst hat.<br />
Wie tief kann man tauchen?<br />
Lei<strong>der</strong> heisst’s bis jetzt: Ausser<br />
Scherben nichts gewesen. Aber wir machen<br />
weiter.<br />
Angus und ich gehen zu Filippo hinunter<br />
um ein paar Aufnahmen zu schiessen.<br />
Wegen seiner Kurzsichtigkeit kann<br />
uns lei<strong>der</strong> Filippo nicht sehen. Ich habe<br />
den Aquazepp dabei. Auf ca. 60 Metern<br />
mache ich eine Fotoserie, dann zeige ich<br />
Angus an, er solle an <strong>der</strong> Stelle bleiben.<br />
Ich fahre mit dem Aqazepp Richtung Norden,<br />
immer schön etwa zehn Meter über<br />
dem Boden. Das Licht tendiert immer<br />
mehr nach violet, die Watte im Kopf wird<br />
immer dicker und <strong>der</strong> Motor des Aquazepp<br />
wird immer lauter. Zu sehen gibt es<br />
nur Sand und Posidonien. Es<br />
würde mich sehr interessieren<br />
wie tief ich jetzt bin, aber ich<br />
wage nicht den Gasgriff loszulassen,<br />
um den Tiefenmesser<br />
abzulesen. Da ich den Abtrieb<br />
an <strong>der</strong> Fenzy nicht kompensiert<br />
habe, (wie könnte ich<br />
auch, ich habe nur zwei Hände)<br />
würde ich sofort um ein<br />
MARE<br />
1984/85<br />
Filippo und Angus in Aktion<br />
auf 62 Meter
Wenn<br />
„Spezialisten“<br />
Tauchen gehen<br />
MARE<br />
1984/85<br />
Der „Vater“ von<br />
Philippo und unser archeologischer<br />
Zeichner<br />
planen einen<br />
Tauchgang. Sie wollen<br />
den Arbeitsplatz auch<br />
mal aus <strong>der</strong> Nähe anschauen.<br />
Nico, Philippos<br />
Vater hat keine<br />
Fenzy dabei, dafür<br />
aber lange Flossen,<br />
ein Zweiflaschengerät, und, wie mir<br />
scheint, mehr als ausreichend Blei um<br />
die Hüften. Seine Frau hilft ihm beim Anziehen.<br />
Unter dem Schiff ist es genau 50<br />
Meter tief, wir sind etwa 30 Meter von <strong>der</strong><br />
Felswand entfernt und eine schwache<br />
Strömung zieht am Schiff vorbei.<br />
Ein Unglück ist absehbar. Aber wie<br />
soll ich das Problem lösen, das hier auf<br />
uns zukommen wird? Dazu braucht es<br />
junge, durchtrainierte Typen und ich fühle<br />
mich nicht fit genug um mich als Rettungsschwimmer<br />
zu profilieren. Also frage<br />
ich Angus ob er nicht seine Flossen<br />
bereitlegen könne. Er frägt zurück:<br />
“Why?“ Ich möchte mich natürlich nicht<br />
blamieren und meine:“Du wirst es noch<br />
sehen.“<br />
Bruno, Joanna<br />
Nico springt rein, kommt auch gleich<br />
wie<strong>der</strong> hoch, reisst die Brille weg und beginnt<br />
zu husten. Ich muss mich gar nicht<br />
bemühen; seine Frau ruft um Hilfe. Angus<br />
kapiert sofort, auch <strong>der</strong> junge Expeditionsarzt<br />
sprintet übers Deck und beide<br />
hechten ins Wasser.<br />
Ich behändige den Rettungsring mit<br />
dem Tau, den ich bereitgelegt habe und<br />
werfe ihn dem kämpfenden Trio zu. Ich<br />
schaue zu wie sie sich abmühen und<br />
danke dem Herrgott dass ich nicht selbst<br />
