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Chronik der Tauchgruppe - SLRG Schweiz

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40 Jahre <strong>Tauchgruppe</strong> <strong>SLRG</strong> ZUG - Wie alles begann.<br />

Früher, als es noch keine Hallenbä<strong>der</strong> gab und man nicht einfach an<br />

warme Meere verreisen konnte, badete man in den einheimischen<br />

Gewässern und dies natürlich nur im Sommer. Da aber ausserhalb <strong>der</strong><br />

Schwimmclubs, die Kunst des Schwimmens meist nur beschränkt vorhanden<br />

war führte dies zu vielen Bade-Unfällen. So gründeten Ende <strong>der</strong> 40 er Jahre<br />

überall in <strong>der</strong> <strong>Schweiz</strong>, 1948 auch in Zug, gute Schwimmer <strong>SLRG</strong> Sektionen.<br />

Ihr Ziel war, Badeunfälle zu vermeiden und bei Notfällen helfend eingreifen zu<br />

können.<br />

Die Erfindung von Tauchermaske, Flossen und Lungenautomat<br />

ermöglichte den Rettungsschwimmern auch nach einem Unfall noch zu<br />

helfen o<strong>der</strong> zumindest das Opfer zu bergen. Der Einsatzbereich war durch<br />

die Sprungschicht begrenzt, so dass als Taucherausbildung <strong>der</strong> Satz: „Halte<br />

nie den Atem an!“ genügte. Auch die Zuger <strong>SLRG</strong> erhielt in den 50er Jahren<br />

zwei AGA Tauchgeräte mit je zwei Pressluftflaschen mit 7 Litern Inhalt und<br />

einem Betriebsdruck von 150 bar. Gefüllt wurden diese Geräte im<br />

Kaskadensystem von 4 Flaschen mit 50 Litern Inhalt. Dabei wurden diese<br />

abwechselnd aus den Standflaschen mit steigendem Druck gefüllt, bis am<br />

Schluss die Geräte, im Idealfall etwa 140 bar enthielten. Meist war es aber<br />

auch viel weniger, da zuerst eine neue Standflasche von den<br />

Sauerstoffwerken in Luzern geliefert und dann montiert werden musste. Die<br />

Tauchgeräte, das Füllsystem und das <strong>SLRG</strong>-Boot waren im Strandbad<br />

Chamerfussweg stationiert. Um die temperaturbedingte Tiefenbegrenzung zu<br />

überwinden klebten die Taucher Neoprenplatten zu Tauchanzügen<br />

zusammen. Sie mussten aber beim Anziehen den Körper einseifen damit<br />

diese nicht zerrissen. Bald waren aber in Sportgeschäften in Luzern und<br />

Zürich, aus den Mittelmeerlän<strong>der</strong>n und Amerika importierte, gefütterte Anzüge<br />

erhältlich, die nun auch das Vordringen in grössere Tiefen gestatteten. Die<br />

bisherige, sehr bescheidene, Ausbildung genügte nun nicht mehr und <strong>der</strong><br />

damalige Technische Leiter <strong>der</strong> <strong>SLRG</strong> ZUG, Sepp Haller, führte mit einem<br />

Tauchlehrer aus Zürich den ersten Tauchkurs (67) durch.<br />

Inzwischen war <strong>der</strong> Kreis <strong>der</strong> Personen, die in ihren Ferien mit<br />

dem Gerätetauchen in Kontakt gekommen und auch entsprechend gut<br />

ausgebildet worden waren, gewachsen. Sie suchten die Möglichkeit, diesem<br />

faszinierenden Sport auch ausserhalb <strong>der</strong> Ferienzeit und in heimatlichen<br />

Gewässern nachzugehen. Als einzige Möglichkeit bot sich hier die <strong>SLRG</strong><br />

ZUG an. Hier konnten die gefüllten Pressluftflaschen, die restliche<br />

Ausrüstung war ja meist bereits vorhanden, ausgeliehen werden.


Die Taucher <strong>der</strong> <strong>SLRG</strong> waren bald recht bekannt und erhielten<br />

Tauchaufträge rund um den Zuger- und bis zum Vierwaldstättersee so dass<br />

auch die nötigen Ausrüstungen angeschafft werden konnten um eigene Kurse<br />

durchzuführen. Bojenarbeiten bis auf über 40 Meter waren kein Problem. Fr.<br />

50.- berechnete die <strong>Tauchgruppe</strong> pro Tauchstunde und die Taucher erhielten<br />

eine Entschädigung von Fr. 20.-, „Händschegäld“ genannt. Ab etwa 1972<br />

kamen dann die ersten Neopren-Trockenanzüge auf den Markt, was die<br />

Taucherei doch viel angenehmer machte.<br />

1971 wurden wir von <strong>der</strong> Kantonalen Fischerei- und Jagdverwaltung für<br />

eine Forschungsarbeit über Zugerrötel zum winterlichen Einsatz an<br />

Zigeunerplatz und Chiemen angefragt; eine ziemlich frostige Angelegenheit.<br />

Daraus entstand das alljährliche Röteltauchen mit Rötelessen, zu dem auch<br />

jedes Mal ein Politiker eingeladen wurde.<br />

An den Sonntagen konnte man die Taucher häufig am Chiemen beim<br />

Tauchen und anschliessenden Wurst-Bräteln antreffen. Nach <strong>der</strong> Eröffnung<br />

des Hallenbads Loreto wurde Mittwoch und Freitag trainiert, mit<br />

anschliessenden meist ausgedehnten Stammtischen in verschiedenen<br />

Lokalen. Der SEEMUUGGI erschien 1972; vorerst nur als Informationsorgan<br />

<strong>der</strong> <strong>Tauchgruppe</strong>.<br />

Für die SUSV - 2*Prüfungen wurden externe Tauchlehrerexperten<br />

eingesetzt, bis <strong>der</strong> Tauchchef selbst das Tauchlehrer-Brevet erworben hatte<br />

(1976). Nun wurden auch die Taucher <strong>der</strong> <strong>SLRG</strong> Innerschwyz hier<br />

ausgebildet und geprüft.<br />

Die Taucher <strong>der</strong> <strong>SLRG</strong> engagierten sich auch jahrelang bei <strong>der</strong><br />

Seepolizei an Samstag und Sonntagen als Sicherungstaucher.<br />

Um eine administrative Trennung zwischen <strong>SLRG</strong> und <strong>Tauchgruppe</strong><br />

durchzuführen und die Synergien zu erhalten wurde am 18. Okt 1973 die<br />

<strong>Tauchgruppe</strong> <strong>der</strong> <strong>SLRG</strong> ZUG gegründet; dies auch im Hinblick auf eine<br />

Mitgliedschaft im SUSV als 42. Tauchclub. Als Vorstand genügten drei<br />

Mitglie<strong>der</strong>: Der Tauchleiter, sein Stellvertreter (Peter Schmalz) und die<br />

Kassierin (Ruth Meister). Zwei Mal im Jahr fand eine Mitglie<strong>der</strong>versammlung<br />

statt, wobei <strong>der</strong> offizielle Teil in <strong>der</strong> Regel in zwanzig Minuten erledigt war und<br />

<strong>der</strong> Schwerpunkt eindeutig auf dem nachfolgenden Nachtessen lag.<br />

Die Synergie funktionierte aber auch gegen oben. Marcel Capitelli<br />

wurde Präsident des SUSV und <strong>der</strong> Tauchchef Mitglied <strong>der</strong> erweiterten<br />

Technischen Kommission <strong>der</strong> <strong>SLRG</strong> SCHWEIZ.<br />

Der Tauchleiter a.D. (1969 - 95)<br />

Heinz Bossard, Mon**SUSV/CMAS


Lasst hören aus alter Zeit<br />

Es war natürlich nicht nur auf und<br />

unter dem Meer was los, auch rund um<br />

den Zugersee, das Tauchen im Süsswasser<br />

und die Aktivitäten <strong>der</strong> <strong>SLRG</strong> <strong>Tauchgruppe</strong><br />

gab es Abenteuer; auch diese<br />

sollen nicht vergessen werden.<br />

AGA-Tauchgeräte<br />

2 x 8 lt 150 bar Betriebsdruck<br />

Lasst hören<br />

aus alter Zeit<br />

Sie hatten bereits ein Manometer, aber<br />

die Reseveschaltung schnitt die Luftzufuhr,<br />

drei Atemzüge nach <strong>der</strong> Erhöhung<br />

des Atemwie<strong>der</strong>stand, komplet ab. Flinke<br />

Akrobatik um den Reseveschalter, hier<br />

hinter dem Kopf des Tauchers, zurückzustellen,<br />

war gefragt.


Tauchtaufe für<br />

Kampfschwimmer 1970<br />

Renato Mondadori, angehen<strong>der</strong><br />

Sportlehrer und aktiver Wasserballer,<br />

möchte Tauchen lernen um in <strong>der</strong> RS bei<br />

den Tauchern mitzumachen.<br />

Also auf in die Seeliken, den selbstgeklebten<br />

Neoprenanzug, nach ausgiebigem<br />

Einseifen angezogen, das 2 x 8 Liter<br />

AGA (Betriebsdruck 150 bar) auf den<br />

Rücken und rein ins Wasser.<br />

18 Meter Tiefe, kalt und dunkel.<br />

Plötzlich saugt Renato vergebens, es<br />

kommt keine Luft mehr. Was ist passiert?<br />

Da, wie gewöhnlich, das Tauchgerät<br />

nur halb gefüllt ist, hat sich die Reserve<br />

eingeschaltet und da die AGA-Reserve<br />

ganz beson<strong>der</strong>s perfid konstruiert ist;<br />

(Man hat etwa drei Atemzüge, dann blokkiert<br />

sie jegliche Luftzufuhr) hat Renato<br />

keine Ahnung wie ihm geschieht, - er hat<br />

einfach keine Luft mehr. Und das auf 18<br />

Metern und zum ersten Mal am Tauchen.<br />

Das grosse Husten beginnt und dann ab,<br />

Richtung Oberfläche. Hier wird weiter gehustet,<br />

was die Lunge hergibt.<br />

Nach einer Viertelstunde drehen wir<br />

den Reserveknopf und wie<strong>der</strong>holen den<br />

Tauchgang. Das gibt gute Kampfschwimmer!<br />

Detektiv Moser hat den<br />

Durchblick 1970<br />

Sepp Haller, Detektiv Moser und<br />

ich sind früh in Zug abgefahren und sitzen<br />

nun in Aarau im Amtshaus.<br />

Es geht darum, den Grund für den<br />

tödlichen Tauchunfall am Zigeunerplätzli,<br />

<strong>der</strong> Erste im Zugersee überhaupt, herauszufinden.<br />

Sepp hat mich gefragt ob<br />

ich nicht als „Sachverständiger“ für Meertauchen<br />

mitkommen könne. Ich frage<br />

mich, wie Polizist Moser, sonst hauptsächlich<br />

zuständig für Velodiebstähle, die<br />

Hintergründe eines Tauchunfalls aufklären<br />

könne.<br />

Die drei Tauchkameraden des Opfers<br />

werden von Moser einzeln unter die<br />

Lupe genommen und beschreiben den<br />

Vorfall aus ihrer Sicht. Nachher, beim Mittagessen,<br />

diskutieren wir die Aussagen.<br />

Ich finde den Ablauf plausibel, aber Polizist<br />

Moser ist gar nicht meiner Meinung.<br />

Absoluter Unsinn, findet er, aber gut abgesprochen.<br />

Ich staune, muss aber am<br />

Nachmittag feststellen, dass ich ihn gewaltig<br />

unterschätzt habe.<br />

Langsam, aber sicher, holt er aus<br />

den drei Zeugen die Wahrheit heraus und<br />

so sieht die Story plötzlich ganz an<strong>der</strong>s<br />

aus. Einen Schuldigen gibt es nicht, aber<br />

ein Tauchgang auf über 70 Meter, und<br />

das ohne Rettungsweste, ist doch ziemlich<br />

gewagt.<br />

Wie heisst es so schön: Fischer,<br />

Jäger und Taucher sagen die Wahrheit...<br />

und Polizisten lernen offensichtlich mehr,<br />

als nur Bussenzettel ausfüllen.<br />

Lasst hören<br />

aus alter Zeit


Tiefenjagd im<br />

Zugersee<br />

November ist’s und saukalt.<br />

Mike und ich wollen unbedingt<br />

den Zigeunerplatz<br />

mal weiter unten besichtigen.<br />

Also rein in den Neopren und<br />

abgetaucht. Unsere Minilämpchen<br />

erhellen eine steile,<br />

stufenförmig abfallende<br />

Felswand, die wir bis auf<br />

etwa 50 Meter Tiefe bereits<br />

kennen.<br />

Auf etwa 72 Metern ist<br />

die Felswand zu Ende und<br />

es beginnt ein Schlammabhang.<br />

Wir finden, es sei nun<br />

genug und beginnen mit dem<br />

Aufstieg.<br />

Komisch, so etwa ab 40 Metern beginnt<br />

das Wasser immer kälter zu werden.<br />

Das gibt’s doch nicht! Je höher wir<br />

kommen, desto kälter wird das Wasser, -<br />

immer kälter. Jetzt sollten wir doch noch<br />

ein paar Dekominuten einschalten, aber<br />

es ist nun wirklich arschkalt. Auch Mike<br />

hat genug. Wir lassen Dekompression,<br />

Dekompression sein und kehren, vom<br />

Schmerz getrieben, zur Oberfläche zurück.<br />

Hier stehen wir nun, steif und starr<br />

vor Kälte und können nicht einmal mehr<br />

unsere Tauchgeräte ablegen. Zum Glück<br />

hat Mike seine Freundin dabei. Ihr Job ist<br />

es nun, uns die Ausrüstung abzunehmen,<br />

und zu mir nach Hause unter die warme<br />

Dusche zu chauffieren, wo wir endlich unsere<br />

Anzüge ausziehen können.<br />

Am nächsten Tag, ein Telefon von<br />

Mike: „Du, mich schmerzt meine Schulter,<br />

könnte es nicht etwa ein Dekounfall<br />

sein?“ Nach Konsultation aller verfügbaren<br />

Bücher, kann ich ihn soweit<br />

beruhigen, dass es<br />

sich dabei wohl eher um einen<br />

Rheumaanfall handeln<br />

müsse.<br />

Lasst hören<br />

aus alter Zeit<br />

Wie dieser Selbstversuch<br />

sehr schön zeigt, wirkt<br />

sich die Stickstoffnarkose<br />

sehr deutlich auf die Kälterezeptoren<br />

aus. Man könnte<br />

dort unten also ohne weiteres,<br />

bei wohligem Gefühl,<br />

erfrieren. Aber heute hat<br />

man für solche Tauchgänge<br />

ja Trockentauchanzüge......


Wenn schwimmende<br />

Wracks erzählen<br />

könnten......<br />

Die Blauband-Regatta ist im Gang<br />

und ich bin mit Ernst Seiler auf dem Polizeiboot<br />

unterwegs. Ein plötzlich einfallen<strong>der</strong><br />

Westssturm hat sich chaotisch<br />

ausgewirkt. Sicht gleich null, Katastrophenmeldungen<br />

im Funk. Aber so schnell<br />

wie <strong>der</strong> Sturm gekommen ist, hört er wie<strong>der</strong><br />

auf. Alles vorbei?<br />

Ruhe im Funk, aber direkt vor uns<br />

sehen wir den Masttopp und die Bugspitze<br />

eines Stars aus den Wellen ragen.<br />

Was sollen wir machen? In <strong>der</strong> Regel<br />

saufen vollgelaufene Stare ab. Vielleicht<br />

haben mo<strong>der</strong>nere Modelle Auftriebskörper?<br />

Den Nasstauchanzug habe ich<br />

schon vor dem Sturm angezogen, also<br />

Flossen an, Brille auf und Tau unter den<br />

Arm. Ernst legt das Tauchermesser bereit<br />

um im Notfall das Tau kappen zu können.<br />

Wir wollen ja nicht das Polizeiboot an <strong>der</strong><br />

tiefsten Stelle des Zugersees versenken.<br />

Ich schwimme hinüber, tauche ab und<br />

lege das Tau um den Mastfuss.<br />

Ernst dreht auf, 500 PS reissen mit<br />

Vollgas und <strong>der</strong> Star nimmt Fahrt auf.<br />

Lenzer öffnen und Grosstuch runter, so<br />

kommt sogar ein Star ins Gleiten. Ich darf<br />

auf einem surfenden Star Steuermann<br />

spielen. Wir überholen das ganze, übriggebliebene<br />

Regattafeld und fahren, natürlich<br />

nicht über die Ziellinie, aber doch als<br />

Erste ins Ziel. Die letzten 100 Meter segle<br />

ich dann noch mit <strong>der</strong> Fock zur Boje.<br />

Der Skipper, er und sein Vorschöttler<br />

sind von einem Motorboot gerettet worden,<br />

zeigt sich gar nicht begeistert. Er ist<br />

sofort nach Hause gefahren, wahrscheinlich<br />

um die Versicherung über den<br />

Schicksalsschlag, <strong>der</strong> ihn getroffen hat,<br />

zu informieren und um bei <strong>der</strong> Werft ein<br />

neues Schiff zu or<strong>der</strong>n. Er will ja nächste<br />

Woche an <strong>der</strong> Europameisterschaft teilnehmen.<br />

Uns kommt nur komisch vor, dass<br />

die Verschlussdeckel <strong>der</strong> Auftriebskörper<br />

entfernt und die Tücher knallhart dichtgeholt<br />

worden sind. Aber ein Boot versenkt<br />

man doch nicht, wenn man einen 10 jährigen<br />

Buben an Bord hat? Auch wenn<br />

man schon einmal Eines zu Lasten <strong>der</strong><br />

Versicherung versenkt hat? O<strong>der</strong> nicht,<br />

o<strong>der</strong> doch?<br />

Lasst hören<br />

aus alter Zeit<br />

Interessante Ausrüstungsdetails:<br />

Michel-Anzug, Modell <strong>Schweiz</strong>er<br />

Armee<br />

Dekometer<br />

Doppelzehner mit konischen<br />

Hahnengewinden


In Tiefenbrunnen<br />

Rheomakrodex<br />

Lasst hören<br />

aus alter Zeit<br />

am rechten Zürichseeufer liegt, das<br />

Zürcher Tauchzentrum. Ich bin hier um<br />

Bruno bei seiner Tauchlehrerprüfung moralisch<br />

zu unterstützen. Beim Mittagessen<br />

spricht mich ein an<strong>der</strong>er Kandidat an<br />

und meint: „Du kennst mich sicher nicht<br />

mehr, aber du bist schuld, dass ich hier<br />

gelandet bin.“ Ich erinnere mich. Vor Jahren<br />

hatte mich Walti Bucher, Schwimminstruktor<br />

und ehemals mein Tauchschüler,<br />

Dozent an <strong>der</strong> ETH, angefragt, ob ich<br />

nicht für einen Wochenkurs angehen<strong>der</strong><br />

Sportlehrer eine Abschlusslektion machen<br />

würde.<br />

Die Jungs sind eine ganze Woche<br />

mit Schwimmen, Springen und Wasserball<br />

im Ägerisee herumgeplanscht und<br />

ich sollte ihnen nun am Freitag Abend,<br />

mit einer Einführung ins Freitauchen, im<br />

Lättich, ein interessantes Finale gestalten.<br />

Ich bereite also eine Serie von passenden<br />

Aufgaben vor.<br />

Zuerst eine kurze theoretische Einführung<br />

und ab ins Wasser. Nach einer<br />

Stunde bin ich knütschblau und muss<br />

raus. Die Lektion wäre nun eigentlich vorbei<br />

und die Kursteilnehmer ins Wochenende<br />

entlassen. Aber sie denken gar<br />

nicht daran, aufzuhören. Ich habe mir<br />

vorgestellt, dass nach einer Woche, die<br />

Kursteilnehmer eigentlich genug Wasser<br />

gesehen hätten, aber dem ist gar nicht<br />

so. Es scheint, als hätte ich ihnen ein<br />

Fenster zu einer neuen Welt aufgemacht.<br />

Irgendwann verabschiede ich mich, von<br />

meinen unermüdlichen Schülern und<br />

gehe.<br />

Die Lektion muss gut gewesen sein.<br />

Zur ersten Hilfe bei Dekounfällen<br />

wird die Infusion von Rheomakrodex, einem<br />

Plasmaexpan<strong>der</strong> empfohlen. Da die<br />

Fertigkeit eines Fixers bei Tauchlehrern<br />

nicht vorausgesetzt werden kann, organisiert<br />

Professor Bühlmann einen Infusionskurs.<br />

Wir treffen uns an einem Samstagmorgen<br />

im Hörsaal des Unispitals Zürich.<br />

Der einführende Arzt begrüsst die Kursteilnehmer<br />

und beginnt mit Erklärungen<br />

zum Thema: „Externe Herzmassage“.<br />

Aufruhr auf den hinteren Rängen. Paul<br />

Brünisholz, als militärischer Sanitätsinstruktor,<br />

protestiert: Herzmassage sei, für<br />

nicht medizinisch ausgebildete Personen,<br />

verboten und tabu. Unbeeindruckt macht<br />

<strong>der</strong> Arzt weiter und ich meine etwas ähnliches<br />

wie „idiotische Idee“ und „Prioritäten<br />

setzen“ zu hören.<br />

Aber das Thema interessiert uns,<br />

und alle sind voll dabei. Aus jedem Referat<br />

und je<strong>der</strong> Demonstration spricht die<br />

Praxis. Das Fazit: Es ist nicht so wichtig<br />

wie Ihr es macht, wichtig ist, dass ihr es<br />

macht. (Mit diesen Informationen im Hinterkopf<br />

habe ich später, an all den schönen<br />

Herzmassage und CPR-Kursen immer<br />

grosse Freude gehabt, wenn es mal<br />

wie<strong>der</strong> um zwei Zentimeter höher o<strong>der</strong><br />

tiefer und ähnlich wichtige Details ging.)<br />

Der Fixerkurs wird auf den Nachmittag<br />

verschoben. Zuerst werden Gummiarme<br />

zerstochen, nachher gehen wir zum<br />

Nahkampf über. Auch berühmte Tauchkoryphäen<br />

werden bleich und bleicher,<br />

wenn das Blut zur Decke spritzt. HIV<br />

kannte man damals noch nicht und Gummihandschuhe<br />

waren nur im OPS üblich.<br />

Fazit: „Ein äusserst interessanter<br />

und lehrreicher Samstag“.<br />

Auf unseren Odysséen im Mittelmeer<br />

hatten wir immer zwei Flaschen<br />

Rheomakrodex dabei, zum Glück brauchten<br />

wir sie nie.


Star Wars<br />

Der Kampf um mehr als zwei Sterne<br />

fand früher, mit teils abenteuerlichen Prüfungbestimmungen,<br />

ausschliesslich in<br />

Neuchâtel statt.<br />

Für die 3 Stern-Prüfung haben wir<br />

uns gut vorbereitet, Walti und ich; ein halbes<br />

Jahr hartes Training im Hallen- und<br />

im Männerbad. Lei<strong>der</strong> haben wir ein kleines<br />

Problem. Für diese Prüfung sind 40<br />

Tauchgänge auf 40 Meter im Süsswasser<br />

nachzuweisen und uns fehlen genau<br />

zwei. Meertauchgänge haben wir, schon<br />

lange, mehr als genug.<br />

Am Wochenende vor <strong>der</strong> Prüfung<br />

findet das Skitauchen in St. Moritz statt;<br />

die letzte Möglichkeit, unsere zwei Tauchgänge<br />

noch nachzuholen.<br />

Und das alles auf 1900 Metern<br />

Höhe.<br />

Der erste Tauchgang ist<br />

problemlos: Plaun da Ley,<br />

rechts, steile Felswand, Forellen,<br />

Nullzeit, 10 Minuten.<br />

Der Zweite führt uns beinahe<br />

in eine Katastrophe.<br />

Plaun da Ley, links, Bachdelta,<br />

nach 15 Minuten endlich<br />

auf 40 Metern; Aufstieg<br />

nochmals 15 Minuten, Sternchen<br />

vor den Augen, Dekompression<br />

fällt aus, wegen<br />

keine Luft mehr. Aber<br />

die 40 mal 40 Meter-Tauchgänge<br />

sind geschafft!<br />

Dazwischen findet auch<br />

noch <strong>der</strong> Plauschwettkampf<br />

statt. Und das alles mit einer<br />

Gerätefüllung.<br />

Für den Transport ins ferne Oberengadin<br />

hat Gebi den Opel Kapitän seines<br />

Onkels organisiert. Sechs Taucher mit<br />

Tauch- und Skiausrüstung können Gebi<br />

nicht an seiner sportlichen Fahrtechnik<br />

hin<strong>der</strong>n. Auf dem Heimweg, am Sonntag<br />

Abend, treten die Bremsen in Bummelstreik<br />

und wir müssen in Chur eine Garage<br />

suchen. Der mühsam aufgetriebene<br />

Meister <strong>der</strong> Autotechnik, füllt Bremsöl<br />

nach und meint, dass man im Minimum<br />

jedes Jahr den Ölstand kontrollieren sollte.<br />

Soviel zur Prüfungsvorbereitung.<br />

Am Wochenende darauf, in Neuenburg.<br />

Zum Glück treffe ich am Morgen einen<br />

welschen Kollegen <strong>der</strong> sogar einen<br />

Vorbereitungskurs gemacht hat. Er gibt<br />

mir in 10 Minuten alle guten Tips.<br />

Legendäre Übung: Notaufstieg aus<br />

40 Metern mit <strong>der</strong> Fenzy,- Vollgas und<br />

Stop auf genau 3 Metern. Perfekt gemacht,-<br />

aber, wo bleibt <strong>der</strong> kontrollierende<br />

Experte? Er folgt erst mit etlicher Verspätung,<br />

meint, dass diese Übung <strong>der</strong><br />

Gesundheit nicht zuträglich sei und bemerkt,<br />

dass er dies nicht zwei Mal am<br />

Tag machen würde.<br />

Walti hat dann lei<strong>der</strong> das Pech, dass<br />

er, bei <strong>der</strong> 20-Meter-Rettung, zu heftig<br />

am Bleigurt des Rettlings rüttelt; dieser<br />

löst sich und verschwindet im Schlamm.<br />

Vorgehen und Resultat sind zwar korrekt,<br />

Lasst hören<br />

aus alter Zeit


Lasst hören<br />

aus alter Zeit<br />

aber lei<strong>der</strong> ist er trotzdem vorerst durchgefallen.<br />

Wieso, wenn man an <strong>der</strong> Prüfung<br />

alles richtig macht, <strong>der</strong> Experte aber<br />

seinen Bleigurt nicht sichert?<br />

Mein Rettling, Americo Galfetti,<br />

wiegt ca. 150 kg.<br />

Ich vergesse zwar<br />

alles, was mir mein<br />

welscher Kollege<br />

gesagt hat, bringe<br />

in aber mit brachialer<br />

Gewalt und<br />

meinen Cressi<br />

Concorde-Wettkampf-Flossen<br />

nach oben und fixiere<br />

in an <strong>der</strong><br />

Schiffstreppe bis er<br />

aufschreit: Uebung<br />

gelungen!<br />

Als ich Francois<br />

Clair (Instructeur en chef)<br />

auf französich die transportable<br />

Dekompressionskammer<br />

erklären soll,<br />

erleidet er einen halben<br />

Nervenzusammenbruch,<br />

ich auch. André Och<br />

kommt zufällig dazu und<br />

rettet die Situation.<br />

An <strong>der</strong> Prüfung<br />

zum Tauchlehrer muss<br />

man auch eine Tauchtaufe<br />

durchführen. Mein<br />

Täufling ist Roland Ferrero.<br />

In den Bestimmungen<br />

steht, dass man den angehenden<br />

Taucher in ruhiger<br />

und gelöser Atmosphäre<br />

auf die Tauchtaufe<br />

vorbereiten sollte. Instructeur<br />

Ferrero ist Génèvois,<br />

was liegt da näher, als mit<br />

ihm ins Bistro zu gehen<br />

und einen Ballon Weissen<br />

zu kippen. Die Abschlussnote<br />

ist dann zwar nicht gerade<br />

grandios...<br />

Ja, früher pilgerte man häufig ins<br />

Maison du Plongeur.


Das neuste Hilfsmittel, <strong>der</strong><br />

Rettungspneu 1972<br />

Am FFZ Seefest können wir die Aktivitäten<br />

<strong>der</strong> <strong>Tauchgruppe</strong> präsentieren.<br />

Peter Rütimann hat einen Sponsor gefunden,<br />

<strong>der</strong> bereit ist, einen Regaeinsatz zu<br />

sponsoren.<br />

Das Szenarium in Kürze: Ein Ru<strong>der</strong>boot<br />

versinkt in <strong>der</strong> Katastrophenbucht.<br />

Der um Hilfe rufende Ru<strong>der</strong>er wird vom<br />

Rega-Helikopter gerettet. Anschliessend<br />

springen Taucher vom Helikopter ab und<br />

bergen das versunkene Ru<strong>der</strong>boot. Für<br />

die Rega ist das Problem noch neu und<br />

so wird <strong>der</strong> Ertrinkende mit einem Autopneu<br />

aus dem Wasser gefischt. Heute<br />

macht die Rega das natürlich nicht mehr<br />

so.<br />

Lasst hören<br />

aus alter Zeit<br />

Am Sonntag Morgen, nach dem<br />

ersten Seefest, alarmierte <strong>der</strong> damalige<br />

Stadt- und FFZ-Präsident, Gründungsmitglied<br />

<strong>der</strong> <strong>SLRG</strong>, Emil Hagenbuch,<br />

seine Taucher, zur ersten Seeputzete,<br />

nachdem Spaziergänger die<br />

Qualität des Zugersee-Wassers bemängelt<br />

hatten.<br />

Unser Logo, geschaffen vom<br />

Grafiker Markus Meienberg


Lasst hören<br />

aus alter Zeit<br />

Ernst, <strong>der</strong> Rettling<br />

hat seine<br />

abenteuerliche<br />

Rettung glücklich<br />

überstanden


Das Jet-Boot<br />

Auf einem Tauchgang ausserhalb<br />

<strong>der</strong> gängigen Routen, treffen wir auf das<br />

Wrack eines Motorboots. Ein Motorboot<br />

<strong>der</strong> interessanteren Art. Ein Boot mit Hamilton-Jet-Antrieb.<br />

