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1.527 km im Segelflug! Der bisher weiteste ... - Streckenflug.at

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Flugsportzeitung, 30.Juni/31. Juli 1998<br />

<strong>Segelflug</strong><br />

<strong>1.527</strong> <strong>km</strong> <strong>im</strong> <strong>Segelflug</strong>!<br />

<strong>Der</strong> <strong>bisher</strong> <strong>weiteste</strong> <strong>Segelflug</strong> in Europa<br />

Von Wiener Neustadt aus und - als „Jojo“ (Flug um drei Wendepunkte> -<br />

zur Gänze in Österreich geflogen<br />

Am Montag, dem 27. April 1998, schafften die beiden (Nieder-)Österreicher Wolfgang<br />

Janowitsch und Dr. Hermann Tr<strong>im</strong>mel <strong>im</strong> Doppelsitzer einen Flug über eine offiziell<br />

gewertete Distanz von <strong>1.527</strong>,69 <strong>km</strong>. <strong>Der</strong> Flug wurde von der Sektion <strong>Segelflug</strong> des Österr.<br />

Aero-Clubs (Horst Baumann) wenige Tage später ausgewertet und anerkannt. Es ist dies die<br />

größte Distanz, die <strong>bisher</strong> in Europa <strong>im</strong> reinen <strong>Segelflug</strong> zurückgelegt wurde.<br />

Die <strong>bisher</strong> <strong>weiteste</strong> <strong>Segelflug</strong> in Europa war Hans-Werner Grosses (Deutschland) freier<br />

<strong>Streckenflug</strong> von Lübeck nach Biarritz, 1.460 <strong>km</strong>, geflogen 1972. Die <strong>bisher</strong> größte Strecke<br />

in den Alpen war der 1.418 <strong>km</strong> Zielrückkehrflug des Deutschen Klaus Ohlmann, von Serres,<br />

Frankreich, aus geflogen, wobei die Flugstrecke die Alpen entlang bis nach Kärnten<br />

(Glainach/Ferlach südlich von Klagenfurt) führte und wiederum zurück nach Frankreich (s.<br />

dazu den ausführlichen Bericht in ,,Flugsportzeitung" Nr. 11/1995). Weiters gab es noch<br />

einen dritten Flug über 1.400 <strong>km</strong>, der den Herbaud-Brüdern (Frankreich) von Südfrankreich<br />

nach Marokko - mit Überquerung des Mittelmeeres - gelang. In Österreich selbst lagen die<br />

<strong>bisher</strong> größten geflogenen Strecken zwischen 1.000 <strong>km</strong> und 1.100 <strong>km</strong> (s. u. a. die<br />

österreichische Rekordliste in ,,Flugsportzeitung" Nr.268). Einer lag allerdings bereits<br />

darüber: <strong>Der</strong> <strong>bisher</strong> <strong>weiteste</strong> Flug eines Österreichers stand mit 1.131 <strong>km</strong> zu Buche, von Edi<br />

Supersperger am 28. April 1993 von Micheldorf aus geflogen, ebenfalls zu 90 Prozent <strong>im</strong><br />

Hangwind<br />

(s. ,,Flugsportzeitung" Nr. 11/1992 vom März/April 1993).<br />

Die D<strong>at</strong>en zum Flug vom 27. April 1998 von Wolfgang Janowitsch und Dr. Hermann<br />

Tr<strong>im</strong>mel: Start um 05:32 Uhr (alle Zeiten Lokalzeiten, MEZ-Sommerzeit) am Flugpl<strong>at</strong>z<br />

Wiener Neustadt West, Abflug um 06:22 Uhr mit Abflugpunkt Rax/Seilbahn-Talst<strong>at</strong>ion -<br />

erster Wendepunkt Flirsch am Arlberg (11:30 Uhr) - wieder zurück zur Rax (Rax/Seilbahn-<br />

Bergst<strong>at</strong>ion, 14:10 Uhr) -dritter Wendepunkt Innsbruck/Flughafen (17:10 Uhr) - Landung<br />

um 19:55 Uhr wiederum am Startflugpl<strong>at</strong>z Wiener Neustadt West,<br />

