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Konig Rudolf von Frankreich - Bibliothèque numérique de l'école ...

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Herrn Professor hr. Willi. Arndt<br />

zu Leipzig<br />

und<br />

Herrn Professor Dr. Otto Meitzer<br />

1.<br />

zil Dres<strong>de</strong>n<br />

in Verehrung gewidmet.<br />

D


<strong>Rudolf</strong>us . . . ret NOH aspernanclus, si causa perin<strong>de</strong> ac fortitudine<br />

valuisset. Diu cum fortuna et adversis hominum animis<br />

colluetatus, tan<strong>de</strong>m vicit Galliainque in obsequio habuit, fructus<br />

lahorum iton dogustavit.<br />

Leibniz.


Einleitung.<br />

<strong>Frankreich</strong> unter Karl III. bis zur Wahl <strong>Rudolf</strong>s.<br />

Das westfränkische Reich umfasste zum letzten Male unter<br />

Karl <strong>de</strong>m Kahlen und seinem Sohn Ludwig alle die Län<strong>de</strong>r in<br />

seinen Grenzen, die im wesentlichen das neuere <strong>Frankreich</strong> bil<strong>de</strong>n.<br />

Alsbald nach Ludwigs Tod begann die Zerbrückelung; die Bretagne<br />

war unter Man fast unabhängig und zwei andre Gebiete traten<br />

sogar völlig aus <strong>de</strong>m Staatsverbaud aus und erkannten auch die<br />

Oberlehnsherrlichkeit <strong>de</strong>r französischen Könige nicht mehr an:<br />

Nie<strong>de</strong>rburgund o<strong>de</strong>r Provence, wo die Wahl <strong>de</strong>r Grossen <strong>de</strong>n<br />

Herzog Boso zum Königsthron beriet, und Hochburgund, wo <strong>de</strong>r<br />

'«elfe <strong>Rudolf</strong> <strong>de</strong>m Beispiele Bosos folgte. Grössere Gefahr als<br />

diese Loslösungen an <strong>de</strong>n Grenzen brachte <strong>de</strong>m Bestand <strong>de</strong>s<br />

Reiches die Spaltung in zwei feindliche Lager, als ein Teil <strong>de</strong>r<br />

Grossen im Hinblick auf die drohen<strong>de</strong>n äusseren Gefahren zu<br />

Ungunsten <strong>de</strong>s unmündigen Karl <strong>von</strong> <strong>de</strong>r karolingischen Geschlechtserbfolge<br />

abging und <strong>von</strong> seinem fast geschwun<strong>de</strong>nen Wahlrecht<br />

Gebrauch machend, <strong>de</strong>m bewährten Grafen Odo, <strong>de</strong>in Sohn <strong>de</strong>s<br />

Markgrafen Robert <strong>de</strong>s Tapferen, die Krone übertrug, während<br />

<strong>de</strong>r an<strong>de</strong>re 'feil sich gegen diesen ablehnend verhielt und einige<br />

Jahre darauf Karl zum Gegenkönig erhob. Nach mehrjährigem<br />

Kampfe fand diese Spaltung jedoch einen günstigen Abschluss,<br />

in<strong>de</strong>m O<strong>de</strong> sterbend <strong>de</strong>m Gegner die Wege zur Alleinherrschaft<br />

ebnete und <strong>de</strong>m Reiche <strong>de</strong>n inneren Frie<strong>de</strong>n zurückzugeben sich<br />

bemühte. Karl, an <strong>de</strong>n sich schon früh <strong>de</strong>r Beiname <strong>de</strong>s Einfälligen<br />

geheftet hat, ') ward mit Ausnahme <strong>de</strong>r erwähnten Son<strong>de</strong>r-<br />

-J<br />

1) Für Karl ist als Ehrenretter Borgnet aufgetreten mit seiner Ihu<strong>de</strong><br />

sur le rügne <strong>de</strong> Ch-1-8. in <strong>de</strong>n Mdin. <strong>de</strong> lAcad. royale <strong>de</strong> Bruxelles (1843)<br />

Bd.XVIII, aber in durchaus voreingenommener Weise, vgl. z. B. p. 7 <strong>de</strong>s<br />

Sep. abdr. seine Uebersetzung <strong>von</strong> Itieher 1, 14. Nicht Thietmar v. Merseburg


6<br />

staaten nun im ganzen Westfrankenreich anerkannt; waren auch<br />

damit keineswegs die Innern Kriege aus <strong>de</strong>r Weil geschafft, -<br />

fast in allen Teilen <strong>de</strong>r Monarchie führten aufstreben<strong>de</strong> Dynasten<br />

beständig heftige Kriege unter einan<strong>de</strong>r - so gab es doch wie<strong>de</strong>r<br />

eine Centralgewalt, <strong>de</strong>r alle Provincialsewalten unterthan waren,<br />

bisweilen freilich nur <strong>de</strong>r Theorie nach. Auch die Verleihung<br />

<strong>de</strong>r nenstrischen Küstengebiete an <strong>de</strong>r Seinemündung an die normannischen<br />

Baubschaaren Rollos war kein direkter Verlust für die<br />

wirkliche Macht <strong>de</strong>s Königtums. Lange Zeit ist es ja traditionell<br />

gewesen, gera<strong>de</strong> <strong>de</strong>swegen Karl als erbärmlichen Schwächung zu<br />

brandmarken; dagegen hat sich eine Gegenströmung erhoben, die<br />

jene Verleihung als ein ganz vortreffliches Werk weiser Staatskunst<br />

preist - bei<strong>de</strong>s mit Unrecht, we<strong>de</strong>r Ta<strong>de</strong>l noch Lob kann<br />

<strong>de</strong>shalb <strong>de</strong>m König zu Teil wer<strong>de</strong>n. Die Landabtretung war die<br />

einzige Möglichkeit einer Abhilfe und die Verantwortung dafür<br />

fällt <strong>de</strong>n grossen Vasallen zu, die durch ihre Gleiebgiltigkeit gegenüber<br />

<strong>de</strong>n allgemeinen Interessen, durch ihre Abneigung für dieselben<br />

Opfer zu bringen, <strong>de</strong>n König, <strong>de</strong>ssen eigne Hilfsmittel zur<br />

Abwehr nicht ausreichten, zwangen diesen Ausweg zu betreten;<br />

Einbusse erlitt ja <strong>de</strong>r Kronbesitz nicht, <strong>de</strong>nn jene Gebiete stan<strong>de</strong>n<br />

1, 13, Mcii. Germ. 85. III, 741, <strong>de</strong>r die ersten 5 Bücher 1012 fertig hatte,<br />

ist <strong>de</strong>r Erste, <strong>de</strong>r einen Beinamen (ab incolis Karl Sot i. e. stolidus irouiee<br />

(lietus) für Karl hat, son<strong>de</strong>rn <strong>de</strong>n Ansatz bietet schon Cont. Regin. (um 960<br />

in Trier) zu 925, M. G. 55. 1, 616 (vir hebetis ingenii), und <strong>de</strong>n Spottnamen<br />

selbst die Mirae S. Apri (5. Erre bei Toul) c. 22, 85. IV, 517 (a suis cognominatus<br />

Simplex), die früher Adso <strong>von</strong> Der (f 992) zugeschrieben wur<strong>de</strong>n,<br />

sicher aber noch <strong>von</strong> einem an<strong>de</strong>ren Zeitgenossen sehr bald nach <strong>de</strong>m Tod<br />

Gerhards <strong>von</strong> Toul (994) um 995 aufgezeichnet sind, ferner Aisnoins Mirac. 5.<br />

Bened. Bq. ( Bouquet, Reeueil <strong>de</strong>s histor. <strong>de</strong>s Gaules et <strong>de</strong> la Frauen)<br />

IX, 137 (Simplex). die 1005 entstan<strong>de</strong>n. Also gegen En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s 10. Jahrh.<br />

hatte die Ta<strong>de</strong>lsbezeichnung schon ausserhalb <strong>Frankreich</strong>s Geltung erlangt,<br />

muss <strong>de</strong>mnach ‚ da diese Quellen sich auf französischen Gebrauch berufen, in<br />

<strong>Frankreich</strong> selbst siech früher entstan<strong>de</strong>n sein. Neben <strong>de</strong>m seit <strong>de</strong>m 11. Jahrh.<br />

allgemein üblich wer<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n Simplex und <strong>de</strong>n beson<strong>de</strong>rn Gruppen angehörigen<br />

Follus (Ohr. An<strong>de</strong>g., Maileac., Salmur,, Kimperleg.), Stultus (Ohr. Na,nnet.,<br />

Turon. Umur., brave 'Puren., lib. <strong>de</strong> castro Ämbasiae u. a.), liebes (Rod.<br />

Glab.), insipiesis (A<strong>de</strong>rn. Cabann.) fin<strong>de</strong>n sich loben<strong>de</strong> Namen im Ohr. S. Ben.<br />

Div. (Bq. VIII, 243 Sanetus) und Fragm. <strong>de</strong> <strong>de</strong>struct. cccl. Corbeiens. (Duchesne<br />

5cr. II, 589 Pius). Son<strong>de</strong>rbarer Weise kommt für Karl im Ohr. S.<br />

MarC. Turon. und Ohr. Salmur. (Bq. VIII, 316, IX, 55) selbst <strong>de</strong>r Name<br />

Capet vor, <strong>de</strong>n ausser Kg. Hugo auch noch <strong>de</strong>ssen Vater Hugo (sonst Magnus<br />

o<strong>de</strong>r Alhus) und Kg. Budolfs Bru<strong>de</strong>r Hugo (sonst Niger) erhalten.


gleichfalls nicht unter <strong>de</strong>r unmittelbaren Herrschaft <strong>de</strong>s Königs,<br />

wechselten also nur <strong>de</strong>n Herrn, während <strong>de</strong>r König nach wie vor<br />

Oberlehnsherr blieb. 1) Zu gleicher Zeit, wo dieses Ereignis sich<br />

im Nordwesten abspielte, wuchs <strong>de</strong>in im Nordosten ein<br />

grosses Gebiet zu: das alte Königreich Lothringen schloss sich<br />

all Karl an, und dies be<strong>de</strong>utete nicht einen nur i<strong>de</strong>ellen Gewinn<br />

für das Königtum, son<strong>de</strong>rn auch einen reellen, wie später die<br />

Bürgerkriege zeigten, in welchen Karl gera<strong>de</strong> in <strong>de</strong>n Lothringern<br />

eine seiner Hauptstützen fand. 2)<br />

Sein Reich <strong>de</strong>hnte sich seit dieser Zeit (912) vom Meere<br />

bis zum Rhein und zur Sahne aus, während es die Rhone nicht<br />

erreichte; im Sü<strong>de</strong>n überschritt es <strong>de</strong>n östlichen Teil <strong>de</strong>r Pyrenäen<br />

und zog die spanische Mark in seine Grenzen. Dieses weite<br />

Gebiet zerfiel in eine grosse Anzahl weltlicher und geistlicher<br />

Unterherrschaften; Hauptteile waren die Markgrafschaft iPrancien<br />

o<strong>de</strong>r Neustrien und die Herzogtümer Burgund, Norrnandie und<br />

Aquitanien; ihnen gesellten sich zahlreiche Grafschaften in, <strong>de</strong>ren<br />

Inhaber teils direkt unter <strong>de</strong>m König stan<strong>de</strong>n ‚ wie Vermandois,<br />

Flan<strong>de</strong>rn, die spanischen Grafschaften, teils Vasallen <strong>de</strong>r Herzogs<br />

waren, wie Anjou, Poitou, Toulouse, Rouergue und zahlreiche<br />

min<strong>de</strong>r mächtige 3); <strong>de</strong>nn schon war die Auflösung <strong>de</strong>r alten Gauverfassung<br />

sehr weit vorgeschritten. Vielfach waren mehrere<br />

Gaue in einer Hand vereinigt, an<strong>de</strong>rwärts hatten sich auch Gaue<br />

in mehrere Grafschaften zerteilt, <strong>de</strong>nen sich als Herrscbaftsgebiete<br />

die Vicegrafschaften 4) anschlossen, da auch <strong>de</strong>r Vicegraf nicht<br />

mehr ein königlicher Verwaltungsbeamter neben, bezüglich unter<br />

<strong>de</strong>m Grafen war, son<strong>de</strong>rn ein Grundherr wie jener und die Unterordnung<br />

<strong>de</strong>r provincialen Gewalten unter einan<strong>de</strong>r sich lediglich<br />

1) Vgl. Depping, histoire <strong>de</strong>s expditios maritimes <strong>de</strong>s Normands (Pari<br />

1826; lT p. 107 ff: Lioquet, hat. <strong>de</strong> Normandic (Rouen 1835) 1, p. 74 ff;<br />

Lair in <strong>de</strong>r Einleitung seiner Dudonusgabe (Caen 1865) p. 62 ff, 94 ff.<br />

2) irrig wird wie<strong>de</strong>rholt angenommen, auch das Elsass sei Karl zugefallen,<br />

so Borgnet, 1. c. p. 30. Warnkoenig et G&ard, hist. <strong>de</strong>s Carolingiens<br />

Brux. 1862) II, 336; dagegen Dünimler, Gesch, <strong>de</strong>s ostfriink Reichs (Berlin<br />

1865) II, 578, 590, Wenning Die Bestrebungen <strong>de</strong>r franzos. Könige <strong>de</strong>s 10.<br />

Jahrh., Lothr. f. <strong>Frankreich</strong> zu gewinnen (Progr. <strong>de</strong>s Gymnasiums zu Hanau,<br />

1884) p. 6.<br />

3) Vgl. Warnkönig und Stein, Französische Staats- u. Rechtsgeschiehte<br />

(Basel 1846) 1, 120 (eine Tabelle, die freilich mancher Aen<strong>de</strong>rungen bedarf)<br />

und die iJebersicht ib. 176-201.<br />

4) Ijeber die Vico,ntös s. <strong>de</strong> Lasteyric, t,,<strong>de</strong>s s. 1. comtes et vicomtes<br />

<strong>de</strong> Litnoges, Bibl. <strong>de</strong> l'öc. d. haut. ötud. (1874 Paris) fasc. 18.


zu einer Machtfrage gestaltet hatte. Die geistlichen Wür<strong>de</strong>nträger<br />

waren zum Teil nur Geschöpfe ihrer mächtigeren Lan<strong>de</strong>sherrn (so<br />

in Neustrien und Burgund) 1), zum Teil entwickelte sieh aber neben<br />

<strong>de</strong>n weltlichen Herrschaften eine mehr lan<strong>de</strong>sherrliche Stellung<br />

<strong>de</strong>r Bischöfe; allen voran stand das Erzbistum Reims, das in allen<br />

Verhältnissen als einer <strong>de</strong>r Hauptfaktoren <strong>de</strong>s politischen Lebens<br />

hervortritt. Gegen die drücken<strong>de</strong> Uebermacht seiner Fürsten, die<br />

aus Beiräten nur zu leicht zu Gebietern und Bedrängern wur<strong>de</strong>n,<br />

suchte Karl Hilfe, in<strong>de</strong>m er die geistlichen Herren begünstigte,<br />

bei <strong>de</strong>nen <strong>de</strong>r Mangel <strong>de</strong>r Erbfolge eine grössere Abhängigkeit vom<br />

König als oberstem Schutzherrn <strong>de</strong>r Kirche 2) bedingte als bei <strong>de</strong>n<br />

durch ihr ziemlich gesichertes Erbrecht mächtigen Dynasten.<br />

Dies Bestreben hat ihm auch seine Früchte getragen; <strong>de</strong>r Reimser<br />

Erzbischof war es, <strong>de</strong>r während <strong>de</strong>r letzten Jahre Karls fast allein<br />

<strong>von</strong> <strong>de</strong>n westfränkischen Grossen <strong>de</strong>n König aufrecht erhielt.<br />

Ferner zog dieser Leute <strong>von</strong> geringerer Herkunft in seine nähere<br />

Umgebung , die als seine Geschöpfe lediglich auf ihn angewiesen<br />

waren und <strong>de</strong>ren persönliches Wohl und Wehe ihnen Eifer und<br />

Treue im Dienste <strong>de</strong>s Herrschers zur Pflicht machte, Beson<strong>de</strong>rs<br />

letzterer Umstand rief <strong>de</strong>n lebhaftesten Unwillen <strong>de</strong>r Fürsten<br />

hervor; zu stark beherrschten schon die feudalen Anschauungen<br />

die Gemüter, als dass die mächtigen Herren es ruhig hätten ertragen<br />

sollen, dass ein andrer Einfluss, zumal <strong>de</strong>r eines Unebenbürtigen,<br />

beim Könige stärker sei als <strong>de</strong>r seiner grossen Vasallen<br />

Dem Austrasier ilagano war es gelungen, das höchste Vertrauen<br />

Karls zugewinnen. Als herne mediocris hatte er sich,<br />

unterstützt durch seine Verwandtschaft mit einfiussreichen Personen<br />

in Lothringen und getragen <strong>von</strong> <strong>de</strong>r unwan<strong>de</strong>lbaren Gunst <strong>de</strong>s Königs,<br />

zur Wür<strong>de</strong> eines Comes und vielleicht sogar für einige Zeit zu<br />

einer herzoglichen o<strong>de</strong>r doch herzogsgleichen Stellung in Lothringen<br />

erhoben, in<strong>de</strong>m er wohl die durch <strong>de</strong>n unruhigen und hochfahren-<br />

1) Vgl. 7.. B. Gesta pontif. Aujissjodorei,sjum, die. Hz. Riehaid als fast<br />

unumschränkten Herrn <strong>de</strong>s Bistums zeigen, Bihlioth. ijistor. <strong>de</strong> ) Tonne (cd.<br />

»um 1550, Paris, Auxerre) 1, 367, 372, 374. 3. auch Warnkönig und Stein.<br />

1. c. 1, 222 ff.<br />

2) vgl. für diese Zeit <strong>de</strong>n Brief P. Johanns X. an Kar) im J4ütticlier<br />

Bischofsstreit 921, Bq. DC, 216, an Köln ii,. 215.<br />

3) Auch an<strong>de</strong>rwärts begegnet uns in jener Zeit dieselbe Erscheinung<br />

Kg. Zwentebulch <strong>von</strong> Lethr. wur<strong>de</strong> es gleichfalls zum Vorwurf gemacht, dass<br />

er die Vomelunen zurücksetze und mit Geringeren die Reichsgeschäfte ordne.<br />

Itegino, Chron. ad 9u0, M. G. 33. 1 1 609.


<strong>de</strong>n Sinn Qisilberts 1) verursachten Wirren im Dienste Karls zugleich<br />

auch geschickt zu seinem eigenen Vorteil zu verwen<strong>de</strong>n<br />

wusste 2).<br />

Im Jahre 920 brach gegen ihn <strong>de</strong>r erste Sturm los, <strong>de</strong>r zugleich<br />

gegen das Königtum selbst gerichtet war. Karl zeigte<br />

eine Festigkeit, die seinem Charakter Ehre machen mag. die aber<br />

für ihn als Herrscher <strong>von</strong> <strong>de</strong>n vcriiängnisvollsten Folgen begleitet<br />

war. Noch gelang es diesmal <strong>de</strong>m kraftvollen Auftreten <strong>de</strong>s<br />

ileriveus <strong>von</strong> Reims, <strong>de</strong>n König zu retten und ihn nach siebenmonatlichen<br />

Bemühungen und Opfern 8) in <strong>de</strong>r Herrschaft zu erhalten,<br />

aber es war nur ein zeitweiliges Zurückdrängen <strong>de</strong>r Katastrophe,<br />

die unausbleiblich über kurz o<strong>de</strong>r lang <strong>de</strong>n Thron umstürzen<br />

musste, da Karl auch durch die überstan<strong>de</strong>ne Gefahr nicht in<br />

seiner Zuneigung zu seiner jetzigen Umgebung wankend gewor<strong>de</strong>n<br />

war. In Lothringen hatte Karl damals auch einen Erfolg zu verzeichnen<br />

gegen <strong>de</strong>n <strong>de</strong>signierten Bischof Hilduin <strong>von</strong> Lüttieh-<br />

Tongern, <strong>de</strong>r sich an <strong>de</strong>r Empörung beteiligt hatte, setzte er Richar,<br />

<strong>de</strong>n Abt <strong>von</strong> Prüm, ein und erzielte schliesslich auch seine An-<br />

1) Diese Form ist gewählt zur äusserlichen Unterscheidung <strong>de</strong>s Loth-<br />

Fingers <strong>von</strong> <strong>de</strong>m Bnrgun<strong>de</strong>r GisleI,ert; bei<strong>de</strong> sind wie<strong>de</strong>rholt verwechselt<br />

wor<strong>de</strong>n, z. B. bei Bulliot, Essai histor. sur l'abbaye <strong>de</strong> S. Martin d'Autun<br />

(Anton 1849) J, 164. Anm. 3, bei Haedicke, Etu<strong>de</strong> sur je royauune <strong>de</strong> Bourgogne<br />

et dc Provenee (Progr. du cou. roy. Franc., Berlin 1865) p. 24, 31 7 u. a.<br />

2) lieber Ilagano: Flodonrd, Chron. 920, 922. 58. III, 368, 370, Bist.<br />

Remensis cccl. (Pl. B. R.) 1. IV, c. 15, 88. Xlii. 577; Fo]cuin. gesta abb.<br />

Sithieusium c. 99. 58. XIII, 625: :aicher 1. 15, 16, 21 (nur nach <strong>de</strong>r Oktavnusg.<br />

<strong>de</strong>r Mon. Germ. 88. citiert; Ekkchard, Ohron. 88. Vl. 181 Vita S.<br />

Gerardi Broniensis, Bq. IX. 123. Dass <strong>de</strong>r Günstling nicht unigennützig<br />

<strong>de</strong>n Vorteil <strong>de</strong>r Krone erstrebte, son<strong>de</strong>rn <strong>de</strong>n eignen nicht vergass, zeigte die<br />

Eroberung <strong>von</strong> Lnon ‚ wobei 1"Ied. (1. c.) besondrer Erwähnung wert erachtet,<br />

dass <strong>de</strong>r Schatz <strong>de</strong>s ITagano mit erbeutet wor<strong>de</strong>n sei. Heber die erste EinpOrung<br />

vgl. ausser<strong>de</strong>m Ans,, S. Coluinbne Senonensis 920 85. T. 104. - C. <strong>von</strong><br />

Kalokstein ‚ (3 esel,. <strong>de</strong>s franzos. Königidunis unter <strong>de</strong>n ersten Capetingern<br />

(Leipzig, 1877) 1. 142 if. Mourin, los Cointes <strong>de</strong> Paris (Paris 1869) r- 118 lt<br />

bekämpft die llypothese, die Hagano als thätig für die Stärkung <strong>de</strong>r Königsmacht<br />

auffasst, und sthil<strong>de</strong>rt ihn sehr ungünstig, freilich mit noch geringerer<br />

Begründung und auf so einfältige Erzählungen sich stützend, wie die Vorzimmeracene<br />

hei Ekkel,ard.<br />

3) Er hatte während dieser Zeit <strong>de</strong>n König bei sich und sein Gebiet<br />

bestritt die Kosten <strong>de</strong>s königlichen Hofhalts.


10<br />

erkennen« durch die lothringischen Gegner und durch <strong>de</strong>n Papst.<br />

Gisilbert war im Verein mit an<strong>de</strong>rn Grossen seines Herzogtums<br />

gleichfalls abgefallen;<strong>de</strong>r Misserfolg <strong>de</strong>r neustrischen Rebellen<br />

veranlasste ihn jedoch einzulenken und sich Karl wie<strong>de</strong>r zu unterwerfen<br />

1) Die Beziehungen zu Deutschland wur<strong>de</strong>n besser; 920<br />

hatte <strong>de</strong>r König im Wormsgau bei Ffed<strong>de</strong>rsheim durch König<br />

Heinrich zwar eine Nie<strong>de</strong>rlage erlitten, als er die linksrheinischen<br />

<strong>de</strong>utschen Lan<strong>de</strong> an sich reissen wollte aber im folgen<strong>de</strong>n Jahre<br />

kam es zunächst zu einem Waffenstillstand und schliesslich am<br />

1. November in Bonn zum Frie<strong>de</strong>n. 2) Bald aber verdüsterten sich<br />

die Aussichten <strong>de</strong>s Karolingers wie<strong>de</strong>r; am 1. September 921 war<br />

Herzog Richard <strong>von</strong> Burgund gestorben, neben Markgraf Robert<br />

<strong>de</strong>r mächtigste Vasall, aber dabei einer <strong>de</strong>r besten Fürsten <strong>de</strong>s<br />

Reichs, <strong>de</strong>r allerdings auch wie alle weltlichen Fürsten bisweilen<br />

gegen die Kirche eigenmächtig verfuhr. auch selbst trotz seiner<br />

kirchlichen Gesinnung Kirchengut besass 4), jedoch auch sein Herzogtum<br />

sowohl gegen äussere Fein<strong>de</strong> zu schätzen verstand -<br />

wie<strong>de</strong>rholte Normannensiege legten da<strong>von</strong> Zeugnis ab -. als auch<br />

im Innern die Ordnung aufrecht erhielt, ein Bestreben, das unter<br />

<strong>de</strong>n Zeitgenossen selten war und ihm bei <strong>de</strong>r Nachwelt <strong>de</strong>n Ehrennamen<br />

<strong>de</strong>s Justitiarius verschaffte 5). Richard war ein treuer Anhänger<br />

Karls gewesen, und wenn er auch in <strong>de</strong>r letzten Zeit nicht<br />

selbst für Karl eingetreten war, so war es doch für <strong>de</strong>n König<br />

1) Schreiben ]Carls M. G. Jii. (Leges) 1, 565 Briefe Johanns X. )3q.<br />

]X, 216. 216; Flod. 920 p. 369; Richer 1, c. 22-24; Foleuin, gesta abb.<br />

Lobiens. c. 19. 83. 1V. 63, Ann. Lobiens, 920 88. 11, 210. Wittich in Forschungen<br />

z. <strong>de</strong>utsch. Gesch. 111. 118 lt.; id., Entstehung <strong>de</strong>s Herzogthums<br />

Lothringen, (Göttingen 1862) p. 99.<br />

21 Vertragsurkun<strong>de</strong> M. G. LL. 1, 567; Flod. 920. 921 r . 369. Fieber<br />

1. c.; Contin. Roginonis irrig zu 928, 924 88. .1, 615, 616. Ann. Lobiens. 023<br />

SS II, 2:10, Xiii. 233; letztere bei<strong>de</strong>n sprechen unrichtig <strong>von</strong> einem Verzicht<br />

Karls auf Lothringen; erst unter <strong>Rudolf</strong> ging es an Deutschland verloren.<br />

vgl. ferner Waitz, Jahrbücher <strong>de</strong>s <strong>de</strong>utschen Reiches unter König Heinrich 12<br />

(Berlin 1863) p. 27 1 51 7 62; Wittieh, llerzogth. Loth. v 100 11'.<br />

3) vgl. Xalckstein p. 93 ff.<br />

4) Laionabt <strong>von</strong> 8. Germai,i zu Auxerre IJrk, 22. April 90]. B, (= Böhmer,<br />

Regesta Karolorum, Frankfurt 1833) n. 1915. Bq. IX, 490; <strong>von</strong> S. Golumba<br />

zu Sens: Urk. 16. Juni 891. B. 1887 llq. IX, 457; Cartul. gnöral <strong>de</strong> I'Vonne<br />

(Auxerre 1854) 1 n. 65, 68; Gesta pontif. Autissiod. 1. c. 1, 372.<br />

5) Hugo Flaviniac. Ohron. 58. VIII, 357, Series abb. I'Iavin. ib. 503;<br />

Append. lqlirae. 5. Germ. Autissiod., Bibl. bist. <strong>de</strong> 1'Youne II, 197, 199; Origo<br />

st bist. comit. Nivernens, Labbe Bibl. Mss. 1, 399.


.ij,<br />

schon ein grosser Gewinn, wenn <strong>de</strong>r mächtige Herzog sieh nicht<br />

mit <strong>de</strong>n Fein<strong>de</strong>n vereinigte. Nach seinem To<strong>de</strong> wur<strong>de</strong> das Verhältnis<br />

ein andres; <strong>de</strong>r neue Herzog <strong>Rudolf</strong> stand durch seine<br />

Vermählung mit Roberts Tochter Emma in nahen Beziehungen<br />

zum Haupte <strong>de</strong>r Unzufrie<strong>de</strong>nen, auf seinen Beistand konnte Karl<br />

nicht zählen, und bald nahm Jener auch persönlich an <strong>de</strong>n Unternehmungen<br />

gegen ihn teil, Noch schlimmer war es für <strong>de</strong>n König,<br />

dass seine feste Stütze, <strong>de</strong>r Erzbischof <strong>von</strong> Reims, sich auch <strong>von</strong><br />

ihm abwandte. Ist es auch nirgends direkt und mit Bestimmtheit<br />

gesagt, dass Heriveus abfiel, versichert Richer auch das Gegenteil,<br />

so geht <strong>de</strong>nnoch aus <strong>de</strong>r Schil<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>s Bürgerkriegs bei Flodoard<br />

hervor, dass Karl selbst Reims als feindlich betrachtete.<br />

Wenn <strong>de</strong>r Erzbischof während <strong>de</strong>r Unruhen <strong>de</strong>s Jahres 922 persönlich<br />

nicht mehr hervortritt, so liegt dies wohl daran, dass er<br />

schwer krank darnie<strong>de</strong>rlag. Welcher Grund diesen treuen Anhänger<br />

jetzt die karolingische Sache aufgeben liess, wird nicht überliefert;<br />

ob er sieh in seiner Erwartung auf Belohnung getäuscht sah, ist<br />

nicht zu entschei<strong>de</strong>n ; auch dass gera<strong>de</strong> er die Verleihung <strong>de</strong>r Abtei<br />

Chelies an Hagano so bitter empfun<strong>de</strong>n haben sollte ‚ erscheint<br />

wenig glaubhaft; <strong>de</strong>rartiges war damals so häufig, dass es kaum<br />

als genügen<strong>de</strong>r Anlass zu einem so be<strong>de</strong>utsamen Schritte &etrachtet<br />

wer<strong>de</strong>n kann, zumal ja Reriveus selbst gar nicht dadurch berührt<br />

ward, da Chelles zu Reims in keinen Beziehungen stand ; auch<br />

<strong>de</strong>r Verlust <strong>de</strong>r Erzkanzlerwür<strong>de</strong> ist als Grund aufgefasst wor<strong>de</strong>n,<br />

ohne dass man jedoch in <strong>de</strong>r Lage ist, genügen<strong>de</strong> Belege zu bieten.<br />

Für die Vermutung, Heriveus habe selbst bei Karl auf die Uebertragung<br />

'hingewirkt, liegt nicht <strong>de</strong>r min<strong>de</strong>ste Anhalt vor<br />

Die schon berührte Vergabung <strong>von</strong> Ühelles im Osten <strong>von</strong><br />

Paris gab <strong>de</strong>n unmittelbaren äusseren Anlass zur erneuten Empörung.<br />

Karl nahm es seiner Tante Rothildis ‚ <strong>de</strong>r Mutter <strong>de</strong>r<br />

Gemahlin Hugos, <strong>de</strong>s Sohnes <strong>de</strong>s Markgrafen Robert; <strong>de</strong>ssen<br />

Familie musste durch diese Handlung doppelt verletzt wer<strong>de</strong>n,<br />

weil ein Glied ihrer Verwandtschaft benachteiligt wur<strong>de</strong> und gera<strong>de</strong><br />

<strong>de</strong>r Besitz <strong>de</strong>s im Herzen ihres Gebietes gelegenen Chelles<br />

in' <strong>de</strong>s gehassten und verachteten Fein<strong>de</strong>s Hand ihr als beständige<br />

11 Flod. 922 p. 370, H. Rein. IV, 17 35. flH, 577; itieher 1, 41;<br />

Rotger Erzkanzler: Bq. LX 527 538, 541, 546 u. s. w. bis zum Schlusse <strong>de</strong>r<br />

Urk. Karls; ileriveus; ih. 513 ff, bis 540, 541; Mabillon, Ann. ord. S. Een.<br />

111. 369. 1. 42, c. 43; Hist. <strong>de</strong> Languedoc 1112, 91. Luns, die Vorfahren<br />

Hugo Capets im Kampfe mit <strong>de</strong>n letzten lCaro]ingern. (Gynm. progr. Deutsch-<br />

Crone 1870) p. 10; Ka]ckstein p. 163; Borgnet p. 40 versucht Richer folgend<br />

vergeblich, Heriveus als treu bis zu seinen' To<strong>de</strong> darzustellen,


12<br />

Drohung erscheinen mochte. Da auf friedlichem Wege vom König<br />

Abstellung <strong>de</strong>r alten und neuen Beschwer<strong>de</strong>n durch Beseitigung<br />

<strong>de</strong>s Günstlingsregimontes nicht zu erreichen war, betrat man <strong>de</strong>n<br />

Weg <strong>de</strong>r Gewalt. Es kann hier nicht auf die Operationen <strong>de</strong>r<br />

bei<strong>de</strong>n Gegner, die im wesentlichen sich im RSois, Laonnais<br />

und Soissonnais abspielten, eingegangen wer<strong>de</strong>n; Karl floh wie<strong>de</strong>rholt<br />

mit Hagano über die Maas nach Lothringen, <strong>von</strong> wo er mit<br />

frischgesammelten Streitkräften immer wie<strong>de</strong>r in die genannten<br />

Gegen<strong>de</strong>n einfiel, überhaupt war es kein Krieg in grossem Massstabe,<br />

son<strong>de</strong>rn nur eine Reihe kleiner Raubzüge mit Verwüstungen<br />

und Ueberfällen 1), Auf Seite Markgraf Roberts mit <strong>de</strong>n Neustriern<br />

stan<strong>de</strong>n <strong>von</strong> be<strong>de</strong>uten<strong>de</strong>ren Herren Gisilbert <strong>von</strong> Lothringen; <strong>Rudolf</strong><br />

<strong>von</strong> Burgund, Heriveus <strong>von</strong> Reims, während Karl ausser einigen<br />

Bischöfen beson<strong>de</strong>rs noch eine ziemlich starke <strong>de</strong>m Herzog feindliche<br />

Partei in Lothringen anhing. Die Normannen und die südfranzösischen<br />

Grossen hielten <strong>de</strong>m Namen nach zu Karl, aber<br />

thätig für ihn aufzutreten lag ihnen vollständig fern; erst als seine<br />

Sache bereits verloren war, ergriffen die Norrna.nnen die Waffen,<br />

während im Sü<strong>de</strong>n auch dann sich keine 1-fand rührte und man<br />

sich begnügte, <strong>de</strong>n Gegenkönigen passiven Wi<strong>de</strong>rstand zu leisten.<br />

Man hat in <strong>de</strong>m Kampfe <strong>de</strong>r Karolingor gegen die Bobertiner,<br />

und zwar nicht nur in <strong>de</strong>r einen Phase <strong>de</strong>sselben, die zwischen<br />

Karl fiT. und Robert-<strong>Rudolf</strong> sich ereignete, son<strong>de</strong>rn in <strong>de</strong>r ein<br />

volles Jahrhun<strong>de</strong>rt sich hinziehen<strong>de</strong>n Agonie <strong>de</strong>s alten Herrscherhauses<br />

<strong>de</strong>n Ausdruck tiefer liegen<strong>de</strong>r I<strong>de</strong>en erblicken wollen: die<br />

Reaktion <strong>de</strong>s neugebil<strong>de</strong>ten Franzosenbums mit <strong>de</strong>n Herzogen <strong>von</strong><br />

Francien als Vorkämpfern gegen die „germanische Race", <strong>de</strong>ren<br />

Fühfer die Karolinger wären, die Abkömmlinge <strong>de</strong>r Franken; so<br />

beson<strong>de</strong>rs Tbierry, <strong>de</strong>m sich Michelet ganz anschliesst. Diese<br />

Ansicht entbehrt jedoch je<strong>de</strong>r Begründung und mit Recht hat<br />

Arbois <strong>de</strong> Jubainvillo darauf hingewiesen, dass man damit mo<strong>de</strong>rne<br />

Verhältnisse in das zehnte Jahrhun<strong>de</strong>rt übertrage, wo es dauern<strong>de</strong><br />

Parteien in diesem Sinne nicht gab, son<strong>de</strong>rn die schwanken<strong>de</strong><br />

Politik einer Anzahl übermächtiger Unterthanen ihr und ihrer<br />

Eintersassen ‚ d. h. also <strong>de</strong>s Staates Geschicke bestimmte; was<br />

ausserhalb <strong>de</strong>s Lehnsverban<strong>de</strong>s stand, die grosse Masse <strong>de</strong>s nie-<strong>de</strong>m<br />

Volkes und <strong>de</strong>r Unfreien ‚ hatte keinen Anteil am Staatsleben<br />

allein die Konstellationen jener Grossen unter einan<strong>de</strong>r g aben <strong>de</strong>r<br />

Gesammtheit ihr jeweiliges Aussehen, und Stätigkeit <strong>de</strong>r Gesinnung,<br />

feste Parteigrundsütze suchen wir vergeblich, nur in Einem war<br />

man zielbewusst und zäh, im Streben nach eigener Machtver-<br />

1) V1. Kalcksteiu p. 153 ff.


grösserung. Die Geschichte <strong>de</strong>r letzten Karolinger zeigt beständig<br />

feindselige Absichten gegen Deutschland, nichts dagegen <strong>von</strong> einem<br />

„Band <strong>de</strong>r Erinnerungen", <strong>von</strong> „verwandtschaftlichen Neigungen<br />

zu <strong>de</strong>n Län<strong>de</strong>rn <strong>de</strong>r languc tu<strong>de</strong>sque", die Kriege Karls gegen<br />

Konrad und Heinrich, Ludwigs gegen Otto 1. ‚ Lothars gegen<br />

Otto Ii. und III, sind dafür beredte Zeugen; die biswei]igen An-<br />

'häherungen waren <strong>von</strong> seiten <strong>de</strong>r Karolinger sehr unfreiwilliger<br />

Natur, <strong>de</strong>nn nur in höchster Not entschloss man sich dazu, wenn<br />

man ohne <strong>de</strong>utsche Hilfe verloren gewesen wäre, und schlecht<br />

genug hat Lothar die ihm und seinem Vater <strong>von</strong> Otto und Bruno<br />

erwiesene Hilfe an Oos Sohn und unmündigem Enkel gelohnt.<br />

Wohl herrschte damals eine nationale Trennung im Frankenreiche,<br />

aber für <strong>de</strong>n Dynastiewechsel gab sie keinen Ausschlag: die Spannung<br />

zwischen Nord und Sud; die bisweilen in scharfer Weise zum<br />

Ausdruck gelangen<strong>de</strong> Abneigung gegen <strong>de</strong>n König <strong>von</strong> jenseits<br />

<strong>de</strong>r Loire, <strong>de</strong>n „die treulosen, die unsinnigen Franken" eihoben<br />

hatten, liess die Aquitanier an Karl noch längere Zeit festhalten,<br />

<strong>de</strong>r ihnen übrigens, wie ihr Verhalten bewies, sehr gleichgiltig<br />

war, und unter Karls gleichnamigem Enkel, <strong>de</strong>m Herzog voll<br />

wie<strong>de</strong>rholte sich das Schauspiel gegenüber Hugo Gapet 1),<br />

In geistreicher Weise erörtert Guizot die Ursachen <strong>de</strong>s Verfalls<br />

<strong>de</strong>r zweiten Dynastie; er sieht <strong>de</strong>n Grund in <strong>de</strong>r Unreifheit <strong>de</strong>r<br />

staatlichen und socialcn Zustän<strong>de</strong>, ein grösseres Gemeinwesen zu<br />

bil<strong>de</strong>n und die l<strong>de</strong>a <strong>de</strong>r Staatseinheit zu fassen, wie es <strong>de</strong>r Plan<br />

<strong>de</strong>s grossen Karl gewesen war; <strong>de</strong>r Zug <strong>de</strong>r Zeit gehe auf näherliegen<strong>de</strong>s,<br />

auf Festigung <strong>de</strong>r Verhältnisse in kleineren Kreisen,<br />

die eher durchzuführen war, aber zur Indifferenz gegen <strong>de</strong>n Staat,<br />

zur Son<strong>de</strong>rentwicklung <strong>de</strong>r verschiednen Gebiete führte und in <strong>de</strong>r<br />

äusserlichen Zusammenfassung im Feudalstaate ihren Abschluss<br />

fand; das Emporkommen eines Herrschers aus <strong>de</strong>r Reihe <strong>de</strong>r<br />

Feudalherren selbst gebe dieser Bildung die Sanktion 2)<br />

1) Thierry, Lettres sor flust. <strong>de</strong> France, n. X.11 (7m0 dd. Paris 1842)<br />

p. 201 ff. j Mic],elet, hist. <strong>de</strong> Fr. (öd. <strong>de</strong> 1879) II. 58 11.; gleiche Ansicht auch<br />

bei Re,mebert, [es comtes <strong>de</strong> Paris :1886, vgl. Reeension ii, Revue histor.<br />

XXIX 1885) p. 233; Arhois <strong>de</strong> Jubainville, hist, <strong>de</strong>s ducs et <strong>de</strong>s eointes da<br />

Champagne (Paris 1859) 1, 8]; Montesquieu, esprit <strong>de</strong>s bis 1. XXI cli. 25-<br />

32, - Wemung, 1. c. - Mary-Lafon i list. pebitiquc, rlig, et litör. du Midi<br />

<strong>de</strong> Fr. (Paris 1845) Bd. U; unten p. 28 ff. die aquitan. lJrk.; Richer 1, 3,<br />

Charakteristik <strong>de</strong>r Äquit., vgl. Reimann, <strong>de</strong> Richeri rita et scriptis (Olsnae<br />

1845) p. 44; Roth, Feudalität und Unterthancnverband (Weimar 1863) p. 14.<br />

lieber Karl <strong>von</strong> Lothr. s. Kaichstein p. 420,<br />

2) Guizot Essais sur l'hist. da Fr. (lßbrnc öd. Paris 1872 ) p. 68 II'.;<br />

Mourin, 1. c. pröface p. XXVII sucht <strong>de</strong>n Grund in <strong>de</strong>m Gegensatze zwischen


‚4<br />

In<strong>de</strong>ssen diese Auffassung lasst sich ebenso wenig wie die<br />

an<strong>de</strong>ren halten; Luchaire kommt nach eingehen<strong>de</strong>r Prüfung zu<br />

<strong>de</strong>m Ergebnis, dass in keiner <strong>de</strong>r angenommenen Arten ein principieller<br />

Gegensatz zwischen Karolingern und Gegenkönigen statt<br />

hatte, dass vielmehr letztere und dann auch die ersten Kapetinger<br />

durchaus in <strong>de</strong>n Bahnen <strong>de</strong>r Karoliuger weiter wan<strong>de</strong>lten; die<br />

Unmöglichkeit für letztere, das Königtum trotz ihrer eifrigen nicht<br />

zu verkennen<strong>de</strong>n Bemühungen fernerhin noch in erfor<strong>de</strong>rlicher<br />

Weise zu vertreten, ihre Machtlosigkeit inmitten <strong>de</strong>r nur theoretisch<br />

untergeordneten, aber mächtigeren Gewalten liess sie die Krone<br />

verlieren und dieselbe auf die Robertiner als Inhaber <strong>de</strong>r geeigneten<br />

Machtfülle übergehen.')<br />

Als nach <strong>de</strong>m Verlust <strong>von</strong> Laon Karl durch die Auflösung<br />

seines Heeres wie<strong>de</strong>r zum Rückzug über die Maas gezwungen<br />

wur<strong>de</strong>, nahmen die Aufständischen die ihnen dadurch gewährte<br />

Ruhe wahr, nm ihren Unternehmungen eine straffere Organisation<br />

zu geben; am 29. Juni 922 wur<strong>de</strong> in Reims Markgraf Robert<br />

<strong>von</strong> geistlichen und weltlichen Grossen zum König gewählt und<br />

in S. Remy <strong>von</strong> Walter <strong>von</strong> Sens gekrönt. Es war das zweite<br />

Mal, dass dieser Kirchenfürst an einem Nichtkarolinger das Amt<br />

übte, Odo hatte er gekrönt, da Fulko <strong>von</strong> Reims zu <strong>de</strong>ssen Gegnern<br />

gehörte, jetzt verrichtete er die Handlung, weil Heriveus durch<br />

seine Krankheit verhin<strong>de</strong>rt war. 1) Drei• 'Lage nach <strong>de</strong>r Krönung<br />

starb Letzterer 3); sein Nachfolger Seulf war zwar ein tüchtigef<br />

Mann, <strong>de</strong>r sich mit Eifer die geistlichen und weltlichen Pflichten<br />

seines Amtes angelegen sein liess, aber verdankte doch seine Wahl<br />

<strong>de</strong>n Gegnern und schon dadurch war ihm die Stellung angewiesen,<br />

<strong>de</strong>r id& latine, <strong>de</strong>r monarchie iinpüriale ‚ <strong>de</strong>r eentralisation romaine und <strong>de</strong>n<br />

neuen I<strong>de</strong>en <strong>de</strong>r FcudaitiLt, und tritt gleichfalls <strong>de</strong>i Ansicht Thierrys entgegen,<br />

p. 86, 348; jedoch auch seine Meinung ist, wie Luchaire nachweist:<br />

nicht die richtige.<br />

1) Luchaire hist. <strong>de</strong>s institutions inonarchiques d. 1. Fr. sous los<br />

prentiers Captiens (Paris 1883) 1, 21 ff. Vgl. auch Warnkönig und Stein,<br />

111. 37 ff.<br />

2) Auch darf für diese Zeiten noch nicht <strong>von</strong> einem feststehen<strong>de</strong>n<br />

Krönungsrecht <strong>de</strong>s Reimsers gesprochen wer<strong>de</strong>n; schon Ansegis <strong>von</strong> Seris hatte<br />

Ludwigs <strong>de</strong>s Stanunlers Söhne gekrönt vgl. Wenck, Die Erhebung Aniulfs,<br />

Leipzig 1852 p. 97 Anm.; Dümmier, Ostfrank. Reich II, 122.<br />

3) Fiod. 922 p.<br />

370 H. R IV, 17 p. 577; Vnrin, Archives lgis1atives<br />

<strong>de</strong> Ja ville <strong>de</strong> Reims (Paris 1864) II, 1, r 84; Min. S. Ccl. Sen. 922 83. J, 104,<br />

Hist. Franc. Senon 55. IX, 866.


II)<br />

die er im Bürgerkrieg einzunehmen hatte. Die Kämpfe dauerten<br />

fort, Robert verlegte aber <strong>de</strong>n Schauplatz nach Lothringen; hier<br />

hatte er Anfang 923 im Ribuariergau an <strong>de</strong>r Roer eine Zusammenkunft<br />

mit König Heinrich, <strong>de</strong>r <strong>de</strong>n Bonner Vertrag ausser Acht<br />

liess und sich mit <strong>de</strong>m Gegenkönige in freundliches Einvernehmen<br />

setzte. Es gelang Robert, einem Teil <strong>de</strong>r Lothringer einen Waffenstillstand<br />

bis zum Oktober aufzunötigen, worauf er nach <strong>Frankreich</strong><br />

zurückging; die burgundischen Truppen, die ihm im vorigen Jahre<br />

zugezogen waren, waren wie<strong>de</strong>r entlassen, und auch <strong>von</strong> seinen<br />

übrigen Streitern hatte er, wie scheint, nur einen Teil bei sich<br />

behalten, da er zunächst keinen Angriff zu erwarten hatte, Doch<br />

Karl raffte sich mit zäher Ausdauer <strong>von</strong> neuem auf 1), wie<strong>de</strong>r<br />

brachte er ein lothringisches Heer zusammen; unter Verletzung<br />

<strong>de</strong>s besch wornen Waffenstillstan<strong>de</strong>s marschierte man auf Robert<br />

los, <strong>de</strong>r unweit Soissons an <strong>de</strong>r Aisno lagerte; will man die Angaben,<br />

dass Karl in Attigny auf <strong>de</strong>m Hinmarsche verweilt hatte,<br />

dass er bei Soissons <strong>de</strong>n Fluss überschritt und die Schlacht auf<br />

<strong>de</strong>r Ebene vor <strong>de</strong>m S. Medarduskloster stattfand, vereinen, so ist<br />

eine doppelte Ueberschreitung anzunehmen, bei Attigny auf das<br />

linke Ufer und bei Soissons auf das rechte zurück, <strong>de</strong>nn S. Modard<br />

liegt gegenüber <strong>de</strong>r Stadt auf <strong>de</strong>m Nordufer. Der 15. Juni 923,<br />

ein Sonntag, sollte die Entscheidung über die Krone bringen; kaum<br />

hatte Robert Zeit sich vorzubereiten, mit <strong>de</strong>n Truppen, die gera<strong>de</strong><br />

bei ihm waren, musste er die Schlacht annehmen, die nach <strong>de</strong>n<br />

be<strong>de</strong>uten<strong>de</strong>n Verlusten bei<strong>de</strong>r Teile zu schliessen, sehr heftig gewesen<br />

sein muss. Robert selbst, <strong>de</strong>r sich persönlich am Kampfe<br />

tapfer beteiligt hatte, fiel; ein Graf Fulbert soll ihn getötet, aber<br />

seine That mit <strong>de</strong>m eigenen Leben bezahlt haben. Schon schien<br />

<strong>de</strong>r Fall <strong>de</strong>s feindlichen Führers <strong>de</strong>m legitimen König <strong>de</strong>n Sieg<br />

zu bringen, als verspätet auf <strong>de</strong>m Schlachtfel<strong>de</strong> robertinische Hufssehaaren<br />

unter Hugo und Heribert eintrafen und das Schicksal<br />

<strong>de</strong>s Tages wen<strong>de</strong>ten2).<br />

1) Ganz unbegrün<strong>de</strong>t weist Martin, hist. <strong>de</strong> France (4 b)ne 2. Paris 1865)<br />

II, 507 allein <strong>de</strong>in Hagano das Verdienst <strong>de</strong>s entschlossenen Wi<strong>de</strong>rstan<strong>de</strong>s<br />

und dieses kühnen Zuges zu; seit <strong>de</strong>r Flucht Karla, die Roberts l{r6nurig vorlierging,<br />

tritt Hagano nirgends mehr hervor.<br />

2) FJod, 923 p. 371; Folcuin, g. abb. 5111,. c. 100. SS. XIII, (J25;<br />

Cont. iteg. 922 55. 1, 615; Vita Job. Gorz. e. 43. 55. IV, 349; Iticherl,<br />

42-46; Aimoiu, Mir. S. Bened. llq. IX, 139; Dudo ed. Lair p. 250; Geneal.<br />

Fusaine, 88. XJIJ, 252; A<strong>de</strong>mar Cabann. interpol. III, 22. 55. 1V, 125 (nach<br />

<strong>de</strong>m einer' Co<strong>de</strong>r falsch zu,n Himmelfahrtstag, 15. Mai); Ann. S. Col. Sen.<br />

922 55. 1, 104; Ann. S. Ben. Div. 922 88. V, 40; Anti. S. Dionysil 85. XIII,


Seine lothringischen Anhänger verliessen jetzt Karl, er aber<br />

gab noch nicht alles verloren, son<strong>de</strong>rn suchte sich neuen Rückhalt<br />

in <strong>Frankreich</strong> selbst zu gewinnen; an Heribert, Seulf und andre<br />

Fürsten ergingen Botschaften, um sie zur Wie<strong>de</strong>ranerkennung zu<br />

vermögen, in <strong>de</strong>r Hoffnung, beim To<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Gegenkönigs wür<strong>de</strong>n<br />

sie sich aus Verlegenheit, ein allen genehmes neues Oberhaupt zn<br />

fin<strong>de</strong>n, lieber <strong>de</strong>m alten Herrscher wie<strong>de</strong>r zuwen<strong>de</strong>n. Die Erwartung<br />

schlug aber fehl, die Rebellen „verblichen hartnäckig in ihrer<br />

Treulosigkeit" und dachten sofort auf ihre Sicherung, in<strong>de</strong>m sie<br />

<strong>de</strong>n Herzog <strong>von</strong> Burgund herbeiriefen ‚ <strong>de</strong>r auch <strong>de</strong>r Auffor<strong>de</strong>rung<br />

alsbald mit einem starken Heere entsprach. Karl hatte sich inzwischen<br />

all Normannen als letzte Hilfe gewandt, die sich in<br />

<strong>de</strong>r That zum Einfall in Francien rüsteten, kaum aus treuer Dankbarkeit<br />

und Anhänglichkeit für <strong>de</strong>n rechtmässigen König, <strong>de</strong>r ihnen<br />

ihr Land verliehen, <strong>de</strong>nn <strong>von</strong> <strong>de</strong>rartigen Gefühlen ent<strong>de</strong>cken wir<br />

an <strong>de</strong>n damaligen Grossen keine Spur 1), vielmehr weil in diesem<br />

Falle unter <strong>de</strong>r Maske <strong>von</strong> Streitern <strong>de</strong>r Legitimität die alten<br />

Raubzüge erneuert wer<strong>de</strong>n konnten, ohne dass man sich bei <strong>de</strong>m<br />

Be<strong>de</strong>nken eines Vertragsbruches aufzuhalten brauchte. Uni diese<br />

• eventuellen feindlichen Absichten im Keime zu ersticken, bezogen<br />

die fränkischen und burgundischn Heere, letzteres unter Führung<br />

<strong>Rudolf</strong>s ‚ Stellungen an <strong>de</strong>r Oise, wodurch <strong>de</strong>n Normannen die<br />

Verbindung mit Karl unmöglich gemacht wur<strong>de</strong>; Kalckstein vermutet,<br />

Karl habe sich in Compiögne aufgehalten welches allerdings<br />

für die Normannen günstig gelegen wäre, vorausgesetzt, dass<br />

er, <strong>de</strong>r nach <strong>de</strong>n Verlusten im Kampfe und <strong>de</strong>m Abzug <strong>de</strong>r<br />

Lothringer doch fast ganz <strong>von</strong> Truppen entblösst geweseis sein<br />

muss, es wagen konnte, <strong>von</strong> Soissons weiter nach Westen im<br />

Fein<strong>de</strong>sland vorzugehen und sieh <strong>von</strong> seiner Rückzugslinie, <strong>de</strong>r<br />

Maas, zu entfernen. Die Diversion <strong>de</strong>r Oiscarmee hatte <strong>de</strong>n ge-<br />

16<br />

720 937); Neerol. B. Martini Turon. (cd Nobileau, Tours 1875) p. 25.<br />

Neerol. Autissiod, b. Lebeut Mm. cor,c. l'hist. d'Auxerrc (Paris 1743) 11. pr.<br />

p. 252. - Vgl. auch Kaichstein p. 482 und über die <strong>von</strong> einigen Quellen<br />

behauptete Teilnahme <strong>de</strong>r Deutschen unter Heinrich auf Seiten Karls Waitz,<br />

Heinr., 73. - Mehrere Berichte schreiben Karl mit Unrecht <strong>de</strong>n Sieg zu,<br />

wie Foleuin, Duiio, O<strong>de</strong>rann (Bq. VIII, 237) Bist. Franc. Sen . IX, 3661,<br />

und an<strong>de</strong>re; während die meiste,, vo,i ihnen daran aber <strong>de</strong>n Verrat Heriberts<br />

anreihen. führt bei Dudo Karl nach <strong>de</strong>in Siege die Herrschaft weiter, bei<br />

A<strong>de</strong>mar sogar bis an seinen Tod, worauf unangefochten sein Sohn folgt. Für<br />

die Lage <strong>von</strong> S. Medard vgl. Generalstab.swerk <strong>de</strong>s Deutsch-franzos. Kriegs,<br />

Atlas, Plan n 16.<br />

1.) Vgl. auch Lair, Dudo, p. 173 Anm.


:17<br />

wünschten Erfolg, und Karl, für seine Sicherheit besorgt, ging<br />

über die Maas zurück, um sich in Lothringen für neue Unternehmungen<br />

vorzubereiten 1).<br />

Wie im Jahre zuvor bei Roberts Wahl, benutzten auch jetzt<br />

die Gegner die eingetretene Waffenruhe, um zu einer neuen Königswahl<br />

zu schreiten. Wohl schon während <strong>de</strong>r seit Roberts Tod<br />

verflossenen Wochen hatten Beratungen über die Person <strong>de</strong>s Nachfolgers<br />

stattgefun<strong>de</strong>n Tu Betracht konnten ja. drei Männer kommen,<br />

die durch ihre Macht alle an<strong>de</strong>ren überragten: Graf Heribert Ii.<br />

<strong>von</strong> Yermandois, selbst di Karolinger als Nachkomme <strong>de</strong>s unglücklichen<br />

Königs Bernhard <strong>von</strong> Italien, Markgraf Hugo <strong>von</strong><br />

Francien, <strong>de</strong>r Sohn und Neffe zweier Könige. und Herzog <strong>Rudolf</strong><br />

<strong>von</strong> Burgund, <strong>de</strong>r mit <strong>de</strong>n Robertinernund <strong>de</strong>n Herrschern bei<strong>de</strong>r<br />

Burgund verwandt war. In gleichzeitigen Quellen fehlt über die<br />

Motive, die für <strong>de</strong>n Ausgang <strong>de</strong>r Wahl massgebend waren, je<strong>de</strong>r<br />

Aufschluss, nur spätere versuchen in ihrer Weise sich die Grün<strong>de</strong><br />

zurechtzulegen. Nach Aimoin 2) hätte gegen Heriberts Erhebung<br />

sich <strong>de</strong>r allgemeine Hass geltend gemacht, <strong>de</strong>n er sich beson<strong>de</strong>rs<br />

durch sein schändliches Verfahren gegen <strong>de</strong>n König zugezogen<br />

habe - dies ist aber nicht stichhaltig, da nach Piedoard, <strong>de</strong>r bekanntlich<br />

in <strong>de</strong>r Aufzählung <strong>de</strong>r Ereignisse innerhalb eines Jahres<br />

die Zeitfelge wahrt. , erst nach Eudolfs Wahl die Gefangennahme<br />

<strong>de</strong>s Königs erfolgte. Auf seine karolingische Herkunft als Grund<br />

<strong>de</strong>r Nichtwahl. wie Kalcksteiu will, möchte ich kein Gewicht legen;<br />

seit drei Generationen waren die Nachkommen Bernhards einfache<br />

Grafen und nie ist <strong>von</strong> irgendwelchen Erbansprüchen ihrerseits<br />

die Re<strong>de</strong>, we<strong>de</strong>r gegen Karl <strong>de</strong>n Dicken, noch Odo o<strong>de</strong>r Karl <strong>de</strong>n<br />

Einfältigen; es bleibt somit nur ein persönliches Motiv übrig:<br />

Heriberts Charakter. Dieser war freilich nicht danach angethan,<br />

ihn in einem Feudalstaat als passen<strong>de</strong>n Oberherrn erscheinen zu<br />

lassen; <strong>von</strong> einer <strong>de</strong>r Haupteigenschaften <strong>de</strong>r damaligen Fürsten,<br />

auf die beson<strong>de</strong>rs die Geistlichkeit Wert zu legen und die sie<br />

immer als löbliches Beispiel zu erwähnen pflegte, <strong>von</strong> <strong>de</strong>r Freigebigkeit,<br />

hören wir bei ihm so gut wie nichts-),im Gegenteil<br />

zeigte er sich stets als treulos, habsüchtig, immer bedacht, sich<br />

1) Fled. 923 P 371, 872; Richer 1, 4(i; Folcuin c. lee, 38. XIII,<br />

625. - Kalckstein p. 1(31.<br />

2) Aimoin, Mir. S. Bened. 13q. IX, 139.<br />

8) Nur bei Alberieh v. Troisfontaiues fin<strong>de</strong> ich eine Schenkung an die<br />

Kirche erwähnt 33. XXIII p. 768, doch auch dies war nur die Rückgabe<br />

eines früher entzogenen Gutes ib. . 74.1. (zu 925 u. 873).


is<br />

auf andrer Kosten zu bereichern, selbst ohne Rücksicht auf die<br />

lelinsreclitlicben Anschauungen seiner Zeit').<br />

Hugo soll seiner Jugend wegen übergangen wor<strong>de</strong>n sein<br />

(nach Aimoin), doch hat Kalckstein das unzutreffen<strong>de</strong> dieses Grun<strong>de</strong>s<br />

nachgewiesen 2), aber er hat kaum Recht, wenn er Hugo noch<br />

nicht das zur Behauptung <strong>de</strong>r königlichen Wür<strong>de</strong> nötige Ansehen<br />

besitzen lässt; eben die Erlangung eines reiferen Alters half ja<br />

diesem Mangel ab und selbst jugendliches Alter hat we<strong>de</strong>r vorher<br />

noch nachher als Grund für <strong>de</strong>n Ausschluss gegolten, wenn an<strong>de</strong>rs<br />

man überhaupt gewillt war, die Persönlichkeit zuzulassen. Auch<br />

nicht in ihm selbst scheint <strong>de</strong>r Anlass gesucht wer<strong>de</strong>n zu müssen3),<br />

son<strong>de</strong>rn in <strong>de</strong>r Besorgnis <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>rn Grossen, dass aus <strong>de</strong>r wie<strong>de</strong>rholten<br />

Wahl eines liobertiners sich für dieses Geschlecht allmälich<br />

ein ge w ohnheitliches Erbrecht herausbil<strong>de</strong>n und die Erhkönige sich<br />

dann über ihre jetzigen Genossen ebenso erheben wür<strong>de</strong>n, wie es<br />

einst die Arnulfinger gethan ‚ während ein Wahlkönigtum immer<br />

<strong>von</strong> ihnen abhängig blieb.. Als dritter Thronkandidat bot sich<br />

<strong>Rudolf</strong> dar. Herr <strong>de</strong>s Eerzogtums Burgund, besass er die erfor<strong>de</strong>rliche<br />

Macht,ohne die ein König nicht auskommen konnte,<br />

wie Karls Beispiel gezeigt hatte; in seinem Lan<strong>de</strong> hatte er sich<br />

wie sein Vater durch strenge Rechtspflege Achtung erworben,<br />

sein kirchlicher Sinn ihm die Herzen <strong>de</strong>s Olerus gewonnen. und<br />

trotz <strong>de</strong>r Macht seines Herzdgtums schien er doch <strong>de</strong>n An<strong>de</strong>rn<br />

nicht allzu geßhrlich wer<strong>de</strong>n zu können, da <strong>de</strong>ssen Lage im Südwesten<br />

nicht so bedrohlich war, wie die <strong>de</strong>r Markgrafschaft Francien<br />

o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Besitzungen <strong>de</strong>s Hauses Verniandois, die <strong>de</strong>n ganzen<br />

Nor<strong>de</strong>n beherrschten, auf <strong>de</strong>n ja hauptsächlich das staatliche Leben<br />

concentriert war. Seine Verwandtschaft mit <strong>de</strong>n burgundischen<br />

1) Flod. H. Lt 1V. 18, 19, p. 578; Ann. 927 p. 377, wo er gegen das<br />

Herkommen <strong>de</strong>n Söhnen <strong>de</strong>s Grafen <strong>von</strong> Laon ihr Lehn zu Gunsten seines<br />

Sohnes entziehen wollte. 934 p. 382, wo er die Geiseln <strong>de</strong>r Seinigen preisgab,<br />

937 p. 384, wo er seinen Vasallen Wido nach eben geschehener ICenirnendatinn<br />

beraubte 3 diese Falle liegen zwar zum Teil erst nach 923, genügen jedoch,<br />

ml, 11eriberts Charakter zu veranschaulichen.<br />

2) Aiinoin 1. c.; Xalcksteiu p. 16.1 und 468.<br />

3) Ob er so vorausblickend war, die Schwierigkeiten <strong>de</strong>r Herrschaft zu<br />

ahnen, ob es Gowissensbe<strong>de</strong>nkon waren über die vermeintliche Strafe <strong>de</strong>s<br />

Himmels an seinem thronräuberischen Vater, wozu jene Zeit unter <strong>de</strong>m Einfluss<br />

<strong>de</strong>r Kirche trotz ihrer sonstigen Harte und ltücksichislosigl


19<br />

Welfen und <strong>de</strong>n Bosoni<strong>de</strong>n liess freundnachbarliche Beziehungen<br />

zu bei<strong>de</strong>n Reichen erhoffen und seine Ehe machte wohl Hugo<br />

leichter geneigt, gera<strong>de</strong> ihm die Herrschaft zu überlassen. Aus<br />

<strong>de</strong>m Histörchen bei Rodulfus Glaher kann man gelten lassen dass<br />

beson<strong>de</strong>rs zwischen Hugo und <strong>Rudolf</strong> die Entscheidung schwankte,<br />

und vielleicht mag aus <strong>de</strong>r Hereinmischung <strong>de</strong>r Emma noch gefolgert<br />

wer<strong>de</strong>n können, dass auch ihr Einfluss sich in <strong>de</strong>n Verhandlungen<br />

mit geltend gemacht hat, wenn auch nicht in <strong>de</strong>r dort<br />

erwähnten Weise; wenigstens wi<strong>de</strong>rspricht das Bild, das uns Emma<br />

als Königin bietet, nicht einer Beteiligung dieser Frau.')<br />

So vereinigte man sich schliesslich auf die Person <strong>Rudolf</strong>s<br />

in Soissons erfolgte am Sonntag <strong>de</strong>n 13. Juli 923 durch die Wahl<br />

<strong>de</strong>r Grossen seine Erhebung auf <strong>de</strong>n Thron und im S. Medarduskloster<br />

daselbst weilite als dritten nichtkarolingischen Herrscher<br />

<strong>de</strong>r Westfranken auch ihn <strong>de</strong>r alte Kö.nigsrnacher Walter <strong>von</strong> Sens.<br />

Die Kirche hatte nach <strong>de</strong>r Schlacht <strong>von</strong> Seissons auch ihrerseits<br />

versucht, <strong>de</strong>in Bürgerkrieg Einhalt zu thun, ein Konzil trat<br />

.unter Vorsitz SeiMs in Reims zusammen nach <strong>de</strong>m 27. August,<br />

nicht vor <strong>de</strong>mselben, wie Kalkstein will, da es im zweiten Amtsjahre<br />

<strong>de</strong>s Seulf stattfand, das am 27. August 923 begann 2); persönlich<br />

waren die Bischöfe <strong>von</strong> Soissons, Laon, Cambray, Senlis<br />

und Noyon zugegen, die an<strong>de</strong>rn Diöcesanbischöfe liessen sich vertreten;<br />

eine allgemeine Busse wur<strong>de</strong> allen thatlich an <strong>de</strong>r Schlacht<br />

Beteiligten auferlegt - eine Einschränkung, die aus Rücksicht<br />

auf <strong>de</strong>n neuen König geschah -‚ und hart waren die Vorschriften:<br />

drei Jahre soll die Busse wahren, im ersten sind die Büsser während<br />

<strong>de</strong>r Fastenzeit ganz <strong>von</strong> <strong>de</strong>r Kirche ausgeschlossen, alle drei Jahre<br />

hindurch sollen sie diese vierzig Tage lang am Montag, Mittwoch<br />

und Freitag bei Brot, Salz und Wasser fasten, und in gleicher<br />

1) PInd. 923 p. 372; flucher i, 47; Mm. S. Col. Sen. 55. 1, 105; Foleuin,<br />

g. a. Sith, c. 101. SS. XIII, 626; Aimoin Mir. S. Ben. Bq. IX, 139;<br />

Lib. <strong>de</strong> diversis easibus coenobii Dervensis, Acta S. 0. B., saec. II p. 846;<br />

Bist. reg. Franc. 55. X]IL 251; Bist. Franc. Sen. 58. 1K 366, Ebd. Glab.<br />

1. 2 55. VII, 53. flucher behauptet, <strong>Rudolf</strong> habe seiner Wahl wi<strong>de</strong>rstreht,<br />

doch bei <strong>de</strong>m bekannten Charakter <strong>von</strong> fluchers Darstellung muss ich mir versagen<br />

diese sonst nicht bezeugte Ängste ‚ ohne sie ausdrücklich verwerfen<br />

zu können, hier aufzunehmen. Meurins Schil<strong>de</strong>rung <strong>Rudolf</strong>s (p. 140) entbehrt<br />

fast aller wirklichen Grundlagen und ist zum Teil offenbare Entstellung, z. B.<br />

dass <strong>Rudolf</strong> unkriegerischer gewesen als seine Zeitgenossen, wird Niemand<br />

behaupten, <strong>de</strong>r Plodoard mcli nur flüchtig einmal gelesen hat. -<br />

2) Varin, Arch. legisl. 4. i. ville <strong>de</strong> Reims II, 1, p. 90. Seulft 1. Sept.<br />

nach einer Amtsdiner <strong>von</strong> 3 Jahren 5 Tagen Ebd. 925 p. 376.