Als Tauch- und Rettungsboot<br />

wäre es, wegen <strong>der</strong> fehlenden<br />

Schraube, ideal. Schon seit sieben Jahren<br />

wartet dieses Wrack auf uns.<br />

Mit Hebesäcken, Rettungsbällen<br />

und Muskelkraft ziehen wir das recht<br />

schwere Ding zuerst in Walchwil auf den<br />

Strand, pumpen es aus, schleppen es anschliessend<br />

nach Zug und setzen es dort<br />

wie<strong>der</strong> auf Grund (und binden es an).<br />

Kaum einen Tag später ist unser Fundstück<br />

weg und wir müssen uns als Detektive<br />

betätigen. Telefonate mit Versicherungen,<br />

Dossiers die nicht mehr vorhanden<br />

sind, alles Mögliche läuft hinter den<br />

Kulissen.<br />

Es stellt sich dann heraus, dass<br />

Ives, ein guter Kollege des Versicherungsdirektors,<br />

das geborgene Schiff,<br />

vom Strand weg, zu einem Vorzugspreis<br />

gekauft hat. Das Boot ist inzwischen bereits<br />

in einer Tiefgarage in Oberwil unter<br />

Verschluss genommen worden. Zum<br />

Glück stellt Ives relativ schnell fest, dass<br />

die Renovation dieses Prunkstücks seine<br />

Managerkräfte weit übersteigen würde.<br />

Unsere Reklamationen<br />

stossen daher auf relativ offene<br />

Ohren. Hans Wickart,<br />

Präsident <strong>der</strong> <strong>SLRG</strong> und<br />

aufstreben<strong>der</strong> Offizier bei<br />

<strong>der</strong> FFZ, fährt mit <strong>der</strong> Autodrehleiter<br />

vor und holte unser<br />

Jetboot in einer Blitzübung<br />

ab. Das Stadtbauamt,<br />

sehr kulant, stellte uns<br />

einen Arbeitsplatz beim alten<br />

Werkhof (heute steht<br />

dort <strong>der</strong> Laubenhof) zur<br />

Verfügung.<br />

Ein Sommer lang Arbeit, im Gestank<br />

von Polyesterharz. Zum Glück habe ich<br />

einen „Freund“ bei Schrauben Bossard;<br />

er freut sich jedesmal riesig, wenn ich<br />

mit einem Schächtelchen voll rostiger<br />

Schrauben (mit Zoll-Gewinden) auftauche..<br />

Peter Rütimann gelingt es sogar bei<br />

<strong>der</strong> Garage Huber ein Auto mit passendem<br />

Motor (Sechszylin<strong>der</strong>) aufzutreiben.<br />

In einer Nacht- und Nebelaktion (wörtlich<br />

zu nehmen!) entsorgen wir das motorlose<br />

Wrack auf dem Autoabbruch. Nach grossen<br />

Mühen erhalten wir, was theoretisch<br />

gar nicht möglich wäre, eine Boje vor unserer<br />

Basis bewilligt.<br />

Lei<strong>der</strong> gelingt es auch den grössten<br />

Automechanikerkoryphäen nicht, den<br />

Motor auf die nötige Tourenzahl zu bringen,<br />

die es für den optimalen Betrieb<br />

braucht; irgend etwas stimmt mit dem<br />

Vergaser nicht. So erleidet unser sensationelles<br />

Boot das Schicksal aller Schiffe,<br />

es sinkt.<br />

Jetzt wird es eng, die Seepolizei hat<br />

uns eine Mahnung geschickt. Sie droht<br />

uns an, das versunkene Wrack, unter kostenfolge,<br />

zu heben und zu entsorgen.<br />

Aber es gibt eine Lösung; Ernst und „Fritz<br />

the Cat“ kaufen das Wrack für ein Nachtessen.<br />

Sie bauen es um und hängen einen<br />

Aussenbor<strong>der</strong> dran. Ende gut - besser<br />

als gar nichts.<br />

Lasst hören<br />

aus alter Zeit


Lasst hören<br />

aus alter Zeit


Abenteuerreise in <strong>der</strong><br />

<strong>Schweiz</strong><br />

Wir haben ein Tauchweekend<br />

geplant. Am Samstag machen wir<br />

einen Tauchgang zum Ledischiff im<br />

Walensee. Es ist schon recht spannend<br />

mit zwei Tauchkollegen auf<br />

30m erfolglos ein Wrack zu suchen,<br />

das „dank <strong>der</strong> am Känzeli angeknoteten<br />

Leine einfach zu finden ist“,<br />

wenn die Leine dann halt nicht vorhanden<br />

ist und <strong>der</strong> Kompasskurs<br />

nicht stimmt. Die Spannung steigt<br />

wenn <strong>der</strong> eine Tauchkamerad, vom<br />

Langstreckentauchen ausser Atem<br />

gerät, <strong>der</strong> an<strong>der</strong>e gleichzeitig einen<br />

Schwindelanfall anzeigt und anschliessend<br />

sofort mit dem Schnellaufstieg<br />

beginnt. Kurz gesagt: Ein<br />

Tauchgang aus dem Horrorbuch.<br />

Wir schlagen unser Nachtlager<br />

im Festsaal des Restaurant<br />

Schwert in Näfels auf, das den Eltern<br />

von Hans Jutzeler (Der erste<br />

Taucher <strong>der</strong> das 2*-Brevet mit nur einem<br />

Bein schafft) gehört.<br />

Am Sonntag geht’s weiter ins<br />

Bündnerland, <strong>der</strong> Caumasee ist unser<br />

Ziel. Dummerweise treffen wir auf ein<br />

Fahrverbot. Nach intensiver Suche finden<br />

wir den Polizeipräsidenten von Flims am<br />

sonntäglichen Stammtisch, wo er uns die<br />

Erlaubnis gibt mit einem Auto zum See<br />

runter zu fahren. Das ganze Tauchpuff im<br />

Kofferraum, spreizt <strong>der</strong> Merz beide Beine<br />

(Doppelgelenkpendelachse), aber die<br />

Fahrt auf dem Holperweg<br />

hinunter gelingt. Nach dem<br />

Tauchgang habe ich natürlich<br />

einen gesalzenen Bussenzettel<br />

an <strong>der</strong> Windschutzscheibe.<br />

Da <strong>der</strong> Polizeipräsident<br />

die nächsten Wochen im Spital<br />

Chur verbringt, gibt es<br />

eine intensive Korrespondenz<br />

mit dem Polizeiamt Ilanz.<br />

Zum Glück bessert sich<br />

<strong>der</strong> Gesundheitszustand des<br />

Polizeipräsidenten wie<strong>der</strong>,<br />

ein Ableben wäre teuer gekommen.,.<br />

Lasst hören<br />

aus alter Zeit


Die erste Fahrstunde<br />

Samstag Nachmittag; ich habe Pikketdienst<br />

auf dem Polizeiboot. Die Sturmwarnung<br />

läuft und ein Föhnsturm tobt. Im<br />

Bojenfeld vor dem Rehgarten liegt eine<br />

Jolle quer über einer Jacht. Zwei Segler<br />

versuchen abwechselnd sich über Wasser<br />

und ihre Jolle von <strong>der</strong> Jacht wegzuhalten.<br />

Wir fahren so nahe heran wie’s irgendwie<br />

geht und Pietro, <strong>der</strong> Freund und<br />

Helfer am Steuer, stellt das Polizeiboot in<br />

den Wind. Dann steht er auf, meint : „Du<br />

fährst!“ und geht nach hinten um den<br />

Schiffbrüchigen ein Tau zuzuwerfen.<br />

Jetzt habe ich ein Problem. Den<br />

Bootsführerausweis habe ich zwar und<br />

vom Zusehen her weiss ich, dass die<br />

zwei Hebel am Steuerrad die Gas- und<br />

die zwei Hebel am Armaturenbrett die<br />

Schalthebel sind. Aber im Kopf sehe ich<br />

schon die Schlagzeilen: „Polizeiboot versenkt<br />

sieben Jachten und zerschellt am<br />

Ufer!“ Da bleibt nur: „Probieren geht über<br />

studieren“.<br />

Unter diesen Umständen kann man<br />

nicht mit dem Steuerrad manövrieren,<br />

son<strong>der</strong>n ausschliesslich mit den Motoren.<br />

Mit dem einen Motor Vollgas vorwärts mit<br />

dem an<strong>der</strong>en das Gleiche aber rückwärts.<br />

Sekunden später nochmals, aber<br />

diesmal umgekehrt. Ziemlich anstrengend<br />

für Kopf und Hand.<br />

Zwischenhinein knallt es aus <strong>der</strong> Kupplungsbox,<br />

aber das Getriebe hält durch.<br />

Nach ein paar Minuten haben wir die Jolle<br />

am Haken und können sie von <strong>der</strong><br />

Jacht wegziehen.<br />

Es ist das einzige Mal dass ich die<br />

Kiste fahren darf. Ich vermute, dass man<br />

dazu eigentlich eine Ausbildung braucht.<br />

Gleichberechtigung?<br />

In den 70er Jahren war die Zusammenarbeit<br />

mit <strong>der</strong> SEPO recht eng.<br />

Samstag- und Sonntagnachmittag wurde<br />

immer ein Taucher <strong>der</strong> <strong>SLRG</strong> und ein<br />

Seepolizist zusammen auf dem Polizeiboot<br />

eingesetzt. Dies hörte lei<strong>der</strong> ziemlich<br />

schnell auf, als die <strong>SLRG</strong> die erste<br />

Taucherin, meine Schwester Verena, in<br />

ihre Reihen aufnehmen konnte.<br />

Es überschritt natürlich die Grenzen<br />

des Erträglichen, wenn die sonntäglichen<br />

Passanten eine wohlgeformte, sehr junge<br />

Dame auf dem Dach des Polizeiboots im<br />

Bikini „sünnelen“ sahen. Obwohl sie natürlich<br />

auch das 2*-SUSV Tauchbrevet<br />

hatte! So weit geht die Gleichberechtigung<br />

dann auch wie<strong>der</strong> nicht.<br />

Lasst hören<br />

aus alter Zeit


Weltmeister<br />

Auf <strong>der</strong> Muota sind<br />

Weltmeisterschaften im<br />

Kanufahren. Da braucht<br />

es Rettungsschwimmer,<br />

vor allem wenn die Muota<br />

Hochwasser führt. Da<br />

man wegen dem kalten<br />

Wasser nur Rettungsschwimmer<br />

mit Tauchanzügen<br />

brauchen kann,<br />

bedeutet das: Taucher<br />

sind gefragt.<br />

Die Zentralschweizer Oberrettungsschwimmer<br />

sind zwar nicht dieser<br />

Meinung; dafür lerne ich neue Rettungshilfsmittel<br />

kennen, darunter das „Rettungsgschtältli“.<br />

Ganz raffiniert; so eine<br />

Art Hosenträger mit einer Öse auf dem<br />

Rücken. Hier befestigt man mit einem<br />

Karabiner ein Seil . Der Rettungsschwimmer<br />

muss den Ertrinkenden nur packen<br />

und die Kameraden können die Beiden<br />

dann ans Ufer ziehen. Ich finde, man sollte<br />

das Ding zuerst mal ausprobieren. Wir<br />

binden das Seil an einem Baum fest und<br />

ich hüpfe rein. Ab geht’s wie auf <strong>der</strong> Wasserrutschbahn,<br />

plötzlich ein Ruck und ich<br />

hänge hilflos in einer Wasserwalze fest.<br />

Sekunden werden zu Minuten, die Luft<br />

wird langsam knapp; was machen den<br />

meine Kollegen, wollen sie mich hier ersaufen<br />

lassen? Doch endlich tut sich was<br />

und auf dem letzten Zacken werde ich<br />

herausgezogen.<br />

Was ist passiert? Offensichtlich haben<br />

wir die Kraft des Wassers unterschätzt<br />

und als sich das Seil, an dessen<br />

Ende ich hänge, ruckartig strafft, „spikken“<br />

Cello und Peti wie von <strong>der</strong> Armbrust<br />

geschossen, selbst ins Wasser. Nun<br />

müssen sie natürlich zuerst selbst ans<br />

Ufer kriechen, bevor sie mich herausholen<br />

können. Dieses Rettungsgerät eignet<br />

sich also nur bedingt für solche Aktionen;<br />

im Gegensatz zu unseren Taucherflossen,<br />

die dem Rettungsschwimmer im<br />

Wildwasser wenigstens ein Minimum an<br />

Kontrolle geben, vorausgesetzt man sichert<br />

sie entsprechend.<br />

Lasst hören<br />

aus alter Zeit


Lasst hören<br />

aus alter Zeit<br />

Der Untergang <strong>der</strong><br />

Marie-Claire<br />

Kaum zu glauben, aber die Jungs<br />

haben es geschafft. Sie haben es so weit<br />

getrieben bis die kleine Jacht vollgelaufen<br />

und abgesoffen ist. Weil das Boot<br />

durch einen Aussenbor<strong>der</strong> angetrieben<br />

war, möchte die Versicherung, motiviert<br />

durch das Amt für Umweltschutz, das<br />

Schiff heben lassen. Auch <strong>der</strong> Eigner<br />

hängt sehr daran und möchte es am<br />

Liebsten zurück. Ich verspreche mein<br />

Möglichstes zu tun.<br />

Um die Untergangsstelle zu finden<br />

brauche ich eine Kreuzpeilung. Zuerst interviewe<br />

ich den Badmeister des Männerbads,<br />

<strong>der</strong> als Zeuge die Polizei informiert<br />

hat und zeichne seine Angaben auf einer<br />

Karte ein. Im Restaurant Casino finde ich<br />

eine Serviertochter, die dem munteren<br />

Treiben bis zum bitteren Ende zugesehen<br />

hat, und kann die Peilung vervollständigen.<br />

Beide Angaben scheinen mir ziemlich<br />

genau und plausibel, aber es bleibt<br />

am Schluss doch noch ein Quadrat von<br />

etwa 400 Metern Kantenlänge. Einen<br />

Nachmittag lang versuche ich, zusammen<br />

mit <strong>der</strong> Seepolizei und dem Echolot<br />

des Polizeiboots mein Glück, habe aber<br />

lei<strong>der</strong> keins. Ein besseres Echolot muss<br />

her und da inzwischen digitale Echografen<br />

zu vernünftigen Preisen auf dem<br />

Markt sind, besorge ich so ein Ding und<br />

montiere es an einem<br />

heissen Samstag Nachmittag<br />

am Schnorchel.<br />

Um den in Strömen<br />

geflossenen Schweiss zu<br />

kompensieren, bestelle<br />

ich in <strong>der</strong> „Hechtländi“ einen<br />

Kübel. Nach dem ersten<br />

Schluck des kalten<br />

Schaumgetränks, habe<br />

ich das Gefühl mich tritt<br />

ein Pferd, in die rechte<br />

Niere. Vor Schmerz falle ich fast vom<br />

Barhocker, so etwas habe ich noch nie<br />

erlebt. Die Barmaid versucht vergeblich<br />

jemand von Rütimanns aufzutreiben; so<br />

schleppe ich mich die Treppe hoch bis<br />

aufs Sofa in <strong>der</strong> guten Stube. Mutter Rütimann<br />

alarmiert dann meine Gattin, die<br />

mich auf <strong>der</strong> Notfallstation abliefert.<br />

Der diensttuende Arzt steckt dem<br />

stöhnenden Patienten eine Infusion und<br />

injiziert eine Portion Buscopan. Nach<br />

dreiviertel Stunden und dem dritten Buscopan,<br />

rede ich, so gut es geht, dem Arzt<br />

ins Gewissen und verspreche ihm, das<br />

ganze Spital zusammenzuschreien wenn<br />

er nicht endlich mit dieser sinnlosen<br />

„Therapie“ aufhören und mich wegspritzen<br />

würde. Er lässt sich überzeugen und<br />

nach einer Stunde Gesundheitsschlaf erwache<br />

ich putzmunter und symptomfrei.<br />

Dummerweise lasse ich mich anschliessen<br />

zu einer Übernachtung, mit anschliessendem<br />

Tagesaufenthalt in <strong>der</strong><br />

Cafeteria bis zur spätnachmittäglichen<br />

Arztvisite, überreden.<br />

Die Suche nach dem Boot geht weiter,<br />

aber ausser dem Ansaugstutzen <strong>der</strong><br />

VZUG-Wasserleitung zeichnet sich nichts<br />

auf dem topfebenen Seegrund ab. Da<br />

GPS noch nicht erfunden ist, muss ich<br />

die Aktion nach ein paar Tagen ergebnislos<br />

abbrechen, was lei<strong>der</strong>, ausser <strong>der</strong><br />

Versicherung, niemand so recht befriedigt.


Der versunkene Hafen<br />

von Gersau<br />

In Gersau wird ein neuer Hafen gebaut.<br />

Allerneuste Technologien kommen<br />

zum Einsatz. Der erste Hafen, bei dem<br />

die schwimmenden Betonelemente bereits<br />

schwimmend gegossen werden.<br />

Cello und Peti haben einen lässigen<br />

Job gefasst. Sie müssen, im Auftrag des<br />

Ingenieurbüros, die Wasserung des ersten<br />

fertiggebauten Elements überwachen.<br />

Um die Fortschrittlichkeit des Verfahrens<br />

zu dokumentieren wird sogar<br />

eine Zeitrafferkamera eingesetzt. Ein<br />

sensationeller Streifen soll entstehen.<br />

Lei<strong>der</strong> ist es mir nie gegönnt gewesen ihn<br />

zu sehen. Ein Gerücht besagt, dass auf<br />

einem Bild das schwimmende Element<br />

zu sehen sei und auf dem nächsten<br />

schon, um ein Haar, nichts mehr. So<br />

schnell ist die Wasserung gegangen. Das<br />

ist das Resultat, wenn man Oberwalliser<br />

Häfen bauen lässt!<br />

Die Idee ist eigentlich genial, aber<br />

doch nicht ganz durchdacht. Im Tiefbau<br />

gibt es spezielle Schläuche um z.B. eine<br />

Kanalisationsleitung zu bauen. Man hebt<br />

einen Graben aus, legt eine aufgeblasene<br />

Wurst hinein und schüttet Beton darüber.<br />

Wenn dieser hart geworden ist,<br />

lässt man die Luft aus <strong>der</strong> Wurst, zieht<br />

die Wursthaut heraus und hat einen runden<br />

Kanal.<br />

Unser Oberwalliser stellt sich vor,<br />

dass man die Schläuche mit Spannfix zusammenbinden<br />

könnte; vier Schläuche<br />

ergeben ein Floss. Darauf errichtet er<br />

eine Plattform und auf dieser Plattform<br />

wird das Lehrgerüst für den Bau eines<br />

Betoncaissons aufgestellt. Ein riesiges<br />

Schlauchboot mit 57 Tonnen Stahl darauf.<br />

Man giesst nun den Beton in dieses Lehrgerüst<br />

und erhält einen schwimmenden<br />

Betonkörper von mehr als 100 Tonnen<br />

Gewicht. Ist <strong>der</strong> Beton ausgehärtet lässt<br />

man die Luft aus dem Schlauchboot, das<br />

Lehrgerüst sinkt ab wie ein Schwimmdock,<br />

<strong>der</strong> Betoncaisson schwimmt, und<br />

wird aus dem abgesenkten Lehrgerüst<br />

herausgezogen. Anschliessend bläst man<br />

wie<strong>der</strong> Luft ins Schlauchboot und das<br />

Lehrgerüst taucht wie<strong>der</strong> aus den Fluten<br />

auf. Der nächste Betonblock kann gegossen<br />

werden. Das geht sehr schnell und<br />

günstig. Seine Offerte ist die günstigste<br />

und er erhält den Zuschlag. Er hat nur einen<br />

kleinen Überlegungsfehler drin, und<br />

den bemerkt <strong>der</strong> Ingenieur auch nicht.<br />

Wenn die Luft aus den Schläuchen<br />

abgelassen wird, verringern sie logischerweise<br />

ihren Querschnitt und flutschen<br />

nach allen Seiten aus den Spanngurten<br />

heraus. Der Hilfsmannschaft gelingt es<br />

gerade noch einige Balken zwischen dem<br />

Leergerüst und dem schwimmenden Betonklotz<br />

zu verkeilen und so das 57-Tonnen<br />

Schlauchboot vor dem Absaufen zu<br />

bewahren.<br />

Nun erben Bruno und ich den Job.<br />

Am Montag treffen wir in Gersau lei<strong>der</strong><br />

nur zwei Spanier, die zwar einen Kran,<br />

aber von <strong>der</strong> ganzen Sache auch keine<br />

Ahnung haben. Wir beginnen voller Elan<br />

mit unserer Arbeit. Zuerst schauen wir<br />

Lasst hören<br />

aus alter Zeit


Lasst hören<br />

aus alter Zeit<br />

uns die Situation an und versuchen uns<br />

in die Überlegungen des Ingenieurs hineinzuversetzen.<br />

Eine Betonmole (Beton<br />

schwimmt, juhui!) dümpelt vor uns im<br />

Wasser. Darum herum hängen, mit Stangen<br />

verkeilt, viele Eisenträger sowie<br />

Holzelemente und dazwischen stechen<br />

Gummiwürste aller Grössen in den Himmel.<br />

Schnell den Baukompressor mit<br />

dem Anschluss verbunden und Vollgas.<br />

Lei<strong>der</strong> passiert gar nichts. Grosses Studium<br />

<strong>der</strong> Gebrauchsanweisung. Aha, ein<br />

Reduzierventil begrenzt den Druck auf<br />

0.3 bar. Na ja die Schläuche liegen auch<br />

beträchtlich unter vier Metern Wassertiefe.<br />

Logisch dass da nichts passiert. Also,<br />

Reduzierventil weg und dann, Full Power.<br />

Nun tut sich etwas, aber nichts Sinnvolles.<br />

Was ist zu tun?<br />

Nur eine Idee des Bauunternehmers<br />

ist brauchbar. Am Strand liegen 30 kleine<br />

Gummiwürste, die je 2 Tonnen Auftrieb<br />

haben, wenn sie voll aufgeblasen sind.<br />

Eine Lösung liegt nahe. Wenn wir die<br />

kleinen Säcke rund ums Lehrgerüst verteilen,<br />

können wir es wie<strong>der</strong> zum<br />

Schwimmen bringen. 30 Ballons mit<br />

einem Volumen von je 2000 lt sind vorhanden,<br />

das Lehrgerüst wiegt 57 Tonnen,<br />

wenn wir’s clever machen, genügt dieser<br />

Auftrieb. An die Arbeit Genossen. Mit <strong>der</strong><br />

Stoppuhr wird die Füllzeit bestimmt. Je<br />

zehn Sekunden Luft, Sichtkontrolle, ein<br />

Zeichen zum Spanier, noch 2, 3, 4 Sekunde.<br />

Es funktioniert, kein einziger Ballon<br />

zerplatzt. Jedes Mal beim Füllen weg<br />

vom Gerüst. Spanische Knoten entsprechen<br />

nicht immer unseren Qualitätsansprüchen.<br />

Und wenn unser Knopfspezialist<br />

mal nicht den richtigen Schlick<br />

erwischt hat und sich <strong>der</strong> Sack beim<br />

Füllen mit einem Knall selbstständig<br />

macht und an die Oberfläche schiesst<br />

wird’s ungemütlich. Es ist in diesem Falle<br />

ratsam sich nicht zwischen dem aufgeblasenen<br />

Sack und dem Lehrgerüst aufzuhalten.<br />

Der Taucher käme ziemlich<br />

flach heraus. Zwei Kubikmeter Luft sind<br />

unter Wasser etwa gleich wirkungsvoll<br />

wie ein zwei Tonnen schweres Wasserbett<br />

dass einem auf den Kopf fällt.<br />

Drei Mal alle 30 Säcke umgehängt<br />

und das Lehrgerüst ist wie<strong>der</strong> auf dem<br />

Niveau <strong>der</strong> schwimmenden Hafenmole.<br />

Jetzt muss <strong>der</strong> Betonklotz aus dem<br />

Schwimmdock ausgefahren werden.<br />

Muskelkraft ist gefragt, ein „Habegger“<br />

muss genügen. Also, ran und gehantelt<br />

was das Zeug hält. Die Drahtseile sind<br />

gespannt wie Gitarrensaiten, sie tönen<br />

auch ganz ähnlich und im Hinterkopf hat<br />

man die Stories von Bauarbeitern denen<br />

reissende Drahtseile den Kopf abgesägt<br />

haben. Wildes Hüpfen auf dem Betonklotz<br />

bringen diesen langsam dazu sich<br />

von seiner Umhüllung zu trennen.<br />

Irgendwann, nach einer Woche Arbeit,<br />

wagen sich dann auch <strong>der</strong> Bauunternehmer<br />

und <strong>der</strong> zuständige Ingenieur<br />

bis zum Bauplatz vor. Wir versuchen ihnen<br />

klarzumachen, welche Überlegungsfehler<br />

sie in ihr Projekt integriert haben<br />

und wie diese eliminiert werden könnten.


Zweiter Akt des<br />

Trauerspiels<br />

:<br />

Das Lehrgerüst ist weg, wohin? 57<br />

Tonnen, irgendwo zwischen 20 und 40<br />

Metern. Graue Würste ragen aus dem<br />

Wasser. Die Seestrasse ist gesperrt. Der<br />

200 Tonnen Pneukran ist, mit verlängertem<br />

Ausleger, bereit. Ich frage den Kranführer<br />

welche Kraft am äusseren Ende<br />

noch zu erwarten währe. Er meint, fünf<br />

Tonnen. Ob er wisse, dass seine Last<br />

mehr als das Zehnfache sei. Im Falle eines<br />

Falles würde er halt bergseits aussteigen,<br />

er habe so das Gefühl im Arsch.<br />

Unter dem Lehrgerüst geht es nämlich<br />

noch mindestens 20 Meter weiter in die<br />

Tiefe, - für den Anfang.<br />

Die Kran-Flasche (300 kg) ist auf 25<br />

Metern angerauscht. Ich ziehe sie mit einem<br />

Doppelzug, so weit es geht, nach<br />

aussen und befestige das Lehrgerüst<br />

(wahrscheinlich kann er mit seinem Haken<br />

nun nicht mal mehr zwei Tonnen halten).<br />

Anschliessend öffne ich abwechselnd<br />

die vier Zuleitungen, die zu den<br />

entsprechenden Riesen-Würsten führen.<br />

Lange passiert nichts, aber plötzlich<br />

kommt Bewegung in die Sache. Ächzend<br />

lösen sich die 57 Tonnen vom Grund und<br />

beginnen ihren Weg nach<br />

oben. Nichts wie weg, wie<br />

schon so oft.<br />

Und siehe da, nach<br />

geraumer Zeit, die<br />

Schläuche haben sich offenbar<br />

in den Gurten verklemmt,<br />

taucht wie das<br />

Ungeheuer von Loch<br />

Ness unser Lehrgerüst<br />

aus den Fluten auf, - und<br />

bleibt auch oben.<br />

Gott sei dank gibt es zu<br />

dieser Zeit noch keine<br />

Tauchcomputer, das<br />

Piepsen würde den ganzen<br />

Tag nicht aufhören.<br />

So geht es nun weiter, volle zwei<br />

Jahre bis zum bitteren Ende, dem Konkurs<br />

des Bauunternehmers. Beinahe hätte<br />

er unsere Rechnung nicht mehr bezahlt,<br />

wenn nicht Cello, als Jurist, und<br />

Peter Rü, als Assistent, persönlich vor<br />

dem Walliser Obergericht angetreten wären<br />

und hier einen wohlwollenden Richter<br />

und einen in Saudiarabien wie<strong>der</strong> zu<br />

Geld gekommenen Bauunternehmer gefunden<br />

hätten. So können wir auch unseren<br />

Kompressor endlich abbezahlen.<br />

Es stecken noch viele weitere Erlebnisse<br />

hinter diesem interessanten Bauplatz,<br />

Drahtseile, die reissen wie Bindfäden.<br />

Oberwalliser Nichtschwimmer, die<br />

einen musterhaften 6 Meter <strong>SLRG</strong>-<br />

Sprung vom absaufenden Leegerüst mit<br />

anschliessendem Klei<strong>der</strong>schwimmen bis<br />

ans Ufer vorführen. Aber ganz beson<strong>der</strong>s<br />

in Erinnerung geblieben ist mir <strong>der</strong> Januarmorgen,<br />

an dem <strong>der</strong> Nasstauchanzug,<br />

steif gefroren, in <strong>der</strong> Baubaracke am Haken<br />

hing.<br />

Sicher ist, gefroren haben wir damals<br />

selten. Wenn wir gezittert haben,<br />

hat das ganz an<strong>der</strong>e Gründe gehabt.<br />

Unterwegs zum Baum in <strong>der</strong> Seeliken,<br />

mit handgeklebten Tauchanzügen und<br />

AGA-Geräten<br />

Lasst hören<br />

aus alter Zeit


Padu trainiert für die **Prüfung<br />

Für Gebi ist alles OK<br />

Lasst hören<br />

aus alter Zeit


Ein lustiger<br />

Betriebsausflug<br />

Es ist Samstagabend und ich sitze<br />

im Restaurant Hechtländi, nichts Böses<br />

ahnend, hinter einer Coupe. Plötzlich<br />

kommt Bewegung in die Passanten;<br />

was ist los? Die Zuschauer drängen<br />

sich am Ufer wie beim Seefest. Auf<br />

dem See dreht sich, mit heulendem<br />

Motor, ein Boot im Kreis, den<br />

Suchscheinwerfer gen Himmel gerichtet,<br />

einzig ein Flakgeschütz fehlt noch für einen<br />

Kriegsfilm.<br />

Dem friedlichen Coupesser ist sofort<br />

klar um welches Boot sich es hier handeln<br />

und er kann sich auch bereits vorstellen,<br />

welches Problem hier eventuell<br />

vorliegen könnte, es wäre ja nicht das erste<br />

Mal. Er begibt sich also schleunigst<br />

zum Bootshaus <strong>der</strong> Feuerwehr, wo er, erstens<br />

einen frischgeduschten ehemaligen<br />

Schulkameraden mit Anzug und Krawatte,<br />

sowie den Postenchef <strong>der</strong> Polizei antrifft.<br />

Mein ehemaliger Schulkamerad ist<br />

ziemlich verwirrt. Der Postenchef behauptet<br />

steif und fest, dass es sich hier<br />

nur um eine Übung handeln könne. Ich<br />

erfahre, dass André die nötigen Massnahmen<br />

bereits in die Wege geleitet hat.<br />

Er fährt schon ein paar Minuten später<br />

mit dem Schnorchel vor, und wir, André,<br />

Hans (ein Arbeitskollege meines Schulkameraden,<br />

er hat, welcher Zufall, sogar<br />

Badehosen dabei) sausen los.<br />

Die Sache ist nicht ganz einfach; unser<br />

„Übungsobjekt“ fährt Vollgas, hat<br />

mehr als doppelt soviel PS wie wir und<br />

zusätzlich 300 Liter Benzin (die Feuerwehr<br />

tankt immer voll auf) an Bord. Seine<br />

Bugwelle spritzt uns das Seewasser wie<br />

ein Wasserfall ins Boot. Wir müssen die,<br />

Karrussel fahrende, Bombe zuerst zu<br />

bremsen versuchen.<br />

Wir knüpfen unser dickes Ankerseil<br />

an einen Rettungsball und fahren dem<br />

wellenwerfenden Ungetüm dicht vor <strong>der</strong><br />

Schnauze vorbei. Das Ankerseil wickelt<br />

sich um die Schraube und das Oelwehrboot<br />

wird deutlich langsamer. Andre und<br />

Hans imitieren Willhelm Tell und es gelingt<br />

ihnen, ohne zwischen den Bordwänden<br />

zerdrückt zu werden.<br />

Nun ist die Übung vorbei und die<br />

Volksmassen können beruhigt nach Hause<br />

gehen.<br />

Meine Coupe ist natürlich inzwischen<br />

aufgetaut, aber die Barmaid stellt<br />

mir eine neue hin.<br />

Lasst hören<br />

aus alter Zeit<br />

Die Kantonale Gebäudeversicherung<br />

spendiert <strong>der</strong> <strong>SLRG</strong><br />

ein neues Ankertau und fünf, den<br />

feuerpolizeilichen Vorschriften<br />

entsprechende, Kunststoffcontainer.<br />

Wir können sie sehr gut gebrauchen;<br />

unsere bis jetzt übliche<br />

Methode, das Bootsbenzin<br />

zu lagern, ist letzte Woche durch<br />

die Feuerpolizei scharf kritisiert<br />

worden.


Der Schatz im Zugersee<br />

In den Anfangszeiten des Tauchens<br />

am Zugersee meint ein lieber Kollege aus<br />

Zürich eine Goldgrube gefunden zu haben.<br />

Es ist ihm aufgefallen, dass zwischen<br />

Zigeunerplatz und Grindwäschi,<br />

überall Baumstämme herumliegen (Mikado).<br />

Am Zigeunerplatz auf 40 Metern,<br />

über dem Querriss, sind sie sehr dekorativ<br />

drapiert.<br />

Früher war beim ehemaligen Seehotel<br />

Lothenbach ein Holzlagerplatz und neben<br />

dem Restaurant Löwen eine Sägerei,<br />

angetrieben vom Lothenbach. Alles Holz<br />

wurde vom Chiemen her, in Ermangelung<br />

einer Strasse, über den See geführt. Es<br />

giebt eine Regel, dass beim Flössen 10%<br />

aller Tannen versinken. Bei den Harthölzern<br />

ist <strong>der</strong> Prozentsatz noch höher.<br />

Es scheint das dieser Kollege das<br />

gleiche Buch gelesen hat wie ich: „Wie<br />

kann man beim Tauchen Geld verdienen?“.<br />

Er hat anschliessend beschlossen,<br />

seine sauer verdienten Ferien nicht<br />

in warmen Gewässern zu geniessen,<br />

son<strong>der</strong>n sich ein Vermögen aus dem Zugersee<br />

zu fischen.<br />

Mit Tauchausrüstung und Floss<br />

macht er sich an die Arbeit. Alles was wie<br />

Holz aussieht wird aufgefischt und wohl<br />

geordnet am Ufer gestapelt. Lei<strong>der</strong> hat<br />

<strong>der</strong> Unglücksritter sein Projekt nur<br />

schlecht vorbereitet. Da <strong>der</strong> Säger nicht<br />

bereit ist, mehr als hun<strong>der</strong>t Franken pro<br />

Ster zu bezahlen, lohnt es sich beim besten<br />

Willen nicht, das Holz bis zur Strasse<br />

rauf zu bringen.<br />

Turi hat dann das gesammelte<br />

Schmalholz nutzbringend verwertet. Der<br />

einzige „kohlebringende“ Stamm liegt<br />

wie<strong>der</strong> auf dem Seegrund. (Die Anzeige<br />

wegen Diebstahls gegen Unbekannt ging<br />

damals von einem neutral geschätzten<br />

Wert von Fr. 4000.- aus).<br />

Es war natürlich wirklich eine Situation<br />

zum Totlachen. Der Tauchchef <strong>der</strong><br />

<strong>SLRG</strong>, Sonntag Abends, füdliblutt (mangels<br />

Badehose und in Erwartung eines<br />

menschenleeren Strands) bindet, rittlings<br />

auf im sitzend, einen riesigen Baumstamm<br />

ans deutlich angeschriebene Rettungsboot<br />

<strong>der</strong> <strong>SLRG</strong>, <strong>der</strong>weil das Gründungsmitglied,<br />

Sport- und Kantonsschulprofessor<br />

Vögeli, ruhig seine Brustschwimmübungen<br />

durchführend, sich<br />

sehr befremdet über das irritierende Treiben<br />

um sich herum zeigte.<br />

Preisfrage: Wo liegt jetzt diese<br />

Mooreiche?<br />

Lasst hören<br />

aus alter Zeit


In den 80er-Jahren machten<br />

unsere Fische nicht gerade<br />

den besten Eindruck...<br />

Lasst hören<br />

aus alter Zeit


Lasst hören<br />

aus alter Zeit<br />

Aber es wurde<br />

auch wie<strong>der</strong><br />

besser...


Schnorchel 1<br />

Jet-Boot<br />

Lasst hören<br />

aus alter Zeit<br />

Die Rettungsboote<br />

Schnorchel 2


Lasst hören<br />

aus alter Zeit<br />

Das waren noch<br />

Zeiten, als zu den<br />

Brevetprüfungen noch<br />

die Presse erschien...