reingesprungen bin. So muss ich sie nur<br />
noch zum Schiff zurückziehen und helfen<br />
die Ausrüstung abzunehmen.<br />
Ein völlig erschöpfter Angus meint<br />
nachher: „Das<br />
nächste Mal werde<br />
ich dich nicht mehr<br />
fragen, wieso ich<br />
die Flossen bereitlegen<br />
sollte“.<br />
CORSARO<br />
NERO
Mensun und Joanna vor <strong>der</strong><br />
königlichen Villa<br />
Der archäologische Zeichner am Werk<br />
Das Museum das keine Besucher hat<br />
MARE<br />
1984/85
Ein archäologische Zeichner<br />
dekomprimiert<br />
MARE<br />
1984/85<br />
Nach unserer anstrengenden Arbeit<br />
für MARE haben wir einen Plauschtauchgang<br />
verdient. Das ganze Team verschiebt<br />
sich also mit den Schlaubooten<br />
zu den Überresten des Wracks ausserhalb<br />
von Giglio Campese. Während Jahren<br />
war das englische Ausgrabungsteam<br />
dort fleissig an <strong>der</strong> Arbeit gewesen um<br />
das, was von den Grabräubern 30 Jahre<br />
vorher nicht mitgenommen worden war<br />
(unter an<strong>der</strong>em ein goldener Etruskerhelm),<br />
akribisch zu dokumentieren (einige<br />
Holzspäne).<br />
Mir wird <strong>der</strong> archeologische Zeichner<br />
zugeteilt, ein kühler Englän<strong>der</strong>.<br />
Schon im Schlauchboot sortiert er die<br />
drei verschiedenen Dekotabellen die er<br />
mitzunehmen gedenkt. Ich beruhige ihn<br />
damit, dass es in <strong>der</strong> Regel noch früh genug<br />
sei, sich auf <strong>der</strong> Dekostufe mit solchen<br />
Details zu befassen. Wir sausen die<br />
Wand runter auf die 50 Meter, um den<br />
übrig gebliebenen Eindruck des Kielschweins<br />
und einen Steinanker zu bestaunen.<br />
Beim Aufstieg haben wir genug Zeit<br />
um in alle Ritzen und Löcher <strong>der</strong> Wand<br />
schauen. Im Licht meiner Lampe zeigen<br />
sich alle Bewohner die in <strong>der</strong> Regel im<br />
Mittelmeer diese Löcher bevölkern. Von<br />
meinem Tauchkameraden höre ich die<br />
ganze Zeit abson<strong>der</strong>liche Geräusche und<br />
aufgeregtes Blubbern.<br />
Der goldene Etruskerhelm<br />
Irgendwann sitzen wir wie<strong>der</strong> im<br />
Schlauchboot. Mein Tauchkollege ist ausser<br />
sich vor Freude über alle diese Tiere<br />
die er auf diesem Tauchgang zum ersten<br />
Mal zu Gesicht bekommen hat und<br />
schwört, als erstes zu Hause einen Unterwasserscheinwerfer<br />
zu kaufen. „Deformation<br />
professionelle“ o<strong>der</strong> fehlende Taucherlampe?<br />
Während fünf Jahren ist er<br />
an <strong>der</strong> selben Wand aufgestiegen und<br />
hat vorher von diesem ganzen Oekosystem<br />
nichts gesehen? Wahrscheinlich hat<br />
er früher nur immer auf Tiefenmesser,<br />
Uhr und Führungsseil geschaut<br />
und auf die Tonsignale<br />
von <strong>der</strong> Oberfläche<br />
geachtet.<br />
Ob und wie wir auf<br />
diesem Tauchgang überhaupt<br />
dekomprimiert haben,<br />
interessiert ihn nachträglich<br />
nicht mehr im Geringsten.
