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DA Elisabeth Lambrecht.pdf

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In Estevas Ausführungen schält sich ebenfalls eine Interpretation von Kultur heraus, die<br />

auf ein Verständnis von Kultur zurückgreift, welches an das von Cook dargelegte kulturrelativistische<br />

Verständnis von Moral erinnert. Für Esteva bestehen kulturelle Kollektive,<br />

die eine jeweils eigene Sprache und Kultur hervorbringen. Kultur lässt sich bei<br />

ihm als Set an Vorstellungen über das Zusammenleben, Problemlösungen, Bräuche und<br />

Werten verstehen, die von den Mitgliedern der kulturellen Gemeinschaft geteilt werden.<br />

Auch wenn Esteva nicht explizit von Moral schreibt, so liegt seinem Verständnis die<br />

Vorstellung zu Grunde, dass Kultur (Moral) nichts anderes sei, als die Zusammensetzung<br />

von kulturellen (moralischen) Einstellungen und Praktiken in den auf der Welt<br />

anzutreffenden Kulturen.<br />

Allerdings liegt nach Cook in diesem Punkt die Implikation verborgen, die er mit dem<br />

zweiten Aspekt der paradoxen Implikationen des Kulturrelativismus fasst. Wenn nun<br />

unter Moral das angelernte Set an Einstellungen und Praktiken verstanden wird, sind<br />

dann alle Personen, die sich gegen ihre Kultur und deren Moral wenden, amoralisch?<br />

Auch wenn Esteva es explizit nicht beabsichtigt, muss doch gesehen werden, dass diese<br />

Implikation seiner kulturrelativistischen Forderung auf die Rückbesinnung zur eigenen<br />

Kultur immanent ist, die weder transkulturelle Kritik noch Intervention für zulässig erklärt.<br />

Beispielhaft sei hier auf Ayaan Hirsi Ali verwiesen, die sich gegen die Unterdrückung<br />

von Frauen in islamischen Gesellschaften wendet 20 . Handelt sie mit der Kritik<br />

des Kollektivs der islamischen Gemeinschaft und der Abkehr von diesem nun amoralisch<br />

falsch oder lässt sich ihre Verhaltensweise nicht vielmehr als individuelle Entscheidung<br />

für ein selbstbestimmtes Leben der Frau fassen?<br />

Zwar versucht Esteva sich immer wieder von der Schaffung kollektiver Identitäten abzugrenzen,<br />

indem er beispielsweise das „wir“, wenn er von der mexikanischen Kulturgemeinschaft<br />

schreibt, in Anführungszeichen setzt, doch steht diesem Vorhaben, das er<br />

immer wieder bricht, sein eigenes Kulturverständnis entgegen, das den Einzelnen theoretisch<br />

nicht in Widerspruch oder zumindest Distanz zum Kulturkollektiv setzt. Unter<br />

dieser Prämisse könnte Esteva, wie Cook es in seinem dritten Aspekt festgehalten hat,<br />

opponierendes Verhalten von Einzelnen gegen die Kultur nur als verrückt oder von universalistischen<br />

Ideen irregeleitet erfassen.<br />

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20 Siehe dazu Ali 2007.<br />

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