VTT Handreichung2012_Handreichung VT 05-NEU ... - Volkstrauertag
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Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge e. V.<br />
<strong>Volkstrauertag</strong> 2012<br />
am 18. November<br />
Anregungen und Gedanken zur Gestaltung<br />
von Gedenkstunden und Gottesdiensten
Inhaltsverzeichnis<br />
Geleitwort 3<br />
Präsident des Volksbundes Deutsche<br />
Kriegsgräberfürsorge e.V.<br />
Reinhard Führer<br />
Totengedenken 5<br />
Redevorschlag 1 6<br />
Generalmajor a.D.<br />
Jürgen von Falkenhayn<br />
Redevorschlag 2 9<br />
Sylvia Bretschneider, Präsidentin des<br />
Landtages Mecklenburg-Vorpommern<br />
Gedichte 12<br />
- Tausend Kreuze aufgereiht<br />
- Die Letzten<br />
- Anneliese Pflücker<br />
- Weil du nicht da bist<br />
- Mascha Kaleko<br />
Lesungsvorschläge 14<br />
- Das Wort zum Sonntag<br />
- Pfarrerin Dr. Adelheid Ruck-Schröder<br />
- Zitate<br />
„Was ihr für einen meinen 20<br />
geringsten Brüder ...“<br />
Gedanken zum Predigttext des<br />
Volkstrauer tages 2012 – Matth. 25, 31-46<br />
Dr. Konrad Zdarsa, Bischof von Augsburg<br />
„Sei getreu bis in den Tod!“ 22<br />
Gedanken zum Predigttext des<br />
Volkstrauer tages 2012 – Offenb. 2, 8-11<br />
Dr. Volker Jung,<br />
Kirchenpräsident der Evangelischen<br />
Kirche in Hessen und Nassau<br />
Gebete zum <strong>Volkstrauertag</strong> 25<br />
Das deutsche Totensignal 26<br />
- Die heimliche deutsche Hymne<br />
- Dr. Kurt Oesterle<br />
Der Volksbund Deutsche 33<br />
Kriegsgräberfürsorge e. V.<br />
- Eine Kurzdarstellung<br />
Sammlungs- und 35<br />
Kollektenempfehlung<br />
Geleitwort (für den kirchlichen Bereich) 18<br />
Präses Dr. Nikolaus Schneider,<br />
Vorsitzender des Rates der EKD<br />
Titelbild:<br />
Die Bronzeplastik der „Trauernden Mutter“ wurde<br />
1963 von dem Bildhauer Nikolaus Röslmeir (1901-<br />
1978) geschaffen. Die Plastik gilt als bedeutendstes<br />
Werk des Künstlers und steht in der Eingangs -<br />
halle der Kriegsgräberstätte Dagneux/Frankreich.<br />
Der deutsche Soldatenfriedhof Dagneux birgt insgesamt<br />
19 847 deutsche Gefallene.<br />
Impressum:<br />
Herausgegeben vom Volksbund Deutsche<br />
Kriegsgräberfürsorge e.V.,<br />
Werner-Hilpert-Straße 2, 34117 Kassel<br />
Telefon <strong>05</strong>61-7009-0<br />
Zusammenstellung: Erika Mayrer<br />
Gestaltung: Janine Tobi-Credé, Erika Mayrer<br />
Lektorat: Dagmar Gild-Kristen
Geleitwort<br />
67 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges<br />
fällt es vielen Menschen – insbesondere den<br />
jüngeren – schwer, die Bedeutung, die der<br />
<strong>Volkstrauertag</strong> für die Kriegs- und Nachkriegsgeneration<br />
hatte, zu begreifen oder gar zu<br />
teilen. Ist der <strong>Volkstrauertag</strong> somit in naher<br />
Zukunft ein Gedenktag ohne Volk?<br />
An diesem Novembertag versammeln sich<br />
nahezu in jeder Gemeinde Menschen, die der<br />
Opfer von Krieg und Gewaltherrschaft gedenken.<br />
Auch wenn die Teilnehmerzahl abgenommen<br />
hat, so ist es doch denen, die sich<br />
versammeln, wichtig, gemeinsam an das<br />
Unrecht der Willkürherrschaft und an die<br />
Schrecken des Krieges, an das Leiden der<br />
Menschen, die verfolgt, verschleppt, ver -<br />
trieben, gedemütigt, verwundet oder getötet<br />
wurden, zu erinnern. Die Unmenschlichkeit<br />
hatte unglaublich viele verschiedene Facetten.<br />
Dabei bleibt seit Jahrzehnten unser Blick nicht<br />
in den nationalen Bahnen gefangen. Ausdrücklich<br />
schließen wir auch die Opfer der<br />
anderen Nationen in unser Gedenken mit ein.<br />
Leider herrscht auch heute kein Frieden auf<br />
der Welt. Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr<br />
leisten an der Seite verbündeter<br />
Streitkräfte einen gefährlichen Dienst im<br />
Ausland. Über 100 Bundeswehrangehörige<br />
ha ben dabei bisher ihr Leben verloren.<br />
Unser Gedenken am <strong>Volkstrauertag</strong> gilt auch<br />
diesen Opfern, und unsere Gedanken sind bei<br />
ihren Familien. Die Trauer der Angehörigen<br />
um die durch Krieg und Gewalt ums Leben<br />
Foto: Presse- und Informationsamt der Bundesregierung<br />
Präsident François Mitterrand und Bundeskanzler<br />
Helmut Kohl an den Gräbern in Verdun/Frankreich,<br />
September 1984<br />
3
gekommenen Menschen war in der Vergangenheit<br />
und ist auch heute unermesslich und<br />
über all in der Welt gleich.<br />
Kernstück der aktiven Er in nerungsarbeit des<br />
Volksbundes ist die Er haltung der Kriegs -<br />
gräber als Mahnmale ge gen Krieg und Ge -<br />
walt herrschaft. In derzeit 45 Staaten sind wir<br />
tätig und betreuen 825 Friedhöfe mit etwa<br />
2,5 Millionen Gräbern.<br />
Die gelungene Aussöhnung der beiden eins -<br />
tigen Erbfeinde, deren 50-jähriges Jubiläum<br />
wir im Sommer in Reims feierten, ebnete<br />
Deutschland den Weg zurück in die Völker -<br />
gemeinschaft und gilt als Modell für ganz<br />
Europa. Die Erinnerung an die beiden Weltkriege<br />
ist fester Bestandteil der europäischen<br />
Identität, und was könnte eindringlicher die<br />
Absurdität von Hass, Feindschaft und Fanatismus<br />
verdeutlichen als die Gräber.<br />
Reinhard Führer<br />
Präsident des Volksbundes Deutsche<br />
Kriegsgräberfürsorge e. V.<br />
„Wissen Sie“, schrieb mir in diesem Frühjahr<br />
eine Mutter, „ich bin ja erst 1971 geboren,<br />
aber mein Vater ist der erste seit 200 Jahren in<br />
unserer Familie, der nicht im Krieg gefallen<br />
oder zumindest in Kriegsgefangenschaft ge -<br />
raten ist. Ich würde mich freuen, wenn die<br />
nächsten 200 Jahre besser würden, da ich<br />
selbst zwei Söhne habe. Meiner Ansicht nach<br />
sind die Friedhöfe das eindrucksvollste Zeugnis<br />
für die Brutalität des Krieges und ihre<br />
Pflege mithin die dringlichste Mahnung.“<br />
Es ist auf den ersten Blick eine nahezu paradox<br />
anmutende Erkenntnis: Die Gräber der<br />
beiden Weltkriege erinnern nicht nur an die<br />
Erbarmungslosigkeit der Kämpfe und die Willkür<br />
der Besetzung, sie werden längst auch als<br />
Fundamente der Versöhnung angesehen. Das<br />
gilt insbesondere für das Verhältnis zwischen<br />
Deutschland und Frankreich. Man denke nur<br />
an die vielen tausend Jugendlichen, die seit<br />
Beginn der 1950er Jahre auf den Kriegsgräbern<br />
beiderseits des Rheins arbeiteten, oder<br />
an den symbolträchtigen Handschlag von<br />
Helmut Kohl und François Mitterrand 1984 an<br />
den Gräbern in Verdun.<br />
4
Totengedenken<br />
Wir denken heute<br />
an die Opfer von Gewalt und Krieg,<br />
an Kinder, Frauen und Männer aller Völker.<br />
Wir gedenken<br />
der Soldaten, die in den Weltkriegen<br />
starben,<br />
der Menschen, die durch Kriegshand -<br />
lungen oder danach in Gefangenschaft,<br />
als Vertriebene und Flüchtlinge ihr Leben<br />
verloren.<br />
Wir gedenken derer,<br />
die verfolgt und getötet wurden,<br />
weil sie einem anderen Volk angehörten,<br />
einer anderen Rasse zugerechnet wurden,<br />
Teil einer Minderheit waren oder deren<br />
Leben wegen einer Krankheit<br />
oder Behinderung als lebensunwert<br />
bezeichnet wurde.<br />
Wir gedenken derer,<br />
