monitoring-bericht „wärme im dialog“ - Zentralverband Deutsches ...
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gegenwärtig davon ausgehen, dass mit der Wärmedämmung mit WDVS jede Menge<br />
Sondermüll an die Fassaden geklebt wird.)<br />
Wichtiger ist mir als Architekt aber die Frage nach den langfristigen städtebaulichen Folgen<br />
des umfassenden WDVS Einsatzes: Schon heute gibt es viele Beispiele für<br />
Wärmedämmungen, die aus Sicht von Architekten und Stadtplanern verheerende Folgen für<br />
das einzelne Bauwerk, für den Stadtraum und die städtebauliche Qualität insgesamt<br />
zeitigen. Wenn nicht nur alte Putzfassaden, sondern zunehmend auch aufwändig gestaltete<br />
Häuserfronten der Gründerzeit und des Jugendstils sowie Stadtbild prägende Ensembles<br />
mit Backsteinfassaden hinter Styroporplatten verschwinden, ist es höchste Zeit, inne zu<br />
halten und nach den Folgen des WDVS für die Baukultur in unserem Land zu fragen. Denn<br />
hohe architektonische und städtebauliche Qualitäten sind nicht nur als "weicher<br />
Standortfaktor" <strong>im</strong> Wettstreit der Städte und Ballungsräume in Europa anerkannt, sondern<br />
führen auch für uns alle zu mehr Lebensqualität!<br />
Wir müssen dazu kommen, auch das gemeinsame Ziel der energetischen Opt<strong>im</strong>ierung<br />
unseres Gebäudebestandes ganzheitlich zu betrachten weg vom Einzelbauwerk, hin zum<br />
Quartier. Energetisch effiziente Siedlungsstrukturen zeichnen sich durch eine opt<strong>im</strong>ale<br />
Abst<strong>im</strong>mung der Gebäude mit den Versorgungsstrukturen aus. Nur zwei Beispiele:<br />
Einfamilienhaussiedlungen sind wegen größerer Dachflächen besonders für Solarnutzungen<br />
und den Passivhausstandard geeignet. Eine baulich dichte gründerzeitliche<br />
Blockrandbebauung bietet dagegen besonders gute Voraussetzungen für effiziente<br />
Versorgungssysteme wie z.B. eine Kraftwärmekopplung.<br />
Es ist unverzichtbar, den Prozess der energetischen Stadterneuerung auf der Grundlage<br />
von übergreifenden Konzepten zu organisieren. Dabei müssen auch quartiersbezogene<br />
Ausgleichsberechnungen möglich sein: Wer in einer Siedlung den Großteil der Gebäude<br />
energetisch deutlich verbessert, kann auch akzeptieren, dass einige Bauwerke - vor allem<br />
Stadtbild prägende Häuserzeilen und Baudenkmäler - auf energetisch subopt<strong>im</strong>alem Stand<br />
verbleiben. Darüber hinaus gilt es, die bautechnische Forschung in diesem Bereich zu<br />
intensivieren.<br />
Für rund zwei Drittel des nordrhein-westfälischen Wohnungsbestandes besteht ein<br />
umfassender energetischer Sanierungsbedarf. Diese Bauwerke stammen aus über 100<br />
Jahren, mithin aus unterschiedlichen Epochen, und sie wurden mit den verschiedensten<br />
Materialien und Techniken realisiert. Wer diesen riesigen Gebäudebestand energetisch<br />
opt<strong>im</strong>ieren will, braucht nicht nur viel Geld (rund 90 Milliarden Euro allein in NRW), sondern<br />
auch Zeit. Wärmedämmung mit WDVS ja, nämlich dort, wo sie sinnvoll und effizient ist. Das<br />
ist in der Regel eine Einzelfallentscheidung, die gut durchdacht sein will. Übereilter<br />
Aktionismus hat dem Städtebau noch nie gut getan.<br />
Wichtig ist, nicht einzelne Techniken isoliert anzuwenden, sondern das Gebäude und die<br />
Quartiersstruktur als Gesamtsysteme zu betrachten. Architekten, Innenarchitekten,<br />
Landschaftsarchitekten und Stadtplaner stehen mit ihrem Fachwissen für den notwendigen<br />
Sanierungsprozess gerne zur Verfügung.<br />
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