Flugdauer/Gesamtflugzeit: 14:23 Stunden, Flugzeit über die gewertete Strecke (dabei nicht<br />

berücksichtigt die Zeit zwischen Start und Abflug): 13:33 Stunden. Ein Vergleich: Wie lange<br />

würde man mit dem Auto brauchen, um dieselbe Strecke (Wiener Neustadt - Rax - Flirsch -<br />

Rax - Innsbruck Flughafen - Wiener Neustadt) zurückzulegen? Vielleicht illustriert dies<br />

etwas die hier vorliegende Leistung - und das alles mit dem <strong>Segelflug</strong>zeug, nur unter<br />

Ausnützung n<strong>at</strong>ürlicher Wind- (und Sonnen-) Energie!<br />

<strong>Der</strong> Flug war in den Grundzügen schon länger geplant, die Entscheidung für den aktuellen<br />

Versuch fiel jedoch erst am Tag zuvor auf Grund der Wetterbeurteilung durch Dr. Hermann<br />

Tr<strong>im</strong>mel, Segelflieger und Flugmeteorologe von der Flugwetterwarte Wien/Schwech<strong>at</strong>. Auch<br />

das ,,Gespann" Janowitsch - Tr<strong>im</strong>mel h<strong>at</strong>te sich bewußt für dieses Flugvorhaben<br />

zusammengefunden: Wolfgang Janowitsch, der exzellente Segelflieger, als Verantwortlicher<br />

und den Flug durchführender Pilot, und Dr. Hermann Tr<strong>im</strong>mel, der exzellente Meteorologe,<br />

als zweiter Pilot und Meteorologe sowie auch als ,,rnentale Stütze"<br />

(s. weiter unten) mit <strong>im</strong> Doppelsitzer-Cockpit<br />

- ein Versuch, der in der Praxis sich als vol1er Erfolg erwies; Dr. Tr<strong>im</strong>mel: ,,Es war eine<br />

perfekte Zusammenarbeit und der Grundstein für den Erfolg. Jeder für sich alleine, nach


eigener Aussage auch Wolfgang Janowitsch, hätte den Flug wahrscheinlich nicht geschafft."<br />

Grundlage für das Flugvorhaben war eine großräumige Föhnsitu<strong>at</strong>ion, welche sich<br />

dann auch bestätigte; der Flug wurde nicht in der Thermik, sondern fast ausschließlich <strong>im</strong><br />

Geradeausflug <strong>im</strong> Wind geflogen, der Anteil am Kreisen zur Aufwindsuche betrug über den<br />

gesamten Flug nur 4,5 Prozent (und dies in wenigen Achterschleifen vorwiegend <strong>im</strong><br />

Hangwind und teils in der Welle). Damit konnte vor allem auch mit einem Start kurz nach<br />

Sonnenaufgang der Tag voll genützt werden, auch wenn der Abflug infolge der frühen<br />

Startzeit erst <strong>im</strong> zweiten Anlauf - dreißig Minuten später - gelang. Sollte eine gleichartige<br />

Situ<strong>at</strong>ion noch einmal bei größerer Tageslänge eintreten, ist damit eine Verbesserung der<br />

Streckenleistung (und damit die „tausend Meilen“) nach Ansicht der beiden durchaus <strong>im</strong><br />

Bereich des Möglichen.<br />

Gemittelte Geschwindigkeit über den gesamten Flug: 109,51 <strong>km</strong>/h, wobei die offizielle<br />

Distanz nur in direkter Kurslinie gewertet wird, die t<strong>at</strong>sächlich zurückgelegte Strecke mit<br />

landschaftlich und meteorologisch bedingten Umwegen (s. Logger-Aufzeichnung auf Seite<br />

12) liegt daher noch weit höher, das heißt, daß auf einzelnen Teilstrecken die<br />

Reisegeschwindigkeit bis zu 200 <strong>km</strong>/h betrug.<br />

Die einzelnen Teilstrecken:<br />

Erster Schenkel 410,50 <strong>km</strong> in 5:08 Std = 79,96 <strong>km</strong>/h Schnitt,<br />

zweiter Schenkel 408,75 <strong>km</strong> in 2:40 Std. = 153,28 <strong>km</strong>/h,<br />

dritter Schenkel 336,50 <strong>km</strong> in 3:00 Std. = 112,17 <strong>km</strong>/h,<br />

vierter Schenkel 371,00 <strong>km</strong> in 2:45 Std. = 134,91 <strong>km</strong>/h Schnitt.<br />