die ums Leben kamen, weil sie Widerstand<br />
gegen Gewaltherrschaft geleistet haben,<br />
und derer, die den Tod fanden, weil sie an<br />
ihrer Überzeugung oder an ihrem Glauben<br />
festhielten.<br />
Wir trauern<br />
um die Opfer der Kriege und Bürgerkriege<br />
unserer Tage,<br />
um die Opfer von Terrorismus und<br />
politischer Verfolgung,<br />
um die Bundeswehrsoldatinnen und<br />
-soldaten und anderen Einsatzkräfte,<br />
die im Auslandseinsatz ihr Leben verloren.<br />
Wir gedenken heute auch derer,<br />
die bei uns durch Hass und Gewalt gegen<br />
Fremde und Schwache Opfer geworden<br />
sind.<br />
Wir trauern mit allen, die Leid tragen<br />
um die Toten.<br />
Aber unser Leben steht im Zeichen der<br />
Hoffnung auf Versöhnung unter den<br />
Menschen und Völkern,<br />
und unsere Verantwortung gilt dem<br />
Frieden unter den Menschen zu Hause<br />
und in der ganzen Welt.<br />
Bundespräsident Christian Wulff,<br />
<strong>Volkstrauertag</strong> 2011<br />
5
Redevorschlag 1<br />
Der <strong>Volkstrauertag</strong> ist ein Tag der Trauer und<br />
der Mahnung, aber auch der Hoffnung auf<br />
Versöhnung und Verpflichtung für die Zu -<br />
kunft. Die Millionen Opfer beider Weltkriege<br />
und die neuen Opfer von Gewalt und Ver -<br />
brechen nach 1945 müssen uns wieder und<br />
wieder dazu anspornen, dass wir uns für eine<br />
friedliche und gerechte Welt einsetzen.<br />
Der Zweite Weltkrieg mit seinen 55 Millionen<br />
Toten – Soldaten, Opfer des Luftkrieges,<br />
Flüchtlinge, Vertriebene und Opfer der<br />
Gewalt herrschaft – war der größte und blutigste<br />
zusammenhängende Konflikt in der<br />
Geschichte der Welt. An seinem Ende lag<br />
Europa in Trümmern und wurde zudem bald<br />
durch den Eisernen Vorhang geteilt.<br />
Als der Kalte Krieg zwischen Ost und West<br />
1989 zu Ende ging, dachten wir, dass nun<br />
endlich Friede sei. Doch kaum war das neue<br />
Millennium angebrochen, musste sich die<br />
Welt mit einer anderen Art von Konflikt, dem<br />
Terrorismus, auseinandersetzen. So befinden<br />
sich heute noch immer etwa 7 000 deutsche<br />
Soldaten im Auslandseinsatz, vor allem in<br />
Afghanistan, wo sie ins Kriegsgeschehen<br />
involviert sind und Gefallene sowie Verwundete<br />
zu beklagen haben. Während unser Land<br />
im tiefsten Frieden lebt, setzen unsere Soldaten<br />
fern der Heimat für unsere Sicherheit ihr<br />
Leben und ihre Gesundheit aufs Spiel. Unter<br />
den 2 600 Gefallenen der NATO in den vergangenen<br />
zehn Jahren in Afghanistan befinden<br />
sich 52 Soldaten der Bundeswehr, allein<br />
16 fielen in den beiden letzten Jahren. Es hat<br />
eine Weile gedauert, bis man die richtige<br />
Form und den angemessenen Ort für den<br />
Abschied von ihnen gefunden hat. Die nunmehr<br />
würdigen und eindrucksvollen Trauer -<br />
feiern für die Gefallenen an ihren Heimatoder<br />
Garnisonsorten in Gegenwart höchster<br />
Repräsentanten unseres Staates und großer<br />
Trauergemeinden zeigen den Respekt für die<br />
Soldaten, die tapfer und treu ihren Auftrag<br />
erfüllt haben, und unterstreichen zugleich das<br />
Mitgefühl für die Angehörigen, die nun auch<br />
zur zentralen Gedenkstunde am <strong>Volkstrauertag</strong><br />
in Berlin eingeladen werden.<br />
Wir trauern heute gemeinsam. Trauer gehört<br />
genauso zum Leben wie Freude und Glück,<br />
weil der Tod untrennbar mit unserem Mensch -<br />
sein verbunden ist. „Traut euch zu trauern,<br />
der Tod braucht Platz im Leben“, schrieb kürzlich<br />
Fritz Roth in der WELT.<br />
Trauern bedeutet Innehalten, Innehalten in<br />
der Alltagshektik und mediendurchfluteten<br />
Welt. Trauer vereint und verbindet, gemein -<br />
same Trauer gibt Kraft. Am heutigen Gedenktag<br />
vereinen sich individuelle und kollektive<br />
Trauer: Angehörige trauern um jene, die sie<br />
verloren haben, unser Volk trauert um seine<br />
Opfer, aber auch – im Wissen um Schuld – um<br />
Opfer, die andere durch uns erleiden mussten.<br />
Die Totenehrung ist integraler Bestandteil der<br />
Kulturgeschichte aller Völker. Ohne Gedenken<br />
und Erinnerung sind weder Sühne noch Versöhnung<br />
möglich. Beides kann man nicht einfordern<br />
oder erzwingen, vielmehr muss man<br />
6
sie sich erarbeiten und verdienen. Deutschland<br />
hat deshalb 1945 in den ehemaligen<br />
Feindstaaten und natürlich zu Recht besonders<br />
in Israel immer wieder – bildlich gesprochen<br />
– den „Bitt- und Bußgang nach Canossa“<br />
angetreten. Es brauchte Jahre, teilweise Jahrzehnte,<br />
bis ihm seine Verbrechen vergeben<br />
wurden und neues Vertrauen entstehen<br />
konnte. Dafür hat unser Land im christlichen<br />
Sinne Buße getan und in politischer Hinsicht<br />
auf der Basis einer stabilen Demokratie und<br />
vor allem der Aufarbeitung der alten Schuld<br />
die Voraussetzung für eine umfassende Versöhnung<br />
mit den ehemaligen Feinden ge -<br />
schaffen. Als Kinder- und Enkelgeneration<br />
stehen wir zu dieser deutschen Schuld, wenngleich<br />
sie vor unserer Zeit auf uns fiel.<br />
Betrachtet man die verschiedenen Veranstaltungen<br />
der letzten Jahre zum <strong>Volkstrauertag</strong>,<br />
fällt auf, dass die gefallenen Soldaten der beiden<br />
Weltkriege des 20. Jahrhunderts eine<br />
immer geringere Rolle spielen. Stattdessen<br />
richtet sich die Aufmerksamkeit auf aktuelle<br />
Geschehnisse in Afghanistan und anderen<br />
Brennpunkten des Nahen Ostens. Das hängt<br />
sicherlich damit zusammen, dass inzwischen<br />
ein Großteil der Soldatenwitwen wie auch der<br />
zurückgekehrten Soldaten des Zweiten Weltkrieges<br />
verstorben ist. Die ehemaligen Kriegskinder<br />
sind ebenfalls ergraut oder befinden<br />
sich im Sterbealter, sie können diese Lücke<br />
nicht schließen, und die Enkel erst recht nicht.<br />
Die Kriegswaisen verfügen über so gut wie<br />
keine persönlichen Erinnerungen an ihre<br />
Väter. Sie haben den Vater verloren, noch<br />
bevor sie die Möglichkeit hatten, ihn näher<br />
kennenzulernen. Dieser schmerzliche Verlust,<br />
den auch liebevolle Mütter und fürsorgliche<br />
ältere Geschwister oft nicht ausgleichen<br />
konnten, begleitet sie ihr ganzes Leben lang,<br />
und für viele von ihnen ist es im Alter ein<br />
Bedürfnis, wenigstens die Orte zu besuchen,<br />
wo ihre Väter starben und beerdigt wurden,<br />
um dort noch einmal zu trauern und zu ver-<br />
Foto: Uwe Zucchi<br />
Einweihung der Kriegsgräberstätte Schatkowo/Belarus 2011<br />
7
suchen, Frieden mit ihrem frühen Tod zu<br />
schließen.<br />
Den <strong>Volkstrauertag</strong> haben wir der Initiative<br />
des nach dem Ersten Weltkrieg gegründeten<br />
Volks bundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge<br />
zu verdanken. Die erste offizielle Feierstunde<br />
für die Gefallenen des Ersten Weltkrieges<br />
fand 1922 im Reichstag statt. Das Engagement<br />
des Volksbundes in den vergangenen 90<br />
Jahren kann gar nicht hoch genug eingeschätzt<br />
werden. Was bei der Anlage und<br />
Erhaltung der Friedhöfe im Westen und, nach<br />
1990, auch im Osten geleistet wurde, ist einzigartig.<br />
Vor allem die mühsame Umbettung<br />