Weise während <strong>de</strong>r zwei Wochen vor Johanni und Weihnachten<br />

und ausser<strong>de</strong>m überhaupt das ganze Jahr hindurch je<strong>de</strong>n Freitag<br />

mit Ausnahme etwa auf diesen Tag fallen<strong>de</strong>r hoher Feste, o<strong>de</strong>r<br />

bei Verhin<strong>de</strong>rung durch Krankheit o<strong>de</strong>r Kriegsdienst. Es scheint<br />

jedoch bei <strong>de</strong>r grossen Aus<strong>de</strong>hnung, die das Verbot erlangt hätte,<br />

kaum anzunehmen, dass es streng durchgeführt wer<strong>de</strong>n konnte;<br />

Einzelne liessen sich schon zum Gehorsam gegen die Kirchengesetze<br />

zwingen, doch ob auch das halbe Reich, mit Einschluss <strong>de</strong>r<br />

meisten Fürsten, ist min<strong>de</strong>stens rächt fraglich').<br />

<strong>Rudolf</strong> vor seiner Wahl.<br />

Ehe wir auf das Königtum <strong>Rudolf</strong>s eingeben, soll noch das<br />

wenige, was über sein bisheriges Leben bekannt ist, hier eingefügt<br />

wer<strong>de</strong>n. <strong>Rudolf</strong> war <strong>de</strong>r älteste Sohn Richards, <strong>de</strong>s Halbbru<strong>de</strong>rs<br />

<strong>von</strong> Boso ' <strong>de</strong>m König <strong>de</strong>s provenalischen Reiches, und <strong>von</strong><br />

Richil<strong>de</strong>, <strong>de</strong>r Gemahlin Karls <strong>de</strong>s Kahlen zuerst Graf <strong>von</strong> Autun<br />

hatte Richard unter Odo in Burgund die llerzogswür<strong>de</strong> erlangt.<br />

wenn et auch in <strong>de</strong>n gleichzeitigen Quellen bald nur als Graf o<strong>de</strong>r<br />

Markgraf, bald als Herzog o<strong>de</strong>r Fürst bezeichnet ist 3). Seine<br />

Gemahlin war A<strong>de</strong>lheid, die Schwester <strong>Rudolf</strong>s L vom transjnranischen<br />

Burgund. Die verwandtschaftliche Verbindung mit <strong>de</strong>n<br />

drei benachbarten Königshäusern wird nicht wenig zum raschen<br />

Emporkommen <strong>de</strong>r Familie beigetragen haben, <strong>de</strong>ren Besitz an<br />

<strong>de</strong>n Grenzen <strong>de</strong>r drei Reiche lag. Richard hatte sehr weitgehen<strong>de</strong><br />

Machtbefugnisse ausser <strong>de</strong>r Lehnsheheit über das Herzogtum<br />

Burgund besass er die Grafschaft A.utun und wahrscheinlich<br />

Auxerre und Sens, sicher in diesen Städten die Abteien S. Germain<br />

und S. (Jolombe 4 ; in welcher souveränen Weise er auf die Besetzung<br />

<strong>de</strong>s Stuhles in seinem Lan<strong>de</strong>sbistum Auxerre einwirkte,<br />

1) S. das Dekret Ducheane, Ser. 11, 588; Ma,tsi, Conei). col]. (II. cd.<br />

1773) XVIII, 845; ]3q. IX, 324.<br />

2) Vgl. Gingins-la-Sarras, Mm. p. s,hl'liist. <strong>de</strong> Provence et <strong>de</strong> Bourgogne<br />

Jurane hn Archiv für Schweizer. Gesch. (Zürich 1851) VII, 122.<br />

3) Flod. 921 p 369; H. 11cm. IV, 12 v. 570; Gesta pont. Autissiod.<br />

1. e. p. 367; Ohren. S. Ben. Div. Bq, VIII. 241 2 242 (&cerptc <strong>von</strong> Urk.);<br />

Cartul. <strong>de</strong> l'glise d'Autun (Paris, Autun 1865) n. 22, 23, 26; Cart. gn. <strong>de</strong><br />

I'Yonne, 1, n. 129, 132, 133.<br />

4) 8. oben p. 10 Anm. 4; flIckst. p. 100; ChaIle, hist. <strong>de</strong> I'Auxcrrois<br />

Aux., Paris 187e) p. ‚ 93.


21<br />

ist schon berührt wor<strong>de</strong>n 1), auch an<strong>de</strong>rwärts übte er hierbei grossen<br />

Einfluss, wie <strong>de</strong>r Bistumsstreit in Antun unter Odo beweist.<br />

Seiner Ehe entsprossen drei Söhne, <strong>Rudolf</strong>, Hugo und Boso 2).<br />

Die spätere TJeberliefenuig lässt <strong>Rudolf</strong> durch König Karl aus <strong>de</strong>r<br />

Taufe gehoben wer<strong>de</strong>n und knüpft daran seine Erhebung auf <strong>de</strong>n<br />

Thron durch diesen Pausen, da <strong>de</strong>rselbe eingesehen habe, dass er<br />

doch nicht wie<strong>de</strong>r aus Hcriberts Gefangenschaft freikommen wer<strong>de</strong>3)<br />

die Unmöglichkeit <strong>de</strong>s Verhältnisses geht aber sofort daraus hervor,<br />

dass Karl 879 geboren war 4), <strong>Rudolf</strong> aber schon 901 o<strong>de</strong>r<br />

sogar schon früher in Urkun<strong>de</strong>n als Zeuge fungiert, also <strong>von</strong> Karl<br />

im Alter nur wenig verschie<strong>de</strong>n gewesen sein kann 5).<br />

Die drei Brü<strong>de</strong>r treten bei Lebzeiten ihres Vaters wenig<br />

hervor, sie erscheinen nur einige Male in Urkun<strong>de</strong>n. Das älteste<br />

Auftreten Rndolfs scheint das in einer Gerichtsurkun<strong>de</strong> E.icliards<br />

für S. Benignus zu Dijen zu sein, die ungefähr in <strong>de</strong>n Anfang <strong>de</strong>s<br />

letzten Jahrzehnts <strong>de</strong>s neunten Jahrhun<strong>de</strong>rts gehört, wenigstens<br />

1)8. oben p. 8 Aiim. 1: für Antun: Hgo u Flavin. Ohron, 55. VIII.<br />

356, und Series abb. Flavinine. ib. 502.<br />

2) Nach I)uchesne, bist. gön&l. da Ja niaison <strong>de</strong> Vergy (Paris 1625)<br />

1) . 40: war Gisi eberts v. Vergy Gemahlin Ei-in cugarda die Tochter Richards,<br />

und durch sie gelangte ihr Gemahl nach seines Schwagers Hugo (<strong>de</strong>s Sebwarzen)<br />

Tod zur Herzogswür<strong>de</strong> in Burgund. Gfrörer, P. Gregor VII. u. s. Zeitalter<br />

(Schaffhausen 1859 ) IV, 27 hat dieselbe Ansicht, hält aber <strong>de</strong>n Burgun<strong>de</strong>r für<br />

<strong>de</strong>n Lothringer Gisilbert (s. ob. p. 9 Anm. 1).<br />

3) Odorann Pc1. VIII, 237, Rieb. l'iot. Ohren. Bq. IX. 23. rnst. Franc.<br />

Sen. 85. LX, 366, u. a., die Gruppe <strong>de</strong>r Sens-Fleuryschen Ueberlieferung.<br />

E. Arndt, Gesch. <strong>de</strong>s Ursprungs u. <strong>de</strong>r Entwicklung <strong>de</strong>s franzos. Volkes<br />

(Leipzig 1844) 1 1 380 lässt Karl gezwungen wer<strong>de</strong>n, Rud. als Mitregentea<br />

anzuerkennen.<br />

4) Karl wur<strong>de</strong> 879 am 17. September geboren, vgl. Dümm]er, Ostfrank.<br />

Reich 11, 123.<br />

5) T'aufpathenschaft als enges Pictätsverhältnis, das aus <strong>de</strong>r eognatio<br />

spiritualis entsprang, ist überhaupt ein ziemlich beliebtes Moment zur Ansschniüekung<br />

‚ in<strong>de</strong>m man es anführt als Motiv besondrer Anhänglichkeit o<strong>de</strong>r<br />

als Umstand, <strong>de</strong>r eine an sieh schlimme That noch schlimmer mache, o<strong>de</strong>r<br />

als Grund <strong>von</strong> Begünstigungen durch <strong>de</strong>n Pathen: so <strong>von</strong> Karl und <strong>Rudolf</strong>,<br />

<strong>von</strong> Robert und Rollo, <strong>von</strong> Herzog Wilhelm Laugseliwert und Ludwigs Sohn<br />

Lothar (hei Dudo Wilhelm v. Tnniiäges u, n.), <strong>von</strong> Ä<strong>de</strong>la und Ingelger, angeblichem<br />

ersten Grafen <strong>von</strong> Anjou (Gesta cons. An<strong>de</strong>g. Bq. IX, 27), voll<br />

König Aethelstan u. klan Barbatorta (Chron. Namnet. Bq. VIII, 276), <strong>von</strong><br />

Karl u. Hcriberts Sohn (Rod. Glab., 55. VII, 53), voll Hugo Capet u. Hugo<br />

<strong>von</strong> Aniboise Marehegay et Sahnoa, Ohreniques d'Anjou 1, 159).


22<br />

ist die Vermutung die nächstliegen<strong>de</strong>, in <strong>de</strong>m Grafen <strong>Rudolf</strong>, <strong>de</strong>r<br />

mit unterschreibt, <strong>de</strong>n Sohn <strong>de</strong>s Verleihers <strong>de</strong>r Urkun<strong>de</strong> zu sehen,<br />

zumal <strong>de</strong>r Graf Wido, <strong>de</strong>r neben diesem Grafen <strong>Rudolf</strong> genannt<br />

wird, sich auch in <strong>de</strong>r folgen<strong>de</strong>n Urkun<strong>de</strong> mit ihm zusammen<br />

fin<strong>de</strong>t'). In dieser, einer Urkun<strong>de</strong> seines Vaters für Montieramey<br />

aus Courtenot (an <strong>de</strong>r Seine, dSp. Aube, an. Bar-s.-S.), tritt unser<br />

<strong>Rudolf</strong> sicher auf; das Datum, 21. December <strong>de</strong>s IV. Jahres König<br />

Karls, hat man 2) als 896 gefasst, es wird jedoch auch hier, wie<br />

es in burgundischen Urkun<strong>de</strong>n Regel ist, Karls Herrschaft erst<br />

<strong>von</strong> Odos Tod ab zu zählen sein, so dass wir das Jahr 901 anzunehmen<br />

haben; <strong>Rudolf</strong> heisst hier ausdrücklich <strong>de</strong>r Sohn Richards.<br />

Ob in <strong>de</strong>m <strong>Rudolf</strong> und Boso, die eine Schenkung <strong>de</strong>r Kaiserin<br />

Riehil<strong>de</strong>, <strong>de</strong>r Gemahlin Karls <strong>de</strong>s Kahlen, für Gorze 910 unterschreiben,<br />

die Söhne Riehards gesehen wer<strong>de</strong>n dürfen, ist zweifelhaft,<br />

einige Wahrscheinlichkeit gewinnt diese Annahme dadurch,<br />

dass bei<strong>de</strong> Brü<strong>de</strong>r Neffen <strong>de</strong>r Verleiherin waren, Boso später in<br />

Lothringen begütert war und auch mit Gorze in Verkehr stand3).<br />

Alle drei Söhne sind Zeugen unter einer Vergabung Richards an<br />

S. Benignus. die um 912 anzusetzen ist, 4) ferner sind sie nach<br />

einer Gerichtsurkun<strong>de</strong> für die Kirche <strong>von</strong> Anton als Genossen<br />

ihres Vaters im Grafengericht thätig, wo <strong>Rudolf</strong> zum ersten Male<br />

beson<strong>de</strong>rs hervortritt als Stellvertreter seines Vaters, für welchen<br />

er die Urkun<strong>de</strong>, die aus Pulliacum vom 5. September 91.6 datiert<br />

.ist, vollzieht und besiegelt. Dieselbe Funktion verrichtet er in<br />

einer zu Anton unter Genehmigung <strong>de</strong>s Herzogs ausgestellten Verleihung<br />

<strong>de</strong>s Bischofs Wala <strong>von</strong> Antun aus <strong>de</strong>m Jahre 918 ).<br />

Den Grafentitel führten sämtliche Brü<strong>de</strong>r, Hugo vermutlich<br />

für <strong>de</strong>n Warascusgau im transjuranischen Reiche, einen Teil <strong>de</strong>r<br />

späteren Franche Conit6 6), wenigstens hatte er in <strong>de</strong>mselben Güter<br />

1) Chron. S. Ben. Div. Bq. VIII, 241.<br />

2) Di,ehesne, bist. g6n6al. d. 1. m. dc . Vergy II vr. p. 19; Arbois <strong>de</strong><br />

Jubainville, b. d. dues <strong>de</strong> Clsasnp. 1. 450 pr. a. 17.<br />

3) B q2 IX, 605.<br />

4 Cliron. S. Ben. Divion, B(I. VIII, 242.<br />

5) Cart. <strong>de</strong> l'6g1. d'Autun, ii. 22, 23; unter in Burgund häufigen Pouilly,<br />

•P.-en Montagne ‚ P.-sur Vingeanne ‚ P.-s. Saöne P.-s. Loire n. a. erscheint<br />

ersteres hier seiner Lage nach am geeignetsten, vgl. Joanne, Atlas <strong>de</strong> la<br />

Franec (Paris 1870), dp. Cote-d'Or, döp. Iivre.<br />

6) Vgl. Ijaadieke, 14u<strong>de</strong>s sur le royarnne <strong>de</strong> Bourg. et <strong>de</strong> Provence p.<br />

22. 1?.; Ilugos Teilnahme an <strong>de</strong>n Kämpfen im Westreiche weist aber auch<br />

darauf hin, dass er hier Besitzungen hatte, wie ja auch sein Bru<strong>de</strong>r Bosc<br />

im Reiche Heinrichs und seines Bru<strong>de</strong>rs <strong>Rudolf</strong> zugleich als Grundherr nachweislich<br />

ist, also zwei Oberherrn hatte.


23<br />

und gab seine Zustimmung zu einer diesen Gau betreffen<strong>de</strong>n<br />

Schenkung, obschon die Annahme auch zulässig ist, dass er nicht<br />

in seiner Eigenschaft als Gaugraf, son<strong>de</strong>rn als Sohn zustimmt,<br />

<strong>de</strong>nn die Urkun<strong>de</strong> ist nach Richards To<strong>de</strong> <strong>von</strong> seiner Wittwe<br />

A<strong>de</strong>lheid (A<strong>de</strong>leth) am 24. April 922 zu Antun') gegeben, somit<br />

als <strong>Rudolf</strong> schon als Eibe seines Vaters das Herzogtum besass;<br />

gleichwohl ist auch er wie seine Brü<strong>de</strong>r einfach als Graf aufgeführt<br />

2) - \T01.1 Thaten <strong>Rudolf</strong>s ist aus seiner früheren Zeit nur die<br />

Besitzergreifung <strong>von</strong> Bourges bekannt, aber lei<strong>de</strong>r herrscht über<br />

das nähere grosse Unklarheit. Zum Jahre 916 wird ein Brand<br />

<strong>von</strong> Bourges gemel<strong>de</strong>t, zu 918 <strong>de</strong>r Ueberfall <strong>de</strong>r Stadt durch Wilhelm,<br />

<strong>de</strong>n Neffen Wilhelrns 1. <strong>von</strong> Aquitanien, und die Rückeroberung<br />

durch die Bürger; 924 besitzt <strong>Rudolf</strong> Bourges nebst <strong>de</strong>m<br />

Berry, das er kurz zuvor (nuper) mit Hilfe Markgraf Roberts <strong>de</strong>m<br />

Herzog Wilhelm entrissen hat. Einfach scheint die Erklärung,<br />

dass <strong>de</strong>r Brand sich eben bei <strong>de</strong>r Eroberung durch <strong>Rudolf</strong> ereignet,<br />

Wilhelm die Stadt wie<strong>de</strong>r erlangt, sie bald aber <strong>von</strong> neuem verloren<br />

habe, bis er sie 924 zurückverliehen erhielt; nur müsste<br />

man dann annehmen dass die Bürger selbst ihre Stadt <strong>de</strong>m Burgun<strong>de</strong>r<br />

wie<strong>de</strong>r überliefert, o<strong>de</strong>r er sie zum zweiten Male und zwar<br />

<strong>von</strong> ihnen erobert hätte, was aber bei<strong>de</strong>s <strong>de</strong>r Angabe wi<strong>de</strong>rspräche,<br />

dass er sie <strong>de</strong>m Herzog <strong>von</strong> Aquitanien abnahm. Eine andre Erklärung<br />

lässt <strong>de</strong>n Brand ganz ausser <strong>de</strong>m Bereiche <strong>de</strong>r politischen<br />

Thatsachen; die Reihe <strong>de</strong>r Daten ist dann: 918 Eroberung durch<br />

Wilhelm und Rückeroberung durch die Bürger, vor 922 zweite<br />

Eroberung durch Wilhelm, dann Eroberung durch <strong>Rudolf</strong> (vor <strong>de</strong>m<br />

Juni 922), 924 Rückgabe an <strong>de</strong>n Aquitanier 8) Eine Quelle teilt<br />

mit, König Karl habe durch Stephan, Abt <strong>von</strong> S. Martial zu Limoges,<br />

zwei Thürme gegen Wilhelm errichten lassen; bringt man<br />

dies mit <strong>de</strong>n aquitanischen Bän<strong>de</strong>ln in Verbindung und fasst es<br />

als eine königliche Anordnung zum Beistand <strong>Rudolf</strong>s. <strong>de</strong>ssen Vater<br />

bei Karl sehr einflussreich war, so wer<strong>de</strong>n dadurch die Kämpfe<br />

<strong>Rudolf</strong>s über das Jahr 920 herübergerückt, da erst seit diesem<br />

i) Cartul. 10 l'iigl. d'Autun n. 9 1 10; Dnehesne, bist. gn. fl. 1. in. d.<br />

Vergy pr. r 29.<br />

2) Hinsichtlich solcher Titelschwankungen s. ob. p. 20 und ha folg. zu 927.<br />

3) Ann. Masciae. SS. lii. 169, die das eine Faktum zu 919 geben;<br />

da es aber im selben Jahre, wie Wilhelms 1. Tod stattgefun<strong>de</strong>n hat, ist 9.18<br />

:Lnznnelundn; Plod. 924 p. 373. Die erste Ansieht vertritt lCalckstein p. 140,<br />

die zweite, passen<strong>de</strong>re Baluze, hist. gdnüal. d, 1, maisnn d'Auvergne (Paris<br />

1708) 1, 20, 21; Kalekateins Darstellung lasst <strong>de</strong>n Punkt offen, wie Bourges<br />

wie<strong>de</strong>r an <strong>Rudolf</strong> hin, nach<strong>de</strong>m die Bürger Wilhelm vertrieben hatten.<br />

P


24<br />

Jahre Stephan Abt war 1)• Seiner Ehe mit Roberts Tochter Emma,<br />

die vor 922 bereits geschlossen sein muss 2), ist schon im obigen<br />

gedacht wor<strong>de</strong>n. Nach <strong>de</strong>n Feh<strong>de</strong>n im Berry tritt <strong>Rudolf</strong>, abgesehen<br />

<strong>von</strong> <strong>de</strong>r Notiz, dass er noch als Herzog (921-923) <strong>de</strong>n<br />

nach Burgund geflüchteten Mönchen <strong>von</strong> Der seinen Beistand ange<strong>de</strong>ihen<br />

liess, erst während <strong>de</strong>s Bürgerkriegs an <strong>de</strong>r Spitze seines<br />

burgundischen Aufgebots wie<strong>de</strong>r han<strong>de</strong>lnd auf 3). An <strong>de</strong>r Marne<br />

unweit Epernay vereinigte er sein Heer mit <strong>de</strong>in Schwiegervatersauch<br />

sein Bru<strong>de</strong>r Hugo folgte bald mit seiner Mannschaft<br />

nach und hatte gleich beim Heranrücken einen Erfolg über eine<br />

karolingische Streifschaar zu verzeichnen. In <strong>de</strong>r Folge entschwin<strong>de</strong>n<br />

jedoch bei<strong>de</strong> unsern Blicken die Burgun<strong>de</strong>r hatten En<strong>de</strong> 922<br />

nach <strong>de</strong>m Eintritt <strong>de</strong>r Waffenruhe ihre Heimat wie<strong>de</strong>r aufgesucht<br />

und erschienen in <strong>de</strong>r ersten iuiifte <strong>von</strong> 923 nicht im Fel<strong>de</strong>; erst<br />

<strong>de</strong>r unglückliche Ausgang Roberts veranlasste <strong>Rudolf</strong>, En<strong>de</strong> Juli<br />

sofort nach Francien aufzubrechen 4). Die weiteren Vorgänge bis<br />

zu seiner Wahl sind bereits erörtert wor<strong>de</strong>n°).<br />

1) A<strong>de</strong>inar, Commesuoratao abb. S. Martial. Lemov., Labbe, Bibi. Mas.<br />

fl, 272 u. Duplüs-Agier, Chron. <strong>de</strong> S. Martial <strong>de</strong> Limoges (Paris 1874) p. 4.1<br />

nennt zwar diesen W:ilhebu eine,' Grafen voll (lenkt also wohl im<br />

W. Gaput-Stupae ‚ Eholus SeIm ‚ aber zu <strong>de</strong>ssen Zeit lebte Karl nicht mehr:<br />

es ist also nur eilte Verwechslung A<strong>de</strong>mars ‚ das Ereignis selbst ist <strong>de</strong>shalb<br />

nicht zu bezweifeln; Kalchstein bringt es gleichfalls mit <strong>de</strong>r Angelegenheit<br />

<strong>von</strong> lleurges in Berührung, sollte aber dann nicht die Teilnahme <strong>Rudolf</strong>s vor<br />

die Zeit Stephans verlegen.<br />

2) Ebd. 922 p. 870.<br />

3) Ebd. '922, 923 r 370, 371 ; Bq. IX, 7.<br />

4) Ebd. 923 p. 371.<br />

5) Die einzige Spezialarbeit, die sich mit <strong>Rudolf</strong> beschäftigt, ist die<br />

<strong>von</strong> Grillen <strong>de</strong> Mont.kon, Raoul all (<strong>de</strong>venu roi <strong>de</strong> France 923 lIC<br />

serait-il pas le mme personnage quo Rodolphe .11. rel <strong>de</strong> Bourgogne Transjurane)<br />

Paris 1827. Die Schrift ist durchaus verfehlt, sie will keine Geschichte<br />

Ibu<strong>de</strong>lfs gehen, son<strong>de</strong>rn nur jene I<strong>de</strong>ntität erweisen ‚ die schon <strong>de</strong>r Titel<br />

an<strong>de</strong>utet; die ganze Beweisführung ist aber <strong>de</strong>rartig. dass es schwer MUt,<br />

sie überhaupt ernsthaft zu nehmen das wun<strong>de</strong>rbarste ist nur, das sieh doch<br />

Jemand gefun<strong>de</strong>n hat, <strong>de</strong>r die Ansicht nicht ganz verwarf, obwohl auch er<br />

nicht zustimmt Daunou in <strong>de</strong>r Recension im Journal <strong>de</strong>s Savauts 1828 p.<br />

93 ff.. Da wie erwähnt, Grillen sich mit <strong>de</strong>r Geschichte Ru<strong>de</strong>lfs nur ganz<br />

oberflächlich befasst, soweit es für seine Phantasien nötig ist, so haben wir<br />

im folgen<strong>de</strong>n • nur wenige Male Veranlassung gehabt, seiner zu ge<strong>de</strong>nken.<br />

4


25<br />

II. Das Gegenkönigtum <strong>Rudolf</strong>s.<br />

<strong>Rudolf</strong>s Anfänge.<br />

Die Wahl <strong>Rudolf</strong>s war keineswegs ein Willensausdruck <strong>de</strong>r<br />

Nation d. h. sämtlicher Grossen; nur <strong>de</strong>r robertinische Anhang<br />

wählte ihn zum Ersatz für <strong>de</strong>n verlornen Führer. Beteiligt waren<br />

das Herzogtum Burgund, die Markgrafschaft Francien, die Grafschaft<br />

Vermandojs mit ihren Depen<strong>de</strong>nzen, <strong>von</strong> Lothringern für <strong>de</strong>n<br />

Anfang nur wenige, wie etwa Graf Hose: ein grosser Teil <strong>de</strong>r<br />

letzteren hatte bis zur Schlacht <strong>von</strong> Soissons auf Karls Seite gestan<strong>de</strong>n,<br />

ein andrer zwar mit <strong>de</strong>n Aufständischen sympathisiert,<br />

aber doch eine mehr abwarten<strong>de</strong> Haltung eingenommen, wie Gisilbert<br />

selbst. Von <strong>de</strong>n geistlichen Herren folgten viele willenlos <strong>de</strong>r<br />

Entscheidung ihrer Lan<strong>de</strong>sherren, wie in Burgund und Francien,<br />

wo sie fast ganz <strong>von</strong> jenen abhingen. Die Normandie und Bretagne<br />

und <strong>de</strong>r ganze Sü<strong>de</strong>n fehlten bei <strong>Rudolf</strong>s Erhebung. Am Kriege<br />

hatte sich keiner <strong>de</strong>r aquitanischen o<strong>de</strong>r spanischen Grossen beteiligt,<br />

obwohl sie bis zuletzt an Karl fest hielten; einige <strong>de</strong>r<br />

letzten Urkun<strong>de</strong>n, die wir <strong>von</strong> Karl haben, sind für die spanische<br />

Mark gegeben, Wigo <strong>von</strong> Girona hatte sie erwirkt, <strong>de</strong>r noch im<br />

Juni 922 sich persönlich beim König im Rümois befand, als dort<br />

die feindlichen Heere sich gegenüberstan<strong>de</strong>n ; ) so nützte man das<br />

Königtum bis zum letzten Augenblicke aus, doch an Gegenleistungen<br />

dachte Niemand. Dem Fernhalten vom Bürgerkriege entsprach<br />

auch das weitere Benehmen. Man spielte sich als königstreue<br />

Unterthanen auf, sprach mit Emphase <strong>von</strong> <strong>de</strong>r Schmach <strong>de</strong>s Königtums<br />

und war über das Verbrechen <strong>de</strong>s Thronusurpators sittlich<br />

entrüstet; 2) aber wie vorher keine Hand zum Schwert gegriffen,<br />

um <strong>de</strong>m Könige zu Hilfe zu kommen, so blieb es auch jetzt hei<br />

<strong>de</strong>r blossen.Entrüstung. zur That raffte sich Keiner <strong>de</strong>r mächtigen<br />

Fürsten auf, <strong>von</strong> <strong>de</strong>nen mancher sich mit <strong>de</strong>n nordfranzösischen<br />

Machthabern gar wohl messen konnte. Es konnte ja auch für die<br />

nach möglichster Selbständigkeit begierigen Dynasten keine bessere<br />

Konstellation geben: <strong>de</strong>r <strong>von</strong> ihnen anerkannte König war nur<br />

noch ein machtloses Phantom, er konnte <strong>de</strong>n Anmassungen seiner<br />

1) B. ii. 1975-1977, Bq. IX, 654-556.<br />

2) Urkundliche Belege im folgen<strong>de</strong>n,


26<br />

angeblichen getreuen Vasallen nicht entgegentreten und diese hatten<br />

dabei noch das erheben<strong>de</strong> BewissLsein für die verfolgte Legitimität<br />

eingetreten zu sein <strong>de</strong>n wirklichen Inhaber <strong>de</strong>r Herrschaft dagegen<br />

erklärte man für einen Tyrannen und Thronräuber und half sich<br />

damit über die unangenehme Pflicht hinweg, ihm Gehorsam leisten<br />

zu müssen. Das thatsächlich rein persönliche Interessen und nicht<br />

Anhänglichkeit an das angestammte Herrscherhaus die Handlungsweise<br />

<strong>de</strong>r meisten südlichen Herren bestimmte, zeigen <strong>de</strong>utlich<br />

wie<strong>de</strong>rholte ähnliche Fälle, wo es sich nicht um einen Gegenkönig<br />

aus frem<strong>de</strong>m Geschlecht, son<strong>de</strong>rn eben um ein Glied <strong>de</strong>sselben<br />

Hauses han<strong>de</strong>lt, wie gegen Karl III. unter-und nach Odo, gegen<br />

Ludwig IV.. gegen Lothar (898, 936, 954), <strong>de</strong>nen man auch erst<br />

nach längerem Zögern sich unterwarf 1).<br />

Das soeben im allgemeinen Skizzierte bedarf nun <strong>de</strong>r Begründung<br />

im einzelnen, die im folgen<strong>de</strong>n versucht wer<strong>de</strong>n soll.<br />

Für die niheren Verhältnisse <strong>de</strong>r Anerkennung <strong>Rudolf</strong>s bieten die<br />

erzählen<strong>de</strong>n Quellen nur sehr geringe Ausbeute wir sind daher<br />

fast ausschliesslich auf urkundliches Material angewiesen. welches<br />

wenn auch ziemlich umfänglich, doch noch viele bedauerliche<br />

Lücken übrig lässt. Nicht alle Gebiete sind gleich gut mit ihm<br />

ausgestattet, nur an einer kleinen Zahl <strong>von</strong> Orten geben uns die<br />

Urkun<strong>de</strong>n durch die ganze Regierungszeit <strong>Rudolf</strong>s hindurch ein<br />

treues Geleit, an <strong>de</strong>n meisten haben wir sie nur zu einzelnen<br />

Jahren, beson<strong>de</strong>rs <strong>de</strong>n späteren, können also, wenn sich nicht andre<br />

Aufschlüsse bieten, kaum mit Gewissheit sagen, ob in <strong>de</strong>m betreffen<strong>de</strong>n<br />

Orte o<strong>de</strong>r bei <strong>de</strong>r betreffen<strong>de</strong>n Person <strong>Rudolf</strong> <strong>von</strong> Beginn<br />

an als König gegolten hat.<br />

Im Herzogtum Burgund erkannte man <strong>Rudolf</strong> sofort an, da er<br />

hier selbst Lan<strong>de</strong>sherr war, auch war er alsbald nach <strong>de</strong>r Wahl nach<br />

Burgund gegangen und <strong>von</strong> einem Wi<strong>de</strong>rstreben seiner Tinterthanen<br />

hören wir nichts 2) In Cluny wur<strong>de</strong> Karl während Roberts Gegenkönigtum<br />

noch anerkannt, lei<strong>de</strong>r fehlen aber dann gera<strong>de</strong> für die<br />

Zeit unmittelbar nach <strong>Rudolf</strong>s Wahl Belege, erst 924 beginnt die<br />

Datierung nach <strong>Rudolf</strong>s Jahren und zwar vom 2. bis 13. Jahre 3).<br />

1) Vgl. Hist. <strong>de</strong> Lang. IV, 22 über Karl, III, 116, 123 über Ludwig,<br />

IN, 146 über Lothar.<br />

2) Ebd. 923 '. 372.<br />

3) Bruel, Reeueil (10 Chartes <strong>de</strong> Cluny (Paris 1876) 1 ii. 231, 233-236<br />

nur 232 nennt Robert als König; in n. 243 heisst im Juni 4)24 Karl noch<br />

König, die IM. nach Jahren <strong>Rudolf</strong>a sind ausseror<strong>de</strong>ntlich zahlreich, <strong>von</strong> n. 238<br />

ah bis 447 (durchsetzt <strong>von</strong> solchen, die in die burgundischen Naohbargebicte<br />

gehüren und nach <strong>de</strong>ren Herrschern zählen); vgl. Bruel in <strong>de</strong>r Bibl. <strong>de</strong> l'öcolc<br />

<strong>de</strong>s ehartes (1880) XLT, 23 II., <strong>de</strong>r mehrere differieren<strong>de</strong> Anfangstermine nachveist,<br />

als Pegel gilt jedoch <strong>de</strong>r Wahltag, 13juli 923.


27<br />

Diese Zeugnisse erstrecken sich meist auf <strong>de</strong>n Gau <strong>von</strong> T1äcon,<br />

daneben auch auf die Gaue <strong>von</strong> ChMon und Anton. Für mehrere<br />

burgundische Gaue fehlen für die ersten Jahre Urkun<strong>de</strong>n gänzlich,<br />

doch gilt für sie gleichfalls, wie für die genannten, sofortige<br />

Huldigung; sicher ist es für Sens, <strong>de</strong>ssen Erzbischof <strong>de</strong>n König<br />

gekrönt hatte, wahrscheinlich für Dijon und Auxerre, <strong>de</strong>ssen<br />

Grafen, bezüglich Vicegrafen, <strong>de</strong>m Hause Vergy entstammten, das<br />

mit <strong>de</strong>m llerzogshause in nahen Beziehungen stand I).<br />

Die meisten Lothringer huldigten <strong>Rudolf</strong> im Herbst 923,<br />

ausdrücklich wissen wir <strong>von</strong> Metz und Verdun, dass sie ihm untertha.n<br />

waren, nur Gisilbert und Rotgar <strong>von</strong> Trier versagten die<br />

Unterwerfung 2), Reims, das sich sonst seine Politik selbst gewählt,<br />

das sogar für die An<strong>de</strong>rer massgebend gewesen war, musste sich<br />

jetzt ganz <strong>von</strong> frem<strong>de</strong>m Einfluss leiten lassen; durch geleistete<br />

Dienste hatte sich Heribert im vorigen Jahre so festzusetzen gewusst,<br />

dass das Erzbistum völlig in Abhängigkeit <strong>von</strong> ihm geraten<br />

war, Seulf hatte daher Karls Auffor<strong>de</strong>rung sich ihm wie<strong>de</strong>r zu<br />

zuwen<strong>de</strong>n, abgelehnt 8), Heriherts Huldigung unterwarf <strong>de</strong>m König<br />

Vermandois, Amiens, Troyes und die an<strong>de</strong>rn zerstreut liegen<strong>de</strong>n<br />

Besitzungen dieses Vasallen in <strong>de</strong>n Gauen <strong>von</strong> Soissons ‚ Brie,<br />

Provins u. a. 4). Laon. stand durch seinen Grafen Rotgar auf<br />

<strong>Rudolf</strong>s Seite, Soissons durch seinen Bischof Abbo, <strong>de</strong>r Roberts<br />

Erzkanzler gewesen war und in dieser Stellung auch zu <strong>Rudolf</strong><br />

übertrat 0)<br />

Der ausge<strong>de</strong>hnte Machtbezirk Markgraf Hugos fügte sich<br />

gleichfalls <strong>de</strong>m neuen Herrscher, also <strong>de</strong>r Rest <strong>von</strong> Nordfrankreich<br />

bis zur bretonisch-normannischen Grenze: in Tours z. B. rechnet<br />

man am 18. December <strong>de</strong>r 12. Indiktion (= 923) nach <strong>Rudolf</strong>,<br />

für die an<strong>de</strong>rn neustrischen Grafschaften mangeln ähnliche bestimmte<br />

Nachweise, doch wer<strong>de</strong>n wir nicht fehlgehen, wenn wir auch für<br />

]) Duchesne, hist gen. d. 1. In. d. Vergy 1 p. 40 u. 5,; Vita S. Vivent.ii,<br />

lig. IX, 131. Vgl. ferner noch für Antun: ER. n. 1, 3labi!Ion, <strong>de</strong> re<br />

dipl. lib. VI, Urk. n. 132 (p. 566); für Chhlon: ER. 2, 3, 4 für Mhcon: Gart.<br />

<strong>de</strong> S. Vincent <strong>de</strong> Mäcon Mhco,, 1864) 1, n. 310, 314, 501, 480 1 8, 58, 490<br />

ii. a.; für Fleury: Perard, Recueil <strong>de</strong> plusicurs Pices s. it lii. <strong>de</strong> Bourgogne<br />

(Paris 1.664) p. 44, 29, 30, 42, 43; für Langres: ER. 7, Perard p. 63. (UR.<br />

= lIrit. Rad. im Anhang.)<br />

2) Flod. 923 p. 872.<br />

3) Ebd. 923 p. 371, H. R. IV, 18 p. 578.<br />

4) Vgl. über lleriberts Besitz: Arbois <strong>de</strong> Juhainville 1. c. 1, 89, 90<br />

Kalcksteiii p. 162; Georges, hist. <strong>de</strong> Champagne et <strong>de</strong> Brie (Paris 1878) p. 277.<br />

5) Ebd. 923 p. 371; Eq. IX. 560, 563; vgl. Abschnitt Urkundcswesen<br />

; Ponthieu, Boulogue, Flan<strong>de</strong>rn leisten 925 Jleercsfolgc,


sie keine Verzögerung annehmen, da Hugo seine Vasallen straff<br />

genug sich unterthan hielt, um seine Entscheidung auch für sie<br />

als verbindlich erscheinen zu lassen; für Chartres haben wir eine<br />

Urkun<strong>de</strong> aus seinem achten, für Angers eine Schenkung Graf Fulkos<br />

aus <strong>de</strong>m siebenten Jahre, für Blois gicht <strong>Rudolf</strong> selbst schon<br />

924 ein Diplom, für Paris giebt es eine Urkun<strong>de</strong> vom Vicegrafen<br />

Teudo aus <strong>de</strong>m dritten Jahre und in Orl6ans (wie in Teure und<br />

Paris) gebot Hugo direkt als Graf 1)•<br />

Die Normandie war (]ein feindlich, Urkun<strong>de</strong>n<br />

stehen uns hier gar nicht zur Verfügung 2• lieber die Bretagne,<br />

<strong>de</strong>ren Geschichte für das neunte Jahrhun<strong>de</strong>rt eine reiche Quelle im<br />

Chartnlar <strong>von</strong> Rödon hat, brechen im Anfang <strong>de</strong>s zehnten die urkundlichen<br />

Hilfsmittel gleichfalls ab, die bei<strong>de</strong>n einzigen Zeugnisse<br />

<strong>de</strong>sselben für diese Perio<strong>de</strong> geben keine Nachricht über <strong>de</strong>n Oberherrn.<br />

Der Grund <strong>de</strong>r Dürftigkeit liegt darin, dass die grossen<br />

Grundherrn, die allein bei <strong>de</strong>r Frage <strong>de</strong>r Anerkennung <strong>de</strong>s Herrschers<br />

in Betracht kommen, gera<strong>de</strong> in jener Zeit zum grössten Teil durch<br />

Verlassen <strong>de</strong>r Heimat sich <strong>de</strong>r Unterjochung durch die Normannen<br />

entzogen hatten und nur niedres Landvolk zurückgeblieben war 3).<br />

In Berry wird <strong>Rudolf</strong> sogleich Annahme gefun<strong>de</strong>n haben,<br />

da <strong>de</strong>r Gau direkt unter seiner gräflichen Verwaltung stand, und<br />

als <strong>de</strong>r nächste Besitzer Wilhelm abfiel, fand dies nicht allgemeine<br />

Nachfolge ; <strong>de</strong>nn noch zu <strong>de</strong>ssen Lebzeiten, am 23. November 926,<br />

gilt <strong>Rudolf</strong> fortgesetzt als König 4). In Poitou scheint man nach<br />

einigen Zeugnissen Karl treu geblieben zu sein )' in an<strong>de</strong>rn Ur-<br />

1) Mabille, Panearte noirc dc S. Martin <strong>de</strong> Tours (in <strong>de</strong>n Min. <strong>de</strong> la<br />

Soc. archo1. <strong>de</strong> Touraine XVII und separat Paris, Tours 1366) ii. 129; CarlmI,<br />

dc S. P&e <strong>de</strong> Chartres (Paris 1840) 1 n. 3; Mabillon, Mm. Bened. 111, 403<br />

Gesta cons. An<strong>de</strong>gavens. Bq. IX, 30, Marchcgay et Salinon. Chron. d'Anjeu<br />

1, 67 i UR. n.5; Mabillon 1. e. IL 384; Galt. Christ. VIII. 484.<br />

2) Fiod. 923 p. 371, 372.<br />

3) Phd. 919, 921 p. 868. 869; Chron. Namuetense Bq. VIII. 275;<br />

Cartul. <strong>de</strong> &(1on (Paris 1863) u. 283, 305.<br />

4) Urk. <strong>de</strong>r Kanoniker <strong>von</strong> Bourgcs, Gall. Christ. 11. A. 134. <strong>von</strong>'<br />

S. Clernenstag im 4. J. Rud., <strong>de</strong>r 926 thatsüchlicli ein Donnerstag war; ferner<br />

für Dols DR. 11.<br />

5) Besly t hist. <strong>de</strong>s corntes dc Poiet.ou (Paris 1647) pr. p. 221, 225 mit<br />

(]ein Ausdruck a. .111. regni Radnlfi regis curn suis infi<strong>de</strong>libus<br />

monte captis; ähnlich tJrk. ii. 9 bei Lasteyrie ‚ sur les comtes et vicomtes <strong>de</strong><br />

Liinoges p. 114; Cartul. <strong>de</strong> I'abb. <strong>de</strong> S. Cyprien (10 Poitiers (1874, Archives<br />

Instor. du Poitou III) n. 236, 237, 240, aus <strong>de</strong>in 27. bez. 30. J. Karls, d. ii.<br />

925 u. 927.


29<br />

kun<strong>de</strong>n <strong>von</strong> <strong>Rudolf</strong>s 5. bis 11. Jahre ist jedoch dieser anerkannt ').<br />

Gleich Poitou, folgte auch Limousin nicht <strong>de</strong>r allgemeinen<br />

Stimmung Aquitaniens, da es durch seinen Nachbarn und Oberherrn,<br />

<strong>de</strong>n Grafen <strong>von</strong> Poitou. beeinflusst war. In Tulle scheint man<br />

<strong>de</strong>m Burgun<strong>de</strong>r sich gleich untergehen zu haben, die Urkun<strong>de</strong>n<br />

<strong>de</strong>s Klosters gehen vom 0. bis 13. Jahr, setzen also 923 als Anfang<br />

voraus). Denselben nimmt für Beaulieu <strong>de</strong>r Herausgeber<br />

Deloche an; da wir in<strong>de</strong>ssen nur Urkun<strong>de</strong>n bis zum 10. Jahre<br />

kennen, wird 923 zweifelhaft, und es gewinnt die Vermutung Baum,<br />

dass für Beaulieu dasselbe statt hat, wie für Quercy, wo man<br />

<strong>Rudolf</strong> zum Teil erst 926 anerkannte; dies bestätigen zwei Urkun<strong>de</strong>n<br />

<strong>de</strong>s lTicegrafen Frotard <strong>von</strong> Cahors für Auril]ac <strong>von</strong> 930,<br />

welches als 5., und für Beaulieu <strong>von</strong> 932 (md. 5), welches als<br />

7. Jahr gezählt wird 3) Aber auch in Quercy herrschte keine<br />

Einheitlichkeit, <strong>de</strong>nn Urkun<strong>de</strong>n <strong>von</strong> Moissac gehen bis in das<br />

11. Jahr, setzen also einen früheren Anfang als 926 voraus<br />

Der son<strong>de</strong>rbarste Contnst waltet jedoch in <strong>de</strong>n Urkun<strong>de</strong>n<br />

<strong>von</strong> Briou<strong>de</strong> in Auvergne ob; Auvergne besass HerzogWilhelm<br />

als Graf, und Briou<strong>de</strong> sein Bru<strong>de</strong>r Acfred als Laienabt; bei<strong>de</strong><br />

waren eifrige Gegner <strong>de</strong>s Königs, und dieser Stimmung tragen<br />

auch einige Urkun<strong>de</strong>n Rechnung. welche Karls Namen beibehalten<br />

und <strong>Rudolf</strong> als illegitim bezeichnen 5); doch auch einfache Da-<br />

1) Gart. <strong>de</strong> 8. Gyprien n. 301. 124, 92, 528. 337 u. a.: Besly 1. c.<br />

r. 237; die Unentschie<strong>de</strong>nheit zeigt auch eine Urk. <strong>de</strong>s Klosters Nouailli3 vom<br />

Decemb. a. III. Badulfi regis quando Karolus in eustodia tenebatur bei Baluze.<br />

Capit. regum Francor. II, append. col, 1532, Mansi Conc. XVIII, app. n. 135.<br />

2) Baluze, hist. Tuteleusis (Paris 1717) app. col. 328-365.<br />

3) Justel, hist. gSS1. d. 1. maison <strong>de</strong> Turenie (Paris 1645) pr. p. 9<br />

und Cartul. <strong>de</strong> Beau)jeu (Paris 1859) n. 48; da zwei IM. Frotards für verschiedne<br />

Orte die Konkordanz 926 1. Jahr gewähren. ist wohl Deloche's<br />

Aen<strong>de</strong>rung a. VJIII statt VII, die nur geschah um 923 als Beginn herauszubekommen,<br />

unberechtigt. Vgl. ferner Gart. <strong>de</strong> Beaulieu n. 72, 167, 38, 66,<br />

44, 144, 108.<br />

4) Moulenq, Doeuments histor. sur lo Tarn-et-Garonne. @Iontauban<br />

1879) 1, 291.<br />

5) Gart. <strong>de</strong> Briou<strong>de</strong> (Clertnont-Ferrand 1863) n. 39: a. in. 4 ,,o Karolus<br />

rex per mil<strong>de</strong>s Francos <strong>de</strong>honestatus est (16. Febr. 926), n. 327: a. TV'.<br />

quo infi<strong>de</strong>les Frnnei prirseipe,n saure JCarolum propria se<strong>de</strong> exturbaverunt et<br />

Radulpl,um elegerunt Roberto interfecto (8. Dcc. 926) n. 315: n, IV. quo<br />

Fflnci <strong>de</strong>inhonestaverunt regem saum Karolurn et contra legem sibi Rodulfnrn<br />

in regem elegerunt, (11. Gut. 926) u. a., vgl. auch Baluze, hist. g6n. d. 1 m.<br />

d'Auvergne 11 pr. p. 19-21, Baluze, Capit. II col. 153], 1534; Cartul. <strong>de</strong><br />

Sauxillanges (Cierinont Fa 1864) ii. 13.


Uerungen mit Jahren Kads ohne <strong>de</strong>n Ausfall gegen seinen Nebenbuhler<br />

fin<strong>de</strong>n sich 1)• Neben jenen obigen <strong>Rudolf</strong> so gehässig<br />

gegenübertreten<strong>de</strong>n datieren nun die meisten Urkun<strong>de</strong>n nach seinen<br />

Jahren und zwar unmittelbar <strong>von</strong> <strong>de</strong>r Wahl an, wir haben gera<strong>de</strong><br />

hier die vollständigste, Reihe, nicht so zahlreich wie in Chmy,<br />

aber für unsere Frage noch wichtiger, <strong>de</strong>nn vom Juli <strong>de</strong>s 1. Jahres<br />

bis zum Oktober <strong>de</strong>s 13. haben wir Urkun<strong>de</strong>n zur Hand 2)<br />

Dies sind die Gebiete, in <strong>de</strong>nen man <strong>Rudolf</strong> sich nicht wi<strong>de</strong>rsetzte,<br />

o<strong>de</strong>r ihn doch noch vor Karls Tod anerkannte, das übrige<br />

Südfrankreich datierte ostentativ nach Karls Regierung weiter,<br />

meist ohne An<strong>de</strong>utung, dass er in Wirklichkeit gar nicht mehr<br />

König war; und selbst nach seinem To<strong>de</strong> zählte man die Jahre<br />

<strong>von</strong> diesem Zeitpunkt ab, vereinzelt aber ging man dann sofort<br />

auf Ludwig über s). Für Languedoc bezeugt Fiodoard, dass bis 932<br />

Raimund Pontius, Graf <strong>von</strong> Toulouse, Markgraf <strong>von</strong> Gothien, sein<br />

Bru<strong>de</strong>r Errnengaud, Graf <strong>von</strong> Rouergne, Mitinhaber <strong>von</strong> Gothien, und<br />

Liipus A.znar, <strong>de</strong>r Herr <strong>de</strong>r Gascogne, noch nicht gehuldigt hatten,<br />

und zahlreiche Urkun<strong>de</strong>n bestätigen <strong>de</strong>n Zustand <strong>de</strong>r Zwischenzeit4).<br />

Yelai und Gövaudan gehörten <strong>de</strong>in Haus Auvergne als besondre<br />

Grafschaften, teilten daher die Entschliessungen <strong>de</strong>s Herzogs<br />

<strong>von</strong> Aquitanien 5), Uzöge und \ivarais waren noch Teile <strong>de</strong>s<br />

1) Für Briou<strong>de</strong> Cartul. n. 16 betreffs Canetum, 924 jod. 12; auch<br />

Baluze 1. c. 1530.<br />

2) Cirt. da Briou<strong>de</strong> n. 169, 104, 236. 112 ii. s. w. bis 2, 153, 186.<br />

s. auch Bruel, Bibl. <strong>de</strong> i'colo <strong>de</strong>s ebartes VI, 2 ( = N) p. 476, 495; ferne,'<br />

Cart. <strong>de</strong> Sauxillauges n. 218, 774..<br />

3) Für die spanische Mark: P. dc Marca- Baluzius Marca Ilispanien<br />

(Paris 1688) app. n. 70 3 71. Baluze, Capit. II, 1585; Chron. Barcinon. (Marea<br />

Ilispanica app. aol. 758): Karl König nach Odos Tod 32 J. 3 M Post cuius<br />

obitum i'on habuer,,nt regem per annos octo; Ann. Barcinon, 82. XIX, 501.<br />

4) Für Narhonne: H. d. Lang. V n.,50. 51, 52, 57, Mabililon Ann.<br />

Heu. iii, 872; f. Eoussiflon und Eine 13. d. Lang. y ii. 55b, 60, 62; Baluze,<br />

Capit. 11, 1535; t Carcassonne H. d. Lang. V, ii. 53, 61, HaI. 1. 0.; 3. 11ouerguc<br />

(Ro<strong>de</strong>; Vahre, Conques) H. d. Lang. V, n. 55a, 59. 63, il, n. 207. 13W!. <strong>de</strong><br />

l'öc. d. chart. Y. 4 ( = U) p. 153; Cartul. <strong>de</strong> l'abb. <strong>de</strong> Conques (Paris 1879)<br />

n. 121, 92, 5. 231, 148, 291; f. Beziers H. d. Lang. V, ii. 58. Dorn oben<br />

erwähnten Chron. Barcin. steht „abo Chron. Neninusense (Niines) ‚ 85. [11., 219<br />

(auch H. d. Lang. V, col. 28): Karl 35 J. König. Post cuius obiturn fueront<br />

anni 7 sine legitime rege, in quibus regnavit Rodulfus. Eine Urkun<strong>de</strong> <strong>de</strong>s<br />

Bischofs <strong>von</strong> Nimes (bei Menard, bist. <strong>de</strong> Nismes 1 pr. p. 19) gicht das 30 J.<br />

Karls nach Otlos Tod = 927.<br />

5) ii: d. Lang. EI, p. 87, 90. 97, 1V, p. 85.


.3'<br />

provenalisehen Reiches Ludwigs <strong>de</strong>s Blin<strong>de</strong>n und noch nicht zum<br />

Languedoc gekommen 1).<br />

Von verschie<strong>de</strong>nen kleinen Gebieten, die wir nicht berührt<br />

haben, lässt sich die Haltung nicht angeben, doch wird in diesem<br />

Falle wohl mit ziemlicher Sicherheit anzunehmen sein, dass sie<br />

<strong>de</strong>m Beispiele ihrer mächtigeren Nachbarn gefolgt sind.<br />

<strong>Rudolf</strong> hat auch als König seine früheren Wür<strong>de</strong>n (<strong>de</strong>n Herzegstitel<br />

und seine Grafschaften) beibehalten, wenigstens fin<strong>de</strong>n<br />

wir in seiner Zeit keinen An<strong>de</strong>rn in solcher Stellung 2); er musste<br />

darauf sehen, sich in seinen Besitzungen eine feste Grundla ge für<br />

sein Königtum zu wahren, <strong>de</strong>nn <strong>de</strong>r Machtbereich <strong>de</strong>sselben, wie<br />

er ihn <strong>von</strong> seinem Vorgänger überkam, reichte nur hin, eine<br />

Schattenherrschaft zu führen, während <strong>de</strong>m Reiche eine feste Regierung<br />

not that und eine solche auch allein <strong>de</strong>m thatkräftigen<br />

Wesen <strong>de</strong>s Königs entsprach. - Sein Herzogtum hat immer seine<br />

Hauptstütze gebil<strong>de</strong>t; so oft ihn nicht, wie es allerdings fast unablässig<br />

<strong>de</strong>r Fall war, Hegierungsangelegenheiten in andre Teile<br />

<strong>de</strong>r Monarchie riefen, verweilte er in Burgund). und Burgun<strong>de</strong>r<br />

bil<strong>de</strong>ten <strong>de</strong>n Kern seines Heeres, au <strong>de</strong>n sich die wechseln<strong>de</strong>n<br />

Kontingente <strong>de</strong>r grossen Vasallen anschlossen.<br />

Gleich nach <strong>de</strong>r Weihe in Soissons brach er nach seinem<br />

Stammlind aM; Karl war zwar noch frei, aber seine Macht so<br />

schwer getroffen, dass <strong>Rudolf</strong> nicht sogleich eine ähnliche Ueberraschung<br />

wie Robert zu fürchten hatte. Doch auch nach <strong>de</strong>in<br />

Schlage <strong>von</strong> Soissons und trotz <strong>de</strong>r trüben Erfahrungen bei seinen<br />

Botschaften an die Rebellen, dachte dci- unglückliche Fürst fortgesetzt<br />

an die Wie<strong>de</strong>rgewinnung seiner Lan<strong>de</strong>. Mit Heinrich hatte<br />

er 921. Beziehungen angeknüpft. Roberts Erhebung unterbrach dieselben;<br />

jetzt war <strong>de</strong>r Gegenkönig gefallen, und <strong>de</strong>r Heberleben<strong>de</strong><br />

mochte hoffen, <strong>von</strong> neuem mit <strong>de</strong>m Deutschen in gutes Einvernehmen<br />

kommen und seine Unterstützung erlangen zu können.<br />

Er schickte Gesandte an Heinrich mit Geschenken, darunter Reliquien,<br />

die in jener Zeit einen unschätzbaren Wert hatten, und<br />

1) Unrichtig lässt II. d. Lang. flT, p. 9@ sie sehen 924 an das llai,s<br />

Toulouse kommen, vgl. }Taedicke tu<strong>de</strong>s R. 1. royaume d. Bourg. et d. flov.<br />

p. 10; Gingins-la-Sarraz. ‚ Archiv f. Schweiz. Gesch. VB, p. 72; erst nach<br />

Ludwigs Tod 928 kamen sie in <strong>Frankreich</strong>.<br />

2) Nach Gfrörer, Greg. Vif, jy, 28 hatte Gislebert (v. Vergy) das<br />

Herzogtum erhalten, was jedoch falsch ist.<br />

3) Mourin. Comtes <strong>de</strong> Paris p. 139 nennt unbegrün<strong>de</strong>t Dijon als Hauptstadt<br />

<strong>Rudolf</strong>s ; wen,' überhaupt eine Vermutung ausgesprochen wer<strong>de</strong>n sei',<br />

kann nur Antut, in Betracht kommen, DR. 1, 8, 12.


mag ihm vielleicht die Ueberlassung Lothringens zugesagt haben.<br />

Aber dieser Versuch, sich einen Helfer zu erwerben, scheiterte<br />

wie alle früheren; Heinrich nahm die Gesandten auf, trat<br />

auch nicht mit <strong>Rudolf</strong> in Verkehr, enthielt sich in<strong>de</strong>ssen je<strong>de</strong>s<br />

Schrittes zu Gunsten <strong>de</strong>s Karolingers 1). Der Misserfolg wird<br />

diesen geneigter gemacht haben auf einen an<strong>de</strong>rn Vorschlag einzugehen,<br />

<strong>de</strong>r ihm jetzt gemacht ward.<br />

ileribert sandte <strong>de</strong>n Grafen Bernhard, seinen Vetter, mit an<strong>de</strong>rn<br />

Boten zu ihm -- <strong>de</strong>r wohl noch in Lothringen sich aufhielt<br />

- und trug ihm seine Hilfe an ; die <strong>von</strong> Richer angeführten<br />

Ueberredungsrnittel entsprechen sehr gut <strong>de</strong>r Sachlage, mögen sie<br />

nun echt o<strong>de</strong>r <strong>von</strong> ihm ersonnen sein: Beribert habe nur notgedrungen<br />

mit <strong>de</strong>n Fein<strong>de</strong>n sich vereinigt, jetzt biete sich eine günstige<br />

Gelegenheit, das Geschehene wie<strong>de</strong>r gut zu machen; doch<br />

solle Karl, um Argwohn in vermei<strong>de</strong>n, ohne grosses Gefolge<br />

kommen. Manches mochte beitragen, Be<strong>de</strong>nklichkeiten bei Karl<br />

zu besitigen. Heribert war doch immerhin ein Karolinger, wenn<br />

auch nicht aus <strong>de</strong>r herrschen<strong>de</strong>n Linie. im Bürgerkriege hatte er<br />

in <strong>de</strong>r That anfangs noch einige Zeit auf Kai-]s Seite gestan<strong>de</strong>n 2),<br />

<strong>Rudolf</strong>s Abwesenheit in Burgund liess hoffen, dass man mit<br />

Heriberts beträchtlichen Mitteln sich wer<strong>de</strong> festsetzen können, ehe<br />

<strong>de</strong>m Gegner die Gefahr klar wür<strong>de</strong>. Dazu kamen noch die eidliehen<br />

Bürgschaften <strong>de</strong>r Gesandten, die mit um so mehr Vertrauen<br />

erwecken<strong>de</strong>r Zuversicht geleistet wur<strong>de</strong>n, als Bernhard und seine<br />

Genossen selbst betrogene Betrüger waren, ileribert hatte als<br />

vollen<strong>de</strong>ter Kenner seiner an Treubruch und Verrat so reichen<br />

Zeit 3) für gut befun<strong>de</strong>n, seine Unterbündler über seine wahren<br />

1) Soviel glaube je), unbe<strong>de</strong>nklich <strong>de</strong>r Ueberlieferung Widulcinds (1, 33<br />

38. 117, 431) entnehmen zu dürren; Weit; Heft,. 1, 75 setzt Wid. Worte,'<br />

strenger folgend, die Gesandtschaft erst nach Karis Gefangennahme <strong>de</strong>sgl.<br />

Wittioh ‚ Herz. Lothring. p 115; es ist aber unwahrscheinlich, dass • Heribert<br />

seinem Gefangenen die Möglichkeit gelassen haben sollte, nach aussen Verbindungen<br />

zu seiner Befreiung anzuknüpfen. Tirietmar (J, in, 38. JIT, 741)<br />

lässt Karl wirklich durch Heinrich wie<strong>de</strong>r eingesetzt wor<strong>de</strong>n, wohl inc geführt<br />

durch Ludwigs Einsetzung seitens Ottos.<br />

2) Ebd. 922 p. 370.<br />

3) Vgl. die <strong>de</strong>r Flodonrdausgabe <strong>de</strong>s Pitiioeus (an,I. et hist. Franc.<br />

soript. coaot. ML Paris 1588) angehängten Visiones Flotildae ‚ geschehen in<br />

Jahre 940 (1. c. p. 278, Fiod. 940 p. 387), die wie<strong>de</strong>rholt <strong>de</strong>r leichtsinnigen<br />

Ei<strong>de</strong> ge<strong>de</strong>nken, p. 282 inramenta qnae ton, innumerabilia flunt. 283 iurainenta<br />

quae tot fiebant; Adso, Nirac. S. Basohi c. 7 83. 1V, 51-7, Ainn.; ferner im<br />

Laufe dieser Darstellung die häufigen VorrUereien, Pelonien, beson<strong>de</strong>rs in <strong>de</strong>n<br />

Aufstilndon Heriberta gegen <strong>Rudolf</strong>.