Plan your dive and<br />
dive your plan.<br />
Wir sind auf Giglio, hier<br />
durchsuchen die Archäologen<br />
einen Abhang nach den Überresten<br />
eines etruskischen<br />
Wracks. Geoges und ich<br />
möchten auch mal sehen wie<br />
das so funktioniert. Der Diving<br />
Marshal gibt uns den Tauchplan<br />
bekannt, 20 Minuten 35<br />
Meter; nach 18 Minuten wird<br />
er mit Hammer und Armiereisen<br />
ein Tonsignal geben, zwei<br />
Minuten nachher nochmals, und wie<strong>der</strong><br />
zwei Minuten später müssen wir an <strong>der</strong><br />
Oberfläche erscheinen, sonst würden uns<br />
die Sicherheitstaucher heraufholen. Die<br />
Angaben werden ins Tauchjournal eingetragen<br />
und wir könnten loslegen. Das<br />
wird schwierig, wir wollen ja nicht nur auf<br />
30 Meter tauchen und wir wollen ja, so<br />
wie Professor Bühlmann das als gesund<br />
und richtig ansieht, nicht schneller als<br />
10 Meter pro Minute aufsteigen und zusätzlich<br />
noch einen Sicheheitshalt von 3<br />
Minuten auf 3 Meter einhalten.<br />
Bruno und Gebi betreiben Wirtschaftskunde<br />
Aber wir müssen das so machen, dass<br />
unser „Tauchbuchhalter“ nichts merkt,<br />
sonst gibt es Probleme. Es ist zwar war<br />
ein bischen kompliziert, aber niemand hat<br />
etwas gemerkt und es hat keine Probleme<br />
gegeben.<br />
Während dem Tauchgang fällt mir<br />
ein, dass ich hier etwa 20 jahre früher<br />
schon mal getaucht habe und zwar auf<br />
einer SUBEX-Odyssee . Es war damals<br />
ein unglaublich langweiliger Nachttauchgang.<br />
Es scheint, dass<br />
<strong>der</strong> damalige Tauchgangleiter<br />
etwas bestimmtes<br />
gesucht hatte.<br />
MARE<br />
1984/85<br />
Marc Parmentier am<br />
Strand von Campese
Wo sind die Finger<br />
geblieben?<br />
Ich komme aus <strong>der</strong> Kabine hoch; in<br />
<strong>der</strong> Kombüse herrscht Hektik. Blutspuren<br />
am Boden. Giovanni, unser Matrose sitzt<br />
da und hält zwei Finger, o<strong>der</strong> besser das,<br />
was von ihnen geblieben ist, in die Höhe.<br />
Unser Arzt greift sich den Arztkoffer und<br />
macht routiniert an den Stümpfen mit<br />
Gummibän<strong>der</strong>n eine Abbindung. Heissa,<br />
rot schäumt das Wasserstoffsuperoxyd.<br />
Dafür hört es auf zu bluten. Ich versuche<br />
ihn zu beruhigen und herauszufinden<br />
was passiert ist . Der Kapitän <strong>der</strong> Corsaro<br />
Nero, offensichtlich auch ein Meister seines<br />
Faches, hat, wie Rudi ein Jahr zuvor,<br />
den Anker unter die Felsblöcke plaziert<br />
und versucht die Leistungsfähigkeit seiner<br />
Ankerwinsch zu testen. Die Felsen<br />
sind, auch dieses Jahr, stärker.<br />
Zum Glück kann Giovanni tauchen,<br />
wir haben ja auch eine tolle Ausrüstung<br />
dabei. Er schnappt sich den Eintönner-<br />
Hebesack und versucht, ihn in ein paar<br />
Metern Tiefe anzuhängen. Der Schäkel<br />
ist zu gross, also legt er diesen um die<br />
Ankerkette und fixiert ihn mit <strong>der</strong> linken<br />
Hand. Mit <strong>der</strong> Rechten füllt er den Hebesack.<br />
Aber Boyle-Mariotte ist stärker als<br />