Tausender von Gefallenen muss besonders<br />
erwähnt werden. Auf Reisen, etwa durch<br />
Nord- und Südpolen oder auch der Ukraine,<br />
kann man sich von dieser großartigen Arbeit<br />
selbst überzeugen.<br />
Der Volksbund gibt durch sein Wirken ein<br />
leuchtendes Beispiel, wie man mit seinen<br />
Toten und deren Gräbern umzugehen hat.<br />
Dies gilt auch für die Vielzahl an Gedenkstätten,<br />
die teilweise unter anderer Verantwortung<br />
stehen. Leider finden hier immer wieder<br />
Übergriffe von Chaoten statt, welche die<br />
Würde der Toten mit Füßen treten, indem sie<br />
die Denkmäler schänden. „Keine Ehre für die<br />
verdammten Mörder“ oder Ähnliches wird<br />
etwa darauf gesprüht, obwohl doch auf den<br />
Gedenksteinen der Opfer gedacht wird.<br />
werden, ist für ihre Kontinuität von besonderer<br />
Bedeutung.<br />
Das Gedenken und Erinnern an die Toten der<br />
Kriege und die Opfer von Gewaltverbrechen<br />
darf nicht aufhören. Wir müssen es schaffen,<br />
diese gewachsene Tradition an die nächste<br />
Generation weiterzugeben – zu Ehren der<br />
Toten und zum Zeichen, dass ihr Opfer nicht<br />
vergebens war –, damit sich solche Grausamkeiten<br />
weder in unserem Land noch in Europa<br />
wiederholen.<br />
Zum Abschluss erinnere ich nochmals an die<br />
Worte von Fritz Roth: „Traut euch zu trauern,<br />
der Tod braucht einen Platz im Leben“, und<br />
verneige mich in Trauer vor den Toten.<br />
Generalmajor a.D.<br />
Jürgen von Falkenhayn<br />
<strong>Volkstrauertag</strong> 2011, Rendsburg<br />
Man merkt auf Reisen zu den Soldatenfriedhöfen,<br />
dass das Motto des Volksbundes „Versöhnung<br />
über den Gräbern, Arbeit für den<br />
Frieden“ über die Jahre seine Wirkung zeigt.<br />
Der Volksbund hat sich Ansehen in der Welt<br />
erworben und verdient unser aller Dank,<br />
Anerkennung und vor allem Unterstützung,<br />
jetzt und in Zukunft. Dass viele Jugendliche<br />
aus unterschiedlichen Ländern durch sogenannte<br />
Workcamps in die Arbeit einbezogen<br />
8
Redevorschlag 2<br />
Zu Beginn dieser Rede soll ein Brief stehen,<br />
geschrieben von Marie Rößler aus Quedlinburg<br />
am 24. September 1916 an ihren Mann<br />
an der Westfront in Frankreich.<br />
„Mein inniggeliebter Otto!<br />
Ich weiß nun meinem Herzen nicht weiter<br />
Luft zu machen, als mich in Schreiben zu vertiefen.<br />
Dein Bild steht vor mir, und so oft ich<br />
dieses ansehe, denke ich an den letzten<br />
Abend in Aschersleben.<br />
Mein guter Otto, seit Dienstag bin ich ohne<br />
Nachricht von Dir. Auf keinem Fleck habe ich<br />
Ruhe. Tu mir, mein Schatz, nur das nicht an<br />
und lass mich so lange warten. Wo ich nun<br />
weiß, Du bist dort fortgekommen, nur weiß<br />
ich nicht, wohin. Dass Du aber weiter vor bist,<br />
kann ich mir denken. Auch bist Du gewiss<br />
schon im Gefecht. Ach möge Dich doch dort<br />
der liebe Gott glücklich wieder herausführen.<br />
Du hast doch sonst immer, wenn irgend es<br />
Deine Zeit erlaubte, uns geschrieben. Wir<br />
warten so sehnsüchtig auf Deinen uns versprochenen<br />
Brief. Bis morgen will ich noch<br />
hoffen (…). Bekomme ich aber auch morgen<br />
nichts, weiß ich nicht mehr, was ich denken<br />
soll. Also, mein treuer Schatz, vergiss uns<br />
nicht. Bedenke meine Unruhe.“<br />
Die von Angst und Verzweiflung geprägten<br />
Worte erreichen Otto Rößler nicht mehr. Er<br />
fiel am 20. September 1916. Seine Frau erhält<br />
diesen sowie andere von ihr geschriebene<br />
Briefe mit den Vermerken zurück: „auf dem<br />
Felde der Ehre gefallen“ und „starb den Heldentod“.<br />
Ein solcher ganz persönlicher Einblick in das<br />
Grauen des Krieges ist äußerst bedrückend,<br />
denn die sehr privaten Worte an den Ehemann<br />
veranschaulichen die Dimension des<br />
Kriegsleids am Einzelnen. Wenngleich aus<br />
längst vergangener Zeit stammend, so sind<br />
Briefwechsel wie dieser nach wie vor bitterer<br />
Alltag vieler Menschen auf der Welt. Denn<br />
Krieg ist nicht Geschichte, Krieg ist auch im<br />
21. Jahrhundert noch immer Realität.<br />
Der <strong>Volkstrauertag</strong> hat deshalb keineswegs<br />
an Aktualität verloren. Wir brauchen den Tag<br />
heute mehr denn je, um an das Schicksal all<br />
der Menschen zu erinnern, die mittelbar oder<br />
direkt von Krieg betroffen sind. Es geht eben<br />
nicht allein um das Gedenken an das historische<br />
Ereignis Krieg, sondern vor allem auch<br />
um Einzelschicksale wie das der Marie Rößler.<br />
Denn leider geht nur allzu oft hinter den<br />
unvorstellbaren Zahlen der Kriegsopfer und<br />
der Zerstörungsmacht von Gewaltherrschaften<br />
der Verlust einzelner Menschenleben in<br />
der öffentlichen Beachtung verloren, der<br />
doch für die Angehörigen den Verlust einer<br />
ganzen Welt bedeutet. Was passiert denn,<br />
wenn man jemanden im Krieg verliert? Die<br />
Trauer um Ehepartner oder Kinder, um<br />
Angehörige oder Freunde begleiten einen ein<br />
ganzes Leben lang. Der Verlust ist noch lange<br />
spürbar – auch für die Kinder und Kindeskinder,<br />
selbst wenn sie von dem Geschehen gar<br />
nichts mitbekamen. Aber sie haben es mit<br />
angesehen, wie um den Menschen getrauert<br />
wurde, den sie selbst vielleicht nicht kennenlernen<br />
konnten. Sie haben die Erinnerungen<br />
gehört, die in der Familie erzählt werden,<br />
oder das Schweigen gespürt.<br />
9
Auch diese Erfahrungen prägen und wirken<br />
nach. Bertolt Brecht sagte einmal: „Der<br />
Mensch ist erst wirklich tot, wenn niemand<br />
mehr an ihn denkt.“ Damit genau das nicht<br />
geschieht, ist unser heutiges gemeinsames<br />
Gedenken an die Toten wichtig, gerade auch<br />
für die Hinterbliebenen. Sie dürfen wir mit<br />
ihrem Schmerz, ihrem Verlust und ihrer Suche<br />
nach Antworten und Trost nicht allein lassen.<br />
Verehrte Anwesende,<br />
heute ist in Deutschland der Krieg etwas<br />
Abstraktes geworden. Unser multimediales<br />
Zeitalter liefert zwar die Brutalität direkt in die<br />
Wohnzimmer, aber das am Bildschirm sichtbar<br />
gemachte Töten wird verharmlost, indem<br />
es zumeist einen scheinbar sauberen, unblutigen<br />
Krieg zeigt. Die Bilder wirken mehr wie<br />
ein Computerspiel, als dass sie uns über die<br />
blutigen Folgen des Bombens informieren.<br />
Auch scheint Krieg heute weit weg zu sein.<br />
Mitteleuropa war in den vergangenen Jahren<br />
ein Kontinent des Friedens. Mehrere Generationen<br />
konnten ohne Krieg aufwachsen, viele<br />
erhalten einen persönlichen Bezug nur durch<br />
die Erzählungen ihrer Groß- und Urgroßeltern.<br />
Krieg, so scheint es, ist etwas von<br />
gestern oder ein Problem tausende Kilometer<br />
entfernt. Doch Gewalt, Zerstörung und Terror<br />
sind leider weiterhin Realität. Zahlreiche Frauen<br />
und Männer befinden sich als Soldatinnen<br />
und Soldaten, technisches oder diplomatisches<br />
Personal, als Ärzte und Sanitäter internationaler<br />
Hilfsorganisationen für Deutschland<br />
im Auslandseinsatz. Sie alle haben Familien,<br />
sie alle werden geliebt – und vermisst.<br />
Bei diesen Einsätzen riskieren Menschen ihr<br />
Leben, einige haben es verloren. Auch ihrer<br />