Flugzeug: Hochleistungsdoppelsitzer N<strong>im</strong>bus 4DM, mit dem Wettbewerbskennzeichen<br />

HA (D-KFHA), Eigentümer Hans Andersen, der den beiden das Flugzeug als<br />

echter Fliegerfreund zur Verfügung stellte.<br />

<strong>Der</strong> Pilot: Wolfgang Janowitsch, 35, Flugkapitän bei Austrian Airlines, u. a. Dritter der<br />

<strong>Segelflug</strong>-WM von 1993, mehrfacher österreichischer Sta<strong>at</strong>smeister <strong>im</strong><br />

<strong>Segelflug</strong> und mehrfacher österreichischer Rekordhalter <strong>im</strong> <strong>Segelflug</strong>, darunter<br />

das einzige <strong>bisher</strong> in den Alpen geflogene 1 .000-<strong>km</strong>-FAI-Drei-eck und mit<br />

diesem Flug auch Barron-Hilton-Cup-Gewinner, geborener Oberösterreicher,<br />

jetzt wohnhaft in Niederösterreich.<br />

Kopilot: Dr. Hermann Tr<strong>im</strong>mel, 49, erfahrener Leistungssegelflieger, ebenfalls bereits<br />

auch Solo- 1000 <strong>km</strong>-Flieger, mehrfacher österreichischer Sta<strong>at</strong>smeister <strong>im</strong><br />

Streckensegelflug, Flugmeteorologe der Austro-GmbH am Flughafen Wien-<br />

Schwech<strong>at</strong>, weltweit anerkannter <strong>Segelflug</strong>-Meteorologe der auch bereits viele<br />

Segelflieger bei großen Flugvorhaben meteorologisch beriet und selbst<br />

zahlreiche große n<strong>at</strong>ionale und intern<strong>at</strong>ionale Meisterschaften meteorologisch<br />

betreute, darunter mehrere Weltmeisterschaften. Geboren und wohnhaft in<br />

Niederösterreich<br />

Nach diesem Gesamtüberblick <strong>im</strong> folgenden einige Details.<br />

Das Erfolgsrezept: professionelle Vorbereitung und konsequentes Umsetzen<br />

Zur Vorbereitung: Dies war ein schon langandauernder (und noch <strong>im</strong>mer weiter<br />

laufender), kontinuierlicher Prozeß, mit einschließend die Überlegungen nach den Grenzen<br />

des Wetters, der richtigen Wetterlage, der physischen und psychischen Fitneß und - für beide<br />

ganz wesentlich - der mentalen Vorbereitung und Einstellung auf einen solchen Flug und<br />

während eines solchen Fluges. Doch darüber mehr weiter unten.<br />

Das Team Janowitsch Tr<strong>im</strong>mel<br />

Ebenso wichtig die gute Übereinst<strong>im</strong>mung und das positive Zusammenwirken der beiden<br />

Partner <strong>im</strong> Cockpit. Jeder bringt das ein, was er am besten kann, und ergänzt damit den<br />

anderen <strong>im</strong> Teamwork; Motto: ,,Gemeinsames verbindet, durch die Unterschiede wachsen<br />

wir!" Dazu gehört auch entsprechender Teamgeist, bei dem jeder sein Bestes versucht und<br />

dem anderen - auch in kritischen Situ<strong>at</strong>ionen - vertraut. Wobei wiederum eine sehr gute<br />

Voraussetzung dadurch gegeben ist, daß das Sicherheitsverhalten bei beiden weitgehend<br />

ident ist: kein unnötiges Risiko, <strong>im</strong>mer mit Überlegung auf der sicheren Seite.<br />

Wie schon erwähnt, stellen Wolfgang Janowitsch und Dr. Hermann Tr<strong>im</strong>mel schon seit<br />

längerem <strong>im</strong> gemeinsamen Gedanken - und Erfahrungsaustausch Überlegungen darüber an,<br />

wie man große Streckensegelflüge auch in den Alpen, auch von Österreich aus, erfolgreich


durchführen kann. Das 1.000-<strong>km</strong>-FAI-Dreieck von Wolfgang Janowitsch am 5. Mai 1995 (s.<br />

Bericht in ,,Flugsportzeitung" Nr. 6fl 1994 vom März/April 1995) war bereits ein Ergebnis<br />

dieser gemeinsamen Überlegungen und dieser Zusammenarbeit. Auch das Symposium <strong>im</strong><br />