seine Linke. Der Schäkel rutscht durch,<br />
die Finger bleiben unten und die Fische<br />
freuen sich.<br />
Aber jetzt geht das grosse Ghetto<br />
los. Die rundherum ankernden Römer<br />
von „RAI uno“, mit ihren Superschlitten,<br />
sind nicht bereit, die 35 Kilometer nach<br />
Porto Santo Stefano zu fahren; <strong>der</strong> Diesel<br />
ist ja auch nicht gratis. Unser Versuch die<br />
italienische Luftwaffe zu mobilisieren misslingt.<br />
Italienische Helikopter fliegen<br />
nachts nicht übers Meer.<br />
Schlussendlich kommt gegen Morgen<br />
die Barkasse mit dem Gefängnissarzt<br />
von Pianosa und nimmt unseren<br />
unglücklichen Unterwassermatrosen mit<br />
ans Festland.<br />
Am Samstag treffen wir ihn in Genua<br />
wie<strong>der</strong>, eigentlich schon quitschfiedel. Er<br />
meint, er habe noch Glück gehabt: Sein<br />
Bru<strong>der</strong> habe als Berufstaucher beim zusammenstecken<br />
einer Pipeline die Hände<br />
nicht schnell genug zurückgezogen.<br />
Das muss hier wohl in <strong>der</strong> Familie<br />
liegen.<br />
MARE<br />
1984/85
MARE<br />
1984/85<br />
Das mysteriöse Wrack<br />
In Giglio achtet Mensun darauf, uns<br />
möglichst von seinen Mitarbeitern fernzuhalten,<br />
zu stark unterscheiden sich die<br />
englischen von den schweizerischen<br />
Tauchgepflogenheiten.<br />
Es gibt ein Gerücht, dass in <strong>der</strong><br />
Bucht von Giglio Campese ein Tauchboot<br />
<strong>der</strong> Marine (vor längerer Zeit versteht sich)<br />
ein Wrack entdeckt hätte. Mensun<br />
wünscht das wir diesem Gerücht nachgehen<br />
sollen. Bruno und Werni haben schon<br />
einen Tauchgang gemacht, behaupten<br />
auch etwas gesehen zu haben, haben<br />
aber vergessen eine Oberflächenpeilung<br />
zu machen. Also nehmen wir noch einen<br />
Anlauf mit Schmalzlis UW-Fernsehkamera.<br />
Ein Beiboot mit 6 PS-Motor ist unsere<br />
Tauchbasis. Als wir auf dem Monitor etwas<br />
zu sehen vermeinen, wir sind etwa 2 Kilometer<br />
vom Ufer entfernt, setzen wir eine<br />
Boje und beschliessen zu tauchen.<br />
Der Tauchplan ist sensationell. Ich<br />
nehme den Aquazepp mit. Wenn wir auf<br />
<strong>der</strong> Entscheidungstiefe 70 Meter etwas<br />
finden, werden wir die Boje anbinden und<br />
ich werde noch etwas herumfahren. Wenn<br />
nichts zu sehen ist, werde ich den Zepp<br />
Bruno übergeben und wie<strong>der</strong> aufsteigen.<br />
Bruno soll dann, soweit es die Tauchzeit<br />
zulässt den Grund in Richtung Ufer absuchen.<br />
Wir können dann den Luftblasen folgen.<br />
Nichts wie runter, natürlich ist nichts<br />
zu sehen und ich gehe wie<strong>der</strong> hoch.<br />
Beim Aufsteigen habe ich das<br />
Gefühl, ich spinne. Ich muss voll<br />
schwimmen um mit dem Bojenfaden<br />
in Kontakt zu bleiben, offensichtlich<br />
hat es plötzlich starke Strömung. Die<br />
Bojenschnur zeigt aber in die falsche<br />
Richtung. Das gibt’s doch nicht! Ich<br />
erreiche nach einem kurzen Dekohalt<br />
die Oberfläche und sofort wird mir klar<br />
was hier falsch gelaufen ist. Die<br />
Bootsmannschaft hat ihr Böötlein an<br />