und ihrer Angehörigen wollen wir heute, am<br />
<strong>Volkstrauertag</strong>, gedenken.<br />
Manchmal hört man Stimmen, die fragen:<br />
Warum muss unsere Bundeswehr überhaupt<br />
im Ausland tätig werden? – Vergessen die<br />
Menschen so schnell? Im Zweiten Weltkrieg<br />
haben wir Deutschen unsäglich viel Leid verursacht,<br />
getrieben vom Rassen- und Größenwahn<br />
der Nationalsozialisten. Gerade wir<br />
Deutschen müssen bereit sein, Unterstützung<br />
zu leisten in Gegenden der Welt, wo Gewalt<br />
Alltag ist, Gewalt aufgrund von Intoleranz,<br />
Fremdenfeindlichkeit und Machtgier. Wir<br />
können stolz sein, wenn unsere Bundeswehr<br />
heute dazu beiträgt, Terror und Gewalt zu<br />
verhindern: Soldaten, Polizeibeamte oder<br />
engagierte Zivilisten – ihnen gilt unser<br />
Respekt und unsere Dankbarkeit. Und wir<br />
wissen um die Sorgen ihrer Angehörigen und<br />
Freunde. Auch ihnen ist der heutige Tag mit<br />
gewidmet. Heute besinnen wir uns darauf,<br />
welche Antworten wir auf Krieg und Terror<br />
geben müssen und was wir für Frieden, Freiheit,<br />
Gerechtigkeit und Menschlichkeit bei<br />
uns und in der Welt tun können. Fast 70 Jahre<br />
nach Ende des Zweiten Weltkrieges und beinahe<br />
100 Jahre nach Ende des Ersten fordert<br />
der <strong>Volkstrauertag</strong> Demut von uns angesichts<br />
der Millionen Opfer.<br />
So wie wir Tage und Momente des Innehaltens<br />
brauchen, benötigen wir auch Orte des<br />
Gedenkens, damit das, was geschehen ist,<br />
nicht vergessen wird. Erinnern erfordert Sichtbarmachen.<br />
Erinnern muss konstruktiv sein,<br />
um aus der Vergangenheit Lehren für die<br />
Gegenwart und die Zukunft zu ziehen. Der<br />
Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge<br />
leistet hier auf vielfältige Weise einen wichtigen<br />
Beitrag. In 45 Staaten werden derzeit<br />
2,5 Millionen Gräber von ihm betreut. Das<br />
Gedenken an die Toten, die Fürsorge für sie,<br />
wird doch erst greifbar, wenn Freiwillige des<br />
Volksbundes die Gebeine Gefallener bergen<br />
und für eine würdige Bestattung sorgen. Mit<br />
dem Gedenken an die schrecklichen Verbrechen<br />
vergangener Kriege geht eine eindringliche<br />
Mahnung an uns Lebende einher: Wir<br />
dürfen nicht in Vergessenheit geraten lassen,<br />
was einst geschah. Wir dürfen nicht vergessen,<br />
wohin Arroganz, Intoleranz, Fremdenfeindlichkeit,<br />
Hass und Gewalt gegenüber<br />
Andersdenkenden oder Menschen anderer<br />
Herkunft oder gegenüber Schwachen führen.<br />
10
Der <strong>Volkstrauertag</strong> ermahnt uns, uns für Frieden<br />
einzusetzen und entschieden gegen<br />
Unfreiheit, Krieg und Terror vorzugehen. Der<br />
Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge<br />
hält mit seinem engagierten Wirken diese<br />
Mahnung aufrecht. Er trägt sie besonders<br />
durch seine Jugendarbeit auch in die Zukunft.<br />
Für sein Wirken danke ich dem Volksbund an<br />
dieser Stelle ganz besonders!<br />
Mehr denn je ist es wichtig, dass wir die Tradition<br />
des <strong>Volkstrauertag</strong>es fortsetzen. Es<br />
kommt darauf an, alle Generationen mit einzubeziehen,<br />
um gemeinsam zu gedenken, zu<br />
trauern und das Vergangene zu reflektieren.<br />
Wir wollen jedoch nicht nur in Trauer verharren,<br />
sondern auch Trost, Mut und neue Hoffnung<br />
schöpfen. Hoffnung, dass es uns<br />
gelingt, gemeinsam eine Welt zu schaffen, in<br />
der Konflikte nicht mehr mit Gewalt ausgetragen<br />
werden und alle Menschen unterschiedlicher<br />
Herkunft, Rasse und Anschauung<br />
friedlich nebeneinander leben. Wir müssen<br />
die Kraft und den Mut gewinnen für ein klares<br />
Nein gegen alle Tendenzen, die Krieg und<br />
Terror zureden.<br />
Sylvia Bretschneider,<br />
Präsidentin des Landtages<br />
Mecklenburg-Vorpommern<br />
<strong>Volkstrauertag</strong> 2009, Neustrelitz<br />
Foto: Volksbund-Archiv<br />
Feldpost aus der Kriegsgefangenschaft 1917<br />
11
Gedichte<br />
zum <strong>Volkstrauertag</strong><br />
Tausend Kreuze aufgereiht<br />
Ein jedes breitet<br />
seine Arme<br />
segnend über<br />
eine Krume Erde,<br />
die keinen anderen<br />
Trost empfing.<br />
Leidvoll birgt sie<br />
jene Ernte,<br />
die tausend Tode<br />
gnadenlos<br />
gefällt,<br />
und hütet sie<br />
barmherzig nun<br />
in ihrem Schoß<br />
für alle und<br />
für jede Zeit.<br />
Anneliese Pflücker<br />
Foto: Volksbund-Archiv<br />
Kriegsgräberstätte Lommel/Belgien<br />
12
Weil du nicht da bist<br />
Weil du nicht da bist, sitze ich und schreibe<br />
all meine Einsamkeit auf dies Papier.<br />
Ein Fliederzweig schlägt an die Fensterscheibe.<br />
Die Maiennacht ruft laut. Doch nicht nach mir.<br />
Weil du nicht da bist, ist der Bäume Blühen,<br />
der Rosen Duft vergebliches Bemühen,<br />
der Nachtigallen Liebesmelodie<br />
nur in Musik gesetzte Ironie.<br />
Weil du nicht da bist, flücht ich mich ins Dunkel.<br />
Aus fremden Augen starrt die Stadt mich an<br />
mit grellem Licht und lärmendem Gefunkel,<br />
dem ich nicht folgen, nicht entgehen kann.<br />
Hier unterm Dach sitz ich beim Lampenschirm;<br />
den Herbst im Herzen, Winter im Gemüt.<br />
November singt in mir sein graues Lied.<br />
„Weil du nicht da bist“, flüstert es im Zimmer.<br />
„Weil du nicht da bist“, rufen Wand<br />
und Schränke,<br />
verstaubte Noten über dem Klavier.<br />
Und wenn ich endlich nicht mehr an dich denke,<br />
die Dinge um mich reden nur von dir.<br />
Weil du nicht da bist, blättre ich in Briefen<br />
und weck vergilbte Träume, die schon schliefen.<br />
Mein Lachen, Liebster, ist dir nachgereist.<br />
Weil du nicht da bist, ist mein Herz verwaist.<br />
Mascha Kaleko<br />
Die Letzten<br />
Sie kamen,<br />
und sie reichten<br />
sich die Hände.<br />
Sie flochten Kränze<br />
und schmückten sie<br />
mit bunten Bändern.<br />
Sie tanzten,<br />
und sie sangen<br />
ihre heimatlichen Lieder.<br />
Brüder waren sie<br />
und Schwestern.<br />
Sie waren eins<br />
und redeten<br />
in einer Sprache.<br />
Ein Blitz schlug<br />
in die frohen Feste.<br />
Die Hände ballten sich<br />
zu Fäusten.<br />
Fremde blickten nun<br />
in kalte Augen,<br />
und Wort<br />
verstand fortan nicht Wort.<br />
Das Lachen starb,<br />
verkam zum Hohn,<br />
und Feind schlug Feind<br />
in blindem Hasse.<br />
Die Letzten<br />
kamen dann<br />
und reichten sich<br />
die Hände.<br />
Sie flochten Kränze,<br />
schmückten sie<br />
mit weißen Bändern,<br />
und leise schworen sie<br />
in einer Sprache.<br />
Anneliese Pflücker<br />
13
Lesungsvorschläge<br />
ARD - Das Wort zum Sonntag, <strong>Volkstrauertag</strong> 2011<br />
Ich komme eigentlich nicht so schnell ins<br />
Stocken. Aber kürzlich ist es mir doch passiert.<br />
Ich wollte im Religionsunterricht wissen,<br />
was junge Erwachsene über den <strong>Volkstrauertag</strong><br />
denken.<br />
Tim hat unser Gespräch von Anfang an aufmerksam<br />
verfolgt – ohne etwas zu sagen. Wir<br />
sprachen über die Millionen von Opfern des<br />
Ersten und Zweiten Weltkriegs und darüber,<br />
dass es gut sei, an einem Tag im Jahr öffentlich<br />