Jänner 1997 in Innsbruck, zu dem Dr. Hermann Tr<strong>im</strong>mel eingeladen h<strong>at</strong>te (s. Bericht in<br />

,,Flugsportzeitung" vom Jänner/März 1997), gehört mit dazu.<br />

Die Grundüberlegungen für diesen Flug<br />

Südföhnlage, gute Ausgangssitu<strong>at</strong>ion: 14 (Tageslicht-)Stunden zum Fliegen zur Verfügung,<br />

zu rechnen ist mit einem Schnitt von über 100 <strong>km</strong>/h, damit ist, von den Wettergrenzen dieses<br />

Tages her gesehen, ein (ursprünglich ebenfalls ins Auge gefaßter) Zielrückkehrflug zu klein:<br />

da die Grenze der Front bei Altdorf (in der Schweiz) lag, wäre dies eine Max<strong>im</strong>alstrecke von<br />

1.150 <strong>km</strong> Zielrück gewesen, und damit zuwenig, um die Wettermöglichkeiten voll<br />

auszuschöpfen, es wäre - so Dr. Tr<strong>im</strong>mel - ,,schade um den Tag" gewesen. Daher Flug um<br />

drei Wendepunkte, um den vom Wetter her fliegbaren Bereich voll zu nützen.<br />

Die Entscheidung zum Flug Wolfgang Janowitsch h<strong>at</strong>te drei Tage dienstfrei und damit für<br />

ein allfälliges Flugvorhaben zur Verfügung und setzte seinen Partner davon in Kenntnis. Dr.<br />

Hermann Tr<strong>im</strong>mel selbst war an diesem Tag in Wien Schwech<strong>at</strong> <strong>im</strong> Dienst, beurteilte die<br />

Situ<strong>at</strong>ion durch das Herannahen einer Front von Westen her vorerst als nicht<br />

rekordverdächtig und erteilte Wolfgang Janowitsch auf dessen telefonische Anfrage hin auch<br />

eine entsprechende Absage.<br />

Im Laufe des Sonntags wurde aber klar, daß die besagte Front <strong>im</strong> Begriff war, in die<br />

Schweiz zurückzupendeln. Damit konnten für den Montag Südföhnbedingungen <strong>im</strong> gesamten<br />

Ostalpenraum erwartet werden.<br />

Das veränderte die Situ<strong>at</strong>ion grundlegend. Ein Kollege von Dr. Tr<strong>im</strong>mel willigte sofort<br />

zum Diensttausch ein, umgehender Rückruf bei Wolfgang Janowitsch, und die<br />

Vorbereitungen für den Flug am nächsten Tage begannen zu laufen. Am Abend rief man sich<br />

nochmals zusammen; alles lief planmäßig.<br />

Wolfgang Janowitsch kümmerte sich um das Flugzeug und die flugtechnischen<br />

Angelegenheiten, Hermann Tr<strong>im</strong>mel ums Wetter und die Streckenplanung. Man kam<br />

überein, nicht getrennt jeder <strong>im</strong> Einsitzer zu fliegen, sondern gemeinsam <strong>im</strong> Doppelsitzer,<br />

den Hans Andersen zur Verfügung stellte, und der den Vorteil h<strong>at</strong>te, durch seine<br />

Eigenstartfähigkeit (N<strong>im</strong>bus 4 DM) Schleppflugzeugunabhängig zu sein. Dies ermöglichte<br />

später auch die Durchführung eines zweiten Abfluges ohne zeitraubende Rücklandung, was<br />

sicherlich auch zum erfolgreichen Gelingen des Fluges beitrug. Hermann Tr<strong>im</strong>mel tüftelte<br />

mittels Computer die Strecke genau aus:<br />

Abflugpunkt Rax/Seilbahn-Talst<strong>at</strong>ion - erster Wendepunkt Flirsch am Arlberg - wieder zurück<br />

zur Rax (Rax/Seilbahn-Bergst<strong>at</strong>ion) -dritter Wendepunkt Innsbruck(Flughafen - wieder<br />

zurück zum Startflugpl<strong>at</strong>z Wiener Neustadt West (LOXN), <strong>1.527</strong> <strong>km</strong>. Dabei wurden 25 <strong>km</strong><br />