<strong>der</strong> Boje befestigt und die aufkommende<br />
Abendbrise treibt das Boot, samt anhängen<strong>der</strong><br />
Boje und Bojenstein, in flottem<br />
Tempo davon. Die Frage nach den Luftblasen<br />
von Bruno ist überflüssig, wir sind<br />
schon lange weit abgetrieben. Eifrig suchen<br />
wir die Oberfläche ab. Alle 10 vorhandenen<br />
Dekotabellen werden aus <strong>der</strong><br />
Mappe gekramt und alle nur denkbaren<br />
Dekoprofile durchgerechnet. Bruno bleibt<br />
verschwunden. Die Wellen werden immer<br />
höher und die Sonne will auch schon untergehen.<br />
Nach an<strong>der</strong>halb Stunden sind<br />
wir uns einig, dass wir hier nichts mehr<br />
verloren haben und begeben uns auf den<br />
Heimweg zum Hafen.<br />
Wir überlegen uns, wie wir dem Capitano<br />
del Porte und allen An<strong>der</strong>en Brunos<br />
Verschwinden nahebringen könnten, als<br />
wir plötzlich vom Hafen her einen, schnell<br />
crawlenden Schwimmer auf uns zu kommen<br />
sehen. Er winkte uns und als wir näher<br />
kommen, trifft uns fast <strong>der</strong> Schlag, es<br />
ist Bruno.<br />
Er ist mit dem Aquazepp noch ein<br />
paar Runden und dann auf seiner Dekotiefe<br />
(ca. 24 Meter) mit dem Kompass zum<br />
Ufer gefahren. Erschwerend kommt hinzu,<br />
dass er, nachdem <strong>der</strong> Motor ausgefallen<br />
ist, das unhandliche Ding vor sich her<br />
schieben muss. Er hat den Weg zum Ufer<br />
und dann diesem entlang bis zum Hafen,<br />
dekomprimierend zurückgelegt. Uns fällt<br />
ein schwerer Bleigurt vom Herz.<br />
Angus und Georges mit einem<br />
Chacheli vom Wrack
Mehrzweckfahrzeug für Personenund<br />
Materialtransporte<br />
MARE<br />
1984/85<br />
Campese Hilton<br />
Unsere luxuriöse Unterkunft<br />
in Giglio Campese:<br />
Die Case abanndonate<br />
Wer trifft das Fenster mit<br />
<strong>der</strong> leeren Bierflasche?<br />
Natürlich Gebi<br />
Georges ruht sich aus
In Indonesien, fast am<br />
Ende <strong>der</strong> Welt...<br />
Ein Strassenverkehrsgesetz gibt es<br />
in Indonesien nicht, scheint uns. Der Verkehr<br />
fliesst wild durcheinan<strong>der</strong>, doch er<br />
fliesst, in <strong>der</strong> Regel, und dazu noch relativ<br />
problemlos. André hat als Fachmann das<br />
Gewusel analisiert und meint, dass einfach<br />
je<strong>der</strong> Verkehrsteilnehmer den 180°-<br />
Sektor vor sich berücksichtige und sich<br />
nicht um den Rest kümmere.<br />
In Singapur sind wir umgestiegen,<br />
besser gesagt umgewan<strong>der</strong>t, und dann<br />
hier in Surabaya gelandet. Bei diesen Distanzen<br />
sind meinem Fototrolley bereits<br />
die Rä<strong>der</strong> abgefault.<br />
Mit Walti und Ely, Andreas hat sich<br />
an <strong>der</strong> Spielkonsole im Jumbo <strong>der</strong> Singapur<br />
Airlines überarbeitet, besuche ich das<br />
Helden- und Kriegsmuseum und ganz beson<strong>der</strong>s<br />
ein russisches U-Boot <strong>der</strong> Whiskey-Klasse.<br />
Eine ganze Horde von hübschen,<br />
uniformierten Hostessen versucht,<br />
uns mit Händen und Füssen die technischen<br />