Absichten im Dunkeln zu lassen, um nicht durch etwaige Gewissensbe<strong>de</strong>nken<br />

o<strong>de</strong>r Verräterei ihrerseits die Ausführung gefähr<strong>de</strong>t<br />

o<strong>de</strong>r vereitelt zu sehen. Man darf es Karl nicht als einen<br />

Beweis seiner „Einfalt" auslegen, wenn er sich täuschen liess; die<br />

Darlegungen <strong>de</strong>s Grafen waren glaubhaft genug und Karls Lage<br />

ganz hoffnungslos; er sah keinen an<strong>de</strong>rn Weg vor sich, • hier bot<br />

sich einer dar, <strong>de</strong>r, wenn aufrichtig gemeint, allerdings Aussicht<br />

auf Erfolg bot. Er folgte <strong>de</strong>n Gesandten und traf mit geringer<br />

Be<strong>de</strong>ckung in Hcriberts Burg S. Quentin an <strong>de</strong>r Somme ein, wo<br />

er nur zu bald erfuhr, wie schmählich er betrogen; <strong>de</strong>nn <strong>de</strong>r Vasall<br />

bemächtigte sich seines Herrschers, <strong>de</strong>ssen Leute zum Wi<strong>de</strong>rstand<br />

zu schwach waren: sie wur<strong>de</strong>n entlassen, Karl jedoch bald<br />

darauf in <strong>de</strong>r festen Burg Chateau-Thierry gefangen gesetzt. Nach<br />

glücklichem Gelingen dieses Handstreichs folgte Heribert <strong>de</strong>m<br />

neuen König nach Burgund 1), Die Berichte über die Gefangennahme<br />

differieren in manchen Einzelheiten einige setzen sie vor<br />

HudolfsWahl,und dieThat.selbstwird verschie<strong>de</strong>ntlich ausgeschmückt,<br />

um lleriberts Verrat im hässlichsten Lichte dastehen zu lassen<br />

auch die Reihenfolge <strong>de</strong>r für die Haft in Betracht kommen<strong>de</strong>n<br />

Orte S. Quentin, Chateau-Thierry und Pdronne wechselt. Der Vorfall<br />

muss auf die Zeitgenossen einen sehr tiefen Eindruck gemacht<br />

haben, und lange hat <strong>de</strong>rselbe fortgewirkt; war es doch <strong>de</strong>r erste<br />

Fall seit <strong>de</strong>r Ausbildung <strong>de</strong>s Lehnsstaates, dass ein Vasall an die<br />

geheiligte Person seines Königs und Herrn Hand anzulegen wagte;<br />

fast alle historischen Quellen, selbst die dürftigsten Annalen und<br />

Genealogien erwähnen ihn 2) und zwar meist mit Ausdrücken <strong>de</strong>s<br />

Abscheus vor <strong>de</strong>m Thäter, welcher malorum incentor, proditor, <strong>de</strong>-<br />

1) Ebd. 923 p. 372; Rieher 1, 47; Folcuin g. a. Sitbt. c. 101 Es. XIII,<br />

626: Ebd, Glab. 1, 1 55. vii, 53; Aimoin Bq. IX. 139. Odorann l3q. VIII,<br />

237 (<strong>de</strong>sgl. E. Franc. Sen. SS. )X, 366), Widukind 1, 29 55. III, 430, lasst<br />

fälschlich Karl durch Hugo gefangen und im Staatsgefängnis bewahrt wör<strong>de</strong>n<br />

Tlnetinar, 1. 13 55. III, 741.<br />

2) Z. B. Ann. Lanbienses u. Leodienses 55. TV, 16; A. S. Naximini<br />

Trevir. il). 6; A Einsidlens. Es. 111 1 141; A. FÄnon. min. 55• V, 19; A. Blandin.<br />

ib. 24; A. Floriac. brev. 55. XIII. 87; brev. Chrou. Toruac.Bq. ViH, 285;<br />

<strong>von</strong> Genealogion haben sich selbst solche, die sonst nur Namen ohne Daten<br />

bringen, nicht enthalten können, <strong>de</strong>n Verrat anzuführen, vgl. die karol. Geneal.<br />

55. II, 312; Geneal. eomit. Buboneni. 55. IX, 300; die verschie<strong>de</strong>nen Geneal.<br />

SS Xlii, 247, 252. in einer Urkun<strong>de</strong> Arnnlfs v. Flan<strong>de</strong>rn wird. 942 noch <strong>de</strong>r<br />

Gefangenschaft gedacht: rejnante Ludouuico anno vi filio iCaroli reclausi bei<br />

van Lelceren, Chartcs et doeuin. <strong>de</strong> l'abh. <strong>de</strong> 5. Pierre ii Gand (Gand 1868)<br />

1? 24, ii. 18.


ositate plenus, <strong>de</strong>ceptor fraudulentissimus, infi<strong>de</strong>lium o<strong>de</strong>r inquorum<br />

o<strong>de</strong>r proditonini nequissimus ‚ emnium principum Fraucerum<br />

pessimus heisst, und bei seinem To<strong>de</strong> weiss man schreckliches<br />

(freilich ganz erdichtetes) <strong>von</strong> <strong>de</strong>r Strafe <strong>de</strong>s Himmels zu erzithlen<br />

'). Karls Gemahlin Ea(Igifu ‚ <strong>de</strong>r Mutter seines Sohnes<br />

Ludwig i gelang es, <strong>de</strong>n Nachstellungen, die <strong>de</strong>m für die Zukunft<br />

zu fürchten<strong>de</strong>n Präten<strong>de</strong>nten bereitet wur<strong>de</strong>n, zu entgehn; Ludwig<br />

war <strong>de</strong>r einzige berechtigte Eibe, da Karl <strong>von</strong> seiner ersten Gemahlin<br />

nur Töchter, und nur aus einer illegitimen Verbindung<br />

drei Söhne hatte 2); bei ihren ang&schsischen Verwandten - sie<br />

war die Tochter König Eadwards. eine Schwester Aethelstans -<br />

fand die Königin Schutz, ihr Sohn seine Erziehung ).<br />

Der einzige, <strong>von</strong> <strong>de</strong>m wir hören, dass er für Karl eintrat<br />

(ausser <strong>de</strong>n --Normannen, <strong>de</strong>nen aber Karl nur ein Vorwand für<br />

ihre Räubereien war), war Papst Johann X., <strong>de</strong>ssen Schreiben<br />

zwar nicht erhalten, aber aus Flodoard zu erschliessen ist; unter<br />

Androhung <strong>de</strong>r Exkommunikation drang er auf Wie<strong>de</strong>reinsetzung.<br />

1) Richer II, 37 giebt eine inedicinische Beschreibung, Rod. Glaber 1.<br />

c. p. 54 schil<strong>de</strong>rt <strong>de</strong>n Tod eines Theaterbösewichts Folknin e. 102, 1. c. 626<br />

zeichnet sich durch beson<strong>de</strong>rs geschmackvolle To<strong>de</strong>sart aus. Eigentümlich<br />

sind die Sagen <strong>de</strong>s Ohren. Waicio(lor. ES. XIV, 506 ff. Graf Eilbert, <strong>de</strong>r bei<br />

einem Akt <strong>de</strong>r Selbsthilfe Bein]s erobert und daselbst eine Kirche verbrennt,<br />

wird vom König mit <strong>de</strong>nt Reic],sbeer bekriegt, aber verbun<strong>de</strong>n mit seinen<br />

Brü<strong>de</strong>rn, darunter Horibertus <strong>de</strong> S. Quintino, siegt er und nimmt Karl gefangen<br />

922; nach<strong>de</strong>m dieser längere Zeit in Pärnnne gefangen gesessen, entlassen<br />

ihn die J3rüdor und huldigen <strong>von</strong> neuem. Der König rächt sich aber<br />

nach Heriberts Tod, in<strong>de</strong>m er <strong>de</strong>ssen Söhne durch <strong>Rudolf</strong> <strong>von</strong> Carnhray ein<br />

ihr Erbe bringen lässt. Einige wahre Züge sind <strong>de</strong>mnach drin, aber sie<br />

sind in eine ganz wirre Beziehung unter einan<strong>de</strong>r gebracht und mit Sagen<br />

durchsetzt.<br />

2) Vgl. B. 1927, 1945, 1956; Wilgeri Geneal. Ar,m,,lfl 55. IX, 303. Der<br />

Name <strong>de</strong>r zweiten Gemahlin ist ‚nei gt in Ogiva ver<strong>de</strong>rbt, Folcui,, Odgeva,<br />

Aimoiri Beadtgiva, ihre Grabschrift Bq. IX, 103 Ethgiva; Ethelwerd in' Brief<br />

an Mathil<strong>de</strong> 55. X, 459 Anm. Eadgyfu, ]ticher Aethgiva, Flod. Ottogeba.<br />

3) Foleuiii 1. e.; Ebd. 936 p. 383; auf Riehers Angabe (11, 11, sie sei<br />

erst zu Aethelstan geflohen, somit erst nach Eadwards Tod (Sept. 924) nach<br />

England gelangt, ist wenig zu geben; R. weiss, dass Ludwig bei Aetl,clst,n<br />

aufwuchs; dass er so genau beachtet haben sollte, ob zur Zeit <strong>de</strong>r Flucht<br />

dieser eben schon zur Herrschaft gelangt war, wie Kaleh-stein p. 163 annehmen<br />

möchte, scheint bei Eichers Arbeitsweise wenig gerechtfertigt. Oont. Regin.<br />

925 55. 1, 616 lässt Ludwig nach Irland, Rot], GIab. 1. e. über <strong>de</strong>n Rhein<br />

fliehen.<br />

0


85<br />

Die Zeit <strong>de</strong>sselben ist unbestimmt,; Kalckstein setzt es nach seinem<br />

Schreiben an <strong>Rudolf</strong>, <strong>de</strong>n er anfangs als König anerkannt habe,<br />

bis er dann sich <strong>de</strong>m Karolin ger wie<strong>de</strong>r zuwandte, mir ist es aber<br />

unwahrscheinlich, dass er erst mehrere Jahre <strong>de</strong>r Thronusurpation<br />

zugestimmt, dann plötzlich, ohne dass <strong>Rudolf</strong> ihm einen Grund<br />

gegeben hatte, - <strong>de</strong>m Verlangen <strong>de</strong>s Papstes beim Streit zwischen<br />

Gigny und Cluny hatte er entsprechen, wie Widos Urkun<strong>de</strong> beweist<br />

. — ohne dass beim Papst in jener Zeit ein karo]ingerfreund_<br />

licher Einfluss erkennbar ist, ihn als Usurpator erklärt und Karls<br />

Wie<strong>de</strong>reinsetzung so kategorisch verlangt haben soll. Sehr gut<br />

lässt sich dagegen <strong>de</strong>s Papstes Schritt alsbald nach <strong>de</strong>r Gefangennahme<br />

einreiben; als r jedoch <strong>Rudolf</strong> in <strong>de</strong>r Herrschaft befestigt<br />

sah, liess er die Sache ruhen und erkannte ihn <strong>de</strong>r Macht <strong>de</strong>r<br />

'l'hatsachen folgend an. Ausser <strong>de</strong>r äussern Wahrscheinlichkeit<br />

hat diese Ansicht noch <strong>de</strong>n Umstand für sich, dass damals Kaiser<br />

Berengar noch lebte ( j- 7. April 924), <strong>de</strong>r zu Karl in freundschaftlichen<br />

Beziehungen stand und schon 921 bei <strong>de</strong>r Besetzung <strong>de</strong>s<br />

Bistums Lüttich seinen Einfluss bei <strong>de</strong>m Papste für Karl geltend<br />

gemacht hatte unter seinem Einfluss mag auch jetzt <strong>de</strong>r Papst<br />

für <strong>de</strong>n König eingetreten sein, wonach <strong>de</strong>r Brief in das En<strong>de</strong> <strong>von</strong><br />

923 o<strong>de</strong>r die ersten Monate <strong>von</strong> 924 gehört, <strong>de</strong>r baldige Tod <strong>de</strong>s<br />

Kaisers erleichterte dann auch Johann <strong>de</strong>n Uebertritt zu <strong>Rudolf</strong><br />

und das Preisgeben Karls 1),<br />

lleriherts That befreite <strong>Rudolf</strong> zwar für <strong>de</strong>n Augenblick <strong>von</strong><br />

<strong>de</strong>m Rivalen, war ihm aber in sofern bedrohlich , als <strong>de</strong>r Graf<br />

in Karl ein Mittel hatte. <strong>de</strong>m Könige Vorteile nbzutrotzen; <strong>de</strong>nn<br />

dass er nicht als treuer Anhänger <strong>de</strong>s Burgun<strong>de</strong>rs <strong>de</strong>n Fluch <strong>de</strong>s<br />

Verräters auf sich genommen, son<strong>de</strong>rn nur aus ausgeprägtestem<br />

Eigennutz, lehren seine ganzen Massnahmen und Erfolge in <strong>de</strong>n<br />

nächsten Jahren.<br />

Von Regierungshandlungen <strong>de</strong>s Königs aus <strong>de</strong>m ersten Aufenthalt<br />

in seinem Herzogtum ist nichts bekannt; nur kurze Zeit<br />

<strong>de</strong>r Ruhe war ihm vergönnt, <strong>de</strong>nn Hugo rief seine Hilfe für das<br />

bedrängte Fraucien an. Verspätet waren die <strong>von</strong> Karl aufgebotenen<br />

Normannen jetzt endlich losgebrochen, <strong>de</strong>r Seekönig .Raginold, <strong>de</strong>r<br />

Herr <strong>de</strong>r Schaar, die seit Jahren die untere Loire besetzt hielt,<br />

wo sie auf <strong>de</strong>n zahlreichen Inseln Zuflucht fand, hatte unter seinem<br />

:1) v10u. 928 p. 377, II. R. TV. 21. P. .579; lUcher 1, 54; Bq. IX,<br />

215-217, Schreiben Jolmnns an Karl (921), an Köln (921), an <strong>Rudolf</strong> (928);<br />

Mabilen Ann. Den. III 386, Urkun<strong>de</strong> Widos <strong>von</strong> Gigny; Dümmler, Gesta<br />

Berengarii imperatoris (Halle 1871) p. 10; Kalekstein 176; hn folg. 211928.<br />

3*


Befehl auch Normannen Rollos <strong>von</strong> <strong>de</strong>r Unterseine vereinigt und<br />

war über die Oise nach Francien eingefallen; eine Nie<strong>de</strong>rlage<br />

durch Vasallen Heriherts und an<strong>de</strong>re nordfranzösische Herren trug<br />

nur dazu bei, die Verheerungen zu vergrössern; eine erneute Nie<strong>de</strong>rlage<br />

durch Graf Adaleim <strong>von</strong> Arteis trieb ihn zwar zurück, aber<br />

die Raubzüge liessen trotz<strong>de</strong>m nicht nach. Da eilte auf. Hugos<br />

Ruf <strong>de</strong>r König selbst über Conipigne herbei in das heimgesuchte<br />

Beauvaisis; Seulf, Heribert und an<strong>de</strong>re leisteten Heeresfolge. Ein<br />

Einfall in ihr cignes Land jenseits <strong>de</strong>r Epte, <strong>de</strong>m man die Lei<strong>de</strong>n<br />

Franciens mit gleichem vergalt, sollte die Baubschaaren zum Rückzug<br />

nötigen und ihnen zeigen, dass die Zeiten <strong>de</strong>r Schwäche ein<br />

En<strong>de</strong> hätten, in <strong>de</strong>nen die Grenzgebiete auf ihre eignen, stark<br />

erschöpften Kräfte angewiesen waren und vom Königtum ohne<br />

Hilfe gelassen wur<strong>de</strong>n 1). Doch mitten in diesen Han<strong>de</strong>ln rief ihn<br />

ein für das <strong>Frankreich</strong> <strong>de</strong>s zehnten Jahrhun<strong>de</strong>rts wichtigeres Ereignis<br />

ab.<br />

Lothringen war seit <strong>de</strong>r Son<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r karolingischen Reiche<br />

immer <strong>de</strong>n Westfrankenkönigen wie ihren östlichen Vettern als<br />

ersehnter Gewinn erschienen; Karl hatte es schliesslich durch<br />

glückliche Fügung <strong>de</strong>r Verhältnisse mit seinen Staaten vereint und<br />

im Bürgerkrieg hielt es grösstenteils zu ihm. Der 15. Juni 923<br />

än<strong>de</strong>rte die Lage; Lothringen hatte bisher erfolglos die Hauptopfer<br />

<strong>de</strong>s Kriegs auf karolingischer Seite getragen, Karl war zu<strong>de</strong>m<br />

gefangen; nach anfänglicher Zurückhaltung entschlossen sich<br />

daher die meisten Grossen, <strong>Rudolf</strong> anzuerkennen. Ihre Botschaft<br />

traf ihn in <strong>de</strong>r Normandie, und auch er konnte sich <strong>de</strong>m Zuge<br />

seiner Zeit und seiner Stellung nicht entziehen; die Aus<strong>de</strong>hnung<br />

seines Herrschaftsgebiets über das weite Reich Lothars musste wie<br />

allen Westfranken auch ihm als höherer, ruhmvollerer Gewinn<br />

gelten als die <strong>de</strong>finitive Züchtigung <strong>de</strong>r normannischen Räuber,<br />

welche ja seine Vasallen durchführen konnten. Nach voraufgegangner<br />

Beratung mit <strong>de</strong>n Grossen begab er sich nach Lothringen;<br />

in <strong>de</strong>r Grenzfeste Mouzon erfolgte seine Annahme als König, und<br />

sogleich bot sich ihm Gelegenheit, seines Amtes zu walten. Sein<br />

neuer Unterthan Wigerich <strong>von</strong> Metz nahm seine Hilfe gegen die<br />

bischöfliche Burg Zabern in Anspruch, die im Elsass gelegen, <strong>de</strong>r<br />

Heinrichs Hoheit anerkannte, <strong>von</strong> <strong>de</strong>ssen Kriegern besetzt wor<strong>de</strong>n<br />

war. Erst nach längerer Belagerung, die fast <strong>de</strong>n ganzen Herbst<br />

ausfüllte, zwang er die Burginannen, zur Stellung <strong>von</strong> Geiseln,<br />

worauf er nach Laon zurückging und mit seiner Gemahlin, die inzwischen<br />

in Reims durch Senlf zur Königin gekrönt war, zusammentraf.<br />

Doch die kaum gewonnene Herrschaft bedrohte ein ge-<br />

1) Flod. 923 p. 372.


37<br />

fährliches Unwetter aus Osten die mächtigsten Lothringer, Gisilbert<br />

und <strong>de</strong>r Erzbischof <strong>von</strong> Trier hatten es vorgezogen sich an Deutschland<br />

anzuschliessen (Köln war ihnen schon früher vorangegangen) 1),<br />

und riefen ihrerseits nun Heinrich herbei ; auch er leistete <strong>de</strong>r<br />

Auffor<strong>de</strong>rung Folge und kam gegen En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Jahres über <strong>de</strong>n<br />

Rhein; sein Erfolg beschränkte sich jedoch auf <strong>de</strong>n glücklich ausgeführten<br />

Baub <strong>von</strong> Viehbeer<strong>de</strong>n und an<strong>de</strong>rm Besitz und Fortführung<br />

junger, waffenfähiger Leute 2). Die berüchtigte Wankelmütigkeit<br />

<strong>de</strong>r Lothringer') trat diesmal nicht zu Tage; nur einer <strong>von</strong> <strong>de</strong>nen,<br />

die sich <strong>Rudolf</strong> unterwerfen hatten, Otto, fiel ab, wohl aus einem<br />

persönlichen Grun<strong>de</strong>, <strong>de</strong>nn in ihm haben wir <strong>de</strong>n später unter<br />

Otte 1. hervortreten<strong>de</strong>n Otto, <strong>de</strong>n Sohn Richwins zu sehen, welch<br />

letzteren <strong>Rudolf</strong>s Bru<strong>de</strong>r l3oso in einer lothringischen Privatfeh<strong>de</strong><br />

hatte ermor<strong>de</strong>n lassen 4). Sobald aber die Meldung eintraf, <strong>Rudolf</strong><br />

rüste sich, mit seinem gesamten frä.nkisch-burgundischen Heerbann<br />

<strong>de</strong>in zu begegnen, brachte Heinrich seine Beute über <strong>de</strong>n<br />

Rhein in Sicherheit, nach<strong>de</strong>m er mit <strong>de</strong>n Lothringern einen Waffenstillstand<br />

bis zum 1. Oktober <strong>de</strong>s folgen<strong>de</strong>n Jahres eingegangen<br />

war. Die westfränkische Partei behauptete entschie<strong>de</strong>n in <strong>de</strong>in<br />

Zwischenlan<strong>de</strong> die Oberhand; Wigerich glückte die Eroberung<br />

<strong>von</strong> Zahern, welches zerstört wur<strong>de</strong>, und in Verdun gab <strong>Rudolf</strong><br />

nach Dados Tod das Bistum an Hugo, <strong>de</strong>in die Priesterweihe<br />

erteilte 5).<br />

1) WitWich, Herz. Lothringen p. 107 Anm. 3. 110, 114 Amit. 3; Waitz<br />

Heiur. 1, p. 76 Anm. 7.<br />

2) Das Urteil mag herb erscheinen es ist jedoch ohne Parteinahme für<br />

Heinrich unmöglich, sein Auftrete,, an<strong>de</strong>rs aufzufassen; oft betrachtet man<br />

<strong>de</strong>utseherseit.s die Unternehmungen <strong>de</strong>r fra züsischert Könige auf Lothringen<br />

<strong>von</strong> vornherein als Unrecht; seit 869 schwankt es herüber und hinüber, keinem<br />

zu festen, Eigen; <strong>de</strong>r Bonner Vertrag hatte es sogar offiziell heim Westreiche<br />

gelassen und seit<strong>de</strong>m ist kein Verzicht bekannt; erst spater ist die Streitfrage<br />

zwischen <strong>Rudolf</strong> und Heinrich zu Gunsten <strong>de</strong>s Letztere,i erledigt wor<strong>de</strong>n.<br />

3) Rieher 1, 3(„: 37; Widuk. 1, 30. 53. 111 1 430.<br />

4) Ebd. 923 p. 371, 173; Wid,ik. Ii, 26 33. III, 445; Vita Job. Gorziens.<br />

e. 12, 103 33. IV, 340, 367; Qiron. Mediani momiast.. iM. 89. Ist <strong>de</strong>r<br />

Riquinus duz <strong>de</strong>s Calendar. neerol. Jtomarioense (Böhmer, Fontes TV. 463)<br />

unser Richwin so fällt sein Tod auf <strong>de</strong>n 15. November. Vgl. auch Leil,uiz,<br />

Annal. imperii occi<strong>de</strong>nt. (cd. Pertz, Hannover 1845) II, 390<br />

5) Flod. 923 p. 372, 373; Amt. S. Benigni Div. 53. Y, 40; Ann. neerolog.<br />

Ful<strong>de</strong>nses 55. NIE], 192. Der Cont. flegin. ist für diese Jahre sachlich<br />

sehr brauchbar, in <strong>de</strong>r Reihenfolge aber ganz verwirrt, vgl. 921-925.<br />

Sein Bericht (55. 1, 616), Heinrich habe mit Gisilbert und Bot,-er 923 <strong>de</strong>n<br />

Metzer Bischof bezwungen, Misst sich nur erklären, wenn man ihn als vorüber-


38<br />

Während dieser Vorgänge im Osten hatten im Auftrage <strong>de</strong>s<br />

Königs Hugo und Heribert mit einem Deckungscorps auf <strong>de</strong>m<br />

linken Oiseufer Francien vor <strong>de</strong>n Normannen geschützt, und nach<br />

<strong>de</strong>r Krönung Emmas war auch dci' Erzbischof <strong>von</strong> Reims nach <strong>de</strong>m<br />

nordwestlichen Kriegsschauplatz abgegangen. Man beschränkte<br />

sich jedoch auf gegenseitige Raubzüge, bis man sich in wie<strong>de</strong>rholte<br />

Verhandlungen einliess. die schliesslich zu einem Präliminarfrie<strong>de</strong>n<br />

führten: weitere Gebiete nach Westen hin sollten <strong>de</strong>in<br />

bisherigen Bestan<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Norwandio, die im wesentlichen die D-<br />

parternents Seine infrieure und Eure umfasste 1),<br />

zugefügt wer<strong>de</strong>n.<br />

<strong>Rudolf</strong> scheint in<strong>de</strong>ssen <strong>de</strong>n Frie<strong>de</strong>n nicht sogleich genehmigt zu<br />

haben, da Flodoard nur <strong>von</strong> einem Waffenstillstand spricht, <strong>de</strong>n<br />

er ihnen nach Empfang <strong>von</strong> Geiseln bis Mitte Mai 924 bewilligt<br />

habe, Reiner <strong>von</strong> bei<strong>de</strong>n Teilen konnte sich einen entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong>n<br />

Sieg zuschreiben; <strong>de</strong>r Staat musste sich dazu verstehen, wie früher<br />

so oft, <strong>de</strong>n Normanuen eine Abfindungssumine zu zahlen, welche<br />

im Anfang voll durch eine im Gebiet <strong>von</strong> Fralicien erhobene<br />

pecunia collaticia, wohl eine Art aussergewöhnlicher Kopfsteuer,<br />

die es sonst nicht gab, aufgebracht wur<strong>de</strong>, aber <strong>de</strong>nnoch war das<br />

Ansehen <strong>de</strong>s Reiches besser gewahrt wor<strong>de</strong>n als bei früheren ähnlichen<br />

Abkommen; nicht die Franken waren es, die diesmal <strong>de</strong>n<br />

Normannen Geiseln stellen mussten, son<strong>de</strong>rn das umgekehrte Verhältnis<br />

hatte statt 2) <strong>Rudolf</strong> hatte <strong>de</strong>n Bedingungen zugestimmt,<br />

um freie Hand für eine Unternehmung <strong>von</strong> ähnlicher Tragweite<br />

zu gewinnen, wie die lothringische.<br />

Noch verharrte <strong>de</strong>r Sü<strong>de</strong>n mit wenigen Ausnahmen in teils<br />

abwarten<strong>de</strong>r, teils feindlicher Haltung gegenüber <strong>de</strong>m neuen Herrscher,<br />

welcher aber nicht gewillt war, seine Rechte als Oberherr aufzugehen<strong>de</strong><br />

Ueberwältigung durch einen Vorstoss Heinrichs fasst; doch ist diese<br />

künstliche Deutung kaum nötig, da die Nachricht erst zu 925 gehoren wird, wo<br />

sie keinen Anstoss erregt. Waitz ‚ lleiar. L p. 76 u. Wittieh ‚ Herz. Lothr.<br />

1 11 beachte], nicht (lass Wigerich fo<strong>de</strong>r Witger nach Abzug Heinrichs<br />

auf westfiünkiseher Seite stand, wie 'Laherns Schicksal beweist; beson<strong>de</strong>rs<br />

Wittich fasst dieses erste Auftreten Heinrich., viel zu inacijivoll auf. S. ferner<br />

Werra. <strong>de</strong>r Continuator Reginonis (Leipzig 1883) p. 76, <strong>de</strong>r auch die ‚‚heillose<br />

rügt, aber doch ‚• 83 das Metzer Faktuir, unter Berufung auf<br />

Waitz bei 923 lassen will.<br />

1) Liequet 1. c. p. 76 ff., an<strong>de</strong>rs Lair, Dudo p. 63 fl.<br />

9) Flod. 923. 924 p. 372, 873: Warnkönig und Stein, franz. St.- u.<br />

R-Oesch. 1. 156; Waitz, <strong>de</strong>utsche Verfassungigeschiehte (Kiel 1861) IV.<br />

96, 102, -


39<br />

geben ; mit gewaffneter Hand sollten die Wi<strong>de</strong>rstreben<strong>de</strong>n zum<br />

Gehorsam genötigt wer<strong>de</strong>n. Schon rückte das königliche Heer<br />

heran, als Herzog Wilhelm IT. <strong>von</strong> Aquitanien 1) sich zu entgegenkommen<strong>de</strong>n<br />

Massnahmen entschloss;ilitell das thatkräftige Vorgehen<br />

<strong>Rudolf</strong>s. die zahlreiche Unterstützungdie ilmi auf diesem Zuge<br />

<strong>von</strong> <strong>de</strong>n Vasallen geleistet wur<strong>de</strong>. nio keine günstigen Aussichten<br />

auf erfolgreiche Gegenwehr bYeten. Der König stand im<br />

•Gan voll als <strong>de</strong>r Herzog bis zur Loire vorging, um durch<br />

Besetzung <strong>de</strong>r Flussübergängeweipgstens einer Ueberraschung<br />

vorzubeugen; bei<strong>de</strong> Heere stan<strong>de</strong>n sich nun durch <strong>de</strong>n Fluss getrennt<br />

gegenüber, und sogleich begannen Verhandlungen. Wie<strong>de</strong>rholt<br />

gingen Boten voll zu jenem Ufer, bereits war die Nacht<br />

angebrochen, da flut Wilhelm <strong>de</strong>n ersten eine Lösung vorbereiten<strong>de</strong>n<br />

Schritt, in<strong>de</strong>m er selbst auf das rechte Ufer kam und in das<br />

königliche Lager ritt. Der König war gleichfalls zu Pfer<strong>de</strong>, und<br />

schon die Begegnung zeigte, dass <strong>de</strong>r Herzog sich zur Anerkennung<br />

herbeilassen wer<strong>de</strong>; <strong>de</strong>nn nicht als gleichberechtigtes Haupt einer<br />

Krieg führen<strong>de</strong>n Partei trat er <strong>de</strong>m Hanpte <strong>de</strong>r Gegenpartei gegenüber,<br />

son<strong>de</strong>rn schon wie ein Vasall seinem Herrn: er stieg<br />

vo:m Bosse und begrüsste so <strong>de</strong>n König, <strong>de</strong>r ihm - auch schon<br />

ciii Zeichen <strong>de</strong>r <strong>de</strong>mnächst einzunehmen<strong>de</strong>n Stellung - <strong>de</strong>n Kuss<br />

<strong>de</strong>s Lehnsherrn bot. Man begnügte sich mit <strong>de</strong>m Austausch dieses<br />

Ceremoniells und Vorbesprechungen, <strong>de</strong>r Abschluss <strong>de</strong>s Frie<strong>de</strong>ns<br />

wur<strong>de</strong> auf <strong>de</strong>n folgen<strong>de</strong>n Tag verschoben, an welchem <strong>de</strong>r Herzog<br />

zu einer zweiten Unterredung kam ; die Bedingungen <strong>de</strong>r Huldigung<br />

wur<strong>de</strong>n vereinbart und eine Frist <strong>von</strong> acht Tagen zur Beratung<br />

<strong>de</strong>rselben <strong>de</strong>n Aquitaniern zugestan<strong>de</strong>n. Nach <strong>de</strong>ren Ablauf<br />

erfolgte die förmliche Huldigung. die Gegenleistung <strong>de</strong>s Königs<br />

bestand in <strong>de</strong>r Rückgabe <strong>de</strong>r Grafschaft Berry mit <strong>de</strong>r Stadt Beurges<br />

an Wilhelm 2)<br />

Hudolfs Heerlager und seine Resi<strong>de</strong>nzen zu Autun und Chlon<br />

waren in diesem Frühjahr <strong>de</strong>r Vereinigungsort einer sehr<br />

1) Mourin ' p. 148 hat keine Ahnung <strong>von</strong> <strong>de</strong>r Existenz Wilhehns II.;<br />

boi Wilh. d. Fr. Tod lässt er Acfred 928 beraubt und Aquitanien durch <strong>Rudolf</strong><br />

an Raimund Pontius., einen „getreueren Herrn'', verliehen wer<strong>de</strong>n.<br />

2) Flod. 924 p. 373 1 <strong>de</strong>r im Gefolge seines Erzbischofs als Augenzeuge<br />

im Lager weilte, ist hier gegen seine Gewohnheit ausführlicher und bietet<br />

obige intereasante Details. ] >,ich. 1, 48; Ann. Nivernons. 88. XJIT, 89. E. d.<br />

Lang. JIT, 95 lässt ohne Grund <strong>de</strong>n <strong>Konig</strong> in ungünstigerer Lage als <strong>de</strong>n<br />

Herzog erscheinen. Mary-Lafon's hist. du ididi 4. 1. Fr., die auf das stärkste<br />

<strong>von</strong> provincialpatriotiseher Eitelkeit gegenüber <strong>de</strong>n Nordfranzosen durchtränkt<br />

ist, betrachtet für jene Zeiten Aquitanien als fast selbständiges Reich und<br />

verwirft <strong>de</strong>shalb die Scene bei Flod., die zur Gleichstellung <strong>Rudolf</strong>s und Wil-


40<br />

stattlichen Versammlung Königin Emma weilte bei ihrem Gemahl;<br />

<strong>von</strong> hervorragen<strong>de</strong>n Nordfranzosen treffen wir an Erzbischof Senif,<br />

Bischof Ansegis <strong>von</strong> Troyes, <strong>de</strong>n Kanzler Abbo <strong>von</strong> Soissons,<br />

Markgraf Hugo, Graf Herihert <strong>von</strong> Burgun<strong>de</strong>rn <strong>de</strong>s Königs Bru<strong>de</strong>r<br />

Graf Hugo, die Grafen WMo ' und Gislebert, Söhne <strong>von</strong> Herzog<br />

Richards Freund Graf Manasse aus <strong>de</strong>m Hause Vergy, Abt Eimo<br />

<strong>von</strong> S. Martin <strong>von</strong> Autun. Abt Heriveus <strong>von</strong> Tournus, Propst Herniold<br />

<strong>von</strong> S. Symphorian <strong>von</strong> Autun, <strong>von</strong> Aquitaniern Herzog<br />

Wilhelm, Bischof Arlalard <strong>von</strong> Puy; diese aufgeführten sind ja<br />

nur die, welche uns ausrücklich genannt wer<strong>de</strong>n. Selbst ans <strong>de</strong>m<br />

Nachbarlan<strong>de</strong> Provence waren Grosse herbeigekommen; <strong>de</strong>r mächtigste<br />

Mann dieses Reiches, Hugo, <strong>de</strong>r für <strong>de</strong>n blin<strong>de</strong>n Kaiser<br />

Ludwig die Herrschaft führte, war an <strong>de</strong>n Beratun gen beteiligt').<br />

Herzog Wilhelm war nicht <strong>de</strong>r einzige, <strong>de</strong>r einen Machtzuwachs<br />

erhielt; auch die bisherigen Getreuen wur<strong>de</strong>n für die geleisteten<br />

Dienste belohnt; Heribert erhielt das feste Pronno, das<br />

einer seiner Hauptwaffenplätze wur<strong>de</strong>, Markgraf Hugo bekam Le<br />

Maus, Seulf zwar keine direkte königliche Schenkung, doch erwirkte<br />

ihm <strong>Rudolf</strong> bei Hugo <strong>von</strong> Provence die Rückgabe <strong>de</strong>r erzbiscböfliehen<br />

esitzungen im Lyonnais, <strong>de</strong>ren sich schon ileriveus <strong>von</strong><br />

Reims hatte beraubt sehen müssen 2)<br />

hahns doch zu wenig passen will II, p. 81 ff. sein Grund ist freilich nur,<br />

Aquitanien sei fünfmal so gross als Burgund. und er be<strong>de</strong>nkt nicht, dass <strong>Rudolf</strong>s<br />

Heer nicht nur aus seinen herzoglichen Vasallen bestand, und an<strong>de</strong>rerseits<br />

Wilhelm keineswegs die gesamten Kräfte <strong>de</strong>s Herzogtuins Aquitanien<br />

zur Verfügung hatte.<br />

1) FIod. 1 c. UR. n. 1-4. Bulliot, ess. hist. sur l'abbaye <strong>de</strong> 8. Martin<br />

dÄutun 1, 164 sieht in <strong>de</strong>r Versammlung an Chälon ein gewöhnliches Maifeld<br />

nach alter Weise. Die Einrichtung <strong>de</strong>r alten Reichstage bestand aber zu jener<br />

Zeit nicht mehr; Reichstag und Hoftag sind nicht mehr zu son<strong>de</strong>rn, die Teilnnhme<br />

<strong>de</strong>r Freien ist mit <strong>de</strong>m Uebergang <strong>de</strong>rselben in Lehnsnbhüngigkeit geschwan<strong>de</strong>n<br />

und die Beratungen <strong>de</strong>r Grossen mit (len] König (<strong>de</strong>r häufigste<br />

Ausdruck dafür ist placitum fin<strong>de</strong>n ganz nach <strong>de</strong>n jeweiligen Erfor<strong>de</strong>rnissen<br />

statt vgl. Flod. 923. 924, 925 7 927, 928, 930, 935.<br />

2) Mit Recht hebt Xalekstein p. 166 gegen Bist. d. Lang. III, 95, 108<br />

hervor, dass die Anwesenheit <strong>de</strong>s Regenten Hugo nichts für die Oberhoheit<br />

<strong>Rudolf</strong>s im Reiche Ludwigs beweist. Wir haben noch mehrere Jahre nach<br />

924 Urkun<strong>de</strong>n aus jenen Gebieten, die nur Ludwig als Herrscher kennen.<br />

\Taissöte glaubte Lud. u,n 924 schon gestorben; es ist jedoch sicher, dass<br />

<strong>de</strong>ssen Tod erst 928 erfolgte. Vgl. Gingins-la-Sarraz ‚ Archiv f. scbw. Gesch.<br />

VIII, 71 ff., IX, 134. Cart. <strong>de</strong> Savigny (Paris 1853) T, n. 7, 8, 10, 11. 13, 14;<br />

Cart. <strong>de</strong>, S. Victor <strong>de</strong> Marseille (1857) II. n. 1040; Cart. <strong>de</strong> S. Andr6-le-Bas<br />

<strong>de</strong> Viesine Coll, <strong>de</strong> cart. (lauphincis 1, Lyon 1809) zahlreiche Urk. v. 924-928.


41.<br />

Hugos Gegenwart bezweckte augenscheinlich die Anbahnung<br />

freundschaftlicher Beziehungen zu <strong>de</strong>m neuen OherMupte, um <strong>de</strong>n<br />

bisher walten<strong>de</strong>n Frie<strong>de</strong>n zwischen bei<strong>de</strong>n Reichen zu erhalten;<br />

gera<strong>de</strong> die Sicherstellung <strong>de</strong>r Provence gegen etwaige wie<strong>de</strong>rhervorgesuchte<br />

Ansprüche <strong>de</strong>s Westfrankenkönigs musste wesentlich<br />

das Ziel <strong>de</strong>s Regenten sein und es ist <strong>de</strong>shalb unwahrscheinlich,<br />

wenn man darin, dass in einer Urkun<strong>de</strong> <strong>Rudolf</strong>s, aus eben diesen<br />

Tagen und <strong>von</strong> diesem Hoftag stammend, einem Kloster seine Besitzungen<br />

auch im Gebiet <strong>von</strong> Vienne, Vaison, Frdjns bestätigt<br />

wer<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>n Ausdruck <strong>de</strong>r Wahrung westfränkischer Rechte erblickt;<br />

wenigstens hätte dies nicht beitragen können ein gutes<br />

Einvernehmen zu för<strong>de</strong>rn; dass dies aber erzielt wur<strong>de</strong>, geht ans<br />

jener Bereitwilligkeit Hugos hervor, die Rechte <strong>von</strong> Reims in seinem<br />

Gebiet zu achten ').<br />

Neben jenen ersten <strong>de</strong>r Vasallen erhielten auch Andre Zeichen<br />

königlicher Huld; aus <strong>de</strong>in Anfang 924 datieren die frühsten erhaltnen<br />

Urkun<strong>de</strong>n <strong>Rudolf</strong>s. Die erste ist zu Antun wohl auf <strong>de</strong>m<br />

Einmarsch nach <strong>de</strong>r aquitanischen Grenze am 29. Februar für das<br />

Kloster S. Symphorian <strong>von</strong> Antun ausgestellt; die folgen<strong>de</strong>n stammen<br />

aus Ghalon-s.-S., wohin sich <strong>Rudolf</strong> nach <strong>de</strong>r Begegnung<br />

mit <strong>de</strong>m neugewonnenen Herzog begeben hatte; S. Martin <strong>von</strong><br />

Antun erhielt am 6. April Bestätigung seiner Privilegien und neue<br />

Schenkungen, zwei Tage darauf erfreute sich <strong>de</strong>r Bischof <strong>von</strong> Pay<br />

<strong>de</strong>r beson<strong>de</strong>ren Gna<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Königs, da er an seinem Herzog Wilhelm,<br />

<strong>de</strong>r zugleich Graf <strong>von</strong> Velay war, einen einflussreichen Fürsprecher<br />

gefun<strong>de</strong>n hatte. Das letzte <strong>de</strong>r hierher gehörigen Diplome<br />

vom 9. April bekräftigt die Rechte <strong>de</strong>s Klosters Tournus an <strong>de</strong>r<br />

Sane im CbMonais 2)<br />

Trotz <strong>de</strong>r achtunggehieten<strong>de</strong>n Stellung, die <strong>Rudolf</strong> einzunehmen<br />

anfing, herrschte keineswegs im Lan<strong>de</strong> völlige Ruhe, die gewohnten<br />

Kriege und Gewaltthaten <strong>de</strong>r Mächtigen dauerten fort,<br />

aber <strong>Rudolf</strong> zeigte, dass er sich kräftig genug fühle, auch in dieser<br />

Hinsicht Abhilfe zu schaffen. Bin alter Störenfried, <strong>de</strong>r seinen<br />

Nachbarn, beson<strong>de</strong>rs <strong>de</strong>n Bischöfen <strong>von</strong> Auxerre, schon manche<br />

schwere Stun<strong>de</strong> bereitet hatte, <strong>de</strong>r Vicegraf Ragenard <strong>von</strong> Auxerre,<br />

<strong>de</strong>r Bru<strong>de</strong>r Manasse's <strong>von</strong> Vergy, hatte die Burg Mont-S.-Jean<br />

wi<strong>de</strong>rrechtlich besetzt und weigerte ihre Uebergabe ; <strong>de</strong>r König<br />

hielt sich nicht selbst mit <strong>de</strong>r Belagerung auf, son<strong>de</strong>rn überliess<br />

sie mehreren burgundischen Herren, darunter <strong>de</strong>n Neffen <strong>de</strong>s<br />

Rebellen, Walo und Gislebert, <strong>de</strong>ren Bemühungen es gelang, ihren<br />

Oheim zur Nachgiebigkeit zu bewegen; unterstützt <strong>von</strong> <strong>de</strong>s Königs<br />

1) Flod. 1. c. ijit n. 2: Kalelistein p. 166.<br />

2) UR. ii. 1-4.


42<br />

Bru<strong>de</strong>r Hugo vermittelten sie für ihn gegen Stellung seines Sohnes<br />

als Geisel einen Waffenstillstand, <strong>de</strong>r auch <strong>von</strong> allen seinen Genossen<br />

mit beschweren wer<strong>de</strong>n musste. Nach Ablauf <strong>de</strong>sselben<br />

nötigte ihn <strong>de</strong>r König bei seinem burgundischen Herbstaufenthalt,<br />

ihm selbst das Schloss zu übergeben').<br />

Aehnliche Unruhen herrschten in Lothringen ‚ wo ein Fainilienzwist<br />

im Herzogshause ausbrach; Gisilbert bekriegte seinen<br />

Bru<strong>de</strong>r Raginar. seinen Schwestermann Berengar und <strong>de</strong>ren Verbün<strong>de</strong>ten<br />

Graf Isaak ; wie immer in solchen Feh<strong>de</strong>n war Verheerung<br />

<strong>de</strong>r Besitzungen das einzige Ergehnis 2). Sein Lehnsherr Heinrich<br />

war in diesem Jahre durch einen Ungarneinfall in Sachsen festgehalten;<br />

<strong>de</strong>shalb suchte Gisilbert jetzt, wohl durch jene Streitigkeiten<br />

veranlasst, Rückhalt an <strong>Rudolf</strong>, <strong>de</strong>r jedoch nach Beschlussfassung<br />

mit seinen Vasallen die vom Herzog gewünschte Vasallität<br />

nicht annahm, da man voraussah, dass das Verhältnis bei Gisilherts<br />

Charakter kaum <strong>von</strong> Dauer sein könne: <strong>de</strong>r König verabscheute<br />

seine Meineidigkeit und Unbeständigkeit. meint Flodoard 8). Eine<br />

Reichsversammlung zu Attigrn' beschloss vielmehr die Unterwerfung<br />

<strong>de</strong>s noch wi<strong>de</strong>rstreben<strong>de</strong>n Teiles Lothringens mit Waffengewalt;<br />

doch während <strong>de</strong>r Rüstungen verfiel <strong>Rudolf</strong> in eine heftige Krankheit<br />

und <strong>de</strong>n Genesen<strong>de</strong>n warf ein Rückfall noch schwerer daruie<strong>de</strong>r,<br />

so dass er in <strong>de</strong>r Befürchtung seines Ablebens zu S. Remy,<br />

wohin er sich hatte bringen lassen, wohl um nach damaliger Sitte<br />

v o ll <strong>de</strong>m Heiligen Hufe zu erflehen, sein Testament aufsetzte,<br />

welches diesem Kloster und an<strong>de</strong>ren in Burgund und Francien<br />

sein gesamtes Vermögen mit Ausnahme <strong>de</strong>s Anteils <strong>de</strong>r Königin<br />

zuwies. Als er endlich nach vier Wochen sich erholte, war er<br />

augenscheinlich noch nicht kräftig genug, sich <strong>de</strong>n Anstrengungen<br />

eines Feldzugs auszusetzen; <strong>de</strong>nn obwohl e noch nicht zu spät<br />

1 Geste pauL Autiss. il C. p 367 ff, 37.3; Duchesne, hist. d. L in.<br />

Vergy Jr p. 19 Flod. 1. c. Mont-S.-Jean ist in Burgund zu suchen, nördlich<br />

<strong>von</strong> Clidion, da Flod. auf <strong>de</strong>m Rückwege nach Reiius dahin kam Orte <strong>de</strong>s<br />

Namens sind dort nicht selten, ha Düp. S Sne-et-Loire gicht es S. Zean in<br />

<strong>de</strong>n Arr. Chlon und Antun. doch günstiger gelegen ist das im D6 1). CötedOr,<br />

irr. Beaune (NW. <strong>von</strong> Poui]ly). das zugleich lied. Namensforni treuer<br />

wie(lergiebt da es nicht nur S. Jean <strong>de</strong> ... (<strong>de</strong> Viennes ‚ <strong>de</strong> Vaus ‚ <strong>de</strong> 'I'rözy<br />

u. a.) heisst, son<strong>de</strong>rn direkt. Mont-S.-Joan ‚ cf. Joanne ‚ Atlas d. 1. Fr., &p<br />

Cöte-d'Or und Saöne-et-Loire.<br />

2) Fled. 1. c. Berengar war Gf. v. Nanii,r (pagus Lomensis), Vita 8.<br />

Gerardi Bron. Bq. IX : 128, lsaak Cf. v. Caznbray, Flo(l. 924: fl 374. E. E.<br />

IV, 19 p. 578, Gest. c j' . Camerac. 88. Vi, 426.<br />

3) Leibniz, Ann. imp. ii, 355 ver]niltet, Ruilnif habe ihn abgewiesen,<br />

um sich seine Gegner nicht zu entfrem<strong>de</strong>n.


In<br />

in <strong>de</strong>r Jahreszeit war und Heinrichs gleichzeitige Krankheit ihn<br />

begünstigt hätte, verschob er doch <strong>de</strong>n lothringischen Krieg 1)•<br />

Soissons wur<strong>de</strong> ein kürzerer Aufenthalt zu Teil, <strong>de</strong>r mit <strong>de</strong>r Regelung<br />

<strong>de</strong>r normannischen Verhältnisse in Zusammenhang stehen<br />

wird; <strong>de</strong>nn während <strong>de</strong>r König nun nach Burgund ging, schlossen<br />

in seiner Abwesenheit, aber mit seiner Ermächtigun g Hu go, Renbert<br />

und Senlf <strong>de</strong>n Frie<strong>de</strong>n mit <strong>de</strong>n Seinenoninannen ab; die durch<br />

seine Krankheit ihm auferlegte Unthätigkeit zwang <strong>de</strong>n König jetzt<br />

doch, <strong>de</strong>n Fein<strong>de</strong>n die schon im Vorjahre gefor<strong>de</strong>rten Gebietserweiterungen<br />

zuzugestehen, die damals <strong>de</strong>n <strong>de</strong>finitiven Frie<strong>de</strong>nsschluss<br />

verhin<strong>de</strong>rt hatten 2)• Hugo musste ihnen Le Mans überlassen,<br />

wozu sie noch Bayeux bekamen.<br />

Zu <strong>de</strong>n fortdauern<strong>de</strong>n Zwistigkeiten Gisilberts und Itaginars<br />

gesellten sich die zwischen <strong>Rudolf</strong>s Bru<strong>de</strong>r i3oso und Graf Otto,<br />

auf <strong>de</strong>n die Feindschaft <strong>von</strong> seinem Vater Richwin vererbt war;<br />

Graf Isaak bekam Hän<strong>de</strong>l mit seinem Bischof Stephan, <strong>de</strong>m er<br />

eine Burg entriss und nie<strong>de</strong>rbrannte. Doch die Kirche war selbst<br />

solchen trotziger Gesellengegenüber nicht machtlos, die geistlichen<br />

Gensuren übten noch ihre Macht auf die meisten Gemüter ).<br />

Eine Iteimser Syno<strong>de</strong> in Trosly an <strong>de</strong>r Aisne (Diöc. Soissons), das<br />

schon mehrere gleiche Vcrammlungen erlebt, hatte im Oktober<br />

die Genugthuung, Jsaaks Bestrafung und Busse zu sehen. Dieser<br />

Syno<strong>de</strong> wohnten auch Laien bei, Henibert und an<strong>de</strong>re Grafen wer<strong>de</strong>n<br />

genannt, überhaupt fin<strong>de</strong>n wir ja in unsrer Perio<strong>de</strong> wie allerw<br />

ärts so auch in <strong>Frankreich</strong> eine enge Verquickung <strong>de</strong>r geistlichen<br />

und weltlichen Faktoren im Staatsleben Bischöfe und Achte sind<br />

mächtige Herren gewor<strong>de</strong>n, zum Teil mit fürstlicher Gewalt, und<br />

nehmen an <strong>de</strong>n Staatsleistungen und an <strong>de</strong>ssen Leitung <strong>de</strong>nselben<br />

Anteil wie die weltlichen Grossen, diese wie<strong>de</strong>rum erblicken wir<br />

vielfach als Teilnehmer <strong>de</strong>r Syno<strong>de</strong>n und in geistlichen Wür<strong>de</strong>n<br />

als Laienvorsteher <strong>de</strong>r Stifter 4).<br />

Während in diesem Jahre die eine Ungarnschaar <strong>de</strong>n alten<br />

Weg nach Deutschland einschlug, wandte sich eine an<strong>de</strong>re nach<br />

1) Fiod. 924. v<br />

2) Ebd. 1. c. Rici,er, <strong>de</strong>r Krankheiten und Verwundungen gern genauer<br />

beschreibt, spricht 1, 49 voll einen, hitzigen Fieber, unter wekhern Begriff er<br />

aber allerlei zu verstehen scheint, vgl. Reimann, p . 9<br />

3) Mit Unrecht will Arbeis i. c. p. 9.1 das Gegenteil behaupten die<br />

Goncile <strong>de</strong>r Zeit biete,, mehrfache Fälle Volt' Siege <strong>de</strong>r kirchlichen Autorität,<br />

vgl. Mansi, Gene. XVI. Ii, 326, 343 1 345, 349 u. a.<br />

4) Vgl. Bavelier, Essal bist, sur le droit d'leetien et sur 'es aneiennes<br />

assenlbles repr&. d. 1. Fr. (Paris 1874) p. 337. - Coneilakten <strong>von</strong> Trosly<br />

909, e. 3. Nansi 1. e. 270-272.


44<br />

Italien, wo <strong>de</strong>r Thronstreit zwischen Berengar und <strong>Rudolf</strong> lT. <strong>von</strong><br />

Hochburgund ihre Unternehmungen begünstigte; am 12, März zerstörtn<br />

sie Pavia, schweiften weiter durch Oberitalien, drangen<br />

trotz <strong>de</strong>r Gegenmassregeln <strong>Rudolf</strong>s 11. und Hugos <strong>von</strong> Provence<br />

über die Pässe <strong>de</strong>r Seealpen in die Provence ein und bis über die<br />

Rhone nach <strong>de</strong>r Mark Gothien vor, wo sie ihr Geschick ereilte die<br />

bei<strong>de</strong>n genannten Fürsten setzten ihnen nach und brachten ihnen<br />

Verluste bei, <strong>de</strong>n Hauptschlag erlitten sie jedoch durch eine ruhrartige<br />

Seuche, die unter ihnen ausbrach. Die Reste <strong>de</strong>r Schaar<br />

fielen unter <strong>de</strong>m Schwert <strong>de</strong>s Raimund Pontius <strong>von</strong> Toulouse<br />

ö<strong>de</strong>r wur<strong>de</strong>n zersprengt1)<br />

Wachsen<strong>de</strong> Schwierigkeiten <strong>de</strong>r neuen Herrschaft.<br />

An <strong>de</strong>n normannischen Zügen <strong>de</strong>s Voijahres hatte sich auch<br />

R.aginold, <strong>de</strong>r Häuptling <strong>de</strong>r Loireleute, stark beteiligt; schon 921<br />

hatte letzteren Markgraf Robert <strong>de</strong>n Gau <strong>von</strong> Nantes und die<br />

Bretagne überlassen, doch scheint diese Abtretung erfolglos gewesen<br />

zu sein, da Flodoard 924 hervorhebt, sie hätten noch kein<br />

Gebiet in <strong>Frankreich</strong> erhalten 2); vielleicht hatte sie keine Geltung<br />

erlangt, da sie infolge <strong>de</strong>s bald darauf ausbrechen<strong>de</strong>n Bürgerkriegs.<br />

<strong>de</strong>r königlichen Bestätigung ermangelte. Als nun Raginold seine<br />

Genossen <strong>von</strong> <strong>de</strong>r Seine durch neue Län<strong>de</strong>reien bereichert sah,<br />

während er selbst keinen Kampfpreis da<strong>von</strong>tragen sollte, nahm er<br />

in) Herbste 924 die Verheerungen wie<strong>de</strong>r auf und fiel die Loire<br />

aufwärts ziehend in Hugos Machtbereich zwischen Seine und Loire<br />

ein. Gemeingeist war ein unbekanntes Gefühl <strong>de</strong>r Grossen; <strong>de</strong>r<br />

heimgesuchte Markgraf und <strong>de</strong>r wohl für seine nördlichen Gebiete<br />

besorgte Herzog Wilhelm schlossen mit <strong>de</strong>m Seekönig einen Separatfrie<strong>de</strong>n<br />

und gewährten nach <strong>de</strong>r alten, seit <strong>de</strong>m neunten Jahrhun<strong>de</strong>rt<br />

beliebten Gewohnheit <strong>de</strong>n Raubschaaren ungehin<strong>de</strong>rten<br />

Durchzug auf Nachbarland, nach Burgund. Was die bei<strong>de</strong>n mächtigsten<br />

Herren nächst <strong>de</strong>m König nicht einmal versucht hatten,<br />

das wagten hier min<strong>de</strong>r mächtige einheimische Grosse; die Grafen<br />

Warner <strong>von</strong> Sens und Manasse <strong>von</strong> Vergy-Dijon und die Bischöfe<br />

Gotsehn (o<strong>de</strong>r Gauzliu) <strong>von</strong> Langres und Ansegis <strong>von</strong> Troyes vereinigten<br />

ihre Streiter und traten bei Mons (Jaldus (o<strong>de</strong>r Calaus)<br />

1) Flod. L c. p. 373 Liutprand. Antapod. Iii, 3 fl. 88. III, 304, <strong>de</strong>r<br />

aber unrichtig die Ungarn aus Italien wie<strong>de</strong>r heimziehen lässt. H. d. Lang<br />

III, 99 ff. j Catel, bist, <strong>de</strong>s Comtes <strong>de</strong> Tolose (Toulouse 1623) p. 87, 88,<br />

2) Vgl. auch zu 927.


<strong>de</strong>m Fein<strong>de</strong> um 8. l)ecember entgegen, <strong>de</strong>r eine grosse Zahl Leute<br />

einbüsste; aber <strong>de</strong>r Verlust <strong>de</strong>r Burgun<strong>de</strong>r war viel beträchtlicher,<br />

Graf Warner fiel als Opfer <strong>de</strong>r damaligen Kampfweise, <strong>de</strong>r Tod<br />

seines Streitrosses gab ihn in die Hän<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Normannen, die ihn<br />

nie<strong>de</strong>rhieben; Ansegis, <strong>de</strong>r als streitbarer Kirchenfürst sich in <strong>de</strong>n<br />

Kampf gemischt, wur<strong>de</strong> verwun<strong>de</strong>t'). Burgund war bedroht, wenn<br />

nicht auf die Meldung <strong>de</strong>s Geschefienen <strong>de</strong>r König selbst herbeigeeilt<br />

wäre 2). Der Ort ist kaum sicher bestimmbar, gera<strong>de</strong> Chauinonts<br />

giebt es in <strong>Frankreich</strong> eine ausseror<strong>de</strong>ntliche Menge; Chalaux<br />

ist nicht wahrscheinlich, da wir dann annehmen müssten, die Normannen<br />

hatten sich trotz <strong>de</strong>s Beranrückens <strong>de</strong>s Königs und ihrer<br />

eignen Verluste noch tiefer im Fein<strong>de</strong>sland <strong>von</strong> <strong>de</strong>r Yonne nach<br />

<strong>de</strong>r Seine -vorgewagt, während andrerseits Chaumont-en-Bassigny<br />

zu weit nach Westen <strong>von</strong> <strong>de</strong>r Seine ab liegt, wo <strong>de</strong>r sofort herbeigekommene<br />

König sie verschanzt fand. Gera<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Umstand,<br />

dass sie sich verschanzt hatten, weist- darauf hin, dass sie <strong>de</strong>s<br />

Königs Anzug erwarteten, also nach <strong>de</strong>r ersten Schlacht nicht noch<br />

weiter herumgestreift sein können; in <strong>de</strong>r Nähe <strong>de</strong>r Seine muss<br />

daher <strong>de</strong>r Ort liegen, und da bietet sich in sehr günstiger Lage<br />

rechts unweit <strong>de</strong>r Seine Chaumont-le-Bois (dö). Cötc-d'Or,<br />

an. Chatillon-s. 5., zwischen Mussy und Chatillon) ) ‚ <strong>von</strong> hier<br />

zogen sich auf die Kun<strong>de</strong> vom Anmarsch <strong>de</strong>s Heeres die Normanneu<br />

an die Uferhöhen selbst zurück, um auf <strong>de</strong>r einen Seite durch<br />

<strong>de</strong>n Fluss geschütztzu sein, und verstärktet) diese durch die Natur<br />

feste Stellung durch Verschanzung ihres Lagers.<br />

Nur kurze Zeit hatte <strong>Rudolf</strong> nach seiner Gesundung sich im<br />

Herbste in Burgund aufgehalten und <strong>de</strong>n Winter wie<strong>de</strong>r in Fraucien<br />

zugebracht 4). Rasch raffte er hier zusammen, was sofort an<br />

Mannschaften aufzubringen war; die bischöflichen Vasallen <strong>von</strong><br />

Reims, Abbo <strong>von</strong> Soissons und einige An<strong>de</strong>re kamen mit ihm<br />

l Flod. 924, 925 p. 374: über 800 Normannen tot; Richer 1, 49: 960<br />

Norm.; lust. Franc. Sen. (SS. IX, 366; <strong>de</strong>sgl. Clarius, Chron, 5. Pet. Viv.<br />

Sen. l3q. IX, 84): mehrere Tausend Burgun<strong>de</strong>r tot; Ann. 5. Ccl. Sen. 55. 1,<br />

Ibs. Ijeber das sogenannte Chron. Signiacense s. unten zu 930.<br />

2) Einen Sieg <strong>de</strong>r Burgun<strong>de</strong>r, wieXalckstein p. 167 ihn annimmt, vermag<br />

ich in <strong>de</strong>m Gefechte nicht zu sehen, wenigstens müsste es ein sehr be<strong>de</strong>nklicher<br />

Pyrrhussieg gewesen sein.<br />

3) Vgl. über die zahlreichen CI,aumonts für die verschiednen I)pürtementa<br />

die Dietionnaires tepogr. d. 1. Fr. (Aube. Nivre etc.). Chalaux: Knickstein,<br />

Chaumont-en-Bassigny Leibniz, Ann. imp. II, 360. Vgl. Joarsne, Atlas,<br />

<strong>de</strong>r die tepogr. Verhältnisse sorgfältig berücksichtigt, dp. Cöte-dOr.<br />

4) In <strong>de</strong>n ersten Aufenthalt vor <strong>de</strong>r Krankheit o<strong>de</strong>r in diesen letzten<br />

gehört lift. n. 5 aus Laon 924 für S. Lomer in Blois.


46<br />

selbst, ileribert folgte alsbald nach, auch aus fluiguncl zog er noch<br />

ansehnijehe Streitkräfte an sich. An <strong>de</strong>r Seine traf man auf das<br />

Lager <strong>de</strong>s Fein<strong>de</strong>s 1)• Die fräukischen Abteilungen begannen, nach<strong>de</strong>m<br />

sie abgesessen waren, <strong>de</strong>n Sturm auf dasselbe; sie bil<strong>de</strong>ten<br />

<strong>de</strong>n kleineren Teil <strong>de</strong>s Heeres, das <strong>de</strong>r Hauptmasse nach aus <strong>de</strong>m<br />

Reiterheer <strong>de</strong>r burgundischen Vasallen bestand diese hielten sich<br />

jedoch vorn Kampfe fein, ein berittener Angriff auf die befestigten<br />

Stellungen war unratsam 2). abzusitzen aber mochten sie sich scheuen,<br />

da die schwere Bewafihung sie für <strong>de</strong>n Fusskampf unbeliilfiich<br />

machte. Die Franken mussten sich daher begnügen 2 die ihrerseits<br />

auch zum Angriff übergegangenen Nerxna.nnen in die Verschanzungeu<br />

zurückzuwerfen, zu <strong>de</strong>ren Erstürmung sie zu schwach waren. Man<br />

schritt zur teilweisen Umschliessung, um <strong>de</strong>n Sieg nicht allzu<br />

teuer erkaufen zu müssen; Markgraf Hugo schloss auf <strong>de</strong>in<br />

Ufer die Lücke <strong>de</strong>s Belagerungs gürtels, <strong>de</strong>r sich in<br />

einer Entfernung <strong>von</strong> 2000 bis 3000 Schritt um das Lager herumzog.<br />

Der be<strong>de</strong>uten<strong>de</strong> Abstand lässt auf eine grosse Aus<strong>de</strong>hnung<br />

<strong>de</strong>r Linien schliessen, die Umzingelung kann <strong>de</strong>shalb keine vollständige<br />

gewesen sein; abgesehen <strong>von</strong> <strong>de</strong>r dafür nicht genügen<strong>de</strong>n<br />

Zahl <strong>de</strong>r königlichen Krieger bot auch das Terrain die grössten<br />

Schwierigkeiten, so dass selbst eine sorgfältige Beobachtung erschwert<br />

war. Die Gegen<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r obern Seine, wo wir <strong>de</strong>n Kampfplatz<br />

zu suchen haben, sind ein stark durbhschnittenes Hügelland,<br />

gera<strong>de</strong> dort treten die Höhen nahe an <strong>de</strong>n Fluss heran noch<br />

heute sind jene Landschaften stark bewal<strong>de</strong>t, im zehnten 'Jahrhun<strong>de</strong>rt<br />

muss die Bewaldung aller sonstigen Erfahrun g gemäss<br />

eine noch weit dichtere gewesen sein 3). Ihre Kriegsweise hatte<br />

die Normannen für ein <strong>de</strong>rartiges Terrain, das für Reiterbeere ganz<br />

ungeeignet war, geschult: gewöhnt auf ihren Raubzügen das Land<br />

zu durchstreifen, <strong>von</strong> <strong>de</strong>n Flüssen aus, <strong>de</strong>nen sie folgten, Vorstösse<br />

in die anliegen<strong>de</strong>n Landschaften zu unternehmen, dabei<br />

meist in kleineren Scliaaren, hatten sie gelernt, sich gera<strong>de</strong> auf<br />

schwierigen Schleichpfa<strong>de</strong>n zu bewegen, die eine Verfolgung ersch<br />

werten.<br />

Im vorliegen<strong>de</strong>n Falle erleichterten auch die Verhältnisse im<br />

gegnerischen Heere ihnen die Rettung. Wie<strong>de</strong>rholt drang man<br />

1) Vlod. 925 p. 374, 375 beschreibt diese für damaliges Heerweser, und<br />

Kampfart interessanten Kämpfe ziemlich eingehend; Rieb. 1, 40, <strong>de</strong>r sachlich<br />

ganz <strong>von</strong> Flod. abhängt, bringt in seiner Weise verschiedne Einzelheiten <strong>von</strong><br />

<strong>de</strong>r Beratung <strong>de</strong>s Königs, <strong>von</strong> <strong>de</strong>r Aufgebotsfrist.<br />

2) Vgl. (las Verhalten <strong>de</strong>r Franken vor <strong>de</strong>r Norman,,ensehl an <strong>de</strong>r<br />

Dyle Ann. }'uld. 891 33. 1, 407.<br />

3) Vgl. Joanne 1. c. -


41<br />

hier auf Vereiigerung <strong>de</strong>s Ringes, aber die Franken wussten die<br />

Ausführung voll Tag zani an<strong>de</strong>rn zu verzögern, da sie erst<br />

die Schiffe erwarten wollten, die zur Absperrung <strong>de</strong>s Flusses <strong>von</strong><br />

Paris unterwegs wären. Ehe dies eintrat, benutzten die Normannen<br />

die noch vorhan<strong>de</strong>ne grössere Bewegungsfreiheit, und bei einem<br />

Ausfall gelang es ihnen ein nahes Waldgebirge zu erreichen, unter<br />

<strong>de</strong>ssen Schutz sie abziehen konnten.<br />

Sicherlich mit Recht beschuldigte man die Franken verräterischer<br />

Nachlässigkeit; nach ihrer Seite war <strong>de</strong>r Durchbruch<br />

erfolgt, sie hatten vorher ein schärferes Vorgehen gelahmt -<br />

Grund genug zu solchem Verdacht. Die Verstimmung <strong>de</strong>rselben<br />

mag wohl durch ihren anfänglichen Misserfolg und durch die Nichtunterstützung<br />

seitens <strong>de</strong>r Burgun<strong>de</strong>r hervorgerufen wor<strong>de</strong>n sein<br />

sie rächten sich, in<strong>de</strong>m sie die Fein<strong>de</strong>, die Burgund verheert, entwischen<br />

liessen. Den Markgrafen Hugo trifft jedoch diesmal schwer-<br />

]ich die Schuld, <strong>de</strong>nn er <strong>de</strong>ckte das andre Ufer; die übrigen<br />

Franken, die mit <strong>Rudolf</strong> auf <strong>de</strong>rselben Seite lagerten, wo die<br />

Normannen sich befan<strong>de</strong>n, waren dafür verantwortlich; aus Flodoarci<br />

ist ersichtlich, dass das Entkommen nicht über <strong>de</strong>n Fluss, son<strong>de</strong>rn<br />

zu Lan<strong>de</strong>, längs <strong>de</strong>r bewal<strong>de</strong>ten Uferhöhen hin, erfolgte.')<br />

Auch hier wie<strong>de</strong>r siegten kleinliche, persönliche Motive über<br />

das Wohl <strong>de</strong>s Staates; ein neuer Fürst stand ass <strong>de</strong>r Spitze, entschlossen<br />

seine Pflicht zu thun ‚ doch die Unterthanen waren die<br />

alten geblieben, für sie existierte das Königtum vor allem dann,<br />

wenn man es gegen seine speciellen Fein<strong>de</strong> brauchte o<strong>de</strong>r Privilegien<br />

erbetteln o<strong>de</strong>r ertrotzen konnte, selbst hingegen scheute<br />

man sich ängstlich ihm Opfer zu bringen. Dieser Vorfall ist zugleich<br />

eine eindringliche Rechtfertigung früherer Fürsten, <strong>de</strong>nen<br />

man die Misserfolge oft allzuleicht zur Last gelegt hat.<br />

Es konnte nicht dazu beitragen <strong>de</strong>n verwegnen und gewandten<br />

Fein<strong>de</strong>n Achtung selbst vor <strong>de</strong>r vereinten Macht <strong>de</strong>r Monarchie<br />

beizubringen, glückte es ihnen in solcher Weise <strong>de</strong>m fast sichern<br />

Untergang zu entgehen. ihr Rückzug bewies dies; wie <strong>de</strong>r Einfall<br />

vollzog er sich unter <strong>de</strong>n gewöhnlichen Plün<strong>de</strong>rungen. Die<br />

reichen Abteien besassen voll eine grosse Anziehungskraft<br />

auf die beutegierigen Gesellen. Dem alten Kloster S. l3enedikts<br />

1) Flod. 925 p. 1174, 375. heber 1, 49 stellt alles im glänzendsten<br />

Lichte dar, an <strong>de</strong>n Sieg <strong>de</strong>r Grafen bei Chaumont reiht siel, <strong>de</strong>r Sieg <strong>de</strong>s<br />

Königs all <strong>de</strong>r Seine, wo 3000 Normannen erschlagen wer<strong>de</strong>n, ungerechnet die<br />

im Lager Verbrannten, und voll hier geht es gleich zur Einnahme <strong>von</strong> Eis.<br />

Vgl. auch Reinrann 1. c. p 11.


48<br />

an <strong>de</strong>r Loire, Fleury, half seine kostbare Reliquie gegeti solche<br />

Fein<strong>de</strong> nichts, mit <strong>de</strong>in Leib ihres Heiligen flohen die Mönche<br />

unter Abt Lainhert in gesicherte Gegen<strong>de</strong>n ; das Kloster wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>r<br />

Schauplatz wil<strong>de</strong>r Scenen ‚ <strong>de</strong>r Seekönig selbst hauste in seinen<br />

Mauern. Doch S. Benedikt stand nicht vor an<strong>de</strong>rn Heiligen zurück,<br />

die solche Frevler schwer zu züchtigen pflegten: ein Traumgesicht<br />

soll wie in einer Unzahl ähnlicher Falle <strong>de</strong>n Räuber erschreckt<br />

haben, <strong>de</strong>r gleich darauf mit seinem Heerhaufen da<strong>von</strong>gezogen<br />

sei; doch kaum in seinen gewöhnlichen Aufenthaltsort<br />

zurückgelangt, sei er <strong>von</strong> <strong>de</strong>r göttlichen Strafe ereilt und noch<br />

an seinem Leichnam ein grauenvolles Gericht vollstreckt wor<strong>de</strong>n.<br />

in Fleury bewahrte ein marmornes Meuschenhaupt an <strong>de</strong>r äussern<br />

Kirchenmauer, das man sehen zu Ainioins Zeit für das Bild Raginolds<br />

ausgab, die Erinnerung au die Gefahr und die Macht <strong>de</strong>s<br />

Schutzherrn 1)<br />

Rasch •hatte sich nach <strong>de</strong>m kläglichen Ausgange das stattliche<br />

Heer <strong>de</strong>s Königs zerstreut, schon im Februar war dieser<br />

Feldzug been<strong>de</strong>t. Ein Erfolg nach einer an<strong>de</strong>rn Seite entschädigte<br />

<strong>Rudolf</strong> für <strong>de</strong>n entgangenen Sieg. Gisilbert <strong>von</strong> Lothringen war<br />

noch nicht zur Ruhe gekommen; im März spannen sich trotz <strong>de</strong>r<br />

Abweisung im vorigen Jahre neue Verhandlungen zwischen ihm<br />

und westfränkischen Grossen, an, in Heriberts Hand liefen die<br />

Fä<strong>de</strong>n zusammen. Nach<strong>de</strong>m dieser in einer persönlichen Zusammenkunft<br />

mit Gisilbert die Massnahmen besprochen, wusste er in einer<br />

weiteren BeratungMarkgraf Hugo für <strong>de</strong>n Lothringer zu gewinnen.<br />

Dem Einfluss seiner ersten Vasallen gab <strong>de</strong>r König nach und erklärte<br />

sich bereit, Gisilberts Huldigung auf einem Reichstage zu<br />

Ca]llbray entgegenzunehmen.<br />

Die Lothringer mit ihrem Herzog blieben jedoch aus unbekannter<br />

Ursache <strong>von</strong> diesem Placitum fern; an <strong>de</strong>r Maas, bis zu <strong>de</strong>r<br />

ihnen <strong>Rudolf</strong> entgegenging, fand dann ihre Aufnahme in <strong>de</strong>n westfränkischen<br />

Reichsverband statt. Selbst Bosos Feind Otto kennte<br />

sich <strong>de</strong>r allgemeinen Stimmung <strong>de</strong>s Lan<strong>de</strong>s nicht entziehen ‚ er<br />

huldigte jetzt wie<strong>de</strong>r <strong>de</strong>m Bru<strong>de</strong>r seines Wi<strong>de</strong>rsachers. Zum<br />

zweiten Male in diesem Jahrhun<strong>de</strong>rt war das Ziel <strong>de</strong>r Westfrankenherrscher<br />

so gut wie erreicht: die Mehrzahl <strong>de</strong>r Lothringer mit<br />

<strong>de</strong>m Herzog an <strong>de</strong>r Spitze unterstand ihrer Oberhoheit, <strong>von</strong> mäch-<br />

1) Aiinoin, Mirac. S. Bened. Bq. IX, 138. Die Erwähnung Abt Lambcrts<br />

veranlasst, Aimoins Bericht in die ersten Jahre <strong>Rudolf</strong>s zu setzen und<br />

mit diesem Zuge in Verbindung zu bringen.