Tauchtaufe mit Fritz R.<br />

1975<br />

Fritz macht heute seinen ersten<br />

Tauchgang. Das Wetter ist nicht super,<br />

umso besser, wir haben das ganze<br />

Strandbad für uns. Wir steigen nach <strong>der</strong><br />

theoretischen Einweisung die Leiter am<br />

grossen Steg hinunter. Von dort geht es<br />

vorsichtig über den Sandgrund bis auf<br />

drei Meter. Keine Probleme, bis jetzt.<br />

Plötzlich schiesst Fritz zur Oberfläche,<br />

ich hintennach. Er taucht aber nicht<br />

ganz auf, mit <strong>der</strong> Brille bleibt er unter<br />

Wasser und saust mit einem Wahnsinnstempo<br />

davon. Ich habe keine Chance in<br />

zu erwischen. Er pedalt, zum Glück, in<br />

Richtung Ufer, da kann nicht viel passieren,<br />

irgendwann wird er ja den Kopf anschlagen.<br />

Das tut er auch, macht eine<br />

Vierteldrehung nach rechts und weiter<br />

geht’s mit unvermin<strong>der</strong>tem Tempo, in<br />

knietiefem Wasser! Das Ganze wird mir<br />

langsam unheimlich, aber in spätestens<br />

50 Metern wird er am kleinen Steg ankommen.<br />

Was passiert aber, wenn er<br />

nochmals eine Vierteldrehung macht?<br />

Scheisse! Ich gebe nun auch Vollgas,<br />

aber direkt, über die abgekürzte Distanz.<br />

Gott sei dank, denn Fritz wählt die<br />

schlimmstmögliche<br />

Lösung,<br />

sein Spurt geht<br />

nun weiter,<br />

Richtung Rigi.<br />

Dank meiner<br />

Abkürzung kann<br />

ich ihn endlich<br />

schnappen. Ich<br />

blase seine Weste<br />

auf, sein Gesicht<br />

kommt aus<br />

dem Wasser,<br />

seine Augen<br />

sind weit aufgerissen.<br />

Völlig ausser Atem keucht er: „Was ist?“<br />

Er hat keine Ahnung was in den letzten<br />

Minuten passiert ist. Ich auch, - noch<br />

nicht.<br />

Lei<strong>der</strong> hat Fritz ein paar Jahre später<br />

am Chlausenegg nochmals das gleiche<br />

Problem. Dort hat es statt flachem<br />

Sandgrund aber eine steile Felswand.<br />

Das Wasser ist sehr trüb und sein Tauchpartner<br />

hat nicht die geringste Chance,<br />

ihn rechtzeitig zu erwischen, Fritz ist weg.<br />

Eine lange Suchaktion hat keinen Erfolg<br />

und die Abdankung findet ohne Fritz statt.<br />

Zwei Jahre später „stolpert“ dann ein<br />

Tieftaucher über den Vermissten und er<br />

kann geborgen werden.<br />

Wie<strong>der</strong> einige Zeit später findet Walti<br />

eine verlorene Taucherlampe. Auch ein<br />

Handschuh hängt noch dran. Wenn ein<br />

Taucher am Chlausenegg also noch einen<br />

Handschuh finden sollte, wäre es<br />

besser, er würde ihn liegen lassen.<br />

Jahre später lese ich in einer Fachzeitschrift<br />

dass 2-3 % <strong>der</strong> Bevölkerung an<br />

dieser psychischen Anomalie (Paniksyndrom<br />

mit Bewusstlosigkeit) leiden. Möglicherweise<br />

liessen sich so auch einige unerklärliche<br />

Autounfälle erklären.<br />

Lasst hören<br />

aus alter Zeit


Lasst hören<br />

aus alter Zeit<br />

Die Grenzen ärztlichen<br />

Wissens<br />

Womit wir dann beim Sinn <strong>der</strong> obligatorischen<br />

ärztlichen Tauchtauglichkeitsuntersuchung<br />

wären.<br />

Die Praxis zeigt, dass physische<br />

Tauchhin<strong>der</strong>ungsgründe nur mit aufwändigsten<br />

Untersuchungen und psychische<br />

gar nicht ausgeschlossen werden können.<br />

Wer aus anatomischen Gründen, die<br />

in einer einfachen Untersuchung feststellbar<br />

sind, tauchuntauglich ist, merkt das<br />

sofort, beim ersten Tauchgang. Wenns<br />

weh tut, hört er in <strong>der</strong> Regel auf. Ein offenes<br />

Foramen Ovale (30% <strong>der</strong> Bevölkerung<br />

sollen davon betroffen sein!) tut<br />

zwar nicht weh, kann aber nur sehr<br />

schwer diagnosdiziert werden.<br />

Es gab mal eine Zeit als Asthma<br />

noch als absoluter Tauchhin<strong>der</strong>ungsgrund<br />

gegolten hat, bis die Statistiker<br />

feststellten, dass <strong>der</strong> Anteil von Asthmatikern<br />

unter den Tauchern gleich hoch war,<br />

wie unter <strong>der</strong> nichttauchenden Bevölkerung.<br />

Was hatten denn diese Lausbuben,<br />

o<strong>der</strong> -Mädchen, gemacht? Sie hatten<br />

dem zeugnissausstellenden Arzt, man<br />

will ja den Hausarzt nicht mit <strong>der</strong> Verantwortung<br />

belasten, bei <strong>der</strong> Anamnese das<br />

Asthma einfach verschwiegen. Interessanterweise<br />

hatten tauchende Asthmatiker<br />

auch plötzlich keine Asthmaanfälle<br />

mehr, und in <strong>der</strong> Unfallstatistik war nirgendwo<br />

Asthma als Unfallgrund anzutreffen.<br />

So ist es möglich dass eine bisherige<br />

Asthmatikerin in <strong>der</strong> Nationalmannschaft<br />

Unterwasserrugby mitspielt und<br />

ein betablockertherapierter Hochdruckpatient<br />

Tauchlehrer wird. Die Praxis zeigt<br />

dass auch querschnittsgelähmte o<strong>der</strong><br />

trommelfellperforierte Taucher mit Metallplatten<br />

im Schädel unter problemlosen<br />

Umständen und mit kompetenten Partnern<br />

ihren Sport ausüben können.<br />

Heute, am 19. Sept. 82<br />

ist Zweisternprüfung und Ich sollte<br />

eigentlich im Seeliken-Bad aufkreuzen.<br />

Das dürfte schwierig werden, ich bin<br />

nämlich mit Antoinette im Bürgerspital. In<br />

aller Herrgottenfrühe haben bei ihr die<br />

Wehen eingesetzt und ich musste eine<br />

Notfallübung durchziehen. Es scheint<br />

also ein interessanter Tag zu werden, zur<br />

Sicherheit habe ich ein Funkgerät mitgenommen.<br />

Nach langer Wartezeit, das Funkgerät<br />

bringt wenigsten einige Abwechslung,<br />

kreuzt ein Arzt auf, verkündet etwas von<br />

Steisslage und fragt ob ich etwas gegen<br />

einen Kaiserschnitt einzuwenden hätte.<br />

Ich finde dass wir die Zeit nicht mit Diskussionen<br />

vergeuden sollten und kann<br />

ein paar Minuten später einen kleinen,<br />

schrumpeligen, verschmierten Buben im<br />

warmen Wasser schwenken.<br />

An diesem Sonntag ist einiges los<br />

gewesen und zum Glück auch alles gut<br />

abgelaufen, im Bürgerspital und in <strong>der</strong><br />

Seeliken


Der Heubeeriliföhn tobt<br />

Ende November, Nachts um 10 Uhr<br />

läutet das Telefon. Die Polizei ist dran und<br />

frägt, ob ich nicht den Schnorchel klar machen<br />

könne; das Polizeiboot sei in <strong>der</strong> Werft<br />

und sie hätten eine Meldung dass ein<br />

Föhnsturm im Walchwiler Bojenfeld zwei<br />

Jachten losgerissen hätte.<br />

Ich werde ins Strandbad gefahren und<br />

muss nicht mal das Boot runterdrehen. Ich<br />

kann zwar die Meldung kaum glauben, <strong>der</strong><br />

See liegt spiegelglatt, kein Lüftlein weht.<br />

Trotzdem ziehe ich das Ölzeug an und nehme<br />

Taucherlampe und Töffhelm mit. Pius,<br />

nicht gerade <strong>der</strong> seekundigste Polizist,<br />

kommt mit. Wir fahren Vollgas Richtung Süden.<br />

Kurz vor dem Chiemen wird die Luft<br />

plötzlich heiss und ein komisches Rauschen<br />

liegt in <strong>der</strong> Luft. Und nun kommt auch Dünung<br />

auf, und Dünung ist hier <strong>der</strong> richtige<br />

Ausdruck. Solche Wellen habe ich auf dem<br />

Zugersee noch nie gesehen. Auch <strong>der</strong><br />

Sturm ist plötzlich da, höchste Zeit den Vollvisierhelm<br />

anzuziehen, denn das Flugwasser<br />

das über unser Boot spritzt ist eisig kalt.<br />

Im Lichtkegel <strong>der</strong> Lampe sehen wir eine<br />

weisse Jacht in den Wellen treiben und versuchen<br />

in die Nähe zu fahren. Die Idee erweist<br />

sich sofort als idiotisch, denn sowohl<br />

die Jacht, wie auch wir, surfen von jedem<br />

Wellenberg ins Tal hinunter. Und die Wellenberge<br />

sind unglaublich hoch.<br />

Pius versucht zu funken. Sobald er das<br />

Funkgerät vor den Mund hält, veranstaltet<br />

<strong>der</strong> Wind ein Pfeiffkonzert das jede Verbindung<br />

verunmöglicht. Pius schlottert, er<br />

ist inzwischen patschnass. Jede Welle<br />

läuft oben in den Le<strong>der</strong>mantel hinein<br />

und unten natürlich auch wie<strong>der</strong> heraus.<br />

Wir beschliessen zurückzufahren.<br />

Unsere Jacht wird am<br />

an<strong>der</strong>en Tag gefunden; praktisch unbeschädigt,<br />

steht sie auf dem eigenen<br />

Kiel, zwischen den Felsen auf dem<br />

Chiemen.<br />

REGA down<br />

Der Funkpiepser läuft wie es sich für<br />

einen Feuerwehrmann gehört, auch<br />

wenn’s eigentlich nicht gestattet ist. Und<br />

mitten auf <strong>der</strong> Neugasse tönt es aus dem<br />

FFZ-ipot: „Aufgebot Ölwehr, Helikopterabsturz<br />

im Zugersee!“<br />

Die werden das doch nicht ohne<br />

<strong>SLRG</strong> durchziehen wollen? Tauchausrüstung<br />

unter den Arm und Schnorchel gestartet.<br />

Auf die Meldung bei <strong>der</strong> Seepolizei<br />

kriege ich doch schon einen Auftrag:<br />

„Untersuchungsrichter mitnehmen“. Im<br />

Ennetsee ist die Ölwehr schon dabei eine<br />

Ölsperre zu errichten. Einige wenige<br />

Trümmer schwimmen noch herum. Ich<br />

sehe schnell; Taucher, sind hier im Moment<br />

nicht nötig. Der Pilot war allein an<br />

Bord, <strong>der</strong> Absturz muss genau untersucht<br />

werden, hier sind Polizeitaucher zuständig.<br />

Ich mache mich wie<strong>der</strong> auf den<br />

Heimweg. Da fällt mir ein farbiges Etui<br />

auf, das auf <strong>der</strong> Wasseroberfläche treibt.<br />

Ich fische es aus dem Wasser und werfe<br />

schnell einen Blick hinein. Ich bin zwar<br />

nicht Apotheker, aber was ich sehe, veranlasst<br />

mich, das Necessair doch noch<br />

schnell auf dem Posten vorbei zu bringen.<br />

Ein Helikopterabsturz ist zwar eine<br />

sichere, aber auch ziemlich exklusive Art,<br />

sich vom Leben zu verabschieden.<br />

Lasst hören<br />

aus alter Zeit


Der Tauchchef wird<br />

verabschiedet 1996<br />

in <strong>der</strong> Seeliken<br />

Lasst hören<br />

aus alter Zeit


Lasst hören<br />

aus alter Zeit


Lasst hören<br />

aus alter Zeit


Lasst hören<br />

aus alter Zeit


Lasst hören<br />

aus alter Zeit


Lasst hören<br />

aus alter Zeit


Röteltauchen<br />

1971 werden wir<br />

von <strong>der</strong> Jagd- und Fischereiverwaltung<br />

gebeten,<br />

an einem Forschungsprojekt<br />

über den<br />

Zugerrötel mitzumachen.<br />

Zwei Teams sind im<br />

Einsatz; die Einen starten<br />

in Turis Fischerhütte,<br />

die An<strong>der</strong>n von <strong>der</strong> Kantonalen<br />

Fischbrutanstalt<br />

in Walchwil. Von dort traversieren<br />

wir über den<br />

See zum Chiemen und tauchen dort auf<br />

dem Rötelplatz. Eine ziemlich kühle Veranstaltung<br />

zu dieser Jahreszeit. Heisses<br />

Wasser aus <strong>der</strong> Thermosflasche, vorher<br />

in den Anzug gekippt, ist eine eher psychologische<br />

Massnahme.<br />

Der Tauchgang ist recht interessant,<br />

das Wasser relativ klar, die Rötel fehlen<br />

zwar, aber ich sehe die grösste Trische<br />

meines Lebens. Wir fotografieren und<br />

nehmen Bodenproben. Grossen Erfolg<br />

haben die Kollegen, die vergessen haben,<br />

den Verschlusspfropfen vom Probenrohr<br />

zu nehmen. Auf 40 Metern lässt<br />

sich das natürlich nicht mehr nachholen.<br />

Ein vom Kanton spendiertes Essen<br />

bringt die schlotternden Taucher wie<strong>der</strong><br />

unter die Lebenden zurück. Da sich auch<br />

<strong>der</strong> zweite Teil <strong>der</strong> Veranstaltung erfolgreich<br />

entwickelt, beschliessen wir, diesen<br />

Anlass zur Tradition werden zu lassen. In<br />

den folgenden Jahren lädt <strong>der</strong> Präsi, Peter<br />

Rü, natürlich nur für den zweiten Teil,<br />

einen interessanten Politiker ein.<br />

Regierungsrat Alois Hürlimann meint<br />

zwar, er habe gleich nach dem Essen<br />

den nächsten Termin; nachmittags um<br />

Vier, ist er immer noch am Erzählen.


Triesche sucht nach<br />

Rötel-Kaviar<br />

Rötelplatz vor und<br />

nach dem Kiesen


UW-Film mit<br />

Hin<strong>der</strong>nissen<br />

Ich drehe einen Film über<br />

die Zugerrötel; o<strong>der</strong> versuche<br />

es wenigstens. Res Merz hat<br />

mir sein Hugi-Gehäuse mit<br />

den zwei Scheinwerfern ausgeliehen.<br />

(Dieses Gehäuse<br />

liegt immer noch irgendwo vor<br />

Ras Muhammed,- Sladli ruhe in Frieden).<br />

Da <strong>der</strong> Mensch nur zwei Hände hat, werde<br />

ich zur Tauchgangbeleuchtung einen<br />

<strong>der</strong> Filmscheinwerfer einschalten.<br />

Bruno begleitet mich. Seine Taucherlampe,<br />

ein Spiro-Lämpchen mit etwa<br />

3 Watt, aber immerhin wasserdicht, wird<br />

erst sichtbar als es um uns herum langsam<br />

dunkel wird. (Zu dieser Zeit konnte<br />

man sich halt Halogenlicht nur zum Filmen<br />

leisten).<br />

Wir tauchen also langsam, Turis Ansaugleitung<br />

folgend, nach unten. Am<br />

Fuss <strong>der</strong> Wand, es wird etwa in 40 Metern<br />

Tiefe sein, ich habe eben den zweiten<br />

Scheinwerfer auch eingeschaltet,<br />

wird meine Beleuchtung rapide schwächer<br />

und im Handkehrum stehe ich in völliger<br />

Dunkelheit. Weit unter mir sehe ich<br />

das Armseelenlichtlein von Bruno, das<br />

kurz darauf auch verschwindet.<br />

Da stehe ich nun, auf 40 Metern mit<br />

<strong>der</strong> schweren Kamera in <strong>der</strong> Hand, in<br />

pechschwarzer Nacht. Ich weiss nicht<br />

einmal mehr wo die Wand ist und gerade<br />

Aufsteigen darf ich auch nicht, weil<br />

<strong>der</strong> Fels, gut drei Meter überhängend,<br />

über meinen Kopf hinausragt. Die einzige<br />

sinnliche Wahrnehmungen ist die<br />

Grundberührung mit den Füssen und<br />

das beruhigende Blubbern des Lungenautomaten.<br />

Wo bleibt nur Bruno? Es<br />

scheint mir unwahrscheinlich dass er<br />

mich mit seinem Minilämpchen in <strong>der</strong><br />

Dunkelheit wie<strong>der</strong>findet. Also los, vorsichtig<br />

die Fenzy anblasen; in <strong>der</strong> einen<br />

Hand die Kamera, die an<strong>der</strong>e zum<br />

Schutz über den Kopf gehalten und mit<br />

<strong>der</strong> dritten Hand die Fenzy reguliert.<br />

Geht es überhaupt aufwärts und wenn<br />

ja, wie schnell? Beruhigt bin ich, als es<br />

doch langsam ein bischen heller wird<br />

und ich noch rechtzeitig vor dem Überhang<br />

anhalten kann. Auch Bruno hat<br />

auf diesem kurzen Tauchgang nicht viel<br />

gesehen.


Der Film wird dann aber doch noch<br />

fertig.Mit aufgeladenen Batterien steige<br />

ich, nachts um 22 Uhr, mit Gebi aus Turis<br />

Fischerhütte ins Wasser. Turi hat Netze<br />

gesetzt und ich habe mit Gebi die Szene<br />

vorher abgesprochen.<br />

Ich suche mir in 40 Metern eine Stelle<br />

mit gefangenen Röteln und lege mich<br />

hinter das Netz. Gebi kommt nun mit <strong>der</strong><br />

Lampe von <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite und<br />

schaut sich die Rötel an. 15 Minuten und<br />

die Szene ist im Kasten.<br />

Ein Kameramann des <strong>Schweiz</strong>er<br />

Fernsehens sucht geanau solche Aufnahmen<br />

zur Komplettierung eines Films über<br />

den Rötelfang. So wird die Filmsequenz<br />

an einem Sonntagabend zum Abschluss<br />

<strong>der</strong> Tagesschau gesendet.<br />

Es sei das erste Mal, dass das<br />

<strong>Schweiz</strong>er Fernsehen einen Super 8-<br />

Film gesendet habe. Es ist ja auch relativ<br />

neu, dass das Fernsehen überhaupt farbige<br />

Bil<strong>der</strong> auf die Reise schickt.<br />

Gebi hinter dem Netz


Pirouette auf dem<br />

Rötelplatz<br />

Zu einer Zeit als <strong>der</strong> Begriff Octopus<br />

nur für einige Meertaucher eine Bedeutung<br />

hatte, bei den Amerikaner war dies<br />

bereits Standard, hatte ich mir auch<br />

schon einen Nemrod Snark II als Zweitautomaten<br />

zugelegt. Der Snark II war als<br />

Upstream-Automat konstruiert, sehr billig,<br />

sehr einfach, und, vor allem in <strong>der</strong> Tiefe,<br />

sehr wirkungsvoll. Wenn man ihn nicht irrtümlicherweise<br />

am Manometeranschluss<br />

befestigte (gleiches Gewinde), sonst flog<br />

einem natürlich <strong>der</strong> Mitteldruckschlauch<br />

um die Ohren. Dieser Schlauch war nicht<br />

gebriedet, nicht gepresst, son<strong>der</strong>n nur<br />

eingeschraubt - meistens. Es gab Serien,<br />

da konnte man mit einem kleinen Ruck<br />

die zweite Stufe vom Schlauch abziehen.<br />

Die wichtigste Eigenschaft: Er war billig.<br />

Turi und ich wollen seinen Rötelplatz<br />

begutachten. Ich nehme meinen Aquazepp<br />

zur Beleuchtung und zum Testen<br />

mit. Bei <strong>der</strong> letzten Rückreise von <strong>der</strong><br />

Odyssee hat sich nämlich, durch die Erschütterung,<br />

<strong>der</strong> Scheinwerfer eingeschaltet<br />

und die ganze Batterieladung ist<br />

in Wärme umgesetzt worden, zum Glück<br />

ohne ein Feuer zu entfachen. Dabei ist<br />

aber die Frontscheibe teilweise angeschmolzen.<br />

Ich warne also Turi dass<br />

eventuel die ganze Angelegenheit mit einem<br />

respektablen Knall implodieren könne,<br />

er solle sich dadurch ja nicht erschrecken<br />

lassen.<br />

Wir gehen also runter auf den Rötelplatz;<br />

erstaunlicherweise bleibt <strong>der</strong><br />

grosse Knall aus. Um Turi im Lichtstrahl<br />

des Scheinwerfers mein OK-Zeichen geben<br />

zu können, klemme ich mir den<br />

Zepp unter den Arm. Dummerweise gerate<br />

ich dabei mit dem Ellenbogen an<br />

den „Gas-Schalter“. Das Resultat ist<br />

eine motorgetrieben 360° Pirouette.<br />

Nun findet <strong>der</strong> Knall doch noch statt,<br />

aber an<strong>der</strong>s als erwartet.<br />

Mein Snark II ist beim Zwirbeln in die<br />

Schraube geraten und vom Mitteldruckschlauch<br />

abgerissen worden. Nun sehe<br />

ich, rechts von mir, den Schlauch, wie ein<br />

losgelassener Feuerwehr-Strahlrohr, in einem<br />

wilden Blasenschwall, auf und ab<br />

schiessen. Ich versuche, so gut es geht,<br />

den Schlauch zusammenzuknicken um<br />

den Luftverlust zu bremsen; vergebliche<br />

Liebesmühe, mit den dicken Handschuhen.<br />

Ich gebe Turi das Zeichen dass etwas<br />

nicht in Ordnung sei und wir dringend<br />

aufsteigen müssten, er scheint aber<br />

nicht meiner Meinung. Als er auch auf<br />

das Notfallzeichen nicht reagiert, beschliesse<br />

ich, in Anbetracht <strong>der</strong> unsicheren<br />

Luftvorratssituation (noch kein Manometer),<br />

den sofortigen Aufstieg.<br />

Aquazepp senkrecht und Vollgas. An<br />

<strong>der</strong> Oberfläche gelingt es mir dann doch<br />

noch den Schlauch zusammenzudrücken<br />

und nach einem mehr o<strong>der</strong> weniger beruhigten<br />

Blick auf Turis Luftblasen versuche<br />

ich, wenigstens auf drei Metern, noch so<br />

etwas wie eine Dekompression durchzubringen.<br />

Klar, grosse Sorgen muss ich mir<br />

nicht machen, wir sind ja erst ein paar Minuten<br />

unten gewesen, aber es kann ja<br />

nicht schaden. Bald ist mein Gerät leer<br />

und ich muss rauf. Wo ist Turi? Offensichtlich<br />

immer noch unten, wie mir seine<br />

Luftblasen verraten.<br />

Als er dann auch zurückkommt, sein<br />

zuvor nur halbvolles Gerät ist inzwischen<br />

auch leer, meint er, dass ich ihm nicht allzusehr<br />

gefehlt hätte...............


Sag mir, wo die Rötel sind...<br />

Aus Turis Lungenautomat kommen<br />

komische Töne. Verrückt! Hier sind Sie<br />

ja, schön aufgereiht wie im Supermarktgestell.<br />

Alles kapitale Burschen, einer neben<br />

dem an<strong>der</strong>en. Mann müsste sie nur<br />

herausgrapschen. Hier, im Querspalt auf<br />

18 Metern direkt unter Turis Fischerhütte.<br />

Während dem ganzen Tauchgang<br />

haben wir keinen Schwanz gesehen,<br />

ausser den üblichen Trischen und ein<br />

paar mickrigen Kaulbarschen, nichts als<br />

leere Netzte bis hinunter auf 50 Meter.<br />

„Du hättest gescheiter deine Netze<br />

aus dem Fenster gehängt“ sage ich<br />

nachher, beim Umziehen, zu ihm.


Wie kriegt man Luft in die<br />

Taucherflaschen?<br />

Der Wi-, Wa-,<br />

Watschenmann...<br />

Lasst hören<br />

aus alter Zeit<br />

In den Urzeiten <strong>der</strong> <strong>SLRG</strong>-Taucherei<br />

füllten die tapferen Froschmänner ihre<br />

Tauchgeräte im Strandbad Chamerfussweg.<br />

Eine Füllrampe mit 4 Standflaschen<br />

à 50 Liter mit 150 bar waren da verbunden.<br />

Man füllte die Tauchgeräte im Kaskadenverfahren<br />

d.h. man schloss ein Gerät<br />

an, öffnete die erste Standflasche,<br />

liess den Inhalt überströmen, schloss diese<br />

Flasche und wie<strong>der</strong>holte den Vorgang<br />

mit den an<strong>der</strong>en drei Flaschen. Wenn die<br />

vierte Flasche neu war, konnte man so<br />

sein Gerät auf einen Enddruck von vielleicht,<br />

bestenfalls, 140 bar (damals noch<br />

Atü) füllen.<br />

Es handelte sich in <strong>der</strong> Regel um<br />

AGA-Geräte von 2x8 Litern Inhalt mit einem<br />

Betriebsdruck von 150 bar. Wenn<br />

man rechtzeitig nachbestellte, lieferte das<br />

Sauerstoffwerk Luzern eine neue Standflasche<br />

nach. Die Rechnung für die benötigten<br />

Standflaschen bezahlte übrigens<br />

die Stadt Zug.<br />

1970 installierte die Kantonale Gebäudeversicherung,<br />

für den Bedarf <strong>der</strong><br />

Feuerwehren, im Bunker, am Ort <strong>der</strong> heutigen<br />

Casino-Tiefgarage, einen Kompressor.<br />

Auch die Taucher <strong>der</strong> Polizeikorps<br />

und <strong>der</strong> <strong>SLRG</strong> erhielten die Bewilligung<br />

dort zu füllen. Der Kompressor war ein<br />

„brüllendes“ Monster. Nach <strong>der</strong> Einweihungsfeier<br />

durfte <strong>der</strong> junge Taucher, mit<br />

dem damaligen Technischen Leiter <strong>der</strong><br />

<strong>SLRG</strong> Sepp Haller, Käsekuchen essen in<br />

<strong>der</strong> Taube. Alles was Rang und Namen<br />

hatte von Feuerwehr und Polizei war<br />

auch da.<br />

Sepp war übrigens nicht nur Technischer<br />

Leiter <strong>der</strong> <strong>SLRG</strong>, er war auch Leiter<br />

des Krankenwagendienstes und in dieser<br />

Funktion auch Chauffeur <strong>der</strong> Regierungslimousine,<br />

mit den besten Beziehungen<br />

zu den Kantonalen Behörden inbegriffen.<br />

Endlich hatten wir volle Tauchgeräte.<br />

Lei<strong>der</strong> machte <strong>der</strong> kleine junge Taucher<br />

den Fehler, an einem Sonntag<br />

Nachmittag, mit den Feuerwehrkameraden<br />

vom Atemschutzkorps <strong>der</strong> Feuerwehr<br />

in <strong>der</strong> Gartenwirtschaft des Restaurant<br />

Hirschen einige Bierchen zu kippen.<br />

Die Diskussion kreiste natürlich um<br />

den neuen Kompressor. Das junge Taucherlein<br />

interessierte, unter an<strong>der</strong>en kleinen<br />

Details, wieso eine automatische<br />

Kondensatentleerung nicht auch gleich<br />

installiert worden sei (preislich wäre das<br />

ja alleweil dringelegen). Lei<strong>der</strong> beachtete<br />

er nicht, dass am gleichen Tisch auch <strong>der</strong><br />

Installateur <strong>der</strong> Anlage, er war damals<br />

Chef des Atemschutzes, auch anwesend<br />

war. Das war ein kapitaler Fehler.<br />

Bereits am Tage darauf, waren die<br />

unbedachten Äusserungen des kleinen<br />

Taucherleins bereits Thema einer Sitzung<br />

des zuständigen Regierungsrates (sic!).<br />

Der arme Technische Leiter wurde grauenhaft<br />

zusammmengeschissen und das<br />

Betreten <strong>der</strong> Füllstation den <strong>SLRG</strong>-Tauchern<br />

sofort verboten.<br />

Lei<strong>der</strong> kam nun ein tragisches Unglück<br />

dazu. Sepp verunglückte in Ausübung<br />

seines Jobs tödlich.<br />

Das kleine Taucherlein wurde nun<br />

zum Tauchchef beför<strong>der</strong>t, was aber <strong>der</strong><br />

Füllung unserer Tauchflaschen keinesfalls<br />

zuträglich war. Nach mehreren Sitzungen<br />

mit dem legendären Feuerwehrinspektor<br />

Hasenmeile, auch „Hasebüngel“<br />

genannt, und verschiedenen Wie<strong>der</strong>erwägungsgesuchen,<br />

brachten wir es<br />

fertig das wenigstens <strong>der</strong> neue Technische<br />

Leiter <strong>der</strong> <strong>SLRG</strong>, Tschuss Aeberli,<br />

beruflich Bademeister im Strandbad Zug,<br />

die Berechtigung zum Füllen unserer Geräte<br />

erhielt. Selbstverständlich war über<br />

jede Füllung genau Buch zu führen und<br />

die Entschädigung wurde für jede Flasche<br />

auf Fr. 2.- festgelegt. Nur diesmal


ezahlte das nicht die Stadt Zug, son<strong>der</strong>n<br />

diese wurden <strong>der</strong> <strong>SLRG</strong> fakturiert. Das<br />

Resultat war, dass man im Sommer alle<br />

verfügbaren Geräte bis zum letzten „Lufttropfen“<br />

leersoff. Dann versuchte man<br />

den Bademeister zu motivieren, die Geräte<br />

zu füllen, während <strong>der</strong> Badesaison<br />

meiste ein Ding <strong>der</strong> Unmöglichkeit. Wenn<br />

sich <strong>der</strong> fleissige Bademeister in seinem<br />

gedrängten Tagesprogramm irgendwann<br />

zwei Stunden abklemmen konnte, musste<br />

das kleine Tauchleiterlein mit seines Papas<br />

Auto ins Strandbad fahren, alles was<br />

wie ein Tauchgerät aussah einladen und<br />

zur Füllstation führen. Hier trug er die Geräte<br />

in einem langen, feuchten (daher wenigstens<br />

kühlen) Gang etwa hun<strong>der</strong>t Meter<br />

ins Dunkel und konnte dort zusehen,<br />

wie <strong>der</strong> liebe Bademeister den Kompressor<br />

dazu brachte die Geräte zu füllen. Anschliessend<br />

transportierte er die Kübel im<br />

Kofferraum wie<strong>der</strong> ins Strandbad zurück.<br />

Dies erlaubte den <strong>SLRG</strong>-Tauchern<br />

für die nächsten zwei Wochen wie<strong>der</strong> einige<br />

Tauchgänge, bis eine überraschende<br />

Schlechtwetterperiode dem Bademeister<br />

wie<strong>der</strong> die Gelegenheit gab eine<br />

Füllsession einzulegen. Mit wieviel bar<br />

(o<strong>der</strong> Atü) ein Taucher damals ins Wasser<br />

stieg interessierte kein Schwein, die<br />

Hauptsache war, dass man das Gerät<br />

nicht vorher mit <strong>der</strong> Velopumpe auffüllen<br />

musste.<br />

Dass diese Situation für das Tauchleiterlein<br />

untragbar war, ist klar und ich<br />

bin überzeugt, dass alle an<strong>der</strong>en Beteiligten<br />

eine höllische Freude an diesem Treiben<br />

hatten, mit Ausnahme <strong>der</strong> <strong>SLRG</strong>-<br />

Taucher natürlich.<br />

Was <strong>der</strong> Grund war, dass das junge<br />

Taucherlein <strong>der</strong>massen geplagt wurde<br />

kann ich nicht erklären. Ich vermute, dass<br />

ich unbeabsichtigt und auch ungewollt einem<br />

schlafenden Hund heftig auf den<br />

Schwanz getreten war. Mit ein bischen<br />

Fantasie lässt sich <strong>der</strong> Vorgang rekonstruieren:<br />

Irgendwer war wahrscheinlich<br />

davon ausgegangen, dass sowieso niemand<br />

eine Ahnung von diesen Dingen<br />

habe, und hat dann, irgendjemand, einen<br />

alten Kompressor mit wenig Betriebsstunden<br />

untergejubelt, ein Son<strong>der</strong>angebot,<br />

sozusagen. Weitergehende Vermutungen<br />

verkneife ich mir jetzt...<br />

Waldeslu-u-u-uft....!<br />

Es ergab sich dann, dass Gebi von<br />

seinem Einsatz als Tauchassi bei <strong>der</strong><br />

SUBEX auf Elba nach Hause kam. In seinem<br />

jugendlichen Leichtsinn hatte er dort<br />

einen „frischrevidierten“ Kompressor K-<br />

14 erstanden (günstig (!) für Fr. 3000.-).<br />

Voller Mitgefühl bot er dem armen gestressten<br />

Tauchleiterlein seine Hilfe an.<br />

Wir mussten den Kompressor nur in<br />

Altdorf abholen. Frisch gestrichen und silbern<br />

leuchtend stand er da, die Mutter aller<br />

Kompressoren. Ehemals Eigentum<br />

des USZ Basel, vermutlich ein Modell<br />

aus <strong>der</strong> Nullserie. Ich kannte ihn, wir hatten<br />

uns schon auf <strong>der</strong> Fieramosca mit<br />

ihm herumgeärgert. Nach zigtausenden<br />

von Betriebsstunden hatte er sich wahrscheinlich<br />

schon auf den Ruhestand gefreut.<br />

Hinter dem Haus machten wir einen<br />

Probelauf; mindestens 20 Meter flog die<br />

Zündkerze nach <strong>der</strong> ersten Zündung in<br />

den Nachthimmell. Das interessierte uns<br />

aber gar nicht, wir wollten ja einen Kompressor<br />

mit Elektromotor.<br />

Peter Rü brachte dann den „Mokken“<br />

von <strong>der</strong> ABB mit. Nun finge das lustige<br />

Füllen an; meinten wir. Lei<strong>der</strong><br />

machte sich das Alter unseres Methusalems<br />

in je<strong>der</strong> Beziehung bemerkbar.<br />

Ein Kompressor ist sehr stark mit einem<br />

Dieselmotor verwandt, er funktioniert<br />

nur umgekehrt, - meistens. Die Luftqualität<br />

war von jeglicher Norm, soweit so etwas<br />

damals schon bekannt wahr, weit<br />

entfernt. Ely kotzte fast nach jedem<br />

Tauchgang. Bruno Merz riskierte in <strong>der</strong><br />

Tauchschwimmer-RS bei einer Wechselatmungsübung,<br />

mit anschliessendem<br />

Lasst hören<br />

aus alter Zeit


Lasst hören<br />

aus alter Zeit<br />

Notaufstieg, beinahe das Leben seines<br />

Zugführers (Mais, Merz, s’est quoi cette<br />

air, s’est de-geu-lasse !!!) und ich erhielt<br />

von paar zürcher Tauchern beinahe eine<br />

Anzeige wegen vorsätzlicher Körperverletzung<br />

(Was, schlechte Luft, das macht<br />

uns nichts, wir sind uns die miesesten italienischen<br />

Füllstationen gewohnt!). So<br />

ging es nicht weiter.<br />

Wir bestellten bei <strong>der</strong> Firma<br />

EUROSUB einen grossen Standfilter für<br />

Fr. 800.-. Zuerst interessierte mich natürlich<br />

wie so ein Filter aufgebaut ist und ob<br />

überhaupt etwas drin sei. Ich schraubte<br />

in also auseinan<strong>der</strong>. Es ging nur sehr<br />

mühsam (übrigens war Aktivkohle drin),<br />

das Zusammenschrauben nur zur Hälfte<br />

und dann gar nichts mehr. Das ganze<br />

Team ins Auto und ab nach Hallwil zu<br />

den Herren Wecker und Lehmann.<br />

Der gewiefte Techniker Lehmann<br />

hatte das Gefühl, wir hätten etwas nicht<br />

richtig gemacht und meinte man müsse<br />

nur dass Rohr ein bischen erwärmen und<br />

das Ganze könne problemlos wie<strong>der</strong><br />

auseinan<strong>der</strong>genommen werden. Denkste,<br />

auch <strong>der</strong> Schweissbrenner hilft gar<br />

nichts, wenn ein Gewinde bereits kalt<br />

verschweisst ist. Aber, man ist ja kulant<br />

und holt den nächsten Filter aus dem<br />

Lager. Voilà, das Herausschrauben geht<br />

perfekt, verdammt, beim Hineinschrauben<br />

geht nichts mehr. Offensichtlich hatte<br />

sich hier <strong>der</strong> Lehrling im Gewindedrehen<br />

geübt. Zum Glück sieht dann das Gewinde<br />

des dritten, und letzten, Filters vernünftig<br />

aus und funktioniert auch so.<br />

Keep cool, es wird ja auch nur mit 200<br />

bar belastet.<br />

Dafür waren unsere geschmacklichen<br />

Probleme ein für alle Mal gelöst. Ein<br />

Meter Aktivkohle verhalfen uns zu<br />

Waldesluft, ausser es passierte wie<strong>der</strong><br />

mal ein Scheiss und die Kohle landete,<br />

pulverisiert und durch den Sinterfilter<br />

gedrückt, in <strong>der</strong> Tauchflasche.<br />

Sticky Fingers<br />

Die Luft war nun gut, aber es zeigte<br />

sich ein an<strong>der</strong>es Problem. Bei den diversen<br />

elbanischen „Generalrevisionen“ unseres<br />

Ungetüms war auch die Leitung<br />

<strong>der</strong> Druckölschmierung ersetzt worden.<br />

Serienmässig wäre dort ein kleines Filterchen<br />

eingebaut gewesen. Dieses hatte<br />

sich natürlich inzwischen in Luft aufgelöst<br />

und fehlte bei unserem Prachtstück.<br />

Als Resultat wan<strong>der</strong>ten, bei je<strong>der</strong> Inbetriebnahme,<br />

die kleinen Metallspänchen<br />

aus dem Schmiersumpf nach oben<br />

in die vierte Stufe. Dort verkeilten sie sich<br />

im Schmierspalt (2-3/1000mm) des fliegenden<br />

Kolbens und verschweissten ihn<br />

innert Sekunden mit dem Zylin<strong>der</strong>. Ein<br />

begabter Werkzeugmacher (Fritz Reck)<br />

gelang es, diese Kolben auf den Tausendstel<br />

genau nachzudrehen.<br />

Irgend wann war aber die Geduld<br />

meiner Mutter erschöpft (ein Buchbin<strong>der</strong><br />

<strong>der</strong> immer mit Armen schwarz bis zu den<br />

Ellenbogen herumläuft, ist untragbar) und<br />

sie bot <strong>der</strong> <strong>Tauchgruppe</strong> ein zinsloses<br />

Darlehen für einen neuen, funktionierenden<br />

Kompressor an. Unsere Probleme<br />

waren wie<strong>der</strong> einmal gelöst. Ein „Grossauftrag“<br />

(siehe: Der sinkende Hafen) erlaubte<br />

uns dann, nach und nach, das<br />

Darlehen zurückzuzahlen.<br />

Mit den Jahren wurde dann, mit <strong>der</strong><br />

Mithilfe von Peter Rütimann (Steuerung)<br />

und Peter Schmalz (Installation), die Anlage<br />

immer weiter ausgebaut und wir verfügten<br />

so über die leistungsfähigste Füllstation<br />

weit und breit.<br />

Für die Mitglie<strong>der</strong> war die Luft gratis.<br />

Fremdbezüger, sie mussten nur wissen,<br />

wo <strong>der</strong> Eingangsschlüssel versteckt war,<br />

warfen einen „Fünfliber“ ins Kässeli.