daran zu erinnern – damit so etwas nie<br />
wieder passiert.<br />
„Und was ist mit heute?“, werfe ich ein.<br />
Längst erinnert der <strong>Volkstrauertag</strong> ja auch an<br />
Kriege in der Gegenwart. Tim schaut mich an.<br />
Aber ein anderer meldet sich und erzählt von<br />
seinem Cousin, der traumatisiert aus Afghanis -<br />
tan zurückgekommen sei.<br />
Jetzt nickt Tim – und dann ergreift er das<br />
Wort: „Mein Bruder wollte bei der Bundeswehr<br />
studieren. Er war als Sanitäter in Afghanistan.<br />
Zwei Mal. Er ist durch einen Anschlag<br />
getötet worden. Das war vor einem Jahr.“ –<br />
In der Klasse ist es jetzt ganz still. Ich komme<br />
ins Stocken. „Was haben Sie gerade gesagt,<br />
Tim? Habe ich das richtig verstanden …?“<br />
Foto: Uwe Zucchi<br />
Kranzniederlegung am Ehrenmal der Bundeswehr, Berlin<br />
14
„Die Nachricht kam damals in der Nacht“,<br />
erzählt er. „Mein Vater nahm das Telefon ab.<br />
Dann haben meine Eltern mich geweckt.<br />
Wenige Tage danach wurde mein toter Bruder<br />
nach Deutschland überführt. Wir haben<br />
ihn in unserem Ort bestattet.“ – „Und dann<br />
war die Trauer groß“, fügte mein Schüler leise<br />
hinzu.<br />
Niemand kann der Familie diese Trauer<br />
abnehmen, die Wut und den Schmerz. Auch<br />
nicht der <strong>Volkstrauertag</strong>. Aber wie schnell<br />
fressen Betroffene die Trauer privat in sich<br />
hinein. Meinen Schüler etwa quälte die Frage:<br />
„Warum ist mein Bruder nur dieses Risiko eingegangen?“<br />
Als sei das nur dessen privates<br />
Berufsrisiko gewesen. Aber ich finde: Das<br />
geht uns doch alle an. Es kann uns als Gesellschaft<br />
nämlich nicht egal sein, was mit einzelnen<br />
Mitgliedern passiert.<br />
Deshalb trauern wir am <strong>Volkstrauertag</strong><br />
öffentlich. Das verschafft Distanz. Und die ist<br />
wichtig. Wir leisten uns ein öffentliches Nachdenken.<br />
Zwischen den Zeilen wird nämlich<br />
die bohrende Frage mitschwingen: „Ist der<br />
Preis für unsere militärischen Einsätze nicht<br />
doch zu hoch?“<br />
Tim meinte dazu: „Könnte sein, dass mir das<br />
hilft: zu wissen, dass so viele Menschen nicht<br />
nur mit der Schulter zucken, sondern darüber<br />
nachdenken.“<br />
Sein Bruder kommt davon nicht wieder<br />
zurück. Aber mindestens können wir als<br />
Gemeinschaft Trauer miteinander teilen.<br />
Das Wort zum Sonntag, gesprochen von<br />
Pfarrerin Dr. Adelheid Ruck-Schröder,<br />
Saarbrücken<br />
Auch Millionen von Christen stellen sich am<br />
<strong>Volkstrauertag</strong> diese Frage, wenn wir in<br />
Gottes diensten für die Opfer von Kriegen<br />
weltweit beten. Ich kann von mir nur sagen:<br />
Diese Gebete gehen nicht glatt von den Lippen.<br />
Weil wir einerseits betroffen sind, andererseits<br />
in Krisenregionen verstrickter sind, als<br />
uns das lieb ist.<br />
Demgegenüber ist aber die biblische Botschaft<br />
gar nicht verstrickt. Sie ist klar und eindeutig<br />
und stark: Schmiedet Schwerter zu<br />
Pflugscharen, sucht den Frieden, strebt nach<br />
Versöhnung, antwortet auf Gewalt nicht mit<br />
Gewalt! Ich jedenfalls komme an dieser klaren<br />
Botschaft, gerade morgen am <strong>Volkstrauertag</strong>,<br />
nicht vorbei – als Korrektiv, als Hoffnung<br />
und als Zielvorgabe.<br />
15
Zitate<br />
„Niemand von uns kennt das Ziel der<br />
Geschichte. Und dennoch treiben wir Menschen<br />
nicht einsam und haltlos im Strom der<br />
Zeit. An diesem Tag der Volkstrauer kommt<br />
zum Ausdruck, dass Menschen und Völker<br />
aus gemeinsamer geschichtlicher Erfahrung<br />
verbunden sind in einer tiefen Sehnsucht<br />
nach Versöhnung, nach Frieden und Freiheit.<br />
Gemeinsam als Volk trauern wir um die vielen<br />
Millionen Menschen, die als Opfer von Hass,<br />
Krieg und Gewalt ihr Leben verloren. Wir achten<br />
die sehr persönliche Trauer der hinterbliebenen<br />
Angehörigen – ihre stumme Zwiesprache<br />
an den Gräbern der Verstorbenen. Jedes<br />
laute Pathos wäre diesem Tag der Volkstrauer<br />
unangemessen.“<br />
Dr. Helmut Kohl,<br />
Bundeskanzler, 1983<br />
„Gedenken – das heißt, sich erinnern. Das<br />
heißt, unsere Gedanken so auf die Toten und<br />
ihr Schicksal zu richten, dass ihr Schicksal, ihr<br />
Leiden und ihr Sterben, in unser eigenes Inneres,<br />
in unser Bewusstsein eingeht und damit<br />
auf unser Tun und Unterlassen einwirkt. Und<br />
uns damit zum Nachdenken darüber bringt,<br />
ob wir nicht nur am Volktrauertag, sondern<br />
an jedem anderen Tag des Jahres genug tun,<br />
damit sich ein solches Leiden und Sterben<br />
nicht wiederholen. Auch damit errichten wir<br />
ein Mahnmal – ein Mahnmal des Denkens<br />
und des Fühlens in unserem eigenen Inneren.“<br />
„Die trauernde Erinnerung an die Opfer des<br />
Krieges, die Opfer von Gewalt und Verbrechen,<br />
hat auch noch eine andere Bedeutung.<br />
Eine alte jüdische Weisheit sagt: ,Das<br />
Geheimnis der Versöhnung heißt Erinnerung.’<br />
Also nicht das Schweigen, nicht das Verdrängen,<br />
sondern die Erinnerung an das Geschehene,<br />
das Festhalten im Bewusstsein und im<br />
Gedächtnis, bereitet den Weg zur Versöhnung.<br />
Als Theodor Heuss im Jahre 1952 die<br />
Gedenkrede zum <strong>Volkstrauertag</strong> hielt, berichtete<br />
er von einer Begegnung mit einem Soldaten,<br />
der ihm zum Sinn des <strong>Volkstrauertag</strong>es<br />
gesagt hatte: ,Vergessen Sie nicht, die Empfindungen<br />
der deutschen Mütter und Gattinnen<br />
sind auch die der englischen, französischen,<br />
italienischen, amerikanischen und russischen<br />
Frauen.’ Theodor Heuss fragte seinerzeit<br />
angesichts dieser Aussage in seiner<br />
Gedenkrede: ,Sollte das Kriegsleid, das der<br />
eine dem anderen zufügte, über Hass und<br />
Rache hinaus eine im Letzten verbindende<br />
Kraft werden können?’“<br />
Prof. Dr. Dr. Hans-Jürgen Papier,<br />
Präsident des<br />
Bundesverfassungs gerichts, 2004<br />
Dr. Hans-Jochen Vogel,<br />
Vorsitzender der<br />
SPD-Bundestags fraktion, 1985<br />
16
„Denn das, was auf den Soldatenfriedhöfen<br />
geleistet wird, ist auch von herausragender<br />
Bedeutung für die Völkerverständigung und<br />
die Aussöhnung zwischen ehemaligen Kriegsgegnern.<br />
Soldatenfriedhöfe sind eben nicht<br />
nur Orte des Gedenkens und des Erinnerns,<br />
sondern können auch Orte sein, an denen<br />
Versöhnung wächst. Der Händedruck von<br />
Helmut Kohl und François Mitterrand auf<br />
dem Gräberfeld der Schlacht von Verdun ist<br />
dafür nicht nur ein eindrucksvolles Bild, sondern<br />
eine nachhaltige Botschaft.“<br />
Dr. Norbert Lammert,<br />
Präsident des Deutschen<br />
Bundestages, 2007<br />
„Die Überlebenden des Ersten Weltkrieges<br />
hatten den Schwur geschworen, der nach<br />
jedem Krieg geschworen wird: Nie wieder<br />
Krieg! Der Schwur wurde 1939 gebrochen,<br />
wie so oft schon vorher in der europäischen<br />
Geschichte. Deshalb kommt es einem euro -<br />
päischen Wunder gleich, dass wir auf<br />
60 Jahre Frieden in Europa zurückblicken können.<br />
Dass dies so ist, haben wir nicht unserer<br />
Generation zu verdanken. Nein, wir verdanken<br />
den europäischen Frieden den Männern<br />