Features des Boots zu erklären. Da<br />
bezahlt man gerne den Eintrittspreis von<br />
20 Rappen! Zum Schluss treffen wir noch<br />
einen pensionierten Matrosen <strong>der</strong> sogar<br />
deutsch radebrecht; er ist in <strong>der</strong> DDR ausgebildet<br />
worden.<br />
Nachher verschlägt es uns an die Eröffnungsfeier<br />
des neuen Einkaufscenters<br />
Surabaya Palace. Da wir die einzigen<br />
Weissnasen sind, übertreffen wir als Attraktion<br />
sogar die aufspielende Band.<br />
Der Velo-Rikscha-Mann findet es<br />
mehr als unpassend, dass eine Weissnase<br />
unbedingt zu Fuss gehen und sich<br />
nicht für die 20 Rappen fahren lassen will.<br />
Am Schluss retten Ely und ich, Walti<br />
noch das Leben. Er will, den wahrscheinlich<br />
einzigen, Fussgängerstreifen von Surabaya<br />
zum Überqueren <strong>der</strong> Strasse benützen.<br />
Im letzten Moment können wir ihn<br />
von diesem selbstmör<strong>der</strong>ischen Vorhaben<br />
ab- und zurückhalten. Fussgänger sind im<br />
Indonesischen Verkehrskonzept nicht vorgesehen,<br />
ein Trottoirwechsel entspricht einer<br />
sportlichen Höchstleistung unter dem<br />
Moto: „Gring abe und seckle!“<br />
Mein Versuch, in dunkler Nacht, bei<br />
einem Strassenhändler, er betreibt seinen<br />
Laden direkt neben einem Bürowolkenkratzer,<br />
Zigaretten zu kaufen, misslingt<br />
mangels einheimischer Ruphias, er weiss<br />
mit meinen Dollars nichts anzufangen. Er<br />
hat so einen Schein noch nie gesehen.<br />
Es scheint, dass Touristen in Surabaya<br />
relativ selten sind, obwohl nicht einmal<br />
eine Malariaprophylaxe nötig wäre. Im<br />
dichten Smog können garantiert keine<br />
Anopheles-Mücken überleben. Aber die<br />
Einheimischen sind hart im Nehmen. Im<br />
Flüsslein, das durch Surabaya fliesst, baden<br />
ganze Völkerscharen. Ich würde nicht<br />
mal wagen eine Zehenspitze in diese<br />
Kloake zu stecken.<br />
Die PINDITO in Misool<br />
Pindito<br />
1999
Die tollkühnen Männer in<br />
ihren fliegenden Kisten<br />
Pindito<br />
1999<br />
Mit einer Fokker Fellowship <strong>der</strong> Merpati<br />
Airways fliegen wir nach Ujung Pandang.<br />
Den sportlichen Piloten stört <strong>der</strong><br />
mangelnde Pneudruck im linken Reifen<br />
des Bugradfahrwerks kein bisschen, es<br />
sind ja zwei da. Zackig gibt er bereits auf<br />
dem Rollweg Vollgas und ist so natürlich<br />
schnell in <strong>der</strong> Luft; die Gepäckfächer, die<br />
dabei aufspringen, stören niemanden.<br />
Schwierige Anflugverfahren wie in Kloten<br />
kennt man in Ujung Pandang nicht; <strong>der</strong><br />
Anflug geschieht, in umgekehrter Richtung,<br />
parallel zur Piste und nach einer<br />
180°-Steilkurve wird die Kiste genau auf<br />
den Pistenanfang geknallt.<br />
Hier treffen wir auf Reni, Kobi, Priska,<br />
Guido, Andi, Patty, Heidi und Freddy;<br />
die Mannschaft ist komplett. Hier kann ich<br />
auch Zigaretten kaufen. Die guten einheimischen<br />
mit dem Nelkenduft. Ich investiere<br />
umgerechnet 12 Franken und <strong>der</strong> Kiosk<br />