Die Stadt plant<br />

auf dem Gelände <strong>der</strong> ehemaligen<br />

Ziegelei Brandenberg ein Wassersportzentrum.<br />

Das Gebäude erstreckt sich, zigarrenförmig<br />

auf Pfählen, in den See hinaus.<br />

Unter unserem Klubraum werden wir<br />

18 Meter Wasser bis zum Seegrund haben.<br />

Tauchen direkt aus dem Klubraum,<br />

welche Perspektive. Natürlich gehört<br />

auch eine Füllstation dazu.<br />

Wir haben mit verschiedenen Unterwasserarbeiten<br />

ziemlich Geld auf dem<br />

Kompressorkonto gespart und ich mache<br />

mich an die Planung. An einem Kurs<br />

habe ich bei <strong>der</strong> Zürcher Seepolizei im<br />

Tiefenbrunnen eine Dräger Füllanlage<br />

gesehen, bei <strong>der</strong> ein kleiner Bauer Kompressor<br />

drei Speicherflaschen mit 300 bar<br />

füllt. Dieser Ansatz scheint mir sehr vernünftig<br />

und so etwas schwebt mir auch<br />

für uns vor. Später stellt sich dann lei<strong>der</strong><br />

heraus, dass sich Pressluft bei Drücken<br />

über 200 bar nicht so verhält, wie das<br />

Boyle-Mariotte in jedem Taucherlehrbuch<br />

stolz verkünden.<br />

An einem Kurs, organisiert vom<br />

SUSV bei Bauer-Kompressoren in München,<br />

hole ich mir einige Grundkenntnisse.<br />

Dort spricht man bereits von Drücken<br />

von 540 bar, aber das scheint mir dann<br />

doch ein bisschen heiss.<br />

Bei einer Volksabstimmung bewilligen<br />

die Stimmbürger 42 Millionen für die<br />

Seeufergestaltung. Der Siebbach wird für<br />

sagenhafte 11 Millionen offengelegt, ein<br />

Mehrfamilienhaus wird gebaut und ein<br />

neuer Stadtrat weigert sich das Wassersportzentrum<br />

zu realisieren.<br />

Übrig bleibt wenigstens ein Kompressorraum<br />

und so können wir wenigstens<br />

unsere Füllstation weiter planen.<br />

Als sich auch noch die <strong>Tauchgruppe</strong>n von<br />

See- und Kantonspolizei mit je 15 000.-<br />

beteiligen, steht einer Realisierung nichts<br />

mehr im Weg.<br />

Flieg, Kolben, flieg!<br />

Es muss so irgendwann anfangs <strong>der</strong><br />

Fünfzigerjahre gewesen sein, <strong>der</strong> damalige<br />

K 14 Kompressor war im Prototypenzustand<br />

und <strong>der</strong> Seniorchef von BAUER<br />

kämpfte mit dem Problem, wie er die<br />

Dichtungsringe <strong>der</strong> vierten Stufe den Belastungen<br />

anpassen könnte. Bei einer<br />

Bergwan<strong>der</strong>ung hatte er dann die wun<strong>der</strong>bare<br />

Idee, es einmal ohne Dichtungsringe<br />

zu versuchen. Er konstruierte einen<br />

Kolben mit einem sehr kleinen Spiel zwischen<br />

Zylin<strong>der</strong>bohrung und Kolben (2-3/<br />

1000 mm) und dachte sie mit Schmieroel<br />

unter dem entsprechenden Druck zu<br />

dichten.<br />

Eine entsprechende Pumpe zu konstruieren<br />

lag ausserhalb seiner Möglichkeiten,<br />

also nahm er eine normale Treibstoffpumpe<br />

eines Dieselmotors. Seine<br />

Überlegungen gingen dahin, dass diese<br />

Pumpe genau synchron zum „Freiflugkolben“<br />

<strong>der</strong> vierten Stufe arbeiten müsste,<br />

um ein Rückfliessen <strong>der</strong> verdichteten Luft<br />

zu verhin<strong>der</strong>n. Genaue Vorschriften für<br />

die Einstellung <strong>der</strong> Antriebskette stellten<br />

diesen Vorgang sicher.<br />

Da die „lausigen Kompressorwarte“<br />

vergassen diese Kette zu schmieren<br />

stellten sich fortlaufend Defekte ein. Als<br />

Weiterentwicklung wurde dann bei <strong>der</strong><br />

nächsten Generation des K 14 anstelle<br />

<strong>der</strong> Kette ein wartungsfreier Zahnriemen<br />

aus Gummi eingebaut. Nun gingen die<br />

„lausigen Kompressorwarte“ noch weiter<br />

und bauten die Zahnriemen ein, ohne<br />

sich um die Synchronisation <strong>der</strong> Pumpe<br />

mit dem Freiflugkolben zu kümmern. Und<br />

siehe da es funktionierte.<br />

Seither benützt BAUER ganz gewöhnliche<br />

Keilriemen, kein Schwein kümmert<br />

sich um die Synchronisation und<br />

niemand weiss, wie und warum die ganze<br />

Sache funktioniert.<br />

Lasst hören<br />

aus alter Zeit


Fotos aus dem<br />

Kompressorraum<br />

von Peter Schmalz<br />

Elly, die Seenixe<br />

Warten auf den Sturm<br />

Lasst hören<br />

aus alter Zeit


Lasst hören<br />

aus alter Zeit<br />

Gebi <strong>der</strong> Doppelpirat<br />

Der erste Tröcheler am Zugersee<br />

Konstruktion: Ernst Michel


Helmut, Peter, Franz<br />

Thomas, Bruno und Jan<br />

Lasst hören<br />

aus alter Zeit


Bruno Merz<br />

Lasst hören<br />

aus alter Zeit<br />

Man fährt gerne mit<br />

dem Aquazepp beim<br />

Rigiblick vorbei


Odysséen 1970 - 90<br />

Jedes Jahr charterten wir ein bis<br />

zwei Mal ein Schiff für eine Woche um<br />

nach Lust und Laune (unserer und <strong>der</strong><br />

des Kapitäns) und abhängig vom Wetter,<br />

die Inseln des Thyrrenischen Meers zu<br />

erkunden. Das Gebiet in dem sich die<br />

Odysseen abspielten, erstreckte sich<br />

zwischen Capraia im Norden, Giannutri<br />

im Süden und Scoglio d’Africa (Africhella)<br />

im Westen. Die Ausgangspunkte waren<br />

Porto Azzurro, Talamone und Porto<br />

Santo Stefano. Die Boote waren meistens<br />

abenteuerliche Oldtimer, Zweimast-Gaffelschoner,<br />

so ca. 15 Meter lang<br />

und 50 Tonnen schwer. Wenn <strong>der</strong> Wind<br />

mal von hinten kam, konnten wir sogar<br />

segeln. Aber im Mittelmeer ist <strong>der</strong> Wind<br />

meist entwe<strong>der</strong> zu schwach o<strong>der</strong> zu<br />

stark und kommt fast immer von vorn.<br />

Das Juwel unter den Tauchgebieten<br />

war Monte Christo mit <strong>der</strong> Villa von König<br />

Vittorio Emanuele, einem Park mit exotischen<br />

Gewächsen und einem Museum<br />

ohne Besucher. Die Insel wurde in den<br />

70er Jahren unter Schutz gestellt, mit einem<br />

Ankerverbot im Umkreis von 500<br />

Metern. Auch wir konnten nur noch mit<br />

den Archäologen von Oxford hinfahren,<br />

und als Rudi, unser Kapitän, mal ganz<br />

gute Laune hatte. Was aber nicht viel<br />

brachte, da wir damals wetterbedingt<br />

(Sturmodyssee), nur drei mal ins Wasser<br />

kamen.<br />

Inzwischen übernachten die Fischer<br />

von Porto Santo Stefano, auch „wetterbedingt“,<br />

und bemühen sich, nachts, mit <strong>der</strong><br />

Harpune in <strong>der</strong> Hand, ihre Fänge aufzubessern.<br />

Odysséen im Tyrrennischen Meer<br />

1970-90


Das erste Odyssee-Schiff war die<br />

ELBA MARINA. Die einzige sanitäre Instalation<br />

war eine WC-Kabine an Deck,<br />

die nach dem Schwerkraftprinzip funktionierte.<br />

Übernachtet wurde auf Luftmatrazen;<br />

wer es luxuriös wollte, nahm ein<br />

Klappbett mit. Bei Regenwetter wurde<br />

das Sonnensegel aufgespannt und <strong>der</strong><br />

Kampf um einen Trockenplatz begann.<br />

Die Letzten, die, meist ausreichend<br />

erfrischt, vom Landgang zurückkamen,<br />

mussten sich halt ihren Schlafplatz organisieren.<br />

Ein Erker in <strong>der</strong> Hafenmauer<br />

o<strong>der</strong> ein Tisch in einer Gartenwirtschaft<br />

boten meist Schutz genug. Wir ruhten<br />

sanft am Busen <strong>der</strong> Natur, o<strong>der</strong> so.<br />

Die ELBA MARINA im<br />

Hafen von Porto Azzurro<br />

Odysséen im Tyrrennischen Meer<br />

1970-90<br />

Auf <strong>der</strong> TYRA und <strong>der</strong> FIERAMOS-<br />

CA gab es bereits relativ trockene Kojen<br />

und ein Pumpklosett an dem manchmal<br />

<strong>der</strong> Zettel hing „Out of or<strong>der</strong>, go ashore“<br />

was uns anschliessend erlaubte, mit <strong>der</strong><br />

„Grossen Zerlegung“ des Patienten, unsere<br />

Parkdienstkenntnisse zu erweitern.<br />

SEEMÖWE und MARLIN waren dann<br />

bereits keine Seelenverkäufer mehr.<br />

TYRA<br />

Zweimastgaffelschoner<br />

Einzylin<strong>der</strong>motor 28 PS<br />

Togg, togg, togg, togg, togg.......<br />

FIERAMOSCA I


Auf, auf, zur fröhlichen<br />

Odyssée<br />

Odysséen im Tyrrennischen Meer<br />

1970-90<br />

Zug – Tirrenia, 800 Kilometer<br />

sind es ungefähr, und jedes Mal<br />

Abenteuer pur, je<strong>der</strong> Kilometer. Am<br />

Gotthard bohrt man zwar ein Loch,<br />

aber bis das Jahrhun<strong>der</strong>twerk fertig<br />

ist, geht es noch einige Zeit und im<br />

Mai und Oktober ist <strong>der</strong> Pass meist<br />

noch gesperrt. Wir fahren also über<br />

den San Bernardino im Konvoi,<br />

manchmal verbunden mit Funkgeräten<br />

und das mit gutem Grund. Die<br />

Autos sind noch nicht für das Zurücklegen<br />

grösserer Distanzen konstruiert<br />

und wenn sie mal 60’000 Kilometer<br />

auf dem Tacho haben, ist es höchste<br />

Zeit sich um einen Ersatz zu kümmern.<br />

In Thusis o<strong>der</strong> so, gehen wir Nachtessen.<br />

Spätestens im Tessin ist <strong>der</strong> TCS-<br />

Pannendienst an <strong>der</strong> Reihe. Kurz bevor wir<br />

eine Unterkunft für die Nacht zu suchen beginnen,<br />

stellt <strong>der</strong> Patrouilleur fest, dass sich<br />

die Zündverteilerfeststellschraube gelockert<br />

hatte und, nach <strong>der</strong>en Fixierung, einer Weiterfahrt<br />

nichts mehr im Weg stehe.<br />

Beim Überqueren des Apennin ergiebt<br />

sich dann das nächste Problem. Trotzdem<br />

<strong>der</strong> Anlasser nicht mehr will, gelingt es, den<br />

Motor, rückwärtsrollend, wie<strong>der</strong> in Gang zu<br />

bringen. Dank <strong>der</strong> italienischen Beleuchtung<br />

im Tunnel hat es auch niemand gesehen.<br />

Die Autobahn hat bald ein Ende, <strong>der</strong><br />

Tankinhalt auch und die Suche nach einer<br />

Tankstelle beginnt. In Italien kommen Tankstellen<br />

entwe<strong>der</strong> gehäuft vor, dafür sind sie<br />

alle im Streik, o<strong>der</strong> man findet zwar die einsame<br />

Tankstelle und es gibt weit und breit<br />

keinen Operateur. Ein Reservebidon empfiehlt<br />

sich in jedem Fall.<br />

Am Zielort hat nun die Garage eine<br />

Woche Zeit den Wagen zu reparieren, vorausgesetzt<br />

es gelingt ihr, die englischen Ersatzteile<br />

zu organisieren.<br />

Andreas <strong>der</strong> Kapitän <strong>der</strong> TYRA und Susi<br />

seine Lebensgefährtin.<br />

Vorsicht: Odysséen können für Frauen<br />

gefährlich sein!<br />

Languste


Matrose erklimmt<br />

die Takelage<br />

Fotos Peter Schmalz<br />

Odysséen im Tyrrennischen Meer<br />

1970-90<br />

Die Bühlmann-Tabelle<br />

war immer dabei


Die Fieramosca wird<br />

im Hafen von Talamone<br />

beladen<br />

Rudi, Alexan<strong>der</strong> und Ilse<br />

Odysséen im Tyrrennischen Meer<br />

1970-90


Odysséen im Tyrrennischen Meer<br />

1970-90<br />

Grotone<br />

Franz


Mare molto mosso agitato<br />

Eine steife Brise bläst und als wir<br />

die Bucht von Portoferraio verlassen,<br />

kommt noch eine zackige Dünung dazu.<br />

Normalerweise dauert die Fahrt<br />

nach Piombino 90 Minuten, aber heute<br />

wird’s wahrscheinlich etwas länger dauern.<br />

Das Bordrestaurant ist wegen Glasbruchgefahr<br />

geschlossen, mit einem<br />

magennervenberuhigenden Drink ist’s<br />

also nichts. An Deck ist die Luft auch viel<br />

frischer; bedeutend frischer als auf den<br />

Toiletten, wie ich beim Vorbeigehen feststellen<br />

kann. Aber auch hier ist die Situation<br />

chaotisch. Vom Vordeck läutet<br />

die Schiffsglocke. Ich traue meinen Augen<br />

nicht: Auf <strong>der</strong> Brücke steht <strong>der</strong> Steuermann,<br />

(o<strong>der</strong> ist’s <strong>der</strong> Kapitän?),<br />

krümmt sich über die Reling und reihert.<br />

Es empfiehlt sich, die Windrichtung<br />

zu beachten; die Kotze fliegt heute tief.<br />

Nun wird’s auch mir langsam ungemütlich<br />

und ich bin froh, als wir heil an <strong>der</strong><br />

Mole von Piombino anlegen.<br />

Odysséen im Tyrrennischen Meer<br />

1970-90


Bärenkrebs<br />

Odysséen im Tyrrennischen Meer<br />

1970-90<br />

Horst in Aktion<br />

Die TYRA in Montechristo


Emerita und Fieramosca<br />

Fieramosca vor Capo Liveri<br />

Odysséen im Tyrrennischen Meer<br />

1970-90<br />

Morgenessen<br />

in Giglio Porto


Odysséen im Tyrrennischen Meer<br />

1970-90<br />

Giglio Campese<br />

Giannutri<br />

Sonnenuntergang in Campese<br />

Campese


Odysséen im Tyrrennischen Meer<br />

1970-90<br />

Die Gefangenen von Monte<br />

Christo<br />

Eine sehr interessante Odyssee auf<br />

<strong>der</strong> Fieramosca hat uns Rudi versprochen.<br />

Da er ja den Wildhüter auf Monte<br />

Christo beson<strong>der</strong>s gut kennt, sollte es<br />

uns möglich sein, auch ohne Bewilligung<br />

(Naturschutzgebiet, Ankerverbot!) hinzufahren.<br />

Ich habe extra noch einen Superaquazepp<br />

organisiert (70 kg, 10 km/h)<br />

und los geht’s.<br />

Lei<strong>der</strong> gibt <strong>der</strong> Bierkonsum von Rudi<br />

zu gröberen Bedenken Anlass. Er verdoppelt<br />

sich, quasi von Stunde zu Stunde;<br />

irgend etwas ist mit dem Wetterbericht<br />

nicht in Ordnung (Mare mosso, agitato).<br />

Obwohl Rudi zuerst gesagt hat, wir<br />

würden nicht in <strong>der</strong> Hauptbucht anlegen,<br />

(um den Wildhüter nicht allzustark zu<br />

kompromitieren) ankern wir dann schlussendlich<br />

doch in <strong>der</strong> Cala Maestra (unter<br />

den Augen des Wildhüters). Dem sehr<br />

prekären Wetterbericht zufolge, setzen<br />

wir zwei Anker mit je etwa hun<strong>der</strong>t Metern<br />

Kette. Zum Ufer hin vertäut Rudi das<br />

Schiff mit zwei dicken Tauen. Keinen Moment<br />

zu früh, denn das Theater geht sofort<br />

los.<br />

Obwohl wir in <strong>der</strong> Abdeckung des Inselgebirges<br />

liegen, schlägt die Tramontana<br />

mit brutaler Gewalt zu. Die Taue spannen<br />

sich wie<br />

Basssaiten und fibrieren<br />

auch entsprechend<br />

bei je<strong>der</strong> Böe.<br />

Unsere massive Aluminium-Gangway<br />

saust, wie eine alte<br />

Zeitung, quer übers<br />

Deck. Rudi hält<br />

Kriegsrat und erklärt,<br />

dass, immer laut<br />

Wetterbericht, <strong>der</strong><br />

Wind mitten in <strong>der</strong><br />

Nacht wechseln und<br />

dann mit <strong>der</strong> gleichen<br />

Stärke aus <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Richtung blasen<br />

würde. Eine nicht sehr erfreuliche Vorstellung.<br />

Ich reservierte mir für alle Fälle<br />

die Koje gleich unter dem Nie<strong>der</strong>gang.<br />

Sie ist zwar bei Regenwetter etwa feucht,<br />

erlaubt aber den sofortigen Ausstieg.<br />

Mitten in <strong>der</strong> Nacht beginnt die Ankerwinsch<br />

zu rattern; raus aus dem Sack<br />

und rauf aufs Deck, <strong>der</strong> Wind kommt nun<br />

voll von vorn. Rudi gibt Vollgas und wir<br />

versuchen, gegen den Sturm, aus <strong>der</strong><br />

Cala Maestra herauszukommen. Auf dem<br />

Vordeck geht alles drunter und drüber.<br />

Ich versuchte noch das, was von den<br />

zwei Aquazepps übrig geblieben ist, mit<br />

Tauen festzuzurren. Ein Riesenknall, unser<br />

Heck ist, zwischen den Felsen, auf einem<br />

Steinbrocken aufgeschlagen. Mit<br />

voller Motorkraft und <strong>der</strong> Ankerwinde<br />

kommen wir vom Ufer frei und keine<br />

zwanzig Meter neben dem steilen Felsufer<br />

können wir, mit halbem Wind und<br />

akrobatischer Schräglage, Richtung Süden<br />

entkommen. Aus <strong>der</strong> Küche melden<br />

sich inzwischen unsere ganzen Porzellan-<br />

und Glaswaren scheppernd ab. Rudi<br />

beschwört die ganze, auf dem Heck versammelte,<br />

recht verstörte Mannschaft, ja<br />

sitzenzubleiben und garantiert, auf jedes<br />

„Mann über Bord Manöver“ zu verzichten.<br />

Der Super-Aquazepp


Mit Ach und Krach können wir so in<br />

die Abdeckung entkommen. Dort treffen<br />

wir dann die versammelten Fischkutter<br />

von Porto Santo Stefano; auch ihnen ist<br />

<strong>der</strong> Mistral zu stark um nach Hause zu<br />

fahren. Unser Matrose steuert, Rudi steht<br />

andächtig an <strong>der</strong> Bordwand und lauscht<br />

auf die Sirene des Bilgenwasserwarngeräts.<br />

Beni frägt mich was „Nähchäschtli“<br />

auf englisch heisse. Auf meine Rückfrage<br />

wieso er denn, in einer solch kritischen<br />

Situation, Fremdsprachen lernen wolle,<br />

(Ich weiss ja den richtigen Ausdruck auch<br />

nicht!) meint er, dass die entsprechende<br />

Schublade auf dem Küchenboden herumsause<br />

und er den Kapitän darüber informieren<br />

wolle. Ich versuche im beizubringen,<br />

dass sich unser Kapitän im Moment<br />

sicher nicht für den Zustand des<br />

Nähkästchens interessieren würde.<br />

Für’s Erste sind wir nun mal davongekommen.<br />

Lei<strong>der</strong> ist das<br />

Einzige was sich in dieser<br />

Woche noch än<strong>der</strong>t die<br />

Windrichtung, und dies<br />

alle paar Stunden. Aus einer<br />

Bucht raus, in <strong>der</strong><br />

übernächsten wie<strong>der</strong><br />

rein. Zwar immer in die<br />

Windabdeckung, so gut<br />

es geht, aber dafür den<br />

Schwell und die Wellen<br />

des vorherigen Windes<br />

voll aufs Schiff.<br />

Die Kochleistung unseres<br />

Kapitäns geht sehr<br />

zurück, zum Glück auch<br />

<strong>der</strong> Appetit seiner Passagiere.<br />

Peter Rü und ich<br />

behelfen uns; er gestaltet<br />

eine Kalte Platte und ich<br />

hänge die Weinflasche<br />

an den Mast. So können<br />

wir uns abwechselnd mit<br />

Speis und Trank versorgen.<br />

Die Platte saust,<br />

synchron zur Weinflasche,<br />

immer mit <strong>der</strong> Krängung des<br />

Schiffs, hin und her.<br />

Ein Fluchtversuch wird nach drei<br />

Stunden abgebrochen, wir sind nur vier<br />

Kilometer weit gekommen und die Bilgenwarnung<br />

lärmt, obwohl die Lenzpumpe<br />

pumpt was sie kann.<br />

Wir sind, zwei Tage über den Charter<br />

hinaus, Gefangene von Monte Christo,<br />

das einzige Schiff weit und breit. Nur<br />

die Express-Ferry Genua-Neapel ist noch<br />

unterwegs, aber nicht express und ganz<br />

ungewohnt nahe dem Festland. We<strong>der</strong><br />

Wildhüter, noch Fischer, noch Guardia Finanza<br />

sind draussen. Je<strong>der</strong> <strong>der</strong> ein Schiff<br />

besitzt, bleibt zu Hause; - nur wir können<br />

nicht. Nachteilig ist natürlich, dass dieses<br />

Tohuwabohu auch keinen Tauchbetrieb<br />

zulässt. Gerade drei Tauchgänge sind<br />

witterungsbedingt möglich. Meine schönen<br />

Aquazepps, - ganz für die Katz...<br />

Odysséen im Tyrrennischen Meer<br />

1970-90


Odysséen im Tyrrennischen Meer<br />

1970-90<br />

Es lebe <strong>der</strong> RECTA-<br />

Kompass!<br />

Das Chachelischiff, einer <strong>der</strong> bekanntesten<br />

Tauchplätze von Monte Christo,<br />

ist recht schwierig zu betauchen. Genau<br />

in <strong>der</strong> Mitte <strong>der</strong> Cala Santa Maria<br />

liegt das Wrack eines mit Steingut beladenen<br />

Schiffs zwischen 48 - 52 Metern<br />

Tiefe. Ein grosses Fischernetz ist am<br />

Wrack hängen geblieben.<br />

Früher schwebte es, einer Kathedrale<br />

o<strong>der</strong> einem Atomkraftwerk-Kühlturm<br />

ähnlich, rund ums Wrack herum. Später<br />

hat es sich dann aufs Wrack gelegt, wie<br />

wenn es die herumliegende Ladung<br />

schützen wollte. Dieses Netz erschwert<br />

natürlich den Tauchgang nicht unerheblich,<br />

da die geistige Fitness in dieser Tiefe<br />

nicht mehr beson<strong>der</strong>s ausgeprägt ist. In<br />

<strong>der</strong> Regel taucht man vom Schlauchboot<br />

aus ins Blaue ab, bei guter Peilung und<br />

klarem Wasser landet man meist am richtigen<br />

Ort.<br />

Schwieriger ist <strong>der</strong> Aufstieg. Es gibt<br />

zwei Möglichkeiten: Entwe<strong>der</strong> ein Freiwasseraufstieg<br />

mit Dekompression unter<br />

dem Schlauchboot, dies ist die langweilige<br />

und je nach Wetter auch die gefährlichere<br />

Version, o<strong>der</strong> das Tauchen dem<br />

Grund entlang zur südlichen Wand <strong>der</strong><br />

Bucht. Dies ist dekompressionsmässig<br />

ein bischen heikel, weil man über den<br />

Grund, o<strong>der</strong> zumindest mit Grundsicht,<br />

in erheblicher Tiefe, eine längere<br />

Strecke zurücklegen muss. Da<br />

die Deko-Tabellen auf dem Rechteck-Tauchgangsprofil<br />

beruhen,<br />

muss man die noch zurückzulegende<br />

Strecke in die Grundzeit einrechnen<br />

- o<strong>der</strong> so. Während <strong>der</strong> Dekozeit<br />

an <strong>der</strong> Felswand kann man<br />

dann, ganz gemütlich, zur geankerten<br />

Fieramosca zurücktauchen.<br />

Dies wollen Peter Rü und ich<br />

auch so machen, als wir, das<br />

schwere Einkaufsnetzchen mit den<br />

geborgenen Kaffetassen in <strong>der</strong> Hand, die<br />

Felswand erreichen. Gemütlich geht es<br />

aufwärts, bis die Felswand auf 28 Metern<br />

abrupt zu Ende ist und es wie<strong>der</strong> abwärts<br />

geht. Es fällt uns sofort auf, dass hier etwas<br />

nicht stimmen kann. Die wun<strong>der</strong>baren<br />

unberührten Fel<strong>der</strong> von grossen Roten<br />

Gorgonien, belebt von vielen kleinen<br />

Fischen, erfreuen zwar unsere Augen,<br />

beruhigen uns aber in keiner Weise. Etwas<br />

ist krumm gelaufen und die Kombination<br />

<strong>der</strong> Anzeigen von Uhr, Tiefenmesser,<br />

Manometer und Tauchtabelle rufen<br />

nach einem schnellen „Führerentschluss“.<br />

Um diesen zu erleichtern, hat ein Offizier<br />

<strong>der</strong> <strong>Schweiz</strong>er Armee (Peter), immer<br />

einen RECTA-Kompass dabei. Also die<br />

Libelle ausgefahren, einen Ostkurs eingestellt<br />

und schnellstens Abschied genommen<br />

von unserem kleinen, neuentdeckten<br />

Paradies. Nach einigen bangen Minuten,<br />

nur von klarem Wasser umgeben, bei denen<br />

uns scheint, die Zeiger von Manometer<br />

und Uhr bewegten sich immer schneller<br />

in die entgegengesetzte Richtung, ist<br />

Land in Sicht.<br />

Wir möchten hier noch nachträglich<br />

dem VBS (früher ASS, noch früher EMD)<br />

unseren besten Dank aussprechen, für<br />

dieses polyvalente Hilfsmittel, auch wenn<br />

es sicher ursprünglich nicht für diesen,<br />

eher ausgefallenen, Verwendungszweck<br />

konzipiert worden ist.


Im Tiefflug zur NASIM<br />

Auf Giannutri liegt, gleich ausserhalb<br />

<strong>der</strong> Cala Maestra (ja dort, wo man in einem<br />

original römischen Keller, zwischen<br />

Amphoren und Schafscheren, eine Pizza<br />

essen kann), auf 60 Metern Grund ein<br />

Frachter.<br />

In einer dunkeln, ruhigen Winternacht,<br />

anfangs <strong>der</strong> Siebzigerjahre, sauste<br />

er, von Livorno kommend, mit voller Kraft<br />

auf die nördliche Küste <strong>der</strong> kleinen Insel.<br />

Es scheint dass niemand am Steuer,<br />

stand. Die ganze Mannschaft, entwe<strong>der</strong><br />

übermässig erfrischt, o<strong>der</strong> vor dem Fernsehapparat,<br />

o<strong>der</strong> gar beides; sonst hätten<br />

sie nämlich die Lichtsignale des Leuchtturms<br />

gesehen. Es gab, wie es scheint,<br />

keine Opfer, alle konnten ans Ufer<br />

schwimmen.<br />

Wieso es <strong>der</strong> Frachter so eilig gehabt<br />

hatte, kann nur vermutet werden.<br />

Die überall ums Wrack verstreuten Autos<br />

<strong>der</strong> oberen Mittel- und Luxusklasse, mit<br />

italienischen und deutschen Nummernschil<strong>der</strong>n,<br />

sollten als Decksladung, vermutlich<br />

möglichst<br />

schnell,<br />

nach Tunesien<br />

gebracht werden.<br />

In jedem Fall ein interessanter und<br />

nicht einfacher Tauchgang zwischen 50<br />

und 60 Metern mit freiem Abstieg vom<br />

Schlauchboot.<br />

Mit dem Unterwassertöff geht es bedeutend<br />

einfacher. Während die Kollegen<br />

mühsam ins Schlauchboot klettern, kann<br />

<strong>der</strong> Aquazepp-Pilot direkt von <strong>der</strong> Fieramosca,<br />

die in <strong>der</strong> Cala Maestra vor Anker<br />

liegt, ins Wasser steigen. Auf dem Rükken<br />

das 12 lt- Gerät mit einer „Pony-Bottle“<br />

von 5 lt zur Sicherheit. Auf dem Kompass<br />

Kurs Nord und runter den sandigen<br />

Abhang. Bei 75 Metern scharf links und<br />

wie<strong>der</strong> bergauf. Schon bald kommen die<br />

ersten Autowracks in Sicht. Sie sind praktisch<br />

unberührt. Aus dem Nebel taucht<br />

ein dunkler Schatten auf. Es ist <strong>der</strong><br />

Wulstbug des Frachters. Schnell eine<br />

Runde über das Schiff, die Kollegen sind<br />

inzwischen auch herunter gekommen,<br />

und dann, Richtung Ufer, dekomprimierend<br />

zurück zur Fieramosca. Ein kurzer<br />

Tauchgang von einer halben Stunde, das<br />

Tauchgerät ist am Schluss noch halbvoll.<br />

Odysséen im Tyrrennischen Meer<br />

1970-90


Odysséen im Tyrrennischen Meer<br />

1970-90<br />

Beim ersten Besuch sahen die<br />

Wagen noch fast wie neu aus und<br />

Gebi konnte sogar noch ein Reserverad<br />

mitnehmen.<br />

Übrigens ist in dieser Tiefe ein Reserverad<br />

sechseckig.