49<br />

tigeren Herren fehlten nur dci' trierer und <strong>de</strong>r ferne kölner E'za<br />

bischof ').<br />

Nicht lange kann <strong>Rudolf</strong> <strong>de</strong>m Herzogtum seine Gegenwart<br />

geschenkt haben, neue Schwierigkeiten erhoben sich an <strong>de</strong>r Nordwestgrenze,<br />

wo die Seinenormannen <strong>de</strong>n Frie<strong>de</strong>n <strong>von</strong> 924 gebrochen<br />

hatten. Von einer Aufreizung durch Raginold, wie man hat<br />

annehmen wollen, ist nicht das geringste bekannt, wohl aber mag<br />

ihr eigner Erfolg und jetzt <strong>de</strong>r glücklich abgelaufene Zug Raginolds<br />

sie kühn gemacht haben, <strong>de</strong>n Krieg <strong>von</strong> neuern mit einem Einfall<br />

in das Beauvaisis und Amienois zu eröffnen 2), Anfangs glückte<br />

<strong>de</strong>r Vorstoss, da die Grenzdistrikte sich auf <strong>de</strong>n Frie<strong>de</strong>n verlassen<br />

zu haben scheinen; Amiens wur<strong>de</strong> bedroht und durch die Unvorsichtigkeit<br />

<strong>de</strong>r Bewohner hei <strong>de</strong>r hastigen Flucht in 'Asche gelegt;<br />

Arras teilte dieses Loos, Erst hei Noyon stiessen sie auf Wi<strong>de</strong>rstand,<br />

die Burgmannen unternahmen verstärkt durch die Einwohner<br />

<strong>de</strong>r in Brand gesteckten Vorstadt einen Ausfall, <strong>de</strong>r ihnen die<br />

Zurückgewinnung eines Teils <strong>de</strong>r Vorstadt einbrachte. Die Abwesenheit<br />

<strong>de</strong>r waffenftthigen Mannschaft aus <strong>de</strong>r Normandie benutzten<br />

die Bewohner <strong>de</strong>s Hessin zu einem Plün<strong>de</strong>rungszuge in die Normannenlan<strong>de</strong><br />

links <strong>de</strong>r Seine ), und gleich darauf führten diesem<br />

1) Flod. 1. e. Auf <strong>de</strong>m lothringischen Zuge halte <strong>de</strong>r König am 6. April<br />

Laori berührt, vgl. Dl. n. 6, die Xaickstcin p. 169 erst auf <strong>de</strong>n, Feldzug<br />

gegen die Nermanjie ausgestellt Seil' lässt, womit aber das frühe Daturn nicht<br />

vereinbar erscheint.<br />

2) Flod. 925 p. 375; Kalckstei,i '. 169; Deppi]]g, hist. <strong>de</strong>s expäd. inarit.<br />

d. Norm. 11, 140 lässt in direktem Wi<strong>de</strong>rspruch zu Plod. (foelus irrnmpentes)<br />

<strong>de</strong>n Frie<strong>de</strong>n vorher durch die Normannen aufgekündigt wer<strong>de</strong>],.<br />

3) Depping 1. e., Licquet J, 77 (vgl. auch Bq. VilIl, 183. Anm.) haben<br />

bei Flod. statt ]lajoeenses konjieieren wollen Belvacenses, was jedoch zu vorwerfenist;<br />

<strong>de</strong>nn das <strong>de</strong>m Beanvaisis angrenzen<strong>de</strong> Gebiet <strong>de</strong>r Normandie liegt<br />

<strong>von</strong> Bei ins aus nicht ultra Sequana]n, wohl aber die <strong>de</strong>in Bessin benachbarten<br />

Striche links <strong>de</strong>r Seine, ferner ist es un<strong>de</strong>nkbar, dass die Leute <strong>von</strong> Beauvais<br />

zu gleicher Zeit einen Einfall in die Nonnandie mache], sollen, wo die Fein<strong>de</strong><br />

sie im eignen Lan<strong>de</strong> überfallen und ihre Stadt nie<strong>de</strong>rbrennt. Der Umstand,<br />

dass das Bessin 924 <strong>de</strong>n Norniannen abgetreten war, spricht durchaus nicht<br />

gegen Flod., <strong>de</strong>nn die Abtretung braucht infolge <strong>de</strong>s Wi<strong>de</strong>rstrebens <strong>de</strong>r Bewohner<br />

keine sofortige Ausführung erlangt zu - haben, o<strong>de</strong>r dieselben waren<br />

jetzt im Aufstand. Auch hören wir ini folgen<strong>de</strong>n ausdrücklich <strong>von</strong> einem<br />

Einfall in das Land eis Sequanain neben <strong>de</strong>m nitra Sepmammani. Lair,‚ Bu<strong>de</strong><br />

p. 66, bezieht RIad. Worte propter pro]nissiones Kdreli etc. unrichtig mit auf<br />

<strong>de</strong>n Vertrag <strong>von</strong> S. Clair-s.-E., die Worte zeigen im Zusammenhang, dass sie<br />

auf die neueren Versprechungen Karls gehen <strong>de</strong>r dadurch 923 <strong>de</strong>n Beistand<br />

<strong>de</strong>r Nor]nannen gegen die Rebellen eilangen wollte: rjuia ipsi Nortnmanimi<br />

4


Beispiel folgend die Pariser zusammen mit <strong>de</strong>n Besatzungen <strong>de</strong>r<br />

hugonischen Burgen einen Einfall in das Land rechts <strong>de</strong>r Seine<br />

aus. Das Rouennais erfuhr nun Verwüstung, Raub und Mord, und<br />

dies übte auf die Normannen, die, noch in Francien stan<strong>de</strong>n, seine<br />

sofortige Wirkung: sie kehrten eilig zum Schutze <strong>de</strong>s eignen<br />

Besitzes heim, zumal ihnen weitere Unternehmungen erschwert<br />

waren, da Heribert inzwischen ins Feld gerückt war, und an <strong>de</strong>r<br />

Oise sieh mit seinem allerdings nur kleinen Heere') festgesetzt<br />

hatte, da beim weiteren Vorrücken <strong>de</strong>r Fein<strong>de</strong> seine Besitzungen<br />

in die unmittelbarste Gefahr kamen. Graf Hilgaud (<strong>von</strong> Pouthieu)<br />

und seine Genossen aus <strong>de</strong>n fränkischen Küstengebieten bedrängten<br />

nun auch <strong>von</strong> Nor<strong>de</strong>n her die bereits <strong>von</strong> Westen und Sü<strong>de</strong>n<br />

gefähr<strong>de</strong>ten normannischen Lan<strong>de</strong> 2)<br />

Nach <strong>de</strong>r Zusammenkunft mit Gisilbert hatte <strong>Rudolf</strong> Burgund<br />

besucht; am 30. Mai war er in Arciacum an <strong>de</strong>r Sa6ne, im Juli<br />

in Antun, an welchen Orten er Urkun<strong>de</strong>n für S. Benignus <strong>von</strong><br />

Dijon und S. Symphorian <strong>von</strong> Antun ausstellte.<br />

Mit stattlichem Gefolge hatte er die Symphorianskirche<br />

besucht; da benutzten die Kanoniker die günstige Gelegenheit, um<br />

sieh eine Güterverleihung zu erwirken, <strong>de</strong>ren Urkun<strong>de</strong> ausser<br />

anwesen<strong>de</strong>nburgundischen Grossen, meist Glie<strong>de</strong>rn <strong>de</strong>s Hauses Vergy,<br />

auch <strong>de</strong>s Königs Mutter A<strong>de</strong>lheid unterzeichnete<br />

Die normannischenAngelegenheiten erheischten seinen Aufbruch<br />

nach Francien; <strong>de</strong>n verschie<strong>de</strong>nen Angriffen, die <strong>von</strong> <strong>de</strong>n Umwohnen<strong>de</strong>n<br />

auf die Normandie gemacht wor<strong>de</strong>n waren, sollte jetzt<br />

ein Hauptschlag durch <strong>de</strong>n Herrscher selbst angeschlossen wer<strong>de</strong>n.<br />

Seine Burgun<strong>de</strong>r begleiteten ihn, ein allgemeines Aufgebot erging<br />

unter Königsbann für Francien ; auch <strong>de</strong>r äusserste Nor<strong>de</strong>n leistete<br />

Heeresfolge, neben <strong>de</strong>n an<strong>de</strong>rn Herren <strong>de</strong>r Nordküste, die schon<br />

vorher <strong>de</strong>n Kampf auf eigene Faust geführt (also Hulgaud, wohl<br />

auch Adalulf <strong>von</strong> Boulogne u. a.), erschien Arnulf <strong>von</strong> Flan<strong>de</strong>rn.<br />

Heribert tritt schon wie <strong>de</strong>r Herr <strong>de</strong>s Reimser Erzbistums auf:<br />

er führte <strong>de</strong>ssen Vasallen an und eröffnete mit ihnen die Feindseligkeiten.<br />

Der alte Rolle hatte zuvor gegen die oben erwähnten<br />

ac ein, quain pepigerant [S. Üair), prop tor promissiofles Karoli<br />

in fr eg cr0; <strong>von</strong> einer „Reklamation <strong>de</strong>s Bessin auf Grund <strong>de</strong>r<br />

Bestimmungen <strong>von</strong> 911 kann nicht die Re<strong>de</strong> sein.<br />

1) Der dürftige Ständ <strong>de</strong>r Wei<strong>de</strong>n gestattete die Aufstellung grösserer<br />

Truppenmassen nicht, da in <strong>de</strong>n fränkischen Heeren die Reiterei die Hauptwaffengattung<br />

war (in SAliseri war um diese Zeit (las Verhältnis noch ein<br />

an<strong>de</strong>res, vgl. oben p. 45, Waitz, Verfassgesch. IV, 468 1 Viii, 112.<br />

2) Flod. 1. c.<br />

3) Ui. ii. 7, 8, abweichen<strong>de</strong> Ansicht Kalckstein p. 172 Anm. 1.


51<br />

Einfälle Hulgauds <strong>de</strong>n am weitesten vorgeschobenen Punkt seiner<br />

Herrschaft, die Burg Eu. durch 1000 Mann Verstärkung gesichert;<br />

ihr galt in <strong>de</strong>r That <strong>de</strong>r erste Angriff <strong>de</strong>s fränkischen Heeres.<br />

Ob <strong>de</strong>r König selbst mit vor die Feste zog, ist unsicher, hoher<br />

behauptet es, nach Flodoard scheint sich jedoch seine Abwesenheit<br />

annehmen zu lassen 1)•<br />

Rasch wur<strong>de</strong> <strong>de</strong>r äussere Wall eingenommen, auch die innere<br />

Mauer erlag <strong>de</strong>m ungestümen Angriffe und die Burg fiel in die<br />

Bän<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Franken, die hier an <strong>de</strong>n Normannen alte, langjährige<br />

Lei<strong>de</strong>n rächten: <strong>de</strong>r Ort wur<strong>de</strong> durch Feuer zerstört, die gesamte<br />

männliche Bevölkerung hingemor<strong>de</strong>t. Unweit <strong>de</strong>r Burg war <strong>de</strong>r<br />

Seeküste eine kleine Insel vorgelagert, auf welche sich ein Teil<br />

<strong>de</strong>r Besatzung rettete, doch <strong>de</strong>r Kampf wur<strong>de</strong> <strong>von</strong> <strong>de</strong>n Franken<br />

auch auf diesen Zufluchtsort hinübergetragen; nach längerer Gegenwehr<br />

ward das Eiland erobert und <strong>von</strong> neuem äusserte sich die<br />

Wildheit und Erbitterung, mit <strong>de</strong>r man kämpfte. Kein Normanne<br />

entging <strong>de</strong>in Untergang: viele erlagen auf <strong>de</strong>r Insel selbst, manche<br />

schwammen nach <strong>de</strong>m Festlan<strong>de</strong> zurück, fan<strong>de</strong>n aber an <strong>de</strong>r Küste<br />

<strong>de</strong>n Tod, <strong>de</strong>m sie zweimal entgangen waren; mit altnordischem<br />

Trotze gaben einige sich selbst <strong>de</strong>n Tod, itmnicht durch die<br />

Hand <strong>de</strong>r gehassten Franken zu fallen. Nach Beendigung <strong>de</strong>r<br />

Metzelei verliessen die Sieger mit beträchtlicher Beute das norjuannische<br />

Gebiet; <strong>de</strong>r König selbst bezog im Beauvaisis mit<br />

Hugo und <strong>de</strong>n Burgun<strong>de</strong>rn ein Lager, um das Land gegen einen<br />

zu befürchten<strong>de</strong>n Racheakt zu <strong>de</strong>cken 2)<br />

Hugo wird schwerlich <strong>de</strong>r neustrischie Markgraf sein nach<br />

<strong>de</strong>r Stellung bei Flodoard ist <strong>de</strong>r Normannenkrieg in <strong>de</strong>n August<br />

o<strong>de</strong>r September zu setzen; En<strong>de</strong> August fin<strong>de</strong>n wir <strong>de</strong>n Markgrafen<br />

nicht im Feldlager beim König, son<strong>de</strong>rn in Paris und Fiodoard<br />

berichtet für jene Zeit, dass <strong>de</strong>r neustrische Hugo, <strong>de</strong>n er hier wie<br />

gewöhnlich als Roberts Sohn bezeichnet. - einen schimpflichen Vertrag<br />

mit <strong>de</strong>n Normannen abschloss, <strong>de</strong>r wie<strong>de</strong>r, ganz wie wir es<br />

ihn En<strong>de</strong> 924 thun sahen, seine Besitzungen sichern und die Angriffe<br />

<strong>de</strong>r Fein<strong>de</strong> auf das Gebiet <strong>de</strong>r preisgegebenen Nachbarn<br />

leiten sollte. Die Franken <strong>de</strong>r Küste, Arnulf, Adalulf, Hilgaud<br />

1) Flod. 925 p. 375 Itieher 1, 60. - Depping, II, 141; Liequet 1 2 98;<br />

Martin, h. 5. Fr. IJ. 511. Pertz, Einleit. zu ]tieher (8.) p. Vii Anm. 13 ist<br />

gegen <strong>de</strong>s Xflnigs Anwesenheit.<br />

2) Flodoard schil<strong>de</strong>rt die Vorgänge voll Eu eingehend und mit fast<br />

dramatischer Be1ebhcit ; er mag die Kun<strong>de</strong> volil <strong>von</strong> einem <strong>de</strong>r Vasallen<br />

seiner Kirche, die ja mitgefocliten, erfahren haben.<br />

4*<br />

/ ‚C Lc<br />

((isLIoTHQÜ$)<br />

N..


52<br />

und <strong>Rudolf</strong> <strong>von</strong> Gouy waren diesmal die Opfer seiner erbärmlichen<br />

Handlungsweise 1).<br />

Diese Schlage gegen die Nonnannen ermutigten verschie<strong>de</strong>ne<br />

Kongregationen zur Heimkehr in ihre Klöster, <strong>von</strong> <strong>de</strong>nen <strong>von</strong> 5.<br />

Maur-<strong>de</strong>s-Fosss und Montier-en-Der wird es zu dieser Zeit aus-<br />

(Irücklich berichtet; Erstere waren kurz vor <strong>de</strong>in 23. August aus<br />

<strong>de</strong>m Lyonnais zuriickgekominen und hatten die Mönche S. Berchars<br />

eine Strecke Weges zu Reisegefährten gehabt. Um Der<br />

hatte sich <strong>Rudolf</strong> persönlich Verdienste erworben, in seinem<br />

Herzogtum hatten die Mönche all Saöne Aufnahme, Schutz<br />

und Unterstützung gefun<strong>de</strong>n, weshalb ihre dankbare Gesinnung in<br />

seiner bald darauf erfolgten Erhebung <strong>de</strong>n Lohn seiner Frömmigkeit<br />

sah; die Ermöglichung <strong>de</strong>r Rückkehr in die Heimat verschaffte<br />

ihm neuen Anspruch auf ihre Ergebenheit, die in <strong>de</strong>r Klostergeschichte<br />

beredten Ausdruck fin<strong>de</strong>t2).<br />

Inzwischen spielten sich an<strong>de</strong>rwärts be<strong>de</strong>utsame Ereignisse<br />

ab. König Heinrich war nicht gewillt, auf Lothringen zu verzichten<br />

und <strong>de</strong>n Abfall <strong>de</strong>s Herzogs ungestraft zu lassen. Er<br />

hatte *<strong>de</strong>n Rhein überschritten und Gisilherts Festung Zülpich<br />

bezwungen, andre Geschäfte müssen ihn aber bald bewogen haben,<br />

dies nicht weiter auszunützen; er begnügte sich mit Geiseln <strong>de</strong>s<br />

Herzogs und ging nach Deutschland zurück; aber gegen En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s<br />

1) lied. 1. c. p. 376; IM, (los Vicegraf tendo v. Paris v. 23. Aug. 925,<br />

Mobilien, Ann. Bened. III, 384. Hugo richtig, wie ich glaube als <strong>de</strong>r Burgun<strong>de</strong>r,<br />

]tudolfs Bru<strong>de</strong>r, gefasst bei Leibniz, Ann. imp. 11, 361, als <strong>de</strong>r Neustrier<br />

bei Kalckstein p. 170. Letzterer wird vielfach zu günstig aufgefasst;<br />

<strong>von</strong> Herbert unterschei<strong>de</strong>t er sieh durch grüssere Zurückhaltung, Unentschie<strong>de</strong>nheit<br />

<strong>de</strong>r Stellungnahme, das Streben, sich in schwieriger Lage für je<strong>de</strong><br />

Eventualität einen Ausweg zu sichern we<strong>de</strong>r <strong>Rudolf</strong> noch Heribert war er<br />

eilt fester Freund. Für <strong>de</strong>n Grün<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r kapetingischen Hausmacht mag das<br />

angebracht erscheinen - auf keinen Fall ist es geeignet, uns Hugo ‚<strong>de</strong>n<br />

Grossen" als einen be<strong>de</strong>uten<strong>de</strong>n Mann erscheinen zu lassen; jenen Beinamen<br />

hat eine dankbare mnehische Geschichtsschreibung, die unter seinen küniglichien<br />

Nachkommen schrieb und in <strong>de</strong>ren Gna<strong>de</strong>nbeweisen sich sonnte, <strong>de</strong>ren<br />

Vorfahren verliehen, seine Zeitgenossen (vgl. Flod.) nannten uni Alhus. Sein<br />

würdiger Genosse, bald Freund, bald Feind, Heribert, ist in seinem Auftreten<br />

rücksichtslos bis zum äussersten, er schreckt vor keiner Gewaltt-hat zurück und<br />

scheut auch das Urteil <strong>de</strong>r Mitwelt nicht, fluge ist mehr <strong>de</strong>r Vertreter <strong>de</strong>r<br />

schlauen, vorsichtigen hinterlist <strong>de</strong>s kalten, selbst feigem Egoismus.<br />

2) Vgl. die obige Urkun<strong>de</strong> Teudos; liii,. <strong>de</strong> div. cas, coen. Dervensis<br />

Bq. IN, 7, iViab. Acta S. 0. B. saec. II, 846, 847. Xalekstein giebt i. 172<br />

die Rückkehr <strong>de</strong>r Dervenser zu 926, sie muss jedoch nach -<strong>de</strong>n genannten<br />

Quellen auch zu 925 geboren.


53<br />

Jahres, während <strong>Rudolf</strong> im Nordwesten stand vollen<strong>de</strong>te er das<br />

Werk und bewogalle Lothringer ihm zu huldigen; jetzt erst ward<br />

das ganze Land ihm unterthan und in <strong>de</strong>n Urkun<strong>de</strong>n erscheint<br />

allgemein sein Name. Die Meisten scheinen ihm - haltlos, wie<br />

sie immer zwischen Deutschland und <strong>Frankreich</strong> schwankten -<br />

sofort zugefallen zu sein, nur <strong>von</strong> Wigerich (Witger) <strong>von</strong> Metz<br />

heisst es, dass gegen ihn Waffengewalt gebraucht wer<strong>de</strong>n musste 1).<br />

Selbst <strong>Rudolf</strong>s Bru<strong>de</strong>i Boso schloss sich <strong>de</strong>n Uebrigen an, <strong>de</strong>nn<br />

wir fin<strong>de</strong>n ihn später als <strong>de</strong>utschen Vasallen. In Verdun musste<br />

<strong>de</strong>r vom WTestfiankenkönig eingesetzte Hugo <strong>de</strong>m Bernuin ‚ einem<br />

Neflen Bischof Dados, weichen, <strong>de</strong>m Heinrich das Bistum gab,<br />

ohne dass die Kirche sich gegen ihn gesträubt hätte, da Hugo<br />

wohl als Frem<strong>de</strong>r wenig beliebt sein mochte; <strong>de</strong>nn schon injener<br />

Zeit zeigt sich die Erscheinung, dass die Bisehofssitze sich stark<br />

aus ihren Provincialen rekrutieren, beson<strong>de</strong>rs aus einheimischen vornehmen<br />

Familien 2)<br />

Während <strong>de</strong>r Gang <strong>de</strong>r Dinge in Lothringen auf Jahrhun<strong>de</strong>rte<br />

hinaus die Geschicke eines weiten Teiles <strong>de</strong>s Frankenreichs bestimmte,<br />

berührte ein andres Ereignis <strong>de</strong>n Staat in seinen innersten<br />

Verhältnissen und trug zur Jahrzehnte langen Beunruhigung bei:<br />

<strong>de</strong>r Reimser Bistumsstreit. Seulf war zwar gleich in seinem<br />

ersten Jahre in Abhängigkeit <strong>von</strong> ileribert geraten, da sich aber<br />

dieser bisher noch nicht mit seinem König überworfen hatte, war<br />

<strong>de</strong>r Erzbischof nicht gehin<strong>de</strong>rt, sich als treuer Tinterthan zu erweisen<br />

und zu wie<strong>de</strong>rholten Malen haben wir ihn als Teilnehmer<br />

königlicher Feldzüge kennen gelernt. Das Papsttum hatte ihm<br />

die Metropolitenrechte seiner Vorgänger zugestan<strong>de</strong>t; persönlich<br />

war er - ein Schüler <strong>de</strong>s gefeierten Lehrers Remigius <strong>von</strong><br />

1) Flod. 925, 928, 929 p. 375, 376. 378; Hugo Flavin. Chron, SS. VIII,<br />

358; Cont. Regin. 923, 925, 88. J. 616; Ann. S. Ben. Div. V, 40; Wittich,<br />

Herz. Lotin. p. 114; Waitz, Heinr. L p. 88 (in <strong>de</strong>r soeben erschienenen 3.<br />

Aufl., die erst <strong>von</strong> hier an beim Druck noch benutzt wer<strong>de</strong>n konnte, p. solL).<br />

2) Interessante Belege gewähren die 0 esta pont. Autissiod. 1. c. 1,, ungefähr<br />

zwei und einem halben Jahrhun<strong>de</strong>rt (849-1134) sind <strong>von</strong> isBischüfeu<br />

.10 Burgun<strong>de</strong>r‚ da<strong>von</strong> ö aus Auxerre selbst, 12 <strong>de</strong>r 18 sind <strong>von</strong> <strong>von</strong>iel,n,er<br />

Herkunft o<strong>de</strong>r haben Bischöfe zu Verwandten, nur 2 wer<strong>de</strong>n als persönlich<br />

einfache Leute bezeicl,not, was wie bei 3 an<strong>de</strong>in ohne nähere Bezeichnung auch<br />

eine <strong>de</strong>r genannten Eigenschaften nicht ausschliesst, nur ein einziger wird mit<br />

schier gcriugenflerkunft hervorgehoben (Joliai,,, 996-998), aber gera<strong>de</strong> da zeigt<br />

sich, wie sehr dies gegen das Herkommen verstiess, <strong>de</strong>n,i er genoss eben<strong>de</strong>shalb<br />

keine Achtung. - Andre Beispiele <strong>de</strong>s 9. Jahrhun<strong>de</strong>rts bringt Dümniler,<br />

Ostfränk. Reich II, 63(3 Anm.


54<br />

Auxerre - ein gebil<strong>de</strong>ter, in <strong>de</strong>n Wissenschaften bewan<strong>de</strong>rter<br />

Mann, <strong>de</strong>r seinen geistlichen Funktionen wohl vorzustehen wusste,<br />

ohne <strong>de</strong>r für einen Kirchenfürsten nötigen weltlichen Geschäftskenntnis<br />

zu ermangeln. Das Kloster S. Remy verdankte ihm die<br />

Anlage eines Kastells und die Schenkung <strong>von</strong> Condatnm. Die<br />

Verbindung mit Heribert war sein Unglück. Man erzählte, er<br />

habe <strong>de</strong>m Grafen für seinen Sohn Hugo die Nachfolge zugesichert;<br />

ob dies wahr ist, o<strong>de</strong>r ob sich erst ex eventu das Gerücht bil<strong>de</strong>te,<br />

ist nicht zu entschei<strong>de</strong>n. Am 1. September 925 starb er plötzlich,<br />

was <strong>de</strong>n Verdacht auftauchen liess, das Gift <strong>de</strong>s Grafen <strong>von</strong> Vermandois<br />

habe für eine raschere Erledigung <strong>de</strong>s Reimser Stuhles<br />

Sorge getragen'). Sofort erschien Heribert in Reims; die Vasallen<br />

<strong>de</strong>s Erzbistums waren zum Teil für ihn gewonnen - die Verbindung<br />

zwischen ihm und Seulf war auf ihren Betrieb hin erfolgt<br />

-‚ auch unter <strong>de</strong>n Geistlichen besass er Anhang, und durch<br />

diese Partei liess er 'mit Unterstützung <strong>de</strong>r Bischöfe Abbo <strong>von</strong><br />

Soissons und Bovo <strong>von</strong> Chdlons seinen fünfjährigen Sohn Hugo<br />

zum Erzbischof wählen o<strong>de</strong>r als <strong>de</strong>signierten Nachfolger wenigstens<br />

förmlich anerkennen. Um diesen unregelmässigen Vorgang gegen<br />

Anfechtungen sicher zu stellen, erwirkte er sogleich beim Könige<br />

<strong>de</strong>ssen Genehmigung, die einem Manne, <strong>de</strong>r seinen Bitten solchen<br />

Nachdruck geben konnte wie Vermandois, nicht versagt wer<strong>de</strong>n<br />

durfte; <strong>Rudolf</strong> musste gute Miene zum bösen Spiel machen, Hugo<br />

wur<strong>de</strong> nicht direkt eingesetzt, aber <strong>Rudolf</strong> gestattete, dass die<br />

Nachfolge einstweilen offen Hieb und gab <strong>de</strong>m Grafen die Verwaltung<br />

<strong>de</strong>r Temporalien, bis er ihm einen geeigneten Kleriker<br />

vorstelle, <strong>de</strong>r die Ordination in gesetzlicher Weise erhalten könne,<br />

machte ihm aber eine billige Ausübung seines Amtes zur Pflicht 2)<br />

1) F]od. 922, 925 p 371 1 375. 376, ii. E. TV, 18-20, Si p. 578. 585;<br />

Richer 1, 41 1 55; Varin, Arch. adnnn. d. 1. v. d. Remis 1. p. 72. n. 10, II,<br />

Anm., Arch. kgisl. II, 1 p. 90, 114 Anm., 169 Anm.<br />

2) Nach <strong>de</strong>r einen Angabe bei Flod. soll lieribert vom König in Burgund<br />

diese Verleihungen sich verschafft haben, aber ich glaube ihm hierin nicht<br />

folgen zu dürfen; diese Stelle entstammt nicht Flod. selbst son<strong>de</strong>rn <strong>de</strong>r <strong>von</strong><br />

ihm eingefügten Verteidigungsschrift <strong>de</strong>s Erzbischofs Artold an die Syno<strong>de</strong><br />

<strong>von</strong> lngelheiiu 948, in <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>rn Stelle <strong>de</strong>r H. lt. (e. 20) und dc,, Annalen,<br />

die zwar etwas später, aber auf Grund gleichzeitiger Notizen geschrieben sind,<br />

fehlt sie. Den Hauptgrund gegen einen zweiten Aufenthalt <strong>de</strong>s Königs in<br />

Burgrund sehe ich im äusseren Gang <strong>de</strong>r Ereignisse. Im Herbst hatte sieh<br />

<strong>Rudolf</strong> in Beauvaisis zum Grenzschutz festgesetzt und gleich im Beginn <strong>von</strong><br />

926 fin<strong>de</strong>n wir ihn ebenfalls in dieser Gegend, in Arteis, thatsächlich im Kampfe<br />

gegen die Normannen und hören nicht das min<strong>de</strong>ste, dass er erst wie<strong>de</strong>r ‚‚ach<br />

Francien herbeigekommen sei, wie es sonst fled. stets gewissenhaft anmerkt.


55<br />

Der König gab also nur so weit als nötig nach und that, was in<br />

seinen Kräften stand zur Wahrung <strong>de</strong>r geistlichen Wür<strong>de</strong>; mit<br />

Unrcht ist ihm sein Verfahren zum Vorwurf gemacht wor<strong>de</strong>n 1).<br />

Mochten für ihn zwingen<strong>de</strong> Grün<strong>de</strong> obwalten, dass er sich<br />

überhaupt zu solchem Entgegenkommen zum Teil verstand, so<br />

kann diese Entschuldigung für <strong>de</strong>n Papst nicht gelten. Johann X.<br />

hatte keinen Karl als Werkzeug lleriberts zu fürchten, ihm zumeist<br />

stand die Schirmung <strong>de</strong>r kirchlichen Interessen zu, doch <strong>von</strong><br />

einem Geschöpfe <strong>de</strong>r Theodora war das nicht zu erwarten; Bischof<br />

Abbo ging selbst nach Rom und erlangte für sich als Vikar die<br />

provisorische Leitung <strong>de</strong>r geistlichen Amtshandlungen 2). in <strong>de</strong>n<br />

Besitz <strong>de</strong>r Macht gelangt, machte Heribert zunächst die Gegenpartei<br />

unschädlich; Pfrün<strong>de</strong>nentziehung war ein gutes Mittel, die<br />

an ein bequemes Leben gewöhnten Kanoniker zur Unterwerfung<br />

zu zwingen, unter an<strong>de</strong>ren verlor auch Fiodoard sein <strong>von</strong> Heriveus<br />

erhaltenes Besitztum; die wi<strong>de</strong>rstreben<strong>de</strong>n Vasallen erfuhren die<br />

gleiche Behandlung; selbst offne Gewaltthat gegen Geistliche<br />

scheute man nicht; eine Unruhe <strong>de</strong>r Stiftsherren wur<strong>de</strong> einige<br />

Zeit darauf durch Heriberts Leute nie<strong>de</strong>rgeschlagen und kostete<br />

zwei Geistlichen das Leben 3).<br />

Mit einem Normannenfe]dzug hatte das Jahr 925 für <strong>de</strong>n<br />

König begonnen und auch das neue Jahr 926 brachte neue Kämpfe.<br />

Die Rache für Eu blieb nicht aus, eine Normannenschaar fiel in<br />

Artois ein. Der König zog mit Heribert und einigen <strong>de</strong>r Küstengrafen<br />

gegen sie und schloss sie ein, doch wie<strong>de</strong>r half ihnen die<br />

Oertlichkeit. Das königliche Heer hatte sich teilen müssen; nach<br />

einigen Tagen brachen sie Nachts plötzlich aus <strong>de</strong>n bewal<strong>de</strong>ten<br />

Höhen, die sie schützten, gegen das Lager <strong>de</strong>s Königs los. Heribert,<br />

<strong>de</strong>r abseits gelagert haben muss, eilte rasch herbei, einige Lagerhütten<br />

gingen zwar in Flammen auf, aber schliesslich gelang es,<br />

<strong>de</strong>n Feind, <strong>de</strong>r 1100 Tote auf <strong>de</strong>r Wahlstatt liess, abzuwehren;<br />

1) Mehrfach sagt man mehr o<strong>de</strong>r min<strong>de</strong>r bestimmt, <strong>de</strong>r König habe<br />

Hugo (las Bistum tetlielien was im Flod. we<strong>de</strong>r steht noch sich hineininterpretieren<br />

lässt; er hat nor eine eventuelle spätere Erhebung <strong>de</strong>sselben nicht<br />

abgelehnt; Baronins, Ann. cooles. (1602) X. 699 Georges, h. d. Cliamp. et.<br />

d. Brie '. 279.<br />

2) Floa. 1. c.: nach Liutpr. Antap. JT, 48 88. III, 297 stand Johann<br />

nicht zu Maroeia, wie Kalckstein meint p. .170, son<strong>de</strong>rn zu Theodora in intimen<br />

TI<br />

Beziehungen. -<br />

3) Ebd. II. lt . IV, 13, 20. 35 p. 576 578 586. Beim Stürz Ärtolds<br />

in,d <strong>de</strong>r Einsetzung Hugos 940 wie<strong>de</strong>rholten sich die Vorfälle, Ebd. fügte<br />

sich jedoch bald, 940, 941 p. 387, 388, EL E. IV, 28 p. 582.


56<br />

aber auch die Franken hatten beklagenswerte Verluste, <strong>de</strong>r tapfre<br />

Normannenkämpfer <strong>de</strong>r letzten Jahre, Graf Hulgaud <strong>von</strong> Penthieu,<br />

war gefallen, <strong>de</strong>r König selbst verwun<strong>de</strong>t und zur Rückkehr nach<br />

Laon genötigt i). Die Normannen erlangten durch seinen Abzug<br />

trotz ihres misslungnen Angriffes die Möglichkeit, ihre Verwüstungen<br />

bis an die lothringische Grenze, <strong>de</strong>n Gin <strong>von</strong> Porcien, auszu<strong>de</strong>hnen.<br />

In die Nähe dieser Gegend j bis zum Gin <strong>von</strong> Voncq, streiften<br />

gleichzeitig andre Raubgesellen, die Ungarn 2)<br />

Es ist dies <strong>de</strong>r<br />

erste Zug dieses Jahres vor <strong>de</strong>m 1. April, <strong>de</strong>m Sonnabend vor<br />

Ostern, an welchem eine Mondfinsternis weiteres Unheil ahnen<br />

liess. Beim Herannahen <strong>de</strong>r Fein<strong>de</strong> flüchtete man die Reliquien<br />

vom platten Lan<strong>de</strong> o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>n einsam gelegenen Klöstern in die<br />

nächste Bischofstadt, so nach Metz. Teul, Reims u. a. o<strong>de</strong>r suchte<br />

an unzugänglichen, durch ihre Lage geschützten Orten Sicherheit.<br />

Zahlreich sind die Klagen über das Unheil, das sie anrichteten;<br />

auch sie hatten bald die 'Wahrnehmung gemacht, dass Besuche<br />

<strong>de</strong>r Klöster sehr lehnend seien, und die Mönche <strong>de</strong>s Ostens hatten<br />

vor ihnen dasselbe Entsetzen wie ihre Brü<strong>de</strong>r im Nor<strong>de</strong>n und<br />

Westen vor <strong>de</strong>n Wikingern und die im Sü<strong>de</strong>n vor <strong>de</strong>n Saracenen;<br />

eine Strafe für die vielfache Zerrüttung <strong>de</strong>r socialen Verhältnisse,<br />

für die Zuchtlosigkeit aller Kreise, die Gewaltthaten und Greuel<br />

<strong>de</strong>r Mächtigen sah man in dieser Landplage ).<br />

1) Folci,in bat ohne Zeitangabe eine Steile, die mit grosser Sicherheit<br />

hierher bezogen wer<strong>de</strong>n kam.. Aus Flod, 925 p. 375 wissen wir, dass zu<br />

Lan<strong>de</strong> die Grenze durch <strong>de</strong>n König ge<strong>de</strong>ckt war. und <strong>de</strong>nnoch fin<strong>de</strong>n wir darauf<br />

die Normannen in Artois aus Feb. c. :iei 55. xuj, 626 erfahren wir<br />

nun, dass dieselben zu ihrem alten Hilfsmittel znrückgriffen sie gingen in<br />

See, und im Rücken <strong>de</strong>s Königs lan<strong>de</strong>nd, verheerten sie <strong>de</strong>n Gas, <strong>von</strong> Th1-<br />

ronanne. <strong>Rudolf</strong> eilte herbei, die Nermaniien entledigten sich <strong>de</strong>r Gefangenen<br />

durch Nie<strong>de</strong>rmetzelung, wur<strong>de</strong>n aber hei Falcoherg (Fauqnemnhergues, an <strong>de</strong>r<br />

Aa, döp. Pas-<strong>de</strong>-Calais. irr. S. Omer) durch <strong>de</strong>n König hart bedrängt und<br />

schliesslich geschlagen, allerdings unter grosser. Opfern fränkiscl,erseits. FeIc.<br />

entspricht und ergdnzt somit lied. Bericht. Bei Buch. 1, 51 fallen nicht nur<br />

1100, son<strong>de</strong>rn 8000 Fein<strong>de</strong>. <strong>de</strong>s Königs Wun<strong>de</strong> soll sich zwischen <strong>de</strong>n Schultern<br />

befun<strong>de</strong>n haben.<br />

2) Voncq an <strong>de</strong>r Aisne oberhalb Attigny, döp. Ar<strong>de</strong>nnes, arr. Vouziers,<br />

vgl. Jeanne, Atlas, döp. Ar<strong>de</strong>nnes. Wnitz, Heinr. p• 88 (85) l,iilt es für Vonzv,<br />

vgl. dagegen Leugnen, Bibl. d. Ne. (i. haut, öbnd. fasc. Xi, 100 ff.<br />

8) Flnd. 926 p. 376, H. R. IV, 21 p. 579; Mine. S. Apri c. 22 1 58.<br />

IV, 517; Mirse. S. Baseli e. 7, ib. 'Anm.; Ann. S. Vincent. flett. 55.111, 157;<br />

Gest. ep. l!ettens. 85. X. 541: Mir. S. Deicoli, Duehesn,e Ser. 111, 422; l'olypt.<br />

Virdunenise 55. IV, 38; IM. Prankos b. Martene. Gell. a,n1,l. 1, 280,<br />

281 (Beyer, MittelrhS. Urk.-buch, Geblenz. 1860 1 1. mi. 167).


57<br />

Von allen Seiten türmten sich Schwierigkeiten gegen <strong>de</strong>n<br />

Herrscher auf: er selbst verwun<strong>de</strong>t, Normannen und Ungarn bereits<br />

in gefährlicher Nahe <strong>de</strong>r Hauptpunkte <strong>de</strong>s Staates Laon und<br />

Reims: wohl ermutigt durch diese Verlegenheiten <strong>de</strong>s Königtums<br />

fiel nun Herzog Wilhelm <strong>von</strong> Aquitanien ab, einer seiner Brü<strong>de</strong>r,<br />

vermutlich Acfred, nahm in Nevers eine drohen<strong>de</strong> Stellung gegen<br />

<strong>Rudolf</strong>s Herzogtum ein. Wie<strong>de</strong>rum musste sich dieser dazu versteh(„n,<br />

die Ruhe <strong>von</strong> <strong>de</strong>n Normannen durch eine Reichssteuer,<br />

zu welcher Francien und Burgund herangezogen wur<strong>de</strong>n, zu<br />

erkaufen; nach Abführung <strong>de</strong>r Summe kam ein eidlich bekräftigter<br />

Frie<strong>de</strong> zu stan<strong>de</strong> 1).<br />

Die Ungarn verschwan<strong>de</strong>n nach ihrer Gewohnheit rasch, wie<br />

sie gekommen, ehe die Betroffenen Zeit hatten, sich zur Vergeltung<br />

zu rüsten, und <strong>de</strong>r König hatte jetzt freie Hand gegen <strong>de</strong>n abtrünnigen<br />

Aquitanier. Das burgundiseh - fränkische Heer wandte<br />

sich zunächst gegen Nevers, welches nach Stellung <strong>von</strong> Geiseln<br />

unbehelligt blieb, da die Bezwingung <strong>de</strong>s Herzogs die Hauptaufgabe<br />

war. Man verfolgte ihn bis in sein Land hinein vor völliger<br />

Nie<strong>de</strong>rwerfung rettete <strong>de</strong>n Flüchtigen die Kun<strong>de</strong>, Francien sei<br />

durch einen neuen tJngarheiufall bedroht, wodurch <strong>de</strong>r König zur<br />

Umkehr nach Nor<strong>de</strong>n veranlasst wur<strong>de</strong> 2)• Dem ersten Zug <strong>de</strong>r<br />

Ungarn war bald ein zweiter gefolgt, <strong>de</strong>r im Mai Schwaben heimsuchte<br />

und nach Ueberschreitung <strong>de</strong>s Rheins und <strong>de</strong>r Vogesen<br />

sich wie<strong>de</strong>rum über Lothringen und <strong>Frankreich</strong> ergoss, jedoch<br />

nach <strong>de</strong>n gewöhnlichen Verwüstungen wie <strong>de</strong>r erste wie<strong>de</strong>r zurück.<br />

flutete ). Wie sehr die Ungarnfurcht die Gemüter beherrschte,<br />

kam auch gegen En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s folgen<strong>de</strong>n Jahres zum Vorschein, wo<br />

wie<strong>de</strong>r das Gerücht eines Einfalls wie ein Gespenst Lothringen<br />

und Francien durchflog 4).<br />

Mehrfache Beziehungen bestan<strong>de</strong>n schon zwischen <strong>de</strong>m angelsächsischen<br />

Herrscherhause und kontinentalen Fürstengeschlechtern;<br />

1) Fl0€l. 926. P., 376. Auch <strong>de</strong>r kraftvolle Heinrich hatte sich 924 zum<br />

Erkaufen <strong>de</strong>s Frie<strong>de</strong>ns durch -<strong>de</strong>n bekannten neunjährigen Tribut verstehen<br />

müssen.<br />

2) Baluze, h. d'Auvergne 1, 22.; 11. d. Lang III. 104; Mary-Lnfon i h.<br />

du Midi d. PL II, 93 hat hier wie<strong>de</strong>r Gelegenheit seinen Hass gegen die<br />

Oberherrschaft- <strong>de</strong>s Frankenkönigs zu äussern, Aquitanien ist aber gar nicht<br />

(wie er meint) zur Beisteuer herangezogen wor<strong>de</strong>n, vgl. Flod. 1. c.<br />

3) Ann. Augiens. 83. 1, 68; Ekkehard, cas. S. Gaili SS. 11, 110; ferner<br />

oben p. 56 Anm. 3: es sind entschie<strong>de</strong>n nach Fled. 1. e. zwei Einfälle zu<br />

unterschei<strong>de</strong>n, obwohl andre Quellen sie zusammenwerfen vgl. auch Waitz,<br />

Heinrich p. 88 (855.<br />

4 Flod. 927 p. 377.


58<br />

sie erhielten in diesem Jahre einen erneuten Ausdruck, in<strong>de</strong>m<br />

Markgraf Hugo sich in zweiter Ehe mit Eadhild, einer Schwester<br />

König Aethelstans, verband. Ob dies aber als eine offenbare Annäherung<br />

an die karolingische Partei zu verstehen ist, ist sehr<br />

fraglich, <strong>de</strong>nn dass Karl Eadhil<strong>de</strong>ns Schwester Eadgifa zur Ehe<br />

hatte und man in S. Martin in diesem Jahre vorübergehend einmal<br />

die Gefangenschaft Karls in einer Urkun<strong>de</strong> erwähnte, bil<strong>de</strong>t<br />

keinen genügen<strong>de</strong>n Grund; <strong>de</strong>r letztere Umstand wird dadurch<br />

völlig aufgewogen, dass die Urkun<strong>de</strong> für die Gegenkönigin Emma<br />

als für die legitime Königin ausgestellt ist, welche einige Stiftsgüter<br />

in <strong>de</strong>n Gauen voll und Beauvais gegen Jahrzins<br />

erhält. <strong>Rudolf</strong> heisst König, nach seinen Jahren ist gezahlt, Karl<br />

hat nicht einmal <strong>de</strong>n blossen Titel König, und <strong>de</strong>r andre Grund<br />

<strong>de</strong>r dynastischen Verwandtschaft hat in jenen Zeiten ebensowenig<br />

das alleinige Leitmotiv <strong>de</strong>r Politik gebil<strong>de</strong>t wie sonst ').<br />

Heriberts erster Aufstand.<br />

Gegen Eu<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Jahres 926 fällt <strong>de</strong>r äussere Anlass zu<br />

einer Gefahr, die <strong>Rudolf</strong>s Königtum selbst in Frage stellte. Düreh<br />

<strong>de</strong>n Tod seines Anhängers Rotgar wur<strong>de</strong> die Grafschaft Laon erledigt;<br />

lleribertwoilte sich die günstige Gelegenheit zur Machtvergrösserung<br />

nicht entgehen lassen, da das Gebiet doppelten<br />

Wert hatte: durch das feste Laon an und für sich und noch<br />

speziell für Heribert als Bin<strong>de</strong>glied <strong>de</strong>r nördlichen Gebiete mit<br />

Reims. Nicht direkt für sich erbat er es, son<strong>de</strong>rn wie in Reims<br />

wur<strong>de</strong> ein Sohn vorgeschoben, O<strong>de</strong>; doch <strong>de</strong>n lehnsrechtlichen<br />

Anschauungen folgend, die sich geför<strong>de</strong>rt durch das bekannte Gapitulare<br />

voll herausbil<strong>de</strong>ten, gab <strong>de</strong>r König Laon <strong>de</strong>m<br />

Rotgar, einem Sohne.<strong>de</strong>s Verstorbenen 2).<br />

1) J!Ied. 1. c. Mabile. Pane. loire n. 130 (<strong>de</strong>s In<strong>de</strong>x. n. 103 <strong>de</strong>r Perle.);<br />

Kalekstein p. 373 1 468 Leilmiz.Ann, imp. II, 375.<br />

2) Flod. 926 p. 377. H. lt P1, 21 p. 570. - OnpiL Carisiac. M. G.<br />

Uj. 1 2 539 2 542 - Vgl. Düminler, Ostfr. R. Ii, 630. E. Bourgeois, Le capitulaire<br />

dc Kiersy-sur-Oise (Paris 1885) p. 127 ffl - Waitz, Heinrich p. 93<br />

(90) lasst unentschie<strong>de</strong>n, ob <strong>de</strong>r <strong>Rudolf</strong>.<strong>de</strong>r in' November 926 in Wonus bei<br />

heinrich war, <strong>de</strong>r Westfranke o<strong>de</strong>r Hochburgun<strong>de</strong>r war; ausser <strong>de</strong>n Wahrscheinlic.hskeitsgrün<strong>de</strong>u<br />

für Letzteren (Waitz p. 91) dürfte gegen Ersteren die<br />

wenige Monate darauf erfolgte \rerhjud i,i,g lleinriel,s mit Heribert sprechen,<br />

welche vermute,, lässt, dass zwischen <strong>de</strong>m französischen und <strong>de</strong>utschen König


um<br />

59<br />

Himmlische Vorzeichen schreckten die Gläubigen, eine Seuche<br />

folgte und raffte in Deutschland und <strong>Frankreich</strong> zahlreiche Opfer<br />

dahin und bald schloss sich ihr ein neues Unglück an. Heribert<br />

hatte bisher zu <strong>Rudolf</strong> gehaltenund ihn kräftig unterstützt, da<br />

dieser seine Anhänglichkeit durch fortgesetzte Verleihungen immer<br />

neu belebt hatte ; doch ein Heribert war nicht zu befriedigen,<br />

Pronne 924, Reims 925 waren solche Abschlagszahlungen, die<br />

seine Treue wie<strong>de</strong>r für einige Zeit erkauften ; jetzt kam <strong>de</strong>r Zeitpunkt<br />

1 wo ihm <strong>de</strong>r König nichts geben konnte und sofort en<strong>de</strong>te<br />

auch seine Treue 1).<br />

Die Verbindung mit <strong>de</strong>m <strong>de</strong>utschen König sollte ihm<br />

<strong>de</strong>n nötigen Halt gewähren, nach<strong>de</strong>m er sich <strong>de</strong>n Rücken durch<br />

ein Abkommen mit Hugo ge<strong>de</strong>ckt hatte, <strong>de</strong>r, wenn auch kein<br />

karolingischer Parteigänger, doch seinem Schwager in <strong>de</strong>n ersten<br />

Jahren kühl gegenübergestan<strong>de</strong>n zu haben scheint; wenig sahen<br />

wir ihn in <strong>de</strong>s Königs Nähe, in <strong>de</strong>n vorliegen<strong>de</strong>n Urkun<strong>de</strong>n tritt<br />

er nie, wie sonst einflussreiche Personen, als Intervenient auf; erst<br />

seit <strong>de</strong>r Entzweiung <strong>Rudolf</strong>s und Heriberts rückt er mehr in <strong>de</strong>n<br />

Vor<strong>de</strong>rgrund und Interessengemeinschaft knüpft ihn enger an <strong>de</strong>n<br />

König, es ist, als habe in <strong>de</strong>r That eine gewisse Eifersucht gegen<br />

Vermandois in ihm geherrscht, die <strong>de</strong>n selbstsüchtigen Markgrafen<br />

freilich nicht abhielt, gelegentlich eine Schwenkung zu seinem<br />

Nebenbuhler hin zu machen. Wie er seine Pflichten <strong>de</strong>m Staat<br />

gegenüber auffasste, wie er sieh als Glied eines Ganzen gegen<br />

<strong>de</strong>ssen andre Glie<strong>de</strong>r zu verhalten beliebte, ist im obigen wie<strong>de</strong>rholt<br />

darzulegen Veranlassung gewesen. Auch jetzt kam es ihm<br />

darauf an, sich Heribert nicht ablehnend gegenüberzustellen, um<br />

<strong>de</strong>m Ausgang ruhig entgegensehen zu können. Bei einer Zusammenkunft<br />

mit Heinrich fan<strong>de</strong>n Bei<strong>de</strong> ihn sich geneigt und tauschten<br />

mit ihm Geschenke aus ). Nach <strong>de</strong>r Rückkehr bethätigte sich<br />

freundliche Beziehungen noch nicht eingetreten waren, widrigenfalls Heinrichs<br />

Handlungsweise in sehr ungünstigem Lichte erscheinen müsste; vgl. auch im<br />

folg. p. 59 ii. a.<br />

1) Mourh, hat eine gewisse Vorliebe für lieribert, <strong>de</strong>r ihm <strong>de</strong>r Hauptheld<br />

<strong>de</strong>r Normannenkriegc ist; <strong>de</strong>s Königs zahlreiche Normannenkämpfc wer<strong>de</strong>n<br />

gar nicht o<strong>de</strong>r nur flüchtig berührt; die Darstellung ist oft unkonsegnent, z, B.<br />

p. 145 ist Herib. 4 Jahre lang <strong>de</strong>r trotte, tapfere Genosse <strong>de</strong>s Königs, p. 150<br />

wird hingegen gesagt, dass er nicht aus Ergebenheit, son<strong>de</strong>rn egoistischer Be-.<br />

rechnung gehan<strong>de</strong>lt habe. Über Hugo s. oben p. 52.<br />

2) Im März und April war Heinrich in <strong>de</strong>n Lan<strong>de</strong>n recitta <strong>de</strong>s Rheines<br />

Inor suchte ihn die Gesandtschaft Heribcrts und später lieribert und Hugo<br />

selbst auf. Ereignisse, die nach Wigerichs <strong>von</strong> Metz Tod und nach <strong>de</strong>n Hirnmelsorschcinungen<br />

sieh vollzogen. Flod. 1. e. Gest. ep. Mctt. 55. X, 541;


60<br />

das Einvernehmen durch einen gemeinsamen Zug gegen die Loire-<br />

Normannen; unrühmlich aber en<strong>de</strong>te die Unternehmung nach einer<br />

fünfwöchentlichen Belagerung <strong>de</strong>r Fein<strong>de</strong> mit gegenseitiger Geiselstellung<br />

und erneuter Ueberlassung <strong>de</strong>s Gaues <strong>von</strong> Nantes - eine<br />

Bestätigung, dass die frühere Abtretung wirkungslos geblieben<br />

war. Zu diesen Kämpfen scheint auch <strong>de</strong>r Tod Ingelgers, <strong>de</strong>s<br />

Sohnes Fulkos <strong>von</strong> Anjou mit grössrer Wahrscheinlichkeit gesetzt<br />

wer<strong>de</strong>n zu dürfen, als zu 923, <strong>de</strong>nn hier han<strong>de</strong>lte es sich um<br />

Fein<strong>de</strong> in unmittelbarer Nähe <strong>von</strong> Anjeu ').<br />

ileribert schritt nun zur Ausführung seines Planes gegen<br />

<strong>Rudolf</strong>. Als Verweser <strong>de</strong>s Erzbistums liess er eine Syno<strong>de</strong> <strong>de</strong>r<br />

Bischöfe <strong>de</strong>s R.eimser Sprengels in Trosly zusammentreten; <strong>de</strong>s<br />

Königs Einspruch, zu <strong>de</strong>ssen Rechten die Berufung <strong>de</strong>r Syno<strong>de</strong>n<br />

und Cencilien gehörte, und das Verlangen die Versammlung zu<br />

vertagen blieb unberücksichtigt wie eine Vorladung nach Gernpi'egne<br />

). Der Sohn Bilgauds <strong>von</strong> Penthieu, Graf Erluin, unterwarf<br />

sich in Trosly <strong>de</strong>r Kirchenbusse wegen seiner Doppelehe;<br />

nahe liegt aber die Vermutung, dass die Syno<strong>de</strong> zum geheimen<br />

Hauptzweck Besprechungen über die Schritte gegen <strong>Rudolf</strong> hatte.<br />

Ein Handstreich auf das nahe Laon misslan g , da <strong>Rudolf</strong> die Burg<br />

durch rasch abgesandte Mannschaft verstärkt hatte, <strong>de</strong>r er selbst<br />

bald folgte. Vermandois griff jetzt zu seiner gefährlichsten Waffe:<br />

Calmet, hist. <strong>de</strong> Lorraine, 1, pr. p. 61, 82. Waitz, Heinrich j). 119 (1171);<br />

Leibniz A. i. 11, 378 lässt Heinrich nach Lothringen entgegenkommen.<br />

1) Kalckstein p. 164 Anm. 1 giebt <strong>de</strong>n Tod <strong>de</strong>s Ingelger zu 923.<br />

029 war er tot: in einer iM. seines Vaters f. S. Albin v. Angers wer<strong>de</strong>n die<br />

an<strong>de</strong>rn Familienglie<strong>de</strong>r getrennt, nicht aber <strong>de</strong>r älteste Sohn, Mab. Ann. Ben<br />

III, 403: G. cons. Än<strong>de</strong>gav. b. Marchegay et Salmen, Chron. d'Anjou p. 66<br />

67; C],ren. Rainaldi An<strong>de</strong>gav. bei Marchegay et Mabille, Chron. <strong>de</strong>s dglises<br />

d'Anjou Paris 1859) p. 8, Chron. S. Albini An<strong>de</strong>g., ib. r 20. Chron. Vindocinense<br />

ih, p. 162; diese Quellengruppe giebt die UrIc zu 929. Bodin, Reeberches<br />

bist. s.l'Anjou (2. od. Angers 1847) 1, 144, <strong>de</strong>r die schon stark ausgeschmückte<br />

Kun<strong>de</strong> <strong>de</strong>r G. cons. And. noch weiter ausmalt, lässt J. bei <strong>de</strong>r Verteidigung<br />

<strong>de</strong>r seinem Hause gehörigen Grafschaft Charolais gegen die Normanner, fallen<br />

und in S. Martin in SOronne (Chateau-Neuf sur Sarthe, dop. Maine et Loire,<br />

art Segre bestattet wer<strong>de</strong>n ohne Beleg und wohl auch ohne glaubhafte<br />

Grundlage; vgl. gegen die ausführlichen Angaben <strong>de</strong>r Gest.a die Bemerkung<br />

<strong>de</strong>s Fragm. bist. An<strong>de</strong>gav. e. 1 (Mareh. et Snl,non, Cliron. dAnjoi, 1, 375<br />

P'.Aehery, Spicil. 111, 233) aus <strong>de</strong>in 11. Jahrh., welches <strong>de</strong>in &uleo<br />

lieeliiir zugeschrieben wird, an <strong>de</strong>ssen Verfasserschaft Monod Revue bist. ]3d.<br />

28 (1885) p. 265 festhält.<br />

2) Flod. 927 p. 377, H. R. IV, 21 p. 579; ltieher 1, 52. Warnk']iiig<br />

und Stein, franz. St. u. R. G. 1, 137; Arbois 1. e. 1, 101.


61.<br />

Karl wur<strong>de</strong> <strong>Rudolf</strong> als König gegenübergestellt. Nach seiner<br />

Gefangennahme war Karl bis in <strong>de</strong>n Herbst 924 in Chateau-<br />

Thierry-s.-Marne bewahrt wor<strong>de</strong>n; um diese Zeit brannte sein<br />

Haftturin plötzlich nie<strong>de</strong>r, ohne dass aber an Brandstiftung zum<br />

Zweck <strong>de</strong>r Beseitigung <strong>de</strong>s Gefangenen zu <strong>de</strong>nken ist, da <strong>de</strong>ssen<br />

Person für}Ieribert ein zu wertvoller Besitz war'). Karl kam<br />

darauf nach Pronne, wie meist angenommen wird, obwohl Flodoard<br />

nichts bestimmtes bietet und nur andre Quellen Pdronne geben;<br />

es ist jedoch möglich, dass 1'öronne als Karls To<strong>de</strong>sert Anlass<br />

war, es auch für früher als Aufenthalt zu fassen, und dass <strong>de</strong>r<br />

König 924 in Chateau-Thierry (nur in einem an<strong>de</strong>rn Gebäu<strong>de</strong>)<br />

blieb 2) <strong>Rudolf</strong> war auf diese neue Verräterei <strong>de</strong>s Grafen kaum vorbereitet,<br />

rüstete sich jedoch sofort zur Abwehr; am 27. September<br />

weilte er auf <strong>de</strong>r Reise nach Burgund in Briare an <strong>de</strong>r Loire, wo<br />

Clunys Privilegien bestätigt wur<strong>de</strong>n. Der Tod <strong>de</strong>s Herzogs<br />

Wilhelm Il. <strong>von</strong> Aquitanien im Sommer 927 war wohl mit <strong>de</strong>r<br />

Grund, dass <strong>de</strong>r König an die Loire sich begab, nm <strong>de</strong>n Sü<strong>de</strong>n<br />

vom möglichen Anschluss an Heribert abzuhalten; Herzog Acfred,<br />

<strong>de</strong>r seinem Bru<strong>de</strong>r folgte, behielt aber <strong>de</strong>ssen ablehnen<strong>de</strong> Haltung<br />

bei; jedoch stan<strong>de</strong>n einige Teile Aquitaniens (Puy, Briou<strong>de</strong>,<br />

Cahors, Beaulieu, Tulle, Beurges) zu <strong>Rudolf</strong>, wie die eben erwähnte<br />

Haltung ihrer Urkun<strong>de</strong>n erweist. Hier mag es auch gewesen sein,<br />

dass Graf Ebho, ein mächtiger Vasall <strong>de</strong>s benachbarten Berry, zu<br />

ihm kam und seiner Stiftung Ddols eine königliche Immunitätsurkun<strong>de</strong><br />

verschaffte s). Dann begab sich <strong>de</strong>r König nach seinem<br />

1) Flod, 923, 924 p. 372, 374. LGns, d. Vorfahr. klug. Cap. im Kampfe<br />

m. d. letzt. Karo]. p. 12. -Die Lage seines Kerkers ist nicht mehr zu ermitteln<br />

‚ da die Bauresto in Ch.-Th. einer jüngern Zeit angehören, vgl. Poquet,<br />

bist. <strong>de</strong> Chateau Thierry (Chat. Th. 1839) 1, 38 Anm.<br />

2) Ebd. 1. e.; Folc. g. Sith. 83. XIII, 626; Rieb. 1, 47; A. Lobiens.<br />

(TI, 210) Xlii, 233; Mir. S. Ben. Bq. IX, 139; H. reg. Franc. SS. XIII, 251<br />

Arbois 1. c., Poquet 1. c., Georges e h. d. Chasnp. et d. Brie p. 280<br />

nehmen Ch-11. auch nach 924. als Aufenthalt au.<br />

3) UR. ii. 10, 11. Über <strong>de</strong>n Tod Wilhelms schwanken die Angaben:<br />

Flod. 927 p. 377. zum Sommer 927, Ann. Naschte. 85. UI. 170: 927, Bq. VIII,<br />

230: 926. Baluze, bist.. d'Auv. 1. 21; H. d. Lang. 111, 104; Kalckstein p.<br />

175: zwischen April und September: wahrscheinlich vor <strong>de</strong>m 3. Juni wenn<br />

dieVollstreekungsurkun<strong>de</strong> seines Testaments (Baluze 1. c. II pr. p. :18) itt seh'<br />

To<strong>de</strong>sjahr gehört, was doch wohl anzunehmen ist. Diese zeigt zugleich, dass<br />

die Bischöfe <strong>von</strong> Puy und CIer,nont nicht <strong>de</strong>r Haltung ihrer Grafen und herzoge<br />

(Wilh, u. A cf.) folgten, son<strong>de</strong>r,, an <strong>de</strong>r Unterwerfung <strong>von</strong> 924 festhielten,<br />

<strong>de</strong>nn sie erkennen <strong>Rudolf</strong> als Herrscher an. Gfrörer, Gregor VII. giebt 1V,


62<br />

Herzogtum ‚ um entschei<strong>de</strong>n<strong>de</strong> Vorbereitungen zu treffen, Laon<br />

hielten für ihn die Söhne Rotgars, die dadurch sein Vertrauen<br />

rechtfertigten ‚ und seine Gemahlin Emma, eine Frau <strong>von</strong> entschio<strong>de</strong>nem,<br />

fast männlichem Sinn, <strong>von</strong> welcher Züge berichtet<br />

wer<strong>de</strong>n, die eher zu <strong>de</strong>m Bil<strong>de</strong> eines damaligen Grossen zu gehören<br />

scheinen'). Die tapfere Besatzung ging sogar angriffsweise<br />

vor, in<strong>de</strong>m sie die Län<strong>de</strong>reien bei <strong>de</strong>r Reimser Burg Coucy durch<br />

einen Ausfall heimsuchte. Heribert konnte einstweilen nichts im<br />

Fel<strong>de</strong> vornehmen, benutzte daher die Frist bis zur Ankunft <strong>de</strong>s<br />

Königs, seinen Anhang zu stärken.<br />

Die Norniannen waren anfangs noch für Karl eingetreten,<br />

hatten aber später indirekt <strong>Rudolf</strong> anerkannt, insofern sie mit ihm<br />

als Oberhaupt <strong>de</strong>s fränkischen Reiches wie<strong>de</strong>rholt verhan<strong>de</strong>lt und<br />

Verträge geschlossen hatten; auch jetzt befan<strong>de</strong>n sie sich mit ihm<br />

in Frie<strong>de</strong>n, was jedoch für sie keinen Hin<strong>de</strong>rungsgrund bil<strong>de</strong>te, zu<br />

Karl zurückzutreten; in Eu, das sie wie<strong>de</strong>r in Besitz genommen<br />

hatten, trafen Rollo und sein Sohn Wilhelm mit <strong>de</strong>m Grafen und<br />

seinem sogenannten König zusammen, und Wilhelm, <strong>de</strong>r nach<br />

Dudo schon bei Lebzeiten seines Vaters die Herrschaft o<strong>de</strong>r doch<br />

Anteil daran erhielt, verband sich durch einen Freundschaftsvertrag<br />

mit Heribert und leistete Karl die Huldigung. Rollo aber, an<br />

Vertragsbruch gewöhnt, trug Sorge sich <strong>de</strong>s als treulos genügend<br />

bekannten, neuen Freun<strong>de</strong>s durch Behaltung seines Sohnes O<strong>de</strong><br />

als Geisel zu versichern 2).<br />

Inzwischen hatte <strong>Rudolf</strong> seine Burgun<strong>de</strong>r aufgeboten und<br />

noch zur Weihnachtszeit rückte er in Francien unter Rauben und<br />

Brennen wie in Fein<strong>de</strong>sland ein; da eilte ihm Hugo entgegen<br />

und begleitete ihn bis zur Oise, wo seiner Vermittlung ein vorläufiges<br />

Abkommen zwischen <strong>de</strong>n Kriegführen<strong>de</strong>n gelang Heribert<br />

stellte ihm Geiseln dafür, dass er zum nächsten Placitum sich<br />

einfin<strong>de</strong>n wolle.<br />

<strong>Rudolf</strong> ging nun nach Burgund zurück, nach<strong>de</strong>m er noch<br />

vergeblich versucht hatte, seine Gemahlin zur Räumung <strong>von</strong> Laon<br />

zu bewegen, sei es, dass er durch <strong>de</strong>ssen nachträgliche Heber-<br />

40 all bei Wilhelm„ Tod habe <strong>Rudolf</strong> die Grafschaft BelTy geteilt, und die<br />

Stadt Bourges seinem Getreuen Godfried als Vice<strong>de</strong>niinus gegebeti, ohne Beleg;<br />

<strong>de</strong>n Namen nimmt er wahrscheinlich voll Gezfrid Eier, <strong>de</strong>n ]Iod. 935<br />

erwähnt, s. im folg. zu diesem Jahre.<br />

1) s. im felg.<br />

2 Flod. 927, p. 877, 11. R. TV, 21 p. 579; Rieher 1, 53; Dndo, Lair.<br />

i . 173, 181. Liequet p. 100. Die späteren angelsächsischen Annalen SS. XIII,<br />

105 geben Wilhelm eine l5jährige Regierung mit <strong>de</strong>m Änfangsjalir 928. -<br />

Betr. <strong>de</strong>r <strong>von</strong> iCalekstein p. 176 ersvßl,i,tn lJrk. lind. s. TUt n. 14.


lassung <strong>de</strong>r Unzufrie<strong>de</strong>nheit Heribcrts <strong>de</strong>n JTaiiptgrund benehmen<br />

wollte, sei es. dass er es nicht für genügend gesichert hielt gegen<br />

etwaige vereinte Angriffe <strong>de</strong>r fränkischen Rebellen und <strong>de</strong>r Normannen.<br />

}Ieribert kam mit Karl nach i..ehns und stellte in einem<br />

Schreiben an Johann X. sich als <strong>de</strong>n Vorfechter <strong>de</strong>r Legitimität<br />

und <strong>de</strong>r päpstlichen Bestimmungen hin, in<strong>de</strong>m er sich auf Johanns<br />

Einschreiten zu Gunsten Karls berief 1).<br />

Damals hatte er im Besitz <strong>de</strong>r Gunst <strong>de</strong>s neuen Königs<br />

Roms Gebote nicht beachtet, jetzt sollten sie ihm vom Papst neu<br />

bekräftigt als moralische Verstärkung dienen. Doch er kam zu<br />

spät; sein Gesandter fand Johann in ähnlicher Lage, wie <strong>de</strong>n, für<br />

<strong>de</strong>n er sich einst umsonst verwandt: <strong>de</strong>r mächtige Markgraf Wi<strong>de</strong>,<br />

<strong>de</strong>r Gemahl <strong>de</strong>r Maria, die man spöttisch die Marocia nannte,<br />

hatte ihn, wie die im Sommer zurückkehren<strong>de</strong> Gesandtschaft<br />

mel<strong>de</strong>te, gefangen gesetzt und im folgen<strong>de</strong>n Jahre starb er in <strong>de</strong>r<br />

Haft. sein Nachfolger Leo VII, hat sich Karls nicht angenommen<br />

2).<br />

In die Zeit <strong>von</strong> Karls Scheinherrschaft hat man die liebertragung<br />

<strong>de</strong>r Besitzungen <strong>de</strong>s Hauses Auvergne an Ebolus <strong>von</strong><br />

Poitiers nach Wilhelms To<strong>de</strong> verlegen wollen, da letztrer 927 starb<br />

und im selben Jahre auch Karl frei kam ; doch ist die Nachricht<br />

nicht zu verwerten, da sie durch die Thatsachen wi<strong>de</strong>rlegt wird,<br />

Dass Ebolus Ansprüche auf <strong>de</strong>n Besitz erhoben haben kann, ist<br />

nicht ausgeschlossen dass in <strong>de</strong>r Hauptsache aber, d. h. betreffs<br />

<strong>de</strong>s Herzogtums und <strong>de</strong>r Grafschaft Auvergne, dieselben zunächst<br />

nicht zur Geltung kamen, ist sicher; <strong>de</strong>nn sein Anschluss an<br />

<strong>Rudolf</strong> half ihm hier nichts; selbst wenn dieser zu seinen Gunsten<br />

hätte einschreiten wollen, machten es ihm gegenwärtig die Umstän<strong>de</strong><br />

unmöglich. Nach Wilhelms To<strong>de</strong> besass sein Bru<strong>de</strong>r<br />

Acfred das Herzogtum und die einzelnen Grafschaften seines<br />

Hauses, nach ihm, wenn auch nicht unmittelbar, fin<strong>de</strong>n wir Raimund<br />

Pontius <strong>von</strong> Toulouse als Herzog; erst Ebolus' Sohn Wilhelm<br />

(Caput-stupae) gelangte in <strong>de</strong>n Besitz <strong>von</strong> Aquitanien und Auvergne.<br />

Raimund erscheint wie<strong>de</strong>rholt als princeps und dux Aquitanorum,<br />

Ebolus hingegen nur als Graf (so in seiner eignen Urkun<strong>de</strong> <strong>von</strong><br />

934 Ebolus misericordia Dei Pictavorum umilis comes) und<br />

ebenso sein Sohn Wilhelm im Anfange seiner Herrschaft 3).<br />

1) F'lod. 1. c.; s. ob. p. 35. Leibniz L c. p. 886 glaubt an RudoIf4<br />

geheime Zustimmung zum Verbleiben <strong>de</strong>r Königin ii' Laon.<br />

2) Flod. 928, 929, 938 p. 378. 381; Jaff, Regesta pontif. Roman. (ii.<br />

cd.) p. 452; Liutpr. ID, 43. 88. iH, 312. Marozia, Marocia = Maruecia.<br />

3) A<strong>de</strong>mar III, 23 88. IV, 125. Baluze lt d' Mw. 1, 23; Mary-Lafon<br />

Ji, 93 lässt durch Willi. selbst die Übertragung geschehen. Die H. d. Lang.