ist ausverkauft. Von hier geht es weiter<br />
in Richtung Sorong. Ab hier ist nur<br />
noch die 500 Ruphia-Note brauchbar; sie<br />
ist 10 Rappen wert.<br />
Staunend stellt man beim Einsteigen<br />
fest, dass die Einheimischen alle am Mittelgang<br />
sitzen. Haben sie Angst aus dem<br />
Fenster zu gucken, o<strong>der</strong> wollen sie den<br />
Weissnasen gegenüber freundlich sein?<br />
Doch bald merke ich, dass es aus <strong>der</strong><br />
Lüftungsanlage zu regnen beginnt, man<br />
könnte sogar sagen: „Es chund cho seiche.“<br />
Unser opulentes Handgepäck haben<br />
wir einfachheitshalber hinten im Flugzeug<br />
zu einem Turm aufgeschichtet. Hoffentlich<br />
muss niemand auf die Toilette.<br />
Ely kriegt einen halben Herzinfarkt,<br />
sie ist im Raucherabteil eingecheckt worden.<br />
Zum Glück raucht aber niemand.<br />
Dafür macht <strong>der</strong> Pilot eine Zwischenlandung<br />
in Ambon. Das erlaubt uns einen<br />
Kurzbesuch im Flughafengebäude und<br />
eine Rauchpause auf <strong>der</strong> Piste.<br />
Minutenlang kann ich aus dem Fenster,<br />
dicht unter dem Flugzeug, Korallenriffe<br />
bewun<strong>der</strong>n, und plötzlich setzen wir<br />
auf. Da es nicht spritzt, müssen wir in<br />
Sorong gelandet sein. Der Tankwagen<br />
besteht aus einem Handwagen mit sechs<br />
200-Liter-Fässern, getankt wird mit <strong>der</strong><br />
Handpumpe. Wie das Tanklöschfahrzeug<br />
aussehen könnte, will ich gar nicht wissen.<br />
In <strong>der</strong> Kantine, ein Raum mit einem<br />
defekten Getränkeautomaten, <strong>der</strong> aussieht<br />
wie ein Bunker in den eine Fliegerbombe<br />
eingeschlage hat, werden wir von<br />
Peter, dem Kapitän begrüsst.
Imperator<br />
Spitzkopf-Fle<strong>der</strong>mausfisch<br />
Pindito<br />
1999<br />
Kupferstreifen-Falterfisch
Um die halbe Welt, zu den<br />
Nacktkiemenschnecken, in<br />
<strong>der</strong> Waschmaschine<br />
Prospekte, Reiseberichte und <strong>der</strong><br />
Unterwasserführer “Diving Indonesia“ sind<br />
sich einig. Das ultimative Tauchen auf <strong>der</strong><br />
Pindito ist angesagt.Von Ambon nach<br />
Sorong soll die Reise gehen. Zwei Jahre<br />
gespart und dann gehts los. Lei<strong>der</strong> gibt es<br />
eine Routenän<strong>der</strong>ung. Wegen politischen<br />
Unruhen können wir nicht in Ambon starten.<br />
Nach beinahe 20 Stunden fliegen,<br />
lichtet die Pindito in Sorong, <strong>der</strong> Schlangenaal,<br />
bereits am Pier verheisst wun<strong>der</strong>bares,<br />
den Anker und fährt nach Süden,<br />
als Ziel die Insel Misool.<br />
Ein Blick auf die Seekarte<br />
verkündet Unheil, ist doch das<br />
Meer zwischen Australien und<br />
Neuguinea nirgends tiefer als 40<br />
Meter und dazu strömen aus<br />
dem Urwald Irian Jayas eine Reihe<br />
schlammiger Flüsse ins Meer,<br />
das Treibholz auf unserem Weg<br />
spricht für sich. Im Tauchreiseführer<br />
wird die Arafura See als<br />
weltweit grösster Mangrovensumpf<br />
und zum Tauchen ungeignet<br />
bezeichnet!<br />
Unsere folgenden Tauchgänge<br />
bestätigten diese Vermutung.<br />
