Estland und seine Sprache - Lo-net2
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<strong>Estland</strong> <strong>und</strong> <strong>seine</strong> <strong>Sprache</strong><br />
1. Art der <strong>Sprache</strong><br />
1.1 Dazugehörigkeit:<br />
<strong>Estland</strong> ist eines der kleinsten <strong>und</strong> jüngsten Mitgliedstaaten der EU.<br />
Estnisch wird oft als baltische <strong>Sprache</strong> zusammengefasst, zusammen mit<br />
Lettisch <strong>und</strong> Litauisch. Sprachwissenschaftlich ist das nicht richtig. Estnisch ist<br />
nicht wie oft falsch bezeichnet eine baltische <strong>Sprache</strong> sondern gehört neben<br />
Finnisch <strong>und</strong> Ungarisch zu den finnougrischen <strong>Sprache</strong>n. Dieser Sprachstil<br />
weist gegenüber Lettisch <strong>und</strong> Litauisch sprachlich keine Ähnlichkeiten auf.<br />
Zwischen Estnisch <strong>und</strong> Ungarisch ist der Unterschied laut <strong>Sprache</strong>xperten<br />
genauso groß, wie zwischen Deutsch <strong>und</strong> Persisch.<br />
1.2 Stand in der EU:<br />
Estnisch ist neben Isländisch einer der kleinsten Amtssprachen der Welt. Mit<br />
ihr funktioniert ein unabhängiger Staat. Seit der Wiedererlangung der<br />
Unabhängigkeit im Jahr 1991 ist Estnisch wieder die einzige Amtssprache in<br />
<strong>Estland</strong>. Seit dem 1. Mai 2004 ist in der Europäischen Union, Estnisch auch<br />
eine gleichberechtigte Amtssprache.<br />
1.3 <strong>Sprache</strong> allgemein:<br />
<strong>Estland</strong> hat eine Einwohnerzahl von r<strong>und</strong> 1,4 Millionen Menschen. Davon<br />
sprechen ca. 75% Estnisch als Muttersprache. Das bedeutet ca. 1.050.000<br />
Menschen. Der Rest der Bevölkerung sind demnach ca. 25%, also 350.000<br />
Menschen, die sich mit russischer Muttersprache unterhalten.<br />
Zu Sowjetzeiten waren in <strong>Estland</strong> Estnisch <strong>und</strong> Russisch gleichberechtigte<br />
Amtssprachen. Eine gute Kenntnis über beide <strong>Sprache</strong>n war von Vorteil, da<br />
30 % der Esten kein Estnisch konnten sondern nur dem russischen mächtig<br />
waren. Eine beachtenswerte Rolle spielte aber auch Finnisch durch die Nähe<br />
des Landes <strong>und</strong> dank der Möglichkeit, das finnische Fernsehen im Norden von<br />
<strong>Estland</strong> zu empfangen.<br />
In etwa 37% der allgemein bildenden Schulen wurde nach der<br />
Wiedererlangung der Unabhängigkeit <strong>Estland</strong>s Russisch unterrichtet. 1989<br />
wurde per Sprachgesetz wurde als alleinige Amtssprache Estnisch festgelegt,<br />
diese trat aber erst im Jahr 1991 in Kraft. In <strong>Estland</strong> wird an zahlreichen<br />
staatlichen Schulen Estnisch aufgr<strong>und</strong> der realen sprachlichen Situation nur<br />
als erste Fremdsprache unterrichtet.<br />
Viele ältere Esten können durch geschichtliche Ereignisse noch<br />
bruchstückhaft Deutsch.