64<br />

Die vereinbarte Zusammenkunft <strong>de</strong>s Königs und Heriberts<br />

fand noch vor Ablauf <strong>de</strong>r Fastenzeit (Ostern 028 April 5.) statt,<br />

<strong>de</strong>n Ort kennen wir nicht l); nachher scheint <strong>de</strong>r König in Burgund<br />

gewesen zu sein, da wir seine Gegner in Francien freie<br />

Hand haben sehen und auch die Königin, die jetzt erst Laou<br />

aufgab, nach Burgund ging. Sofort besetzte Heribert die Feste;<br />

auf Hugos unbestimmte Haltung scheint dieser Erfolg in einer<br />

<strong>de</strong>n Rebellen günstigen Weise eingewirkt zu haben; er liess sich<br />

durch ileribert, <strong>de</strong>r sich <strong>von</strong> Laon aus zu einer zweiten Besprechung<br />

mit Rollo begeben hatte, bewegen, gleichfalls in freundschaftliche<br />

Beziehungen zu <strong>de</strong>n Normannen zu treten. Rollo nötigte hier<br />

<strong>de</strong>n Grafen, in förmlicher Weise nebst einigen an<strong>de</strong>rn fränkischen<br />

Grafen und Bischöfen Karl als königlichen Oberherrn anzuerkennen<br />

dann erst gab er ihm seinen Sohn O<strong>de</strong> zurück. Wer jene ausser<br />

Heribert waren, lässt sich kaum erweisen; möglich (wie Kalckhtein<br />

will), dass Erluin dabei war zum Dank für Heriberts Bemühungen<br />

auf <strong>de</strong>r Syno<strong>de</strong> <strong>von</strong> Trosly, vielleicht auch hugonische Vasallen<br />

gewiss ist nur, dass das Grafengeschlecht <strong>von</strong> Laon, Rotgar und<br />

seine Brü<strong>de</strong>r, trotz<strong>de</strong>m <strong>de</strong>r König ihr Lehen <strong>de</strong>in Fein<strong>de</strong> hatte<br />

preisgeben müssen, doch fest zu ihm stand, wofür sich Verman<strong>de</strong>is<br />

durch Zerstörung ihrer Burg Mertagne (am Zusammenfluss<br />

voll und Scarpe) rächte i gewiss ferner, dass ein<br />

bisheriger Genosse Heriberts, Abbe <strong>von</strong> Soissons. <strong>de</strong>m König<br />

treu blieb, da er auch während und nach dieser Zeit königlicher<br />

Erzkanzler war, wofür er freilich mit <strong>de</strong>m Verluste <strong>de</strong>r geistlichen<br />

Amtsgeschäfte <strong>de</strong>s reimser Vikariats büsste . Heribert fand<br />

hierfür in Bischof Odalrich <strong>von</strong> Dax ein abhängigeres Werkzeug,<br />

11.1, 104 ist gegen die Verleihung K,nis nach Willi. Tod, will sie aber p. 105<br />

und IV, 79 nach Acfreds Tod geschehen sein lassen; Kalckstein p. 180 lässt<br />

Karl aus c <strong>de</strong>m Spiele und die auvergoatischea Besitzungen in Feige <strong>von</strong> Verwandts<br />

haft auf El,elus übergehen. Über Bainiunds Wür<strong>de</strong>: Hist. d. Lang. V,<br />

n. 66, 67, 69; dass er sich daneben auch eonues od. inarehio nennt, verschlägt<br />

nichts gegen sein Herzogtum vgl. ähnliches Schwanken bei Richard <strong>von</strong> Burgiind<br />

s. ob. p. 20, andre Analogien bietet auch Wnitz, Hei,,r. '. 110 (105.<br />

Über Ebolus und Wilhelm: Cart. <strong>de</strong> S. Cyprien <strong>de</strong> Poitiers ii. 628 (orig.), 545,<br />

23, 3. 4, 183 u. a.; Besly, h. d. comt. d. Peictou pr. p. 221, 225; B(1. 1X,<br />

578 (UR. n. 20).<br />

1) Ebd. 928 p 377. FIod. Ausdruck <strong>de</strong>neininaturn placitum scheint<br />

auf Compiögne hinzu<strong>de</strong>uten, wo 927 die geplante Zusammenhmft nicht stattgefun<strong>de</strong>n<br />

hatte.<br />

2) Fbod, 928. l 378, 1. P. IV, 21, 22 p. 579: entstellt bei Richcr 1,<br />

.5.5; UR. n. 11-14. - Kaickstein p. 177, Leibniz p. 386.


.65<br />

das für seine Thätigkeit mit <strong>de</strong>r Abtei <strong>de</strong>s heiligen Timotheus<br />

und einer einzigen Pfrün<strong>de</strong> abgefun<strong>de</strong>n wur<strong>de</strong>; <strong>de</strong>r Einfall <strong>de</strong>r<br />

Saracenen Abdurrahmans UI. nach <strong>de</strong>m Siege im Val <strong>de</strong> Junquera<br />

über die Könige <strong>von</strong> Leon und Navarra hatte ihn aus seinem vaskonischen<br />

Bistum vertrieben').<br />

In neue Verwicklungen drohte um jene Zeit Boso seinen<br />

Bru<strong>de</strong>r zu stürzen; einer '<strong>de</strong>r unruhigsten Köpfe in Lothringen,<br />

war er wie<strong>de</strong>r einmal mit seinen Nachbarn in Zwist geraten, da<br />

er geistliche Besitzungen an sich gerissen hatte und selbst seinem<br />

König Heinrich <strong>de</strong>n Gehorsam verweigerte, <strong>de</strong>r daraufhin zugleich<br />

<strong>de</strong>n Weg <strong>de</strong>r Gewalt und <strong>de</strong>r Güte versuchte. Seine Burg Purefostum<br />

wur<strong>de</strong> belagert, ihm aber Frie<strong>de</strong>n für <strong>de</strong>n Fall seiner Unterwerfung<br />

zugesagt; mit freiem Geleit erschien er vor Heinrich,<br />

schwor Ruhe zu halten und bekam für <strong>de</strong>n zurückgegebnen Raub<br />

andre Güter; zugleich wur<strong>de</strong> er und Raginar mit Gisilbert und<br />

an<strong>de</strong>rn Lothringern ausgesöhnt 2). Die neue Gunst <strong>de</strong>s Herrschers<br />

bewährte sich auch gleich darauf, da dieser sich durch Heribert<br />

und Hugo, die bei ihm erschienen, nicht zu einem feindlichen<br />

Vorgehen gegen Bosos Bru<strong>de</strong>r gewinnen liess, wozu ihn die Rücksicht<br />

auf <strong>de</strong>n eben erst befrie<strong>de</strong>ten Vasallen mit veranlasst<br />

haben mag.<br />

Das Versagen <strong>de</strong>r päpstlichen moralischen und <strong>de</strong>r <strong>de</strong>utschen<br />

realen Unterstützung machte die Aufständischen zu einem Ausgleich<br />

mit <strong>Rudolf</strong> geneigt, zumal die Normannen sich nicht<br />

rührten und <strong>de</strong>r zwar karolingisch gesinnte Sü<strong>de</strong>n unthätig blieb.<br />

Von Heinrich heimgekehrt reisten die bei<strong>de</strong>n Häupter zu einer<br />

.1) Fled. 1. c.; Bq. VIII, praef. XVL, H. d. Lang. JJT, 90; Schäfer<br />

Gesch. v. Spanien (Hamburg 1844) II, 179.<br />

2) Flod. 1. c.; Heinrich in Lothringen, Juli - Sept. 998. vgl. Stumpf,<br />

Reg. ii. 22. Durofost wird verschie<strong>de</strong>n ge<strong>de</strong>utet, 55. 111, 378 Deift; Kalckstein<br />

p. 178. Osterley (Histor. geograph. Wörterbuch d. <strong>de</strong>utsch. Mittelalters,<br />

Gotha 1883) p. 133; Doveren: Waitz, Iieinr. p. 123 (120) bezweifelt mit Recht<br />

bei<strong>de</strong> Ansichten, und in <strong>de</strong>r That scheint es wenig wahrscheinlich, dass Boso<br />

in jenen Gegen<strong>de</strong>n Besitz gehabt haben solle; seine an<strong>de</strong>rn Besitzungen weisen<br />

uns sämtlich in das Flussgebiet <strong>de</strong>r mittleren und oberen Maas und in die<br />

Champagne, <strong>de</strong>sgl. die Beziehungen, in <strong>de</strong>nen wir ihn han<strong>de</strong>lnd auftreten sehen.<br />

Freilich vermag ich auf <strong>de</strong>n Dipartementskarten bei Joanne in diesen Gegen<strong>de</strong>n<br />

keinen irgendwie anklingen<strong>de</strong>n Ort, <strong>de</strong>r l,uitIiei auf Durofostum zurückführbar<br />

wäre, zu ent<strong>de</strong>cken; ebenso wenig gicht <strong>de</strong>r vollständige Dietion. topogr.<br />

du. döp. <strong>de</strong> la Meuse (Paris 1872) einen solchen Ort, mehrere vorhan<strong>de</strong>ne<br />

Deffoy sind keine Eigennamen, son<strong>de</strong>rn Gattungsbegriffe, und be<strong>de</strong>uten Wald<br />

o<strong>de</strong>r Sumpf, vgl. Ducange VII. (Gloss. gallic.) s. li. v.


66<br />

Besprechung mit <strong>de</strong>m König und das Abkommen kam wirklich<br />

zu Stan<strong>de</strong>, da <strong>Rudolf</strong> <strong>de</strong>in Heribert nach erneuter Huldigung Laon<br />

liess und sich ihm auch nach andrer Seite (wie gleich gezeigt<br />

wird) entgegenkommend erwies; <strong>de</strong>r unglückliche Karl ward das<br />

Opfer <strong>de</strong>s Frie<strong>de</strong>ns: zum zweiten Male verraten musste er die<br />

einjährige Sc]iattenherrschaft wie<strong>de</strong>r mit <strong>de</strong>r Haft vertauschen i).<br />

Im Reich Provence starb im Laufe dieses Jahres <strong>de</strong>r blin<strong>de</strong><br />

Kaiser Ludwig 2); <strong>de</strong>r wahre Inhaber <strong>de</strong>r Regierungsgewalt, Hugo,<br />

seit 926 König <strong>von</strong> Italien, eilte sofort herbei, um seine Herrschaft<br />

zu sichern, ohne aber <strong>de</strong>n Königstitel für dieses Reich anzunehmen,<br />

<strong>de</strong>nn sein urkundlicher Königstitel bezieht sich, wie die Zählung<br />

<strong>de</strong>r Regierungsjahre ergiebt, auch nach 928 nur auf Italien. Der<br />

legitime Thronfolger Karl Konstantin hatte in <strong>de</strong>n letzten Jahren<br />

seines Vaters die Grafschaft Vienne besessen, aber auch diese<br />

ging ihm jetzt - verloren, Seine persönlichen Verhältnisse (wie<br />

überhaupt die <strong>de</strong>s Viennois und Lyonnais) sind sehr unklar und<br />

schwanken in <strong>de</strong>r ganzen Folgezeit zwischen burgundischer und<br />

westfränkischer Oberhoheit; souveräne Herrschaft hat er nicht zu<br />

erlangen vermocht 3),<br />

Im November ist Hugo in Vienne und an<strong>de</strong>rwärts nachweisbar;<br />

<strong>Rudolf</strong> suchte ihn begleitet <strong>von</strong> Heribert hier auf und<br />

letzterer erhielt <strong>von</strong> <strong>de</strong>m Usurpator das Viennois für seinen Sohn<br />

Odo. So strebte <strong>de</strong>r erwerbsüchtige Graf seinem Hause im<br />

Sü<strong>de</strong>n eine gleiche Herrschaft. zu grün<strong>de</strong>n, wie im Nor<strong>de</strong>n; <strong>de</strong>nn<br />

wir müssen dabei im Auge behalten, dass die neue Erwerbung<br />

nicht bloss ein fernes Sprengstück <strong>de</strong>r Besitzungen gewesen wäre,<br />

son<strong>de</strong>rn Heribert als Inhaber <strong>von</strong> Reims <strong>de</strong>ren schon im burgundischen<br />

Reiche besass, • da <strong>de</strong>m Erzbistum ja 924 sein ausge<strong>de</strong>hnter<br />

Besitz restituiert wor<strong>de</strong>n war; bei<strong>de</strong> Gebiete sollten sich somit<br />

zum Rückhalt und als Grundlage weiterer Ausbreitung dienen.<br />

Diese Kombination kam aber nicht zur wirklichen Ausführung,<br />

Vienne blieb zunächst in <strong>de</strong>n Hän<strong>de</strong>n seines Erzbischofs und<br />

Vicegrafen, <strong>von</strong>Anhängern iluges, und bald darauf muss Karl<br />

Konstantin sich in <strong>de</strong>n Besit7 <strong>de</strong>r Stadt gesetzt haben, da wir<br />

1) Flod. 928 p. 378, H. R. IV, 22 P• 579; Richer 1, 54.<br />

2) S. oben p. 40, vgl. daz,' auch Dilinmier Forsch, z. d. G.<br />

320, 322.<br />

3) FIod. 928 p. 378, llaedicke, dt. s. 1. royaunie d. Bourg. p. 12 ]ässt<br />

Karl Konst, 928 zu <strong>Rudolf</strong> (v. Frank-r.) fliehen und 930 Vienne zurückerobern,<br />

<strong>de</strong>sgl. Gingins-la-Sarraz 1. c. VIII, 72 ff, 79 lt IX, 141 1?.


67<br />

ihn im Beginn <strong>von</strong> 931 als <strong>de</strong>ren Gebieter antreffen; kein Verman<strong>de</strong>is<br />

hat iii Vienne Herrschaft geübt).<br />

Nach<strong>de</strong>m hierdurch Heribert für <strong>de</strong>n Augenblick befriedigt<br />

war o<strong>de</strong>r doch schien, dachte <strong>de</strong>r König daran, ihn für künftig<br />

seines Drohungsmittels zu berauben und ging nach Reims, wo<br />

Karl in Gewahrsam sich befand, um auf geeignete Weise sich mit<br />

ihm auseinan<strong>de</strong>r zu setzen. Nicht schwer wird es gehalten haben,<br />

<strong>de</strong>n beklagenswerten Fürsten zur Zustimmung zu bewegen;, er<br />

begegnete ihm auf ehrerbietige Weise als seinem ehemaligen.<br />

Herrscher, ehrte ihn durch würdige Geschenke und überwies ihm<br />

das Krongut Attigny und wahrscheinlich auch Ponthion am Ornain 2),<br />

wogegen Karl, wie man wohl annehmen darf, seinen glücklicheren<br />

Nebenbuhler als rechtmässigen König anerkannt haben wird. Dieser<br />

Vorgang hat die son<strong>de</strong>rbarsten, mitunter recht abgeschmackten<br />

Auslegungen gefun<strong>de</strong>n. Die häufigste und noch am ehesten zulässige<br />

ist die, welche ihn einfach auf das Mitleid <strong>Rudolf</strong>s zurückführt;<br />

sehr son<strong>de</strong>rbar hat sich Leibniz <strong>de</strong>n Sachverhalt konstruiert:<br />

Karl sei Oberlehnsherr, <strong>Rudolf</strong> habe das Königreich <strong>von</strong> ihm zu<br />

Lohn erhalten und damals sei auch die Huldigung durch jene<br />

Grafen und Bischöfe erfolgt, die Rollo verlangt hatte - so<br />

künstlich dies ist, so unrichtig ist es auch, da es Flodoards ganz<br />

klarem Bericht <strong>de</strong>s Jahres 928 beson<strong>de</strong>rs hinsichtlich <strong>de</strong>r Zeitfolge<br />

durchaus wi<strong>de</strong>rspricht. Mehrfach hat man für bei<strong>de</strong> Fürsten reichlichen<br />

Stoff zum Ta<strong>de</strong>l in <strong>de</strong>r Begegnung gefun<strong>de</strong>n: Karl wird<br />

als völlig verkommen dargestellt und <strong>Rudolf</strong> als grausamer Sieger<br />

geschil<strong>de</strong>rt, <strong>de</strong>r in eitlem Stolze es sich nicht habe versagen können,<br />

zu <strong>de</strong>m Unglück, das er über Karl gebracht, auch noch unedlen<br />

1) Flod. 1. c. Die Urkun<strong>de</strong>n geben ein Bild <strong>de</strong>s Schwankens <strong>de</strong>r Herrschaft<br />

seit En<strong>de</strong> <strong>de</strong>r zwanziger bis Anfang <strong>de</strong>r fünfziger Jahre, wo sich endlich<br />

die tranjuranische Herrschaft konsolidiert hat: Ludwig <strong>de</strong>n Blin<strong>de</strong>n,<br />

<strong>Rudolf</strong> <strong>von</strong> <strong>Frankreich</strong>, <strong>Rudolf</strong> Il. <strong>von</strong> Hochburgund, Hugo, Ludwig IV.,<br />

Konrad sehen wir msch hinter und zum Teil neben einan<strong>de</strong>r genannt; schwierig<br />

wird die Frage beson<strong>de</strong>rs durch die Unsicherheit in <strong>de</strong>n Datierungsepochen<br />

<strong>de</strong>r einzelne,, Herrscher; näher hierauf einzugehen gehört aber nicht in eine<br />

Geschichte ltudolfs. Vgl. Charbul. <strong>von</strong> Savigny im Lyonnais, <strong>von</strong> Ainay in<br />

Lyon, <strong>von</strong> Cluny, <strong>von</strong> S. Andrä-le-l5as in Vienne ; Giitgitls VIII, 72, s. vor.<br />

Anm.; Ilüfrer, die Stadt Lyon und die Westhälfte <strong>de</strong>s Erzbisthmus iii ihren<br />

polit. Beziehung. z. <strong>de</strong>utschen Reich u.• z. französ. Krone (Münster 1878)<br />

p. 18, 22.<br />

2) Flod. 928 p. 378, 11. E. IV, 22 p. 579, Richc 1, 55. Nur letzterer<br />

erwähnt l'onthion; dies war i'a <strong>de</strong>r That auch Krongnt (vgl. z. B. Amt 13ertinlani<br />

858, 861 SS. 1, 452, 45G ii. a.) und dies auch im 10.Jahrh. geblieben,<br />

Flod. 952 p. 401.<br />

5*


68<br />

Hohn zu fügen 1). Hierfür ist auch nicht die leiseste Spur einer<br />

Begründung beizubringen, man kann bei unparteiischer Betrachtung<br />

in <strong>Rudolf</strong>s Schritt nichts sehen, als das, was ihm eine richtige<br />

Erkenntnis <strong>de</strong>rLage vorschrieb: er machte <strong>de</strong>n Gegner unschädlich<br />

und hielt sich dabei <strong>von</strong> unnötiger Grausamkeit gänzlich frei, um<br />

<strong>de</strong>n bisherigen Anhängern Karls <strong>de</strong>n zu erwarten<strong>de</strong>n Uebertritt<br />

zum neuen nun unstreitig legitimen König zu erleichtern. Wenn<br />

seine That in dieser Hinsicht die gewünschten Folgen nicht<br />

hatte, so lag das nicht an ihm, son<strong>de</strong>rn an jenen Scheingetreuen,<br />

die nicht sowohl einen Karolinger, als am liebsten gar keinen<br />

König über sich haben wollten, am wenigsten aber einen wahren,<br />

kräftigen König.<br />

Volle Freiheit erlangte Karl jedoch auch durch <strong>Rudolf</strong>s<br />

Verleihung nicht; vielleicht war es nicht mehr eine strenge Gefangenschaft,<br />

son<strong>de</strong>rn mehr eine Art mil<strong>de</strong>rer Internierung mit<br />

beständiger Ueberwachung durch Heribert; unsre einzige zuverlässige<br />

Quelle Flodoard mel<strong>de</strong>t nur, dass <strong>de</strong>r ehemalige König in<br />

P&onne, also in <strong>de</strong>r Gewalt <strong>de</strong>s Grafen, starb, die an<strong>de</strong>rn Zeugnisse<br />

lassen ihn im Gefängnisse sterben, zum Teil mit schrecklichen<br />

Ausmalungen. Sein Tod erfolgte am 7. October 929; in<br />

<strong>de</strong>r S. Furseuskirche zu l'4ronne wur<strong>de</strong> er bestattet 2).<br />

Jetzt war auch <strong>de</strong>r letzte Vorwand <strong>de</strong>r Südfranzosen die<br />

Unterwerfung hinauszuschieben weggeräumt, doch unbekümmert<br />

darum beharrte man an <strong>de</strong>n meisten <strong>de</strong>r noch wi<strong>de</strong>rstreben<strong>de</strong>n<br />

Orte auch ferner in <strong>de</strong>r Ablehnung; nach Karls Regierung konnte<br />

man nicht mehr rechnen, man nannte daher als Herrscher Gott<br />

o<strong>de</strong>r Christus und zählte die Jahre nach Karls Tod. Vereinzelt<br />

betrachtete man <strong>de</strong>n jungen Ludwig, <strong>de</strong>r in England weilte, schon<br />

<strong>von</strong> jetzt ab als Nachfolger seines Vaters: in Conques (Rouergue)<br />

1) Flod. 1. c. Eieber 1. c. ]Calckstein p. 179; Martin, Ii. d. Fr. II, 513;<br />

Leibniz. A. i. 11, 388; Arbois 1, 105; Georges. Ii. d, Ohamp. p. 280; H. d.<br />

Lang. HI, 106; Borgnet, sur Je rögne <strong>de</strong> Ch.-l.-S. p. 50; Lens p. 13.<br />

2) Flod. 929 p. 378; Hugo Fiavin. Neerol. 38. VIII, 287. Folouin, g.<br />

a. Sith. e. 102 38. X1]I, 626: 16. Kai. oct•. (16. Sept), Eich. 1, 56 (To<strong>de</strong>sursache<br />

rnaehronosia, humores noxii). Die lothringischen Quellen geben Karl<br />

meist eine zweijährige Gefangenschaft und 924 als To<strong>de</strong>sjahr; cont. Reg. 925<br />

53. J, 616; Anm Lobienses, <strong>de</strong>nen er als ?vliLrtyrer gilt, 924 88, 11, 210, XIII,<br />

233; Leodienses 924 88. IV, 16; EInem minor. 924 85. V, 19; Blandin. 924<br />

58. V, 24; Sigeb. Gemblac. 926 38. VI, 347; Chron. Tornac. 925 13;. VIII,<br />

285; Aimoin, Mir. S. Ben., Bq. IX, 140 (danach Ohron. S. Benigni, Hugo<br />

Floriac. u, aj; Bist. reg. Franc, 35. XIII, 251; Bist. Franc, Sen. 55. LX, 366<br />

(danach ltich. Pictav, Ohron. Bq. LX, 25 1 Or<strong>de</strong>ric. Vital., Duchesne Norm. p.<br />

635); Ohron, Turon. Bq. IX, öl.


1<br />

69<br />

gab man jedoch die nutzlose Demonstration auf und nahm <strong>Rudolf</strong><br />

als Herrn an 1)<br />

1) Cart. <strong>de</strong> Conques n. 291, 6, 208, 91, 185, 200 u. a.; oben p. 30;<br />

(3 all. Christ V (1739) col. 433 Urk. betr. i4imes: a. III quo Ludovicus eocpit<br />

regnare post obitum regis 1{edulfi, letztrer Zusatz drückt <strong>de</strong>utlich <strong>de</strong>n unterschied<br />

<strong>von</strong> einem daneben üblichen früheren :Datierungstermine Ludwigs<br />

aus, wie unter Karl- ......post obitum Odonis, unter <strong>Rudolf</strong>- .....post<br />

obitum Karoli. Im Kloster Caunes: a. VIEL Ludoviei et a. 1. quo obiit Badulfus<br />

rex, Mal). Ann. Ben. 111.372; dieselbe Ansieht auch im .k<strong>de</strong>mar 88.<br />

IV, 125, <strong>de</strong>r Ludwig direkt auf Karl folgen lässt. Gall. Christ. Ii instr. ccl.<br />

6 gicht eine Urk. f. das eoenobium livahonense v. 27. März 936 md. VI.<br />

a. VIII. regn. Ludov. .Franeor. et Aquitanor. rege, es ist also hier Ludwigs<br />

Herrschaft auch <strong>von</strong> 929 ab datiert, doch stimmt md. VI. nicht; <strong>von</strong> <strong>de</strong>n<br />

als Zeugen genannten Personen sind wohl fast alle zeitlich passend, wie Gorune,<br />

'fIffpo Arnold, Odo, 1 :ul<strong>de</strong>gar. Verdacht erweckt jedoch Guido comes<br />

Berbonensis, <strong>de</strong>nn unter <strong>de</strong>n Herren <strong>von</strong> Bourbon gicht es mii diese Zeit<br />

keinen Wido und zuerst ei" Aimo führt Mitte <strong>de</strong>s 10..Tahrh. die Bezeichnung<br />

als Beurbon, aber nicht als Graf, vgl. J. M. <strong>de</strong> In Mure, JiisL <strong>de</strong>s Ducs <strong>de</strong><br />

Bourbon et <strong>de</strong>s Comtes <strong>de</strong> Forez (Paris, Lyon l868 p. 141; s. auch <strong>de</strong><br />

Lasteyrie, 1, c. p. 66 Anm.<br />

Lm


70<br />

III. Das Königtum <strong>Rudolf</strong>s.<br />

Fortschritte <strong>de</strong>s Königs.<br />

Kaum mit seinem König Heinrich ausgesöhnt, hatte Graf<br />

Boso sich in neue Streitigkeiten gestürzt. Markgraf Hugos Schwiegermutter<br />

Rothil<strong>de</strong>, <strong>de</strong>ren Abtei (Jhelles 922 Robert und Hugo zum<br />

Losbrechen gegen Hagano mit bewogen hatte, war am 22. März<br />

gestorben Boso riss Besitzungen <strong>de</strong>rselben an sich und wur<strong>de</strong>,<br />

da er sie auf Hugos Verlangen nicht zurückgab, <strong>von</strong> diesem<br />

bekriegt. Dessen Bun<strong>de</strong>sgenosse Heribert eroberte Bosos Hauptburg<br />

Vitry (im Perthois) 1), worauf man ihm bis En<strong>de</strong> Mai Waffenruhe<br />

zugestand; König Heinrich, an <strong>de</strong>n er sich wen<strong>de</strong>te ‚ setzte<br />

darauf einen feierlich beschworenen r'rie<strong>de</strong>n durch. Von Lothringen<br />

richteten die bei<strong>de</strong>n Verbün<strong>de</strong>ten ihre Waffen nach <strong>de</strong>r<br />

Küste und belagerten Montreuil, die Burg Erluins <strong>von</strong> Ponthieu,<br />

waren aber mit <strong>de</strong>m Empfang <strong>von</strong> Geiseln zufrie<strong>de</strong>n; bald danach<br />

störte gera<strong>de</strong> Erluin ihre Eintracht, in<strong>de</strong>m er sich Hugo kommendierte,<br />

wogegen Heribert sich durch <strong>de</strong>n Abfall <strong>von</strong> Hugos Vasallen<br />

Hilduin verstärkte 2)<br />

Seit 925 hatten grössere Unternehmungen seitens <strong>de</strong>r Loire-<br />

Normannen nicht stattgefun<strong>de</strong>n; im Anfang <strong>de</strong>s Jahres 930 wandten<br />

sie sich wie<strong>de</strong>r einmal <strong>de</strong>m Sü<strong>de</strong>n zu und drangen bis in das-<br />

Limousin vor. Auch diesen Gegen<strong>de</strong>n versagte <strong>Rudolf</strong> (<strong>von</strong> <strong>de</strong>ssen<br />

Aufenthalt wahrend <strong>de</strong>s Jahres 929 wir nichts wissen) seinen<br />

Beistand nicht, zumal Limousin seit Anbeginn ihm gehorsamte.<br />

1) Diese Stelle zeigt, dass W. Schultze, Forsch. z. d. G. XXV, 270.<br />

irrt, wenn er erst 935 Boso sich Vitrys bemächtigen lässt, in<strong>de</strong>m er die Worte<br />

<strong>de</strong>r Vita Joh. Gen. c. 104 38. IV, 367 Vietoriacuin obtinens mit <strong>de</strong>m Bericht<br />

<strong>de</strong>r Transl. S. Eugenii c. 21 <strong>von</strong> einem Zuge l3osos in <strong>de</strong>n pagus Lornacensis<br />

bis nach Brogne zusammenbringt; letzteres Ereignis wird zu irgend einem <strong>de</strong>r<br />

Kriege Bosos geb;ren, lTky war aber bereits 929 in seinem Besitz, und zwar<br />

wohl rechässig, da- er es 930 bei <strong>de</strong>r Vermittlung <strong>de</strong>r Streitigkeiten zurückerhielt,<br />

2) Ebd. 929 p. 378 H. R. IV, 22, 23 p. 579; JCalckstein p. 179; 13crt-hiany<br />

(Bibl. d. löc. d. eliart. IV, 2 ( Xvi]) p. 361 sieht schwerlich mit<br />

Recht in <strong>de</strong>r Annäherung <strong>Rudolf</strong>s ui Karl <strong>de</strong>n Grund zum Vorgehen Heriberts<br />

gegen Boso.


71<br />

Bei <strong>de</strong>rOertlichkeit ad Destricios rieb er ihre Schaaren fast<br />

gänzlich auf und diesem Erfolge reihte sich ein zweiter an: ein<br />

Teil <strong>de</strong>r Aquitanier, die so <strong>de</strong>s Königs Macht und Schutz hei sich<br />

selbst erfahren hatten, unterwarf sich jetzt'). Auch A.quitanier<br />

hatten an <strong>de</strong>n Kämpfen teilgenommen, an welche die Sage <strong>de</strong>n<br />

Beinamen Wilhelms <strong>von</strong> Angoulme „Sectorferri" anknüpft l).<br />

Beson<strong>de</strong>rs auf diesen Sieg über die loiretruppe, durch die<br />

Fleury wie<strong>de</strong>rholt gelitten, wird sich Aimoins Lob beziehen, dass<br />

<strong>Rudolf</strong> durch seine Normanuensiege <strong>de</strong>m Lan<strong>de</strong> <strong>de</strong>n Frie<strong>de</strong>n<br />

zurückgegeben habe und in <strong>de</strong>r That hören wir nichts mehr <strong>von</strong><br />

be<strong>de</strong>uten<strong>de</strong>n Einfällen dieser Schaar in das Innere <strong>Frankreich</strong>s<br />

- eines Streifzugs nach Tonraine und Berry konnten sich die<br />

Bewohner selbst erwehren (935). Wie sonst folgten auch diesem<br />

Siege <strong>von</strong> 930 Rückwan<strong>de</strong>rungen flüchtiger Klosterleute. Von<br />

Angoulöme kamen die Bewohner <strong>von</strong> ()harroux (Up. Vienne, arr.<br />

Civray) heim in ihr Kloster, S. Genulf wur<strong>de</strong> nach Estr6es (Up.<br />

indre, arr. Chateauroux) zurückgebracht, S. Benedikt bezog wie<strong>de</strong>r<br />

sein Flenry, <strong>de</strong>ssen Gebäu<strong>de</strong> bei Raginolds Besuch <strong>de</strong>r Zerstörung<br />

entgangen waren; ihm aber sollte es daheim nicht wohl wer<strong>de</strong>n.<br />

Die Norinannennot war been<strong>de</strong>t, unter <strong>de</strong>n Brü<strong>de</strong>rn jedoch kein<br />

Frie<strong>de</strong> eingezogen; ihre Feindschaft unter einan<strong>de</strong>r, ihr unkanonisches<br />

Leben trieben <strong>de</strong>n Vater <strong>de</strong>r Mönche aus seiner entheiligten<br />

Ruhestätte hinweg, wie eine Vision <strong>de</strong>n entarteten Mönchen verkün<strong>de</strong>te.<br />

Diese Zustän<strong>de</strong> benutzte ein frommer Graf Elisiard,<br />

Ii Flod. 930 p. 379; Woher 1, 57; Ohren. Vezeliac. (zu 929) Bq. 1X,<br />

89; Ä<strong>de</strong>rnar 111, 20 55. IV, 123 lässt die Schlacht <strong>von</strong> <strong>Rudolf</strong> <strong>von</strong> Burgund<br />

als Bun<strong>de</strong>sgenossen König Odos geschlagen wer<strong>de</strong>n, -doch ist sie offenbar auf<br />

<strong>Rudolf</strong> <strong>von</strong> <strong>Frankreich</strong> zu beziehen, vgl. Kalckstein p. 180; bei<strong>de</strong> wer<strong>de</strong>n ja<br />

vielfach schon im Mittelalter verwechselt, hier ist die Verwirrung erhöht durch<br />

die Verwechslung nicht mit <strong>de</strong>m zeitgenössischen <strong>Rudolf</strong> TJ, son<strong>de</strong>rn mit <strong>de</strong>ssen<br />

gleicluiamigen Vater; Marvaud, hist. <strong>de</strong>s vicomtes <strong>de</strong> Lirnoges (Paris 1873) 1,<br />

67 bringt es fertig, <strong>Rudolf</strong> <strong>von</strong> Burgund O<strong>de</strong> zu Hilfe ziehn und <strong>de</strong>nnoch die<br />

Schlacht 980 stattfin<strong>de</strong>n zu lassen, als Ort nennt er Estresse (prös <strong>de</strong> Beaulieul,<br />

das im 15. Jahrh. als Seigneurie Dex-tresse verkomme.<br />

2) A<strong>de</strong>mar 111. e. 28 55. IV, 127; Stemma comit, Engolism. Bq. X,<br />

164; Biel'. Pict. Ohren. Bq. IX, 21- im Frühjahr 930 star1, G. A<strong>de</strong>mar,<br />

Eme,ios Sohn, <strong>de</strong>r alte Nebenbuhler <strong>de</strong>s Bbolüs um <strong>de</strong>n Besitz <strong>von</strong> Poitöu;<br />

„ach Ann. Rugolisin. 55. IV. : Ohren. Aquit.an. 55, II, 259 A<strong>de</strong>mar t 4.<br />

apr., nach A<strong>de</strong>rn. Cabann. III, 23 55. IV, 126 t 10 Jahre nach Alduin<br />

<strong>von</strong> Angoukrne, <strong>de</strong>r Q . non. apr. 916 starb, weshalb Bq. VBI, 222 Ansn.<br />

A<strong>de</strong>mars <strong>von</strong> Poitou Tod zu 926 setzen will, während Waitz SS. IV, 126<br />

Anm. bei A<strong>de</strong>rn. Gab. 14 Jahrestatt 10 liest.


72<br />

um sich vorn König die Abtei - Abt Lambert war um diese<br />

Zeit gestorben - verleihen zu lassen; er erhielt sie, berief in<strong>de</strong>ssen<br />

bald <strong>de</strong>n berühmten Reformator Abt O<strong>de</strong> <strong>von</strong> Cluny zur Leitung,<br />

<strong>de</strong>r bereits Massay, Ddols, Bomanmeutier, Aurillac und Tulle mit<br />

verwaltete und <strong>de</strong>m es anfangs auch schwer ward, <strong>de</strong>n Trotz seiner<br />

Heer<strong>de</strong> zu- beugen und Fleurys alten Ruhm zu erneuern 1).<br />

Im Nor<strong>de</strong>n nahmen die Feh<strong>de</strong>n ihren Fortgang, Markgraf<br />

Hugo 2) verlor noch einen an<strong>de</strong>rn Vasallen, Arnold <strong>von</strong> Donay,<br />

an Heribert und gegenseitige Feindseligkeiten verheerte» Francien,<br />

so dass <strong>de</strong>r König selbst einschritt und durch verschie<strong>de</strong>ne Hoftage<br />

einen Frie<strong>de</strong>n erzielte, in <strong>de</strong>n -auch sein Bru<strong>de</strong>r Boso eingeschlossen<br />

wur<strong>de</strong>; Heribert gab ihm Vitry zurück, bewog aber<br />

bald darauf Bosos Vasallen A.nsellus, <strong>de</strong>n Befehlshaber <strong>de</strong>r Burg,<br />

zum Abfall, wofür er ihm mit Verleihung <strong>von</strong> Ooucy lohnte 3),<br />

Bald folgten <strong>de</strong>m kleinen Erfolg aber verschie<strong>de</strong>ne Rückschläge;<br />

Hugo gewann Gisilbert mit seinen Lothringern für sich; vereint<br />

bezwang man Douay )‚ doch erhielt sich Heribert seine» Anhänger<br />

Arnold durch Begabung mit Pöronne. während mit Douay <strong>von</strong><br />

Hugo Graf Rotgar belehnt wur<strong>de</strong>; gleichzeitig fiel Vitry wie<strong>de</strong>r<br />

in die Hän<strong>de</strong> seines Herrn, <strong>de</strong>r sich mit List auch Mouzons bemächtigte,<br />

es jedoch gegen Weihnachten wie<strong>de</strong>r verlor, da Heribert<br />

seine Entfernung benützend heimlich heranzog und unter Beihilfe<br />

seiner Freun<strong>de</strong> in <strong>de</strong>r Burg, die ihm nach unerwartetem lieberschreiten<br />

<strong>de</strong>r Maas verräterisch ein Thor öffneten, sich in <strong>de</strong>n<br />

Besitz setzte und die bosonischen Leute gefangen nahm 5),<br />

1) Elch. l'ict. 1. 0.; Translatio S. Genulil :13q. IX, 144; Aimoin, Mir. S.<br />

Ben, lIg. IX, 139; Vita Odonis, auct. Johanne, III e. 8 Acta S. 0. B. saec.<br />

V p. 182; UR. n. 29; Lib. <strong>de</strong> div. casih. coen. Derveusis c. 9., 'Mab. Acta<br />

S. 0. E. saec. II p. 847, 848.<br />

2) Hugo Teilnahme am limousinischen Zug, die Xalcksteia p. 181 nach<br />

<strong>de</strong>r Urk. Hugos bei Bourges 3. Mai 930 annimmt, ist möglich, seine Abwesenheit<br />

aus Frnaicien um jene Zeit auch durch Mnolds Abfall wahrscheinlich<br />

unrichtig setzt er dagegen die Bestätigung <strong>de</strong>r Prekarieurknn<strong>de</strong> für Königin<br />

Emma (s. ob. p. 58) auch in diese Zeit; sie ist voll' 15. April <strong>de</strong>s VIII. Jahres,<br />

also 931, Mabille Pancarte noire is. 98 (md. n. 138).<br />

3) Völlig verkannt ist die Sachlage in <strong>de</strong>r Flodoardübersetzung bei<br />

Guizot, Colleet. d. mm, rolat. h J'hist, d. Fr. V. (Paris 1824) p. 544.<br />

4 Vgl. lCalckstemn p. 182 Anm. 2.<br />

5) Flod. 930, 931. p. 379. lt. R. IV, 23 p. 580, - Kalchstein hat sich<br />

durch Barthölömys Aufsatz über das Dorn,ois (Bibl. d. i<strong>de</strong>. d. chart. IV, 11<br />

(XVII) p. 351-36fl) verleiten lassen, das Chron. Signiacence o<strong>de</strong>r Maeeriense<br />

<strong>de</strong>s Abtes Alarcl <strong>de</strong> Gcnailaeo bei diesen Känipfen p. 182) und noch an<strong>de</strong>r-


73<br />

Seit <strong>de</strong>r Erlangung <strong>de</strong>r gesetzlichen Alleinherrschaft nach<br />

Karls Verzicht und Tod stieg <strong>Rudolf</strong>s Stern immer höher; <strong>de</strong>r<br />

Ausbreitung seiner Macht über einen weiteren Teil Aquitaniens<br />

(930) folgte 931 zu Anfang <strong>de</strong>s Jahres die Rückgewinnung eines<br />

ehemaligen Reichsteiles im Südosten. Er zog vor Vienne und<br />

<strong>de</strong>ssen Besitzer, sein Neffe Karl Konstantin nahm seine Oberlehnsherrlichkeit<br />

an, ohne dass also <strong>de</strong>r König auf die Vergabung an Odo<br />

<strong>von</strong> Vermaudois noch Rücksicht nahm, da bereits wie<strong>de</strong>r ein gespanntes<br />

Verhältnis zwischen ihm und ileribert infolge <strong>de</strong>s<br />

Krieges mit Hugo eingetreten war. Nach erhaltenem Treueid<br />

Karls zog <strong>Rudolf</strong> zurück und dann nach Tours zu Markgraf Hugo;<br />

für <strong>de</strong>n 4. März ist seine Anwesenheit in <strong>de</strong>r Klosterburg S.<br />

Martins durch eine Urkun<strong>de</strong> für <strong>de</strong>ssen Kanoniker bezeugt').<br />

Bald darauf wur<strong>de</strong> seine Rückkehr nach Burgund nötig, wo<br />

ciii bisher treuer Vasall, Gislebert (<strong>von</strong> Vergy), <strong>de</strong>r Sohn <strong>de</strong>s<br />

Grafen Mauasse, durch einen Uebergriff <strong>de</strong>r Königin zum Abfall<br />

gedrängt wur<strong>de</strong>. Emma, wie früher erwähnt, eine sehr kräftig<br />

auftreten<strong>de</strong> Fürstin, hatte ihm die Burg Avallon genommen; aus<br />

Fiodoard ist nicht recht <strong>de</strong>utlich, ob mit Unrecht o<strong>de</strong>r nicht, doch<br />

scheint eher das erstere <strong>de</strong>r Fall zu sein, da einerseits Fiodoard<br />

nichts erwähnt, dass <strong>de</strong>r Graf vorher gewaltsam die Burg au sich<br />

gerissen habe und wir andrerseits Belege haben, dass auch <strong>de</strong>r<br />

Königin solche Gewaltthaten gegen <strong>de</strong>n Besitz Andrer, wie sie<br />

wärts (167, 185, 225 u. n.) stark zu benutzen, dasselbe ist aber bereits 1820<br />

Volt Brial (in <strong>de</strong>r Bist. liter. d. 1. Fr. XV, 596 ff.) und 1859 <strong>von</strong> Wattenbach<br />

(in Pertz' Arch. d. Ces. f. adt. dtsch. Gesclik. XI, 211 ff.) als untergeschoben<br />

erwiesen wor<strong>de</strong>n; Longnon, <strong>de</strong>r im ersten Teile seiner freiflichen Ahhandlungen<br />

sur les pagi <strong>de</strong> la Gaule (1869, Bibl. d. l'S. d. haut. 4t. fasc. J,<br />

8 ff.) ihm auch noch gefolgt war, hat es im zweiten Teil 11872 7 ib.<br />

lose. XI, 123 ff.) eingehen<strong>de</strong>r als die vorgenannten geprüft und als elen<strong>de</strong>s<br />

Machwerk aus <strong>de</strong>m En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s 17- o<strong>de</strong>r Anfang <strong>de</strong>s 18. Jahrhun<strong>de</strong>rts erwiesen.<br />

1) Flod. 931 p. 379; 11K. n. 13. -- Karl Konstantin soll sieh die Geneigtheit<br />

seines Oheims im aquitanisehen Norinannenkrieg erworben haben,<br />

vgl. Kalckstein p. 182, Gingins 1. e. VIII, 82 lt <strong>de</strong>r Karls Tapferkeit mit <strong>de</strong>n<br />

schönsten Farben ausmalt doch, ist dies reine Hypothese, da ja selbst seine<br />

Anwesenheit beim westfränkischen König nach 928 nur wahrscheinlich und<br />

nicht sicher ist und die Kenntnis <strong>von</strong> seinen Thaten gegen die Normannen<br />

ohne Zeitbestimmung nur auf <strong>de</strong>r allgemein gehaltnen und dabei sehr be<strong>de</strong>nk-<br />

)ic]ien Stelle fl.iehers 11, 98 beruht, <strong>de</strong>ssen andre dortige Angaben über Karl<br />

erwiesener Massen falsch sind, vgl. Gingins 1. e, Nach Martin, h. d. Fr. 11,<br />

514 (<strong>de</strong>sgl. auch Bq. VITI, 186 Anm.) soll Karl Vienne als Lehen <strong>de</strong>s transjuranischen<br />

Königs besessen haben, als <strong>de</strong>r Westfranke ihn zur Unterwerfung<br />

nötigte. II. d. Lang. IIJ, 109 Bil<strong>de</strong>r, 1, c. p. 19.


74<br />

damals so vielfach <strong>von</strong> <strong>de</strong>n Grossen geübt wur<strong>de</strong>n, nicht ganz<br />

fremd waren'). Eine ähnliche Handlung wie gegen Gislebert<br />

glaubte Emma auch gegen <strong>de</strong>n heiligen Germanus <strong>von</strong> Auxerre<br />

wagen zi dürfen. Da die Erzählung für ihre Zeit sehr bezeichnend<br />

ist, mag sie hier eingefügt wer<strong>de</strong>n: <strong>de</strong>m König <strong>Rudolf</strong>. einem<br />

vortrefflichen Fürsten, machte seine Gemahlin durch übles Re<strong>de</strong>n<br />

und Thun viel zu schaffen einst eignete sie sich gewaltsam die<br />

villa Q.uinciacus im Nivernais an, ein Gut <strong>de</strong>s S . Germanus, und<br />

verlieh sie <strong>de</strong>n Mannen ihres Gefolges. Doch bald ereilte sie die<br />

rächen<strong>de</strong> Hand <strong>de</strong>s Heiligen, <strong>de</strong>r sie durch einen Starrkrampf <strong>de</strong>r<br />

Zunge als <strong>de</strong>s Glie<strong>de</strong>s, mit <strong>de</strong>m sie viel gesündigt, bestrafte und<br />

zur Reue zwang. Mit zahlreichem Gefolge erschien sie im Kloster<br />

nd erlangte nach <strong>de</strong>r Spen<strong>de</strong> zweier kostbarer Spangen ihre Gesundheit<br />

wie<strong>de</strong>r; zugleich soll die Begebenheit bei ihr eine gründliche<br />

Besserung bewirkt haben 2)•<br />

Gislebert und sein Genosse im Aufstand, Graf Richard, <strong>de</strong>r<br />

Sohn Warners (wohl <strong>de</strong>s Grafen <strong>von</strong> Sens, <strong>de</strong>r 925 bei Chaumontle-Beis<br />

fiel), leisteten in ihren Burgen Wi<strong>de</strong>rstand, <strong>de</strong>n <strong>Rudolf</strong><br />

einstweilen nicht brechen konnte, da neue drohen<strong>de</strong>re Verwicklungen<br />

in <strong>de</strong>m fortwährend gähren<strong>de</strong>n Nor<strong>de</strong>n ausgebrochen<br />

waren 3).<br />

Boso hatte, da es mit Heribert zum Frie<strong>de</strong>n gekommen war,<br />

neuen Streit mit seinem Herzog Gisilbert und verlor an ihn seine<br />

Burg Durofostum; bald darauf schIessenITeribert und <strong>de</strong>r Lothringerherzog<br />

ein Bündnis, wodurch sich Boso zum Abfall <strong>von</strong><br />

Heinrich, bei <strong>de</strong>m Gisilbert als Schwiegersohn in Gunst stand,<br />

veranlasst fühlte und sich an seinen Bru<strong>de</strong>r anschloss. Seine<br />

1) Flod. 1. c. Knickstein verlegt; p. 181 unrichtig die Streitsache <strong>von</strong><br />

Avallen in das Jahr 930, und 1t 183 bringt er sie zum zweiten Male zu 931.<br />

2) An <strong>de</strong>r Begebenheit wird sich nicht zweifeln lassen; die Quelle,<br />

Appendix Mirac. S. Germani Autissiod., ist <strong>von</strong> einem Mönch <strong>von</strong> S. Germain<br />

im Anfang <strong>de</strong>s 11. Jahrh. verfasst., <strong>de</strong>r die zwei Spangen, die wie viele <strong>de</strong>rartige<br />

Wertgegenstän<strong>de</strong> im Mittelalter für ein Werk <strong>de</strong>s Eligius, <strong>de</strong>s heiligen<br />

Bischofs voll galten, als noch am Schrein <strong>de</strong>s Heiligen hängend beschreibt,<br />

wo sie die Geberin eigenhändig befestigt hatte. Dass die einfache<br />

Thatsaehe <strong>de</strong>r Entziehung und Rückgabe das Gutes noch münclnsch mit einem<br />

Wun<strong>de</strong>r verherrlicht und mit <strong>de</strong>m Klatsch späterer Generationen über eine<br />

gewisse Untugend <strong>de</strong>r Königin umklei<strong>de</strong>t wur<strong>de</strong>, raubt ihr nichts vc]i ihrer<br />

Glaubwürdigkeit. App. Mir, in d. Bibl. hist. dc 1' Yenne II p. 197, 198. -<br />

Quinciacus ist eins <strong>de</strong>r Cuncy im Dp. Nivre ‚ arr. Clarnecy, s. Dict. topegr.<br />

d. (I6p. d. 1. livre (1865, Paris).<br />

3) Richard, Sohn Warners, s. IM. im Rec. d. ehart. d. Cluny 1, n. 726:<br />

vgl. auch Gingins (les Rugoni<strong>de</strong>s) 1. e. IX, tabl. LV.


75<br />

Rückkehr <strong>von</strong> letzterem benutzte er zu einem Racheakt gegen<br />

seinen Nachbar Bovo <strong>von</strong> Cillons, <strong>de</strong>r die Verstümmelung einiger<br />

Leute Bosos seitens bischöflicher Vasallen durch Eroberung und<br />

Einäscherung <strong>von</strong> Chälons büsste und dafür nun zu Heribert (mit<br />

<strong>de</strong>m wir ihn schon 925 in Beziehung sahen) übertrat'). Auch<br />

Arnulf <strong>von</strong> Flan<strong>de</strong>rn suchte in <strong>de</strong>r allgemeinen Zerrüttung zu<br />

gewinnen, er entriss Rotgars <strong>von</strong> Laon Söhnen das ihm günstig<br />

gelegene Mortagne, welches also nach seiner Zerstörung durch<br />

Heribert (928) wie<strong>de</strong>r an sie gekommen war 2).<br />

Jetzt rückte <strong>de</strong>r König in Francien ein und trat für Hugo<br />

auf, worauf ileribert mit seinem offnen Abfall nicht länger zurückhielt.<br />

Seine Burg Doullens erag <strong>de</strong>m königlichen Heere, das<br />

darauf Arras einschloss; Heribert kam mit lothringischen Hilfstruppen<br />

unter Gisilbert zum Entsatz heran, ein Waffenstillstand<br />

bis zum 1. October verhin<strong>de</strong>rte aber <strong>de</strong>n Zusammenstoss und<br />

bei<strong>de</strong> streiten<strong>de</strong>n Teile zogen sich zurück. Da brach Hcriberts<br />

Besatzung in Reims <strong>de</strong>n Vertrag, in<strong>de</strong>m sie Hugos Burg Braisne<br />

an <strong>de</strong>r Vesle, die er vom Erzbistum Rouen zu Lehen trug, bei<br />

einem Streifzug zerstörte 3).<br />

Dies bewog <strong>Rudolf</strong>) zu einem energischen Vorgehen gegen<br />

diesen einen llauptsttitzpunkt <strong>de</strong>r feindlichen Macht. Verhandlungen<br />

mit Klerus und Bürgerschaft <strong>von</strong> Reims über die endlich<br />

vorzunehmen<strong>de</strong> Wahl <strong>de</strong>s Erzbischofs führten zu keinem Ziele, da<br />

man in <strong>de</strong>r Stadt, freiwillig und durch Heriberts Gaben gewonnen<br />

o<strong>de</strong>r durch seine Besatzung gezwungen, au <strong>de</strong>r provisorische»<br />

Wahl und Nomination <strong>de</strong>s Kin<strong>de</strong>s Hugo festhielt, die man nach<br />

Kirchenrecht nicht umstossen könne. Daraufhin rückten <strong>de</strong>r König<br />

und <strong>de</strong>r Markgraf mit ihren Truppen in das Gebiet <strong>von</strong> Laon<br />

und Reims ein, wo sich jetzt schon die Wirkung dieser entschlos.sesien<br />

Schritte darin äusserte, dass Einzelne die Sache <strong>de</strong>s<br />

Vermandois verliessen und sich zum heranziehen<strong>de</strong>n Heere be-<br />

1) FIod. 931 p. 379. En<strong>de</strong> 982 (Flod. 932 p. 381) lag er wie<strong>de</strong>r mit<br />

einem geistlichen Herrn ja Feh<strong>de</strong>, <strong>de</strong>in Bischof Bernuin <strong>von</strong> Verdun.<br />

2) Flod. 1. c, s. oben zu 928. -<br />

3) Flod. 933. p. 380, H. R. IV, 23 p. 550; Richer 1, 58 lässt auch<br />

Arms genommen und durch einen Treueid <strong>de</strong>m König gesichert wer<strong>de</strong>n. -<br />

Arbois du Jubainville 1, 109.<br />

4) In diese Zeit gehört höchstwahrscheinlich UR. 14 aus Compigne<br />

vom 7. Okt. <strong>de</strong>s X. 1eg. IX.) Jahres; vor <strong>de</strong>in 1. Okt. geschah die Unternehinung<br />

gegen Arms, in <strong>de</strong>r zweiten 1-liöfte <strong>de</strong>s Oktoher war <strong>de</strong>r König in<br />

Attigny, da um jene Zeit (24. Okt.) die Verhandlungen mit Heinrich statthatten,<br />

in das Itiiierar fügt sich somit bequem Compiögne mit <strong>de</strong>m 7. Oktober<br />

ein; vgl. ferner Anm. zu UR. 14.


76<br />

gaben; Artold, ein Mönch <strong>von</strong> S. Remy, suchte damals Hugo auf<br />

und scheint sich seine Geneigtheit erworben zu haben, die ihm<br />

bald Früchte tragen sollte. Als die Lage so ernst wur<strong>de</strong>, hielt<br />

es Heribert für gut, sich auswärtige Hilfe durch Übertritt aus<br />

<strong>de</strong>r französischen in die <strong>de</strong>utsche Lehusabhängigkeit zu verschaffen.<br />

er suchte Heinrich in Lothringen auf und huldigte ihm. <strong>Rudolf</strong><br />

war jedoch auf seiner Hut;er selbst rückte bis Attigny nach<br />

Osten und sandte Hugo weiter zu Heinrich, <strong>de</strong>ssen Aufenthalt in<br />

lvois am 24. Oktober') sich gut mit <strong>de</strong>r Zusammenkunft vereinigen<br />

lüsst. Die Sendung war nicht erfolglos: man traf ein<br />

Abkommen, das sich Heinrich <strong>von</strong> seiten Hugos durch Geiseln<br />

sichern liess, <strong>von</strong> einer Intervention zu Gunsten seines eben gewonnenen<br />

Vasallen Heribert war ferner keine Re<strong>de</strong>, son<strong>de</strong>rn er<br />

ging über <strong>de</strong>n Rhein zurück. Es könnte auffallen, dass <strong>de</strong>r <strong>de</strong>utsche<br />

König sich diese Gelegenheit zum Eingreifen entschlüpfen liess,<br />

dass er sogar <strong>de</strong>m feudalen Herkommen zuwi<strong>de</strong>r seinen Mann<br />

nicht unterstützte, wozu er als senior verpflichtet war, sobald er<br />

einmal die Huldigung, sei es nun allein für <strong>de</strong>ssen Person 2) o<strong>de</strong>r<br />

mit für <strong>de</strong>ssen Besitz, angenommen hatte ; es ist wahrscheinlich,<br />

dass er wichtigere Vorteile gegen das Preisgeben <strong>de</strong>s unbeständigen<br />

Grafen eintauschte, und zwar die Anerkennung seiner Herrschaft<br />

in Lothringen. Bisher hatten <strong>de</strong>r Sachse und <strong>de</strong>r Burgun<strong>de</strong>r sich<br />

feindlich gegenübergestan<strong>de</strong>n, noch beim letzten Aufstand <strong>de</strong>r Jahre<br />

927, 928 hatte Heinrich auf Seite <strong>de</strong>r Empörer sich befun<strong>de</strong>n und<br />

erst zuletzt ihnen thätige Beihilfe versagt, seit<strong>de</strong>m ist nichts <strong>von</strong><br />

einer Annäherung bei<strong>de</strong>r Fürsten bekannt; hier geht nun Heinrich<br />

so bereitwillig auf die Vorschläge <strong>de</strong>s Gegners ein, dass die Annahme<br />

unmöglich ist, ein so verständi ger Herrscher wie er wür<strong>de</strong><br />

<strong>de</strong>m Gegner diesen wichtigen Dienst geleistet haben ohne entsprechen<strong>de</strong><br />

Entschädigung, die ihm jener wohl durch <strong>de</strong>n Verzicht<br />

auf Lothringen gewährte 3). <strong>Rudolf</strong> hatte in <strong>de</strong>n letzten Jahren<br />

1) Flod. 931 p. 380, H. E. IV, 24 p. 580; Ann. Augienses 031 88. 1,<br />

en. Stumpf, Reg. n. 34. M. G. DD, (Diplom.) J, 65 n. 30. Kalckstein p.<br />

185: Waitz, Heinrich p. 144 (141 3): Leibniz. A. i. 11, 430. Ivois o<strong>de</strong>r Jvoy<br />

(Carignan) am Chiers, d6p.Ar<strong>de</strong>nnes, arr. Sedan. ]‚aIie <strong>de</strong>r <strong>de</strong>utschfranzosischeu<br />

Grenze <strong>de</strong>s Mittelalters, war überhaupt ein beliebter Zusa,mne,,k,,nftsort. <strong>de</strong>r<br />

Herrscher bei<strong>de</strong>r Reiche und wur<strong>de</strong> in <strong>de</strong>r Folgezeit wie<strong>de</strong>rholt gewählt. vgl.<br />

Waitz, Verfass. gesch. \T1 137 Anm. 4.<br />

2) So fasst Kalckstein 1. c. die Huldigung.<br />

3) Flod. Worte pacta securitate weisen ziemlich <strong>de</strong>utlich auf die Art<br />

<strong>de</strong>s Vertrags hi,,, es wur<strong>de</strong> <strong>von</strong> bei<strong>de</strong>n Seiten Sicherheit verabre<strong>de</strong>t, Heinrich<br />

also in, gegeriwärtige, Besitz Lothringens sicher gestellt.


egonnen sein Königtum mi Westreiche selbst zu festigen und<br />

gab daher Lothringen jetzt auf, das seit Karls <strong>de</strong>s Kahlen Zeit,<br />

obwohl stets eifrig erstrebt, immer nur ein prekärer Gewinn für<br />

<strong>Frankreich</strong> gewesen war, wie er ja selbst in seinen ersten Jahren<br />

hatte erfahren müssen; Heinrich andrerseits musste an einem<br />

förmlichen Verzicht <strong>de</strong>s Frankenkönigs liegen, da ein solcher seiner<br />

Stellung im Zwischenreiche zu gute kam l). Bisher hatte er zum<br />

Teil kraft seines Rechtes <strong>de</strong>r Eroberung, zum Teil infolge <strong>de</strong>s freiwilligen<br />

Anschlusses <strong>de</strong>r Lothringer geherrscht, Rückfallsgelüste<br />

bei irgend welcher Verän<strong>de</strong>rung <strong>de</strong>r gegenseitigen Stellungen<br />

waren hei <strong>de</strong>n fortdauern<strong>de</strong>n Berührungen zwischen <strong>de</strong>n französischen<br />

und lothringischen Herren nicht ausgeschlossen, wie Bosos<br />

Beispiel zeigt 2), <strong>de</strong>r eine Zwitterstellung einnimmt, da er <strong>de</strong>utscher<br />

Vasall (für Durofost u. a.) und französischer (für Vitry ii. a.) zugleich<br />

war; durch die Verständigung <strong>de</strong>r Oberherrn wur<strong>de</strong> ein<br />

solches Hin- und ilerschwanken erschwert o<strong>de</strong>r doch die friedliche<br />

Beilegung beim Eintritt eines Abfalls erleichtert.<br />

Gegen die Gefahr <strong>von</strong> aussen gesichert, zog <strong>de</strong>r König mit<br />

einem stattlichen Heere vor Reims, Hugo, Boso und zahlreiche<br />

andre Grafen und Bischöfe befan<strong>de</strong>n sich bei ihm. In Cormicy<br />

war das königliche Hauptquartier, die Mannschaften wur<strong>de</strong>n in <strong>de</strong>r<br />

Nachbarschaft in die Dörfer verteilt und lagerten in weiter Aus<strong>de</strong>hnung<br />

bis nach Bouffignereux im Gau <strong>von</strong> Laon hin ). Die<br />

ihn begleiten<strong>de</strong>n Bischöfe drangen nun in <strong>Rudolf</strong>, <strong>de</strong>m unkanonischen<br />

Zustand einer so langen Sedisvakanz ein En<strong>de</strong> zu machen,<br />

und leicht ging er darauf ein, da er hier die Pflicht <strong>de</strong>s Schutzherrn<br />

<strong>de</strong>r Kirche mit <strong>de</strong>n politischen Beweggrün<strong>de</strong>n auf das beste<br />

vereinigen konnte; er liess daher durch reimser Klerus und Laien,<br />

soweit sie schon offen zu ihm übergegangen waren, im Lager die<br />

Wahl vornehmen; auch voif manchen in <strong>de</strong>r Stadt Befindlichen,<br />

1) Waitz' Darstellung p. 144 (142) ist eine andre, erscheint aber <strong>de</strong>r<br />

Lage weniger angemessen; <strong>de</strong>r Grund, <strong>Rudolf</strong> habe in <strong>de</strong>r letzten Zeit keine<br />

Ansprüche erhoben, in-volviert doch keineswegs einen Verzicht, und früher<br />

kann dieser nicht stattgefun<strong>de</strong>n haben; dass er aber je<strong>de</strong>nfalls stattgehabt<br />

bat, beweist die im Frie<strong>de</strong>n 935 über Besos Vasallität getroffite Entscheidung.<br />

2) Desgl. schon 924 Gisilberts Beispiel nach seinem ersten Anschluss<br />

923 an Deutschland.<br />

8) Fied. Ii, E. 1. 20 p. 437. (Jormicy, dp. Kerne, an. Reims, Bouffiguereux,<br />

Up. Aisne, an. Laon ‚ bei<strong>de</strong> nahe <strong>de</strong>r Grenze <strong>de</strong>r Arrondissements,<br />

NW. <strong>von</strong> Reims an <strong>de</strong>r Strasse nach Laen, um eitlen eventuellen Entsetzungsversuch<br />

<strong>de</strong>s Grafen zu hin<strong>de</strong>rn. Die Flo<strong>de</strong>ardübersetzung bei Guizot, Co)lect<br />

p. 92 giebt Vulfiniaci-rivus falsch als Bonflneau, vgl. dagegen Dict. topogr.<br />

du dp. <strong>de</strong> l'Aiene (Paris 1871) p. 34.


die noch nicht mit klarer Parteinahme hervortreten mochten o<strong>de</strong>r<br />

konnten, sicherte man sich die Zustimmung. Man hielt sich also<br />

formell möglichst im Rahmen <strong>de</strong>r Vorschriften <strong>de</strong>s Kirchenrechts;<br />

dass trotz<strong>de</strong>m <strong>de</strong>r König seinen Einfluss ausübte, <strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Krone<br />

ja auch durch <strong>de</strong>n Papst gewährleistet 1) war, ergiebt sich aus <strong>de</strong>r<br />

Wahl jenes Artold, <strong>de</strong>r damit <strong>de</strong>n Lohn seines rechtzeitigen Parteiwechsels<br />

erhielt und <strong>de</strong>ssen Lebensstellung als einfacher Mönch<br />

in ihm für das Königtum einen treueren Helfer erwarten liess als<br />

in einem Mitglied <strong>de</strong>s landsässigen A<strong>de</strong>ls, das durch allerhand<br />

Familienrücksichten beeinflusst war und <strong>de</strong>m König selbständiger<br />

gegenübertreten konnte, Diese Wahl, <strong>de</strong>r Zwiespalt im Innern,<br />

die Aussichtslosigkeit <strong>de</strong>s Entsatzes und die Verwüstung <strong>de</strong>r<br />

ausserhalb <strong>de</strong>r Mauern liegen<strong>de</strong>n Kirchengüter machte endlich in<br />

<strong>de</strong>r dritten Woche <strong>de</strong>r Belagerung die noch Wi<strong>de</strong>rstreben<strong>de</strong>n gefügig,<br />

sodass die bischöflichen Vasallen jetzt freiwillig die Thore<br />

öffneten, worauf <strong>de</strong>r neue Erzbischöf die feierliche Weihe in Gegen<br />

wart <strong>von</strong> achtzehn Bischöfen erhielt').<br />

Dann erging ein Strafgericht über einen Anhänger Heriberts:<br />

Bischof Bovo war in die Hän<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Königlichen gefallen, angeblich<br />

auf einem Streifzug, und teilte mit seinem Metropoliten das<br />

Loos <strong>de</strong>r Absetzüng; Hugo übernahm seine Verwahrung. seine<br />

Wür<strong>de</strong> erhielt ein Geistlicher Milo, Nicht zufrie<strong>de</strong>n mit <strong>de</strong>n<br />

erlangten Erfolgen schritt man weiter zur völligen Demütigung<br />

<strong>de</strong>s übermütigen, gehassten Grafen, Laon kam an die Reihe., wohin<br />

er selbst sich geworfen hatte - hier mag auch seine Hauptmacht<br />

versammelt gewesen sein, da wir in Reims bei <strong>de</strong>r Belagerung<br />

und Einnahme nicht mehr <strong>von</strong> seinen Leuten hören. Bald aber<br />

musste er die Unmöglichkeit erkennen, die Stadt zu halten; er<br />

erbat und erhielt freien Abzug, liess aber in <strong>de</strong>r <strong>von</strong> ihm vorsorglich<br />

errichteten Burg seine Gemahlin, die <strong>de</strong>in Beispiel ihrer<br />

königlichen Schwester folgend <strong>de</strong>n Bemühun gen <strong>de</strong>r Fein<strong>de</strong> standhaft<br />

Trotz bot, schliesslich jedoch <strong>von</strong> ihrem Gemahl ohne Entsatz<br />

gelassen erlag-3). Das Königtum war wie<strong>de</strong>r im Besitz seiner<br />

Hauptfestung, Laon und Reims gewährten seiner Sache einstweilen<br />

1) Schreiben 1', Johanna X. 921 13q. IX, 215, 2016.<br />

2) Fiod. 11. B. IV, 35 p. 586 ist eingehen<strong>de</strong>r als die bei<strong>de</strong>n an<strong>de</strong>rn<br />

Steilen E. R. P1, 24. p. 580 u. Ann. 931 p. 380, welche die Wahl im Lager<br />

übergehen und nur die Weihe nach <strong>de</strong>r Kapitulation angeben. Rielier 1,<br />

69-61 lässt <strong>de</strong>n Kanig eine eindringliche Ermahnungsre<strong>de</strong> an die Bürgerversammlung<br />

halten, trifft aber (c. 61) für die Sachlage <strong>de</strong>n richtigen Ausdruck:<br />

eives ab rege g aas i, i „ s s i s regiis coneedunt<br />

3) Flod. 931 p. 380, 11. R. IV, 24 p. 580; Richer 1, 62.


79<br />

genügen<strong>de</strong>n Rückhalt und <strong>Rudolf</strong> konnte seine'<br />

entgegengesetzter Richtung entfalten.<br />

thätigkeit nach<br />

J1j Aquitanien entzweiten Feh<strong>de</strong>n die provinzialen Gewalten<br />

- sie sollten ihm <strong>de</strong>n Abschluss <strong>de</strong>r Unterwerfung erleichtern.<br />

Den Winter brachte er in Burgund zu, doch verschob sich das<br />

aquitanische Unternehmen noch durch andre dazwischenkommen<strong>de</strong><br />

Angelegenheiten. Die bisher im Aufstand befindlichen Burgun<strong>de</strong>r<br />

Gislebert und Richard verloren einige Burgen und kehrten bald<br />

darauf zum Gehorsam zurück I)•<br />

In Noyon hatte sich mittlerweile nach Airards Tod ein<br />

Kampf um das Bistum entsponnen, da die Wähler <strong>de</strong>n Abt Yen<br />

C'erbie, Waltbert, verlangten, während ein ehrgeiziger Geistlicher<br />

<strong>de</strong>r Stadt selbst danach strebte und mit Unterstützung Graf Adalehns<br />

<strong>von</strong> Arras, <strong>de</strong>n er verräterisch einliess, es an sich zu reissen<br />

dachte. Die vertriebuen Bischofsmannen erstürmten aber zusammen<br />

mit <strong>de</strong>n Vorstädtern die Stadt und <strong>de</strong>r Graf musste sich in die<br />

feste Kirche zurückziehen, nach <strong>de</strong>ren Er.brechung er ohne Scheu<br />

am Altar nie<strong>de</strong>rgehauen wur<strong>de</strong>. Waltbert ward nun <strong>von</strong> Artold<br />

geweiht und gelangte auch thatsächlich in <strong>de</strong>n Besitz 2)<br />

Während diese Ereignisse Artois und Picardie in Spannung<br />

erhielten, erschien auch <strong>de</strong>r König zu kurzem Aufenthalt in<br />

Francien n): ein rascher Vorstoss brachte Reriberts Abtei S. Medard<br />

bei Soissons in seine Hand, worauf er nach Burgund zurückkehrte,<br />

da er sein Augenmerk auf <strong>de</strong>n Verlauf<strong>de</strong>r Dinge jenseits <strong>de</strong>r<br />

Loire gerichtet hielt. Und jetzt endlichwur<strong>de</strong> ihm die Genugthuung,<br />

<strong>de</strong>n so hartnäckigen Sü<strong>de</strong>n doch als sein betrachten zu<br />

1) Flod. 932 v 380.<br />

2) F)od. 1. c.; Richer L 63 wird <strong>von</strong> Kalckstcin p. 187 falsch aufgefasst.<br />

Bei Rieher erscheint .Adalehn nicht als Genosse Jieriberts, son<strong>de</strong>rn als Anhunger<br />

<strong>de</strong>s Königs, wie die Stelle beweist, dass <strong>de</strong>r Graf nichts da<strong>von</strong> wusste,<br />

dass <strong>de</strong>r König <strong>de</strong>m Geistliche,, das Bistum verweigert habe; unter <strong>de</strong>r Grafschaft,<br />

die dieser <strong>de</strong>m Grafen verschaffen will, ist schwerlich die <strong>von</strong> Arms<br />

zu verstehen - dort hatte <strong>de</strong>r Bischof <strong>von</strong> Noyon nichts zu verschaffen -<br />

son<strong>de</strong>rn die <strong>von</strong> Noyon selbst. So Richers Auffassung, die freilich auch nicht<br />

zutreffend ist, <strong>de</strong>nn betreffs <strong>de</strong>r Stellung <strong>de</strong>s A.dnlehn hat Kaick-stein wohl<br />

Recht, wenn er ihn für heribersch geslimt. hält (zufolge <strong>de</strong>r Belagerung <strong>von</strong><br />

Arras, s. oh. p. 75, die doch nur einem Fein<strong>de</strong> gelten konnte). Martin h. d.<br />

Fr. II, 516 (ganz unbegrün<strong>de</strong>t). - Waithert war iii <strong>de</strong>r Folge unbestrittener<br />

Inhaber <strong>von</strong> Noyon so z. B. Anfang 934, vgl. Mabillon, <strong>de</strong> re dipl. 1. VI. n.<br />

F• 567.<br />

3) Flod, 932 p. 381 Heribert hatte kurz zuvor Harn in Vermandojs<br />

erobert und <strong>de</strong>ssen Besitzer Ebrard, <strong>de</strong>n Bru<strong>de</strong>r Erluins, gefangen genommen.