und Frauen, die aus den KZs und von den<br />
Frontabschnitten in ihre zerstörten und zerbombten<br />
Dörfer und Städte zurückkehrten<br />
und die diesen ewigen Nachkriegssatz,<br />
,nie wieder Krieg’, zu einem politischen Programm<br />
für einen ganzen Kontinent formten,<br />
indem sie die europäische Wiederversöhnung,<br />
die europäische Friedensintegration zu<br />
dem bestimmenden Motiv ihres restlichen<br />
Lebens machten.“<br />
Jean-Claude Juncker,<br />
Premierminister des<br />
Großherzogtums Luxemburg, 2008<br />
Foto: Maurice Bonkat<br />
Kriegsgräberstätte Neumark (Stare Czarnowo)/Polen<br />
17
Geleitwort<br />
(für den kirchlichen Bereich)<br />
Heute genau vor siebzig Jahren, am<br />
18. November 1942, endete der deutsche<br />
Angriff auf Stalingrad in den Ruinen der<br />
Stadt. Danach schloss sich der Kessel um die<br />
6. Deutsche Armee. Mit den Soldaten der<br />
Roten Armee kämpften Winterkälte und<br />
Hunger siegreich gegen die eingeschlossenen<br />
deutschen Soldaten und brachten Leiden und<br />
Sterben über sie. „Vor Stalingrad verweht die<br />
Chaussee. Sie führt in die Totenkammer aus<br />
Schnee“, so endet ein Gedicht von Peter<br />
Huchel aus dem Winter 1942/43. Das war<br />
der Anfang vom Ende des Krieges, den Hitler,<br />
die Nationalsozialisten und ihre Helferinnen<br />
und Helfer über die Welt und am Ende auch<br />
über unser eigenes Volk gebracht hatten.<br />
Welche Bilder des Entsetzens und Grauens<br />
sind alleine mit der Schlacht von Stalingrad<br />
verbunden. Und doch sind sie nur ein<br />
Bruchteil des Leidens, das über die Welt<br />
kam. Andere symbolträchtige Namen wie<br />
Auschwitz und Buchenwald, Coventry und<br />
Dresden sind ebenfalls mit diesem Krieg und<br />
mit dem Unrechtsregime des Nationalsozialismus<br />
verbunden. Auch die Atombomben auf<br />
Hiroshima und Nagasaki sind Symbole für die<br />
Massenvernichtung des Zweiten Weltkrieges.<br />
Präses Dr. Nikolaus Schneider<br />
Foto: www.ekir.de / Andre Zelck<br />
Seit damals feiern wir keine Heldengedenk -<br />
tage mehr, sondern <strong>Volkstrauertag</strong>e. Und<br />
Grund zu trauern haben wir bis heute.<br />
Foto: Volksbund-Archiv<br />
Der Psychoanalytiker Alexander Mitscherlich<br />
hat einmal vor der „Unfähigkeit zu trauern“<br />
gewarnt. Und diese Warnung gilt nicht allein<br />
für die private Trauer Einzelner, sie gilt auch<br />
für die gemeinsame und öffentliche Trauer<br />
einer Gesellschaft. Der <strong>Volkstrauertag</strong> schafft<br />
18
einen Raum und eine Zeit für dieses so notwendige<br />
Trauern und Gedenken. Es geht<br />
dabei nicht nur um die Menschen unter uns,<br />
die im letzten Weltkrieg Angehörige und<br />
Freunde verloren haben. Es geht um uns alle.<br />
Um das Wachhalten der Erinnerung an die<br />
menschenfeindliche Gewalt und Zerstörung,<br />
die jeder Krieg mit sich bringt. Damit die<br />
Fähigkeit auch in den „nachgeborenen“<br />
Generationen geweckt oder erhalten wird,<br />
um jedes vernichtete und vergeudete Leben<br />
zu trauern und den schnellen, gewaltsamen<br />
„Lösungen“ von Problemen zu misstrauen.<br />
Auch heute sind deutsche Soldatinnen und<br />
Soldaten im Kriegseinsatz fern von der Heimat.<br />
Sie riskieren Leib und Leben in Afghanistan<br />
oder in anderen Krisengebieten dieser<br />
Erde. Siebzig Jahre nach Stalingrad gibt es<br />
wieder Kriege mit deutscher Beteiligung,<br />
haben wir Verwundete zu pflegen und Gefallene<br />
zu beklagen. Kriege vernichten und zerstören<br />
Menschenleben, auch wenn diese<br />
Kriege unter dem Mandat der UNO geführt<br />
werden. Diese Erkenntnis soll der <strong>Volkstrauertag</strong><br />
in uns wachhalten.<br />
Eines werden wir nach Stalingrad und nach<br />
den Lehren des Zweiten Weltkrieges hoffentlich<br />
nie mehr wieder tun: Heldengedenktage<br />
feiern. Oder Siegesfanfaren blasen. Oder den<br />
Krieg vorbereiten, um den Frieden zu gewinnen.<br />
Das alles soll – um Gottes willen – nie wieder<br />
unser Weg sein. Denn Krieg soll nach Gottes<br />
Willen nicht sein. Vielmehr wollen wir am<br />
Frieden bauen, den Frieden vorbereiten, um<br />
einen gerechten und nachhaltigen Frieden zu<br />
gewinnen. Wir wollen für Frieden arbeiten<br />
und beten. Heute am <strong>Volkstrauertag</strong> und<br />
morgen im Alltag der Welt.<br />
Präses Dr. Nikolaus Schneider<br />
Vorsitzender des Rates der EKD<br />
19
„Was ihr für einen meiner<br />
geringsten Brüder ...“<br />
Gedanken zum Predigttext des Volkstrauer -<br />
tages 2012 – Matthäus 25, 31-46<br />
Der Tod ist eine ernste Angelegenheit – aber<br />
keine hoffnungslose. Ernst ist der Tod, weil<br />
vor ihm der Ernst des Lebens deutlich wird.<br />
Und hoffen dürfen wir, weil mit dem Ende<br />
des irdischen Lebens nicht alles zu Ende ist.<br />
Vor dem Tod erst wird der letzte und tiefste<br />
Sinn des irdischen Lebens deutlich, ein Sinn,<br />
der darüber hinausweist, der sich uns gleichsam<br />
von innen her aufdrängt und dem wir<br />
uns stellen müssen. In diesem Sinn liegt un -<br />
sere Hoffnung. Tief in unserem Innersten<br />
wissen wir um das Gute und um dessen<br />
Widerspruch, das Böse – diesen Widerspruch<br />
des Bösen haben wir in den beiden vergangenen<br />
Kriegen auf die fürchterlichste Weise<br />
erfahren!<br />
Unser Leben hat Entscheidungscharakter. Dieser<br />
Entscheidungscharakter endet mit dem<br />
Tode. Er ist die Grenze, und darin liegt der<br />
Ernst der Unwiderruflichkeit.<br />
In unserem Innersten hoffen wir und fürchten<br />
wir: Wir hoffen, dass aus Gutem Gutes hervorgehen<br />
möge, und fürchten uns vor den<br />
Folgen des Bösen – im Kleinen wie im<br />
Großen. Wir wissen, dass unser Handeln im<br />
Guten wie im Bösen nicht ohne Folgen ist<br />
und dass wir uns in unserer Freiheit zu entscheiden<br />
haben. Dies macht der Text aus dem<br />
Matthäusevangelium deutlich. Freiheit und<br />
Gotteserkenntnis sind die Merkmale, die uns<br />
als von Gott auf ihn hingeschaffene Wesen<br />
auszeichnen – das ist es, was wir kurz und<br />
knapp darunter verstehen können, wenn wir<br />
von der Gottebenbildlichkeit des Menschen<br />
sprechen. Ohne dieses Grundverständnis des<br />
Wesens des Menschen würde unser Evangeliumstext<br />
sich uns nicht wirklich erschließen.<br />
Es geht in diesem Gleichnis um das Weltgericht<br />
und um Rechenschaft. Es geht also um<br />
die endgültigen Konsequenzen unseres Tuns<br />
und Lassens. Wären wir nicht frei, wären wir<br />
letztlich auch nicht verantwortlich für unser<br />
Handeln. Wüssten wir nicht um Gott, wäre<br />
unser Handeln letztlich relativ, weil ohne letzten,<br />
absoluten Maßstab und ohne höchsten<br />
Sinn. Erst dieses Wissen um Gott lässt das<br />
letzte Ziel unseres Tuns aufscheinen, unsere<br />
letzte und höchste Verantwortung. Freiheit<br />
und Gottesbezug machen also unsere Würde<br />
aus – meine Würde und die Würde meines<br />
Mitmenschen. Ohne Gottesbezug verkommt<br />
die Freiheit des Menschen sehr schnell zu<br />
angemaßter Freiheit, zum Recht des Stärkeren.<br />
Und der Tyrann diktiert die „Würde“ des<br />
Menschen – auch das haben uns die Kriege<br />