Sichtweiten von 6 bis 12<br />
Metern sind die Regel und das<br />
bei ganz gewaltigen Strömungen.<br />
Makrofotografie ist angesagt,<br />
aber Geschmacksache.<br />
Peter, <strong>der</strong> Kapitän und Schiffseigner,<br />
versucht mich zu überzeugen<br />
dass die wahren Wun<strong>der</strong> des<br />
Meeres in <strong>der</strong> Art <strong>der</strong> Pygmäen-<br />
Seepferdchen und Nacktkiemenschnecken<br />
kulminierten. Lei<strong>der</strong><br />
habe ich vergessen meine Unterwasserlesebrille<br />
mitzunehmen.<br />
Was er nicht sagt: Es ist für Ihn und<br />
das Schiff einfacher und sicherer, westlich<br />
von Neuguinea, praktisch in einem Binnengewässer<br />
mit guter Windabdeckungen,<br />
zu fahren. Die australischen und japanischen<br />
Perlenzüchter üben hier eine<br />
Art Polizeigewalt aus, und sorgen dafür<br />
dass sich Piraten fernhalten. Klar, für einen<br />
guten Kapitän kommt immer das<br />
Schiff zuerst.<br />
Was bleibt? Eine unwahrscheinlich<br />
interessante Abenteuerreise.<br />
Die letzten zwei Tage verbringen wir<br />
dann aber doch noch an Korallenriffen traditionellen<br />
Zuschnitts mit schönem, klaren<br />
Wasser und dem üblichen Gewimmel von<br />
Grossfischen. So schön hätte es eigentlich<br />
auch 10 Tage lang sein können.<br />
Pindito<br />
1999
Pindito<br />
1999<br />
Drachenkopf
Pindito<br />
1999<br />
Fe<strong>der</strong>seestern<br />
Buckeldrachenkopf
Wahnsinnsbrummer!<br />
Riesige Wrackbarsche<br />
J.Y. Cousteau nannte sowas einmal Lastwagenfische<br />
Pindito<br />
1999
Pindito<br />
1999
Fe<strong>der</strong>stern auf Schwamm<br />
Grüne Strömungskorallen,<br />
gleich hauffenweise<br />
Pindito<br />
1999
Pindito<br />
1999<br />
„Diving Spaghetti-Monster“<br />
Palolo-Wurm heissen diese Dinger<br />
und zwei mal im Jahr sind sie zu Fortpflanzungszwecken<br />
unterwegs.<br />
Wikipedia meint dazu:<br />
Die Hinterleiber gelten als Delikatesse<br />
und zugleich als Aphrodisiakum und<br />
Fruchtbarkeitsmittel. Sie werden zu diesem<br />
Zweck aufgesammelt und roh sowie<br />
gedünstet verspeist.<br />
Wenn wir das damals gewusst hätten...
Pindito<br />
1999<br />
Wobbegonghai
Pindito<br />
1999
Pindito<br />
1999
Pindito<br />
1999<br />
Um bei diesen Strömungsverhältnissen<br />
navigieren zu können, müssen Boot und<br />
Padel optimiert sein. Ein wun<strong>der</strong>schönes<br />
Kanu, jedes Detail ist perfekt gearbeitet<br />
und poliert.<br />
Ein Tauschgeschäft: Kokosnüsse gegen<br />
Reis. Man sieht hier deutlich die unheimliche<br />
Strömung.
Pindito<br />
1999<br />
Kugelfische
Pindito<br />
1999<br />
Epaulettenhai<br />
Leopardendrücker
Pindito<br />
1999
Geheimnissvoll leuchten<br />
Augen in <strong>der</strong> Dunkelheit<br />
Pindito<br />
1999<br />
Riesige Höhlen<br />
Freiluftmausoleum mit Meersicht
Pindito<br />
1999<br />
Fle<strong>der</strong>mausfische
Pindito<br />
1999<br />
Barrakudas<br />
Paradieskaiser
Pindito<br />
1999<br />
Schnapper
Pindito<br />
1999
Weitere Tauchgeschichten<br />
und Bil<strong>der</strong> findest du unter<br />
www.heinzbossard.ch