SO<br />

können. Die drei mächtigsten Herren, die noch in <strong>de</strong>r Ablehnung<br />

beharrt hatten, Graf Raimund Pontius <strong>von</strong> Toulouse, sein Oheim<br />

Ermengaud <strong>von</strong> Rouergue und selbst <strong>de</strong>r Vaskonendynast Lupus<br />

Acinarius huldigten ihm; meist nimmt man einen Zug Bu<strong>de</strong>ifs<br />

nach Aquitanien an, ohne dass sich dafür in<strong>de</strong>ssen ein Beweis<br />

erbringen liesse, es wird daher unentschie<strong>de</strong>n bleiben, ob die<br />

Grossen zu ihm kamen o<strong>de</strong>r er sie aufsuchte. Das wahrscheinlichere<br />

ist mir - ohne Richers Zeugnis hier verwerten zu wollen, <strong>de</strong>r<br />

ja unselbständig ist und nur auf Fiodoard beruht - ein ähnliches<br />

Entgegengehen wie 924 (gegenüber Herzog Wilhelm) zur<br />

Loire. Die Unterwerfung ist auch durch Urkun<strong>de</strong>n aus fast allen<br />

Teilen Aquitaniens und <strong>de</strong>s Languedoc bezeugt und man ging<br />

hierbei so weit, dass man nun Budolfs Herrschaft offiziell mit<br />

Karls Tod beginnen liess, also das eigne Verhalten in diesen<br />

drei Jahren, die man als königslose Jahre in <strong>de</strong>n Urkun<strong>de</strong>n gezählt<br />

hatte, als ungesetzlich bezeichnete 1).<br />

Der Schritt dieser Herren <strong>de</strong>hnte :<strong>Rudolf</strong>s Machtbereich bis<br />

zu <strong>de</strong>n Pyrenäen aus, nur die südlich da<strong>von</strong> liegen<strong>de</strong> spanische<br />

Mark, ein ganz für sich leben<strong>de</strong>s kleinstaatliches Gebil<strong>de</strong>, ging<br />

auch fernerhin ihre eignen Wege die Erblichkeit <strong>de</strong>r Lehen war<br />

hier, weit weg vorn Sitze <strong>de</strong>r Centralgewalt, völlig durchgedrungen,<br />

so dass die Grafen ihre Bezirke geteilt auf die Söhne vererbten<br />

wie Eigengut und auch mit <strong>de</strong>n an sie gekommenen Regalien ganz<br />

nach Willkür schalteten 2)<br />

Über die Belohnung <strong>de</strong>r huldigen<strong>de</strong>n Grafen herrscht unter<br />

<strong>de</strong>n Neueren grosse Meinungsverschie<strong>de</strong>nheit. Das Streitobjekt<br />

bil<strong>de</strong>t das Herzogtum Aquitanien, das vorn König noch nicht<br />

vergeben gewesen sein kann; nass <strong>Rudolf</strong> es <strong>de</strong>m Grafen <strong>von</strong><br />

Poitou genommen haben sollte, ist nicht glaublich, da Ebolus<br />

fortgesetzt <strong>Rudolf</strong>s Vasall blieb, <strong>de</strong>r König also keinen Grund zu<br />

einer solchen Massregel hatte, und auch nach 932 Ebolus an ihm<br />

1) Flod 932 r . 381; Iticher 1. 64; UR. ii. 16 1 vom Juni (Mai) aus<br />

Anse im Lyonnnis nach <strong>de</strong>r Unterwerfung <strong>de</strong>r Aquitanier, da die lJrk. Isbntolieu<br />

im neu erworbenen Gebiete betrifft. II. d. Lang. V, n. 57-63; Gallia<br />

Ohrist, YI, ccl. 433, 1085. Die Urkun<strong>de</strong>n mit Datierung nach Karls Tod<br />

gehen nur vom 1-3. Jahre; Baluze Capit. II, app. 1535; s. ob. p. 30, 68.<br />

]Calckstein p. 18(i lässt <strong>Rudolf</strong> erst 933 nach Aquitanien ziehen. 11. d. Lang.<br />

iTT, 110 ff; Leibniz, Ii, 418 lt<br />

2) Gesta comit. Barcinon. Bq. IX, 69. Im Jahre 911 hatte Graf Wifred<br />

<strong>von</strong> Barcelona über sein Münzrecht nur unter Vorbehalt nachträglicher königlicher<br />

Bestätigung verfügt, 934 gab sein Bru<strong>de</strong>r, Graf Suniar <strong>von</strong> Urgel, eine,,<br />

Teil seines Anspruchs aus eigner Machtvollkommenheit <strong>de</strong>m Bistum Girona.<br />

s. Marca Ilispanica col. 385, 838. 846.


81<br />

festhielt, vor allem aber weil gar kein zuverlässiges Zeugnis vorhan<strong>de</strong>n<br />

ist, dass er es überhaupt seit 927 o<strong>de</strong>r 928 besass. Dass<br />

hingegen Raimund in <strong>de</strong>r Folge es inne hatte, zeigen die Urkun<strong>de</strong>n<br />

es liegt <strong>de</strong>mnach die Vermutung nahe, dass ihm <strong>de</strong>r König bei<br />

seiner Huldigung <strong>de</strong>n ilerzogstitel zugestand; eine Doppelverleihung<br />

all und Ermengaud zusammen (nach Art ihres<br />

gemeinsamen Principats iii Gothien) ist unwahrscheinlich, da Ermengaud<br />

nie <strong>de</strong>n ilerzogstitel führt 1).<br />

<strong>Rudolf</strong> Herr <strong>de</strong>s Reiches.<br />

in Francien hatte Hugo auch nach <strong>de</strong>s Königs Entfernung<br />

<strong>de</strong>n Krieg weiter geführt; mehrere Bischöfe halfen ihm bei <strong>de</strong>r<br />

Bezwingung <strong>von</strong> Amiens, <strong>von</strong> wo man sich nach Empfang <strong>von</strong><br />

Geiseln gegen S. Quentin wandte, <strong>de</strong>n alten Hauptsitz <strong>de</strong>s Grafen<br />

in seinem Stammlan<strong>de</strong> Yermandois, welchen man zwei Monate<br />

umlagerte, ehe die Burgmannen kapitulierten.<br />

Der ehemalige Bischof Bovo <strong>von</strong> CihMons hatte sich während<br />

seiner Haft die Geneigtheit seines .Hüters Hugo erworben und<br />

<strong>de</strong>ssen Fürsprache ihm die königliche Gna<strong>de</strong> und damit sein<br />

Bistum wie<strong>de</strong>rverschafft, in <strong>de</strong>ssen Besitz ihn nun Raubzüge <strong>de</strong>s<br />

Gegenbischofs Milo gefähr<strong>de</strong>ten; Artold trat aber in die Fussstapfen<br />

seiner Vorgänger und exkommunizierte auf einer Syno<strong>de</strong> mit seinen<br />

Suifraganen <strong>de</strong>n Ruhestörer 2)•<br />

Heriberts Missgeschick führte Herzog Gisilbert leicht wie<strong>de</strong>r<br />

mit <strong>de</strong>m früheren Genossen Hugo zusammen, die Lothringer belagerten<br />

Pdronne, da aber wie<strong>de</strong>rholte Sturmangriffe nur mit Vorlasten<br />

en<strong>de</strong>ten, gab <strong>de</strong>r Herzog nach einer durch Hugo vermittelten<br />

Zusammenkunft mit <strong>Rudolf</strong> die schwierige, wenig Gewinn vorsprechen<strong>de</strong><br />

Unternehmung auf und zog heim. Der König, <strong>de</strong>r in<br />

diesen Kämpfen eine eifrige Thätigkeit entfaltete, kam gegen En<strong>de</strong><br />

<strong>de</strong>s Jahres nochmals selbst herbei und ein weiterer Platz im<br />

Vermandois, Hain, musste <strong>von</strong> ihm und Hugo belagert Geiseln<br />

stellen. Die Lage <strong>de</strong>s Rebellen verdüsterte sich mehr und mehr;<br />

1) Urkundliche Belege für Ebolus und Raimund s. ob. p. 64 Anm., für<br />

Ermengaud Catel, h. cl, conit. d. Tolose p. 84, 85 (H. d. Lang. V. xi. 59,<br />

.62). Nach II. d. Lang. Ui, 111 erhielt RaimuitdVelai und Auvergne, Ermengatid<br />

Gövaudan ‚ die letztere Verleihung nehmen auch an Xalckstein p. 186,.<br />

Glr41rer, Gregor, IV, 17.<br />

2) Flod. 932 p. 380; vgl. ane], Kilckstein p. 486.


Von stärkeren Festungen blieben ihm in seinem nördlichen Gebiete<br />

unbestritten nur noch Pöronne und Chateau -Thierry, <strong>de</strong>nn auch<br />

Arras, zwar nicht ihm selbst, aber seinem Genossen Adalelm gehörig,<br />

war an Graf Arnulf <strong>von</strong> Flan<strong>de</strong>rn verloren gegangen, <strong>de</strong>r<br />

sich wohl Jenes Tod in Noyon zu nutze machte, und in Laon<br />

schob man etwaigen Versuchen Heriberts zur Wie<strong>de</strong>rgewinnung<br />

einen Riegel vor, in<strong>de</strong>m man bei Gozberts Tod <strong>de</strong>n Ingram zum<br />

Bischof machte, <strong>de</strong>r als Dekan <strong>de</strong>s königlich gewor<strong>de</strong>nen S. Mcdardusklosters<br />

sich wohl als königstreu gezeigt hatte ').<br />

Seine hoffnungslose Lage liess Heribert, trotz<strong>de</strong>m ihm 931<br />

<strong>de</strong>r <strong>de</strong>utsche König nicht beigestan<strong>de</strong>n hatte, <strong>de</strong>nnoch bei diesem<br />

die letzte Hilfe suchen, aber das ganze Jahr verging unter wechselvollen<br />

Kämpfen, ohne dass <strong>de</strong>utscher Beistand ihn geschützt, da<br />

Heinrich durch <strong>de</strong>n Ungarnkrieg und dann mit Ordnung innerer<br />

Verhältnisse beschäftigt war.<br />

Gleich <strong>de</strong>r Jahresanfang brachte einen neuen Schlag, wenn<br />

auch nur moralischer Art. Die Erhebung Hugos, ileribert Sohnes,<br />

hatte seiner Zeit Johanne X. Genehmigung erhalten; sein Nachfolger<br />

Artold strebte alsbald sich gleichfalls eine <strong>de</strong>rartige Sanktion<br />

seiner immerhin etwas be<strong>de</strong>nklichen Wür<strong>de</strong> zu erwirken. Beim<br />

Eintreffen <strong>de</strong>r Reiniser Gesandten Gise und Ainalrich war Johann XI.<br />

in <strong>de</strong>n Hän<strong>de</strong>n seines Bru<strong>de</strong>rs Alberich aber seine geistlichen<br />

Funktionen durfte er unter Aufsicht <strong>de</strong>s Herrn <strong>von</strong> Rom weiter<br />

verrichten und so erhielt <strong>de</strong>nn Artold anstandslos mit <strong>de</strong>m erzbischöflichen<br />

Pallium seine Bestätigung 2).<br />

Nach <strong>de</strong>m Zuge gegen ilam war <strong>de</strong>r König nach Burgund<br />

zurückgekehrt da in <strong>de</strong>r Provence die Dinge einen <strong>de</strong>n westfränkischen<br />

Interessen ungünstigen- Verlauf zu nehmen drohten.<br />

König Hugo- <strong>von</strong> Italien war in einer staatsrechtlich unklaren<br />

Stellung Inhaber <strong>de</strong>r Macht im grössten Teile <strong>de</strong>s Reiches Provence<br />

geblieben; einen offiziellen Herrscher gab es nicht, da er<br />

selbst nicht burgundischer König war. Sein Nebenbuhler um die<br />

Lombar<strong>de</strong>nkrone, <strong>Rudolf</strong> fl. <strong>von</strong> Hochburgund, plante um jene<br />

1) Flod. 932 p. 380, 381- Leibniz II, 420. Ann. Elnonens. min. SS.<br />

Y, 19, Blandiniens. ib. 24; Ohro,i. Tornacense Jq. VIII, 286.<br />

2) Flod. 932, 933 p. 381, Ii. lt TV, 24: p 580; Lintprand Antap III,<br />

45 SS. III, 313; Widuk. J, 39 88. Ii!, 435. Waitz 1. c. p. 151 (149 3 . -<br />

Das bei Flod. 933 in <strong>de</strong>n Kämpfen zwischen Bischof Bichar <strong>von</strong> Lüttich und<br />

Graf Bernhard genannte Rarceias ist nicht ljnrcis, wie Kalekstein p. 188 Anm.<br />

1 meint, son<strong>de</strong>rji Arehos, das jetzige Charleville an <strong>de</strong>r Maas, weichen Namen<br />

es 1806 nach seinem Besitzer Karl vo,i Gonzaga erhielt, vgl. Leugnen 1. e.<br />

fasc. XI. p. 72.


Zeit einen neuen Zug zur Rückeroberung Italiens; - da entschloss<br />

sich Hugo durch Verzichtleistung auf seine anfechtbaren Machtbefugnisse<br />

in Burgund sich <strong>de</strong>n Besitz <strong>de</strong>s italienischen Reiches<br />

zu sichern: er überliess <strong>de</strong>m Hochburgun<strong>de</strong>r seine Ansprüche mit<br />

Vorbehalt einiger Besitzungen, wofür dieser die seinen auf Italien<br />

hingab. Die Ausführung dieser Bestimmungen musste aber <strong>de</strong>r<br />

Ausübung westfränkischer Hoheitsrechte in <strong>de</strong>m verwaisten Lan<strong>de</strong><br />

ein ernsteres Hin<strong>de</strong>rnis bieten als bisher die. Macht <strong>de</strong>s fern in<br />

Italien stark in Anspruch genommenen Hugo; die Behauptung <strong>von</strong><br />

Vionne selbst musste fraglich wer<strong>de</strong>n. <strong>Rudolf</strong> rückte <strong>de</strong>shalb<br />

wie<strong>de</strong>r die Rhone herab und ergriff <strong>von</strong> <strong>de</strong>r Stadt Besitz; es<br />

scheint also, als sei sie nun durch eine königliche Besatzung<br />

ge<strong>de</strong>ckt wor<strong>de</strong>n, während bei <strong>de</strong>m ersten Erscheinen <strong>de</strong>s Königs<br />

<strong>de</strong>m Fürsten KarlKonstantin <strong>de</strong>r Schutz <strong>de</strong>r Stadt überlassen<br />

wor<strong>de</strong>n war. Auch einige Urkun<strong>de</strong>n Rudolis <strong>de</strong>uten auf <strong>de</strong>n Besitz<br />

hin, welche <strong>de</strong>m Titel rex Francorum jetzt zufügen Aquitanorunt<br />

et Burgundionum, was nicht auf sein Herzogtum gehen kann -<br />

dies hat nie für ein Königreich im Königstitel gegolten - son<strong>de</strong>rn<br />

auf das Reich Provence. <strong>de</strong>ssen Hauptstadt er besass, <strong>de</strong>nn das<br />

war Vienne unter Boso und Ludwig gewesen').<br />

1) Flod. 933 p. 881; Liutpr. III, 47, SS. EI, 314; U.R. 20, 22. Gingins<br />

1. c. Vii]: 84, D ' 166; Wiffer p. 16; Bummler, Kaiser Otto d. Gr.<br />

(Leipzig 1876) r. 110 3 Leibniz 11, 438 (zu 935). Der Eec. <strong>de</strong> chart. <strong>de</strong> Oluny<br />

hat zwei Urk., 1, n. 437 vom Mai, ii. 439 v. Okt. a. Ii regnante Radulfo rege<br />

Viennense. flire Zugehörigkeit ist zweifelhaft, <strong>de</strong>r Herausgeber Bruel will sie<br />

(Bibl. d. l'c. d.- ch.-40 (1880) p. 359) <strong>Rudolf</strong> II. zuweisen Sie gehören ciner<br />

Gruppe <strong>von</strong> Urkun<strong>de</strong>n an, die die Familie einer Richil<strong>de</strong> in Vienne o<strong>de</strong>r im<br />

\9eno js betreffen und in Vienue selbst <strong>von</strong> <strong>de</strong>mselben Schreiber (resp. seinem<br />

Beauftragten) ausgestellt sind: n. .358 aus <strong>de</strong>m 28. J. IC. Ludwigs (928), ii.<br />

437, 439 aus <strong>de</strong>m 2. J. <strong>Rudolf</strong>s, 476 aus einem Interregnum, 670 b5. (lerne<br />

Ii, addit. p. 753) aus <strong>de</strong>m 7. J. Kg. Konrads v. Burgund, 686, 687 aus <strong>de</strong>m<br />

9. T. Konrads; dass letzterer Vienne besass, ist sicher, für seinen Vater ist<br />

dagegen kein Beweis zu erbringen, wohl aber wissen wir es für 931 u. 933<br />

<strong>von</strong> End. v. Frkr., und hören nicht 1 dass es zu seiner Zeit <strong>de</strong>m Westreiche<br />

wie<strong>de</strong>r verloren ging, während in <strong>de</strong>n Zeiten <strong>de</strong>r Bedrängnis Ludwigs IV.<br />

dies leicht eintreten konnte, wie in an<strong>de</strong>ren- Lan<strong>de</strong>steilen, vgl. llaedicke s. 1.<br />

roy. 4. Bourg. et J'rov. p. 251f, Reifer p. 20. Dass später die transjuranischeu<br />

Könige als Herr's <strong>von</strong> Vienne <strong>de</strong>n Titel rer Viennensis führten (vgl. Gart. <strong>de</strong><br />

l'abb. d. S. An(Irs-le-.l3as <strong>de</strong> Vienno ii. 98, 102, 113, 116, 120, 122), erlaubt<br />

und, nicht, <strong>de</strong>n <strong>Rudolf</strong>. <strong>de</strong>r schon früher <strong>de</strong>n Titel hat, für <strong>de</strong>n transjuranisclien<br />

zu erklären, son<strong>de</strong>rn besagt nur, dass er gleichfalls. Herr <strong>von</strong> Vienne war; in<br />

Lokalurknn<strong>de</strong>u wie in diesen hier kann <strong>de</strong>r Titel mit voller Berechtigung auch<br />

6*


84<br />

Unmittelbar darauf eilte <strong>de</strong>r rastlose König nach Nor<strong>de</strong>n<br />

zurück und das letzte Gebiet <strong>de</strong>s eigentlichen <strong>Frankreich</strong> (abgesehen<br />

<strong>von</strong> <strong>de</strong>m gera<strong>de</strong> in Empörung begriffenen Vermandois), die<br />

Normandie, gab endlich auch nach: <strong>de</strong>r junge Herzog o<strong>de</strong>r richtiger<br />

Markgraf Wilhelm wur<strong>de</strong> Vasall <strong>Rudolf</strong>s und sein Gebiet dafür<br />

durch Hinzuverleihung <strong>von</strong> Teilen <strong>de</strong>r bretonischen Nordküste erweitert.<br />

Diese Ecke <strong>de</strong>s Reichs war <strong>von</strong> inneren Feh<strong>de</strong>n auch<br />

nicht frei geblieben; 931 war am S. Michaelstage ein grosser<br />

Bretonenaufstand ausgebrochen, um durch normannischen Massenmord<br />

das Land zu erlösen'). Dem kurzen Aufflackern folgte aber<br />

bald um so tieferes Erliegen unter <strong>de</strong>n rachsüchtigen Siegern,<br />

in<strong>de</strong>m <strong>de</strong>r Häuptling Ingo, wohl <strong>de</strong>r Nachfolger Raginolds, <strong>de</strong>r<br />

unsern Blicken seit <strong>de</strong>r Verwüstung Fleurys entschwin<strong>de</strong>t, mit<br />

seinen Loire-Normannen die Bretagne schrecklich heimsuchte und<br />

behauptete. Auch die Seine - Normannen scheinen nach Rohes<br />

Tod durch <strong>de</strong>n Aufstand mit berührt wor<strong>de</strong>n zu sein ‚ wenigstens<br />

hören wir <strong>von</strong> gegenseitigen Kriegszügen <strong>de</strong>r Bretonen und<br />

Wilhelms, welcher schliesslich die Oberhand behielt, wodurch<br />

aber keineswegs eine <strong>de</strong>finitive und vollständige Unterwerfung <strong>de</strong>r<br />

Bretagne erzielt war, <strong>de</strong>nn selbst <strong>von</strong> <strong>de</strong>n erlangten bretonischen<br />

Gebieten ging ein Teil bei <strong>de</strong>m siegreichen Aufstand <strong>de</strong>s Grafen<br />

Alan Barbatorta unter angelsächsischer Hilfe wie<strong>de</strong>r verloren.<br />

innere Unruhen fehlten fli cht, da die neuen feudalen llerrschaftsbegriffe<br />

noch nicht voll zum Durchbruch gekommen waren und<br />

die Umwandlung <strong>de</strong>r alten llüuptlingswür<strong>de</strong> in ein strafferes Lehnsfürstentum<br />

und das Eindringen <strong>de</strong>s Frankentums manchen Wi<strong>de</strong>rspruch<br />

fand; die Aufständischen wur<strong>de</strong>n jedoch <strong>von</strong> Wilhelm besiegt<br />

2). Gera<strong>de</strong> die noch vorhandne Unsicherheit seiner Herr<strong>de</strong>m<br />

Westfranken als ihrem König gegeben wer<strong>de</strong>n - ein ganz analoger Fall<br />

ist <strong>de</strong>r Titel rer Aqnitanorum für <strong>Rudolf</strong> in Urkun<strong>de</strong>n <strong>von</strong> Briomle ohne <strong>de</strong>n<br />

Zusatz Francorum; Cart. <strong>de</strong> Briou<strong>de</strong> ii. 155, 63, 137, 282; man könnte hierin<br />

einen Ausdruck <strong>de</strong>s in allen Gebieten thatsächlich vorhandnen Partikularismus<br />

sehen. Ich nehme daher jene bei<strong>de</strong>n Urk. <strong>de</strong>s Rec. d. Cluny als auf westfränkische<br />

Oberhoheit bezüglich in Anspruch, wie solche sich mit Fioil. vereinigen<br />

lässt.<br />

1) Ein Vorläufer <strong>de</strong>r zwei berühmteren Normannenmor<strong>de</strong> <strong>de</strong>s Mittelalters,<br />

<strong>de</strong>r S. Bricciusnacht, 13. Nov. 1002 in England, und <strong>de</strong>r siciischen Vesper,<br />

30. März 1282.<br />

2) Flod. 931, 933 p. 380, 381; Gedicht auf Herzog Wilhclnns Tod, BibI,<br />

d. lt d. eh. 31. (1870) v' 34, 399; Bodo, ed. Lair p. 76. 174. Or<strong>de</strong>ric, Vital<br />

Duchesne, Norm. p. 368 1 571, 619. In obigen Grundzügen wird man <strong>de</strong>n


85<br />

schaft wird <strong>de</strong>n Markgrafn um so leichter genifigt gemacht haben,<br />

sich wenigstens die formale Berechtigung durch königliche Belehnung<br />

zu verschaffen.-<br />

Mit einem ansehnlichen Heere legte sich <strong>de</strong>r König darauf<br />

vor Chateau-Thierry, <strong>de</strong>ssen Schloss sieh über <strong>de</strong>r im Marnethal<br />

liegen<strong>de</strong>n Vorstadt auf einer Anhöhe erhob. Die Königin begleitete<br />

ihren Gemahl, welchem beson<strong>de</strong>rs geistliche Herren Heerfolge<br />

leisteten, so dass die Metropoliten <strong>von</strong> Tours und Reims die Anwesenheit<br />

mehrerer ihrer Suifragane und einiger burgundischer<br />

Bischöfe zur Abhaltung einer S yno<strong>de</strong> benutzten während <strong>de</strong>r Belagerung,<br />

welche sechs Wochen beanspruchte; auch dann fiel die<br />

feste Burg nicht durch Gewalt, son<strong>de</strong>rn durch Parteiwechsel <strong>de</strong>s<br />

Befehlshabers Walo, <strong>de</strong>n man für die <strong>de</strong>r Königin geleistete Vasailität<br />

im Besitz liess 1)<br />

Ram, das im Vorjahre <strong>de</strong>m König sich unterworfen hatte,<br />

war wie<strong>de</strong>r offen zu Heribert zurückgetreten, <strong>de</strong>r seinem Sohn<br />

Odo <strong>de</strong>n Befehl daselbst übertrug; die Gebiete <strong>von</strong> Soissons<br />

und Noyon hatten auch bald unter seinen Streifereien zu lei<strong>de</strong>n.<br />

Nur vorübergehend glückte ein Handstreich <strong>de</strong>s Grafen auf<br />

S. Q.uentin, wo die Abgeneigtheit <strong>de</strong>r Einwohner, für <strong>de</strong>n neuen<br />

normannischen Historikern entschie<strong>de</strong>n folgen dürfen; auch beim Antritt <strong>von</strong><br />

Wilhelms Sohn Richard wie<strong>de</strong>rholten sich die Aufstän<strong>de</strong>. Das Chron. Turon.<br />

Bq. IX, 51 giebt nicht (wie Kalckstein p. 188 Anm. 2 sagt) 931 als To<strong>de</strong>sjahr<br />

Ratlos, son<strong>de</strong>nn setzt dies in Heinrichs viertes Jahr, d. h. nach seiner<br />

Zählung 923/24, da 925 mit <strong>de</strong>m sechsten Jahre i<strong>de</strong>ntifleiert wird. Erst das<br />

daraus exeerpierto Ohron. Turon. abbrev. (Sahnen, Chron. <strong>de</strong> Touraine, Tours<br />

1854) setzt Inkarnntionjahre hinzu, berechnet sie aber nach <strong>de</strong>n Angaben<br />

<strong>de</strong>r Vorlage und setzt <strong>de</strong>mgemäss auch Rollos Tod schon zu 923. Chron.<br />

Namnet. Bq. VIII. 276; A<strong>de</strong>mar fiT, 27. 38. IV, 127. Dcpping II, 149 if.<br />

schil<strong>de</strong>rt Wilhelm „Langschwert" (Lcnga-Spata) allzu sehr nach , Dudos<br />

mönchischer Auffassung i wir müssen auchbei diesem in Rechnung ziehen,<br />

was Maurenbrecher, <strong>de</strong> }iistor. X. esse. scri1,tonibns für die geistliche Geschichtsschreibung<br />

<strong>de</strong>s Mittelalters bemerkt p. 7, 8, 21. Licquet T, 106 if.;<br />

fiörer, Gregor VII, III, 172 ii; Lair, 1. c. p. 79 if; Dümmier, Forsch. z. d.<br />

G. VI, 377; Büdinger, Sybels Bist. 'Zeitschr. Ed. 3 p. 359; <strong>von</strong> Ainira, ib.<br />

Ed. 39 (N. F. 3) p. 251 if (über <strong>de</strong>n markgräflichen Charakter <strong>de</strong>r Normandie<br />

für diese Zeiten p. 262).<br />

1) Flod. 933 p. 381, H. B. IV, 24 p. 580. Poquet, h. d. Chat-Thierry,<br />

1 p. 42, 43 giebt einige weitere Details aber ohne Bezeichnung ihrer Entlehnung,<br />

und lässt schliesslich nach Weggang <strong>de</strong>s Königs die Belagerung <strong>von</strong><br />

Emma geleitet wer<strong>de</strong>n, wozu jene Huldigung an sie keinen Annahmegrund<br />

bietet.


86<br />

Inhaber Hugo zu kämpfen, ihm nun dritten Tage die Erstürmung<br />

erleichterte, da die hugonische Mannschaft allein zu schwach war;<br />

er gewährte ihr gegen Ablegnng eines eidlichen Versprechens wahrscheinlich<br />

ihrer ferneren Neutralität ungehin<strong>de</strong>rten Weggang und<br />

überliess die Bewachung einer Abteilung <strong>de</strong>r Seinigen. Er scheint<br />

aber im Veitrauen auf die ihm nicht ungünstige Stimmung <strong>de</strong>r<br />

Bürgerschaft sich mit einer geringen Zahl begnügt zu haben, wodurch<br />

es Hugo, <strong>de</strong>r sofort heranzog, möglich wur<strong>de</strong>, S. Quentin<br />

zum zweiten Male zu nehmen und die frühere Lauheit <strong>de</strong>r Bürger<br />

gegen seine Interessen hart zu bestrafen; ein <strong>von</strong> Heribert zurückgelassner<br />

Kleriker Treduin wur<strong>de</strong> nebst einigen An<strong>de</strong>rn gehängt.<br />

während Andre mit Verstümmelung büssten. Auf <strong>de</strong>m Abzug <strong>von</strong><br />

5. Quentin ergab sich an Hugo, <strong>de</strong>n Erzbischof Artold begleitete,<br />

die Burg Roye in Vermandois ‚ während Heribert, <strong>de</strong>r trotz <strong>de</strong>r<br />

Ueberlegenheit seiner Gegner eine ausseror<strong>de</strong>ntliche Ausdauer und<br />

Gewandtheit in <strong>de</strong>r Benützung aller günstigen Umstän<strong>de</strong> an <strong>de</strong>n<br />

Tag legt, sein Chatean -Thierry durch Zurückgewinnung einiger<br />

seiner früheren Krieger, <strong>de</strong>nen Walo die Bewachung übertragen,<br />

wie<strong>de</strong>r an sich brachte, es jedoch nur mit einer Besatzung versah,<br />

ohne sich selbst darin einzuschliessen').<br />

Hugo hatte kaum diese Kun<strong>de</strong> erfahren, als er noch im<br />

Winter sich zur Belagerung anschickte; <strong>de</strong>r König, <strong>de</strong>r En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s<br />

Jahres selbst in Francien gewesen war ), erschien im Anfang <strong>de</strong>s<br />

neuen Jahres wie<strong>de</strong>r im Fel<strong>de</strong> und umschloss mit Hugo Chateau-<br />

Thierry; doch diese zweite Belagerung kostete noch mehr Mühe<br />

als die vorige und auch jetzt war die Festung mit stürmen<strong>de</strong>r<br />

Hand nicht zu nehmen. Der <strong>von</strong> <strong>de</strong>r Königin belehnte Walo befand<br />

sich bei <strong>de</strong>n Belagerern und ihm mit seinen Leuten gelang<br />

im vierten Monat <strong>de</strong>r Belagerung mit Hilfe ihrer genauen Lokalkenntnis<br />

die Einnahme <strong>de</strong>r unteren befestigten Vorstadt an <strong>de</strong>r<br />

Marne durch nächtliche Ersteigung; die Burg auf <strong>de</strong>r Uferhöhe<br />

setzte die Verteidigung fort, bis wie<strong>de</strong>rholte Angriffe die Eingeschlossnen<br />

zur Unterwerfung willig machten sie blieb in <strong>de</strong>n<br />

Hän<strong>de</strong>n ihrer Verteidiger ‚ die aber durch Geiselstellung ihre<br />

friedliche Haltung verbürgten 3), in<strong>de</strong>ssen glaubte sich Heribert<br />

1) FIod. 933 P. 381, 382. Eoye (16p, Serums, Irr. Mont(Iidier.<br />

2) Vorausgesetzt, dass die lirk. aus Attigny •‚ vom 13. Deceinber echt<br />

ist, s. UR. 20.<br />

3) Flod. 934 p. 382. Für <strong>de</strong>n 5. Man ist <strong>Rudolf</strong>s Auwosenbeit bezeugt<br />

durch 1311. 21. Poquet bringt eine Ansieht voll Chateau-Thierry zwar aus<br />

späterer Zeit, die aber doch die Lage <strong>von</strong> Burg und Unterstadt veranschaulicht.


87<br />

im Drange <strong>de</strong>r Not nicht an diese Verpflichtung seiner Leute<br />

bin<strong>de</strong>n zu müssen und setzte sich unter Preisgebung <strong>de</strong>r Geiseln<br />

<strong>von</strong> neuem im Orte fest, so dass für die Gegner eine dritte Belagerung<br />

nötig gewor<strong>de</strong>n wäre, wenn nicht das Eingreifen Heinrichs<br />

die Besitzfrage vorläufig geregelt hätte. Die Siege über<br />

Ungarn, Siaveit und Dänen erlaubten <strong>de</strong>m <strong>de</strong>utschen König jetzt,<br />

<strong>de</strong>m Ansinnen Heriberts zu entsprechen und wenn auch nicht persönlich<br />

zu Hilfe zu kommen, so doch Gisilbert und Graf Eberhard<br />

mit mehreren lothringischen Bischöfen nach Francien zu schicken,<br />

<strong>de</strong>nen es gelang, ihrem Schützling einen Waffenstillstand bis zum<br />

1. Oktober zu verschaffen; aber nur gegen Ueberlassung <strong>de</strong>r vielumstrittnen<br />

Marnefestung gestand <strong>de</strong>r König ihm für die Dauer<br />

<strong>de</strong>r Ruhe <strong>de</strong>n ungefähr<strong>de</strong>ten Besitz <strong>von</strong> P6ronne und Ham zu,<br />

also trotz ausländischer Vermittlung ein recht ungünstiger Ausgang<br />

für <strong>de</strong>n Grafen, <strong>de</strong>r die eine Burg ohne weiteres ausliefern<br />

musste und <strong>de</strong>m nicht einmal <strong>de</strong>r Besitz jener bei<strong>de</strong>n auf die<br />

Dauer fest garantiert wur<strong>de</strong>').<br />

Seine Aussichten besserten sieh aber etwas, da er <strong>de</strong>n Grafen<br />

Arnulf <strong>von</strong> Flan<strong>de</strong>rn durch die Vermählung mit seiner Tochter<br />

A<strong>de</strong>la, mit <strong>de</strong>r jener seit längerer Zeit verlobt war, in sein Diteresse<br />

zog. Bei <strong>de</strong>r starken Macht <strong>de</strong>s Viamlän<strong>de</strong>rs, <strong>de</strong>r im<br />

vorigen Jahre durch <strong>de</strong>n Tod seines Bru<strong>de</strong>rs Adalulf Herr <strong>von</strong><br />

Boulogne und Thi5rouanne und Abt <strong>von</strong> S. Bertin gewor<strong>de</strong>n und<br />

ihm als Inhaber eines beträchtlichen Gebiets <strong>von</strong> Nor<strong>de</strong>n her<br />

gefährlich wer<strong>de</strong>n konnte, wie die Einnahme <strong>von</strong> Arras (932)<br />

lehrte, musste ihm an guten nachbarlichen Beziehungen zu diesem*<br />

viel liegen 2).<br />

1) Ebd 1. c. Waitz, lleinr. p. 168, Leibnitz A. i. II, 433. Eberhard<br />

hielt man bisher für <strong>de</strong>n bekannten Bru<strong>de</strong>r König Konrads, doch in <strong>de</strong>r 3.<br />

Aufl. p, 00, 164, 223 tritt Waitz für Eberhard, Grafen an <strong>de</strong>r Yssel, ein.<br />

2) Ebd. 1, 0.; Folcuin, g. a. Sith. e. 103, 105 33, XIII, 627: Adalnlf<br />

tot 933 id. nov. in Sitbiu an einer Krankheit; nach eitler an<strong>de</strong>rn Nachricht<br />

starb er durch einen Unfall auf <strong>de</strong>r Jagd mit Hinterlassung nur eines u ne he<br />

-lichen Sohnes J3aldzo, weshalb sein Besitz an <strong>de</strong>n Bru<strong>de</strong>r fiel, vgl. die Notiz<br />

dc Arnulfe eoinite 58. IX. 304; Witger, Geneal. Arnulil, ib. 303; Ann. Einen.<br />

min. 53. V. 19; Blandiniens. ib. 24; Brief Ebelwerds 55. X, 459 Anm.<br />

Unter Adaluif setzte sich (naeb Job. Long. Iper. Chrou, S. Bertini 83. XXV,<br />

771) in dciii S. Bertin gehörigen Guines trotz <strong>de</strong>r Gegenwehr <strong>de</strong>r Klosterleute<br />

ein Sifrid mit seinem Nor,nannenliaufen fest und behauptete es mit Hilfe<br />

Arnulfs, <strong>de</strong>n er zum Lehnsherrn annahm; Kalckstein p. 174 zu 926; ganz abweichend<br />

ist <strong>de</strong>r ausführlichere Bericht, aus <strong>de</strong>m erst Johann seine Nachricht


88<br />

Die gegönnte Frist benützte lieribert unter an<strong>de</strong>rem zur<br />

Verproviantierung <strong>von</strong> Pöronne, in<strong>de</strong>m er zugleich an seinen abgefallenen<br />

Vasallen und Bugos Anhängern in Vermandois Rache<br />

nahm, <strong>de</strong>nn ihrer Ernten bemächtigte er sich. Die Lothringer<br />

hatten sich inzwischen auch zur Unterstützung ihres Freun<strong>de</strong>s gerüstet;<br />

ihr Herzog führte sie im Spätherbst nach Francien; um<br />

zunächst S. Quentin <strong>de</strong>n Fein<strong>de</strong>n zu entreissen, Hugo wandte<br />

jedoch kluger Weise die Gefahr ab, in<strong>de</strong>m er Gisilbert durch Gesandte<br />

zuffi Abschluss eines neuen Waffenstillstan<strong>de</strong>s bis znm<br />

1. Mai 936 und zur Umkehr bewog. Heribert blieb also bis auf<br />

weiteres auf <strong>de</strong>n geringen Best seiner Besitzungen beschränkt').<br />

Ein schwerer Verlust war es für <strong>Rudolf</strong>, dass gegen En<strong>de</strong><br />

<strong>de</strong>s Jahres seine Gemahlin Emma starb. Mag auch die Mönchslegen<strong>de</strong><br />

•an ihr einiges auszusetzen gehabt, mag sie auch, <strong>de</strong>m<br />

Zeitgeist entsprechend, sich einige Gewaltthätigkeiten haben zu<br />

schul<strong>de</strong>n kommen lassen, - ihrem Gemahl hatte sie in seinen<br />

schweren Kämpfen wacker zur Seite gestan<strong>de</strong>n und auch <strong>de</strong>r<br />

Achtung ihrer Unterthanen scheint sie sich erfreut zu haben;<br />

ihre einflussreiche Stellung beweisen die königlichen Urkun<strong>de</strong>n,<br />

<strong>de</strong>nn lieber als die Fürsprache eines An<strong>de</strong>rn suchten Bittsteller<br />

die ihrige zu gewinnen 2).<br />

im Frühjahr 935 unternahm <strong>de</strong>r König einen kleinen Streifzug<br />

gegen eine Schaar Aquitanier, die Viriliacurn, eine Burg <strong>de</strong>s<br />

Grafen Gauzfred <strong>von</strong> Nevers, eingenommen, und verschaffte die-<br />

• selbe seinem Getreuen wie<strong>de</strong>r, <strong>de</strong>ssen er sich nach Francien zurückgekehrt<br />

als Gesandten zu Heinrich bediente 8); in Laon erwartete<br />

kürzend und abän<strong>de</strong>rnd herübernahm, in Lainbert. Ar<strong>de</strong>nsis hist. comit. Ard,<br />

et Ghisn. c. 7-10, wo das Ereignis zu 928 gesetzt wird SS. XXIV, 56f<br />

Ii.; eine dritte abweichen<strong>de</strong> Erzählung scheint <strong>de</strong>r Stelle bei Leibniz II, 897<br />

zu 929 zu Grun<strong>de</strong> zu liegen.<br />

1) Flod. 934 p. 882; Waitz i'. 168 (1648).<br />

2) Flod. 1. c.; Gesta. pont. Autiss,. Bibl. hist. <strong>de</strong> ]Wonne 1, 378; Append.<br />

•Mir. S. Germ. Auss., ih. II. 198; Rod. Glab, 1, 2 SS. VII, 53: Ult 2, 17,<br />

18, 19. Fürbitten für sie sind angeordnet UR. 1, 2, 8, 13, 14, 22, 26. Feier<br />

ihres To<strong>de</strong>stages 28,<br />

8) Gauzfred o<strong>de</strong>r Gozfrid erscheint in einer Urk. für <strong>de</strong>n Bischof <strong>von</strong><br />

Nevers, weshalb Knickstein p. 190 vermutet, er sei Graf <strong>von</strong> Nevers; er fin<strong>de</strong>t<br />

sich jedoch auch in einer Urk. für das Senonais, liTt. 15 u. 23. Dass wir es<br />

aber in <strong>de</strong>r That mit <strong>de</strong>in Grafen <strong>von</strong> Nevers zu thun haben, wird gewiss<br />

durch seine und seiner Gemahlin Ära Urk. im Eec. d. Clun y 1, n. 446 und<br />

40. Vgl. auch ob. p. 61, Anm. Viriliacum ist vielleicht i<strong>de</strong>ntisch mit


89<br />

er <strong>de</strong>n Ausgang <strong>de</strong>r Sendung, wo während seine Verweilens ein<br />

Streit zwischen Königs- und Bischofsmannen die Ruhe störte, ohne<br />

aber weitere Folgen nach sich zu ziehen.<br />

Ein Hoftag versammelte die Grossen in Soissons um <strong>de</strong>n<br />

Herrscher; hier empfing er eine Gegenbotschaft Heinrichs, <strong>de</strong>r<br />

sich in <strong>de</strong>n ersten Monaten in Westfalen und <strong>de</strong>n Rheinlan<strong>de</strong>n<br />

aufhielt und jetzt nach Lothringen kam, und verabre<strong>de</strong>te mit ihm<br />

eine persönliche Zusammenkunft, welche im Juni stattfand. Als<br />

Ort scheint wie<strong>de</strong>r die bekannte Grenzgegend am Ohiersflusse gewählt<br />

wor<strong>de</strong>n zu sein, da wir Heinrich am 8. Juni hier fin<strong>de</strong>n;<br />

ausser <strong>de</strong>n ost- und westfränkischen Königen mit ihrem Gefolge war<br />

auch <strong>de</strong>r burgundische König <strong>Rudolf</strong> II. zugegen. Man bemühte<br />

sich, alle Streitfragen beizulegen Heribert kehrte zum Gehorsam<br />

gegen seinen Lehnshcrrn zurück, <strong>de</strong>r ihm mehrere seiner an Hugo<br />

verlernen Besitzungen wie<strong>de</strong>r zusprach und diese bei<strong>de</strong>n Gegner<br />

versöhnte ; Graf Boso hingegen trat wie<strong>de</strong>r in sein Abhängigkeitsverhältnis<br />

zum Ostreiche zurück und auch ‚ihm wur<strong>de</strong>n seine<br />

meisten Güter restituiert. Ob auch eine ähnliche Regelung <strong>de</strong>r<br />

burgundischen Verhältnisse eintrat, ist unbekannt, jedoch nicht<br />

unwahrscheinlich 1)•<br />

Zu rechter Zeit fand dieser Abschluss <strong>de</strong>rheribertischen<br />

Rebellion statt, um <strong>de</strong>m König zu erlauben, sich sogleich nach<br />

Burgund gegen einen Ungarneinfall zu wen<strong>de</strong>n die räuberischen<br />

Schaaren hatten schon manches Unheil im Sü<strong>de</strong>n angerichtet, Ebbe,<br />

Graf <strong>von</strong> D6ols ‚ blieb in einem Gefechte und zahlreiche Klöster,<br />

darunter Bze, gingen in Feuer auf; <strong>de</strong>n Kampf mit <strong>de</strong>m tapfern<br />

Fürsten wagten die Ungarn aber nicht, son<strong>de</strong>rn entwichen bei<br />

seinem Anzug nach Italien 2),<br />

Vin&cum, Viry, Diet. topogr. du dSp. <strong>de</strong> la Nidvre p. 198, die Lage dieser<br />

Vicarie im Nivernais links <strong>de</strong>r Loire passt zu <strong>de</strong>n aquitanischen Man<strong>de</strong>ln.<br />

1) Flod. 935 p. 382, 383, Widuk. 1, 39 SS. 111. 433 (ihnt gilt <strong>Rudolf</strong><br />

vom späteren karolingerfreundliehen Standpunkt Ottös 1. aus als Usurpator,<br />

contra ins fasque onine rex constitutus); 14. G. DD. 1, 73, n. 40; Stumpf n.<br />

44-47. Waitz p. 170 (166 3); Leibniz II. 438. Bosos Rückkehr zu Heinrich<br />

ist <strong>de</strong>r <strong>de</strong>utliche Beweis. dass Heinrichs flechte auf Lothringen anerkannt<br />

wur<strong>de</strong>n, <strong>von</strong> <strong>Rudolf</strong> also officiell darauf verzichtet war, s. ob. zu 931. Die<br />

<strong>von</strong> (Jingins 1. c. VJIJ, 86 1 IX, 173, Kalckstein p. 191 angenommene Überlassung<br />

<strong>von</strong> Vienne au <strong>Rudolf</strong> 11. ist wenig glaubhaft vgl. Haedicke p. 20<br />

Hüfl'er p. 20. Xalekstein selbst p. 236.<br />

2 Flod. 1. c. Ann. Mett. breviss. (zu 934J SS. 111, 155; Chron. Vezeliac<br />

Bq. IX. 90, Ohr. Dolense. ib.; Am,. Besuenses SS. 11, 249 zu 933, worauf<br />

auch Waitz p. 154: (151 1 ) die Stelle bezieht, da er diese Scijaar für die dritte


Kil<br />

Sein Erscheinen diente auch zugleich <strong>de</strong>in Zwecke, einen<br />

rebellischen Grafen Boso, <strong>de</strong>r mit seinen Genossen Dijon eingenommen<br />

hatte und behauptete, zu strafen i)•<br />

Die Frie<strong>de</strong>nsbedingungen zwischen Hugo und . Heribert waren<br />

aber nicht leicht durchzuführen, da Ersterer die Auslieferung S.<br />

Quentins verweigerte, sei es verleitet durch Unbestimmtheit in<br />

<strong>de</strong>n Verabredungen o<strong>de</strong>r bereuend, sich zum Verzicht auf das erst<br />

nach wie<strong>de</strong>rholtem Ringen Erlangte verstan<strong>de</strong>n zu haben; unter<br />

<strong>de</strong>m Vorwand <strong>de</strong>r Vermittlung begleiteten mehrere lothringische<br />

und sächsische Grafen Heribert gegen ihn, das mitgenommene<br />

starke Heer stand freilich im Wi<strong>de</strong>rspruch mit diesen angeblichen,<br />

friedlichen Absichten, und als Hugo bei seinem Entschluss verharrte,<br />

trug Heribert kein Be<strong>de</strong>nken, sich sein wirkliches o<strong>de</strong>r geglaubtes<br />

Recht mit Waffengewalt zu erzwingen. S. Quentin musste<br />

sich ergeben, wur<strong>de</strong> aber, da Vermandois einen abermaligen Verlust<br />

fürchten mochte., nicht besetzt gehalten, son<strong>de</strong>rn geschleift.<br />

So hoch stieg <strong>de</strong>n .Unternchmern <strong>de</strong>s Zuges infolge dieses ersten<br />

Erfolges <strong>de</strong>r Ueberinut, dass man sich selbst an Laon wagen<br />

wollte, doch da schritt <strong>Rudolf</strong> ein und <strong>de</strong>r Freundschaftsvertrag<br />

mit <strong>de</strong>in Ostreiche bewährte sich jetzt, <strong>de</strong>nn man leistete seinem<br />

Gebote Folge und zog heim2).<br />

Das Königshaus wur<strong>de</strong> um jene Zeit wie<strong>de</strong>r <strong>von</strong> einem To<strong>de</strong>sfall<br />

betroffen, <strong>de</strong>r aber <strong>Rudolf</strong> <strong>von</strong> mancher Unannehmlichkeit und<br />

Sorge befreite. Sein unruhiger, hän<strong>de</strong>lsüchtiger Bru<strong>de</strong>r Boso, <strong>von</strong><br />

<strong>de</strong>ssen wil<strong>de</strong>m Trotze die Mönche seiner Nachbarschaft schlimme<br />

Geschichten zu erzählen wussten und <strong>de</strong>r mit seinen Lehnsherren<br />

Heinrich und Gisilbert oft zerfallen, auch bald mit <strong>de</strong>in bald mit<br />

jenem französischen Herrn verfein<strong>de</strong>t war, war im Juni wie<strong>de</strong>r<br />

Heinrichs Vasall gewor<strong>de</strong>n und nahm dann au <strong>de</strong>m Feldzuge <strong>de</strong>r<br />

Lothringer gegen Hugo teil; am 13. September soll er nach einer<br />

Urkun<strong>de</strong> mit seinem Bru<strong>de</strong>r in Attigny zusammengewesen sein<br />

<strong>de</strong>r 933 bei lied. berührten erklärt; in<strong>de</strong>ssen erscheint es sehr befremdlich,<br />

dass dort gera<strong>de</strong> die nach <strong>Frankreich</strong> selbst gekommene Abteilung nicht erwähnt<br />

sein sollte und Flod. hat nicht zu 933, son<strong>de</strong>rn nur zu 935 einen Ungarneinfall<br />

und zwar beson<strong>de</strong>rs nach Burgund. Leibniz, 1. c. p. 439 lasst die<br />

Ungarn vor <strong>Rudolf</strong> Ii. fliehen, nach Flod. ist aber nur R. v. <strong>Frankreich</strong> zu<br />

verstehen, p. 440 bezieht er Ebbos Tod auf <strong>de</strong>n Normannerjeinfall.<br />

1) Bosonen (ausser <strong>Rudolf</strong>s ]Wn<strong>de</strong>r) fin<strong>de</strong>n sieh mehrfach in Burgund)<br />

so Graf Bose verl Provence. <strong>de</strong>ssert Nachfolger und Schwiegersohn Graf Best)<br />

II, ein andrer Boso, Sehr' Adalelms; vgl. Bec. d. Cluny 1, n. 720; Giigins<br />

IX, 171, tabl. 1V.<br />

2) F]ed. 935 p. 383; Arbois 1, 116.


91<br />

1!<br />

bald darauf aber starb er während <strong>de</strong>r Unternehmung gegen S.<br />

Quentinund fand sein Grab bei Reims in S. Remy, <strong>de</strong>ssen Gunst<br />

Dr sich durch die Schenkung <strong>de</strong>s Gutes Domremy erworben<br />

hatte 1).<br />

Ein Einfall <strong>de</strong>r Loiretruppe drohte neues Unheil, doch gelang<br />

es <strong>de</strong>n da<strong>von</strong> betroffenen Bewohnern <strong>von</strong> Berry und Touraine selbst,<br />

<strong>de</strong>r Normannen Herr zu wer<strong>de</strong>n und sie zu vernichten. Im<br />

'ihrigen Lan<strong>de</strong> herrschte endlich, abgesehen <strong>von</strong> kleinen Räubereien,<br />

gegen die eine reimser Syno<strong>de</strong> unter Artolds Vorsitz in Fismes<br />

:Beschlüsse erliess 2), Ruhe, die grossen Provinzialkriege <strong>de</strong>r<br />

mächtigen Vasallen, die das Hauptunglück <strong>de</strong>s Lan<strong>de</strong>s bil<strong>de</strong>ten,<br />

uchienen endlich gestillt zu sein; <strong>de</strong>s Königs Amt war es nun,<br />

<strong>de</strong>n Frie<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>n er durch sein zwölfjähriges Bemühen <strong>de</strong>m Reiche<br />

gegeben, zu wahren, und dass <strong>Rudolf</strong> gewillt war, sich <strong>de</strong>r friedlichen<br />

Verwaltung <strong>de</strong>s unter seinem Scepter vereinten Reiches zu<br />

widmen, dass er darauf rechnete, seine Unterthanen hinfort durch<br />

Treue, nicht durch Waffengewalt im Gehorsam zu erhalten, lehrt<br />

die Urkun<strong>de</strong> aus Attigny vom 13. September 935, worin er die<br />

königliche Burg Uxellodunum in Quercy, da jetzt das ganze Reich<br />

ihm gehorche und auch <strong>de</strong>r Sü<strong>de</strong>n freiwillig seiner Herrschaft sich<br />

beuge, all Kloster Tolle schenkt unter <strong>de</strong>r Bedingung, dass<br />

nie geschleift wer<strong>de</strong>, um nicht zum Rückhalt für feindliche Unternehmungen<br />

zu dienen-).<br />

4<br />

1) Flod. 1. c.; TIll. 22; Varin, -Arch. lögisl. d. Reims II, 1 1) . 169 Anti,.,<br />

Not. <strong>de</strong> benefact. S. Remigii. Die interessanteste Angabe über ihn ist die<br />

bekannte Stelle <strong>de</strong>r Mir. S. Gorgonii <strong>de</strong>s Job. v. G-orze (od. wie Schultze im<br />

N. A. IX, 504 will, <strong>von</strong> einem an<strong>de</strong>rn Zeitgenossen) c. 12. 58. IV, 249 und<br />

danach in <strong>de</strong>r Vita Job. Gors. <strong>de</strong>s Joh. voll S. Arnulf; e. 104-109, ib. p.<br />

367, 368, die Besos Übermut gegen König Heinrich, Herzog Gisilbert und<br />

Bischof Adalbero in so bezeichnen<strong>de</strong>r Weise zum Ausdruck bringt; <strong>de</strong>nn<br />

<strong>von</strong> <strong>de</strong>n Gedanken die er hier so herausfor<strong>de</strong>rnd <strong>de</strong>m Abgesandten <strong>de</strong>s geschädigten<br />

Klosters Gorze entgegenseltleu<strong>de</strong>rt, legen seine Handlungen mehr als<br />

gnllg Zeugnis ab. - Domremy (in <strong>de</strong>r Gegend <strong>de</strong>r Bosonisehen Besitzungen<br />

giebt es mehrere, Diet. topogr. d. d6p. d. 1. Meuse) ist D.-]a-Paee]le an <strong>de</strong>r<br />

Maas, döp. Vosges an. Neufehateau, das durch seine Johanna zu hohen Ehre,,<br />

k sm (vgl. Siekel, Sybels Hist. Zeitsehr. IV, 293).<br />

2) lied. 935 p. 383, H. lt. 1V, 25 p. 580, Fismes an <strong>de</strong>r Vesle, Up.<br />

31:ame arr. Reims. Leibniz II, 440 und Gfrörer, Gregor, IV, 41 lassen gegen<br />

d:ese Normannen Ebbo <strong>von</strong> Döols fallen gegen die Angabe <strong>de</strong>s Chren. Dolense,<br />

s. oben.<br />

3)11K. 22.


92<br />

Doch es sollte ihm nicht beschie<strong>de</strong>n sein diesen schöneren<br />

Teil seiner Herrscheraufgabe zu erfüllen.<br />

Bald darauf erkrankte er und lag <strong>de</strong>n ganzen Herbst schwer<br />

darnie<strong>de</strong>r; zum letzten Male in sein Herzogtum, das ja sein<br />

Lieblingsaufenthalt war, zurückgekehrt weilte er am 13. Decemher<br />

in Auxerre, <strong>de</strong>ssen Bischof Wido vor seiner Ernennung ihm und<br />

seiner. Gemahlin persönlich nahegestan<strong>de</strong>n hatte 1), und scheint die<br />

Stadt auch nicht wie<strong>de</strong>r verlassen zu haben, <strong>de</strong>nn am 14. Januar<br />

936 erlag er hier seinen Lei<strong>de</strong>n 2). Ein Brand <strong>de</strong>r Kirche<br />

S. Columba in Sens, die er zur Aufnahme seines Körpers bestimmt,<br />

hin<strong>de</strong>rte die -sofortige Beisetzung; dieselbe erfolgte am 11. Juli<br />

in jener Kirche, wo auch Herzog Richard seine letzte Ruhestätte<br />

gefun<strong>de</strong>n: in <strong>de</strong>r Crypta S. Symphoriani rechts vom Altar lag <strong>de</strong>r<br />

Vater, mitten im Chor <strong>de</strong>r Basilica S. Co)unihae <strong>de</strong>r Sohn unter<br />

einem Grabmal <strong>von</strong> dunklem Marmor 3). S. Columha erfreute sich<br />

auch seiner letzten Gunst, ihr vermachte er einen Teil seines<br />

Privatgutes, die goldne mit funkeln<strong>de</strong>n E<strong>de</strong>lsteinen geschmückte<br />

Krone und das wertvolle Gerät seiner Kapelle, die sich durch<br />

ihren Altarschmuck, Kelche, Reliquienbehälter und Bücher auszeichnete;<br />

lange verwahrte man hier mit treuem An<strong>de</strong>nken an<br />

<strong>de</strong>n frommen Herrscher seine Spen<strong>de</strong>n, die Krone bis zum Jahre<br />

1147, wo Abt Theobald sie mit auf <strong>de</strong>n zweiten Kreuzzug nahm<br />

und sie, da er im Orient starb, nicht an ihre Stätte zurückkam 4.<br />

Alle Quellen stimmen darin überein, dass <strong>Rudolf</strong> keine<br />

Kin<strong>de</strong>r hinterliess, in einigen fin<strong>de</strong>t sich aber die Notiz, dass ein<br />

- 1) 0-unstbeweise für ihn UR. 28 ferner hatte <strong>Rudolf</strong> nach Lebeuf 1,<br />

223 <strong>de</strong>n Arm <strong>de</strong>s Miirtyrers S. Cyr, eine Reliquie <strong>de</strong>r Kathedrale <strong>von</strong> .Auzerre,<br />

in Gold fassen lassen.<br />

2) ?lod. 936 p. 383, H. B. IV, 28 p. 580, Ann. S. Col. Sen. 58. 1,<br />

405, Adon. Contin. alt. 58. II, 326, Neerolog. Autissiod. bei Lebeuf Möm.<br />

cone. Ihist, d' Auxerre II. 274 hingegen 18. KaI. Febr. 15. Januar: Bist.<br />

Ifrane. Sen. 55. IX, 366, Uhren. S. Pet. Viv. Sen, Bq. IX, 34, Necrol. eatbed.<br />

Nivern. b. Lebeuf 11, 48. Für <strong>de</strong>n 14. Jan.: Kaleluitein l 192, H. d. Lang.<br />

Iii, 116, Mourhip. 168 u. a., für <strong>de</strong>n 15: Böhmer Reg. Karol. p. 189, Gfrörer<br />

III, 140, Leibniz 11, 455, Martin II, 616. Chevalier, Rpert. <strong>de</strong>s sources bist,<br />

du moyen-kge 1. col. 1979. u. a., Arbois 1, 116 Anm. verwechselt die Daten.<br />

Eieber 1, (15 To<strong>de</strong>sursache cacoeexia, huinoris sucrflnitas Lebeuf II, 48 verwechselt<br />

wahrscheinlich seine Krankheit mit <strong>de</strong>r Ludwigs IV.<br />

• 3)5. Anm. 2, ferner Append. Mir. S. Geriu. Autiss. .Bibl. hist. <strong>de</strong><br />

iYonne 11, 198. Über die Beisetzung s. Notiz im Psalter <strong>de</strong>r Königin Emma:<br />

dcpositio-RoduIü inciti regis V. idus mlii, Mabilon <strong>de</strong> re dipl. 1. 11 c. 26<br />

§ 22 p. 200. Sein Alter ist nicht überliefert, vgl. aber ob. i,. 21.<br />

4 Cont. Adon. alt, 53. Ii, 326. Ann. S. Col. Sen. 1148 SS. L 107.


7 93<br />

Sohn Ludwig vor ihm gestorben sei, doch nicht erst Alberiöh voll<br />

Troisfontaines 1) (saec. XIII. med.) berichtet es, son<strong>de</strong>rn schon<br />

200 Jahre früher das Ohronicon S. Benigni Divionensis. Meist<br />

hat: man ohne weiteres die Stelle auf <strong>de</strong>n transjuranischen <strong>Rudolf</strong><br />

bezogen - ohne rechten Grund. Zwar ist es in <strong>de</strong>r That auffällig,<br />

dass keine andre Quelle etwas <strong>von</strong> <strong>de</strong>m Kin<strong>de</strong> erwähnt, aber das<br />

Schweigen kann nicht als Gegengrund betrachtet wei<strong>de</strong>n, da ja<br />

gar nicht gesagt ist, wie früh schon <strong>de</strong>r Knabe. gestorben und da<br />

in ganz gleichem Gra<strong>de</strong> das Nichterwähntsein für einen angeblichen<br />

Sohn <strong>Rudolf</strong>s II. gilt. Ein starkes Gewicht . für die Vaterschaft<br />

<strong>de</strong>s Frankenkönigs bil<strong>de</strong>t die Urkun<strong>de</strong> seiner Mutter A<strong>de</strong>lheid vom<br />

14. Juni 929 2); dort sind die üblichen Fürbitten angeordnet für<br />

Richard (ihren Gemahl), für Königin Willa (Gemahlin , ihres Bru<strong>de</strong>rs<br />

<strong>Rudolf</strong>s 1.), pro domno R od u 1 fo fil i o ‚m e o (<strong>Rudolf</strong> <strong>von</strong> <strong>Frankreich</strong>)<br />

et item R o du 1 fo rege n e p0 t e m e o (ihr Neffe Itudölf ii.),<br />

pro aliis quoque filiis meis Hugo (1.1. <strong>de</strong>r Schwarze), Boso<br />

(<strong>de</strong>r lothringische Boso) et L u d o w i c o n e p o t e etc. Nepos steht<br />

hier in <strong>de</strong>m häufigen Doppelgebrauch <strong>von</strong> Neffe und Enkel, doch<br />

als <strong>Rudolf</strong>s Ii. Sohn wäre Ludwig we<strong>de</strong>r Neffe noch Enkel, son<strong>de</strong>rn<br />

Grossneffe und könnte doch nicht ebenso wie sein Vater bezeichnet<br />

sein, <strong>de</strong>r hier richtig nepos heisst.; sofort gelöst ist aber alle<br />

Schwierigkeit, wenn wir die Stelle einfach und ungesucht mit<br />

Enkel übersetzen und auf <strong>de</strong>n Sohn eines ihrer Söhne beziehen<br />

und zwar - zufolge jener Angabe - für <strong>de</strong>n R.udolfs. Es soll<br />

diese Annahme nicht als sicher hingestellt wer<strong>de</strong>n, doch erscheint<br />

sie wahrscheinlicher, zum min<strong>de</strong>sten ebenso wahrscheinlich als<br />

die andre Hypothese. Ob dieser Ludwig noch 929 lebte, geht<br />

aus <strong>de</strong>r Urkun<strong>de</strong> nicht hervor, da sie Fürbitten für Gestorbne und<br />

noch Leben<strong>de</strong> enthält 3).<br />

1) Xalckstein p. 193.<br />

2) Bq. LX, 693 Bruel, Eec. d. ehart. d. Ouny F n. 379 p. 358 ff, Bibl.<br />

<strong>de</strong> Fee. d. eh., 41. (1880 p. 25.<br />

3) Chron. 8.' Den. Div. Bq. Viii 243, Hugo Flavin, Chron. ss: viii,<br />

359, Alberic. Cl,ron. 55, XXIII, 757. Kaleksteiu p. 193 spricht <strong>Rudolf</strong> <strong>de</strong>n<br />

Sohn ab; inkoiisequent ist Leibniz: Orig. Guclf. 'T« 38 nennt er. L. <strong>de</strong>n<br />

Sohn <strong>de</strong>s Frankenkönigs, 39 hingegen folgt er <strong>de</strong>r verwirrten Darstellung<br />

A)berichs, <strong>de</strong>r bei<strong>de</strong> <strong>Rudolf</strong>e verwechselt und nennt L. als Sohn <strong>Rudolf</strong>s Ji.<br />

aus <strong>de</strong>ssen angeblicher erster Ehe mit Emma. Sein Herausgeber Scheid hat<br />

aber in <strong>de</strong>r Anm. dies richtig gestellt und auch er entschei<strong>de</strong>t sich, sogar ohne<br />

die IM. <strong>de</strong>r A<strong>de</strong>lheid herbeizuziehen, für lind. v. <strong>Frankreich</strong>; in <strong>de</strong>n Ann.<br />

im 1). II, 455 (u. 404) hat auch Leibniz diese Ansieht. Grillen <strong>de</strong> Montl4on,<br />

Eaoul ou Rodolphe 1 93 ist auf Kaiser Ludwig verfallen ‚ <strong>de</strong>r aber im fol-


94.<br />

nass <strong>Rudolf</strong> unter <strong>de</strong>n obwalten<strong>de</strong>n Verhältnissen keine Verfügung<br />

über die Krone traf, kann ihm nicht zum Vorwurf gemacht<br />

wer<strong>de</strong>n, da er dazu kein Recht besass, und ebenso wenig ist es<br />

ein Beweis für geringe Autorität, dass zufällig sechs Tage vor<br />

seinem To<strong>de</strong> die Kirche S. Columba zu Sons durch einen Haufen<br />

verbrecherischer Gesellen angezün<strong>de</strong>t wor<strong>de</strong>n war - die Verhütung<br />

je<strong>de</strong>s Verbrechens ist noch keinem Sterblichen geglückt').<br />

Sein Tod erledigte <strong>de</strong>n Thron, die Lage war verwickelter<br />

als bei seiner Wahl, obwohl es damals drei Kandidaten gab,<br />

während jetzt nur zWei <strong>de</strong>r Grossen ernstlich in Betracht kommen<br />

konnten: Herihert und Hugo. Aber 923 stan<strong>de</strong>n die Drei in<br />

guten Beziehungen zu einan<strong>de</strong>r, während jetzt die Bei<strong>de</strong>n verfein<strong>de</strong>t<br />

waren. Je<strong>de</strong>m war ein mächtiger Anhang im Reiche selbst<br />

o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>m Nachbarreiche.zur Seite, die Erhebung <strong>de</strong>s Einen hatte<br />

nur ein Parteikönigtum geschaffen, <strong>de</strong>in die An<strong>de</strong>rn in schroffer<br />

Opposition gegenüber stehen mussten, da Je<strong>de</strong>r zu fürchten hatte,<br />

sein früherer Privatfeind wür<strong>de</strong>, einmal im Besitz <strong>de</strong>r Krone, <strong>de</strong>n<br />

Machtzuwachs zur Unterdrückung <strong>de</strong>s Gegners benützen, und vom<br />

Sü<strong>de</strong>n liess sich die Erneuerung <strong>de</strong>s Verfahrens gegen <strong>Rudolf</strong> voraussehen.<br />

Zugleich mag sich wie<strong>de</strong>r hier und da eine gewisse<br />

Anhänglichkeit an die Karolinger geregt, die Geneigtheit zu <strong>de</strong>ren<br />

jetzt ermöglichter Restauration sich geltend gemacht haben. Dieser<br />

Stimmung und <strong>de</strong>n Schwierigkeiten gegen seine eigne Erhebung<br />

trug Hugo Rechnung und beför<strong>de</strong>rte die Restauration weh] in <strong>de</strong>r<br />

Hoffnung, durch vorläufige Unterstützung <strong>de</strong>s Königtums sich<br />

<strong>de</strong>ssen Freundschaft zu erwerben und wie sein Haus bisher meist<br />

im Gegensatze gegen die Karolinger emporgekommen war, einmal<br />

auf an<strong>de</strong>rm Wege unter <strong>de</strong>m Deckmantel <strong>de</strong>r Königstreue dasselbe<br />

Ziel weiter zu verfolgen.<br />

Auch <strong>de</strong>n an<strong>de</strong>ren Dynasten erschien dies als das zweckmässigste,<br />

da es keinen <strong>de</strong>r Genossen begünstigte und das Königtum<br />

nicht in die Rand eines mächtigen Herrn legte, <strong>de</strong>r wie<br />

<strong>Rudolf</strong> versuchen konnte, sich auch wirklich als ihr Oberherr zu<br />

erweisen, son<strong>de</strong>rn in die eines Jünglings, <strong>de</strong>ssen reale Macht nicht<br />

gefährlich wer<strong>de</strong>n und <strong>von</strong> <strong>de</strong>ssen Unerfahrenheit man möglichst<br />

grossen Vorteil zu ziehen hoffen konnte.<br />

Am Hofe seines Oheims Aethestan, <strong>de</strong>s Königs <strong>de</strong>r Angelsachsen,<br />

lebte mit seiner Mutter Eadgifu <strong>de</strong>r Sohn Karls, <strong>de</strong>r im<br />

gen<strong>de</strong>n ausdrücklich als imperator erwähnt ist, und nicht so ohne je<strong>de</strong> Ehrenbezeichnung<br />

genannt wer<strong>de</strong>n konnte, da selbst die Könige ihre,, Titel erhalten.<br />

1) F] A. 1. c, Ann. S. Co], Sen. SS. 1. 105, iticher 1, 65 Lüns 1. c.<br />

p. 14; Kalckstein p. 19.