Reserve für den geplanten Höhenabzug einkalkuliert.<br />

<strong>Der</strong> Wecker wurde auf 3:20 Uhr gestellt, Treffpunkt am Flugpl<strong>at</strong>z Wiener Neustadt West<br />

um 4:15 Uhr, Willi Wenger stand einmal mehr auch zur frühen Stunde als Betriebsleiter und<br />

Starthelfer zur Verfügung; er war auch schon bei vielen Fehlversuchen ihr treuer Helfer.<br />

Kurzes Rekapitulieren des Flugvorhabens. Windprognose (die sich später auch als richtig<br />

herausstellte): Wind <strong>im</strong> gesamten Bereich aus 180 Grad, <strong>im</strong> Osten mit 40 <strong>km</strong>/h, <strong>im</strong> Westen<br />

mit 80 <strong>km</strong>/h. Wolfgang auf die Frage von Hermann, welchen Schnitt er sich unter diesen<br />

Voraussetzungen zutraue: ,,120 <strong>km</strong>/h." Darauf Hermann:<br />

,,Dann sollten wir noch ein Stück weiter fliegen bei den 14 (Tageslicht-)Stunden, die wir zur<br />

Verfügung haben." Schnell einigten sich beide aber, doch auf der sicheren Seite zu bleiben,<br />

und Wolfgang programmierte den Zander entsprechend der Planung vom Vorabend auf <strong>1.527</strong><br />

<strong>km</strong>.<br />

<strong>Der</strong> Flug<br />

Warten auf den Sonnenaufgang. Mit Sonnenaufgang Start um 5:32 loc., erster Abflug auf<br />

der Rax um 5:58 Uhr, der aber noch nicht gelang, da man sich noch nicht oben halten konnte<br />

und unter die Inversionsschicht bei Neuberg an der Mürz geriet. Zurück zum Abflugpunkt,<br />

zweiter Abflug um 6:22 Uhr.<br />

Im Hangwind vorsichtig die Rax entlang, kleine Welle bei Neuberg an der Mürz, <strong>im</strong> Mürzund<br />

Murtal bis in die Turnauer Gegend so früh am Morgen überall Kaltluftseen in den<br />

Tälern, der Föhn h<strong>at</strong>te noch nicht durchgegriffen. Das nutzbare Band <strong>im</strong> Hangwind war noch


sehr schmal, etwa 200 m <strong>im</strong> Kammniveau, ein Absinken unter diese Höhe hätte das Ende des<br />

Fluges bedeutet. Im Lee der Veitsch wieder eine kleine Welle, gekennzeichnet durch kleine<br />

Rotorfetzen, vorsichtig weiter bis südlich Niederöblarn, dazwischen <strong>im</strong>mer wieder kleine<br />

Wellen auf etwa 2.500 m: be<strong>im</strong> Eisenerzer Reichenstein, <strong>im</strong> Palten-Liesing-Tal am<br />

Schoberpaß. Wolfgang fliegt hier ganz konzentriert und nützt die noch sehr schwachen<br />

Aufwinde mit viel Gefühl. Die Steigwerte liegen hier zwischen 0,2 und 0,8 m/s. Südlich<br />

Niederöblarn erfolgreicher Versuch, <strong>im</strong> Lee der Niederen Tauern in die Welle einzusteigen,<br />

Steigen mit eineinhalb Metern auf 3.300 m. Ab dieser Höhe wollte man mit<br />

Sauerstoff<strong>at</strong>mung fliegen, doch die Sauerstoffanlage erwies sich als defekt. Sie war eine<br />

Woche zuvor überprüft worden, Lehre daraus: sich nicht darauf zu verlassen, sondern sie<br />

auch nochmals <strong>im</strong> Zuge der Flugvorbereitung zu überprüfen. Die beiden kamen überein, aus<br />

Sicherheitsgründen und <strong>im</strong> Interesse der Fitneß - es war <strong>im</strong>merhin noch ein erhebliches Tagespensum<br />

zu leisten - ohne Sauerstoff nicht über 3.500 m zu fliegen, wodurch das Nutzen<br />

von Wellen nur bedingt möglich war, und die beiden in der Folge fast ausschließlich nur den<br />