Operationssaal Fieramosca<br />

Bei Mistral liegt man in <strong>der</strong> Cala<br />

Spalmatoia relativ ruhig. Aber jetzt ist es<br />

mit <strong>der</strong> Ruhe plötzlich vorbei; dabei ist<br />

die Sonne noch kaum richtig aufgegangen.<br />

Der Bootsmotor rumpelt und Rudi<br />

verlangt, dass sofort jemand, das am<br />

Ufer verankerte, Hecktau löse. Aha, <strong>der</strong><br />

Wind hat gedreht und Rudi läuft schon<br />

wie<strong>der</strong> am Limit. Da ich vorsichtshalber in<br />

ziviler Kleidung zu übernachten pflege,<br />

bin ich schnell aus <strong>der</strong> Koje. Als weitere<br />

Freiwillige springt Ruth ins Schlauchboot<br />

und wir hangeln uns am Hecktau an<br />

Land. Wir gehen davon aus, dass wir das<br />

Tau lösen und Ruedi uns dann zurück<br />

zum Schiff zieht. Aber unser „Patentierter<br />

Kapitän <strong>der</strong> britischen Handelsmarine“<br />

schlägt wie<strong>der</strong> einmal brutal zu.<br />

Zwischen den hochschlagenden<br />

Wellen, am scharfgezackten Felsufer,<br />

bleibt uns nicht an<strong>der</strong>es übrig, als zuzusehen,<br />

wie unser begnadeter Skipper, mit<br />

eingelegtem Vorwärtsgang, in <strong>der</strong> einen<br />

Hand das Ende unseres Taus, mit <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en<br />

Hand vergeblich versuchend, den<br />

Schalthebel, <strong>der</strong> sich natürlich immer<br />

mehr aus seiner Reichweite entfernt, zurückzustellen,<br />

nun gezwungen ist, unsere<br />

Verbindung loszulassen. Als Resultat<br />

hängen wir nun plötzlich auf dem messerscharfen<br />

Riff und es ist schnell klar,<br />

welches Schicksal unserem Schlauchboot<br />

bevorsteht, wenn uns nicht sofort etwas<br />

einfällt.<br />

Ein Sprung ins Wasser und ich stelle<br />

blitzartig fest, dass ich, erstens, vergessen<br />

habe meine Schuhe anzuziehen und,<br />

zweitens, die Felsen mit Seeigeln übersät<br />

sind. Mit <strong>der</strong> einen Hand versuche ich, je<br />

nach Wellenhöhe, bald stehend, bald<br />

schwimmend, unser Dhingi vom Felsen<br />

weg zu halten und mit <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Hand,<br />

den Anker, <strong>der</strong> mir Ruth gegeben hat, so<br />

weit wie möglich rauszuwerfen. So gelingt<br />

es Ruth das Schlauchboot von den<br />

Felsen freizubekommen.<br />

Ich kann ins Schlauchboot klettern; wir<br />

starten den Motor und fahren, das Tau<br />

aufrollend, unserer Fieramosca hinterher.<br />

Meine Füsse sehen aus, wie mit einem<br />

Häcksler bearbeitet und sind gespickt<br />

mit abgebrochenen Stacheln. Aber<br />

unser erstklassiges „Erste Hilfe-Team“<br />

beginnt sofort mit den „Lebensrettenden<br />

Sofortmassnahmen“. Aus dem Küchenwird<br />

ein Operationstisch und zwei Chirurginnen<br />

machen sich mit Armeesackmessern<br />

an die blutige Arbeit. Ich muss präzisieren,<br />

es sind natürlich die eleganteren<br />

Modelle, ohne Zapfenzieher, dafür mit<br />

Pinzette und feinem Fe<strong>der</strong>messer. Ruth<br />

und Esther schnitzeln, mit offensichtlichem<br />

Vergnügen, flott drauflos und kippen<br />

hin und wie<strong>der</strong> eine Ladung Mercurochrom<br />

über die beiden Operationsfel<strong>der</strong>.<br />

Anesthesieschwester Megi hält meinen<br />

Kopf und jedes Mal, wenn ich zu<br />

Stöhnen beginne, erhalte ich einen<br />

Schluck aus <strong>der</strong> Whiskyflasche. Nach<br />

etwa zwei Stunden Arbeit haben sie tatsächlich<br />

den grössten Teil <strong>der</strong> Seeigelstacheln<br />

aus meinen Fusssohlen herausgeholt;<br />

ich werde verbunden und in den Aufwachraum<br />

verlegt.<br />

Am nächsten Tag ist bereits wie<strong>der</strong><br />

Tauchen angesagt,- <strong>der</strong> Trockenanzug<br />

macht’s möglich.<br />

Odysséen im Tyrrennischen Meer<br />

1970-90


Rudi schlägt natürlich dem Gipfel<br />

den Boden ins Gesicht, als er sich beklagt,<br />

dass sein Schlauchboot bei dieser<br />

Aktion ein klitzekleines Leck eingefangen<br />

habe. Ja einem „Patentierten<br />

Kapitän <strong>der</strong> englischen Handelsmarine“<br />

kann man wahrscheinlich nichts<br />

gut genug machen.<br />

Ein Riesenseeigel; zwischen<br />

den Stacheln, sieht<br />

man die Saugfüsschen<br />

(Ambukralfüsschen)<br />

Odysséen im Tyrrennischen Meer<br />

1970-90<br />

Die „Meersau“,<br />

ein grosser Drachenkopf


Argenterola,<br />

das Silberinselchen<br />

Dem Monte Argentario, die Halbinsel<br />

auf <strong>der</strong> Porte Hercole und Porto Santo<br />

Stefano liegen, vorgelagert, finden wir<br />

das kleine Inselchen Argenterola. Hier<br />

findet meist <strong>der</strong> letzte Tauchgang, vor <strong>der</strong><br />

Rückkehr ans Festland, statt. Sowohl zu<br />

Fuss wie auch mit dem Aquazepp ist das<br />

Inselchen gut zu umtauchen. Auf <strong>der</strong><br />

Nordseite findet man in nur 6 Metern Tiefe<br />

den Eingang zu einer riesigen Höhle.<br />

Auf <strong>der</strong> Südseite gedeihen in 40 Metern<br />

Tiefe schöne Edelkorallen. Diese will ich<br />

besuchen. Lei<strong>der</strong> ist hier die Sicht, wegen<br />

<strong>der</strong> Landnähe, meist sehr schlecht,<br />

vergleichbar mit dem Zugersee. Um auch<br />

den Heimweg wie<strong>der</strong> zu finden, habe ich<br />

mir einen ziemlich grossen Präzisions-<br />

Peilkompass um den Hals gehängt. Bei<br />

den Edelkorallen knie ich mich in den<br />

weichen Schlamm um sie anzuleuchten.<br />

Sofort entwickelt sich eine dichte<br />

Schlammwolke. Also, nichts wie weiter.<br />

Lei<strong>der</strong> beachte ich nicht, dass mein<br />

Kompass zwischen den Propellerblättern<br />

<strong>der</strong> Antriebsschraube durchgerutscht ist.<br />

Sowie ich starte, rollt sich die Kordel auf<br />

<strong>der</strong> Propellerwelle auf und ich finde meinen<br />

Kopf plötzlich mit <strong>der</strong> Propeller-Abdeckung<br />

eng verbunden. Das muss ziemlich<br />

komisch aussehen. Zum Glück gehört<br />

zur kompletten Tauchausrüstung<br />

auch ein Messer.<br />

Odysséen im Tyrrennischen Meer<br />

1970-90<br />

Direkt vor <strong>der</strong> Höhle


Odysséen im Tyrrennischen Meer<br />

1970-90<br />

Während vielen Jahren waren wir, in<br />

unserem Ausgangshafen Talamone, an<br />

einem sensiblen Punkt <strong>der</strong> Werltpolitik.<br />

Wir wussten zwar, dass die CRESTA,<br />

über <strong>der</strong>en Deck wir manchmal an Bord<br />

<strong>der</strong> Fieramosca klettern mussten, für<br />

Sprengstofftransporte benutzt wurde. Die<br />

zugehörige Fabrik befand sich im Pinienwald<br />

direkt hinter dem Sandstrand. Hinter<br />

und neben dem Pinienwalt befand sich<br />

einer <strong>der</strong> grössten Campingplätze <strong>der</strong><br />

Toscana. Wie es scheint, wurde durch<br />

den Pinienwald von <strong>der</strong> italienischen<br />

Schwerindustrie die Waffen angeliefert,<br />

die dann gleich mit dem Sprengstoff<br />

verladen werden konnten.<br />

Das waren dann vermutlich die<br />

gleichen Schiffe, die wir beim Tauchen in<br />

<strong>der</strong> Strasse von Tiran vorbeifahren sahen.


Istruttore Quattro Stelle<br />

Heute hat uns <strong>der</strong> Wildhüter<br />

gefragt, ob wir nicht seinen Kollegen<br />

zum Chachelischiff mitnehmen<br />

würden. Er hat um den Hals eine<br />

grosses goldenes Medaillon, das<br />

Ihn als 4-Sterne Instruktor des Italienischen<br />

Tauchsportverbandes<br />

ausweist; also, wieso nicht?<br />

Wir gehen runter und je<strong>der</strong><br />

buddelt, wie gewohnt, für sich, im<br />

Scherbenhaufen herum. Wo ist<br />

denn unser Istruttore? Die Sicht ist<br />

gut und da nirgends ein lebloser<br />

Körper herumliegt, muss er den<br />

Tauchgang, ohne sich abzumelden,<br />

frühzeitig abgebrochen haben.<br />

Als wir ihn nachher, an <strong>der</strong><br />

Oberfläche im Boot, wie<strong>der</strong>finden,<br />

meint er, dass er auf dem Chachelischiff<br />

ein unsicheres Gefühl gehabt<br />

habe. Wo werden in Italien die<br />

Instruktoren-Brevets verlost?<br />

Spirografen<br />

(Röhrenwürmer)<br />

Sie verschwinden, wenn sie ein unsicheres<br />

Gefühl haben, blitzartig.<br />

Odysséen im Tyrrennischen Meer<br />

1970-90


Der Krake schleicht sich davon<br />

Odysséen im Tyrrennischen Meer<br />

1970-90<br />

ein<br />

Tief atmend<br />

aus


Flexible Tauchgangplanung?<br />

Giannutri, Cala Spalmatoia, Spätnachmittags.<br />

Cello, Gebi, Kurti und ich<br />

sitzen um die Seekarte und planen noch<br />

einen Abendtauchgang. Wir wollen an <strong>der</strong><br />

Punta San Francesco nur einen kurzen<br />

Tauchgang, <strong>der</strong> am Morgen war recht<br />

happig gewesen, durchziehen. Die Karte<br />

zeigt eine Wand; wir werden senkrecht<br />

runter und auch wie<strong>der</strong> rauf tauchen, 40<br />

Meter, 10 Minuten, also beinahe ein Nullzeitentauchgang.<br />

Der Matrose fährt uns mit dem<br />

Schlauchboot raus und wir machen ab,<br />

dass wir etwa 10 Minuten <strong>der</strong> Wand entlang<br />

tauchen würden; er brauche ja nur<br />

auf unsere Luftblasen zu achten. Wir tauchen<br />

ab und die Wand ist da, wie wir das<br />

auf <strong>der</strong> Karte gesehen haben. Am Fuss<br />

<strong>der</strong> Wand geht’s auf dem Sandgrund weiter.<br />

Wun<strong>der</strong>schöner Bewuchs, Höhlen mit<br />

Leben gefüllt, Rote Gorgonien.<br />

Die TYRA in <strong>der</strong> Cala Spalmatoia<br />

Hoppla, wir sind schon 15 Minuten<br />

unten, höchste Zeit aufzusteigen. Also<br />

schön die Wand hoch, aber, (was soll<br />

das?) auf 30 Metern ist sie zu Ende. Soweit<br />

man sehen kann, erstreckt sich eine<br />

gerade Sandfläche, - das war aber auf<br />

<strong>der</strong> Seekarte nicht vorgesehen! Zum<br />

Glück habe ich einen Kompass dabei und<br />

weiss, in welcher Richtung das Ufer liegt.<br />

Die Zeit drängt; die Dekozeit können wir<br />

berechnen, wenn wir wie<strong>der</strong> an <strong>der</strong> Wand<br />

sind.<br />

Von rechts beginnt plötzlich eine<br />

rauhe Strömung zu blasen und behin<strong>der</strong>t<br />

unser Kompassschwimmen erheblich.<br />

Wo kommt den diese Strömung plötzlich<br />

her? Nach endlosen Minuten, ich verliere<br />

beinahe den Glauben an die Kompassnadel,<br />

sind wir wie<strong>der</strong> an <strong>der</strong> Wand zurück.<br />

Wir steigen auf. Die Dekozeit ist inzwischen<br />

nicht mehr schätzbar, wir müssen<br />

eine neue Rechnung machen. Aber verdammt,<br />

was ist denn hier los? Es geht<br />

rauf und runter, wie an <strong>der</strong> Chilbi. In <strong>der</strong><br />

halben Stunde, in <strong>der</strong> wir unten gewesen<br />

sind, ist, wie es scheint, ein Sturm aufgekommen.<br />

Die Brecher, die an die Steilkü-<br />

Odysséen im Tyrrennischen Meer<br />

1970-90


Odysséen im Tyrrennischen Meer<br />

1970-90<br />

ste donnern, verhin<strong>der</strong>n eine Dekompression<br />

auf 3 Metern. Wir verkeilen uns<br />

im Kreis, in einer Felsspalte auf 6 Metern,<br />

um nicht weggerissen zu werden.<br />

Ein eifriges Rechnen beginnt. Der Tauchgang<br />

vom Morgen - Restsättigung - 15<br />

Minuten/45 Meter - 10 Minuten 30 Meter<br />

- Dekotiefe ist zwingend 6 Meter. Wir haben,<br />

zum Glück, je<strong>der</strong> ein Hilfsmittel dabei.<br />

Die Italiener haben den Dekometer<br />

erfunden, ein analoger Vorläufer des<br />

Tauchcomputers. Auch wenn die gesamte<br />

schweizerische Taucherwelt den Einsatz<br />

dieses Hilfsmittels verdammt, sind<br />

wir in diesem Moment doch froh darum.<br />

Es erlaubt uns, die Tabellen etwas zu relativieren<br />

und auch zu extrapolieren. Ich<br />

frage mich wie die schweizer „Obertauchfrösche“<br />

diesen Tauchgang berechnen<br />

würden; wahrscheinlich würden sie die<br />

ganze Nacht dekomprimieren. Inzwischen<br />

wird es nämlich langsam dunkel.<br />

Irgendwann entscheiden wir demokratisch,<br />

dass wir nun genug dekomprimiert<br />

hätten; wir tauchen ins Blaue hinaus,<br />

weg von <strong>der</strong> Felswand und steigen<br />

auf. Wo ist das Schlauchboot? Das hat<br />

uns nun gerade noch gefehlt. Von jedem<br />

Wellenberg herunter versuchen wir unser<br />

Boot zu entdecken,- vergeblich. Die Aussicht,<br />

in dieser Brandung, mehrere hun<strong>der</strong>t<br />

Meter, gegen die Strömung schnorcheln<br />

zu müssen, erhöht nicht gerade die<br />

Stimmung. Wir halten wie<strong>der</strong> Kriegsrat.<br />

Das Erklimmen <strong>der</strong> Felswand ist nirgends<br />

möglich. Doch plötzlich kommt<br />

uns, wie ein Korken auf den Wellen tanzend,<br />

unser Gommone entgegen. Wir<br />

seien ja praktisch an <strong>der</strong> gleichen Stelle<br />

auf- wie abgetaucht, meint unser Tauchtaxidriver.Von<br />

den Luftblasen sei, nach<br />

dem Aufkommen das Sturms, überhaupt<br />

nichts zu sehen gewesen. Wir sind sehr<br />

froh, vor dem Einbruch <strong>der</strong> Nacht, auf unserem<br />

Schiff zurück zu sein.<br />

Seekarten sind für eine genaue<br />

Tauchgangplanung nicht geeignet!<br />

Statt <strong>der</strong> Seemöwe,<br />

- ein Marlin<br />

Rudi und die Fieramosca sind unerreichbar<br />

und wir brauchen also ein an<strong>der</strong>es<br />

Odysséevehikel. Ich habe bei einem<br />

Reisebüro die Seemöwe gebucht,<br />

aber die ist nicht in Porto Santo Stefano<br />

eingetroffen. Der Reisebüroleiter beruhigt<br />

mich, sein Agent in Santo Stefano<br />

habe die Situation im Griff und eine Alternative<br />

gefunden. Er drückt mir ein<br />

Couvert mit unserer Vorauszahlung in<br />

die Hand und meint, ich müsse es nur<br />

seinem Agenten im Hafen übergeben;<br />

ich träfe ihn in <strong>der</strong> Hafenbar. Am Ziel angekommen,<br />

wird mir mitgeteilt, ich fände<br />

Herr Hildebrand, so heisst <strong>der</strong> Agent, in<br />

<strong>der</strong> Werft.<br />

Nun ist die Werft in <strong>der</strong> Hafenstadt<br />

Santo Strefano nicht etwa am Hafen,<br />

nein, sie ist auf dem Berg. Verglichen<br />

mit Zug, etwa in <strong>der</strong> Schönegg. Wir fahren<br />

also auf den Berg und in <strong>der</strong> Werfteinfahrt<br />

fällt mir sofort ein Fiat mit Zuger<br />

Autonummer auf, weiter hinten steht<br />

noch ein Mercedes. Mir geht ein Licht<br />

auf: Hier muss die Werft sein in <strong>der</strong> die<br />

Motorjacht von Pierre Sudan, sie ist ihm<br />

abgebrannt, repariert wird. Auch Herr<br />

Hildebrand treffen wir hier und um eventuellen<br />

Problemen (ich weiss ja nicht,<br />

wie viel Kohle im Umschlag ist) aus dem<br />

Weg zu gehen, schlage ich vor, den Umschlag<br />

von einem Neutralen öffnen zu<br />

lassen. Wir treffen Pierre auf <strong>der</strong> Brücke<br />

seines Schiffs, im „Übergwändli“ mit <strong>der</strong><br />

Schleifmaschine in <strong>der</strong> Hand. Ich staune,<br />

das hätte ich ihm nicht zugetraut.<br />

Hildebrand kommt mit zum Hafen<br />

und ein schmucker Zweimaster, die<br />

„Marlin“, legt sauber (römisch-katholisch)<br />

an <strong>der</strong> Hafenmole an. Der Eigner<br />

und seine Frau blicken erst etwas skeptisch,<br />

aber <strong>der</strong> Odyssee steht nichts<br />

mehr im Weg.


Als Optimist habe ich meinen Toyota<br />

im Halteverbot auf <strong>der</strong> Hauptstrasse,<br />

zwischen zwei Bäumen, keine 50 Meter<br />

vom Polizeiposten entfernt stehen und,<br />

um dunkle Gestalten abzuschrecken,<br />

das Handschuhfach offen gelassen.<br />

Wir erleben eine Superwoche rund<br />

um Giannutri und werden vom Eignerpaar<br />

hervorragen betreut. Sie sind Wiener<br />

und so lernen wir die gute östreicher<br />

Küche kennen. Wenn wir untereinan<strong>der</strong><br />

Mundart parlieren, ist das für sie<br />

eine Fremdsprache, während wir ihr<br />

wienerisch natürlich bestens verstehen.<br />

Zum Schluss kriegen wir ein Riesenkompliment:<br />

Sie hätten noch nie so<br />

gute Taucher an Bord und, trotz anfänglichen<br />

Bedenken, viel Freude mit<br />

uns gehabt. Bisher seien sie halt nur<br />

mit Wienern unterwegs gewesen und<br />

<strong>Schweiz</strong>er seien ihnen halt doch ein<br />

bisschen exotisch vorgekommen.<br />

Wir sind dann noch ein paar Mal,<br />

von Südfrankreich aus, mit ihnen unterwegs<br />

gewesen<br />

Mein Auto finde ich, ohne Bussenzettel<br />

o<strong>der</strong> Kratzer, am Abstellort wie<strong>der</strong>.<br />

Bei uns hätte man es sicher schon<br />

lange abgeschleppt.<br />

.<br />

Muräne<br />

Riviera<br />

Nach vielen Jahren in denen wir unsere<br />

Odysseen im Thyrrenischen Meer<br />

durchgeführt haben, sind die italienischen<br />

Behörden auf die Idee gekommen dass<br />

solche Charterfahrten nur noch von italienischen<br />

Schiffen durchgeführt werden<br />

dürfen. Das zwingt die MARLIN, und<br />

auch uns, nach Frankreich auszuweichen.<br />

Wir starten jetzt von Bormes-Les-<br />

Mimosas, nicht weit von Le Lavandou gelegen.<br />

Hier, vor Hyères liegen die bekanntesten<br />

Tauchgebiete <strong>der</strong> französischen<br />

Riviera.<br />

Wir liegen vor dem Hafen in <strong>der</strong><br />

Bucht vor <strong>der</strong> Insel Port-Cros. Vorsichtigerweise<br />

hat unser Kapitän zwei Anker<br />

mit voller Kette ausgelegt, den die Tramontana<br />

gibt Vollgas. Wir sind zwar hier<br />

in <strong>der</strong> Windabdeckung <strong>der</strong> Insel, aber<br />

zentraleuropäische Seeleute sind vorsichtig.<br />

Und trotzdem, wir sitzen in <strong>der</strong> Kombüse,<br />

trinken Kaffee und das letzte Bier,<br />

sehen wir die Lichter <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Boote<br />

an uns vorbei ziehen. Unser Zweimaster<br />

segelt tatsächlich, die zwei Anker hinter<br />

sich her ziehend, quer durch die Bucht.<br />

Zwei Tage gibt es keine Ruhe und selbst<br />

die Maxijacht, die versucht wegzusegeln,<br />

ist eine halbe Stunde später wie<strong>der</strong> zurück.<br />

Nun kommt die erste Passagierfähre<br />

von Hyères herüber. Über die Wellenkämme<br />

sieht man grosse<br />

Teile des Rumpfes, jedesmal,<br />

bevor das respektable<br />

Schiff ins<br />

nächste Wellental knallt.<br />

Die aussteigenden Passagiere<br />

hinterlassen einen<br />

unvergesslichen<br />

Eindruck Tropfnass und<br />

käsebleich wanken sie<br />

die Gangway hinunter.<br />

Man sieht, dass sie<br />

dem Himmel danken,<br />

nochmals davongekommen<br />

zu sein.<br />

Odysséen im Tyrrennischen Meer<br />

1970-90


Der Sinai ruft<br />

Von 1972-79<br />

machten wir unsere<br />

Tauchexpeditionen an<br />

einem Brennpunkt <strong>der</strong><br />

Weltpolitik, im Sinai.<br />

Zuerst als Vagabunden<br />

mit Schlafsack, den<br />

gemieteten VW- Buss,<br />

ausgehend von Tel Aviv<br />

durch den Negev „prügelnd“,<br />

später mit <strong>der</strong><br />

ARKIA nach Sharm in<br />

Hugi’s Tauchcenter.<br />

Ich erinnere mich an einen Flug in<br />

<strong>der</strong> „Angströhre“, dem Metroliner, zwei Turboprops,<br />

nirgends Stehhöhe; aber für jeden<br />

Passagier ein Fenster. Die Hostesse bestand<br />

aus einer Thermosflasche und <strong>der</strong><br />

Jagdpilot am Steuer präsentierte uns, direkt<br />

auf <strong>der</strong> Grenze, in <strong>der</strong> Mitte des Golf von<br />

Akaba, im Messerflug, die Korallenriffe von<br />

Saudi Arabien und die Nachschubfrachter<br />

des Iran-Irak-Kriegs auf <strong>der</strong> Reede von<br />

Akaba.<br />

Der Metroliner,<br />

Angströhre genannt<br />

Einmal picknickten wir auf dem Deck<br />

einer grossen Jacht, direkt auf <strong>der</strong> zurückgenommenen<br />

Waffenstillstandslinie im Marsa<br />

Bereika. Die Israelischen Ada’s, die auf<br />

ihrer Seite, am Strand, gesünnelt hatten,<br />

versuchten erfolglos, uns, mit ihren Sturmgewehren<br />

fuchtelnd, von unserem Ankerplatz<br />

zu vertreiben. Also in <strong>der</strong> Luft, am Boden<br />

und unter Wasser, Action pur.<br />

Sinai<br />

1972-80


Mit Gebi auf <strong>der</strong><br />

Geisterbahn...<br />

Sinai<br />

1972-80<br />

Gebi hat an alles gedacht.<br />

Für ihn ist klar, die<br />

Wüste ist trocken. Also<br />

hat er im Taxfree-Shop<br />

eine Magnumflasche<br />

Dimple (12 Years old) gekauft.<br />

In unserem Tel Aviver<br />

Hotel checken wir ein.<br />

Neben den Tauchtaschen,<br />

klemmt er sich auch noch<br />

seine „bruchsicher“ verpackte<br />

Whiskyflasche unter<br />

den Arm. Dummerweise<br />

rutscht sie, gleich vor<br />

<strong>der</strong> Lifttüre, aus <strong>der</strong> Wellpappebox<br />

und zerschellt auf dem luxuriösen<br />

Marmorboden. Über drei Treppenstufen<br />

ergiesst sich Gebis wertvoller Notvorrat<br />

in die Hotellobby. Letzte Reste können<br />

noch im Flaschenboden gerettet werden,<br />

ein sofortiger Verbrauch drängt sich aber<br />

Gebi hinter Schwarzen Korallen<br />

bei Faraun Island<br />

auf. Es riecht wie in einer Whiskybrennerei.<br />

Gebi ist gestresst. Eigentlich wäre<br />

jetzt Zeit schlafen zu gehen. Er liegt auf<br />

dem Bett und manipuliert mit einem Schraubenzieher<br />

an seinem Fenzy-Jacket herum.<br />

Endlich ist das Überdruckventil raus und<br />

Gebi zieht strahlend ein Bündel israelischer<br />

Pfunde hervor. Er hat den Zoll überlistet.<br />

Die Umstehenden staunen. Gebi hat erfahren,<br />

dass die Ein- und Ausfuhr von Israelischen<br />

Pfunden verboten ist. Aber er hat lei<strong>der</strong><br />

das Pech, dass Israelische Pfunde hier<br />

billiger zu kaufen sind, als in <strong>der</strong> <strong>Schweiz</strong>.<br />

Lustiges Reisen<br />

An<strong>der</strong>ntags geht die Reise Richtung<br />

Sinai los. Endlose Strassen durch Palmenhaine,<br />

Steppen und Wüste wechseln<br />

sich ab. Zum Glück ist ein Autobuss voller<br />

junger Damen auch in Richtung Eilath<br />

unterwegs. Mit Lippenstift kritzeln sie die<br />

Heckscheibe ihres Cars mit „frommen“<br />

Sprüchen voll. Da sich <strong>der</strong> Gegenverkehr im<br />

Rahmen hält, gelingt uns bei 100 km/h von<br />

Fenster zu Fenster ein eifriger Tauschhandel<br />

Orangen gegen Äpfel.


Kamelmarkt<br />

Unsere erste Zwischenstation<br />

ist die Wüstenstadt<br />

Bersheeba. Wir<br />

parkieren unser Auto direkt<br />

vor dem Haupteingang und<br />

organisieren eine „Planggenwache“.<br />

Viel Interessantes gibt es<br />

zu sehen. In <strong>der</strong> Abteilung<br />

Geflügel werden die armen<br />

Hühner wie am Fliessband<br />

vom Leben zum Tode beför<strong>der</strong>t.<br />

Der Schächter hat ein Messer im<br />

Mund, ergreift das Huhn bei den Beinen<br />

und zieht im das Messer quer durch die<br />

Kehle. Dann lässt er es in eine Tüte fallen,<br />

die Beine strampeln noch ein paar Sekunden,<br />

und schon ist das Fe<strong>der</strong>vieh verkaufsbereit.<br />

Der diensttuende Fachmann findet<br />

es nicht lustig dass ich sein Aktionen filme.<br />

Ich kann aber im letzten Moment seinem<br />

scharfen Messer entfliehen.<br />

Zurück bei unserem Auto laufe ich<br />

gleich in den nächsten Hammer hinein.<br />

Sogar in unserer Kabine hat sich ein<br />

Huhn eingenistet. Die Umgebung gefällt<br />

ihm gar nicht. Es hat schon unsere ganze<br />

Kabine vollgeschissen. Orlando erklärt mir,<br />

er kenne meine „Vorliebe“ für Fisch und Vogel<br />

und dass es sich hier um ein persönliches<br />

Geschenk, nur für mich, handle. Ich<br />

organisiere eine Kartonkiste und mein Huhn<br />

findet einen Platz auf <strong>der</strong> Ladefläche. Nach<br />

<strong>der</strong> Ankunft in Eilath entlasse ich es in die<br />

Freiheit.<br />

Am an<strong>der</strong>en Tag zeigt sich die Basiscrew<br />

absolut begeistert. Es sei ihnen<br />

noch nie passiert, quasi in <strong>der</strong> Wüste, ein<br />

lebendes Huhn zu finden. Sie hätten es natürlich<br />

sofort auf den Grill geklemmt.<br />

Trockene Wüste<br />

So eine Sinaiexpedition muss vorbereitet<br />

sein. Der Expeditionsleiter denkt an<br />

Wasservorräte und kauft einen 5 Gallonen<br />

Bidon. Am an<strong>der</strong>en Tag fährt unser Superfahrer<br />

Gebi vor. Das<br />

Wasser im Bidon<br />

sieht eher wie Sirup<br />

aus . Gebis Kommentar:<br />

„In <strong>der</strong> Wüste<br />

braucht man kein<br />

Wasser, man braucht<br />

Benzin“.<br />

Im Prinzip hat er<br />

ja recht.<br />

Sinai<br />

1972-80


Geschwindigkeitstests<br />

Unser VW-Buss fährt wie ein Formel-1<br />

Wagen. Es ist eine Version die in <strong>der</strong><br />

<strong>Schweiz</strong> garantiert nicht erhältlich ist. Der<br />

Motor ist nicht plombiert und die Kiste läuft,<br />

voll beladen mit uns sechs und dem kompletten<br />

Gepäck und Tauchausrüstungen auf<br />

<strong>der</strong> Brücke, über 140 km/h. Gebi am Steuer<br />

reizt das natürlich voll aus. Auf <strong>der</strong> schurgeraden<br />

Piste hinunter nach Ras Muhammed<br />

frässt er, voll chrösch, in eine vielleicht fusshohe<br />

Sanddüne. Der folgende Knall lässt<br />

uns das Schlimmste befürchten, aber das<br />

rechte Vor<strong>der</strong>rad ist noch dran. Gebi meint,<br />

dass Sand ja normalerweise weich sei. Es<br />

war aber seeeehr feiner Sand!<br />

Joe’s Naama Hilton<br />

Joes Hotel, inmitten eines Alteisenlagers,<br />

an <strong>der</strong> Naama Beach ist ziemlich luxuriös.<br />

Wir haben Halbpension gebucht, und<br />

auch bezahlt. Im Abwaschbecken stapelt<br />

sich das dreckige Geschirr bis zur Decke.<br />

Da das Hotel keine Dächer hat, ist Horst<br />

vorsichtig. Er schnappt sich einen Sonnenschirm<br />

und richtet sich seine eigene Schlafecke<br />

ein. Es sieht aus wie „Der arme Dichter“<br />

bei Spitzweg.<br />

Was macht <strong>der</strong> Barsch im<br />

Tiefkühler?<br />

Ein Blick in den Tiefkühler vor dem Hotel<br />

macht alles klar. Er ist offensichtlich<br />

schon längere Zeit nicht mehr mit dem<br />

Stromnetz verbunden. Olfaktorisch sind interessante<br />

Nuancen festszustellen. Der erste<br />

Fischmumienfund im Sinai.<br />

Wurst und Bier<br />

Jeden Morgen müssen wir beim Supermercado<br />

vorbeischauen um etwaigem<br />

Hunger o<strong>der</strong> Durst vorzubeugen. Der bester<br />

Platz um eine Kiste Bier, bei 40 Grad im<br />

Schatten, einigermassen kühl zu halten, befindet<br />

sich unter dem Beifahrersitz. Die<br />

Würstchen sehen zwar gut aus, aber für<br />

koschere Wienerli, haben wir schnell festgestellt,<br />

können sich nur Fische begeistern.<br />

Doktorfisch<br />

Sinai<br />

1972-80<br />

Sandaale


Menue gastronome am Ras<br />

Mohammed<br />

Glücklicherweise haben wir auf unserer<br />

Expedition einen Mehrsternekoch dabei<br />

und ein Sponsor („Fritz the Cat“ und MAG-<br />

GI) haben uns mit Trocken-Fastfood versorgt.<br />

Wir haben aber doch ein Problem; in<br />

<strong>der</strong> Wüste wachsen fast keine Bäume und<br />

Quellen sind ziemlich selten.<br />

Da Gebi unseren Wasserbidon zu einem<br />

Benzinbehälter umfunktioniert hat,<br />

müssen wir viele Cognac-, Whisky- und<br />

ähnliche Flaschen ausleeren um genügend<br />

Wasservorräte mitnehmen zu können. Als<br />

Brennholz „organisieren“ wir hinter den wenigen<br />

Restaurants die alten Gemüseboxen.<br />

So haben wir mitten auf dem Riff von Ras<br />

Muhammed die Wahl zwischen Tomaten-<br />

Pilz- o<strong>der</strong> Erbsensuppe.<br />

Spezialitätenrestaurant<br />

Hugi<br />

Lei<strong>der</strong> trudle ich verspätet beim Nachtessen<br />

ein. Drei dunkelbraune, harte Kügelchen<br />

liegen auf meinem Teller. Ich gehe in<br />

die Küche und versuche dem Koch die Geheimnisse<br />

seiner kulinarischen Köstlichkeit<br />

zu entlocken. Um meinen Fragen Nachdruck<br />

zu verleihen, nehme ich eine Pfanne<br />

zur Hand. Der Koch, übrigens ein <strong>Schweiz</strong>er,<br />

flüchtet auf die an<strong>der</strong>e Herdseite und<br />

verspricht Besserung. Die Kügelchen sind<br />

Hühnermägen! Ich liebe exotische Küche.<br />

Sinai<br />

1972-80


Sinai<br />

1972-80<br />

This is my expensif wife...<br />

ruft <strong>der</strong> Jüngling unter <strong>der</strong> Tür und<br />

stellt uns so seine hübsche Begleiterin<br />

vor. Wir sitzen auf den Bänken vor dem<br />

Tauchcenter von Willy Halpert an <strong>der</strong> Coral<br />

Beach in Eilath und vertreiben uns die<br />

Zeit, bis unsere Geräte gefüllt sind.<br />

Es ist <strong>der</strong> Meeresbiologe Hans Frikke,<br />

<strong>der</strong> uns anschliessend zu motivieren<br />

versucht, die grossen Drahtkäfige, die er<br />

selber zusammengeschweisst hat, über<br />

den Strand hinunter ins Meer zu schleppen.<br />

Ich hatte seine Spuren schon 1968 auf<br />

dem Feld mit den Sandaalen bemerkt. Er<br />

hatte das ganze Gebiet mit Schnurquadraten<br />

eingeteilt. Fricke war schon als Student<br />

mit dem Velo von Deutschland bis hier an<br />

die Coral Beach getrampt um mit seinen<br />

Forschungsarbeiten zu beginnen. Das Golf<br />

von Akaba ist halt das am nördlichsten und<br />

uns auch am nächsten gelegene, tropische<br />

Meer.