.95<br />

16. Jahre stehen<strong>de</strong> Ludwig; ihm beschloss man die Herrschaft<br />

zurückzugeben.<br />

im Auftrag <strong>de</strong>r Grossen ging Erzbischof Wilhelm <strong>von</strong> Sens<br />

mit Gesandten nach England, doch erst nach Empfang feierlichen<br />

Eidschwures gaben Aethelstan und seine Schwester ihre Einwilligung<br />

und entsandten <strong>de</strong>n jungen Fürsten mit stattlichem Gefolge<br />

in sein Reich. Bei Bonlogne bereiteten ihm seine neuen<br />

Vasalln beim Verlassen <strong>de</strong>s Schiffes einen festlichen Empfang<br />

und leisteten gleich an <strong>de</strong>r Küste <strong>de</strong>n Treueid. Darauf zog man<br />

nach Laon zur Salbung und Krönung, die am 19. Jufli 936 <strong>de</strong>r<br />

Erzbischof <strong>von</strong> Reims vornahm').<br />

In <strong>de</strong>r Zwischenzeit vom Januar bis Juni datierte man <strong>von</strong><br />

<strong>Rudolf</strong>s Tod ab, selbst die Reichsteile, die lange seiner Herrschaft<br />

wi<strong>de</strong>rstrebt hatten, trugen jetzt kein Be<strong>de</strong>nken, seinen Namen in<br />

<strong>de</strong>n Urkun<strong>de</strong>n fortzuführen, ja es berührt recht son<strong>de</strong>rbar, dass<br />

gera<strong>de</strong> sie sich nun gar nicht <strong>von</strong> ihm trennen zu können<br />

schienen; <strong>de</strong>nn selbst nach Ludwigs Erhebung ignorierte man vielfach<br />

diesen Spross <strong>de</strong>s angeblich so treu verehrten Herrschergeschlechts<br />

und bediente sich ungescheut <strong>de</strong>s Namens <strong>de</strong>s anfangs<br />

so sehr als Thronräuber verlästerten <strong>Rudolf</strong>, um so die Fiktion<br />

eines günstigen Interregnums aufrecht zu erhalten 2)<br />

1) Flod. 936 p. 383, H. IL IV, 23, 135 p. 580, SeC, Woher II, 1-4,<br />

Foleuln, g. a. Sith. c. 102 55. XIII, 626, An". S. Ccl. Sen. SS. 1, 105, Eist.<br />

Franc. Sen. 85. IX, 366, Aiinoin Mir. S. Ben. Bq. IX. 140, Rodulf. Glab. 1,<br />

3 55. VII, 53, Bu<strong>de</strong>, Lair p. 193; vgl. Xalckstein p. 194 1?.<br />

2) Marca Ilispanica, append. col. 847 n. 72 (betreffs Rous.si]lon); Baiuze<br />

histor. Tutel; app. ccl. 342, 355, 356(Tolle): Bibl. <strong>de</strong> U&. d. chart. V, 4<br />

(= 24) p. 170 (Ro(lcz); H. d. Lang. V. n. 64 (Carcassonne, n. 65 (E1ne ' 68<br />

(Boziors), 71 (Vabres, sogar <strong>de</strong>r Dcceniber 937 noch als Interregnum im H.<br />

Jahre nach Rud. Tod) ; lialnze, Capit. II app. 1535 (Eine, Arles [Arulo, l'yr&<br />

nöcs orientales] auch vom Dcc. 937); Cart. <strong>de</strong> Bcaulleu u. 178 (&aulicu);<br />

Cart. <strong>de</strong> S. Cyprien n. 375, 381 1 414 (Poitiers); Perard, Rec. d. .pices 5. lt<br />

i'h. d. Bourgogne p...1. (Dijon, aus 937) Rec. d. eh. d. Cluny 1 n. 445, 447,<br />

448, (Cluny), ib. n. 446 Nevers). Vgl. lT. d. Lang. 111, 116; Bruel, Bibl. <strong>de</strong><br />

l'öc. d. chart. XLI, 30. ('las oben p. 69 Anm. 1. Anerkennung Ludwigs seit<br />

924 vgl. auch noch Brise] 1. c. p. 31, ltee. (l. Cluny 1, 5)3.)<br />

0


Werfen wir noch einen Rückblick auf die Perio<strong>de</strong> französischer<br />

Geschichte, die vor unsern Augen vorübergegangen ist!<br />

Wohin wir uns auch wen<strong>de</strong>n, nirgends zeigt sich während<br />

langen Kämpfe <strong>de</strong>m Auge ein Ruhepunkt, ubepunkt, beständig wogt<br />

das Treiben <strong>de</strong>r Grossen gährend auf und ab, nicht einmal ausgesprochene<br />

Gegensätze treffen wir an, die eine feste Parteibildung<br />

schöfen, son<strong>de</strong>rn haltlos schwanken die Einzelinteressen <strong>von</strong> einer<br />

Seite zur an<strong>de</strong>rn, so dass es selbst <strong>de</strong>ni Königtum, das doch <strong>de</strong>r<br />

feste, alle Zeit unverrückbare Angelpunkt <strong>de</strong>s Staatslebens sein<br />

soll, fast zur Unmöglichkeit wird, seine Stellung zu wahren, da<br />

es seiner Natur nach in einer Lohnsmonarchie eben wesentlich<br />

auf die Mitwirkung <strong>de</strong>r grossen Vasallen angewiesen ist.<br />

Das <strong>de</strong>utsche Königtum befand sich <strong>de</strong>m westfränkischen<br />

gegenüber in einer viel günstigeren Lage, <strong>de</strong>nn Deutschland war<br />

in <strong>de</strong>r Entwicklung <strong>de</strong>r Lehnsverhältnisse hinter <strong>Frankreich</strong> zurück<br />

•in Deutschland kamen neben <strong>de</strong>in Könige als massgeben<strong>de</strong> staatliche<br />

Faktoren ausser einigen Kirchenfürsten noch die grossen<br />

Herzoge in Betracht, die tlntergewalten in <strong>de</strong>n Herzogtümern<br />

hatten nicht <strong>de</strong>n Grad <strong>von</strong> Selbständigkeit erlangt, wie im Nachbarreiche,<br />

wo neben <strong>de</strong>n Herzogen eine grosse Anzahl andrer<br />

Machthaber stand, die jenen nur nominell o<strong>de</strong>r zum Teil auch<br />

gar nicht unterthan waren, son<strong>de</strong>rn direkt <strong>de</strong>m König unterstan<strong>de</strong>n.<br />

Auch äussere Schwierigkeiten türmten sich in noch bedrohlicherer<br />

llö}ie auf als rechts <strong>de</strong>s Rheins; dort waren die<br />

Ungarn die Geisel <strong>de</strong>s Lan<strong>de</strong>s, hier gesellten sich zu diesen noch<br />

die Normannen und Saracenen.<br />

im Ostreiche boten die Kämpfe gegen die heidnischen<br />

Siaven unruhigen Gemütern nicht bloss Gelegenheit, ihre Lust<br />

an Krieg und Raub zu befriedigen, son<strong>de</strong>rn vor allem auch <strong>de</strong>m<br />

Königtum zugleich die Möglichkeit, mit <strong>de</strong>n neuen Län<strong>de</strong>reien<br />

die Getreuen zu belohnen und dadurch in Treue zu erhalten, auch<br />

das Krongut selbst war noch sehr ansehnlich, während im Westreiche<br />

bei<strong>de</strong> Mittel ganz o<strong>de</strong>r fast ganz fehlten, da das Krongut<br />

seit <strong>de</strong>n Bürgerkriegen <strong>de</strong>s neunten Jahrhun<strong>de</strong>rts sehr zusamffl<br />

Schlussbetrachtung.


inengeschmolzen war') und an<strong>de</strong>res Gut nicht verliehen wer<strong>de</strong>n<br />

konnte, ohne seinen Inhaber zu berauben und zum Fein<strong>de</strong> zu<br />

machen. Obwohl nicht zum alten Herrscherhause gehörig hat<br />

<strong>Rudolf</strong> als König sich doch mit <strong>de</strong>mselben solidarisch gefühlt und<br />

<strong>de</strong>n ihm zugefalinen Rest <strong>de</strong>s Kronguts nicht an seine Anhänger<br />

verschleu<strong>de</strong>rt 2), son<strong>de</strong>rn mit einigen Ausnahmen, wo er gebieterischen<br />

Verhältnissen nachgeben musste, sich bemüht, es zusammenzuhalten<br />

und, sobald sich eine Gelegenheit bot, wie im zweiten<br />

heribertischen Aufstand, Entäussertes zurückerlangt. Wenn er sich<br />

auch in sofern günstiger gestellt sah als die letzten Karolinger,<br />

dass er über ein eignes Gebiet als Herzog waltete, so genügt diese<br />

Aeusserlichkeit allein noch nicht, um seine Erfolge zu erklären;<br />

<strong>de</strong>nn auch dieser Besitz stand ihm nicht zur unbeschränkten Verfügung,<br />

da er immerhin mit seinen herzoglichen Vasallen rechnen<br />

musste, und die Unruhen 931 und 935 zeigen, dass selbst hier<br />

Versuche gegen sein straffes Regiment gemacht wur<strong>de</strong>n. Hierin<br />

war <strong>de</strong>r <strong>de</strong>utsche König nicht min<strong>de</strong>r im Vorteil vor ihm: er<br />

konnte über sein Sachsen freier gebieten als es je ein westfränkischer<br />

Herzog über sein Land gekonnt hat (selbst die feste Herrschaft<br />

<strong>de</strong>r Robertiner nicht ausgenommen), da gera<strong>de</strong> in Sachsen<br />

das Feudalsystem noch weniger ausgebil<strong>de</strong>t war als im übrigen<br />

Deutschland; auch bil<strong>de</strong>te Sachsen ein gewichtigeres Glied im Ostliehen<br />

Reichsverban<strong>de</strong> als Burgund im westlichen.<br />

Den westfränkischen Königen hat es in <strong>de</strong>r allgemeinen<br />

Auffassung oft gescha<strong>de</strong>t, dass sie die Sachsenherrscher zu Zeitgenossen<br />

hatten je mehr Licht auf <strong>de</strong>r einen Seite, um so<br />

tieferer Schatten auf <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>ren. Das frefi'liebe, kraftvolle<br />

Königtum Jener liess, beson<strong>de</strong>rs seit <strong>de</strong>r Glanz <strong>de</strong>r Kaiserkrone<br />

sie umstrahlt, das oft schwer bedrängte Karolingertum, das freilich<br />

in ganz andre Notlage zum grossen Teil durch die Schuld seiner<br />

Vorfahren sich gedrängt sah, in umso kläglicherer Gestalt erscheinen.<br />

In einigen Perio<strong>de</strong>n, wie unter Karl III. und Ludwig IV.,<br />

war ja auch thatsächlich die Lage zu Zeiten recht hoffnungslos,<br />

aber auch das zehnte Jahrhun<strong>de</strong>rt ist für das französische Königtum<br />

nicht eine Bahn, auf <strong>de</strong>r es ununterbrochen nur bergab <strong>de</strong>m<br />

Untergange zueilt, son<strong>de</strong>rn auch hier zeigen sich Zeiten, wenn<br />

nicht <strong>de</strong>s Aufschwungs und <strong>de</strong>r Neugeburt, so doch sicherlich<br />

mannhaften Beharrens und kräftigen Zurückdrängens <strong>de</strong>r das<br />

Königtum als Repräsentanten <strong>de</strong>r Staatseinheit bedrohen<strong>de</strong>n<br />

1) Vgl. Warnidinig und Stein, frz St.- und lt-gesch. In, 37 IF; für<br />

Deutschland s. Waitz, Verfassgesch. VIII. 239.<br />

2) Wie e]me jedwe<strong>de</strong> Begründung Gfrürer, Gregor, III, 140 meint.


lS<br />

Elemente, und als eine solche Zeit stellt sich <strong>Rudolf</strong>s Regierung<br />

entschie<strong>de</strong>n dar.<br />

Seine persönlichen Eigenschaften lassen uns in ihm eine<br />

königliche Erscheinung erblicken, wie sie das zehnte Jahrhun<strong>de</strong>rt<br />

verlangte. Wie<strong>de</strong>rholt hören wir <strong>von</strong> Beweisen seiner frommen<br />

Gesinnung, seiner Freigebigkeit und Mil<strong>de</strong> gegen die Kirche, die<br />

ihm die Herzen <strong>de</strong>r Welt- und Klostergeistlichkeit gewann, aber<br />

seine kirchliche Gesinnung gab ihn nicht als Schwächung in die<br />

Leitung eines übermächtigen Klerus, wur<strong>de</strong> nie zur Frömmelei I),<br />

<strong>de</strong>nn es paarte sich damit die andre Haupteigenschaft, die ihn<br />

<strong>de</strong>m weltlichen Teil seiner Unterthanen als <strong>de</strong>n rechten Mann erscheinen<br />

liess, seine Tapferkeit und Kriegstüchtigkeit; reichlich<br />

hat er diese in <strong>de</strong>n vielen Kriegen zu bewähren Gelegenheit gehabt;<br />

selbst mit <strong>de</strong>r eignen Person trat er ein und wie Kriegerblut<br />

ist auch Königsblut im Kampfe gegen die Reichsfein<strong>de</strong> .geliessen.<br />

Der mittelalterliche König war aber nicht nur ein gnädiger<br />

Herr gegen die Kirche, nicht nur <strong>de</strong>r Heerführer seines Reiches,<br />

er war auch <strong>de</strong>r höchste Schirmer <strong>de</strong>s Rechtes und <strong>de</strong>r Ordnung;<br />

<strong>Rudolf</strong> erfüllte auch hierin die Pflichten seiner Stellung und<br />

ahmte dm Beispiele seines Vaters Richard nach, so dass auch<br />

sein Gerechtigkeitssinn durch verschie<strong>de</strong>ne Erzählungen gefeiert<br />

wur<strong>de</strong> 2)<br />

Wenn wir sein ganzes Auftreten während <strong>de</strong>r zwölf Jahre<br />

betrachten, können wir nicht umhin ihm Anerkennung zu zollen.<br />

Seine Regierung war ein fast unausgesetztes Ankämpfen gegen die<br />

oben skizzierten Schwierigkeiten, die bald vereinzelt, bald auch<br />

vereint gleichzeitig auf ihn eindrangen; wacker hielt er aber<br />

Stand; musste er ein Stück zurückweichen, so war es für ihn nur<br />

ein zeitweiliger Zustand und Schritt für Schritt drang er wie<strong>de</strong>r<br />

vor; seine Ausdauer, seine Entschlossenheit verbun<strong>de</strong>n mit kluger<br />

Mässigung und zugleich sein verständiges Eingehen auf die Grundfor<strong>de</strong>rungen<br />

seiner Zeit brachten ihn schliesslich doch au das<br />

1) Wie bei jenem Ludwig, <strong>de</strong>r <strong>de</strong>r Fromme heisst, dc,, aber C. <strong>von</strong><br />

Noor<strong>de</strong>n scharf, -doch treffend <strong>de</strong>n Frömmler nannte.<br />

2) Zu <strong>de</strong>n Füllen, die im Laufe <strong>de</strong>r Darstellung berührt wer<strong>de</strong>n sind,<br />

mag noch auf zwei hingewiesen sein, die oben nicht einzureihen waren, auf<br />

die Jlofgeriehtsurkun<strong>de</strong> in Dijon für S. Benignus im Ohron. S. Beu. Bq. Viii,<br />

243, Änaleeta Divionensi v. 125, und beson<strong>de</strong>rs auf die Bestrafung <strong>de</strong>s<br />

Ttiiubers, <strong>de</strong>r Die (Up. Tonne STr. Tennerre), ein Gut Fleurys, an sich gerissen<br />

hatte und seine Wi<strong>de</strong>rsetzlichkeit mit <strong>de</strong>in To<strong>de</strong> büsste; <strong>de</strong>r König selbst soll<br />

an <strong>de</strong>r Aufgreifung <strong>de</strong>s 'Ihäters und seiner Ban<strong>de</strong> teilgenommen und ihn eigenhändig<br />

nie<strong>de</strong>rgestossen haben, wie man später in Fleury sich erzählte, Aimoiu,<br />

Mir. 8. Ben. Bq. IX, 159.


Ziel: er starb als anerkannter Herrscher seines Reiches, <strong>de</strong>m er<br />

auch gute Beziehungen zu <strong>de</strong>n Nachbarreichen hinterliess').<br />

Das Bild <strong>Rudolf</strong>s in <strong>de</strong>r historischen Ueberlieferung ist <strong>de</strong>nn<br />

auch (abgesehen natürlich <strong>von</strong> einigen prinzipiell gehässigen<br />

Stimmen <strong>de</strong>s Sü<strong>de</strong>ns, <strong>de</strong>nen er <strong>de</strong>r unrechtmässige Herr war und<br />

blieb) ein äusserst günstiges, wie es keinem an<strong>de</strong>rn %\Testfranken_<br />

könig <strong>de</strong>r letzten liarolingerzeit zu Teil gewor<strong>de</strong>n ist, selbst mit<br />

überschwenglichem Lob gehen einzelne Autoren sehr freigebig<br />

um 2); doch ohne Berücksichtigung dieser dankbaren Uebertreibungen,<br />

unter Erwägung auch <strong>de</strong>s Ungünstigen, das sich in<br />

<strong>Rudolf</strong>s Geschichte zeigt, bietet doch die wahre Erscheinung, wie<br />

sie ans <strong>de</strong>n glaubwürdigsten Zeugnissen sich ergiebt, genug <strong>de</strong>s<br />

Lobenswerten, um die vorausgehen<strong>de</strong> Beurteilung zu rechtfertigen<br />

Man kann <strong>Rudolf</strong> wohl in Vergleich stellen mit Konrad und<br />

Heinrich, ohne Gefahr zu laufen, dass <strong>de</strong>rselbe für ihn ungünstig<br />

ausfällt. Wie die Konrads, war seine Zeit <strong>von</strong> inneren Kämpfen<br />

erfüllt, die auch ihn noch in kräftigem Alter aufrieben, aber sein<br />

Ringen war glücklicher als das <strong>de</strong>s Franken, nicht so glücklich<br />

als das <strong>de</strong>s Sachsen; was jenem nie zu Teil ward, was diesem<br />

seine Tüchtigkeit und sein Glück gleich im Anfang seiner Herrschaft<br />

bescheerten, die unbestrittne Oberhoheit - sie war ihm<br />

1) Unberechtigt ist Waitz p. 173 (169 3) geneigt, in <strong>de</strong>r Zusammenkunft<br />

am C1,iers 935 einen ähnlichen Vorgang zu sehen wie <strong>de</strong>n zu Worms, wo<br />

Arnulf 895 als Schiedsrichter über <strong>de</strong>n Gegenkönigen Odo und Karl stand,<br />

wie er auch schon zuvor als Oberherr <strong>de</strong>s Kin<strong>de</strong>s Ludwig im Reich Provence<br />

aufgetreten war; doch dort lud <strong>de</strong>r <strong>de</strong>utsche Herrscher die Frankenfürsten<br />

zur Entscheidung vor sich in sein Reich, hier verabre<strong>de</strong>ten 'zwei Könige eine<br />

Zusammenkunft und kamen als Gleichgestellte einan<strong>de</strong>r entgegen; dass <strong>Rudolf</strong><br />

Herr im eignen Hause blieb, lehrt die <strong>de</strong>utsche Vermittlung für Heribert, <strong>de</strong>in<br />

die <strong>von</strong> Heinrich beauftragten <strong>de</strong>utschen Grossen <strong>von</strong> <strong>Rudolf</strong> nur unter ungünstigen<br />

Bedingungen einen Waffenstillstand verschaffen konnten. Richtiger<br />

fasst Waitz selbst, Verfassgesch. V, 03 das Verhältnis auf.<br />

2) lieber (1, 47) liebt auch <strong>Rudolf</strong>s gute wissenschaftliche Bildung hervor;<br />

Aimoin (mit seine,, Ableitungen), led. Glab., Ann. S. Ccl. San., Bist.<br />

Franc. Sen. (und die verwandten Quellen), Bist. reg. Franc., beson<strong>de</strong>rs Lili.<br />

<strong>de</strong> div. eis. eoen. Dervensis und Append. Mir. 5. Gerin, Autiss. 1. c.<br />

3) Es möge hier auch Leibniz's Urteil Platz fin<strong>de</strong>,,, das er A. i. 11,<br />

455 abgiebt: <strong>Rudolf</strong>us .....ren neu aspernaiidus, si eausa periu<strong>de</strong> ne fortitudine<br />

valuisset. Diu cn,n fortuna et adversis hominu,n 'animis celluetatus,<br />

tan<strong>de</strong>m vicit Gnlliamque in obsequio l,abuit, seil fruetus ]abernm neu dcgustavit.<br />

7*


100<br />

erst in seinem letzten Jahre beschie<strong>de</strong>n, und während <strong>de</strong>r Sachse<br />

dann seine Kraft <strong>de</strong>r innern Regierungstliätigkeit in erhöhtem<br />

Masse zuwen<strong>de</strong>n und sein Reich auch innerlich gefestigt und beruhigt<br />

seinem Sehne übergeben konnte, war die Frist., die <strong>de</strong>m<br />

Burgun<strong>de</strong>r blieb, zu kurz, um mit gleicher Thätigkeit auch im<br />

Westreiche durchdringen zu können. Bei seinem To<strong>de</strong> führte kein<br />

gleich trefflicher Sohn wie Otto seine Aufgabe erfolgreich weiter;<br />

die Thronfolge eines zwar gut beanlagten ‚ aber lei<strong>de</strong>nschaftlichen<br />

Jünglings, <strong>de</strong>r statt <strong>de</strong>n Wie<strong>de</strong>rausbau <strong>de</strong>r Fundamente fortzusetzen,<br />

auf <strong>de</strong>m unsichern Bo<strong>de</strong>n sich ein Herrschaftsgebäu<strong>de</strong> im<br />

alten Wanze errichten wollte, stürzte das Reich bald <strong>von</strong> neuem<br />

in ein Wirrsal <strong>von</strong> Kämpfen, die das Eingreifen <strong>de</strong>s <strong>de</strong>utschen<br />

Königs veranlassten und ihn eine indirekte Herrschaft wenigstens<br />

für einige Zeit auch jenseits <strong>de</strong>r Maas üben liessen.<br />

2


101.<br />

IV. Die Urkun<strong>de</strong>n <strong>Rudolf</strong> s.<br />

Die Urkun<strong>de</strong>n eines Herrschers ohne handschriftliche Grundlagen<br />

behan<strong>de</strong>ln zu wollen, dürfte umsomehr als Vermessenheit<br />

erscheinen, als es sich um eine spätkarolingische Perio<strong>de</strong> han<strong>de</strong>lt,<br />

bei welcher das vorliegen<strong>de</strong> Material sieh in <strong>de</strong>r schlechtesten<br />

Verfassung befin<strong>de</strong>t und Vorarbeiten noch völlig fehlen 1).<br />

Doch wird hier auch dieser Anspruch nicht erhoben das<br />

Gebotene soll nur das Erreichbare zusammenstellen, um damit;<br />

da die Neuausgabe <strong>de</strong>r Karolingerregesten diesem Gebiete ihre<br />

eingehen<strong>de</strong> Sorgfalt noch nicht hat ange<strong>de</strong>ihen lassen können 2),<br />

wenigstens eine Ergänzung <strong>de</strong>s ganz ungenügen<strong>de</strong>n Abschnittes<br />

bei Böhmer und zugleich <strong>de</strong>r vorausgehen<strong>de</strong>n Geschichte <strong>Rudolf</strong>s<br />

zu bieten. Das geringe Material macht eine umfassen<strong>de</strong>, zu festen<br />

Regeln gelangen<strong>de</strong> Beleuchtung sehr schwierig: Böhmer giebt nur<br />

17 Urkun<strong>de</strong>n, Bouquet 21; daran reihen sich noch 2 andre, also<br />

auf nur 23 Diplomen müssten wir das Urkun<strong>de</strong>nwesen aufbauen;<br />

ferner haben wir noch Kenntnis <strong>von</strong> einigen verlornen Urkun<strong>de</strong>n,<br />

<strong>von</strong> <strong>de</strong>nen aber nur eine Art Regest o<strong>de</strong>r die blosse Erwähnung<br />

<strong>de</strong>r Verleihung erhalten ist.<br />

<strong>Rudolf</strong>s Kanzlei lehnte sich an das Vorbild <strong>de</strong>r karolingischen<br />

Kanzlei an. An <strong>de</strong>r Spitze stand ein Bischof als Erzkanzler,<br />

welcher Titel jedoch nur zweimal erscheint, n. 13, 14, da sein<br />

Inhaber meist nur als episeopus o<strong>de</strong>r praesul o<strong>de</strong>r pontifex be-<br />

II) Das einzige sind die ganz dürfgen, zum Teil mit Irrtümern durchmengten<br />

Notizen bei Mabillon <strong>de</strong> re dipl. (II cd. Paris 1709) p. 120 (fehlerhafte<br />

Kanzleiangabe), Bq. IX, 561, Ducange, Glossarinm (cd. in 4)11, 80 s.<br />

v. cancellarius (die gleichen Fehler), Natalie <strong>de</strong> Wailly, Eläments <strong>de</strong> ialographic<br />

(Paris 1838) 1, 226 (wie<strong>de</strong>rholt die Angaben <strong>de</strong>r vorigen) und 358;<br />

für die eigentliche Urkun<strong>de</strong>nlehre sind mir die zerstreuten Notizen in -Stumpfs<br />

Reichskanzlern Bd. 1. (Innsbruck 1865) zu nennen.<br />

2) Nach <strong>de</strong>in Titel scheint überhaupt die Arbeit zunächst ihren Abschluss<br />

mit 918 fin<strong>de</strong>n zu sollen.


102<br />

zeichnet wird 1). Unter Karl hatte nach ileriveus <strong>von</strong> Reims<br />

Rotgar <strong>von</strong> Trier die Wür<strong>de</strong> innegehabt, da er aber nicht zu<br />

Robert übertrat, verlieh <strong>de</strong>r Gegenkönig das Amt an Bischof<br />

Abbo <strong>von</strong> Soissons, <strong>de</strong>n bei Roberts To<strong>de</strong> sein Nachfolger <strong>Rudolf</strong><br />

beibehielt. Abbo stand in engen Beziehungen zu Heribert und<br />

war zugleich geistlicher Bistumsverweser <strong>von</strong> Reims, doch beim<br />

Aufstand 927 blieb er seinem König treu und behielt die Erzkanzlerwjir<strong>de</strong>;<br />

die letzte seiner Urkun<strong>de</strong>n, ii. 14, ist vom 7. Oktober<br />

931. Ein Grund seines Rücktrittes ist unbekannt; die <strong>von</strong><br />

Kalckstein ange<strong>de</strong>utete Vermutung 2) ist nicht stichhaltig, <strong>de</strong>nn<br />

Abbos freundliches Verhältnis zu Hugo war seit 928 gelöst, da<br />

Heribert ihm wegen seiner Treue für <strong>Rudolf</strong> die Verwesersehaft<br />

entzog und <strong>de</strong>m Odairich <strong>von</strong> Dax übertrug.<br />

Ihm folgte Ansegis <strong>von</strong> Troyes, <strong>de</strong>r bis zu <strong>Rudolf</strong>s Tod<br />

fungierte und selbst in Ludwigs erstem Jahr im Amte blieb.<br />

Mehrere Urkun<strong>de</strong>n entbehren <strong>de</strong>r Recognitiouszeile in <strong>de</strong>n vorhan<strong>de</strong>nen<br />

Drucken gänzlich, n. 3, 5, 10, 19, in 9 ist sie unvollständig;<br />

eine Urkun<strong>de</strong> nennt <strong>de</strong>n Erzkanzler Anse gis selbst als<br />

Reeognoseenten. n. 21, die im Feldlager vor Chateau-Thierry verliehen<br />

wur<strong>de</strong>, während sonst die eigentlichen Kanzleigeschäfte <strong>de</strong>n<br />

Unterbeamten überlassen blieben.<br />

Dieselben, stets Geistliche, treten auf als notarius in 1, 2,<br />

4, 6 i 7, 11, 13 1 14, cancellarius 3) 12, 15, 23, ohne Amtsbezeichnung<br />

8, 16, 17, 18, als sacerdos 20, 22.<br />

Unter Abbo fin<strong>de</strong>n wir <strong>de</strong>n Notar Ragenard (Raynard) bis<br />

zum 30. Mai 925; aus <strong>de</strong>m Juli 925 giebt es eine Urkun<strong>de</strong> eines<br />

1) Auch in <strong>de</strong>n Urk. Karls d. E. begegnet oft nur die Bezeichnung als<br />

Bischof o<strong>de</strong>r Erzbischof, beson<strong>de</strong>rs in <strong>de</strong>r zweiten Hälfte seiner Regierung ist<br />

hingegen meist aummus eancellarius beigefügt, bisweilen arcbicaneellarius,<br />

vereinzelt cancellarins daneben für dieselbe Person, z. B. 13a• LX, 489 und<br />

492, 469 und 475 u. a.; nie (wenigstens in <strong>de</strong>n Urk. b. Bq.) treffen wir <strong>de</strong>n<br />

Titel Erzkaplan während <strong>de</strong>s ganzen letzten Jahrhun<strong>de</strong>rts <strong>de</strong>r westfränkischen<br />

:Karolinger, vgl. hingegen Mühlbaeher, W. S. 13 phil. hist. Kl. 92 p. 344 IL,<br />

Siekel M. G. DD. die Urk. Konrads u. seiner Nachfolger, in <strong>de</strong>nen fortgesetzt<br />

Erzkaplane vorkommen.<br />

2) Artolds Erhebung in Reims nach Verdrängung <strong>de</strong>s unter Abbos Beihilfe<br />

<strong>de</strong>signierten Hugo, Kalekstein 1 180 e s. oben.<br />

3) Ueber <strong>de</strong>n Titel caneellarius für <strong>de</strong>n Recognoseenten vgl. Sickel,<br />

Beitr. z.• Dipl. VII. W. S. B. 93, p. 658 1?, Mühlbacher 1. e. p. 347; sogar<br />

bei eitler und <strong>de</strong>rselben Person kommt wechseln<strong>de</strong> Bezeichnung vor, Sickel 1,<br />

c. p. 669, Mübibseher 1. c. r- 349; unter <strong>Rudolf</strong> s. UR. 11-14, unter Ludwig<br />

TV. Bq. IX, 587, 594, 595 u. n.


103<br />

Anselin (8); seit 927, wahrscheinlich seit Septeinber ist ileribert<br />

als Notar und Kanzler belegt bis zum 7. Oktober 931. <strong>de</strong>n unter<br />

Ausegis <strong>de</strong>r Kanzler Hugo ablöst am 28. December 931; dann<br />

erscheinen Rotwund (Rosmund, Readmund) vom 20. Mai, bez.<br />

19. Juni, bis 1. Juli 932, <strong>de</strong>r Priester Gotefred am 13. December<br />

933 und 13. September 935, und nochmals Hugo 12. December<br />

935 1)<br />

Geber die sonstigen Verhältnisse <strong>de</strong>s Kanzleipersonals mangeln<br />

Nachrichten, doch lassen sich zwei Fälle ermitteln, welche zeigen,<br />

dass auch hier ein Gebrauch bestand, <strong>de</strong>r in <strong>de</strong>r <strong>de</strong>utschen Kan'<strong>de</strong>i<br />

sehr ausgebreitet war: durch Mitglie<strong>de</strong>r <strong>de</strong>r königlichen Kapelle,<br />

die mit <strong>de</strong>r Kanzlei verschmolzen war, die Bischofsstühle zu besetzen<br />

2), Ein Rotmund wur<strong>de</strong> 935 <strong>von</strong> <strong>Rudolf</strong> in seinem Lan<strong>de</strong>sbistum<br />

Antun als Bischof eingesetzt, in welchem wir unzweifelhaft<br />

<strong>de</strong>n oben erwähnten Rotmund zu sehen haben 3); ein andrer Geisthoher,<br />

Wido, tritt in <strong>de</strong>n vorliegen<strong>de</strong>n Urkun<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>ren Reihe ja<br />

grosse Lücken bietet, nicht auf, die Gesta pontificum Autissiodorensium<br />

berichten aber, nach seinem frühen Eintritt in <strong>de</strong>n<br />

geistlichen Stand zur Zeit Bischof Herifrids sei er in Auxerre<br />

wissenschaftliöh herangebil<strong>de</strong>t wor<strong>de</strong>n ‚ als Mann aber später in<br />

<strong>de</strong>n speziellen Dienst König <strong>Rudolf</strong>s getreten und habe am Hofe<br />

verweilt, er sei <strong>de</strong>mnach Mitglied <strong>de</strong>r königlichen Kapelle gewor<strong>de</strong>n;<br />

im Jahre 933 verlieh <strong>de</strong>r König auf Verwendung seiner<br />

Gemahlin ihm das Bistum Auxerre ): also gera<strong>de</strong> zwei Sitze in<br />

seinem eigenen Herzogtum sehen wir ihn mit ihm persönlich<br />

nahestehen<strong>de</strong>n Männern besetzen.<br />

1) Kalckstein p. 223 vermutet, ilugo sei <strong>de</strong>r Peimser ErzbistumspriitenlenI,<br />

da bei<strong>de</strong> Urk. aus Auxerre stammen, <strong>de</strong>ssen Bischof Wi<strong>de</strong> sein Lehrer<br />

war; es ist aber abgesehen <strong>von</strong> seiner Jugend - er war 11 bez. 15 Jahre<br />

alt - wenig wahrscheinlich, dass er, <strong>de</strong>r Sohn <strong>de</strong>s aufstiindiscliesi Heribert,<br />

i" so nahen Beziehungen zum König gestan<strong>de</strong>n haben solle, uni Mitglied <strong>de</strong>r<br />

Kanzlei zu sein. -<br />

2) Vgl. Stumpf, Reichskanzler 1 p. 10, TI p. 8, 48 3 75, 09 ii. a., M.<br />

G. 1»). 1. p. 1. 87, 82 ff., Mühlbacher 1. c. p. 352, 358, 360.<br />

3) Hugo Flavin. Ohren. 58. VIII, 359, Series abb. Plavin. ib. 503; dass<br />

er vor seiner Erhebung Weltgeistlicher und nicht Klosterbru<strong>de</strong>r war, zeigt<br />

seine Amtsführung.<br />

4) Flod. 933 p. 381 Gesta pont. Autiss. Bibl. bist. <strong>de</strong> l'Yonne 1, 378;<br />

Hist. liter. d. 1. Fr. VI, 288. Er war (wie Senlf vo ll Reims u. a. Bischöfe)<br />

ans <strong>de</strong>r Schule <strong>de</strong>s Remigins <strong>von</strong> Auxerre hervorgegangen, und selbst Lehrer<br />

<strong>de</strong>s Hugo <strong>von</strong> Reims, vgl. Pled. 11. R. IV, 28 85. XIII, 581, Pertz Archiv<br />

X, 334; s. obige Anm. zu Kanzler Hugo.


104<br />

Hinsichtlich <strong>de</strong>s Textes sind wir ausschliesslich auf die zum<br />

grossen Teil recht mangelhaften Drucke angewiesen; auch eine<br />

Vergleichung <strong>de</strong>r verschie<strong>de</strong>nen Drucke ist meist ohne Erfolg, da<br />

die Texte zum guten Teile einem Vorgänger entlehnt sind, ohne<br />

dass man es für nötig erachtet hätte, die eventuell noch vorhan<strong>de</strong>nen<br />

Originale o<strong>de</strong>r Kopien einzusehen; die Texte lei<strong>de</strong>n<br />

daher fast sämtlich mehr o<strong>de</strong>r min<strong>de</strong>r an Ungenauigkeit.<br />

in französischen Urkun<strong>de</strong>neditionen hat man z. B. das<br />

Chrismon nie bezeichnet; auch in keinem <strong>de</strong>r Drucke rudolfinischer<br />

Urkun<strong>de</strong>n ist es erwähnt, aber selbstverständlich wird es nicht<br />

fehlen, und die bei<strong>de</strong>n veröffentlichten Facsimilia haben es in <strong>de</strong>r<br />

That, <strong>von</strong> einem an<strong>de</strong>rn Originale sagt es Sickel 1).<br />

Fast alle Drucke gewähren hingegen die verbale Invecation:<br />

in nonune sanctae et individuae trinitatis ‚ die Grimaldische<br />

Formel, nur n. 22 hat im Druck gar keine und n. 3 die folgen<strong>de</strong>:<br />

In nomine Bei et salvatoris nostri Jesu Christi, was Bouquet als<br />

fehlerhaft bezeichnet: allerdings ist diese Ausdrucksweise ungewöhnlich,<br />

doch ist dadurch die Echtheit <strong>de</strong>r Urkun<strong>de</strong> nicht geflLhr<strong>de</strong>t.,<br />

da innere Grün<strong>de</strong> sie nicht anfechten, sie durch n. 2 und<br />

4 ge<strong>de</strong>ckt wird und schon <strong>von</strong> Lothar eine Bestätigungsurkun<strong>de</strong><br />

vorhan<strong>de</strong>n ist ).<br />

Der königliche Titel schwankt sehr stark ohne Reichsbezeichnung<br />

fin<strong>de</strong>n sich 10 Fälle, die aber unter sich weit auseinan<strong>de</strong>rgehen<br />

; es steht R. gratia Dei rex in 8, 12, 23, misericordia<br />

Bei r. 1, 4, divina ordinante' provi<strong>de</strong>ntia r. 3, superna regente<br />

pietate r, 6, eius<strong>de</strong>m Dei omnipetentis gratia et miseric. r. 2, div.<br />

propitiante clementia pius augustus atque invictissimus r. 17, gratia<br />

Dei pacificus augustus et invictus r. 10; das Frankenreich wird<br />

erwähnt: div. <strong>de</strong>m. Francorum r. 5, div, propitiante eIern. Fr. r.<br />

7, 15, 16, 18, 19, ipsins (Dci) prop. <strong>de</strong>in. r. Fr. 11. div. prop.<br />

eiern. r. Fr. et vir illustris 21, div. ordin. provid. r. Fr. 9, omnipotentis<br />

Dci Iniseric. r. Fr. 13, 14; in zwei Diplomen aber fin<strong>de</strong>t<br />

1) Siekel, Acta reg. et imperator. Xarolin. (Wien, 1567) 1, 211 Anm.<br />

2, 295 Arno, 2; Faes. v. 1J]t.0 bei Mabilto,,, (lc re dipl. p. 417, tab. XXXVI,<br />

v. Ult. 17 bei Silvestre, Palöograp1ue universelle 13d. 111, Abt. Chartes royales<br />

Xame siöcle n. 2, wo in ihm die Anfangsbuchstabe,, <strong>de</strong>s Namens Christi enthalten<br />

sind.<br />

2) Bq. IX 562, 618; die Jrivooation J. ii. D. e, s. ii. 3. C. ist die in<br />

dcii Diplomen König Lothars 11. übliche und gera<strong>de</strong> in <strong>de</strong>r Übergangsperio<strong>de</strong><br />

nach <strong>de</strong>r gut karolingischen Zeit fin<strong>de</strong>t sieh wie<strong>de</strong>rholt ein solches Zur(ickgreifen<br />

auf frühere Formeln, vgl. Stumpf 1, 78; Mül,lbacher 1. c. p. 404 ff.<br />

8) Vgl, Stumpf 1, 87,


4<br />

105<br />

sich die vollständigste Titulatur 1) gratis Dci Fr. et Aquitanorum<br />

atque Burgundionum r. pius invictus ac semper augustus 20, inelitus<br />

fügt noch hinzu 22, vgl. jedoch über 20 und 22 die Anmerkungen.<br />

in <strong>de</strong>r königlichen Unterschriftszeile ist die Benennung zwar<br />

auch verschie<strong>de</strong>n, aber es überwiegt doch Signum Rodulfi regis<br />

gloriosissimi ([7 mal), bisweilen mit beigesetztem domni, daneben<br />

erscheint S. R. r. gioriosi in 3, 6, serenissimi 11, gloriosissimi<br />

atque praecellentissimi 12, ohne ehren<strong>de</strong>s Epitheton 1.0, ohne Signum<br />

überhaupt 8; in <strong>de</strong>r Datierung entspricht <strong>de</strong>m S. B. r. gloriosissimi<br />

ein regnante R. r. gloriosissimo in 7, 18, 19, 21, 22, 23,<br />

ein r. B. r. giorioso in 1, 2, 4, 17 1 20, <strong>de</strong>m S. R. r. gioriosi ein<br />

r. Lt. r. gloriosissimo in 3, 6; serenissimus in <strong>de</strong>r Datierung<br />

bieten 13, 14, keinen Zusatz 10, 1,5, 16, gar keine Angabe 5, 9.<br />

Ankündigung <strong>de</strong>r königlichen Unterschriften haben alle ausser 3,<br />

10, 12, 17, 20 (die sie aber <strong>de</strong>nnoch bringen) und 8.<br />

Bei Ankündigung <strong>de</strong>r Sigillation ge<strong>de</strong>nken die meisten <strong>de</strong>s<br />

anulus, hingegen <strong>de</strong>r bulla 13, .14 2); ohne nähere Bestimmung<br />

sind 11, 12, 17, ohne je<strong>de</strong> Erwähnung <strong>de</strong>s königlichen Siegels 3)<br />

8; 10 mel<strong>de</strong>t, dass die Urkun<strong>de</strong> <strong>von</strong> <strong>de</strong>n Primates mit untersiegelt<br />

sei, 8 und 22 haben Signa andrer Personen ).<br />

Nachbildungen <strong>de</strong>s königlichen Monogramms, die bei einigen<br />

Variationen <strong>de</strong>nselben Grundcharakter tragen, fin<strong>de</strong>n sich mehrfach<br />

e); auch das epigraphische Monogramm (auf Münzen) entspricht<br />

<strong>de</strong>m palaeographischen 6)<br />

1) Vgl. Stumpf 1, 88.<br />

2) Stumpf 1, 95.<br />

5) Guillon <strong>de</strong> Mont1on p. 103 giebt: t ltoudolplms gratin Dci Francorum<br />

reN als Siegellegen<strong>de</strong> um <strong>Rudolf</strong>s Bild a,f einem Diplom in dc,, Archiven<br />

<strong>von</strong> S. Denis ‚ ohne weitere Bezeichnung <strong>de</strong>sselben; <strong>de</strong>r Schnfteharactcr soll<br />

angeblich <strong>de</strong>r Zeit entsprechen und das Bild einen Minn <strong>von</strong> über 50 Jahren<br />

darstellen, vgl. jedoch über königliche Siegel Stumpf 1, 106 ii. beson<strong>de</strong>rs 1.11.<br />

Die Beschreibung eines an<strong>de</strong>rn Siegels (v. UR. 17) s. bei Leibniz, Orig.<br />

Geolt II. 161.<br />

4) Vgl. Fieker Beiträge zur Urkun<strong>de</strong>nlehre (Innsbruck 1877, 78) 1, 227<br />

ff. § 131: Sick-elAeta'Kar. 1, 203, Beitr. IV. W. S. B.47p. 578; Stumpf 1; 119.<br />

5) Mabillon u. Silvestre fncs. 1. c.; Besly. bist, <strong>de</strong>s eo,ntes <strong>de</strong> Poictou<br />

p. 289, Dünuge, Glossarium Bd. IV (cd. in 4) Monogr. pI. II. n. 65-67,<br />

Guillon jil. T zu p. 69, Leibniz, Orig. Guelf. II, 161. Stumpf 1. c. 1 p. 101.<br />

6) Ducange, Gloss. IV s. v. monota p. 754, pI. III, ii. 14, 15. - Es<br />

mag bei dieser Gelegenheit noch auf andre Beschreibungen <strong>von</strong> Münzen Eudolfs<br />

verwiesen werten, Bibl. hist. <strong>de</strong> l'Yonne II, 253 mit <strong>de</strong>r Prägstätte<br />

Sens, die bei Ducange haben Paris und Orkans, ferner s. zu UB. 3.


106<br />

Die Dätierung erfolgt nur UB. 5 nicht nach <strong>de</strong>m annus regni,<br />

meist ist letzterer begleitet <strong>von</strong> <strong>de</strong>r Indiction, welche nur in 5,<br />

8, 13, 14, 16, 21 fehlt; vereinzejt tritt das Incarnationsjahr auf<br />

3, 5, 10, 22, je<strong>de</strong>r Zeitangabe ermangelt 9. Doch trotz <strong>de</strong>s Vorhan<strong>de</strong>nseins<br />

<strong>von</strong> meist zwei Daten ist die Chronologie ungemein<br />

schwierig und in mehreren Fällen ist ohne Korrektur einer o<strong>de</strong>r<br />

selbst bei<strong>de</strong>r Zahlen die Einreihung ganz unmöglich.<br />

Der Epochentag <strong>Rudolf</strong>s ist <strong>de</strong>r 13. Juli, sein erstes Jahr<br />

läuft <strong>de</strong>mgemäss vom 13. Juli 923 bis 12. Juli 924; für einige<br />

Diplome hat man, um <strong>de</strong>r heillosen Verwirrung zu entgehen, angenommen'),<br />

matt bisweilen das volle Jahr 923 als annus<br />

1 zu setzen, doch auch dies ist nur ein ungenügen<strong>de</strong>r Notbehelf.<br />

Schwieriger steht es noch mit <strong>de</strong>r Frage, welche Indiction gewählt<br />

ist; für <strong>de</strong>n ersten Teil <strong>de</strong>s Jahres bis September ist es ja gleichgiltig<br />

bei <strong>de</strong>r Zählung, da sie hier sich <strong>de</strong>cken, an<strong>de</strong>rs aber bei<br />

<strong>de</strong>n, letzten Monaten und gera<strong>de</strong> für diese istdas Material 2) zur<br />

Entscheidung nicht ausreichend. Es lässt sich daher nur sagen,<br />

dass mit <strong>de</strong>r lndictio romana, die <strong>de</strong>n Kalen<strong>de</strong>rjahren entspricht,<br />

in einigen Fällen eine Lösung möglich gemacht ist. bei <strong>de</strong>n<br />

Septeniberindictionen diese Möglichkeit, die wi<strong>de</strong>rsprechen<strong>de</strong>n Daten<br />

in Einklang zu bringen, sich etwas erhöht; überhaupt herrschten<br />

hierbei in <strong>de</strong>r späteren Karolingerzeit keine festen Regeln 3.<br />

Das Formelwesen in <strong>Rudolf</strong>s Urkun<strong>de</strong>n ist schwer festzustellen<br />

<strong>von</strong> <strong>de</strong>n alten Formeln. wie sie uns ]1ozire 4 bietet,<br />

kommt, soviel ich habe. ermitteln können, nur eine völlig in Be-<br />

1) Bq, IX, 561; als Bestätigung dürfen hier doch unmöglich Privaturkun<strong>de</strong>n<br />

herangezogen wer<strong>de</strong>n, <strong>de</strong>ren Anfangstermine sehr schwankend sind, s.<br />

oben; vgl. auch Sickel, Boitr. 1. W. S. B. 36 p. 348.<br />

2) Aus <strong>de</strong>n Monaten September bis December gicht es 6 (vielleicht<br />

7, ii. Ii) Urkun<strong>de</strong>n, da<strong>von</strong> 5 mit annus regni und iuriictio, doch sind in samtliehen<br />

die bei<strong>de</strong>n Zahlen unter einan<strong>de</strong>r unvereinbar.<br />

3) Mühlbacher 1. c. p. 368 weist für Karl (<strong>de</strong>n Dicken) nach, dass unter<br />

ihm wechselnd selbst bei einem Kanzle;, ja selbst in eineni Monat versdhi<strong>de</strong>ne<br />

I.udictionen Anwendung fan<strong>de</strong>n. - Welchen Daten man <strong>de</strong>n Vorzug gebe"<br />

soll, ist eine schwer allgemein zu beantworten<strong>de</strong> Frage, z. B. Beitr. 1. W. S.<br />

B. 36 p. 844 betrachtet Sickel (f. Lud. d. D.) die lud, als ausschlaggebe]ld,<br />

Beitr. VIII. ib. 101 p. 137 (f. Otto 1.) <strong>de</strong>n annus regni; s. auch Stumpf Jl<br />

p. XII. In <strong>de</strong>n folgen<strong>de</strong>n ]tegesl;en ist meist letzterem gefolgt, da mehrfach<br />

äussere Umstan<strong>de</strong> (zeitlich gleichstehen<strong>de</strong> Urk., Itinerar u, a.) dafür sprechen,<br />

Z. B. UR. 3, 10, 12, 17-20.<br />

4) Reeueil g4n&al <strong>de</strong>s formules usites dans lernpire <strong>de</strong>s Franes du<br />

au Xe sicle, 3 B<strong>de</strong>., Paris 1859, 1871.


107<br />

tracht in <strong>de</strong>n Urkun<strong>de</strong>n für S. Martin <strong>von</strong> Tours und Marmoutier,<br />

doch ist auch hier wohl nicht Zurückgehen auf eine Formelsammlung,<br />

son<strong>de</strong>rn Vermittlung durch Urkun<strong>de</strong>n <strong>de</strong>r Vorgänger anzunehmen,<br />

die fast alle nach <strong>de</strong>r gleichen Formel stilisiert sind 1);<br />

in <strong>de</strong>n übrigen Urkun<strong>de</strong>n ist das Formular nur in einigen Fällen<br />

<strong>de</strong>m früherer Urkun<strong>de</strong>n entsprechend, in <strong>de</strong>n an<strong>de</strong>rn hingegen sind<br />

nur einzelne Stücke bald <strong>de</strong>r, bald jener Formel entnommen und<br />

daraus ist eine eigne Formel kompiliert; um hierüber zu sicheren<br />

Resultaten zu gelangen, müsste die Betrachtung sämtliche Urkun<strong>de</strong>n<br />

<strong>de</strong>r letzten westfränkischen Karolinger umfassen ‚ eine<br />

Spezialarbeit , die hier nicht geboten wer<strong>de</strong>n kann; manche Bemerkungen<br />

und Hinweise sind <strong>de</strong>n einzelnen Urkun<strong>de</strong>n beigegeben<br />

wor<strong>de</strong>n.<br />

Wie sich aus <strong>de</strong>n im folgen<strong>de</strong>n beigefügten Anmerkungen<br />

ergiebt, sind es nur wenige Urkun<strong>de</strong>n, bei <strong>de</strong>nen nichts o<strong>de</strong>r doch<br />

nur etwas kaum ins Gewicht fallen<strong>de</strong>s auszusetzen ist, sehr viele<br />

bieten Vorkommnisse, auf welche hin man früher.das Diplom ohne<br />

weiteres für gefälscht erklärt hätte. Fickers grundlegen<strong>de</strong> Untersuchungen<br />

zeigen in<strong>de</strong>ssen, wie vorsichtig und massvoll man bei<br />

solchen Urteilen sein muss, <strong>de</strong>nn für eine sehr grosse Menge <strong>von</strong><br />

Verdachtsmomenten hat er Originale als unanfechtbare Entlastungs<br />

zeugen vorgeführt und gera<strong>de</strong> die Übergangsperio<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Diplomatik,<br />

wie Stumpf die Karolingerzeit nach Karl <strong>de</strong>in Dicken bezeichnet,<br />

ist beson<strong>de</strong>rs reich an Abweichungen, da in ihr manches<br />

noch einmal auftaucht, was lange abgekommen war, manches schon<br />

vereinzelt eindringt, was erst später zu allgemeinerer Annahme<br />

gelangte und sich mehrfach eine Beeinflussung <strong>de</strong>r Königsdiplome<br />

durch Privaturkun<strong>de</strong>n geltend macht 2)<br />

1) Roziöre 1, 32 ii. 24.<br />

2) In dcii Rogesten ist B. Bohmer Begesta. Caroloruni, Br6q. =<br />

Brqnigny Table chronologique <strong>de</strong>s diplomes, chartes . . conc. ii l'hist. <strong>de</strong><br />

France (Paris 1769) 1 mit Seitennummer, Bq.. ohne Bandzahl = Bouquet IX,<br />

St. = Stumpf Reichskanzler 1 1 Fieker Bcitr. z. Urkun<strong>de</strong>nlehre, W(dE. =<br />

Uni. Karls III <strong>de</strong>s Einfältigen. Betreffs <strong>de</strong>r aussen, Einrichtung schien es<br />

zwechmässig, <strong>de</strong>m Beispiel Bresslaus in seiner 'Kanzlei Kaiser Konrads fl.'<br />

folgend die Anmerkungen unmittelbar <strong>de</strong>in Regest anzuschliessen. Reichsversammlungen,<br />

Frie<strong>de</strong>nsschlüsse, Gesandtschaften ii. drgl. (wie bei Buhmcr-<br />

Mühumacher) waren nicht aufzunehmen, da sie schon oben in <strong>de</strong>r Geschichte<br />

<strong>Rudolf</strong>s ihren Platz gefun<strong>de</strong>n haben.


LI<br />

los<br />

lt e g es t en.<br />

1. Antun 924 Februar 29.<br />

lt. restituiert auf Bitte <strong>de</strong>s Bisch. Ansegis (v. Troyes) und<br />

seines Getreuen Adso <strong>de</strong>m Kloster S. Symphorian in <strong>de</strong>r Vorstadt<br />

<strong>von</strong> Antun unter Propst Hermold eine Kirche in Aiciacurn und<br />

bestätigt die an<strong>de</strong>ren Besitzungen ....apud Augustodunum civitatem<br />

.....'tynardus not. adv. Abbonis ei). dietavit, prid. kai.<br />

inart. md. XII. a. 1.<br />

B. 1980 zum 28. Febr., <strong>de</strong>sgl. Kalekstein p 165, Anm. 2; 924 ist aber<br />

Schal jahr; Bröq 1, 385; Bq. 562 n. d. Chartul. <strong>de</strong>s Klosters; Thiroux, comtes<br />

d'Antun p. 118 Kai. mau; Gailia Christiana 5 IV, 372. Formular s, U](d.<br />

f. Autim B. 46, Uødos Bq. 456, ULud. cl. St. 13q. 415.<br />

2. Chalen 924 April 6.<br />

R. bestätigt <strong>de</strong>in Abt Eiine v. 5. Martin in <strong>de</strong>r Vorstadt<br />

<strong>von</strong> Antun auf Bitte seiner Gemahlin die Schenkungen früherer<br />

Könige in seinem Reiche und in Provence, genehmigt eine Sehenkung<br />

seiner Gemahlin und einen Tausch seines Getreuen ]3erengar,<br />

regelt die Abtwahl und Stellung <strong>de</strong>s Klosters . . Bagenarci not.<br />

adv. Abbonis ep. reeogn. et subser. VIII. id. apr. md. XII, a. 1.,<br />

Cabillono civitate.<br />

B. 1981; Brq. 3e5; Mahilton <strong>de</strong> re dipl. 564 (n. Abschrift v. D. Auzout<br />

aus d.Oriff.) Bq. 563; Gall. Christ. IV, instr. 71. Unlliot (<strong>de</strong>n- Herr<br />

Wre<strong>de</strong> in &ittingen einzusehen die Güte hatte) hist. <strong>de</strong> S. Martin d'Autun 1,<br />

164, 1], 24, mit <strong>de</strong>r Subser: Ragn. not. Lauduicetisis episeopus roc. et subser.<br />

Dat. III) id. apr.....Cabilone . . . Vgl. ob. p. 41. Formular Anklänge<br />

all f. S. M. v. Autuu Bq. 435,<br />

3. Ohßlon 924 April 8.<br />

R. giebt Bisch. A.<strong>de</strong>lard <strong>von</strong> Pu y-en-Velai unter Zustimmung<br />

<strong>de</strong>s Grafen Wilhelm (v. Velay, Hz. v. Aquitanien) <strong>de</strong>n Flecken<br />

Puy (burgum), Giafschaftsrechte (Markt, Zoll, Münze, Gerichtsbarkeit)<br />

und stellt <strong>de</strong>n Besitz <strong>de</strong>r Muttergotteskirche unter Jnamunität.<br />

VI. id. apr. md. X. a. 1.. a. T)000CXXffl (cerr. Jffl.) Cabilieno<br />

civit.<br />

B. 1082; Bröq. 385; Gall. Christ. JI, 221 k . 564; H. 8. Lang. II.<br />

pr. col. 61 erwähnt Vorhan<strong>de</strong>nsein mehrerer Kopien; vgl. oben p. 41, ferner<br />

11. 8. Lang. 111, 97; bestätigt mit Erwähnung <strong>Rudolf</strong>s durch Kg. Lothar Bq


109<br />

618, B. 2080. Jod. X nach Ult. 2 und 4 eorrig. lud. XII. Münzen nun <strong>de</strong>r<br />

bischöflichen Präptiitte mit <strong>Rudolf</strong>s Namen s. Hist. <strong>de</strong> Lang. VII, 387.<br />

4. Chlon 924 April 9.<br />

• R. bestätigt <strong>de</strong>m Abt Heriveus vom Kloster S. Maria und<br />

Pliilihert in Abtei S. Valeria.ni im Castrum Trenorcium (Tournus)<br />

die früher erhaltnen Besitzungen, freie Abtwahl und die sonstigen<br />

Rechte. Ragenard not. adv. Abbonis ep. recog. et subscr. V. Id.<br />

apr. md. XII. a. 1. Cabillono civit.<br />

B. 1983; Br6q. 380; Bq. 565 nach Chiffiet hist. <strong>de</strong> l'abb. <strong>de</strong> Tournus<br />

p. 275; wie<strong>de</strong>rholt mit einigen Erweiterungen ohne Nennung <strong>Rudolf</strong>s <strong>von</strong><br />

Ludwig IV, B. 2006 ßq. 593, v. Lothar B. 2032 Bq. 620, während Hit, auf<br />

lJKdE. Bq. 523 zurückgeht. Formular Anlehnung an das <strong>von</strong> UR. 1.<br />

5. Laon 924.<br />

R. giebt auf Bitte seines Pfalzgrafen Theobald (v. Blois) <strong>de</strong>n<br />

Mönchen <strong>von</strong> S. Lomer im Sehlosse Blois zu passen<strong>de</strong>rem Aufenthalt<br />

die Kirche S. Lubin daselbst mit Zubehör und Gerechtsamen<br />

Lugduni, a. verbi DCCCCXXI\T.<br />

Brüg. 386; Bq. 566 nach Gnll. Christ. Viii instr. 412; vgl. Kalekutein<br />

p. 1(16; M6rn. d. 1. See. archolo «. da l'Orinnnais 11. (1853) p. 384. Nach<br />

Invecation, Titel, Arenga nennt sich <strong>de</strong>r König nochmals mit Namen.un<strong>de</strong> ego<br />

Raduiphus rel und bedient sich stets ausser in <strong>de</strong>r Corroboration und Ankündigung<br />

<strong>von</strong> Signum und Siegel <strong>de</strong>s Singulars; Becognition und reguläre<br />

Datierung fehlen; die Urk. ist, wennecht, je<strong>de</strong>nfalls sehr stark ver<strong>de</strong>rbt; St.<br />

1: 81, 88 betrachtet an und für sich ego als Zeichen <strong>de</strong>r Unechtheit. Unter<br />

Lugduinum ist ohne Zweifel Laon zu verstehen, für Jkaudunuxn fin<strong>de</strong>t sich in<br />

jener Zeit auch Lugd., z. B. Folcuin, g. abb. Sith. 102, 55. XIII, 626. Die<br />

Corrohoration ist wie bei HR. 7.<br />

6. Laon 925 April 6.<br />

R. verleiht auf Bitte Rotgers, <strong>de</strong>s Grafen (v. Laon) und Abtes<br />

(v. Elno, S. Asnand), <strong>de</strong>m Kloster Eine Mansen in Vidinium im<br />

Austrobant an <strong>de</strong>r Schei<strong>de</strong> u. a. und bestätigt die Schenkungen<br />

seiner Vorgänger ....Ragenard not. adv. Abbonis ep. rec. et<br />

subser.....viii id. apr. md. XIII. a. 1. Lauduno castro.<br />

B. 1984; Brq. 387; Marte,,e, Coll. ampliss. 1 col. 279 '-= Bq. 566, ex<br />

chartario Elnouensi; Mabillon, Ann. Be,ied. 111,383; Knlckstein p. 174 1 s. ob.<br />

p. 49. Urk. ist im allgemeinen ordnungsmässig son<strong>de</strong>rbar aber ist die Corroboration<br />

in 4 metrisch nicht ganz reinen Hexametern, nirgends sonst fin<strong>de</strong> ich<br />

ein Analogen <strong>von</strong> diplomatischer Poesie, auch hat Ragenard sich diese Extravaganz<br />

nur hier gestattet; in v. 3 schlägt Nat. <strong>de</strong> Wailly 1. e. 1, 358 patet<br />

statt parat vor, welches aber metrisch falsch und durch <strong>de</strong>n Sinn nicht erfor<strong>de</strong>rt;<br />

ist. Das Siegel wird als Portraitsiegel angemel<strong>de</strong>t, die Wahrheit ist<br />

nicht zu ermitteln, St. 1, 111 meint allerdings, auch <strong>von</strong> <strong>de</strong>n späteren Karoungern<br />

<strong>de</strong>s 10. Jahrh. habe nur Lothar kein Gemmensiegel gebraucht. Im<br />

Contcxt geringe Anklänge an UICdE. f. Elno Bq. 502 (7).<br />

7. Arciacum an <strong>de</strong>r Saöne 925 Mai 30.<br />

R. bestätigt auf Bitte <strong>de</strong>s Bisch. Gauzselin V011 Langres und<br />

seines getreuen Grafen Manasse (<strong>von</strong> Dijon-Vergy) <strong>de</strong>m Kloster S.