gelehrt. Somit ist jeder Verstoß gegen die<br />
Würde meines Mitmenschen gegen Gott<br />
selbst gerichtet, von dem ein jeder gewollt<br />
geschaffen und geliebt ist.<br />
Dieses Wissen erhellt unser Tun. Dieses Wissen<br />
ist tröstlich, weil all unser Tun ein Tun vor<br />
Gott ist, weil nichts von dem, was wir tun,<br />
sinnlos oder nichtig ist, weil Gott uns in allem<br />
ernst nimmt und nichts aus seiner Gerechtigkeit<br />
herausfällt! In diesem Wissen erkennen<br />
20
wir unsere unüberbietbare und unverlierbare<br />
Würde als Gottes Ebenbilder. Er liebt uns<br />
zuerst, und unsere Liebe ist die Antwort auf<br />
die göttliche Liebe. Die Liebe zu unserem<br />
Nächsten reflektiert gewissermaßen die Liebe<br />
Gottes zu uns, spiegelt sie wider und wirft ein<br />
Licht auf Gott: „Was ihr für einen meiner<br />
geringsten Brüder getan habt, das habt ihr<br />
mir getan.“ (25, 40)<br />
Wenn wir gegen unseren Nächsten handeln,<br />
verdunkeln wir dieses göttliche Licht, schlagen<br />
die Liebe Gottes in der Liebe zu unserem<br />
Nächsten aus: „Was ihr für einen dieser<br />
Geringsten nicht getan habt, das habt ihr<br />
auch mir nicht getan.“ (25, 45) Für dieses Tun<br />
der alltäglichen Nächstenliebe gibt der Text<br />
etliche Beispiele.<br />
Wir werden, wenn wir dem Nächsten nicht<br />
gerecht werden, dem Anspruch der Liebe<br />
Gottes nicht gerecht, und wir werden damit<br />
uns selbst nicht gerecht – wir verfehlen das<br />
Ziel dieser Liebe, Gott selbst. So schreibt der<br />
Katechismus der Katholischen Kirche auch<br />
mit Blick auf dieses Evangelium: „Wir können<br />
nicht mit Gott vereint werden, wenn wir uns<br />
nicht freiwillig dazu entscheiden, ihn zu lieben.<br />
Wir können aber Gott nicht lieben,<br />
wenn wir uns gegen ihn, gegen unseren<br />
Nächsten oder gegen uns selbst schwer versündigen<br />
(…).“ (1033)<br />
Gottes und unserem Nächsten gegenüber<br />
müssen wir wahrnehmen – auch darin liegt<br />
unsere Würde. In letzter Konsequenz ist diese<br />
Verantwortung auch unsere Antwort auf die<br />
Verheißung: „Kommt her, die ihr von meinem<br />
Vater gesegnet seid, nehmt das Reich in<br />
Besitz, das seit der Erschaffung der Welt für<br />
euch bestimmt ist.“ (25, 34)<br />
In diesem Sinne ist der <strong>Volkstrauertag</strong> ein<br />
ernster Tag, der uns unsere Verantwortung<br />
vor Gott und unserem Nächsten ins Bewusstsein<br />
ruft – und ein Tag, der uns bewusst<br />
macht, was es heißt, diese Verantwortung zu<br />
missachten. Der <strong>Volkstrauertag</strong> ist nicht<br />
zuletzt aber auch ein Tag der Hoffnung auf<br />
Gottes liebende Gerechtigkeit.<br />
Dr. Konrad Zdarsa,<br />
Bischof von Augsburg<br />
Wenn wir unsere Freiheit, unseren freien Willen,<br />
ernst nehmen und wenn wir in unserer<br />
Freiheit ernst genommen werden wollen,<br />
dann geht dies nicht ohne das Wissen um<br />
unsere Verantwortung und die aus ihr<br />
erwachsenden Konsequenzen. Unsere Verantwortung,<br />
die im rechten, im guten<br />
Gebrauch unserer Freiheit liegt, ist die Antwort<br />
auf die Liebe Gottes, die nicht an der<br />
Liebe zu unserem Nächsten vorbeigehen<br />
kann. Diese Verantwortung dem Anspruch<br />
21
„Sei getreu bis in den<br />
Tod!“<br />
Gedanken zum Predigttext des Volkstrauer -<br />
tages 2012 – Offenbarung, 2, 8-11<br />
Manchmal sind die Buchstaben schon verwittert.<br />
Hier und da hat Moos sie vielleicht überdeckt.<br />
Wer über die Gedenkstätten dieser<br />
Weltkriege geht und die Augen offen hält,<br />
kann es trotzdem oftmals auf den Steinen<br />
lesen: „Sei getreu bis in den Tod!“ Diese Aufforderung<br />
hat einst dabei geholfen, den<br />
Mythos vom „Heldentod“ heraufzubeschwören.<br />
„Kadavergehorsam“ nannten es<br />
die Männer an der Front dagegen gern.<br />
Womöglich blieb ihnen im Schützengraben<br />
als einzige Waffe auch nichts anderes als ihr<br />
Sarkasmus.<br />
Heute rahmen die langen Listen von Gefallenen<br />
oft den heroisch gemeinten Satz. Die<br />
Schmidts und die Müllers sind hier zu finden<br />
und die vielen anderen, weniger gebräuchlichen<br />
Namen. Traurige Konsequenz der Treue<br />
bis in den Tod. Hinter jedem Namen auf der<br />
Gedenktafel verbirgt sich eine einmalige<br />
Geschichte. Hinter jedem Todesdatum steckt<br />
ein persönliches Schicksal. In jeder Zeile lauert<br />
ein unbarmherziges Desaster. Mit der Todesnachricht<br />
brach für viele Angehörige hinter<br />
der Front eine Welt zusammen.<br />
„Sei getreu bis in den Tod!“ Der Satz, so wie<br />
er auf manchen Gedenktafeln steht, ist keine<br />
Erfindung einer klugen Propagandaabteilung.<br />
Es mag überraschen, aber er stammt aus dem<br />
2. Kapitel der Offenbarung des Johan nes, und<br />
er gehört zum Predigttext für den dies jährigen<br />
<strong>Volkstrauertag</strong>.<br />
Das biblische Buch der Offenbarung<br />
beschreibt ein Ende der Welt. Vielen Christinnen<br />
und Christen muss vor gut 1900 Jahren<br />
wirklich das Ende der Welt vor Augen gestanden<br />
haben. Die Römer verfolgten sie erbarmungslos.<br />
Eine Zukunft für sich und ihren jungen<br />
Glauben sahen sie kaum mehr. Johannes,<br />
selbst eine Gefangener, blutet das Herz bei<br />
diesem Gedanken. Er will sich nicht damit<br />
abfinden und schreibt den Frauen und Männern<br />
in den bedrängten Gemeinden.<br />
Es entstehen dabei Briefe, die vom drohenden<br />
Untergang handeln, aber auch von der Hoffnung<br />
auf Gott. Teils werden es Texte voller<br />
Gewalt. Mindestens sind es Bilder, die verstören.<br />
Eines der Schreiben richtet sich an die<br />
Gemeinde von Smyrna, dem heutigen Izmir in<br />
der Türkei. Von Lästerungen, die die Christinnen<br />
und Christen aushalten müssen, ist dort<br />
die Rede. Vom Satan, der kommt, und dem<br />
Teufel, der alle ins Gefängnis steckt.<br />
Die erschreckenden Bilder haben System. Mit<br />
seinen drastischen Schilderungen verleiht<br />
Johannes den Gefühlen der gefährdeten<br />
Menschen Ausdruck. Er gibt damit den Ohnmächtigen<br />
eine Sprache. Johannes: wenn<br />
man so will, ein Psychotherapeut des Ur -<br />
christentums. Aber er geht noch darüber hi -<br />
naus. Er versucht, den Frauen und Männern<br />
nicht nur Worte zu leihen, sondern sie damit<br />
auch zu trösten. Er versucht das ausgerechnet<br />
mit genau den Versen, die uns heute auf<br />
vielen Kriegsdenkmälern begegnen: „Sei<br />
getreu bis in den Tod, so will ich dir die Krone<br />
des Lebens geben.“<br />
22
Treue bis in den Tod? Die Folgen dieser Treue<br />
im Kaiserreich und im sogenannten Dritten<br />
Reich stehen am <strong>Volkstrauertag</strong> eindrucksvoll<br />
und erschreckend zugleich vor Augen. Ein<br />
falsch verstandener Wille zur Pflichterfüllung<br />
gegenüber dem Kaiser im Ersten Weltkrieg<br />
und dem vermeintlichen „Führer“ im Zweiten<br />
Weltkrieg ist mitverantwortlich für die größten<br />
Katastrophen des gerade vergangenen<br />
Jahrhunderts. An diesem Sonntag erinnern<br />
wir uns an die Opfer. Der blinde Schwur auf<br />
Fahne, Volk oder allzu simple Visionen ist bis<br />
heute schuld daran, dass Menschen in den<br />