2. Geschichte der <strong>Sprache</strong><br />
2.1 geschichtlicher Hintergr<strong>und</strong> – Entstehung der <strong>Sprache</strong>:<br />
Im 19. Jahrh<strong>und</strong>ert würde das Wort „Eesti“ für das Land <strong>und</strong> die dort lebenden<br />
Menschen in Gebrauch genommen. Die Deutschen eroberten währen dem 13.<br />
Jahrh<strong>und</strong>ert <strong>Estland</strong>. Dadurch kann man in einem Viertel der Wörter der<br />
modernen estnischen <strong>Sprache</strong> niederdeutsche Wurzeln nachweisen. Trotz<br />
den fremden Einflüssen auf die <strong>Sprache</strong> hat <strong>Estland</strong> ihre finno-ugrische<br />
Sprachwurzeln nicht verloren.<br />
Zur Zeit der ersten estnischen Unabhängigkeit im Jahr 1934 sprachen r<strong>und</strong><br />
88% der Bevölkerung Estnisch. Der Bevölkerungsanteil, welcher Russisch als<br />
Muttersprache hatte, lebte in dem Gebiet, welches im 2. Weltkrieg an<br />
Russland verloren wurde.<br />
Wäre 1991 <strong>Estland</strong> nicht unabhängig geworden, hätte die damalige Sprachpolitik<br />
zum Sprachmord (Linguizid) führen können. Dies war während der Zeit<br />
der sowjetischen Staatsbesetzung (Okkupation). So wurde zwischen 1940 <strong>und</strong><br />
1990 durch gezielte Förderung der Einwanderung Estnisch stark<br />
zurückgedrängt. (1990 waren nur noch 63% der Bevölkerung Estnisch<br />
sprachig.)<br />
Russisch wurde Amtssprache <strong>und</strong> Estnisch hatte somit für die Nicht-Esten<br />
keinen praktischen Wert mehr. Am 1.Mai 2005 sprachen wieder nach großer<br />
Anstrengung 72% der Bevölkerung estnisch.<br />
2.2 Sprachpolitik im 20. <strong>und</strong> 21. Jahrh<strong>und</strong>ert:<br />
Als von 1721 bis 1918 <strong>Estland</strong> Teil der Ostseeprovinz des Russischen<br />
Reiches war, kam es zu einer ausgeprägten Russifizierung. Nationalbewusstsein<br />
<strong>und</strong> Bestrebung nach kultureller Autonomie wurde unterb<strong>und</strong>en.<br />
1918 erlangte <strong>Estland</strong> <strong>seine</strong> Unabhängigkeit. Als 1920 der andauernde Unabhängigkeitskrieg<br />
durch den Frieden von Tartu beendet wurde, bekam als<br />
erstens jeder Einwohner <strong>Estland</strong>s die Staatsbürgerschaft der Republik<br />
<strong>Estland</strong>s.<br />
Nachdem der 2. Weltkrieg beendet war <strong>und</strong> <strong>Estland</strong> in die Sowjetunion<br />
eingegliedert war, bestimmte die sowjetische Besatzung die Sprachpolitik<br />
erneut. Darauf folgten eine Einführung des russischen Schulsystems <strong>und</strong><br />
wieder die Politik der Russifizierung.<br />
1991 folgte nach der Wiedererlangung der Unabhängigkeit eine neue<br />
Gesetzgebung, mit dem Hintergr<strong>und</strong> zum Beitritt in die Europäische Union.<br />
Die Staatsbürgerschaft konnte nicht mehr automatisch erlangt werden. Der<br />
Erwerb er Staatsbürgerschaft setzt unter Anderem auch Sprachkenntnisse<br />
aus dem Niveau B1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für<br />
<strong>Sprache</strong>n voraus.
Mit dem Programm „Integration in der estnischen Gesellschaft 2000-2007“<br />
waren Ziele wie „rechtlich-politische“ <strong>und</strong> „sozialwirtschaftliche Integration“ ins<br />
Auge gefasst worden.<br />
An den Schulen muss mittlerweile Estnisch unterrichtet werden, das ein<br />
Niveau B2 bei Beendigung der Mittelstufe erreicht ist. Für Erwachsene gibt es<br />
die Möglichkeit an kostenlosen Sprachkursen teilzunehmen. An russischsprachigen<br />
Schulen wird Estnisch als Fremdsprache gelehrt.<br />
Estnisch beherrschten im Jahr 1989 ca. 67% der Bevölkerung. 2008 jedoch<br />
bereits 82%. Dies ist der Bestrebung der Regierung zu verdanken, welche<br />
möglichst viele Staatenlose versucht einzubürgern, um die Kenntnis der<br />
estnischen <strong>Sprache</strong> zu verbreiten.<br />
2.3 Entstehung des Schriftlichen:<br />
Die finno-ugrische Kultur hat anders wie die europäische Kultur eine<br />
mündliche Ausdrucksform. Als 1523 die Reform <strong>Estland</strong> erreichte, war das<br />
erste bekannte Buch in estnischer <strong>Sprache</strong> protestantischen Inhaltes. Es<br />
wurde 5125 in Lübeck gedruckt. Der Katechismus von Wanradt-Koell ist das<br />
erste Buch das aus dieser Zeit noch vorhanden ist. Es ist von 1535.<br />
3. Grammatik <strong>und</strong> Sprachregeln<br />
3.1 Das Alphabet:<br />
Folgende Buchstaben werden im estnischen Alphabet verwendet:<br />
a, b, c, d, e, f, g, h, i, j, k, l, m, n, o, p, q, r, s, š, z, ž, t, u, v, w, õ, ä,<br />