Gespenster in<br />

Dahab<br />

„Was rappelt da im<br />

Nachttischlein?“ Frägt<br />

Horst im „Hotel“ Dahab,<br />

wo wir regelmässig<br />

Duschübernachtungen<br />

einschieben. Orlando<br />

klärte ihn auf.<br />

Kapitale Einsiedlerkrebse<br />

würden die Abwasserleitung<br />

zur Dusche<br />

hinaufaufkrabbeln<br />

und sich dann in den<br />

Nachttischlein-Schubladen<br />

verkrümeln. Horst<br />

ist beruhigt. Wir verschieben<br />

dann aber die<br />

Einsiedlerkrebse doch<br />

wie<strong>der</strong> zurück an den<br />

Strand.<br />

Sinai<br />

1972-80


Science Fiction<br />

am Lighthouse<br />

Sinai<br />

1972-80<br />

Super, wir sind die einzigen<br />

Taucher hier. Gebi streichelt<br />

einen Riesenzackenbarsch;<br />

Kurt filmt. Aber <strong>der</strong><br />

Nachttauchgang schlägt Alles.<br />

Aus allen Löchern kriechen<br />

die Gorgonenhäupter<br />

heraus, setzen sich oben aufs<br />

Riff und entrollen ihre Fangarme<br />

in die Strömung; ein gespenstischer<br />

Anblick, wie aus<br />

einer an<strong>der</strong>en Welt. Das ganze<br />

Riffdach ist übersäht von<br />

Fangarmen die mit ihren „Fingern“<br />

nach dem vorbeitreibenden<br />

Plankton greifen.<br />

Jetzt geht die Show aber<br />

erst richtig los...<br />

Gorgonenhaupt


Ein Schwarm von „Blinkifischen“ (Photoblepharon)<br />

ist aus <strong>der</strong> Tiefsee heraufgeschwommen.<br />

Im Scheinwerferlicht sind diese<br />

Fische recht unauffällig, aber wenn man<br />

die Taucherlampe ausschaltet, taucht man<br />

inmitten eines Feuerwerks. Rundherum<br />

blinkt es wie wild und wenn man versucht<br />

auf einen Lichtblitz zu leuchten, sieht man<br />

nur die Riffkorallen. Nach jedem Blitz schlagen<br />

sie einen Haken zur Seite.<br />

Diese Fische wagen sich nur in mondlosen<br />

Nächten so weit nach oben. Man<br />

kennt sie auch noch nicht lange.<br />

Zuerst vermutete man hinter<br />

<strong>der</strong> seltsamen Lichterscheinung<br />

feindliche Kampftaucher.<br />

Die Blinkifische tragen<br />

ihre „Blitzlichter“, bestehend<br />

aus Leuchtbakterien, in einer<br />

Klapptasche unter den Augen.<br />

Blitzlicht aus<br />

Photoblepharon<br />

Laternenfisch<br />

Blitzlicht ein<br />

Sinai<br />

1972-80


Sinai<br />

1972-80<br />

Tempel<br />

An diesem Tauchplatz wohnt<br />

ein kapitaler Napoleon, <strong>der</strong><br />

sich gerne als Film- und Fotomodel<br />

produziert.


Amphoras<br />

heisst das Tauchgebiet,<br />

wo diese riesigen Amphoren<br />

herumliegen. Sie<br />

scheinen zum Transport<br />

von Quecksilber gedient<br />

zu haben, das im<br />

Edelmetallbergbau benötigt<br />

wurde. Beim im 17.<br />

Jahrhun<strong>der</strong>t untergegangenen<br />

Schiff soll es sich<br />

um eine türkische Galeone<br />

gehandelt haben.<br />

Steinanker<br />

Sinai<br />

1972-80


Salpen<br />

sind quallenähnliche Tiere. Sie treten<br />

in grossen Kolonien auf. Die<br />

Drückerfische und alle Planktonfresser<br />

sind begeistert.<br />

Sinai<br />

1972-80


Sinai<br />

1972-80<br />

Zackenbarsche


Blue Hole Diving<br />

Wir, das heisst Orlando, Kurt, Horst,<br />

Toni, Gebi und ich, sind in Dahab gelandet.<br />

Was liegt da näher als ein Tauchgang im<br />

Blue Hole. Im Reiseführer steht: Zugang nur<br />

für Fahrzeugen mit 4-Rad-Antrieb. Versuchen<br />

wir’s doch mal. Die Strasse wird immer<br />

schmäler, die Löcher immer tiefer, bis<br />

wir wirklich nicht mehr weiter kommen. Kurt<br />

findet das Problem lösbar und lässt uns<br />

aussteigen.<br />

Tatsächlich, staunend sehen wir zu,<br />

wie unser VW, selbstverständlich mit dem<br />

entsprechenden Anlauf und allen vier Rä<strong>der</strong>n<br />

in <strong>der</strong> Luft, die Spalte im Saumweg<br />

überwindet. Unsere ganze Ausrüstung, Koffer,<br />

Kisten, Tauchgeräte fliegt mit.<br />

Glasklar ist das Wasser im Blue hole<br />

und traumhaft ist <strong>der</strong> freie Fall. Auf 70 Metern<br />

bremst mich <strong>der</strong> Sandboden. Beim<br />

Blick nach oben, sieht man auf 40 Metern<br />

die winzig-kleinen Taucherlein <strong>der</strong> Wand<br />

entlang tauchen. Nun sofort, es gilt ja Luft<br />

zu sparen, die Fenzy mit <strong>der</strong> Abluft gefüllt<br />

und los geht <strong>der</strong> rasante Aufstieg, abgestoppt,<br />

bei den Kameraden an <strong>der</strong> Wand.<br />

Makrelen auf <strong>der</strong> Jagd<br />

Nur Gebi hat’s, hinter meinem Rücken,<br />

noch tiefer geschaft. Sensationell auch die<br />

Aussenseite des Blue Hole. Eine respektable<br />

Makrele, die, getarnt hinter einem grossen<br />

Napoleon auf die Jagd geht.<br />

Sinai<br />

1972-80


Ein Riesenschwanz<br />

Schön ist’s hier am Ras Muhammed.<br />

Ich habe ausdekomprimiert und segle<br />

noch ruhig, knapp über <strong>der</strong> 10 Meter-<br />

Grenze ums Riff herum. Kein bisschen<br />

Strömung, das Wasser ist arschklar, ich<br />

schaue in die blaue Tiefe. Bald wird meine<br />

Flasche leer sein, ich sauge noch die letzten<br />

Atemzüge heraus und dann geht’s<br />

rauf.<br />

Da, ich traue meinen Augen nicht,<br />

ein Fischsschwanz, aber was für einer.<br />

Dieses Monster muss ich in Augenschein<br />

nehmen, also sofort runter. Lei<strong>der</strong> sehe<br />

ich nur noch einen Schatten im Loch verschwinden.<br />

Jetzt wird’s heiss, soll ich im<br />

nach? Auf vierzig Metern und praktisch<br />

ohne Luft?<br />

Die Entscheidung wird mir leicht gemacht,<br />

das Einatmen wird immer schwerer.<br />

Jetzt gilt es einen Kompromiss zu finden<br />

zwischen sparsamer Verwertung <strong>der</strong><br />

übrig gebliebenen Luftmoleküle, schnellem<br />

Aufstieg und Zusatzdekompression.<br />

Zum Glück spendiert mir <strong>der</strong> Lungenautomat,<br />

wegen dem abnehmenden Umgebungsdruck,<br />

so etwa alle 10 Meter einen<br />

Atemzug. Beim Aussteigen kann ich garantieren<br />

dass die Flasche wirklich leer ist.<br />

Wimpelfisch<br />

Einer belgischen <strong>Tauchgruppe</strong> gelang<br />

es eine Foto des Giganten zu schiessen<br />

(Erschienen im Aventures Submarines).<br />

Der Zackenbarsch war mindestens drei Meter<br />

lang.<br />

Sinai<br />

1972-80<br />

Zu dieser Zeit kannte man noch kein<br />

Finimeter, man hatte eine Reserveschaltung,<br />

die etwa ein Fünftel des Flascheninhalts<br />

zurückhielt, um für die Dekompression<br />

noch einen Luftvorrat übrig zu<br />

haben.<br />

Für jeden Taucher hatten wir zwei<br />

Tauchgeräte dabei, aber um diese nachzufüllen,<br />

mussten wir hun<strong>der</strong>te von Kilometern<br />

weit fahren. Also musste jedes<br />

Atü ausgenützt werden; ein Gerät war<br />

erst dann leer, wenn wirklich nichts mehr<br />

herausgesogen werden konnte<br />

.


Die mit dem Haifisch<br />

tanzen...<br />

Sinai<br />

1972-80<br />

Ely, Walti und ich sind vor <strong>der</strong><br />

Jackfish-Alley vom Zweimaster gesprungen.<br />

Kaum im Wasser ruft Walti etwas von einem<br />

Hammerhai und wir lassen uns durchfallen<br />

bis wir auf etwa 40 Metern an <strong>der</strong> Riffwand<br />

landen. Vom Hammerhai ist zwar nichts zu<br />

sehen, aber dafür kommt uns ein kapitaler<br />

Ammenhai entgegen.<br />

Ganz entgegen allgemeiner Haigepflogenheiten<br />

zeigt er nicht nur keine<br />

Angst, son<strong>der</strong>n schwimmmt direkt auf<br />

mich zu, dreht eine Runde um mich herum<br />

und schwimmt weiter. Ich komme<br />

kaum nach, mit einstellen und abdrükken.<br />

Ely und Walti schütteln sich vor Lachen


Pterois Volitans und <strong>der</strong><br />

Wun<strong>der</strong>handschuh<br />

Fröhliches, individuelles Tauchen am<br />

Ras um Sid (Sharks Point) ist angesagt.<br />

Der neuseeländische Diveguide vom Aquamarin<br />

Divecenter führt ein paar Touristen<br />

spazieren.<br />

Staunend kann ich zusehen wie er unter<br />

den Riffvorsprung greift und, ich glaub<br />

es nicht, versucht einen <strong>der</strong> dort schwebenden<br />

Rotfeuerfische ans Licht zu heben. Er<br />

zuckt zurück und aus seiner behandschuhten<br />

Handfläche steigt ein schwarzer Faden<br />

auf. Wie vom Blitz getroffen, lässt er seine<br />

Tauchergruppe Gruppe sein und schiesst<br />

an die Oberfläche, ja sogar darüber hinaus.<br />

Ich folge ihm zur Riffkante und sehe nur<br />

noch wie er im Crawlstyl bereits gut die<br />

Hälfte des breiten Riffplateaus zurückgelegt<br />

hat. Auch die Kollegen kommen nun nach;<br />

aber wir haben es ja nicht so pressant.<br />

Wie wir das Ufer hochgestiegen sind,<br />

sehen wir unseren Guide wie er zwei Österreichern,<br />

bei ihrem Wohnmobil, die Teestunde<br />

vermiest. Er badet bereits seine blutende<br />

Hand in ihrem heissen Wasserkesse!.<br />

Sein Arm ist bereits auf das Doppelte angeschwollen;<br />

heisses Wasser scheint nicht<br />

gerade ein Wun<strong>der</strong>mittel zu sein. Wir pakken<br />

ihn in unseren Pick-up und fahren mit<br />

ihm in die Notfallstation von Sharm el Sheik.<br />

Der diensttuende Arzt ist absolut nicht<br />

überrascht und beruhigt unseren Patienten.<br />

Er spritzt ihm ein Serum und zwei Stunden<br />

später können wir unseren unglücklichen,<br />

nun wie<strong>der</strong> quietschfidelen, Kollegen abholen.<br />

Als wir ihn fragen, wie er dazu komme,<br />

einen Rotfeuerfisch in die Hand zu nehmen,<br />

meint er, dass seine neuseeländischen<br />

Tauchhandschuhe (echt Le<strong>der</strong>) die robustesten<br />

<strong>der</strong> Welt seien. Aber muss man das<br />

denn unbedingt ausprobieren?<br />

30 Minuten Warten auf 20 Metern am<br />

Sharks Point, brauchte es, bis <strong>der</strong> Grauhai<br />

zu einer Portraitaufnahme bereit war.<br />

Sinai<br />

1972-80


Amos <strong>der</strong> Kampfschwimmer.<br />

Sinai<br />

1972-80<br />

Mitte <strong>der</strong> Siebzigerjahre wurde im Sinai<br />

eine Tiefenbeschränkung von 40 Metern<br />

eingeführt. Das setzte uns natürlich hart zu.<br />

Aus war es mit dem freien Tauchen. „Big<br />

Brother is watching you.“ Unser Big Brother<br />

war Amos, ein junger Kampfschwimmer,<br />

frisch aus dem Militärdienst zurück. Da <strong>der</strong><br />

speichernde Tauchcomputer noch nicht erfunden<br />

war, spielten wir ständig ein kleines<br />

Versteckspiel mit ihm. Und des öfteren wurden<br />

wir von ihm, wie kleine Rekruten, zusammengeschissen.<br />

Bis es uns dann aber<br />

zuviel wurde.<br />

Amos und ich machen zusammen<br />

mit etwa 48 Englän<strong>der</strong>n einen Ausflug<br />

nach Ras Muhammed. Geheimnisvoll<br />

meint er, dass heute keine Tiefenbegrenzung<br />

gelte. Unser Schiff ankert zwischen<br />

den Riffen von Ras und und eine gewaltige<br />

Strömung bläst. Bis die Englän<strong>der</strong> unter <strong>der</strong><br />

Leitung ihres Diving-Marshalls mit <strong>der</strong><br />

Tauchgangplanung fertig sind, treiben wir<br />

schon im Wasser. Amos hat mich vorher<br />

noch gefragt ob ich in <strong>der</strong> Strömung bis<br />

zum Riff rüberzuschwimmen vermöge und<br />

ich meinte, schlimmstenfalls würde ich den<br />

Grauhai<br />

Riffhai<br />

Weg dem Grund entlang nehmen. Nun ich<br />

habe es geschafft, aber wie, weiss ich<br />

selbst nicht und hänge nun schwer atmend<br />

am Riff. Für Amos, <strong>der</strong> immer noch im militärischen<br />

Trainingzustand ist, natürlich kein<br />

Problem. Nun hat es ihn aber offenbar gepackt<br />

und er stürzt sich wie ein Jagdflieger<br />

in die nördliche Schlucht. Es bleib mir<br />

nichts an<strong>der</strong>es übrig, als ihm zu folgen.<br />

Zum Glück lässt nun die Gegenströmung<br />

nach und ich versuche mich auf die Kontrolle<br />

<strong>der</strong> Atmung zu konzentrieren. Ich bemerke<br />

aber, dass dies, je tiefer wir kommen,<br />

desto unmöglicher wird. So bei ca. 50<br />

Tiefenmetern findet er dann, es<br />

sei genug. Ich lasse mich <strong>der</strong><br />

Wand entlang treiben wie eine alte<br />

Dampflokomotive und bin richtig<br />

froh, dass es dann zwischen den<br />

Riffen im Strömungsschatten wie<strong>der</strong><br />

aufwärts geht. Vor allem, da<br />

es mir noch nie gelungen ist, in so<br />

kurzer Zeit, eine so grosse Luftmenge<br />

durch den Automaten zu<br />

jagen. Ich verzichte dann darauf,<br />

Amos zu erklären, welche Tauchtechnik<br />

ich für die Vernünftigere<br />

halte.


Sehr interessant wird es an<br />

<strong>der</strong> Oberfläche. Die Südspitze<br />

des Sinai ist gerade von den Israelis<br />

an die Ägypter zurückgegeben<br />

worden. Diese haben ein<br />

paar Zelte als Militärbasis auf die<br />

Klippe gestellt.<br />

Der Kommandant klettert<br />

herunter und watet über das Riffplateau<br />

bis an die Kante heran.<br />

Von dort aus diskutiert er mit unserem<br />

Amos. Er beklagt sich,<br />

dass <strong>der</strong> Nachschub von Kairo<br />

sehr zu wünschen übrig lasse.<br />

Vor allem <strong>der</strong> Mangel an Zigaretten<br />

mache ihm zu schaffen. Eine Stange Zigaretten<br />

ist schnell aufgetrieben, jetzt geht<br />

es nur noch um die Übergabemodalitäten.<br />

Diplomatische Komplikationen liegen in <strong>der</strong><br />

Luft, <strong>der</strong> ägyptische Offizier ist nämlich<br />

Nichtschwimmer.<br />

So ergibt es sich, dass ein israelischer<br />

Offizier, einem ägyptischen Offizier, auf<br />

feindlichem Territorium, eine Stange Zigaretten<br />

überreicht. Lei<strong>der</strong> habe ich keinen<br />

Fotoapparat bereit und daher ist dieser historische<br />

Vorgang auch nie in <strong>der</strong> Weltpresse<br />

dokumentiert worden.<br />

Barrakudaschwarm<br />

Auf dem Wrack <strong>der</strong> YOLANDA.<br />

Heute liegt es, nach einem Sturm, ein paar<br />

hun<strong>der</strong>t Meter tiefer, vor den Riffen von Ras<br />

Muhammed.<br />

Sinai<br />

1972-80


Sinai<br />

1972-80<br />

Makrelen<br />

Imposante Gorgonie


Riesenbarsch<br />

Suppenschildkröte<br />

Sinai<br />

1972-80


Der fliegende Thunfisch<br />

Die grossen Thune, die hier am<br />

Strand herumliegen, sehen aus wie echt,<br />

sind aber aus Polyester und einsame<br />

Waisenkin<strong>der</strong>. Ein italienisches Kamerateam<br />

hat einen Film gedreht, und da<br />

Thunfische nicht auf Befehl ins Bild<br />

schwimmen, haben sie solche aus Kunststoff<br />

mitgebracht. Wir adoptieren Einen.<br />

Er wird zuoberst auf unserer Ladung<br />

montiert und muss unsere Expedition mitmachen.<br />

Natürlich wollen wir ihn auch nach<br />

Hause mitnehmen. Beim Eingang zum<br />

Tel Aviver Flughafen schnappe ich mir ein<br />

Industrierolli und packe unseren Fisch<br />

drauf. Er sieht wirklich aus wie echt.<br />

Rund um uns herum staunen Völkerstämme<br />

aller Nationalitäten und Hautfarben,<br />

welcher Clown auf die Idee kommen<br />

könne, einen Thunfisch von 150 cm<br />

Länge als Fluggepäck einzuchecken.<br />

Das psychologisch geschulte Sicherheitsgirl<br />

interviewt uns intensiv und<br />

beäugt unser Souvenier von innen und<br />

aussen. Sie lacht und meint, dass <strong>der</strong><br />

Thunfisch Mundgeruch habe. Nach<br />

Wein....? findet sie!<br />

Drei „Tigers“ von <strong>der</strong> SWISSAIR stehen<br />

mit finsterer Mine daneben und finden<br />

es gar nicht lustig. Unsere Dame<br />

macht uns zwar Hoffnungen, will aber<br />

nichts versprechen, klebt dem Thunfisch<br />

einen Gepäckkleber um den Schwanz<br />

und legt ihn aufs För<strong>der</strong>band.<br />

Und siehe da; in Kloten taucht <strong>der</strong><br />

Thunfisch, schwanzvoran, aus dem Untergrund<br />

wie<strong>der</strong> auf.<br />

Sinai<br />

1972-80<br />

Imperator


Gorgonie<br />

Mondsichelbarsch<br />

Sinai<br />

1972-80


Sinai<br />

1972-80<br />

Sonnenuntergang<br />

in Sharm<br />

Arabischer<br />

Kaiser


Mein Wrack,<br />

<strong>der</strong> Marktnauen von<br />

Buonas<br />

Direkt unter dem<br />

Schloss Buonas<br />

springe ich<br />

rein. Miggel<br />

Speck, <strong>der</strong> Berufsfischer,<br />

hat<br />

mich mit seinem<br />

Boot hergefahren. Er<br />

möchte, wie immer,<br />

dass ich das hängengebliebene<br />

Netz löse. Er<br />

hofft jedes Mal dass sein<br />

Netz an einer Schatzkiste hängengeblieben<br />

sei; bisher haben wir<br />

lei<strong>der</strong> immer Pech gehabt. Heute sieht es<br />

ein bisschen besser aus, kein Schatz<br />

zwar, aber doch ein Wrack. Auf 20 Metern<br />

liegt es, halb im Schlamm vergraben<br />

auch Ru<strong>der</strong>schäfte schauen noch aus<br />

dem Dreck, an ihnen ist<br />

wahrscheinlich schon manches<br />

Netz hängen geblieben.<br />

Anker, Kaffeekrug<br />

und Zappi liegen auch<br />

noch auf dem Kieshaufen<br />

herum.<br />

Was könnte denn<br />

das für ein<br />

Schiff sein?<br />

Miggel<br />

meint, ich solle<br />

mal in <strong>der</strong> Totenkapelle<br />

von Buonas nachschauen,<br />

er habe dort das<br />

Bild eines im Sturm untergehenden<br />

Schiffes gesehen. Die Kamera<br />

unter den Arm und hin. Tatsächlich, es ist<br />

das Schiff und gewisse Details stimmen<br />

überein. Der Maler muss also das Schiff<br />

noch gesehen haben. Dramatisch sieht<br />

<strong>der</strong> Kampf <strong>der</strong> Insassen gegen die wütenden<br />

Elemente aus. Auch das Untergangsdatum,<br />

<strong>der</strong> 24. Dez. 1817 ist vermerkt.<br />

Der Marktnauen von Buonas<br />

1995


Der Marktnauen von Buonas<br />

1995<br />

Meine Schwester arbeitet in <strong>der</strong><br />

Kantonsbibliothek und findet dort sogar<br />

einen Augenzeugenbericht. Sechs Jugendliche<br />

aus Buonas waren am Weihnachtstag<br />

nach Walchwil gefahren um<br />

eine Ladung Kies zu holen. Auf dem<br />

Heimweg gerieten sie in einen Sturm und<br />

<strong>der</strong> Nauen sank einen Steinwurf vor <strong>der</strong><br />

Halbinsel. Da zu dieser Zeit die Kunst<br />

des Schwimmens noch nicht weit verbreitet<br />

war, ertranken alle, bis auf ein Mädchen,<br />

das, vom im Schloss wohnenden<br />

Pfarrresignat Bossard, mit einem Ast gerettet<br />

werden konnte.<br />

Die Angelegenheit wird immer interessanter<br />

und ich informiere den Kantonsarcheologen<br />

Stefan Hochueli.<br />

Er hat natürlich sofort Angst,<br />

dass sich Grabräuber über das<br />

Wrack hermachen würden, und<br />

überlegt ob man es heben<br />

könnte, o<strong>der</strong> mit Kies überschütten<br />

sollte. Ich versuche ihn<br />

zu beruhigen und ihm klarzumachen,<br />

dass Unterwasserarchäologie<br />

für mich kein Fremdwort<br />

sei. Es stellt sich dann heraus<br />

, dass es sich bei dem<br />

Schiff um eine Seltenheit handelt,<br />

da es durch seine schwere<br />

Ladung fast unbeschädigt auf<br />

den Grund gelegt worden war.<br />

Alle an<strong>der</strong>en vergleichbaren Ledischiffe<br />

sind abgewrackt und<br />

verfeuert worden. Das letzte,<br />

gefunden 1915 bei <strong>der</strong> Ausgra-


Der Marktnauen von Buonas<br />

1995<br />

bung des Burggrabens von Schloss Hallwil,<br />

wurde dort ausgestellt und im Zweiten<br />

Weltkrieg zu Heizzwecken verwertet.<br />

An <strong>der</strong> Aabachstrasse brennt ein altes<br />

Bauernhaus. Grosseinsatz mit Atemschutz.<br />

Bald ist alles vorbei, die Feuerwehr<br />

steht herum, und die Medienmeute<br />

wartet auf die Presseorientierung. Unter<br />

den Kameraleuten sehe ich Geri Guldenschuh<br />

vom<br />

<strong>Schweiz</strong>er Fernsehen.<br />

Wie ich zu<br />

ihm sage, dass<br />

ich etwas für ihn<br />

hätte, sind wir sofort<br />

im Zentrum<br />

des Polizeiinteresses.<br />

Ich zeige<br />

im meine Unterlagen,<br />

die ich miniaturisiert<br />

immer<br />

im Portemonnaie<br />

mitschleppe und<br />

er ist sofort begeistert.<br />

Wir verabreden<br />

uns für Unterwasseraufnah-<br />

men und dank<br />

<strong>der</strong> Fürsprache<br />

von Stefan können<br />

wir sogar<br />

durch den<br />

Schlosspark bis<br />

ans Ufer runter<br />

fahren. Zwei mal<br />

dreiviertel Stunden<br />

filmen wir,<br />

was die Batterien<br />

hergeben.<br />

An einem<br />

wun<strong>der</strong>baren Februarmorgen<br />

fahre ich mit dem<br />

<strong>SLRG</strong>-Boot, einem<br />

ganzen<br />

Fernsehteam und Miggel nochmals hinüber.<br />

Die Sonne scheint, leichter Nebel<br />

liegt über dem See und im Schlosspark<br />

hüpfen ein halbes Dutzend Rehe herum.<br />

Den Kameraleuten laufen die Augen<br />

über. Dabei wollen wir ja nur die Überwasseraufnahmen<br />

für den <strong>Schweiz</strong> Aktuell<br />

Beitrag machen. Alles geht rund, die<br />

Aufnahmen sind alle im ersten Durchlauf


im Kasten und wir sind nach drei<br />

Stunden zurück, ein Riesentheater<br />

wegen zweier, am Hafen geparkten,<br />

Autos inklusive.<br />

Mit Katrin Böschenstein von<br />

den Zuger Nachrichten habe ich<br />

auch einen Artikel aufgegleist.<br />

Jetzt versuche ich alles zu koordinieren,<br />

denn Mitte März findet in<br />

Zug die Delegiertenversammlung<br />

des <strong>Schweiz</strong>er Unterwassersport<br />

Verbands statt. Am Freitagabend<br />

bringt also das Fernsehen den<br />

Beitrag und am Samstag können<br />

wir die „Zuger Nachrichten“, praktisch<br />

als Son<strong>der</strong>ausgabe, mit den<br />

Schlagzeilen und dem Wrackbeitrag<br />

auf <strong>der</strong> Frontseite verteilen.<br />

Der Marktnauen von Buonas<br />

1995<br />

Der Fernsehbeitrag gewann<br />

in <strong>Schweiz</strong> Aktuell und auch auf<br />

3sat den Preis „Best of the year“.<br />

Sybille untersucht das Wrack<br />

Monate später sinddann<br />

die Wrackplün<strong>der</strong>er tatsächlich<br />

unterwegs gewesen.<br />

Die Kaffeekanne, die oben<br />

auf dem Kieshaufen gelegen<br />

hat, ist weg. Aber auf ein, am<br />

richtigen Ort platziertes, böses<br />

Gerücht materialisiert<br />

dann <strong>der</strong> emailierte Artefakt<br />

wun<strong>der</strong>barerweise am alten<br />

Ort. Die Seepolizei säubert<br />

darauf, im Auftrag <strong>der</strong> Kantonsarchäologie,<br />

das Wrack<br />

von allen Überresten.