Hangwind nutzten. Alles in allem war es ein sehr zäher Beginn, und nach neun Uhr lag man<br />

vorerst noch weit hinter dem Flugplan zurück: 120 <strong>km</strong> in drei Stunden, ist gleich ein Schnitt<br />

von 40 <strong>km</strong>/h. Aber, positiv gesehen, h<strong>at</strong>te man den Tag schon früh genützt und bereits 120<br />

<strong>km</strong> hinter sich gebracht.<br />

Aber nun, ab etwa halb zehn Uhr, besserten sich die Verhältnisse zusehends. Zunehmend<br />

starker Wind, gleichzeitig wurden die Kaltluftseen in den Tälern ausgeräumt, der<br />

Hangwindeffekt <strong>im</strong>mer besser, die Arbeitshöhe weitete sich.<br />

Weiter zum Hochkönig, guter Hangwind, Steinernes Meer, Leoganger - hier durch<br />

Rotorabwinde am Hang zuerst großes Saufen, ein Stück weiter aber konnte der Lift nach<br />

oben wieder gefunden werden. Wilder Kaiser, Inntal - <strong>im</strong> Inntal vorerst besseres Steigen in<br />

Rotoren in Talmitte nutzend, erst bei Schwaz Wechsel zur Nordkette. Die Flugsicherung in<br />

Innsbruck sehr kooper<strong>at</strong>iv, <strong>im</strong>merhin mußte sie an diesem Tag der ,,Hotel Alpha" dre<strong>im</strong>al die<br />

Durch- bzw. Einfluggenehmigung erteilen. Nun problem -, kreislos und schnell über die<br />

Mieminger um 11:30 Uhr an der ersten Wende in Flirsch, allerdings bei zunehmender<br />

Turbulenz durch den stärkeren Wind und schwache, nicht sinnvoll nutzbare zerrissene<br />

Thermik, die aber die aufkommende Turbulenz noch verstärkte - zwe<strong>im</strong>al wurden die vier<br />

Trinkflaschen, die zwei Eßsäcke und die Kamera ,,schwerelos" <strong>im</strong> Cockpit.<br />

Um 12 Uhr zurück in Innsbruck, fünfhundert Kilometer sind geflogen, tausend Kilometer<br />

noch zu fliegen! Eine neue D<strong>im</strong>ension, an die man sich erst gewöhnen muß! Acht Stunden<br />

stehen noch zur Verfügung, die Landung ist für 20 Uhr geplant. Doch die gleiche Route<br />

zurück läuft es jetzt hervorragend, obwohl es unter einer 6/8- bis SIS-AItocumulus-<br />

Bewölkung eigentlich gar nicht nach <strong>Streckenflug</strong>wetter aussieht. Doch die Absch<strong>at</strong>tung<br />

unterdrückt weitgehend die Thermik und begünstigt den Hangwind. Ein problemloser Flug,<br />

nahezu kreislos, nur einige ,,Sicherheitsachten" <strong>im</strong> Hangwind, die letztlich hauptsächlich dem<br />

Sicherheitskomfort und einem möglichst streßfreien Flug dienen, was wiederum den beiden<br />

ermöglicht, den Flug weitgehend entspannt zu genießen und Reserven für ein allfälliges<br />

,,Engwerden" zu sparen. Um 14:10 Uhr ist die ,,HA" zurück an der Rax, jetzt zwanzig Minuten<br />

vor dem Zeitplan. Wende zum dritten Schenkel, noch einmal nach Innsbruck.<br />

Dritter Schenkel, noch einmal dieselbe Strecke zurück nach Innsbruck. Im Palten-Liesing-<br />

Tal wird es vorübergehend feuchter, von Südwesten schiebt sich niedrige und mittelhohe<br />

Bewölkung heran. Diese, jetzt schlechtere, Wetteroptik, die fortgeschrittene Tageszeit und<br />

das nochmalige Wegfliegen von dahe<strong>im</strong> auf diesem dritten Schenkel lassen Wolfgang das<br />

erstemal an dem Vorhaben zweifeln. Mit der Motiv<strong>at</strong>ion sinkt auch die Konzentr<strong>at</strong>ion. Ein<br />

psychologischer Knackpunkt also. Daher Frage vom hinteren Sitz:<br />

,,Weißt du eigentlich, wie weit es noch bis zu Edis Rekorddistanz ist?" Wolfgang lacht, und<br />

mit neuer Motiv<strong>at</strong>ion geht's zielstrebig ab nach Westen.<br />

Es geht wieder dieselbe Route nach Innsbruck, bis zur Inntalquerung problemlos, die<br />