ö, ü, x, y<br />
Die Buchstaben e, f, š, z, ž, q, w, x <strong>und</strong> y kommen nur selten vor. Wenn sie<br />
Auftreten, dann in Fremdwörter oder fremden Namensgebungen. Die Vokale<br />
a, e, i, o, u, ü, ä, ö <strong>und</strong> õ können alle in der ersten Silbe eines Wortes<br />
vorkommen. Die Vokale a, e, i <strong>und</strong> u sind nur noch in der zweiten Silbe des<br />
Wortes möglich. Wörter die mit den Konsonanten g, b oder d beginnen, sind<br />
Fremdwörter.<br />
3.2 Phonologie:<br />
Das Estnische besitzt 9 Laute, die in 3 Quantitätsstufen auftreten können. Die<br />
Quantität ist hier ein bedeutungsunterscheidendes Merkmal. Merkmale<br />
estnischer Vokale sind auch die Lippenr<strong>und</strong>ungen <strong>und</strong> die Zungenstellung. Je<br />
nach Zählweise hat das Estnische zwischen 19 <strong>und</strong> 36 Doppellaute. Diese<br />
<strong>Sprache</strong> verfügt aber auch über 17 Konsonantenphoneme, welche in 3<br />
Quantitätsstufen auftreten können. Wortakzente liegen gr<strong>und</strong>sätzlich auf der
ersten Silbe. Ausnahmen bilden hier das estnische Wort für danke <strong>und</strong> für<br />
Lehn- <strong>und</strong> Fremdwörter. Bei estnischen Wörtern kann auch ein Nebenakzent<br />
auf der dritten oder einer anderen ungeraden Silbe liegen.<br />
3.3 Grammatik:<br />
Es gibt im Estnischen keine grammatischen Geschlechter. In der dritten<br />
Person wird tema verwendet. Das bedeutet, dass zwischen Maskulin <strong>und</strong><br />
Fenimin nicht unterschieden wird. Estnisch ist eine Akkusativsprache, doch<br />
der Akkusativ ist nicht als solcher mehr zu erkennen, da im Laufe der<br />
<strong>Sprache</strong>ntwicklung lautgesetzlich mit dem Genitiv übereingefallen.<br />
Bei Ortsangaben fällt im Estnischen der Schnee ins <strong>und</strong> nicht aufs Land. In<br />
der Regel haben hier die Dinge nur im übertragenen Sinn ein Inneres. In<br />
<strong>Estland</strong> befolgt man diese Regel ehr flächiger als in Deutschland.<br />
Beispiele: den Handschuh in die Hand ziehen, das Hemd in den Rücken <strong>und</strong><br />
die Mütze in den Kopf.<br />
Im Estnischen unterliegen die Verben grammatischen Kategorien wie Modus,<br />
Tempus, Genus, verbi, Person <strong>und</strong> Numerus. Estnisch ist in der Verneinung<br />
dem Finnischen ähnlich, denn beide <strong>Sprache</strong>n haben sich aus gemeinsamen<br />
Wurzeln unterschiedlich entwickelt. Das Verneinungsverb ist im Estnischen<br />
vorhanden aber nicht konjugierbar.<br />
3.4 Wortschatz:<br />
Durch den Einfluss des Deutschen Ordens im Baltikum hat das Estnische<br />
Lehnworte aus dem Deutschen übernommen. Die Zahl der Wörter aus dem<br />
Deutschen wird auf 2.000 geschätzt. Auch aus dem Russischen sind etwa 350<br />
entlehnt. Ähnlich wie in einigen romanischen <strong>Sprache</strong>n wie Spanisch <strong>und</strong><br />
Französisch ist für Estnisch ein „st“ am Wortanfang untypisch. Bei Fremd- <strong>und</strong><br />
Lehnwörter merkt man, dass die Buchstaben „b“, „d“ <strong>und</strong> „g“ der<br />
Ausgangssprache am Wortanfang zu „p“, „t“ <strong>und</strong> „k“ werden.<br />
Beispiel: piljard – Billard, kips – Gips<br />
Außer diesen Einschränkungen am Wortanfang wurde früher noch das „f“ in<br />
ein „hv“ umgewandelt.<br />
Beispiel: krahv – Graf<br />
Diese Kombination wird oft ausgesprochen, aber offiziell wird es nicht<br />
akzeptiert.
3.5. Dialekte:<br />
In <strong>Estland</strong> gibt es acht Dialekte, welche insgesammt etwa 117 M<strong>und</strong>arten<br />
vereinen. Entstanden durch Leibeigenschaft <strong>und</strong> Frontsystem, in dem die<br />
Bauern isoliert waren. So entwickelte sich die <strong>Sprache</strong> regional <strong>und</strong> mit<br />
unterschiedlichen Tendenzen. Eine Ausprägung der Dialektgruppen kann man<br />
sich durch die einstige Teilung des heutigen <strong>Estland</strong>s erklären. Die acht<br />
Hauptdialekte sind in zwei Dialektgruppen eingeteilt:<br />
Nordestnisch <strong>und</strong> Südestnisch.<br />
Der Dialekt der Nordostküste <strong>und</strong> der Dialekt der Inseln im Westen des<br />
Landes in diese Gruppen nicht eingeteilt werden können:<br />
Nordestnisch:<br />
Südestnisch:<br />
Küstenestnisch:<br />
Inselestnisch:<br />
+ West – Dialekt<br />
+ Zentral – Dialekt<br />
+ Ost – Dialekt<br />
+ Mulk – Dialekt<br />
+ Tartu – Dialekt<br />
+ Võru – Dialekt<br />
+ Nordostküsten – Dialekt<br />
+ Insel – Dialekt<br />
Quellen: www.wikipedia.de www.estnisch.biz www.estemb.de