Schnellschuss Helengeli<br />

Nachdem Fihalohi gezeigt hat, dass<br />

die Malediven mehr als einen Tauchgang<br />

wert sind, wollen wir nun eine Klubreise<br />

machen. Ein Kollege , Maitre de Cabin<br />

bei <strong>der</strong> BALAIR, will uns den Aufenthalt<br />

organisieren. Zwei Wochen vor dem Abflug<br />

löst sich unsere Vorfreude in Luft auf.<br />

Nun müssen wir uns schnell etwas<br />

einfallen lassen. Ich schaue mit Ruth<br />

Meister den Subaqua-Katalog durch; ein<br />

Foto weckt unser Interesse. Eine Insel<br />

langgezogen, am Aussenriff gelegen. Die<br />

Form deutet auf starke Strömungen hin;<br />

sowas suchen wir. Abgelegen, am nördlichen<br />

Ende des Nordmale-Atolls.<br />

Helengeli<br />

1982-93


Das Riff überlebt immer!<br />

Von 1982 - 96 besuchten wir jedes<br />

Jahr mindestens ein Mal unsere Insel.<br />

Sie war relativ bescheiden eingerichtet<br />

und hatte dadurch ihren eigenen<br />

Charme. Zuerst unter österreichischem,<br />

später unter schweizer Management. Mit<br />

dem Basisleiter Ueli Weibel konnten wir<br />

auch frei und ganz nach Lust und Laune<br />

drauflostauchen. Mit amtlich verordneten<br />

Tiefenbegrenzunge hatte er nichts am<br />

Hut, dafür konnte er seine Gäste taucherisch<br />

richtig einschätzen.<br />

Helengeli galt als Ökoinsel, daher<br />

kam das Bier vom Fass, und das in rauen<br />

Mengen. Interessante Diskussionsthemen,<br />

wie: „Was unterscheidet den Tiefenrausch<br />

von an<strong>der</strong>en Suchtmitteln?“.<br />

Je früher <strong>der</strong> Morgen, desto bleicher<br />

<strong>der</strong> ceylonesische Barmann. Ein<br />

lauter Wecker war unverzichtbar.<br />

Zuerst erreichte man die Insel<br />

nur mit dem Dhoni in vierstündiger<br />

Fahrt; beson<strong>der</strong>s interessant, wenn<br />

mal, auf <strong>der</strong> Rückfahrt, morgens um<br />

zwei Uhr, <strong>der</strong> Motor streikte. Später<br />

kam dann das Schnellboot, da war<br />

jedes Auge gefragt auf <strong>der</strong> Suche<br />

nach versteckten Korallenriffen; ein<br />

Motorboot hat keine Bremse!.<br />

Eines Jahres waren Walti und<br />

Elly im Januar, eigentlich die ruhige<br />

Jahreszeit, zu Besuch. Zwei Wochen<br />

lang donnerten die Brecher<br />

über das Riff. Sie kamen nur drei<br />

Mal zum Tauchen. Am Hausriff war<br />

das Tauchen sogar unmöglich.<br />

Wir besuchten die Insel im<br />

Herbst des gleichen Jahres; sie war am<br />

Aussenriff zwei Meter höher geworden<br />

und die Riffabhänge sahen aus wie eine<br />

Kiesgrube, in <strong>der</strong> eine Hun<strong>der</strong>tschaft Indonesier<br />

mit Dynamit gefischt hatten. Ein<br />

Jahr später sprossen die ersten Korallenzweiglein<br />

aus den Ruinen und drei Jahre<br />

später war von den Schäden nichts mehr<br />

zu sehen.<br />

Vorfreude<br />

Helengeli<br />

1982-93<br />

Steinfisch


Peitschenkoralle und Wimpelfische<br />

Paradieskaiser<br />

Helengeli<br />

1982-93


Tanz <strong>der</strong> Mantas<br />

Beson<strong>der</strong>e Hektik treffen wir einmal<br />

im Oktober an. Auslaufende Strömung<br />

und extrem trübes Wasser lassen nicht<br />

gerade einen lustigen Tauchgang erwarten.<br />

In den Oberflächenwirbeln sieht man<br />

aber bereits zahlreiche Flossen aus dem<br />

Wasser ragen, als ob ein Rudel Haifische<br />

sich besammelt hätte. Doch nichts <strong>der</strong>gleichen,<br />

es sind Mantas.<br />

Sofort runter und hinter den Korallen<br />

Deckung gesucht, die Strömung zieht<br />

lausig. Oekologisches Verhalten bleibt<br />

reine Theorie. Die Sichtweite beträgt<br />

etwa sechs Meter. Aus dem Nirgendwo<br />

tönt gespenstisch ein Gong. Ueli gibt<br />

Signale indem er mit seinem Messer auf<br />

die Tauchflasche schlägt. Plötzlich, wie<br />

ein Schlag gegen den Kopf! Aus <strong>der</strong><br />

Suppe vor mir taucht ein Manta auf, wie<br />

ein Lastwagen aus dichtem Nebel. Sicher<br />

vier Meter breit und das Maul geöffnet<br />

wie ein Scheunentor. Wahnsinn!<br />

Ich versuche für eine Foto näher zu<br />

kommen,- vergeblich. Dies gelingt mir<br />

erst später. Der Manta steht bewegungslos,<br />

still in dieser Wahnsinnsströmung,<br />

etwa ein Meter über dem Riff und wartet<br />

bis die kleinen Putzerfischchen zu ihm<br />

raufkommen. Ich robbe, immer in Dekkung,<br />

näher und näher an ihn heran. Auf<br />

etwa zwei Meter gelingt es mir und ich<br />

löse den Blitz aus. Er steigt weg und ich,<br />

hinter ihm her, gegen die Oberfläche. Die<br />

Strömung reisst mich nun natürlich mit,<br />

aber es gelingen noch einige Fotos im<br />

Gegenlicht. Jetzt aber nichts wie wie<strong>der</strong><br />

runter, bevor ich in den offenen Ozean<br />

abgetrieben bin. Mit Mühe und Not erreiche<br />

ich noch das untere Ende des Tilas<br />

und muss jetzt, möglichst im Strömungsschatten,<br />

zurück zum Ausgangspunkt.<br />

Für mehr als eine halbe Stunde<br />

reicht die Luft nicht, - aber was für<br />

dreissig Minuten. Wo ist eigentlich Horst?<br />

Helengeli<br />

1982-93


Helengeli<br />

1982-93


Wracktauchen interessiert<br />

mich nicht!<br />

Aber den Kollegen gelingt es doch,<br />

mir ein Wrack schmackhaft zu machen,<br />

obwohl <strong>der</strong> Weg dahin etliche Stunden<br />

dauert. Am Aussenriff des Gaavaru-Atolls<br />

liegt das Wrack <strong>der</strong> „Sea Gull“. Ein<br />

Dampfsegler, <strong>der</strong> auf dem Weg von Indien<br />

nach England, 1873 nachts auf das<br />

Riff gedonnert ist. Die Einheimischeninsel<br />

von Gaavaru ist auch einen Besuch wert,<br />

aber das Wrack ist sensationel.<br />

Auf 50 Metern liegt <strong>der</strong> hintere Teil<br />

mit <strong>der</strong> Schiffsschraube, eine interessante<br />

Konstruktion aus <strong>der</strong> Anfangszeit des<br />

Dampfschiffbaus, er sieht aus wie ein<br />

riesiger Flugzeugpropeller. Unter dem<br />

Schiff liegt noch Leergut herum, originale<br />

Schweppes-Flaschen. Der Rest des<br />

Wracks liegt über den ganzen Riffabhang<br />

hinauf verstreut, rundum von den Korallen<br />

überwachsen, noch viele belebter als<br />

es das Riff sonst schon ist. Ein wun<strong>der</strong>barer<br />

Tauchplatz.<br />

Helengeli<br />

1982-93


Helengeli<br />

1982-93


Elegant schwimmt <strong>der</strong> Rochen<br />

zwischen den Überresten<br />

<strong>der</strong> „Sea Gull““.<br />

Helengeli<br />

1982-93


Ruth und Nicki<br />

betrachen die<br />

Süsslippen<br />

Helengeli<br />

1982-93<br />

Luciano und<br />

<strong>der</strong> Imperator


Luciano und die Süsslippen<br />

Helengeli<br />

1982-93


Selbst schlechtes Wetter,<br />

Luciano<br />

(gibts den sowas auf den Malediven?)<br />

hält uns nicht vom Tauchen ab.<br />

Der Schreck fährt einem aber doch in die<br />

Flossen, wenn man auftaucht und sich<br />

mitten im nie<strong>der</strong>prasselnden Regen mit<br />

einer Sichtweite von etwa 50 Metern<br />

findet. Wo ist das Riff? Wo ist Indien?<br />

Besser gleich wie<strong>der</strong> runter aufs Riffplateau<br />

und auf besseres Wetter warten,<br />

solange die Luft reicht.<br />

Beim nächsten Besuch an <strong>der</strong> Oberfläche<br />

taucht wun<strong>der</strong>barerweise aus <strong>der</strong><br />

Wasserwand das Dhoni auf und wir können<br />

einsteigen. Glücklicherweise fehlt<br />

diesmal die Strömung. Ein dreifach Hoch<br />

auf die Dhonicrew.<br />

Helengeli<br />

1982-93<br />

Nicki mit Napoleon


Ein Tauchgang zum Tila<br />

mit Ueli ist ein beson<strong>der</strong>er Leckerbissen.<br />

Nach drei Minuten Bootsfahrt<br />

hüpfen wir ins Wasser und versuchen, in<br />

<strong>der</strong> starken Strömung, so schnell wie<br />

möglich, runter zu kommen. Auf 25 Metern<br />

versammeln wir uns auf einem Riffplateau<br />

genau über dem Kanal. Und nun<br />

müssen wir im Strömungsschatten nur<br />

noch zuschauen.<br />

Alles dreht sich um uns. Schnapperschwärme,<br />

Riffhaie, Napoleon, alles<br />

kommt vorbei, ein Verkehr wie auf dem<br />

Postplatz zur Stosszeit. Langsam macht<br />

sich <strong>der</strong> Computer bemerkbar, die Nullzeit<br />

nähert sich ihrem Ende. Nun geht<br />

<strong>der</strong> Tauchgang erst richtig los. Runter<br />

über die Kante und abgetaucht. Bei 45<br />

Metern liegen noch eine Reihe Korallenblöcke<br />

unter denen oft Haie schlafen.<br />

Aber heute schlafen sie nicht, sie sind in<br />

<strong>der</strong> Strömung unterwegs. Hilflos fliegen<br />

wir zwischen den Gorgonien durch. Bevor<br />

es uns in den offenen Ozean spühlt,<br />

schnell rechts weg, in die Deckung des<br />

Tilas, und im Strömungsschatten wie<strong>der</strong><br />

hinauf. Dekomprimieren wird nun etwas<br />

schwierig weil das Tila kaum bis zur 10<br />

Meter-Marke heraufkommt.<br />

Schlimmstenfalls lassen wir uns<br />

dann doch in Richtung Indien davon<br />

treiben. Die Bootscrew wird’s schon richten.<br />

Ein Halfterfisch (Zanclus)<br />

Helengeli<br />

1982-93


Keilfleck-Falterfisch<br />

Zackenbarsche<br />

Blaukopf-Kaiser<br />

Helengeli<br />

1982-93


Ali Spezial<br />

Strömung braucht’s auch für den „Ali<br />

Spezial“. Ueli führt diese Übung aber nur<br />

durch, wenn er eine gute Crew zusammen<br />

hat. In Dreiergruppen wird am Rande<br />

des Kanals abgetaucht und jede<br />

Gruppe versucht, so schnell wie möglich,<br />

auf den Grund zu kommen. In 50 Metern<br />

Tiefe setzt man sich in die Querspalten,<br />

<strong>der</strong>, im übrigen blank geschliffenen, Kanalsohle.<br />

Nur ein paar einsame Drahtkorallen<br />

haben hier <strong>der</strong> Strömung wie<strong>der</strong>stehen<br />

können.<br />

Rund herum ist <strong>der</strong> Teufel los. Haie,<br />

Rochen, Riesenzackenbarsche und sogar<br />

ein Schwarm von 23 Adlerrochen<br />

kreisen mühelos in <strong>der</strong> Strömung. Von<br />

Zeit zu Zeit schaut je<strong>der</strong> auf sein Finimeter.<br />

Dazwischen versucht man auch noch<br />

die interessantesten Passanten auf den<br />

Film zu kriegen. Wenn <strong>der</strong> Erste in <strong>der</strong><br />

Gruppe nur noch 100 bar in <strong>der</strong> Flasche<br />

hat, <strong>der</strong> halbe Luftvorrat also aufgebraucht<br />

ist, wird aufgestiegen. Eine Blauwasser-Dekompression<br />

liegt vor uns.<br />

Die Strömung treibt uns in rasantem<br />

Tempo ins Innere des Atolls. Je nach<br />

Grundzeit gibt es eine Dekompression<br />

von 15 - 30 Minuten. Die aufmerksame<br />

Dhonimannschaft kann uns erst mehrere<br />

Kilometer vom Ausgangspunkt weg, wie<strong>der</strong><br />

aus dem Wasser fischen.<br />

Helengeli<br />

1982-93


Helengeli<br />

1982-93<br />

Nicki und Ruth


Ich bin Marianne,<br />

ein stattlicher Zackenbarsch, und<br />

lebe hier im Riff auf <strong>der</strong> Nordseite von<br />

Helengeli. Den Tag durch schlafe ich und<br />

verdaue. Aber am Abend, wenn es dunkel<br />

wird, bin ich unterwegs und warte auf<br />

meine Freunde aus <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Welt.<br />

Und sie kommen, jeden Abend und bringen<br />

sogar ihre eigenen Sonnen mit. Seit<br />

diese komischen Wesen zu mir heruntertauchen,<br />

muss ich mir keine Mühe mehr<br />

machen, irgend ein unachsames<br />

Riffbärschlein zu erwischen, nein meine<br />

Kollegen zeigen mit ihren handlichen<br />

Sonnen direkt auf die besten Stücke des<br />

kalten Büffets und bevor diese schlaftrunken<br />

den plötzlichen Sonnenaufgang<br />

realisieren, schiesse ich aus dem Dunkel<br />

heraus und schnappe mir den Leckerbissen.<br />

Ein Leben wie im Paradies...<br />

Helengeli<br />

1982-93<br />

Hier zeige ich Priska den Weg


Helengeli<br />

1982-93<br />

Hier bläst die Strömung häuffig nicht nur<br />

von <strong>der</strong> Seite!


Male live<br />

Wir haben das Glück eine Nacht<br />

in Male zu verbringen. Zuerst gibt es<br />

einen Stadtspaziergang in <strong>der</strong> am<br />

dichtest bevölkerten Stadt <strong>der</strong> Welt. Es<br />

leben auf diesem Inselchen (1,5 km 2 )<br />

gleich viele Leute wie im ganzen Kanton<br />

Zug. Sogar Lichtsignale hat es auf<br />

den Kreuzungen, um den bescheidenen<br />

Verkehr, <strong>der</strong> sich vorsichtig um die<br />

badewannenähnlichen Schlaglöcher<br />

schleicht, zu regeln. Die riesige goldene<br />

Kuppel <strong>der</strong> neuen Moschee wird<br />

überragt von einem fünfstöckigen<br />

Parkhaus. Woher sollen alle diese Autos<br />

kommen? Aber die Saudis werden<br />

das alles mit <strong>der</strong> gleichen Bauabrechnung<br />

bezahlt haben.<br />

Bei <strong>der</strong> Zollbehörde liegen haufenweise<br />

neue Tauchflaschen mit abgeschraubten<br />

Ventilen herum. Es<br />

braucht viiiiiel Zeit bis sie alle kontrolliert<br />

sind, mit gutem Grund.<br />

Vor Jahren wurden, übrigens<br />

von <strong>Schweiz</strong>ern, Waffen in Tauchgeräten<br />

versteckt, eingeschmuggelt. Es<br />

war die undemokratische Bildung einer<br />

neuen Regierung geplant. Die Geräte<br />

waren auch sehr clever umkonstruiert.<br />

So clever, dass Eines, dem<br />

Umbauer, er hatte seine Bastelarbeit<br />

bereits vergessen, beim irrtümlichen<br />

Füllen, zwischen die Ohren flog.<br />

Heute besteht wahrscheinlich<br />

eher die Gefahr, dass auf diesem unkonventionellem<br />

Weg, Genussmittel<br />

<strong>der</strong> harten Art, den Weg auf diese Inseln<br />

<strong>der</strong> Glückseligen finden.<br />

In einem Speiselokal am Ocean<br />

Drive gibt es ein Abendessen. Wir sind<br />

die einzigen Touristen hier, die maledivischen<br />

Gäste bilden ein interessiertes<br />

Publikum. An <strong>der</strong> Wand hängt das Bild<br />

eines Alpensees, mit Berggipfeln und<br />

röhrendem Hirsch.<br />

Der Tisch ist schon gedeckt, auf<br />

jedem Teller liegt bereits ein schwarzgebratener<br />

Fisch. 12 Töpfe mit Currysossen<br />

und verschiedenen Einlagen<br />

stehen auf dem Tisch. Der Appetit hält<br />

sich in Grenzen.<br />

Lustiger ist das Spiel: Wer findet<br />

heraus, was in <strong>der</strong> Currysosse<br />

schwimmt? Die Getränkeauswahl ist<br />

nicht überwältigend: Eine Büchse<br />

Cola, - one Dollar.<br />

Zum Dessert gibt’s<br />

selbstgedrehte Zigaretten<br />

und Nelkenköpfe.<br />

Gut, das Abendmahl<br />

ist bescheiden,<br />

aber wir, und auch die<br />

Malediver, haben viel<br />

zu lachen.<br />

Im Hotel treten ich<br />

ins Fettnäpfchen, mit<br />

meinem Wunsch nach<br />

einem Schlummerbier.<br />

Es lebe <strong>der</strong> Prophet<br />

Mohammed...<br />

Helengeli<br />

1982-93


Haiparade<br />

Ammenhai<br />

Helengeli<br />

1982-93


Helengeli<br />

1982-93<br />

KIALOHA heisst die Maxi-Jacht,<br />

die, seit Tagen, vor Helengeli vor Anker<br />

liegt. Jim Kilroy, <strong>der</strong> Eigner lässt<br />

sich jeden Morgen von zwei Matrosen<br />

an die Jetty fahren, verschwindet für<br />

einige Zeit im Office und kommt nachher<br />

mit ein paar Metern Faxpapier zurück.<br />

So macht Arbeiten Spass,<br />

scheint mir.<br />

Bald wird die Reise weitergehen,<br />

wenigstens für die Mannschaft. Der<br />

Eigner erwartet sie, in ein paar Wochen,<br />

im Roten Meer. Ein paar tausend<br />

Meilen liegen vor ihnen und das<br />

alles frontal gegen den Monsun.<br />

Profisegeln ist kein Zuckerschlecken.


Sixty-nine Informations<br />

o<strong>der</strong> <strong>der</strong> wahre Schatz von<br />

Monte Christo<br />

Eine leicht bemooste Motorjacht<br />

liegt neben <strong>der</strong> CRESTA im Hafen von<br />

Talamone. Weiter hinten liegen die Fieramosca<br />

I und die Fieramosca II gut vertäut,<br />

besser gesagt, an die Kette gelegt,<br />

von <strong>der</strong> Guardia die Finanza.(Jetzt wird<br />

mir klar, wieso wir auf <strong>der</strong> Fieramosca<br />

manchmal DDR-Bier mit Rostspuren an<br />

den Kronkorken serviert bekommen haben.<br />

Rudi scheint einen Tauschhandel<br />

mit den auf <strong>der</strong> Reede ankernden Ostblock-Frachtern,<br />

die hier Waffen und<br />

Sprengstoff für den Irak-Iran Krieg einluden,<br />

getrieben haben.)<br />

Er habe die HARYANNA, so heisst<br />

unser Schiff, von einem Kollegen aus<br />

Porto Santo Stefano geliehen und müsse<br />

dafür die Motoren revidieren, meint Rudi:<br />

Hauptsache sie schwimmt.<br />

Bald erscheinen auch Mensun<br />

Bound und Angus auf <strong>der</strong> Bildfläche.<br />

Ruedi hat uns richtig genervt; wir sollen<br />

unbedingt noch eine Odyssée im Oktober<br />

unternehmen. Die Bewilligung für Monte<br />

Christo habe er. Auf das Stichwort Monte<br />

Christo tun wir natürlich unser Möglichstes.<br />

Werner Iten, Georges Parmentier,<br />

Bruno Huber und ich. Wahrscheinlich hat<br />

Rudi gar nicht damit gerechnet dass wir<br />

alle auftauchen.<br />

MARE<br />

1984/85


Mensun Bound ist <strong>der</strong> Bewilligungsberechtigte,<br />

Professor für Archäologie an<br />

<strong>der</strong> Universität Oxford und Angus ein junger<br />

englisch-italienischer Berufstaucher.<br />

Im Sommer hat eine englische Crew<br />

vier Wochen nach einem Wrack gesucht,<br />

das Rudi einmal beim Tauchen gesehen<br />

haben will. „Thousands of Amphores!“<br />

Die Englän<strong>der</strong> haben lei<strong>der</strong> nichts gefunden<br />

aber die <strong>Schweiz</strong>er werdens schon<br />

schaffen; meint er.<br />

Wir müssen nur noch Wasser und<br />

Diesel bunkern. Zu diesem Zweck sollten<br />

wir auf die an<strong>der</strong>e Seite <strong>der</strong> Pier wechseln.<br />

No problems, unser Schiff hat ja<br />

zwei Motoren. Aber lei<strong>der</strong> fährt es nur geradeaus,<br />

aber mit Seilmanövern,<br />

Schlauchbooteinsatz und Manneskraft<br />

bringen wir es endlich an den richtigen<br />

Ort. Des Rätsels Lösung: Rudi meint, das<br />

Schiff könne lei<strong>der</strong> im Moment nur geradeaus<br />

fahren, da ja <strong>der</strong> eine Motor noch<br />

in Revision und demzufolge auch noch<br />

nicht festgeschraubt sei.<br />

Ein bischen komisch ist es schon;<br />

wir füllen Wasser ein wo FUEL steht und<br />

Diesel dort wo WATER steht. Aber Rudi<br />

muss es ja wissen...<br />

Wenn wir nach Monte Christo wollen,<br />

müssen wir nun ans Werk. Es ist<br />

Samstag Abend. Zum Glück sind die Arbeitszeiten<br />

in Italien nicht so straff geregelt<br />

und es gelingt uns, nach 15 km Fahrt<br />

noch eine Werkstatt zu finden, in <strong>der</strong> wir<br />

den löchrigen Auspuffkrümmer zuschweissen<br />

können. Mit zwei Tagen Verspätung<br />

können wir dann endlich in Richtung<br />

<strong>der</strong> verheissenen Insel losrauschen.<br />

Beim Betrachten des Schiffs von unten<br />

wird uns auch klar, wieso das Schiff<br />

mit nur einem Motor manövrierunfähig ist.<br />

Es ist nur ein Steuerru<strong>der</strong> vorhanden (Für<br />

Landratten: Normalerweise hat ein Motorschiff<br />

hinter jedem Propeller ein Steuerru<strong>der</strong>.<br />

Dieses wird vom Wasser angeströmt<br />

und erlaubt, auch mit nur einem Motor,<br />

wenn auch meist mit vermin<strong>der</strong>ter Leistung,<br />

doch noch Manöver zu fahren).<br />

Hoffentlich haben wir keinen Motorausfall,<br />

sonst werden wir geradeaus quer<br />

durchs Mittelmeer skippern und es wird<br />

eine richtige Odyssee werden.<br />

Die Motoren halten durch und wir erreichen<br />

das gelobte Land. Bei Punta Diavolo<br />

erreichen wir unseren Ankerplatz.<br />

Unter dem Schiff ist es gerade 50 Meter<br />

tief, obwohl wir nur etwa 20 Meter von<br />

<strong>der</strong> Felsenküste entfernt sind. Nun lernen<br />

wir zuerst die Grundregeln <strong>der</strong> UW-Archeologie.<br />

Wun<strong>der</strong>bar gezeichnete Pläne,<br />

die ganze Unterwasserlandschaft in<br />

Planquadrate eingeteilt, hängt Mensun<br />

an die Wand <strong>der</strong> Kombüse.<br />

Bruno und Werni beim Dekomprimieren<br />

MARE<br />

1984/85


Mensun staunt<br />

MARE<br />

1984/85<br />

Das ganze Gebiet haben die Englän<strong>der</strong><br />

bis zu einer Tiefe von 45 Metern abgesucht;<br />

das heisst, mit kleinen Sondierstöcklein<br />

systematisch im Sande gewühlt.<br />

Uns bleibt also nur, die getane Arbeit weiterzuführen.<br />

Wir beginnen weitere Planquadrate<br />

einzuzeichnen und zu durchsuchen.<br />

Am Anfang ist Mensun irritiert. Er<br />

kann nicht begreifen, wieso wir beim Morgenessen<br />

dreiviertel Stunden diskutieren,<br />

bevor wir anstalten machen in unsere<br />

Ausrüstung zu steigen. Ich erkläre ihm,<br />

dass bei uns nicht auf Befehl getaucht<br />

wird und bei <strong>der</strong>art extremen<br />

Tauchgängen<br />

zuerst die psychische<br />

und physische Tagesform<br />

mit dem taucherischen<br />

Auftrag in Übereinstimmung<br />

gebracht<br />

werden muss. Aber es<br />

geht nicht lange und er<br />

ist von unserem Konzept<br />

überzeugt.<br />

Unsere Ausrüstung begeistert<br />

Mensun. Das UW-Telefon, die Unterwasser-TV-Kamera<br />

von Peter Schmalz und<br />

mein Aquazepp waren neu für ihn.<br />

Meist tauchen Bruno und Werni zusammen.<br />

Bruno hat ein Militär-Doppelzehner<br />

mit einer 7 lt-Flasche als zweitem<br />

System oben drauf. Werni hat auch ein<br />

Doppelzehner; zur Dekompression bringen<br />

wir aber in <strong>der</strong> Regel noch ein zusätzliches<br />

Gerät an die Dekostufe.<br />

Bruno hat einen Prototypen des ersten<br />

Tauchcomputers, dem Deko-Brain<br />

organisiert. Wir können so gut Vergleiche<br />

ziehen, zwischen den Bühlmann Tabellen<br />

und <strong>der</strong> Dekobrain-Software. In <strong>der</strong> Folge<br />

werden die Tauchgänge immer tiefer, die<br />

Dekozeiten immer länger, so gegen an<strong>der</strong>thalb<br />

Stunden. Langsam wird <strong>der</strong><br />

Deko-Brain unverzichtbar, denn die<br />

Tauchgänge von Werni und Bruno sind<br />

auf <strong>der</strong> Bühlmann-Tabelle längst nicht<br />

mehr zu finden. Dank den Notfalltabellen<br />

<strong>der</strong> US-Navy (Ausdrücklich nicht zum<br />

Tauchen geeignet!) können wir wenigsten<br />

die Deko-Brain Werte auf Plausibilität<br />

kontrollieren. Die Wand in <strong>der</strong> Cala Diavolo<br />

ist sehr lebendig und die dekomprimierenden<br />

Taucher können sich die Wartezeit<br />

mit biologischen Studien vertreiben.<br />

HARYANNA an <strong>der</strong> Punta Diavolo


Angus erhält einen Blitzkurs im Tieftauchen;<br />

er ist bei seiner Profiausbildung<br />

in Fort Bovisand bisher noch nie tiefer als<br />

13 Meter gewesen. Aber er ist ein intelligentes<br />

Kerlchen; und begreift die Regeln<br />

des Tieftauchens sowie das Benützen <strong>der</strong><br />

Dekotabelle sehr schnell.<br />

Eine Stirnhöhlenvereiterung behin<strong>der</strong>t<br />

mich ziemlich. Zuerst beim Abtauchen<br />

an <strong>der</strong> Ankerkette, mit dem Aquazepp<br />

in <strong>der</strong> einen Hand, mit <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en<br />

alle zehn Zentimeter den Druckausgleich<br />

erzwingend, brauche ich zehn Minuten<br />

bis auf 50 Meter. Nach einer ausgedehnten<br />

Rundfahrt über das Gebiet wird es<br />

aber beim Auftauchen kritisch. Der Druckausgleich<br />

funktioniert nun überhaupt<br />

nicht mehr und die Birne droht zu zerspringen.<br />

Es gibt aber keine Wahl, rauf<br />

muss man immer. Ein Taucher kennt keinen<br />

Schmerz und mit etwas Glück, bleiben<br />

die Trommelfelle ganz. Wie’s in <strong>der</strong><br />

Stirnhöhle aussieht, kann man sich gar<br />

nicht vorstellen. Naja, ich bin nachher<br />

Georges mit UW-Telefon und UW-TV<br />

Bruno mit dem Deko-Brain<br />

noch einige Tage ziemlich wacklig auf<br />

den Beinen; Drehschwindel nennt man<br />

das, und an Tauchen ist natürlich nun<br />

überhaupt nicht mehr zu denken.<br />

Als wir das Gefühl haben tiefere<br />

Tauchgänge seien nun wirklich nicht<br />

mehr zu verantworten, es ist inzwischen<br />

Freitag geworden, beschliessen wir, weiter<br />

oben weiterzufahren und tatsächlich,<br />

beim ersten Tauchgang findet Bruno einen<br />

golden glänzenden Kupfernagel und<br />

Werni eine kleine aber unbeschädigte<br />

Amphore.<br />

Mensun flippt fast aus als wir den<br />

Fund melden; aber vorläufig sind unsere<br />

beiden Taucher noch an <strong>der</strong> Ankerkette<br />

am Dekomprimieren. Zum Glück merken<br />

sie nicht, dass ihre Dekompression inzwischen<br />

weitab <strong>der</strong> Küste im offenen Meer<br />

stattfindet.<br />

Das Schiff ist von Wind und Strömung<br />

vom Ankerplatz fortgetrieben worden<br />

und <strong>der</strong> Anker hängt frei ins Blaue.<br />

Mensuns Angst gilt natürlich nicht den<br />

Tauchern, er sorgt sich vor allem um die<br />

Amphore und ist erst beruhigt als er sie<br />

unversehrt in die Arme nehmen kann, die<br />

Amphore. So haben sowohl Rudi wie<br />

auch Mensun den Beweis für ihr etruskisches<br />

Wrack. Rudi zusätzlich noch die<br />

Befriedigung dass es seine <strong>Schweiz</strong>er<br />

doch geschafft haben.<br />

MARE<br />

1984/85


. Mensun kann nun endlich seine Fotos<br />

machen. Etwa eine Stunde dauert es,<br />

bis er seine „spontan“ wirkende Aufnahme<br />

mit <strong>der</strong> maximal möglichen Anzahl<br />

von „Informations on one picture“ gestellt<br />

hat.<br />

Ja man lernt auch ausserhalb des<br />

Wasser immer noch was dazu.Am Sonntag<br />

Morgen leistet sich unser „Patentierter<br />

Kapitän <strong>der</strong> Englischen Handelsschiffart“<br />

noch einen Schnitzer <strong>der</strong> gröberen<br />

Art. Als er für die Heimfahrt den Anker heben<br />

will, bleibt dieser unter den vorstehenden<br />

Felsblöcken am Grund hängen.<br />

Er versucht herauszufinden was stärker<br />

ist; die Kette o<strong>der</strong> die Ankerwinde.<br />

Bruno und Werni dekomprimieren<br />

immer noch<br />

MARE<br />

1984/85<br />

Das Foto mit den „sixty-nine<br />

informations“<br />

Das schwächste Glied im System ist aber<br />

offensichtlich <strong>der</strong> Schwergewichts-Anker.<br />

Nach einem riesigen Knall kommt nur die<br />

Hälfte davon an die Oberfläche. Nun geht<br />

die Diskussion los. Rudi hat Angst dem<br />

Schiffsbesitzer den Anker ersetzen zu<br />

müssen, er möchte die untengebliebene<br />

Hälfte auch noch haben um ihn wie<strong>der</strong><br />

zusammenschweissen zu können. Lei<strong>der</strong><br />

ist von uns Tauchern nur noch Angus uneingeschränkt<br />

einsatzbereit und uns<br />

scheint das Risiko doch ein bischen<br />

hoch, ihn allein auf 50 Meter zum Ankersuchen<br />

zu schicken, umsomehr als sich<br />

herausstellt dass Rudi nicht einmal ein<br />

Tau mit dieser Länge an Bord hat. Seiner<br />

Meinung nach müsste man ja „nur den<br />

Hebesack aufblasen.......“ (Ja, ja wir haben<br />

das ja auch schon so gemacht).<br />

Am Schluss muss er doch klein beigeben<br />

und mit einem halben Anker die<br />

Heimfahrt antreten.<br />

So gelingt es schliesslich Georges<br />

am Montag Morgen, nach einem kurzen<br />

Rasurhalt zu Hause, rechtzeitig am Arbeitsplatz<br />

zu erscheinen. Den Raubüberfall<br />

auf <strong>der</strong> Umfahrungsautobahn von Florenz<br />

können wir, dank überlegener Motorleistung<br />

und entschlossenem Auftreten,<br />

vereiteln.


Es bleibt noch zu bemerken, dass<br />

es Mensun doch noch gelang, aus dem<br />

Expeditionsergebnis einen mehrseitigen<br />

Farbbericht in <strong>der</strong> englischen Tauchzeitschrift<br />

DIVER zu machen; mit vielen<br />

schönen Farbfotos und „maximum Informations<br />

on it“. Später hat er sogar ein<br />

Buch über das Monte Christo Wrack geschrieben.<br />

MARE<br />

1984/85<br />

Merke: Archeologen müssen vor allem<br />

das PR-Handwerk beherrschen,<br />

sonst kriegen sie keine Kohlen zusammen<br />

(man nennt das Found Raising).<br />

Mensun’s Fazit:<br />

Es ist einfacher aus einem Taucher einen<br />

Archeologen zu machen, als aus einem<br />

Archeologen einen Taucher.<br />

Angus putzt Werni’s Amphore<br />

Der Fachmann sieht sofort: Pélichet 47<br />

Mensun und Joana<br />

Die Nacht in <strong>der</strong> Fernando<br />

kam<br />

Ringsum ist Ruhe, die Geisterstunde<br />

ist längst vorbei. Zwei Gäste sitzen noch<br />

am Tisch und haben keine Lust schlafen<br />

zu gehen, obwohl alle Gläser leer sind.<br />

„Fernando is comming“ meint <strong>der</strong> Eine,<br />

<strong>der</strong> mit dem dicken linken Arm. „Are you<br />

sure ?“ „Go outside and have a look“. Der<br />

zweite steht auf und geht zur Tür. „Why<br />

you know it ? „ 3500 Pferde stürmen um<br />

die Felsnase. Ein donnerndes Geräusch<br />

erfüllt die Schlucht. Fernando ist da.......<br />

GUARDIA FINANZA steht auf <strong>der</strong><br />

grauen, unbeleuchteten Jacht die längsseits<br />

kommt. Bruno weckt die ganze<br />

Mannschaft, sonst glaubt am Schluss<br />

wie<strong>der</strong> keiner, dass Fernando hier war.<br />

Im l e t z t e n Moment (Bier seit zwei Tagen<br />

ausgegangen, Weinflasche seit dem<br />

Mittag leer) bringt Fernando seinen Grappa<br />

von <strong>der</strong> Kapitänsbrücke. Anschliessend<br />

Waffenkontrolle (3 x 27 mm), Blick<br />

in den Maschinenraum (3500 PS) und<br />

auf die Kommandobrücke.<br />

Die archäologischen Funde werden<br />

gezählt, kontrolliert und quittiert.


Monte Cristo zum Zweiten<br />

Mit Vollgas fräst die „Corsaro Nero“,<br />

ein umgebauter Sizilianischer Schwertfischfänger,<br />

durch die dunkle Nacht von<br />

Genua in Richtung Talamone. Der Scheinwerfer<br />

über dem Steuerstand beleuchtet<br />

grell das Vordeck, weiter vorne ist es<br />

schwärzer als schwarz.<br />

Der Kapitän ist mit seiner Freundin<br />

ins Kistchen geschlüpft und hat das Steuerru<strong>der</strong><br />

seinem Matrosen überlassen. Dieser,<br />

ein junger Süditaliener, ist offensichtlich<br />

neu in diesem Job. Die Kompassnadel<br />

schwankt immer etwa zwanzig Grad<br />

links und rechts vom vorgesehenen Kurs.<br />

Bei Tage, wenn man das Kielwasser sähe,<br />

müsste man annehmen dass <strong>der</strong> Steuermann<br />

besoffen wäre, aber hier sieht uns<br />

ja niemand. Die Strassenlampen vom toskanischen<br />

Festland flackern von<br />

ferne;wäre uns irgendetwas im Weg, wir<br />

würden’s, ohne es zu sehen, überrennen.<br />

Ob hier alle so unterwegs sind...? Bruno<br />

und ich finden das Ganze nicht geheuer,<br />

kramen die Seekarte hervor und versuchen<br />

anhand <strong>der</strong> blinkenden Leuchttürme<br />

den Kurs zu verifizieren.<br />

Zwei Tage vorher haben wir von<br />

Mensun Bound Bericht bekommen, dass<br />

die Archeologische Expedition nach Monte<br />

Christo stattfinden würde. Wahrscheinlich<br />

ist alles ein Sponsorenproblem gewesen.<br />

Aber wenn RAI 1sagt, dass sie<br />

kommen werden, ist auch ein Sponsor<br />

schnell gefunden. Die grossen Reklameaufschriften<br />

auf dem Boot werden schnell<br />

mit MARES-Transparenten überdeckt.<br />

Auch wir haben schon die passenden<br />

Tauchanzüge gefasst, lei<strong>der</strong> nicht zum<br />

Behalten . In Talamone wird noch das<br />

restliche Material zugeladen und es geht<br />

los nach Monte Christo.<br />

Geradezu luxuriös ist die Ausrüstung.<br />

Neben grossen Flaschen mit Helium und<br />

Sauerstoff steht auch eine Galeazzi-Dekokammer<br />

herum. Unser archäologischer<br />

Zeichner beginnt sofort damit, sie mit dem<br />

Expeditionslogo zu beschriften. Nicht vergessen:<br />

Das Fernsehen kommt! Ich interessiere<br />

mich mehr dafür, ob Sie denn<br />

auch einsatzbereit sei und was eine dicke<br />

Schicht von Spinnweben daran zu suchen<br />

hat.<br />

Bald kommt Monte Cristo in Sicht<br />

und das grosse Rätselraten beginnt: Wo<br />

ist die Punta del Diavolo? Zum Glück<br />

habe ich mein Album mit den Fotos vom<br />

letzten Jahr dabei und die charakteristische<br />

Klippe ist schnell identifiziert. Zuerst<br />

brauchen wir eine feste Verankerung, ein<br />

Mooring. Dazu müssen wir eine schwere<br />

Kette auf einer Tiefe von 50 Metern an einem<br />

Felsblock befestigen; besser gesagt,<br />

wir müssen natürlich zuerst einen Felsblock<br />

finden. Und dies alles während eines<br />

Tauchgangs <strong>der</strong>, wenn möglich, nicht<br />

länger als 15 Minuten dauern sollte.<br />

Runter geht’s, mitten im Sand ein<br />

schöner Block, umgeben von Amphorenscherben,<br />

hier sind wir richtig. Die Markierungsboje<br />

befestigt, die Boje steigt auf<br />

und wir warten auf die Kette. 10 Minuten,<br />

die Kette kommt am dünnen Faden <strong>der</strong><br />

Markierungsboje herunter, natürlich weit<br />

weg von unserem Block. Sofort hin, die<br />

Kette gepackt, zurückgeschleppt und<br />

um den Block gelegt und festgeschäkkelt.<br />

Geschafft,-die Dekozeit liegt noch<br />

im Rahmen des Erträglichen.<br />

MARE<br />

1984/85<br />

Corsaro Nero, Dekokammer etc.