Rotoren in Inntalmitte sind nicht aktiv, daher sofortiger Wechsel auf die Inntal-Nordseite,<br />

hier jedoch starke Abwinde, Höhenverlust und sehr tiefes Ankommen, daher gezwungen,<br />

wieder von unten weg in die Rotoren einzusteigen, und wurde dies so zum stressigsten Teil<br />

des Fluges.<br />

Dr. Tr<strong>im</strong>mel: ,,Diese Rotorabwinde genau an den Stellen, wo eigentlich Hangaufwind<br />

erwartet wird, sind schon eine sehr he<strong>im</strong>tückische Sache, Darin liegt zweifellos auch<br />

eine der größten Gefahren be<strong>im</strong> Windfliegen in den Bergen. Die unberechenbaren<br />

Turbulenzen erfordern hier große Sicherheitsreserven mit Respektabstand vom<br />

Relief."<br />

Die Nordkette brachte aber wieder Steigen <strong>im</strong> Hangwind und ein Erreichen der


Reiseflughöhe über Kammhöhe. Trotz dieses schwierigen Teiles wurde Innsbruck ebenfalls<br />

mit einem noch <strong>im</strong>mer zwanzigminütigen Vorsprung auf den Zeitplan erreicht. Dritte Wende.<br />

He<strong>im</strong>flug problemlos <strong>im</strong> ruhigen, laminaren Hangwind. Überflug des Endpunktes LOXN<br />

in 900 m MSL, wodurch der Abflug in 1.750 m MSL keinen Höhenabzug mit sich bringt!<br />

Landung in Wiener Neustadt dreißig Minuten vor Sunset (was noch eine Reserve von<br />

weiteren fünfzig Kilometern bedeutet hätte).<br />

<strong>im</strong> Umfeld des Fluges<br />

Es gab bei diesem Flug bewußt eher wenig Funkkontakt mit anderen Segelfliegern, um die<br />

Konzentr<strong>at</strong>ion nicht zu stören, obwohl der Tag auch von anderen recht gut genützt wurde - 5.<br />

die anschließenden Berichte ab Seite 13. Am meisten vielleicht noch mit anderen<br />

Segelfliegern, die beruflich als Linienpiloten unterwegs waren, wie He<strong>im</strong>o Demmerer oder<br />

Christian Auer, die hier doch gute Inform<strong>at</strong>ionen in bezug auf den Wetterüberblick geben<br />

konnten.<br />

Bezeichnend für die Außergewöhnlichkeit des Fluges ist allerdings eine Vierfach -<br />

Episode <strong>im</strong> Funkkontakt mit Reinhard Haggenmüller <strong>im</strong> Bereich des Flugpl<strong>at</strong>zes St. Johann<br />

in Tirol; be<strong>im</strong> ersten Funkkontakt am späten Vormittag große Skepsis von Reinhard und<br />

Unglauben über das Flugvorhaben (,,Wollen die mich pflanzen? Die spinnen wohl" oder so<br />

ähnlich.), nach weiterem zwe<strong>im</strong>aligem Passieren be<strong>im</strong> vierten und letzten Funkkontakt mit<br />

St. Johann bereits helle Begeisterung bei Reinhard und eine erste Gr<strong>at</strong>ul<strong>at</strong>ion an Wolfgang<br />

und Hermann von ihm, der nun nicht nur den Flug selbst, sondern auch sein Gelingen nicht<br />

mehr bezweifelte.<br />

Nach der ~n:


sicherem Fliegen zu verbinden. <strong>Der</strong> Pilot soll nicht nur seine eigenen Fähigkeiten entwickeln,<br />

sondern zugleich auch seine persönlichen Grenzen kennenlernen. Leitgedanken des<br />

Seminars: Mehr Erfolg und weniger Risiko; Träume nicht dein Leben, lebe deinen Traum."<br />

Das nächste derartige Seminar ,,Persönliche Leistungssteigerung <strong>im</strong> <strong>Segelflug</strong>" findet vom<br />

23. - 25. Oktober 1998 in Niederöblarn st<strong>at</strong>t, Anmeldung und Auskunft direkt an der

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