110<br />

Benignus in <strong>de</strong>r Vorstadt <strong>von</strong> Dijon die Gaben früherer Fürsten<br />

und Bischöfe, dazu die villa Saciacum, Teile <strong>de</strong>s Marktrechts, und<br />

einige andre Besitzungen. Rainard [not.] adv. Abbonis pontifleis<br />

rec. et subser....Arciaco vifla supra fluvium Ararim. III. kai.<br />

jun., lud. X.IIL, a. IV.<br />

]3r6q. 288 zu 926; Perard, Rec. <strong>de</strong> piäoes s. Ihist. <strong>de</strong> Bourgogne p.<br />

162zu 925 = Bq. 569 zu 926 Duchosne H. gin. d. 1. In. d. Vergy pr. p<br />

395. III. kaI. jul. md. III. Ausführliches Regest im Cliron. 8, Ben. Bq. Viii<br />

243, u. Analecta Divionensia (Dijon 1875) p. 124; Chron. Aiherici 58. XXIII..<br />

758; Kalekstein p. 172 Anm. 1; Gui]lon r 9, 80 bemüht sich vergeblich,<br />

Areiacrnn o<strong>de</strong>r Artiacum (so. und nicht Aritacuat m h Perardj aufzufin<strong>de</strong>n, lautlieh<br />

entspräche ein Arcey, wie ein solches am :Doubs, dip. Doubs arr. Baume,<br />

vorkommt; auf <strong>de</strong>n Spezialkarten bei Joanne fin<strong>de</strong> ich jedoch nur ein etwas<br />

anlauten<strong>de</strong>s Are, dip. Haute-Saane, -arr. Gray, auf <strong>de</strong>m rechten Ufer unweit<br />

<strong>de</strong>r Einmündung <strong>de</strong>s ruissean <strong>de</strong>s Eeoulet-tes. Nach WaiIly i. e. soll (irk. auch<br />

lnearnationsjahr haben. Annus IV. gicht 927 1 od. v. Ast!'. 923 gerechnet 925,<br />

md. Xlii. 925; sollen da s Chron, S. Den. (Mitte Ji.Jaltrh.) setzte die<br />

Urk. zu 925, ihm folge ich; dasselbe hat auch noch nicht die Zusätze eitler<br />

Kopie die nach Bq. einige Rechte hinzugicbt. Formular zu" Teil wie Ult.<br />

18, 19.<br />

8. Antun 925 Juli.<br />

E. giebt <strong>de</strong>n Kanonikern <strong>von</strong> S. Symphorian zu Antun, die<br />

ihn bei Gelegenheit seines Kirchgangs angingen, die Lehn seines<br />

verstorbnen Getreuen Ado durch Nie<strong>de</strong>rlegung eitles Messers auf<br />

<strong>de</strong>m Altar, und gestattet auf Bitte seiner Mutter A<strong>de</strong>lheid und<br />

seines Vasallen Unizo die Verleihung <strong>de</strong>rselben als Prekarie an<br />

seinen Getreuen Al<strong>de</strong>rieh .....in atrio S. Symphoriani. Herrnold.<br />

praepos. firmavit. S. Adheieidis. S. Gilherti con-i. S. Ragenaldi<br />

(Vicegf. v. Auxerre) S. Roberti. S.Manassis (Gisleb. Bru<strong>de</strong>r) .<br />

Ego Anselinus rogatus scripsi et datavi in mense julio die mercurii,<br />

a. UI. regn. Rod. glor. rege.<br />

B. 1985, Brt5q. 387; Bj. 569 ii. Thiroux, li. d. comt. d'Autun, p. 119;<br />

vgl. Knlckstein r . 172, Anm. 2 (unrichtig Dienstag). Vieles auffällige es<br />

fehlen Arenga, Ankündigung <strong>de</strong>r Unterschrift und <strong>de</strong>r Siegelung, Unterschrift<br />

selbst, ob auch das Siegel, ist nicht angegeben; statt <strong>de</strong>ssen iin'<strong>de</strong>h sich 10<br />

Zeugenunterschriften, <strong>von</strong> <strong>de</strong>nen die uns bekannten zeitlich und örtlich allerdings<br />

wohl passen, und wenn auch dieser Vorgang in Königsurkun<strong>de</strong>n sehr<br />

gelte,, ist, da sie zur Usischcltbarkeit <strong>de</strong>ssen nicht bedürfen, so spricht er doch<br />

noch nicht für die Unechtheit, da unterschreiben<strong>de</strong> Geistliche und signieren<strong>de</strong><br />

Laien auch schon in <strong>de</strong>n älteren Küni gsurkun<strong>de</strong>n als Beurkundungszeugen vorkommen,<br />

vgl. Ficker 1, 227 ff. § 130, 131. Actuso mit Ausstoltungsort und<br />

Äpprecat-ion sind <strong>von</strong> <strong>de</strong>r Datierung getrennt, letztre steht, statt am Schluss,<br />

schon vor <strong>de</strong>n Zeugen. Die Form <strong>de</strong>r Verleihung durch Uebergabe eines<br />

Gegenstan<strong>de</strong>s, die bei Privaten gewöhnliche, ist, obschon selten in Königsurkun<strong>de</strong>n<br />

erwähnt, doch auch nach lAcher 1, 116 § 75 hei diesen meist anzunehmen.<br />

Nur invocatiou und Titel sind kanzleimässig, sonst trägt die ganze<br />

Urkun<strong>de</strong> <strong>de</strong>n Stempel <strong>von</strong> Privaturkun<strong>de</strong>n, so ausser dos, Zeugen die Strafbestimmung<br />

bei Verletzung <strong>de</strong>r Prekarie und beson<strong>de</strong>rs die Subscriptiou ego<br />

Aiiselinus r o'g atu s . . . und die ungenaue Zeitangabe ‚‚an einem Mittwoch<br />

.ini Juli', die in Privaturkun<strong>de</strong>u <strong>de</strong>r Zeit unendlich häufig ist, da dieselben


1.11<br />

selten <strong>de</strong>n Wochentag, stets <strong>de</strong>n genauen Monatstag geben. Wir linbei also<br />

Wohl keine Urkun<strong>de</strong> <strong>de</strong>r königlichen Kanzlei vor uns, son<strong>de</strong>rn eine <strong>von</strong> <strong>de</strong>in<br />

Empfänger selbst vorbereitete s. Picker 1, 287 11' § 164), welcher <strong>de</strong>r iCorug<br />

nur seine Sanktion erteilte, die hier vielleicht nur durch Siegelung erfolgte, da<br />

seine Unterschrift in <strong>de</strong>r Abschrift mit angegeben wor<strong>de</strong>n wäre ‚ während<br />

Siegel, selbst wo sie vorhan<strong>de</strong>n waren <strong>von</strong> <strong>de</strong>n Kopisten oft nicht mit erwähnt<br />

wur<strong>de</strong>n ; dass Siegel bisweilen beigefügt wur<strong>de</strong>n ohne vorherige Anl


112<br />

in villa u. castro Dolis u. a.) Herbert not. adv. Abbonjs ep.<br />

recogn.....md. XV., a. V.<br />

B. 1986, Brq. 390; Besly, bist. d, comt. d. Poictou pr. p. 239 (ex<br />

tabulario Dolcnsi, m. Facs. <strong>de</strong>s Monogr.) = Eg. 70; Ort und genaue Zeit<br />

fehlt, doch gehört Urk. nach a. V. erst <strong>de</strong>r zweiten Hälfte <strong>de</strong>s Jahres und<br />

zwar (s. oben p. 6.1) wohl <strong>de</strong>m Herbst an. Ebbe stiftete ])ols 917, fiel 935;<br />

l)ols ‚ Dolis=Bourgdieu am indre gegenüber Uhateanroux, Castrurn ltodufl],<br />

<strong>de</strong>m Sitz <strong>de</strong>r Herren aus Ebbos Geschlecht, nach<strong>de</strong>m ihr Stammschloss DSols<br />

all das Kloster gekommen war.<br />

12. Antun 930 März 23.<br />

R. wird bei einem seiner gewöhnlichen Kirchgänge in <strong>de</strong>r<br />

Fastenzeit zu Antun im Kloster S. Maria und S. Andoehius <strong>von</strong><br />

<strong>de</strong>n Nonnen und Bischof llcriveus (v. Autun) um Erneuerung ihrer<br />

Urkun<strong>de</strong>n ersucht; er bestätigt ihnen ihre Besitzungen ....apud<br />

urbem Aeduam, Heribert regalis cancellarius adv. Abbonis ei). scripsi.<br />

X. kal. apr. md. 1. a. Vif.<br />

B. 1987, BrSq. 390; Bq. 573 In. Labbe, epit. regalis p. 576. Tnt-I.<br />

928, a. VII. 929 130, Bq. behält lud. 1., än<strong>de</strong>rt VJI. in V. od. VI; Thironx, lt.<br />

d. comt. d'Autun p. 121: a. IV; Munior, Möm. et rechereh. s. 1, ville d'Autun<br />

(vgl. Guillon p. 73 Anm.) Such a. TV. Es scheint mir zulässiger, <strong>de</strong>m a. r. zu<br />

folgen und bei <strong>de</strong>r md. zu ergänzen JIT; <strong>de</strong>nn infolge Verblassens <strong>de</strong>r Tinte<br />

o<strong>de</strong>r Abspringens <strong>de</strong>r Buchstaben ist es wahrscheinlicher, dass <strong>de</strong>r Abschreiber<br />

nur noch die 1 wahrnahm, als dass er für eine V eine VII erblickt haben<br />

sollte (of. v. Lang, Sendschrciben an Böhmer , Nürnberg 1833, p. V). Ich setze<br />

das Diplom daher zu 930, nicht, wie bisher allgemein angenommen, zu 928.<br />

Die Lesart a. IV, bez. 1111 scheint zu a. VII zu passen als leichte Aen<strong>de</strong>rung,<br />

doch ist damit die indictien ganz unvereinbar, 927 hat md. XV.<br />

13. Teure 931 März 24.<br />

R. bestätigt auf Bitte <strong>de</strong>s vir venerabilis noster . quoque satis<br />

superquc fi<strong>de</strong>lis Hugo, Abt und Rector S. Martins und seiner Besitzungen,<br />

<strong>de</strong>n Kanonikern die Immunität und alle Besitzungen in<br />

Ausria, Neustria, Burgundia, Aquitania und an<strong>de</strong>ren Reichsteilen<br />

in Anbetracht <strong>de</strong>r erprobten Treue Hugos. Die Immunität gilt<br />

<strong>de</strong>m vom Abt Robert, späterem König, gegen die Normannen erbauten<br />

Castrum, Münzrecht u, a. wer<strong>de</strong>n bestätigt, die Besitzungen<br />

ausführlich aufgezählt, Strafandrohung 600 Solidi. llcribert not.<br />

adv. Abbonis praesulis uecnon archicancellarii rec., IX, kaI. apr.<br />

a. VIII, Turonis in ipso S. Martini castro,<br />

B. 1988, Erörj. 393; Bq. 573, nach Martene, 'Thes. anecd. 1 col. (18, ex<br />

archive 5. Martini Labbe alliänce chronol. JI, 526; Mnbille ‚ Pa,icarte noire<br />

n. 0 (in<strong>de</strong>x n. 136) ; Kalckstein p. 183 giebt 4. März, doch haben alle Texte<br />

24., nur Lahbe hat XI. kai. apr. = 22. März. 110d- 931 p. 379. St. 1, 95<br />

Anm. 153 über bulla. Dieselbe Formel liegt zu Grun<strong>de</strong> in <strong>de</strong>n Urk. Lud. d.<br />

Stammlers Bq. 406, Karls d. Dicken 15q. 349, Xarlrnanns Bq. 427, UKdE. Bq.<br />

498, 542,. beson<strong>de</strong>rs 509 (Titel archicancellarlus) die angewandte Formel ist<br />

die bei Itozj&e 1, 32 n. 24.


1.1<br />

14. Compigne 931 Oktober 7.<br />

R. stellt auf Bitte <strong>de</strong>s vir vener. ii. sat. sup. fid. Hugö<br />

inelitus abba utriusque monasterii.b. Martini ac regni nostri marchio<br />

in Anbetracht <strong>von</strong> <strong>de</strong>ssen Treue das Kloster Marrnoutier unter- -<br />

seinen Schutz und Immunität, bestätigt Rechte und Besitzungen,<br />

bestimmt, Marmoutier solle stets <strong>de</strong>mselben Abt unterstehen wie<br />

.8. Martin, ordnet Fürbitten für König Odo, König Robert u. a.<br />

an; Strafandrohung 30 Pfund Gold. Herihert not. adv. Abhenis<br />

praes. necnon archicanc. rec,, non. oct. a•. X. Oompendio palatio<br />

in ipsa S. Oornelii basilica.<br />

Bröq. 389; Er1. 571 (ex chart. Majoris Monast. 5, MarL. Turon.) bezeichnet<br />

es irrig als IM. f. bei<strong>de</strong> Klöster S. Martins. Nach a. X gehört das Diplom<br />

zu 932, Bq. bemerkt dagegen mit Recht, dass da Ansegis, nicht Ahho, im<br />

Amte war, liest V, was an und für sieh zulässig ist, und gicht daher 7. Oct.<br />

927; doch dagegen sprechen sachliche Be<strong>de</strong>nken: damals warHugo durchaus<br />

nicht so vertraut mit <strong>de</strong>m König, son<strong>de</strong>rn neigte wenn auch nicht offen abgefallen,<br />

sehr zur Seite <strong>de</strong>s Rebellen Heribert, zweitens verbietet die Urk.<br />

selbst jene Annahme, <strong>de</strong>nn sie sagt: Hugo habe ((jr Marmontier eine Urkun<strong>de</strong><br />

erbeten sicut antea aliud mnonast. sive basiliearn eius<strong>de</strong>m saucti confessoris, in<br />

qua ipse <strong>de</strong>innus noster Martinus corpore quieseere vi<strong>de</strong>tur, eure suis omnibus<br />

rebus nostrae <strong>de</strong>feusioni commiserat, also das bestimmte Zeugnis, dass vorher<br />

.8. Martin bereits eine Urk. Rud. erhielt; eine früherevor 927) haben wir<br />

nicht, wohl aber stimmt die Bezeichnung dieser erwähnten Urk. ganz mit 13,<br />

auch ist das Formular <strong>von</strong> 14 und 13 das gleiche, es wird somit fast zur Ge-<br />

.wissIieit, dass die in 14 genannte frühere Urkun<strong>de</strong> unsere 13 ist, 14 also erst<br />

nach ihr, nach <strong>de</strong>m März 931, gegeben sein kann; wir wer<strong>de</strong>n <strong>de</strong>mnach a.<br />

IX zu lesen haben, wodurch sie in <strong>de</strong>n Oktober 981 kommt, wohin sie vortrefflich<br />

passt, <strong>de</strong>nn zu jener Zeit war Hugo im besten Einvernehmen mit <strong>de</strong>in<br />

König gegen Beribert, und <strong>Rudolf</strong> thatsächlich im Herbst in Francien (vgl.<br />

oh. p. 75 Anm. 4), während 927 er im Uerbst nach Burgund ging (Flott. 927,<br />

UR10, ob. p. 61) und wir einen nochmaligen Abstecher nach Oornpiögne annehmen<br />

müssten, um die Urkun<strong>de</strong> überhaupt einreiben zu können. Nach<br />

Ebd. 1. c. scheint zwar •in diesem Jahr ein Aufenthalt iii Compiögne (gleichzeitig<br />

mit <strong>de</strong>r. Syno<strong>de</strong> <strong>von</strong> Trosly,‚ nach Moll. Zeitangaben im Spätsommer)<br />

vielleicht annehmbar zu seit); doch da Heribert sich zu erscheinen weigerte<br />

und <strong>de</strong>shalb die ganze Zusammenkunft nicht zu Stan<strong>de</strong> kam, ist sehr fraglich,<br />

ob auch <strong>de</strong>r König überhaupt dann noch hingegangen ist; diese geringe Möglichkeit<br />

kann also obige <strong>de</strong>n Lirk. selbst entnommene Grün<strong>de</strong> nicht entkräften.<br />

15. Auxerre 931 December 28.<br />

R. gicht auf Bitte <strong>de</strong>s Bischofs Ansegis (v. Troyes) und Graf<br />

Gaiizfreds (v. Nevers) seinem Getreuen A<strong>de</strong>lard, <strong>de</strong>ssen Gemahlin<br />

Plectrudis und Neffen Geilo die abbatiola S. Pauli im Senonais<br />

• nebst einigen Län<strong>de</strong>reien im Gfttinais zu Lehen. Hugo cancell.<br />

adv. Ansusi ep. rec. V. kai. januar. md. Vi., a. VIII. Autissiodoro.<br />

B. 1993, Bröq. 396; Ferard, Eec, <strong>de</strong> Bnurg. p. 163 = Bq. 679 zu 938.<br />

A. VIII ist 930, md. VI (rom.) 933 1 13q. korrigiert daher VJII zu XI, was<br />

wohl kaum möglich ist; die Kanzlei bietet keinen Anhalt, da die Fecognoscenten<br />

unter Ansegis neben einan<strong>de</strong>r fungieren ‚ nicht periodisch wie unter<br />

Abbo; es scheint daher eher zu lesen a. V1U]. md. IV o<strong>de</strong>r 1111 und ergiebt<br />

sich Deceinber 931, wo die Urk. sich gut einfügt, <strong>de</strong>nn En<strong>de</strong> 931 ging II.. nach


114<br />

hurgund. Das Formular ist fast ganz das <strong>von</strong> . 23, die <strong>von</strong> <strong>de</strong>mselben Itecognoseenten<br />

stammt; Anklänge all URdE. Bq. 500, 540, BOdos Bq. 446.<br />

16. Anse 932 Juni 19<br />

11 bestätigt auf Bitte <strong>de</strong>s sehr getreuen Vasallen Dalmaeius<br />

<strong>de</strong>m Kloster S. Jobannis Baptistae in Montolieu (Castrum Mailasti)<br />

seine Besitzungen in <strong>de</strong>n Gauen <strong>von</strong> Carcassonne, Razs, Narbonne.<br />

Rosmundus adv. Ansigisi ep. rec. Ansavilla XIII. kaI. jun. a. IX.<br />

B. 1989: 25. Mai 932; Brq. 394; Bq. 576 n. einem apographum, nicht<br />

autogr. wie B. meint, <strong>de</strong>r damaligen konigi. Bibi. zu Paris): H. d. Lang. V<br />

ii. 56; Baluze Cap. II, 1537, ex archivo Montis Olivi; Mansi XVIII col. 1015,<br />

zu 30. Mai 931 (ffl. KaI. juu.; Mahul Cartul, et arehives <strong>de</strong> Carcassonne<br />

1, 76 Doppeldatum: Datum 111. KaI. jun. a. LX. •r. R r. Actum Ansavilla<br />

Xfll. KaI. jun. a. LX r. R. r.; woher er dies hat, sagt er nicht, citiert nur<br />

die Drucke bei Baluze, H. d. Lang. und Bouges, h. d. Carcassonne p. 518 pr.<br />

n. XVH; er scheint es bloss aus <strong>de</strong>n bei<strong>de</strong>n differieren<strong>de</strong>n Angaben kombiniert<br />

zu haben, auch wäre ja das zweifache r. B ..r. ganz abnorm. Ueberliefert<br />

ist jnnii, in<strong>de</strong>ssen die folgen<strong>de</strong> Urkun<strong>de</strong> vom 21Juni ist gleichfalls aus Anse<br />

a. d. Saöne im Lyonnais und es ist doch sehr befremdlich, dass <strong>Rudolf</strong> zur<br />

Zeit <strong>de</strong>s bedrohlichen heribertisehen Aufstan<strong>de</strong>s sieh in diesem kleinen Orte<br />

im äussersten Winkel <strong>de</strong>s Südostens über einen Monat aufgehalten haben<br />

sollte, die Urkun<strong>de</strong>n wer<strong>de</strong>n daher, wie schon Bq. vermutete, zeitlich näher<br />

zu einan<strong>de</strong>r gehören und statt junii wird zu lesen sein julii, wodurch ans <strong>de</strong>m<br />

20. Mai <strong>de</strong>r 19. Juni wird. 931 nahm man meist an, weil man auch die folgen<strong>de</strong>n<br />

(Jrk. <strong>de</strong>s 9. .Jälircs <strong>de</strong>r md. III. wegen zu 931 versetzen wollte; doch<br />

das ist sachlich für ii. 16 nicht möglich, da erst 932 die Unterwerfung auch<br />

jener Gebiete erfolgte, in <strong>de</strong>nen Montolieu liegt. Im Formular starke Berührungen<br />

(Titel, Promulgntio, Narratio, Corrohoratio) mit BIt. 18, bei<strong>de</strong> <strong>von</strong><br />

Rotmund ausgestellt.<br />

17. Anse 932 Juni 21.<br />

R. schenkt an Cluny auf Bitte seiner Gemahlin Emma und<br />

einiger Getreuer im IvMconnais Chevignes (Chivineas), <strong>de</strong>n dritten<br />

Teil <strong>de</strong>r piscina Osa, und bestätigt die Schenkungen Andrer, darunter<br />

Bischof Bernos <strong>von</strong> Mcon. Beadmund adv. Ansusi ep.<br />

recogn. - . . Ansa villa, XL kai. jul. md. III. a. IX.<br />

B. 1990 zu 932; Bröq. 394; ]Jq. 576 (ex ehartul. Cluniac.), Orig. Guelf,<br />

II, 161; Marner et Ducl,esne, Biblioth. Cluniae. (Paris 16I4) eol. 410; Bruel,<br />

Eec. d. chart. d. Cluny u. 396, zu 931, nach Orig., Bibl. nat., aol!. <strong>de</strong> Bourgogne<br />

er. 13, und nach drei Chartularen <strong>de</strong>s XII. u. Xll.I. Jahrh. u. einer jüngern<br />

Kopie. Ein }'acs. <strong>de</strong>s Orig. <strong>de</strong>r Pariser I3ibl. giebt Silvestre, Palöogr. univers.<br />

IH (Ghartes royales, Xamo siöcle. n. 2) lei<strong>de</strong>r nur vom palaeographischen• und<br />

nicht historischen Standpunkt; vom Protokoll giebt er nur <strong>de</strong>n Titel und die<br />

Signumszeile mit <strong>de</strong>m Monogr. ‚ nicht einmal, ob das Siegel vorhan<strong>de</strong>n o<strong>de</strong>r<br />

seine Stelle noch sichtlich, hat er erwähnt. md. Iii. ist 930, a. 1X. 932; die,<br />

welche es zu 931 geben, lassen <strong>de</strong>n a. r. <strong>von</strong> Anfang 923 gerechnet sein, wofür<br />

aber <strong>de</strong>r Beweis fehlt und wobei die lud. immer noch geän<strong>de</strong>rt wer<strong>de</strong>n wusste;<br />

es scheint einfacher das Regierungsjahr als das zuverlässigere festzuhalten und<br />

die Jod. in V. zu än<strong>de</strong>rn, so dassnur eine Korrektur nötig ist. Gehören 17<br />

und 16 (wie höchst wahrscheinlich ist) <strong>de</strong>mselben Aufenthalt in .Anse an, so<br />

ist schon dadurch 931. für 17 (und 18, 19) ausgeschlossen; son<strong>de</strong>rbar ist nur,<br />

dass wie 17 auch 18, 19 <strong>de</strong>nselben Fehler tragen, wir also dieselbe Korrektur<br />

vornehmen müssen. Ueber <strong>de</strong>n Titel St. 1. 88.


115<br />

18. Boiacum 932 Juli 1.<br />

R. giebt auf Bitte seiner Gemahlin Emma und seines Bru<strong>de</strong>rs<br />

Ugo an Cluny die villa Solustriacus (So1utr, Up. Sa&ie-et-Loire,<br />

arr. Mcon, W. v. Mcon), bestätigt seine und Andrer frühere<br />

Schenkungen, verleiht zum Fischteich Osa noch drei leibeigene<br />

Fischer mit ihren Familien hinzu. .. . Itotmundus adv. Ausigisi<br />

recogn. . . . Boiaco villa . . kaI. jul. md. III a. VJ.JlI.<br />

Zuerst ediert <strong>von</strong> Bruel, Eec. 4. eh. d. Cluny 1 n. 398 nach Cart. 0 48<br />

und Bibl. nat., Ccli. Moreau, cop. toni. IV 1 95, zu 931, betr. <strong>de</strong>s Jahres s.<br />

zu n. 17; <strong>de</strong>r Ort lloiacum ist nach Guillon p. SO nicht zu ermitteln, auch<br />

bei Joanne fin<strong>de</strong>t sieh kein Boyd o<strong>de</strong>r Boiay o<strong>de</strong>r <strong>de</strong>rgl., nur ein Boyer, rechts<br />

nahe dar Saöne, Up. Sane-et-Loire, art Chälon. Formular s. WI :ia.<br />

? 19. Boiacum 932 Juli 1.<br />

R. schenkt auf Bitte seiner Gemahlin Emma und seines<br />

Bru<strong>de</strong>rs Ugo an Cluny Besitz in Solustriacus, Vergasona, Cavanicas<br />

.und bestätigt andre Güter ... . Boiaco villa, kal. jul. md, 111<br />

a. Vilil.<br />

B. 1991 zu 932. Brdq. 394, Bq. 577 ex schedis mss. bibl. S. Gerni.<br />

Prat., Orig. Cuelf, II, 162. Bruel 1. c. n. 397 aus Cart. C. 47. - Vergisson,<br />

Chevignes, Collonges (Ccloniae), in <strong>de</strong>r Nähe <strong>von</strong> Solutr s. 18. Urk. 18, 19<br />

sind sich sehr ähnlich, <strong>de</strong>cken sich grösstenteils im Wortlaut. Verbriefungen<br />

<strong>de</strong>r gleichen Handlung vorn gleichen Tage, <strong>de</strong>ren Text im allgemeinen übereinstimmt,<br />

in ma,,e,hen Einzelheiten aber doch abweicht, sind nach Fiaker II,<br />

439 § 471, noch nicht Zeichen <strong>de</strong>r Unechtheit <strong>de</strong>r einen <strong>von</strong> ihnen. Abweichungen<br />

sind wohl durch geän<strong>de</strong>rte Nenauafertigung unter Wie<strong>de</strong>rholung <strong>de</strong>s ersten<br />

Protokolls zu erklären, vgl. ib. 1, 295 if. § 166. Als einfach vor' <strong>de</strong>r an<strong>de</strong>rn<br />

abgeschrieben ist keine <strong>de</strong>r ljrk. zu betrachten, da sie sachliche Unterschie<strong>de</strong><br />

zeigen, vgl. 18: villa ... Solustriacus in comitatu lflatisconense , 19: mansos<br />

vestitos in Matiseensj ‚ 3 mn,isos in Salustria ‚ et 3 in Vurgasorta et Imlun<br />

absrnn in Cavanicas; 18: tres piscatores ....Bainoardu,n, 19: servicutes tres<br />

.andalfredus ; 18: tertia pars dc piscina quo dicitur Osa, 10: piscina<br />

nne nnncupatur Osä. Es ist hiernach nicht zu entschei<strong>de</strong>n, welchem man<br />

I<strong>de</strong>n Vorrang lassen soll: je<strong>de</strong>s giebt Details, die <strong>de</strong>m an<strong>de</strong>rn fehlen, die aber<br />

noch sonst bestätigt sind, wie Chevignes und die .‚tertia pars da Osa durch<br />

n. 17. Auch könnte für die Selbständigkeit bei<strong>de</strong>r sprechen, dass Cart. C, in<br />

<strong>de</strong>m sie erhalten sind, sie hinter einan<strong>de</strong>r gicht, was doch kaum geschehe,,<br />

wäre, hätte man sie für gleich o<strong>de</strong>r das eine Exemplar nur für ein Excerpt<br />

<strong>de</strong>s an<strong>de</strong>rn gehalten ‚ was ja <strong>de</strong>r Inhalt gar nicht zuliess ‚ son<strong>de</strong>rn man hielt<br />

sie schon im Anfnng <strong>de</strong>s 12. Jahrh. für zwei verschie<strong>de</strong>ne Diplome. - Bniel<br />

hält 18 für eine Ergänzung <strong>von</strong> 19. - Lambert da Barive, <strong>de</strong>r in <strong>de</strong>r zweiten<br />

Hälfte dos vorigen Jahrhun<strong>de</strong>rts im Auftrag <strong>de</strong>r Regierung Abschriften <strong>von</strong><br />

Cluniaeenscr Urkun<strong>de</strong>n anfertigte (jetzt in Coll. Morean Bibl. ‚ nat.) gicht bei<br />

18 an, dass das Siegel nicht mehr vorhan<strong>de</strong>n sei, wonaches scheint, als hätte<br />

ihm sucht (o<strong>de</strong>r nicht nur) das .Chartnlar, son<strong>de</strong>rn noch das echte o<strong>de</strong>r ein<br />

geglaubtes Original vorgelegen. - Ueberltaupt ist die Ueberlieferung <strong>de</strong>r Urk,<br />

]lud. f. Clnny sehr mangelhaft, vgl. unten n. 25, 26.<br />

20. Attigny 933 December 13.<br />

R hat früher • das Kloster Tulle <strong>de</strong>m Kloster. 5. Savin in<br />

Poitiers unterstellt und <strong>de</strong>m Abt Aimo zur Reform gegeben; da<br />

5*


116<br />

dies sich nicht bewährt hat, än<strong>de</strong>rt er seihe Bestimmung, stellt<br />

Lilie selbständig her, gewahrt nach Odos und seines Unterabtes<br />

Adacius Tod freie Abtwahl, und Unverletzlichkeit <strong>de</strong>s Besitzes,<br />

sichert ihm nach A<strong>de</strong>mars (<strong>von</strong> Turenne) Tod <strong>de</strong>n Rüdkfafl aller<br />

seiner Güter und eigne Wahl eines Vogtes. Gotefredus sacerdos<br />

adv. Ansigisi ep. rec. et subser .. Änatiaco id. <strong>de</strong>c. md. III a. XL<br />

13. 1992, Brüg. 396; B. 578, nachMabillon Ann, Bau. ff1, 404; Baluze,<br />

hist. Tutelensis, app. col, 325; Justel; hist. gS. d. 1. in. d. Turenne (Paris<br />

1646) pr. li. 16. id. sept. muT a. inc. 946, wogegen S. AinabIe, hist. <strong>de</strong> S.<br />

Martial 935 habe., soll. md. TU. stimmt nicht isi a. M, doch ist die Eintracht<br />

<strong>de</strong>r Paten mit <strong>de</strong>r leichten Aen<strong>de</strong>rung md. VI. hergestellt. Be<strong>de</strong>nklich<br />

ist aber <strong>de</strong>r Titel, s. ob. p. :106; sunper a'gustus fin<strong>de</strong>t sich zwar schonin<br />

eitler ISrk. Kaiser Kant <strong>de</strong>s Dicken, vgl. Sichel L 263 § 85, ob aber auch für<br />

Könige'? Im Anfing spricht <strong>de</strong>r König im Singular, dann richtig im Plural.<br />

Verstärkt wird das Misstrauen, da <strong>von</strong> <strong>de</strong>mselben Becognoseenten noch eine<br />

Urk. vorliegt, wie<strong>de</strong>r aus Attigny und für 'hie, die dieselben Titel führt, aber<br />

dazu noch <strong>de</strong>r Invocation ermangc]t, mit <strong>de</strong>r Aromiga beginnt, dann erst <strong>de</strong>n<br />

prunkvollen Titel und gleich darauf die Narratio folgen lässt, und schliesslich<br />

hinter <strong>de</strong>m königlichen Monogramirm noch die Signa seiner bei<strong>de</strong>n Brü<strong>de</strong>r<br />

bringt. Anatiac,nn ist doch wohl als Attigny zu lassen, an ein Anaziacuin,<br />

das in Privaturkun<strong>de</strong>n <strong>von</strong> Cluny (z. B. 1 n. 192) als Ausstellungsort vorkommt,<br />

wird wohl <strong>de</strong>r verwandten zweiten Urk. wegen nicht zu <strong>de</strong>nken sein.<br />

Einen charakteristischen Zug fin<strong>de</strong>n wir roch in bei<strong>de</strong>n ein gewisses Zurschautragen<br />

<strong>von</strong> Gelehrsamkeit, in 20 lässt Gotcfrcd <strong>de</strong>n König seine Sinnesän<strong>de</strong>rung<br />

dadurch entschuldigendass man lose, die vortreffiichsten Kaiser<br />

hätten nötigenfalls ihre Dekrete geän<strong>de</strong>rt, und in 22 wird bei Uxellodunum<br />

erwähnt, es sei einst durch die Bela gerung seitens <strong>de</strong>r Römer bekannt e-<br />

wor<strong>de</strong>n, mit Bezug auf Caesars beil. &ll. VDI, 32, 40 ff. Sind die Urkunlen<br />

echt, so kann dies als Zeugnis Für die gelehrte Bildung <strong>de</strong>s Kanzleipersonals<br />

gelten; doch wenn auch ohne die erfor<strong>de</strong>rlichen Grundlagen hier die Frage<br />

<strong>de</strong>r Echtheit nicht entschie<strong>de</strong>n wor<strong>de</strong>n kann, so ist doch festzuhalten, dass<br />

bei<strong>de</strong> sehr verdächtig erscheinen ‚ ddss 22 in seiner äusseren Ueberlieferung<br />

sicher ver<strong>de</strong>rbt ist; allerdings fin<strong>de</strong>t sich in Ui 17 (orig.) auch einies was<br />

in 20, 22 verdächtig erscheint. Titel und Arenga sind ähnlich <strong>de</strong>r Singular,<br />

dann <strong>de</strong>r Plural für <strong>de</strong>n König ist gleichfalls vorhan<strong>de</strong>n. - Vgl. auch ii. 27.<br />

21. Chateau-Thierry 934 März 5.<br />

R. verleiht auf Bitte <strong>de</strong>r Aebtissin Berta vorn Kloster S. Maria<br />

in Soissons <strong>de</strong>n dortigen Kanonikern <strong>von</strong> 8. Peter und Maria, die<br />

durch Feuersbrunst obdachlos waren, einige Gebäu<strong>de</strong> als A]od mit<br />

freiem Verfügungsrecht. Ansusus episcopus recognovit Castello<br />

Thee<strong>de</strong>rici 111 non, mart. a. XI.<br />

B. 1994, Bräq. 396; 13q. 579 nach Mabillon <strong>de</strong> re dipl. n. 133 p. 566<br />

(ex chartario Suessionensi). liii Titel Zusatz vir illustris, die angebliche inerowingische<br />

Königsbezeichnung, die aber durch 3. lfavet, Bibl. d. I<strong>de</strong>. d. chart.<br />

(1885) 46 p. 138 fr. als ein Irrtum erwieset, ist; erst Pippin und seine Söhne<br />

gebrauchten sie, unter Karl verschwand sie jedoch bald, vgl. Sichel 1, 241,<br />

244, 254, 259, St. 1. 83; unter <strong>de</strong>n späteren Herrschern taucht sie wie<strong>de</strong>r auf,<br />

hier, ferner bei Karl d. ,f. Ein£ Bq. 513, 514, 516, 517, s. auch Sichel, Kaiserurk.in<br />

Abbildungen, Text (zu Lief. VJI tab. 28) p. 203. Am Schlusse fin<strong>de</strong>t<br />

sich hinter <strong>de</strong>r Ankündigung <strong>de</strong>s Ringsiegels noch eine Verfluchung <strong>de</strong>s Ueber-


117<br />

tieters <strong>de</strong>r Urk. Mnbi]lon hält es für einen Zusatz <strong>de</strong>s Bischofs <strong>von</strong> Soissons,<br />

auf dcii er auch die in <strong>de</strong>r TJrk. erwähnte apostolische Verleihung bezieht.<br />

Ist es nicht erst ein spätrer Zusatz, so wäre darin wohl ein Zusammenhang<br />

mit dcii Formen lsisclitiflielier Urkun<strong>de</strong>n zu erblicken, wie ihn Ficker 11, 108<br />

§ 252 für ICönigsurkun<strong>de</strong>n nachweist, vgl. auch Sichel Beitr. IV: W. S. B. 47<br />

p. 579, auch S. Maria v. Soissons war ein privilegiertes Kloster, Sichel 1. c. p. 576.<br />

22. Attigny 935 September 13.<br />

R. verleiht <strong>de</strong>m <strong>von</strong> Graf A<strong>de</strong>mar beschenkten Kloster 1rulle<br />

die Burg Uxellodunurn im Quercy, die zum Schutz gegen Normanneneinf'älle<br />

iii Perigorci und Limousin <strong>von</strong> seinen Vorgingern auf <strong>de</strong>r<br />

Stätte <strong>de</strong>s alten berühmten ljxellodunuin erbaut wor<strong>de</strong>n ist, da<br />

Gothcn und Aquitanier freiwillig seine Herrschaft anerkennen, und<br />

die Burgleute die Nachbarschaft schädigen um sie nicht in Zukunft<br />

zum Stützpunkt für Aufständische wer<strong>de</strong>n zu lassen, soll sie<br />

zerstört wer<strong>de</strong>n, S. Bosonis. S. Hugonis. Gotfredus sac. adv.<br />

Ansegisi ei). rec. et subser.....apud Attiniacum, Id. sept. md.<br />

1,7111 inc. DC000XXXV, r. VJHII.<br />

B. 1995, Br&j. 398 Bq. 580;. Justel 1. c. p. 10, 17. Vgl. UR. 20. Als<br />

a. T. ist X1<br />

I .L zu lesen, um Uebereinstimung m zu erzielen. Kalckstein P 192<br />

bezeichnet Adwnnr als Intervenienten, er ist aber nur als Schenker voll<br />

in <strong>de</strong>r Iqiilie <strong>von</strong> Uxell. genannt. Auffällig ist, (lass A<strong>de</strong>mar als Graf erscheint,<br />

da wir ihn sonst nur als Vicegraf kennen,vgl. Cart. dc Beaulieu und beson<strong>de</strong>rs<br />

Ilaluze, bist. Tutel., app., wo er zahlreich als Geber o<strong>de</strong>r Zeuge auftritt o<strong>de</strong>r<br />

sonst erwähnt wird aber bei Baluze und seit<strong>de</strong>m allgemein unrichtig Vic. v.<br />

Sealae, Echelles, heisst, s. Lasteyrie. Bibl. d, löc. d. 11. dt. 18 P. 05. Uxellodunum<br />

das mit <strong>de</strong>in alten gallischen Uxell. i<strong>de</strong>ntificiert wird, lag auf <strong>de</strong>m<br />

Puy d'Issoiu [für ähnliche lautliche Vorgänge vgl. Leugnen, Bibi. <strong>de</strong> l'e. <strong>de</strong>s<br />

hautes dtud. fase. Xii il. 511; dass wirklich dies <strong>von</strong> <strong>de</strong>n vielen in Betracht<br />

gezognen hier gemeint ist, zeigt die Benennung in <strong>de</strong>r Urk. podium (puy)<br />

Uxellod., ferner die Nähe <strong>de</strong>r a<strong>de</strong>mnrischen Besitzungen Veirncu,n (u. a.), <strong>de</strong>s<br />

heutigen Vayrac o<strong>de</strong>r Veyrac, nördlich v. '1. Dordogne, ddp. Lot, art. Gourdon.<br />

23. Auxerre 935 Decernber 12.<br />

R. überträgt auf Bitte Graf Gozfreds (voll Neers) <strong>de</strong>m Bischof<br />

Tedalgrin <strong>von</strong> Nevers einige Leben <strong>de</strong>s Grafen (Biliacum U.<br />

a. im Autunais, Briennonis villa [Brinon] im Nivernais) gegen<br />

Zinszahlung. Hugo cancell. adv. Ansusi ep. rec. et subscr.<br />

Autissiodori II. id, dcc. md. VI., a. r. XHI.<br />

B . 1996, Brdq. 398; Bq. 581 (ex chart. Nivern.); Gall. Christ. lii', 796.<br />

S. auch Lebeuf, 1. e. 11, 46. Ucher Gozfred s. oben zu 935. Tnd. VI passt<br />

nicht, muss VIII o<strong>de</strong>r IX sein. Ulk 15 und 23 gehuren eng zusammen: 111<br />

bei<strong>de</strong>n erscheint Gauzfred, bei<strong>de</strong> sind aus Auxerre und voll Hugo<br />

verfasst, bei<strong>de</strong>n liegt die gleiche Formel zu Grun<strong>de</strong>; die Empfänger sind jedoch<br />

verschie<strong>de</strong>n und ebenso die Quellen <strong>de</strong>r vorliegen<strong>de</strong>n Texte, das Cliart. Nivern.,<br />

<strong>de</strong>in Gagnidres Absoliriften entnahm, ist aus <strong>de</strong>in Bu<strong>de</strong> XII. saee. s. Delisle.<br />

Catal. <strong>de</strong>s Actes <strong>de</strong> Phil. Aug. (Paris 1856) v 548:<br />

Verlorne o<strong>de</strong>r bisher unbekannt gebliebne Urkun<strong>de</strong>n.<br />

24. Für S. Nazarins <strong>von</strong> Autun.<br />

Urk. Ludwig TV. ‚ aus Auxerre 25, August 936: universa


118<br />

strumenta . <strong>de</strong> vfflis in<strong>de</strong> abstractis quas prae<strong>de</strong>cossores nostri,<br />

Rodulfus vi<strong>de</strong>licet et ecteri, restituerunt, h. e. Torco:ium, Susiacum,<br />

Laisiacum . . etc.<br />

13q. 584; das Diplom Ludwigs ist sicher, lifabillon hat es im Original<br />

gesehen, et <strong>de</strong> re dipl. p. 417 zu Pl. XXXVI, n. 2. Die Zeit <strong>von</strong> U.K. ist<br />

unbestimmbar,<br />

25. Für Cluny VOT 931.<br />

Urk. P. Johanns XI. f. Cluny vom März 931. bestätigt die<br />

Besitzungen und Rechte <strong>de</strong>s Klosters, darunter: nonetani propriam<br />

sicut fi]ius noster .Rodulfus rex fraiicorum coneessit, ita habeatis.<br />

.Taff, Reg . Pont. 2 n. 3584, Marrier, Bihl. Gluniac. p. 1, Migne 132,<br />

1055; Bruel, Ree. d. eh. d. Cluny 1 Facs. tab. DI. nach Cart. C ii (diese<br />

]'m-tie <strong>von</strong> C aus sace. XI. ex.) Die nicht erhaltne Ult. mit <strong>de</strong>r Verleihung<br />

<strong>de</strong>s Münzrechts muss somit vor 931 fallen.<br />

26. Für Cluny vor 933.<br />

Urk. <strong>de</strong>r Congregation <strong>von</strong> Cluny aus <strong>de</strong>m 10. Jahre Rud.<br />

932)933' ....capeflam in quadam , villa que SMustriacus nuncupatur,<br />

quam domnus quoque Rodulfus rex pro samts anirne sue<br />

ac dileete coniugis et pro animabus omniurn parentum suorurn vel<br />

cunetorum Christi fi<strong>de</strong>]ium remedjo consentiente seil, fratre suo<br />

Hugone pacifleo principe et Amberico inclito comite rico et sanctis<br />

apostolis Petro et Paulo in hoc cenobio iam dudum contulerat,<br />

Bruel 1. e. n. 408 ]). 394. Von <strong>de</strong>n vorhandnen UR. f. Gluny erwähnen<br />

So1utr :18 und 19, wo Emma und Hugo Potenten sind. Alherieh aber, <strong>de</strong>r<br />

Graf <strong>von</strong> Mäcon, (cf. Cart. <strong>de</strong> S. Vincent <strong>de</strong> Mäcon n. 38. 111, 404, 496 u. a.)<br />

fin<strong>de</strong>t sich in keiner, <strong>de</strong>sgl. nirgends die Fürbitte für das Seelenheil <strong>de</strong>r parentes:<br />

die Ausdrucksweise <strong>de</strong>r Urk. ist aber <strong>de</strong>rartig, dass ihr unbedingt eine<br />

bezügliche UP. vorgelegen haben muss es ist <strong>de</strong>mnach noch eine Urkun<strong>de</strong><br />

betr. Solutre anzunehmen, möglicherweise war sie das ursprüngliche Diplom.<br />

auf das auch 18 und 19 zurückgehen, das also uns nur in diese,, 3 Teilen<br />

überliefert wäre (18, 19, 26,) so dass sich die Zahl <strong>von</strong> insgesamt anscheinend<br />

8 Diplomen Rud. f. Cluny auf 4 reduciert, doch ist die Annahme eines solchen<br />

Diploms als Quelle für die 'zwei an<strong>de</strong>rn und für liese Notiz sehr unsicher.<br />

Zu <strong>de</strong>n in <strong>de</strong>n verschie<strong>de</strong>nen DR. 1. Cluny erwähnten BesitzbestiLtiguigen vgl.<br />

folgen<strong>de</strong> vorausgehen<strong>de</strong> Privaturk. Eec. d. Oluny 1 n. 283, 322, 373, 378,<br />

385, 387.<br />

27, Für Tulle vor 933.<br />

Hit. 20 für Tolle: Precibus autem illustris viri .A<strong>de</strong>mari,<br />

qui locum ipsum eatenus tenuerat, suggerente etiam Ebalo comite<br />

cuidam religiosissimo abbati nomine Aimoni locurn cun<strong>de</strong>m ad<br />

i'estaurandum regulare proposituni commendaveram atque coenobio<br />

S. Savini subiectum feceram.<br />

Ein genaues Regest <strong>de</strong>r früheren Urkun<strong>de</strong>, die er jetzturückninimt.<br />

sogar mit Angabe <strong>de</strong>r damaligen Intervenierten, vor 933 ehörig. Nach Baluze,<br />

hist. Tutel. p. 25 und 72 wäre schon 925 auf Aisno in Lullc O<strong>de</strong> durch Verleihung<br />

Budolfs gefolgt, bevor er (927) in Cluny Abt ward 1 wonach DR. 27


119<br />

vor 925 anzusetzen wäre - sachlich nicht unmöglich.' <strong>de</strong>ti gera<strong>de</strong> für Tulle<br />

ist 923 als Anfangstermin <strong>de</strong>r Anerkennung <strong>Rudolf</strong>s nachweislich. Betr. <strong>de</strong>r<br />

Zuverlässigkeit v. n. 20 s. oben.<br />

28. Für Auxerre 933-934.<br />

Gesta pontif. Autissiodor. c. 45. Bischof Wille . . villam<br />

Crevennam S. Stephano sublatam cum suis appendicils per preceptnm<br />

regale regis coniventia loco restituit pristino, bestimmt<br />

eine Hälfte zur Feier <strong>de</strong>s To<strong>de</strong>stages <strong>de</strong>s Königs, die andre <strong>de</strong>s<br />

<strong>de</strong>r Königin, und zum Seelenheil <strong>de</strong>s Bischofs. Piscatores tarnen<br />

in servitio maneant episcopi per iussioneln prepositi canonicorum.<br />

Gest. pont. Aut. c. 41 u. 45, Bibl. bist. <strong>de</strong> FYonne 1 p. 362. 378, 379.<br />

Genaues Regest, als Bittsteller wird bei seinen Beziehungen zum Herrscherpaare<br />

Wi<strong>de</strong> selbst zu <strong>de</strong>nken sein verliehen zwischen <strong>de</strong>m 23. Mai 938 (cm<br />

Hiinmelfa1irtstng erfolgte seine Inthronisation in Auxerre nach <strong>de</strong>r am 19. Mai<br />

in Seils stattgehabten Ordination durch seinen Metropoliten) und Emmas Tod,<br />

die noch als lebend zu <strong>de</strong>nken ist, da sonst (wie z. B. Bq. 635, 545) ihr To<strong>de</strong>stag<br />

schon angegeben wäre. Da in Aux. ihr To<strong>de</strong>stag gefeiert wer<strong>de</strong>n sollte,<br />

ist hier sicher das Datum <strong>de</strong>sselben aufgezeichnet wor<strong>de</strong>n, das Necrol. Autiss.,<br />

Lebeuf, Mm. conc. l'hist. d'Äuxerre II ‚ app. p. 246 11', hat es aber nicht,<br />

vgl. auch ib. II, 48,<br />

29. Für Fleury.<br />

Vita S. Odonis 1. 111 c. 8: Fleury war nach <strong>de</strong>n Normanneneinfüllen<br />

in grossem Verfall, Per ilind tempus vir Fiisiardus, qui<br />

tune erat comes illustris ‚ nunc vero in xnonastico <strong>de</strong>git babite,<br />

audiens infamiam herum monacitorum praedictam abbatiani a<br />

Rodulfo rege petiit et aecepit, acceptamque patri nostro tradidit.<br />

Mahillon, Acta 8. 0. B. saec, V p. 182; auch hier scheint nach Art<br />

<strong>de</strong>r üblichen Verleihung <strong>von</strong> Abteien (e z.. B. auch n. 15) urkundliche Ausfertigung<br />

anzunehmen. Aus <strong>de</strong>r Begünstigung durch <strong>de</strong>n König, <strong>de</strong>r auch<br />

durch die Gestattung <strong>de</strong>r Uebertragung an O<strong>de</strong> das Aufblühen Fleurys ermöglichte,<br />

ist auch die <strong>Rudolf</strong> geneigte Stimmung <strong>de</strong>r floriacenser Ueberlieferung<br />

mit herzuleiten.<br />

Zur Vervollständigung <strong>de</strong>s Registrums, soweit es sich hersteifen<br />

liess, seien noch erwähnt:<br />

Schreiben <strong>Rudolf</strong>s an Reims, September 931.<br />

Mod. ad 931 : Rodulfus rex litteras Remis misit ad clerurn<br />

et populurn pro agenda electione praesulis; ad quae lIli respon<strong>de</strong>nt,<br />

se id aere neu posse, saivo suo electo et electione manente quam<br />

fecerant.<br />

Flod, als Reimser Canonicus ‚ wird selbst direkt da<strong>von</strong> Kun<strong>de</strong> erlangt<br />

haben ‚ da es an ihn ja mit gerichtet war, beson<strong>de</strong>rs in <strong>de</strong>r Antwort scheint<br />

er (salva . . . etc.) die Wendungen <strong>de</strong>r ]teimnser selbst wie<strong>de</strong>rzugeben. SS.<br />

III, 380.<br />

Schreiben P. Johanns X an <strong>Rudolf</strong> 927-928.<br />

Johann verwen<strong>de</strong>t sich für Cluny, zu <strong>de</strong>ssen Ungunsten Abt<br />

Wi<strong>de</strong> <strong>von</strong> Ggny das Testament ßeros <strong>von</strong> Cluny verletzt bat,


120<br />

3aff62 11. 3578; Bq. 217; ohne Daten, doch zwischen <strong>de</strong>m 13. Januar<br />

927 (flernos Tod) und Juni 928 (Johanns Sturz) bezüglich 21. Januar 928<br />

(Widos Zustimmung; vgl. Bq. 718, Mabil1. ihm. Ben. TU, 393.<br />

Eine Originalurkun<strong>de</strong> <strong>Rudolf</strong>s auf <strong>de</strong>r Pariser Bibliothek aus<br />

<strong>de</strong>m Jahre 930 erwahnt Sic.kel (1, 295 Anm. 2), <strong>de</strong>ren Ohrismonverzierungell<br />

in tironischen Noten das Wort amen enthalten er<br />

spricht <strong>von</strong> <strong>Rudolf</strong> 1, meint aber doch wohl <strong>Rudolf</strong> <strong>von</strong> <strong>Frankreich</strong>,<br />

da Jener (R. v. Hochburgund) bereits 912 starb; ob das betreffen<strong>de</strong><br />

Diplom eines <strong>de</strong>r oben erwähnten o<strong>de</strong>r ein noch ungedruektes<br />

ist, vermag ich nicht anzugeben.


121<br />

Ueberblick über die Quellen.<br />

Deber die Grundlagen <strong>de</strong>r Darstellung mögen noch einige<br />

Bemerkungen hier einen Platz fin<strong>de</strong>n, durch welche nicht beabsichtigt<br />

wird, neue Beitrüge zur Quellenkun<strong>de</strong> zu geben, son<strong>de</strong>rn<br />

in <strong>de</strong>nen nur die Gewährsmänner, soweit sie für die behan<strong>de</strong>lten<br />

Jahre in Betracht kommen, skizziert wer<strong>de</strong>n sollen.<br />

Den Kern bil<strong>de</strong>n die Angaben <strong>de</strong>s Zeitgenossen Fiodoard<br />

in seinen bei<strong>de</strong>n zum Teil neben einan<strong>de</strong>r herlaufen<strong>de</strong>n Werken,<br />

<strong>de</strong>n Annalen und <strong>de</strong>m vierten Buch <strong>de</strong>r Reimser Kirchengeschichte,<br />

<strong>von</strong> welchen sich letztere für einen Teil unsrer Perio<strong>de</strong> wie<strong>de</strong>r<br />

in zwei parallele Ströme schei<strong>de</strong>t, in die eigentlichen darstellen<strong>de</strong>n<br />

Abschnitte (IV. 1$ ff) und in <strong>de</strong>n wörtlich aufgenommenen<br />

Bericht <strong>de</strong>s Erzbischofs Artold (1V, 35), <strong>de</strong>r 948 auf <strong>de</strong>r Syno<strong>de</strong><br />

<strong>von</strong> Ingelheim zum Vortrag kam. Ueber die wechselseitigen Beziehungen<br />

<strong>de</strong>r Annalen und <strong>de</strong>r Reimser Geschichte ist an<strong>de</strong>rweit<br />

eingehend gehan<strong>de</strong>lt wor<strong>de</strong>n 1); die weit ergiebigere Fundgrube<br />

sind die Annalen, die in manchen Punkten allerdings durch die<br />

Geschichte <strong>de</strong>s Erzbistums nicht unwesentlich ergänzt wer<strong>de</strong>n.<br />

Ohne Flo<strong>de</strong>ard wür<strong>de</strong>n sich nur einige, recht dürftige Brocken<br />

zur Geschichte dieser Jahre beibringen lassen, eine Geschichte<br />

<strong>de</strong>r Zeit selbst aber wäre unmöglich, da er nicht nur die einzige<br />

be<strong>de</strong>uten<strong>de</strong>re, völlig zeitgenössische Quelle für diesen Zeitraum<br />

ist, sen<strong>de</strong>rh zugleich eine solche wie <strong>de</strong>ren die historische Literatur<br />

jener Jahrhun<strong>de</strong>rte nur wenig aufzuweisen hat. Vom historiographischen<br />

Gesichtspunkt aus muss man an<strong>de</strong>ren Werken <strong>de</strong>n<br />

Vorrang lassen, dagegen mit in erster Linie ist <strong>de</strong>r Reimser<br />

Canonicus zu nennen, wenn wir ihn lediglich als historische<br />

Quelle beurteilen, wenn wir nicht auf die äussere Form unser<br />

Augenmerk richten, son<strong>de</strong>rn auf das Gebotene selbst. Flodoard<br />

ist weit entfernt, <strong>de</strong>n höheren Anfor<strong>de</strong>rungen, wie sie unsre Zeit<br />

an <strong>de</strong>n Historiker und beson<strong>de</strong>rs an <strong>de</strong>n Geschichtsschreiber<br />

stellt, zu entsprechen, entschädigt aber für diesen Mangel durch<br />

die ausseror<strong>de</strong>ntliche Fülle wertvollsten Materials, das er uns in<br />

trocknem Ausdruck bietet, ohne Raisonnement, schlicht eine Angabe<br />

an die andre reihend, aber dabei zuverlässig, soviel wir<br />

1) Vgl. Wittenbach, Geschichtsquellen (5. Aufl. 1885) 1, 379; Einleit.<br />

d. Ausg. in <strong>de</strong>r M. CL; Monod, Revue eritiquc 1873 11, 268.


122<br />

nur Gelegenheit haben nachzuprüfen. Man hat auch ihm eine<br />

gewisse Parteilichkeit gegen Deutschland Schuld geben wollen i),<br />

wohl mit Unrecht; für die hier behan<strong>de</strong>lte Perio<strong>de</strong> ist <strong>de</strong>r einzige<br />

Scheingrund <strong>de</strong>r an und für sich ja etwas son<strong>de</strong>rbare Umstand,<br />

dass Heinrich meist ohne nähere Bezeichnung, ein paar Mal als<br />

princeps Transrhenensis o<strong>de</strong>r Germaniae und nur einmal als König<br />

bezeichnet wird; was Flodoard dazu bestimmte, ist nicht zu ergrün<strong>de</strong>n,<br />

in <strong>de</strong>r Meldung <strong>de</strong>r Thatsachen selbst lässt sich keine<br />

Parteilichkeit ermitteln: er verschweigt o<strong>de</strong>r verdunkelt nicht <strong>de</strong>n<br />

Verlust Lothringens an Deutschland. lässt wie<strong>de</strong>rholt in <strong>de</strong>r Folge<br />

Heinrich als legitimen Herrn dieses Reiches erkennen und gicht<br />

über Heinrichs grossen Ungarnsieg genauen Bericht.<br />

Am <strong>de</strong>utlichsten aber treten seine Vorzüge hervor, wenn wir<br />

unsern vergleichen<strong>de</strong>n Blick <strong>de</strong>r zweiten Hauptquelle für die französische<br />

Geschichte <strong>de</strong>s 10. Jahrhun<strong>de</strong>rts. Iticher, zuwen<strong>de</strong>n. Richer<br />

ist in allem <strong>de</strong>r volle Gegensatz zu Flodoard. Dieser giebt einfach<br />

die Thatsachen, jener will ein historisches Kunstwerk schallen,<br />

ohne dazu die Befähigung zu haben, die Trockenheit giebt er auf<br />

und gewährt dafür <strong>de</strong>r hohlen Phrase freien Spielraum, die kunstlose,<br />

aber wahrheitsgetreue Aneinan<strong>de</strong>rreihung ersetzt er durch<br />

einen Scheinpragmatismus; um seinem Bestreben Genüge leisten<br />

zu können, stellt er die Ereignisse so um, schiebt sie so in und<br />

durch einan<strong>de</strong>r, dass bisweilen ein freilich auch nur sehr oberflächlich<br />

abgerun<strong>de</strong>tes Bild entsteht, in <strong>de</strong>m es schwer ist, die wahre<br />

Gestalt <strong>de</strong>r Dinge wie<strong>de</strong>r zu erkennen ‚ ja er scheut sich sogar<br />

nicht vor offenbarsten Fälschungen, sofern sie seinem französischen<br />

Standpunkt zur Stütze dienen können o<strong>de</strong>r sollen. Das bekannteste<br />

Beispiel ist ja sein Bericht <strong>von</strong> <strong>de</strong>n lothringischen Vorgängen <strong>de</strong>r<br />

Jahre 916 bis 921, eine Frage, die aber nicht in unser Gebiet<br />

fällt, es genüge daher, auf sie hingewiesen zu haben 2) Für<br />

die zweite Hälfte <strong>de</strong>s Jahrhun<strong>de</strong>rts hat Richer trotz seiner ten<strong>de</strong>nziösen<br />

Haltung beim Fehlen eines sonstigen Führers gewiss<br />

seinen grossen Wert auch für Ludwig IV. mag er, obwohl<br />

wir da noch Fiodoard neben ihm haben, benutzbar sein ‚ da<br />

1) Witticli, Herz. Lothringen p. 104 Anm. 4, Forsch. z. d. Gesch. 11!,<br />

180. - Nicht min<strong>de</strong>r ist die Zeit Ottos I. durchaus objektiv dargestellt und<br />

beson<strong>de</strong>rs seit <strong>de</strong>r Unterstützung, die König Ludwig und Erzbischof Artold zu<br />

Teil wur<strong>de</strong>, ist FIo(l. eher das Gegenteil als <strong>de</strong>utschfeindlich.<br />

2) Vgl. Borgnet L e. p. 54 £‚ Reimann <strong>de</strong> Rielieri vita 12 fi'., Maurenbrecher<br />

p 70 if., Waitz, Heinrich 1. Aufl. p. 198, 3. Aufl. 25 II'., 46, 50, Pertz,<br />

RinI. z. Rieherausg. (8) p. VII ff., Wittich, Forsch. Z. d. G. HI, 108 ff.<br />

3) Monod tritt in seiner netten Abhandlung zu Gunsten Richers als<br />

Quelle für diese Zeiten ein, Revue histor, XXVIII (1885), 248 lT


123<br />

ihm sein Vater <strong>Rudolf</strong> manchen Aufschluss gegeben haben kann<br />

- für die Zeit König <strong>Rudolf</strong>s jedoch ist ihm kein Wort zu<br />

zuerkennen 1). Fiodoard giebt uns die Mittel zur schärfsten<br />

Kontrole an die Hand, er ist die Grundlage für Fieber, welcher<br />

dieser aber lei<strong>de</strong>r sehr schlecht gefolgt ist, <strong>de</strong>nn aller Orten ent<strong>de</strong>cken<br />

wir willkürliche, unzulässige Abweichungen, Auslassungen,<br />

Ausschmückungen und Erdichtungen, wo<strong>von</strong> nur einiges hier kurz<br />

zusammengestellt sei: das völlige Totschwei gen <strong>de</strong>r in Lothringen<br />

zu Gunsten Deutschlands eingetretenen Verän<strong>de</strong>rung während <strong>de</strong>r<br />

ganzen Regierung <strong>Rudolf</strong>s 2), die Darstellung <strong>de</strong>r Normanneukriege<br />

<strong>von</strong> 925, 926 (1, 48-51), die Verhältnisse im Erzbistum Reims<br />

925-928 (1, 55), die Kämpfe in iNoyon 932 (1, 63), die Abfertigung<br />

<strong>de</strong>r Jahre 933-936 (1. 65), die Personalnotizen über Karl<br />

Konstantin (II, 98), die Ziffern <strong>de</strong>r Gefailnen in <strong>de</strong>n verschiednen<br />

Schlachten, die zahlreichen, <strong>de</strong>taillierten und scheinbar sachverständigen<br />

Angaben über Verwundungen und Krankheiten, u, a. in.<br />

Flodoard und R.icher sind die einzigen Autoren <strong>de</strong>s 10. Jahrhun<strong>de</strong>rts,<br />

die das ganze Reich berücksichtigt haben o<strong>de</strong>r dies<br />

wenigstens im Sinne hatten; frem<strong>de</strong> Schriftsteller dieser Zeit bieten<br />

über <strong>Frankreich</strong> nur ganz geringe Ausbeute wie <strong>de</strong>r Continuator<br />

Reginonis, Widukind und Liutprand. Mehr verdanken wir hingegen<br />

partikularen Geschichtsschreibern, die sich eine Provinz,<br />

ein Bistum, ein Kloster, ein Geschlecht als Mittelpunkt wählten;<br />

unter ihnen mögen die unbekannten, aber zeitgenössischen Verfasser<br />

<strong>de</strong>r Bischofsgeschichten <strong>von</strong> Auxerre 3), Folkuins Geschichte<br />

1) Abgesehen <strong>von</strong> einigen wenigen Stücken, in <strong>de</strong>nen wir ihm nicht<br />

folgen müssen, aber vielleicht folgen dürfen, wie die Schenkung <strong>von</strong> Ponthion<br />

(1, 55), mig1icherweise auch (las Sträuben ltndolfs bei seiner Wahl (1, 47).<br />

Pcrtz 1. c. v• VIII nennt noch einiges andre, wenn ich ihm aber nicht zustimmen<br />

kann z.B. in <strong>de</strong>n Haganoanekdoten (1, 15), <strong>de</strong>m Streit uni Neyon<br />

(.1. 63, wo nur Flod. ausgemalt, nichts positives, neues beigebradht ist ausser<br />

<strong>de</strong>in Namen <strong>de</strong>r Grafschaft Adalelms).<br />

2) Richer versucht sogar, die alte Sachlage als weiterbestehend darzustellen,<br />

in<strong>de</strong>m er <strong>de</strong>m Aufgebot <strong>Rudolf</strong>s auf <strong>de</strong>m limousiner Zuge 930 ausser<br />

<strong>de</strong>n 'Nordfranzosen (Gelten) auch Lothringen (multi Belgarum nach seinem<br />

Sprachgebrauch) folgen lässt 1 1 57.<br />

3) Die Gcsta pont. Autissiod. (Bibl. bist. <strong>de</strong> l'Yonnc 1.) sind bis zu<br />

Bischof Wala <strong>von</strong> bekannten Veniassern (En<strong>de</strong> <strong>de</strong>s 9. Jahrh.), <strong>von</strong> da an sind<br />

diese unbekannt, ihre Nachrichten sind aber sehr gut, co dass sie min<strong>de</strong>stens<br />

vortreffliche Grundlagen gehabt haben müssen, wahrscheinlich waren es aber<br />

selbst Zeitgenossen; gera<strong>de</strong> die Notizen für die erste hälfte <strong>de</strong>s. 10. Jahr)'.<br />

lassen sieh mehrfach nachprüfen, mit Wal<strong>de</strong>rieh (t 933) scheint ein Fortsetzer<br />

bgescblossen zu haben, da hier, wie wir es bi solchem Fall in mittelalterheWen


1.24<br />

<strong>von</strong> S. Bertin, Witgers Genealogie <strong>de</strong>r flandrischen Grafen, Dudos<br />

Normanncngescliichte hervorgehoben wer<strong>de</strong>n, letzterer freilich ist<br />

das, was lieber für <strong>Frankreich</strong> im Gegensatz zu Deutschland ist,<br />

in noch gesteigertem Gra<strong>de</strong> für die Normandie im Gegensatz<br />

zum an<strong>de</strong>rn <strong>Frankreich</strong> und <strong>de</strong>n übrigen Staaten und daher nur<br />

dann mit verwendbar (wenigstens für unsre Jahre), wenn seine<br />

Berichte noch durch andre zuverlässige gestützt wer<strong>de</strong>n ).<br />

Manches Gute fin<strong>de</strong>n wir in <strong>de</strong>n zahlreichen Annalen und<br />

Chroniken zerstreut, die zum Teil direkte gleichzeitige Aufzeichnungen,<br />

zum Teil aus früheren Werken kompiliert sind; die Lückenhaftigkeit<br />

dieser Quellen, die oft nur für ein einziges Faktum<br />

heranzuziehen sind, gestattet jedoch nicht, je<strong>de</strong>r in diesem Ueberblicke<br />

näher zu ge<strong>de</strong>nken 2).<br />

Soweit es überhaupt für das 10. Jahrhun<strong>de</strong>rt möglich ist,<br />

ist die Darstellung auf Urkun<strong>de</strong>n basiert, beson<strong>de</strong>rs, da Königsurkun<strong>de</strong>n<br />

spärlich sind, für Verhältnisse in einzelnen Reichsteilen<br />

auf die ziemlich zahlreichen Privaturkun<strong>de</strong>n.<br />

Werken häufig fin<strong>de</strong>,,, eine chronologische Zusammenfassung <strong>de</strong>s seit Bischof<br />

Palladins (7. Jahrh.) bis zum 12. Jahre Widos verflossenen Zeitraums gegeben<br />

ist, im Jahre 945 wur<strong>de</strong> also dieser Abschnitt been<strong>de</strong>t. Auch die folgen<strong>de</strong><br />

Biographie Widos zeigt die gleichen Vorzüge; ihr Anfang ist <strong>von</strong> <strong>de</strong>n übrigen<br />

abweichend und verrät <strong>de</strong>utlich die Benutzung <strong>von</strong> Urkun<strong>de</strong>n: Guido seIn<br />

Dci elementis operante Autissiodorensis episeopus etc. Ferner s. ob. UR. 28,<br />

die Restitution <strong>von</strong> Oravan, Gcsta p. 379, wird durch die IM. Karls lii. für<br />

Herifrid <strong>von</strong> Auxerre Eq. IX 487 sicher gestellt 7 vgl. auch 1. e. p. 362; auch sonst<br />

sind Urkun<strong>de</strong>n im Excerpt mitgeteilt. Auf einen Zeitgenossen, <strong>de</strong>r an seinem<br />

Bischof lebhaften Anteil nimmt,, weist ferner folgen<strong>de</strong>r Passus hin p. 379: sed<br />

quod ibi operntus est (Wi<strong>de</strong>), ne forte oblivioni tradatur et eupiditate suecessonnn<br />

ac ministrorum ab ecclesiae donninio subtrahatur, huic opuseulo ratum<br />

duximus insereudum, seientes quia facientis non <strong>de</strong>erit praemium, und schliesslieh<br />

haben wir auch aus <strong>de</strong>m 11. Jahrh. die ausdrückliche Nachricht, es sei<br />

ein schönes Herkommen <strong>de</strong>r Kirche <strong>von</strong> Auxerrc gleich beim To<strong>de</strong> je<strong>de</strong>s<br />

Bischofs die IJauptilaten über seinen Episkopat aufzuzeichnen, 1, c. p. 397.<br />

1) Vgl. Üb. Ba<strong>de</strong> ausser <strong>de</strong>n Aufsätzen <strong>von</strong> Waitz und Dümmler auch<br />

Lair in <strong>de</strong>r ausführlichen Eü,l. zur Dndoausg., welcher aber in <strong>de</strong>m Bestreben<br />

<strong>von</strong> Dudos Erzählung möglichst viel zu retten, zu weit geht.<br />

2) Es ist hier zu verweisen auf Wattenhach ‚ auf die Vorre<strong>de</strong>n zu dcl,<br />

verschie<strong>de</strong>nen Quellen (vornehmlich für die in <strong>de</strong>n M. G. erschienenen, ferner<br />

In Bouquet i,rid in <strong>de</strong>n zahlreichen provinzial en Quellenpublikationen) und neuerdings<br />

beson<strong>de</strong>rs auf <strong>de</strong>n erwähnten Aufsatz Mo,,ods in <strong>de</strong>r Revue histor. XXVIII.<br />

4•-


Inhalt,<br />

L Einleitung.<br />

<strong>Frankreich</strong> unter Karl 111. bis zur Wahl <strong>Rudolf</strong>s.<br />

Karl UI. <strong>de</strong>r Einfältige, Empörungen, Gegenkönig Robert 5, Wahl<br />

<strong>Rudolf</strong>s 17.<br />

<strong>Rudolf</strong> vor seiner Wahl 20.<br />

IL Das Gegenkönigtum <strong>Rudolf</strong>s.<br />

<strong>Rudolf</strong>s Anfänge.<br />

Anerkennung o<strong>de</strong>r Verwerfung 25, Wan g Gofangennalinie 32, <strong>Rudolf</strong><br />

in <strong>de</strong>r Norrnandie und in Lot]iningen 36, Unterwerfung Wiflielms <strong>von</strong><br />

Aquitanien 39, Verhältnisse in Lothringen, <strong>Rudolf</strong>s , Krankheit, Frie<strong>de</strong><br />

mit <strong>de</strong>n Normannen 42.<br />

Wachsen<strong>de</strong> Schwierigkeiten <strong>de</strong>r neuen Herrschaft.<br />

Normannenkämpfe in Burgund 44, im Nor<strong>de</strong>n 49, Verlust Lothringens<br />

52, Verhältnisse in Reims 53, Normannenknieg in Artois, Ungarneinfälle,<br />

Abfall Wilhelrns <strong>von</strong> Aquitanien 56.<br />

Heriberts erster Aufstand.<br />

Veranlassung, offner Aufstand, Beziehungen JJeril,erts zu Deutschland5S,<br />

Wie<strong>de</strong>reinsetzung König Karls 61, En<strong>de</strong> <strong>de</strong>r Empörung, Karl's AnsgItg<br />

1 Zustän<strong>de</strong> im Roich Provence 66.<br />

III. Das Königtum <strong>Rudolf</strong>s.<br />

Fortschritte <strong>de</strong>s Königs.<br />

Zwistigkeiten Heriberts, Hugos und Bosos Normannensieg <strong>Rudolf</strong>s<br />

iii Liinousin 70, Gewinnung <strong>von</strong> Vienne, Unruhen in Francien und Burgund,<br />

Heriberts zweiter Aufstand 73, Zug <strong>de</strong>s Königs gegen Reims,<br />

Beziehungen Zu König Heinrich, Einnahme <strong>von</strong> Reims und Laoit 76,<br />

Huldigung <strong>de</strong>r Herren <strong>de</strong>s Languedoc und Vaskouiens 80.


1243<br />

1udo1f Ji:err <strong>de</strong>s 1eiches.<br />

Nie<strong>de</strong>rwerfung Heriberts durch <strong>Rudolf</strong> und flügo 81 , Sicherung Von<br />

Vienne. Huldigung <strong>de</strong>s Normaunen Wilhelm 83, <strong>de</strong>utsche Vermittlung<br />

für Reribert, Tod <strong>de</strong>r Königin Emma, Frie<strong>de</strong> nach Innen und Aussen<br />

87, König <strong>Rudolf</strong>s Tod 9. Interregnum, Wahl Ludwigs IV. 94.<br />

Schlussbetrachtung 96.<br />

1V. Die Urkun<strong>de</strong>n Ru dolfs.<br />

Allgemeines 101.<br />

Regesten 108.<br />

Ueberblick über die Quellen 121,<br />

1nhatsverzejclrnjs 125.<br />

Berichtigung.<br />

P. 61 1. am 9. September weilte er.<br />

Monogr. <strong>Rudolf</strong>s auch flies. in Rec. <strong>de</strong> chart.. <strong>de</strong> Cluny 11)1.1, Siegel ib. Pl. II.<br />

¼

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