Wer ist Filippo?<br />

Filippo ist ein UW-<br />

Roboter. Er wird an einem<br />

200 Meter langen<br />

Kabel geführt und übermittelt,<br />

das was seine<br />

Kamera sehen sollte, an<br />

seine Bedienungsmannschaft,<br />

die vor einem<br />

Monitor sitzt.<br />

Morgens um 9 Uhr<br />

wird Filippo geweckt<br />

und dann von seinem<br />

Vater gefüttert (Batterie<br />

laden). Anschliessend<br />

werden seine zwei Schalen mit einer plastischen<br />

Masse gedichtet und verschraubt.<br />

Dies dauert ungefähr zwei<br />

Stunden. Lei<strong>der</strong> ist Filippo etwas kurzsichtig.<br />

Weil er normalerweise Pipelines<br />

kontrolliert, verfügt er nur über ein Makroobjektiv,<br />

an ein Weitwinkel hat lei<strong>der</strong> niemand<br />

gedacht. Ob man die Batterien vielleicht<br />

nicht auch nachts laden könnte?<br />

Man kommt sich vor wie in einem<br />

Land des real existierenden Sozialismus.<br />

Man hört Professor Parkinson gröhlend<br />

im Grab rotieren. Bella Italia.<br />

MARE<br />

1984/85<br />

Das Überwachungsteam in<br />

<strong>der</strong> Kombüse


paar weitere Meter absinken<br />

und das könnte dann<br />

vielleicht doch etwas zu<br />

tief sein. Also lasse ich<br />

Tiefe Tiefe sein und kehre<br />

wie<strong>der</strong> zu Angus zurück. I<br />

.<br />

Ich habe nicht den<br />

Eindruck, dass er mich<br />

vermisst hat.<br />

Wie tief kann man tauchen?<br />

Lei<strong>der</strong> heisst’s bis jetzt: Ausser<br />

Scherben nichts gewesen. Aber wir machen<br />

weiter.<br />

Angus und ich gehen zu Filippo hinunter<br />

um ein paar Aufnahmen zu schiessen.<br />

Wegen seiner Kurzsichtigkeit kann<br />

uns lei<strong>der</strong> Filippo nicht sehen. Ich habe<br />

den Aquazepp dabei. Auf ca. 60 Metern<br />

mache ich eine Fotoserie, dann zeige ich<br />

Angus an, er solle an <strong>der</strong> Stelle bleiben.<br />

Ich fahre mit dem Aqazepp Richtung Norden,<br />

immer schön etwa zehn Meter über<br />

dem Boden. Das Licht tendiert immer<br />

mehr nach violet, die Watte im Kopf wird<br />

immer dicker und <strong>der</strong> Motor des Aquazepp<br />

wird immer lauter. Zu sehen gibt es<br />

nur Sand und Posidonien. Es<br />

würde mich sehr interessieren<br />

wie tief ich jetzt bin, aber ich<br />

wage nicht den Gasgriff loszulassen,<br />

um den Tiefenmesser<br />

abzulesen. Da ich den Abtrieb<br />

an <strong>der</strong> Fenzy nicht kompensiert<br />

habe, (wie könnte ich<br />

auch, ich habe nur zwei Hände)<br />

würde ich sofort um ein<br />

MARE<br />

1984/85<br />

Filippo und Angus in Aktion<br />

auf 62 Meter


Wenn<br />

„Spezialisten“<br />

Tauchen gehen<br />

MARE<br />

1984/85<br />

Der „Vater“ von<br />

Philippo und unser archeologischer<br />

Zeichner<br />

planen einen<br />

Tauchgang. Sie wollen<br />

den Arbeitsplatz auch<br />

mal aus <strong>der</strong> Nähe anschauen.<br />

Nico, Philippos<br />

Vater hat keine<br />

Fenzy dabei, dafür<br />

aber lange Flossen,<br />

ein Zweiflaschengerät, und, wie mir<br />

scheint, mehr als ausreichend Blei um<br />

die Hüften. Seine Frau hilft ihm beim Anziehen.<br />

Unter dem Schiff ist es genau 50<br />

Meter tief, wir sind etwa 30 Meter von <strong>der</strong><br />

Felswand entfernt und eine schwache<br />

Strömung zieht am Schiff vorbei.<br />

Ein Unglück ist absehbar. Aber wie<br />

soll ich das Problem lösen, das hier auf<br />

uns zukommen wird? Dazu braucht es<br />

junge, durchtrainierte Typen und ich fühle<br />

mich nicht fit genug um mich als Rettungsschwimmer<br />

zu profilieren. Also frage<br />

ich Angus ob er nicht seine Flossen<br />

bereitlegen könne. Er frägt zurück:<br />

“Why?“ Ich möchte mich natürlich nicht<br />

blamieren und meine:“Du wirst es noch<br />

sehen.“<br />

Bruno, Joanna<br />

Nico springt rein, kommt auch gleich<br />

wie<strong>der</strong> hoch, reisst die Brille weg und beginnt<br />

zu husten. Ich muss mich gar nicht<br />

bemühen; seine Frau ruft um Hilfe. Angus<br />

kapiert sofort, auch <strong>der</strong> junge Expeditionsarzt<br />

sprintet übers Deck und beide<br />

hechten ins Wasser.<br />

Ich behändige den Rettungsring mit<br />

dem Tau, den ich bereitgelegt habe und<br />

werfe ihn dem kämpfenden Trio zu. Ich<br />

schaue zu wie sie sich abmühen und<br />

danke dem Herrgott dass ich nicht selbst<br />

reingesprungen bin. So muss ich sie nur<br />

noch zum Schiff zurückziehen und helfen<br />

die Ausrüstung abzunehmen.<br />

Ein völlig erschöpfter Angus meint<br />

nachher: „Das<br />

nächste Mal werde<br />

ich dich nicht mehr<br />

fragen, wieso ich<br />

die Flossen bereitlegen<br />

sollte“.<br />

CORSARO<br />

NERO


Mensun und Joanna vor <strong>der</strong><br />

königlichen Villa<br />

Der archäologische Zeichner am Werk<br />

Das Museum das keine Besucher hat<br />

MARE<br />

1984/85


Ein archäologische Zeichner<br />

dekomprimiert<br />

MARE<br />

1984/85<br />

Nach unserer anstrengenden Arbeit<br />

für MARE haben wir einen Plauschtauchgang<br />

verdient. Das ganze Team verschiebt<br />

sich also mit den Schlaubooten<br />

zu den Überresten des Wracks ausserhalb<br />

von Giglio Campese. Während Jahren<br />

war das englische Ausgrabungsteam<br />

dort fleissig an <strong>der</strong> Arbeit gewesen um<br />

das, was von den Grabräubern 30 Jahre<br />

vorher nicht mitgenommen worden war<br />

(unter an<strong>der</strong>em ein goldener Etruskerhelm),<br />

akribisch zu dokumentieren (einige<br />

Holzspäne).<br />

Mir wird <strong>der</strong> archeologische Zeichner<br />

zugeteilt, ein kühler Englän<strong>der</strong>.<br />

Schon im Schlauchboot sortiert er die<br />

drei verschiedenen Dekotabellen die er<br />

mitzunehmen gedenkt. Ich beruhige ihn<br />

damit, dass es in <strong>der</strong> Regel noch früh genug<br />

sei, sich auf <strong>der</strong> Dekostufe mit solchen<br />

Details zu befassen. Wir sausen die<br />

Wand runter auf die 50 Meter, um den<br />

übrig gebliebenen Eindruck des Kielschweins<br />

und einen Steinanker zu bestaunen.<br />

Beim Aufstieg haben wir genug Zeit<br />

um in alle Ritzen und Löcher <strong>der</strong> Wand<br />

schauen. Im Licht meiner Lampe zeigen<br />

sich alle Bewohner die in <strong>der</strong> Regel im<br />

Mittelmeer diese Löcher bevölkern. Von<br />

meinem Tauchkameraden höre ich die<br />

ganze Zeit abson<strong>der</strong>liche Geräusche und<br />

aufgeregtes Blubbern.<br />

Der goldene Etruskerhelm<br />

Irgendwann sitzen wir wie<strong>der</strong> im<br />

Schlauchboot. Mein Tauchkollege ist ausser<br />

sich vor Freude über alle diese Tiere<br />

die er auf diesem Tauchgang zum ersten<br />

Mal zu Gesicht bekommen hat und<br />

schwört, als erstes zu Hause einen Unterwasserscheinwerfer<br />

zu kaufen. „Deformation<br />

professionelle“ o<strong>der</strong> fehlende Taucherlampe?<br />

Während fünf Jahren ist er<br />

an <strong>der</strong> selben Wand aufgestiegen und<br />

hat vorher von diesem ganzen Oekosystem<br />

nichts gesehen? Wahrscheinlich hat<br />

er früher nur immer auf Tiefenmesser,<br />

Uhr und Führungsseil geschaut<br />

und auf die Tonsignale<br />

von <strong>der</strong> Oberfläche<br />

geachtet.<br />

Ob und wie wir auf<br />

diesem Tauchgang überhaupt<br />

dekomprimiert haben,<br />

interessiert ihn nachträglich<br />

nicht mehr im Geringsten.


Plan your dive and<br />

dive your plan.<br />

Wir sind auf Giglio, hier<br />

durchsuchen die Archäologen<br />

einen Abhang nach den Überresten<br />

eines etruskischen<br />

Wracks. Geoges und ich<br />

möchten auch mal sehen wie<br />

das so funktioniert. Der Diving<br />

Marshal gibt uns den Tauchplan<br />

bekannt, 20 Minuten 35<br />

Meter; nach 18 Minuten wird<br />

er mit Hammer und Armiereisen<br />

ein Tonsignal geben, zwei<br />

Minuten nachher nochmals, und wie<strong>der</strong><br />

zwei Minuten später müssen wir an <strong>der</strong><br />

Oberfläche erscheinen, sonst würden uns<br />

die Sicherheitstaucher heraufholen. Die<br />

Angaben werden ins Tauchjournal eingetragen<br />

und wir könnten loslegen. Das<br />

wird schwierig, wir wollen ja nicht nur auf<br />

30 Meter tauchen und wir wollen ja, so<br />

wie Professor Bühlmann das als gesund<br />

und richtig ansieht, nicht schneller als<br />

10 Meter pro Minute aufsteigen und zusätzlich<br />

noch einen Sicheheitshalt von 3<br />

Minuten auf 3 Meter einhalten.<br />

Bruno und Gebi betreiben Wirtschaftskunde<br />

Aber wir müssen das so machen, dass<br />

unser „Tauchbuchhalter“ nichts merkt,<br />

sonst gibt es Probleme. Es ist zwar war<br />

ein bischen kompliziert, aber niemand hat<br />

etwas gemerkt und es hat keine Probleme<br />

gegeben.<br />

Während dem Tauchgang fällt mir<br />

ein, dass ich hier etwa 20 jahre früher<br />

schon mal getaucht habe und zwar auf<br />

einer SUBEX-Odyssee . Es war damals<br />

ein unglaublich langweiliger Nachttauchgang.<br />

Es scheint, dass<br />

<strong>der</strong> damalige Tauchgangleiter<br />

etwas bestimmtes<br />

gesucht hatte.<br />

MARE<br />

1984/85<br />

Marc Parmentier am<br />

Strand von Campese


Wo sind die Finger<br />

geblieben?<br />

Ich komme aus <strong>der</strong> Kabine hoch; in<br />

<strong>der</strong> Kombüse herrscht Hektik. Blutspuren<br />

am Boden. Giovanni, unser Matrose sitzt<br />

da und hält zwei Finger, o<strong>der</strong> besser das,<br />

was von ihnen geblieben ist, in die Höhe.<br />

Unser Arzt greift sich den Arztkoffer und<br />

macht routiniert an den Stümpfen mit<br />

Gummibän<strong>der</strong>n eine Abbindung. Heissa,<br />

rot schäumt das Wasserstoffsuperoxyd.<br />

Dafür hört es auf zu bluten. Ich versuche<br />

ihn zu beruhigen und herauszufinden<br />

was passiert ist . Der Kapitän <strong>der</strong> Corsaro<br />

Nero, offensichtlich auch ein Meister seines<br />

Faches, hat, wie Rudi ein Jahr zuvor,<br />

den Anker unter die Felsblöcke plaziert<br />

und versucht die Leistungsfähigkeit seiner<br />

Ankerwinsch zu testen. Die Felsen<br />

sind, auch dieses Jahr, stärker.<br />

Zum Glück kann Giovanni tauchen,<br />

wir haben ja auch eine tolle Ausrüstung<br />

dabei. Er schnappt sich den Eintönner-<br />

Hebesack und versucht, ihn in ein paar<br />

Metern Tiefe anzuhängen. Der Schäkel<br />

ist zu gross, also legt er diesen um die<br />

Ankerkette und fixiert ihn mit <strong>der</strong> linken<br />

Hand. Mit <strong>der</strong> Rechten füllt er den Hebesack.<br />

Aber Boyle-Mariotte ist stärker als<br />

seine Linke. Der Schäkel rutscht durch,<br />

die Finger bleiben unten und die Fische<br />

freuen sich.<br />

Aber jetzt geht das grosse Ghetto<br />

los. Die rundherum ankernden Römer<br />

von „RAI uno“, mit ihren Superschlitten,<br />

sind nicht bereit, die 35 Kilometer nach<br />

Porto Santo Stefano zu fahren; <strong>der</strong> Diesel<br />

ist ja auch nicht gratis. Unser Versuch die<br />

italienische Luftwaffe zu mobilisieren misslingt.<br />

Italienische Helikopter fliegen<br />

nachts nicht übers Meer.<br />

Schlussendlich kommt gegen Morgen<br />

die Barkasse mit dem Gefängnissarzt<br />

von Pianosa und nimmt unseren<br />

unglücklichen Unterwassermatrosen mit<br />

ans Festland.<br />

Am Samstag treffen wir ihn in Genua<br />

wie<strong>der</strong>, eigentlich schon quitschfiedel. Er<br />

meint, er habe noch Glück gehabt: Sein<br />

Bru<strong>der</strong> habe als Berufstaucher beim zusammenstecken<br />

einer Pipeline die Hände<br />

nicht schnell genug zurückgezogen.<br />

Das muss hier wohl in <strong>der</strong> Familie<br />

liegen.<br />

MARE<br />

1984/85


MARE<br />

1984/85<br />

Das mysteriöse Wrack<br />

In Giglio achtet Mensun darauf, uns<br />

möglichst von seinen Mitarbeitern fernzuhalten,<br />

zu stark unterscheiden sich die<br />

englischen von den schweizerischen<br />

Tauchgepflogenheiten.<br />

Es gibt ein Gerücht, dass in <strong>der</strong><br />

Bucht von Giglio Campese ein Tauchboot<br />

<strong>der</strong> Marine (vor längerer Zeit versteht sich)<br />

ein Wrack entdeckt hätte. Mensun<br />

wünscht das wir diesem Gerücht nachgehen<br />

sollen. Bruno und Werni haben schon<br />

einen Tauchgang gemacht, behaupten<br />

auch etwas gesehen zu haben, haben<br />

aber vergessen eine Oberflächenpeilung<br />

zu machen. Also nehmen wir noch einen<br />

Anlauf mit Schmalzlis UW-Fernsehkamera.<br />

Ein Beiboot mit 6 PS-Motor ist unsere<br />

Tauchbasis. Als wir auf dem Monitor etwas<br />

zu sehen vermeinen, wir sind etwa 2 Kilometer<br />

vom Ufer entfernt, setzen wir eine<br />

Boje und beschliessen zu tauchen.<br />

Der Tauchplan ist sensationell. Ich<br />

nehme den Aquazepp mit. Wenn wir auf<br />

<strong>der</strong> Entscheidungstiefe 70 Meter etwas<br />

finden, werden wir die Boje anbinden und<br />

ich werde noch etwas herumfahren. Wenn<br />

nichts zu sehen ist, werde ich den Zepp<br />

Bruno übergeben und wie<strong>der</strong> aufsteigen.<br />

Bruno soll dann, soweit es die Tauchzeit<br />

zulässt den Grund in Richtung Ufer absuchen.<br />

Wir können dann den Luftblasen folgen.<br />

Nichts wie runter, natürlich ist nichts<br />

zu sehen und ich gehe wie<strong>der</strong> hoch.<br />

Beim Aufsteigen habe ich das<br />

Gefühl, ich spinne. Ich muss voll<br />

schwimmen um mit dem Bojenfaden<br />

in Kontakt zu bleiben, offensichtlich<br />

hat es plötzlich starke Strömung. Die<br />

Bojenschnur zeigt aber in die falsche<br />

Richtung. Das gibt’s doch nicht! Ich<br />

erreiche nach einem kurzen Dekohalt<br />

die Oberfläche und sofort wird mir klar<br />

was hier falsch gelaufen ist. Die<br />

Bootsmannschaft hat ihr Böötlein an<br />

<strong>der</strong> Boje befestigt und die aufkommende<br />

Abendbrise treibt das Boot, samt anhängen<strong>der</strong><br />

Boje und Bojenstein, in flottem<br />

Tempo davon. Die Frage nach den Luftblasen<br />

von Bruno ist überflüssig, wir sind<br />

schon lange weit abgetrieben. Eifrig suchen<br />

wir die Oberfläche ab. Alle 10 vorhandenen<br />

Dekotabellen werden aus <strong>der</strong><br />

Mappe gekramt und alle nur denkbaren<br />

Dekoprofile durchgerechnet. Bruno bleibt<br />

verschwunden. Die Wellen werden immer<br />

höher und die Sonne will auch schon untergehen.<br />

Nach an<strong>der</strong>halb Stunden sind<br />

wir uns einig, dass wir hier nichts mehr<br />

verloren haben und begeben uns auf den<br />

Heimweg zum Hafen.<br />

Wir überlegen uns, wie wir dem Capitano<br />

del Porte und allen An<strong>der</strong>en Brunos<br />

Verschwinden nahebringen könnten, als<br />

wir plötzlich vom Hafen her einen, schnell<br />

crawlenden Schwimmer auf uns zu kommen<br />

sehen. Er winkte uns und als wir näher<br />

kommen, trifft uns fast <strong>der</strong> Schlag, es<br />

ist Bruno.<br />

Er ist mit dem Aquazepp noch ein<br />

paar Runden und dann auf seiner Dekotiefe<br />

(ca. 24 Meter) mit dem Kompass zum<br />

Ufer gefahren. Erschwerend kommt hinzu,<br />

dass er, nachdem <strong>der</strong> Motor ausgefallen<br />

ist, das unhandliche Ding vor sich her<br />

schieben muss. Er hat den Weg zum Ufer<br />

und dann diesem entlang bis zum Hafen,<br />

dekomprimierend zurückgelegt. Uns fällt<br />

ein schwerer Bleigurt vom Herz.<br />

Angus und Georges mit einem<br />

Chacheli vom Wrack


Mehrzweckfahrzeug für Personenund<br />

Materialtransporte<br />

MARE<br />

1984/85<br />

Campese Hilton<br />

Unsere luxuriöse Unterkunft<br />

in Giglio Campese:<br />

Die Case abanndonate<br />

Wer trifft das Fenster mit<br />

<strong>der</strong> leeren Bierflasche?<br />

Natürlich Gebi<br />

Georges ruht sich aus


In Indonesien, fast am<br />

Ende <strong>der</strong> Welt...<br />

Ein Strassenverkehrsgesetz gibt es<br />

in Indonesien nicht, scheint uns. Der Verkehr<br />

fliesst wild durcheinan<strong>der</strong>, doch er<br />

fliesst, in <strong>der</strong> Regel, und dazu noch relativ<br />

problemlos. André hat als Fachmann das<br />

Gewusel analisiert und meint, dass einfach<br />

je<strong>der</strong> Verkehrsteilnehmer den 180°-<br />

Sektor vor sich berücksichtige und sich<br />

nicht um den Rest kümmere.<br />

In Singapur sind wir umgestiegen,<br />

besser gesagt umgewan<strong>der</strong>t, und dann<br />

hier in Surabaya gelandet. Bei diesen Distanzen<br />

sind meinem Fototrolley bereits<br />

die Rä<strong>der</strong> abgefault.<br />

Mit Walti und Ely, Andreas hat sich<br />

an <strong>der</strong> Spielkonsole im Jumbo <strong>der</strong> Singapur<br />

Airlines überarbeitet, besuche ich das<br />

Helden- und Kriegsmuseum und ganz beson<strong>der</strong>s<br />

ein russisches U-Boot <strong>der</strong> Whiskey-Klasse.<br />

Eine ganze Horde von hübschen,<br />

uniformierten Hostessen versucht,<br />

uns mit Händen und Füssen die technischen<br />

Features des Boots zu erklären. Da<br />

bezahlt man gerne den Eintrittspreis von<br />

20 Rappen! Zum Schluss treffen wir noch<br />

einen pensionierten Matrosen <strong>der</strong> sogar<br />

deutsch radebrecht; er ist in <strong>der</strong> DDR ausgebildet<br />

worden.<br />

Nachher verschlägt es uns an die Eröffnungsfeier<br />

des neuen Einkaufscenters<br />

Surabaya Palace. Da wir die einzigen<br />

Weissnasen sind, übertreffen wir als Attraktion<br />

sogar die aufspielende Band.<br />

Der Velo-Rikscha-Mann findet es<br />

mehr als unpassend, dass eine Weissnase<br />

unbedingt zu Fuss gehen und sich<br />

nicht für die 20 Rappen fahren lassen will.<br />

Am Schluss retten Ely und ich, Walti<br />

noch das Leben. Er will, den wahrscheinlich<br />

einzigen, Fussgängerstreifen von Surabaya<br />

zum Überqueren <strong>der</strong> Strasse benützen.<br />

Im letzten Moment können wir ihn<br />

von diesem selbstmör<strong>der</strong>ischen Vorhaben<br />

ab- und zurückhalten. Fussgänger sind im<br />

Indonesischen Verkehrskonzept nicht vorgesehen,<br />

ein Trottoirwechsel entspricht einer<br />

sportlichen Höchstleistung unter dem<br />

Moto: „Gring abe und seckle!“<br />

Mein Versuch, in dunkler Nacht, bei<br />

einem Strassenhändler, er betreibt seinen<br />

Laden direkt neben einem Bürowolkenkratzer,<br />

Zigaretten zu kaufen, misslingt<br />

mangels einheimischer Ruphias, er weiss<br />

mit meinen Dollars nichts anzufangen. Er<br />

hat so einen Schein noch nie gesehen.<br />

Es scheint, dass Touristen in Surabaya<br />

relativ selten sind, obwohl nicht einmal<br />

eine Malariaprophylaxe nötig wäre. Im<br />

dichten Smog können garantiert keine<br />

Anopheles-Mücken überleben. Aber die<br />

Einheimischen sind hart im Nehmen. Im<br />

Flüsslein, das durch Surabaya fliesst, baden<br />

ganze Völkerscharen. Ich würde nicht<br />

mal wagen eine Zehenspitze in diese<br />

Kloake zu stecken.<br />

Die PINDITO in Misool<br />

Pindito<br />

1999


Die tollkühnen Männer in<br />

ihren fliegenden Kisten<br />

Pindito<br />

1999<br />

Mit einer Fokker Fellowship <strong>der</strong> Merpati<br />

Airways fliegen wir nach Ujung Pandang.<br />

Den sportlichen Piloten stört <strong>der</strong><br />

mangelnde Pneudruck im linken Reifen<br />

des Bugradfahrwerks kein bisschen, es<br />

sind ja zwei da. Zackig gibt er bereits auf<br />

dem Rollweg Vollgas und ist so natürlich<br />

schnell in <strong>der</strong> Luft; die Gepäckfächer, die<br />

dabei aufspringen, stören niemanden.<br />

Schwierige Anflugverfahren wie in Kloten<br />

kennt man in Ujung Pandang nicht; <strong>der</strong><br />

Anflug geschieht, in umgekehrter Richtung,<br />

parallel zur Piste und nach einer<br />

180°-Steilkurve wird die Kiste genau auf<br />

den Pistenanfang geknallt.<br />

Hier treffen wir auf Reni, Kobi, Priska,<br />

Guido, Andi, Patty, Heidi und Freddy;<br />

die Mannschaft ist komplett. Hier kann ich<br />

auch Zigaretten kaufen. Die guten einheimischen<br />

mit dem Nelkenduft. Ich investiere<br />

umgerechnet 12 Franken und <strong>der</strong> Kiosk<br />

ist ausverkauft. Von hier geht es weiter<br />

in Richtung Sorong. Ab hier ist nur<br />

noch die 500 Ruphia-Note brauchbar; sie<br />

ist 10 Rappen wert.<br />

Staunend stellt man beim Einsteigen<br />

fest, dass die Einheimischen alle am Mittelgang<br />

sitzen. Haben sie Angst aus dem<br />

Fenster zu gucken, o<strong>der</strong> wollen sie den<br />

Weissnasen gegenüber freundlich sein?<br />

Doch bald merke ich, dass es aus <strong>der</strong><br />

Lüftungsanlage zu regnen beginnt, man<br />

könnte sogar sagen: „Es chund cho seiche.“<br />

Unser opulentes Handgepäck haben<br />

wir einfachheitshalber hinten im Flugzeug<br />

zu einem Turm aufgeschichtet. Hoffentlich<br />

muss niemand auf die Toilette.<br />

Ely kriegt einen halben Herzinfarkt,<br />

sie ist im Raucherabteil eingecheckt worden.<br />

Zum Glück raucht aber niemand.<br />

Dafür macht <strong>der</strong> Pilot eine Zwischenlandung<br />

in Ambon. Das erlaubt uns einen<br />

Kurzbesuch im Flughafengebäude und<br />

eine Rauchpause auf <strong>der</strong> Piste.<br />

Minutenlang kann ich aus dem Fenster,<br />

dicht unter dem Flugzeug, Korallenriffe<br />

bewun<strong>der</strong>n, und plötzlich setzen wir<br />

auf. Da es nicht spritzt, müssen wir in<br />

Sorong gelandet sein. Der Tankwagen<br />

besteht aus einem Handwagen mit sechs<br />

200-Liter-Fässern, getankt wird mit <strong>der</strong><br />

Handpumpe. Wie das Tanklöschfahrzeug<br />

aussehen könnte, will ich gar nicht wissen.<br />

In <strong>der</strong> Kantine, ein Raum mit einem<br />

defekten Getränkeautomaten, <strong>der</strong> aussieht<br />

wie ein Bunker in den eine Fliegerbombe<br />

eingeschlage hat, werden wir von<br />

Peter, dem Kapitän begrüsst.


Imperator<br />

Spitzkopf-Fle<strong>der</strong>mausfisch<br />

Pindito<br />

1999<br />

Kupferstreifen-Falterfisch


Um die halbe Welt, zu den<br />

Nacktkiemenschnecken, in<br />

<strong>der</strong> Waschmaschine<br />

Prospekte, Reiseberichte und <strong>der</strong><br />

Unterwasserführer “Diving Indonesia“ sind<br />

sich einig. Das ultimative Tauchen auf <strong>der</strong><br />

Pindito ist angesagt.Von Ambon nach<br />

Sorong soll die Reise gehen. Zwei Jahre<br />

gespart und dann gehts los. Lei<strong>der</strong> gibt es<br />

eine Routenän<strong>der</strong>ung. Wegen politischen<br />

Unruhen können wir nicht in Ambon starten.<br />

Nach beinahe 20 Stunden fliegen,<br />

lichtet die Pindito in Sorong, <strong>der</strong> Schlangenaal,<br />

bereits am Pier verheisst wun<strong>der</strong>bares,<br />

den Anker und fährt nach Süden,<br />

als Ziel die Insel Misool.<br />

Ein Blick auf die Seekarte<br />

verkündet Unheil, ist doch das<br />

Meer zwischen Australien und<br />

Neuguinea nirgends tiefer als 40<br />

Meter und dazu strömen aus<br />

dem Urwald Irian Jayas eine Reihe<br />

schlammiger Flüsse ins Meer,<br />

das Treibholz auf unserem Weg<br />

spricht für sich. Im Tauchreiseführer<br />

wird die Arafura See als<br />

weltweit grösster Mangrovensumpf<br />

und zum Tauchen ungeignet<br />

bezeichnet!<br />

Unsere folgenden Tauchgänge<br />

bestätigten diese Vermutung.<br />

Sichtweiten von 6 bis 12<br />

Metern sind die Regel und das<br />

bei ganz gewaltigen Strömungen.<br />

Makrofotografie ist angesagt,<br />

aber Geschmacksache.<br />

Peter, <strong>der</strong> Kapitän und Schiffseigner,<br />

versucht mich zu überzeugen<br />

dass die wahren Wun<strong>der</strong> des<br />

Meeres in <strong>der</strong> Art <strong>der</strong> Pygmäen-<br />

Seepferdchen und Nacktkiemenschnecken<br />

kulminierten. Lei<strong>der</strong><br />

habe ich vergessen meine Unterwasserlesebrille<br />

mitzunehmen.<br />

Was er nicht sagt: Es ist für Ihn und<br />

das Schiff einfacher und sicherer, westlich<br />

von Neuguinea, praktisch in einem Binnengewässer<br />

mit guter Windabdeckungen,<br />

zu fahren. Die australischen und japanischen<br />

Perlenzüchter üben hier eine<br />

Art Polizeigewalt aus, und sorgen dafür<br />

dass sich Piraten fernhalten. Klar, für einen<br />

guten Kapitän kommt immer das<br />

Schiff zuerst.<br />

Was bleibt? Eine unwahrscheinlich<br />

interessante Abenteuerreise.<br />

Die letzten zwei Tage verbringen wir<br />

dann aber doch noch an Korallenriffen traditionellen<br />

Zuschnitts mit schönem, klaren<br />

Wasser und dem üblichen Gewimmel von<br />

Grossfischen. So schön hätte es eigentlich<br />

auch 10 Tage lang sein können.<br />

Pindito<br />

1999


Pindito<br />

1999<br />

Drachenkopf


Pindito<br />

1999<br />

Fe<strong>der</strong>seestern<br />

Buckeldrachenkopf


Wahnsinnsbrummer!<br />

Riesige Wrackbarsche<br />

J.Y. Cousteau nannte sowas einmal Lastwagenfische<br />

Pindito<br />

1999


Pindito<br />

1999


Fe<strong>der</strong>stern auf Schwamm<br />

Grüne Strömungskorallen,<br />

gleich hauffenweise<br />

Pindito<br />

1999


Pindito<br />

1999<br />

„Diving Spaghetti-Monster“<br />

Palolo-Wurm heissen diese Dinger<br />

und zwei mal im Jahr sind sie zu Fortpflanzungszwecken<br />

unterwegs.<br />

Wikipedia meint dazu:<br />

Die Hinterleiber gelten als Delikatesse<br />

und zugleich als Aphrodisiakum und<br />

Fruchtbarkeitsmittel. Sie werden zu diesem<br />

Zweck aufgesammelt und roh sowie<br />

gedünstet verspeist.<br />

Wenn wir das damals gewusst hätten...


Pindito<br />

1999<br />

Wobbegonghai


Pindito<br />

1999


Pindito<br />

1999


Pindito<br />

1999<br />

Um bei diesen Strömungsverhältnissen<br />

navigieren zu können, müssen Boot und<br />

Padel optimiert sein. Ein wun<strong>der</strong>schönes<br />

Kanu, jedes Detail ist perfekt gearbeitet<br />

und poliert.<br />

Ein Tauschgeschäft: Kokosnüsse gegen<br />

Reis. Man sieht hier deutlich die unheimliche<br />

Strömung.


Pindito<br />

1999<br />

Kugelfische


Pindito<br />

1999<br />

Epaulettenhai<br />

Leopardendrücker


Pindito<br />

1999


Geheimnissvoll leuchten<br />

Augen in <strong>der</strong> Dunkelheit<br />

Pindito<br />

1999<br />

Riesige Höhlen<br />

Freiluftmausoleum mit Meersicht


Pindito<br />

1999<br />

Fle<strong>der</strong>mausfische


Pindito<br />

1999<br />

Barrakudas<br />

Paradieskaiser


Pindito<br />

1999<br />

Schnapper


Pindito<br />

1999


Weitere Tauchgeschichten<br />

und Bil<strong>der</strong> findest du unter<br />

www.heinzbossard.ch

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