Kriegen dieser Welt ihr Leben verlieren. Das<br />
gilt für Afghanistan, für die Auseinandersetzungen<br />
in der arabischen Welt, aber auch für<br />
die vielen vergessenen Kriege Afrikas.<br />
So hat Johannes seinen Satz mit der Treue<br />
nicht gemeint. Sicher, der Hinweis klingt auch<br />
bei Johannes ein wenig nach urchristlicher<br />
Durchhalteparole. Es ist bei ihm aber kein<br />
Aufruf zum bewaffneten Kampf oder gar zur<br />
Aufopferung für Fahne, Volk und mensch -<br />
liche Visionen. Johannes ist nicht nur Psychologe,<br />
er ist zuallererst ein christlicher Theologe.<br />
Und er hat deshalb bei der Treue Gott<br />
selbst fest im Blick. Christinnen und Christen<br />
sollen ihre Treue nicht an Personen oder Ideen<br />
verschwenden, sondern für Gott allein<br />
bewahren. Dieser besondere Einsatz ohne<br />
Waffen lohnt sich. Es wartet die Hoffnung auf<br />
die Krone des Lebens.<br />
Das ist für Johannes die Hoffnung auf ein<br />
Leben, das an dieser Welt keine Grenze findet.<br />
Das stärkste Bild, das Christinnen und<br />
Christinnen dafür kennen, ist die Auferstehung.<br />
Auch bei Johannes ist sie in der Offenbarung<br />
die Folie, die seine düsteren Bilder von<br />
hinten her erhellt. Ohne die Hintergrundstrahlung<br />
Christi bliebe die Offenbarung im<br />
Dunkeln.<br />
Foto: Volksbund-Archiv<br />
Kriegsgräberstätte Eger (Cheb)/Tschechische Republik<br />
23
Und noch etwas gehört zu dieser Krone des<br />
Lebens: Es ist die Liebe Gottes. Sie zeigt sich<br />
eindrucksvoll am Kreuz. Hier kommt Gott<br />
den Menschen besonders nah. Mit Jesu Tod<br />
wird durchkreuzt, was Menschen zu Opfern<br />
macht. Niemand muss sich opfern und einem<br />
„Kadavergehorsam“ Folge leisten. Solche<br />
Helden braucht Gott nicht.<br />
Er braucht aber Menschen mit Liebe und<br />
Hoffnung, die Opfer von Gewalt und Hass<br />
sehen und dem entgegentreten, was Menschen<br />
zu Opfern macht. Gottes Treueprämie<br />
dafür ist am Ende kein Orden und auch nicht<br />
die verwitterte Aufschrift an einer Gedenk -<br />
tafel. Es ist stattdessen ein Leben in Gottes<br />
ewigem Horizont – das schon erkennbar ist in<br />
dieser Welt.<br />
Dr. Volker Jung<br />
Kirchenpräsident der Evangelischen<br />
Kirche in Hessen und Nassau<br />
Foto: Volksbund-Archiv<br />
Friedhof Trier/Deutschland<br />
24
Fürbittengebete<br />
zum <strong>Volkstrauertag</strong><br />
Das Gesicht der Erde<br />
Erlösung<br />
O Gott,<br />
du liebst die Gerechtigkeit<br />
und richtest in der Welt den Frieden auf.<br />
Wir bringen die Zwietracht unserer Welt<br />
vor dich:<br />
sinnlose Gewalt und Kriege,<br />
die Zuversicht der Menschen zerstören;<br />
Militarismus und die das Leben der Welt<br />
bedrohen;<br />
menschliche Begierde und Ungerechtigkeit,<br />
die Hass und Konflikte mit sich bringen.<br />
Sende deinen Geist und erneuere das<br />
Gesicht der Erde:<br />
Lehre uns, Mitleid mit der<br />
menschlichen Familie zu haben;<br />
stärke den Willen derer,<br />
die sich für Frieden und Gerechtigkeit<br />
einsetzen;<br />
führe die Völker auf den Pfad des Friedens,<br />
und gib du uns den Frieden,<br />
den die Welt nicht geben kann.<br />
Lasst uns beten für diese Welt,<br />
die seufzt und stöhnt nach Erlösung.<br />
Für die ganze leidende Menschheit<br />
unserer Zeit.<br />
Für die blutigen Opfer<br />
des Krieges;<br />
und<br />
lasst uns beten:<br />
Gott, du willst das Wohl<br />
und nicht die Vernichtung der Menschen.<br />
Nimm weg aus unserer Mitte alle Gewalt,<br />
lösch aus den Hass in unseren Herzen,<br />
mit dem wir einander<br />
nach dem Leben trachten.<br />
Und dass Frieden sei auf Erden<br />
für alle Menschen,<br />
darum bitten wir dich durch<br />
Jesus Christus.<br />
25
Das deutsche Totensignal<br />
„Die heimliche deutsche Hymne“ von Dr. Kurt Oesterle<br />
Der gute Kamerad<br />
Ich hatt einen Kameraden,<br />
Einen besseren findst du nit<br />
Die Trommel schlug zum Streite,<br />
Er ging an meiner Seite<br />
In gleichem Schritt und Tritt.<br />
Eine Kugel kam geflogen,<br />
Gilt's mir oder gilt es dir?<br />
Ihn hat es weggerissen,<br />
Er liegt mir vor den Füßen,<br />
Als wär's ein Stück von mir.<br />
Will mir die Hand noch reichen,<br />
Derweil ich eben lad.<br />
Kann dir die Hand nicht geben,<br />
Bleib du im ew'gen Leben<br />
Mein guter Kamerad!<br />
Wie bei den meisten Volksliedern sind seine<br />
Urheber vergessen. Auch sein Titel ist eher<br />
unbekannt. Wer das Lied kennt, glaubt gern,<br />
es heiße: „Ich hatt einen Kameraden“, doch<br />
das ist nur sein erster Vers. Sein richtiger Titel<br />
lautet: „Der gute Kamerad“, und es wurde<br />
1809 von Ludwig Uhland in Tübingen gedichtet,<br />
Friedrich Silcher gab ihm 1825, ebenfalls<br />
in Tübingen, die Melodie. Das Lied entfaltete<br />
eine beispiellose Wirkung. Es wurde nationales<br />
Trauerlied, ertönte an Kriegsgräbern und<br />
an den Gräbern von Zivilisten. Heute ist es nur<br />
noch am <strong>Volkstrauertag</strong> zu hören, zum<br />
Gedenken an die Opfer beider Weltkriege<br />
sowie deutscher Gewaltherrschaft. Der Soziologe<br />
Norbert Elias entdeckte in ihm einen<br />
Widerhall kollektiver Todesphantasien. Bis in<br />
die Gegenwart hat das Lied sich im kulturellen<br />
Gedächtnis der Deutschen gehalten. Als<br />
Frontgespenst geistert der „Gute Kamerad“<br />
durch Heiner Müllers Werk, und selbst in Kassibern<br />
der „Roten-Armee-Fraktion“ blitzen<br />
seine Worte auf. 1)<br />
Der Bundespräsident traute dem „Guten<br />
Kameraden“ nicht. Er ließ einen Mitarbeiter<br />
beim Volksliedarchiv in Freiburg anfragen,<br />
woher Text und Musik stammten und welche<br />
„Aufführungstradition“ das Lied habe.<br />
Erwünscht war eine „zuverlässige Rudimentärunterrichtung“,<br />
wie es in dem Brief<br />
vom 7. September 1993 in schönstem Bundespräsidialdeutsch<br />
heißt. Welche Sorge den<br />
ersten Mann der Republik wegen des Lieds<br />
plagte, verraten Notizen eines Archivars unter<br />
dem Briefkopf: „Neue Wache in Berlin - Einigungsvertrag<br />
- Wehrmachtstradition“. Mit<br />
anderen Worten: Paßte das Lied noch in die<br />
politische Gedenkkultur des wiedervereinigten<br />
Deutschland? Im Westen gehört es zum<br />
Zeremoniell des <strong>Volkstrauertag</strong>s. „Es wird<br />
gebeten, nach der Totenehrung stehenzubleiben,<br />
bis das Lied verklungen ist“, lautete die<br />
Bitte auf den Einladungskarten zur zentralen<br />
Gedenkfeier im Bonner Bundestag. Bei Trauerfeiern<br />
der Bundeswehr intoniert ein Solo -<br />
bläser das Lied „nach Absenken des Sarges“.<br />
Im Osten war die Uhland-Silcher-Tradition<br />
abgebrochen. Andere Töne begleiteten dort<br />
die Gedenkfeiern von Partei und Armee:<br />
Chopins Trauermarsch oder die Arbeiterlieder<br />
26
„Unsterbliche Opfer“ und „Der kleine Trom -<br />
peter“. Geteiltes Land, geteilte Lieder.<br />
Nichts, was zusammenklingen könnte.<br />
Die Antwort des Archivs an den Bundespräsidenten<br />
war tröstlich: Seit 1918, also auch in<br />
der Weimarer Demokratie, sei das Lied bei<br />
staatlichen Totenfeiern „aufgeführt“ worden.<br />
Selbst so erhabene Konkurrenz wie Beethovens<br />
„Eroica“, Wagners „Parsifal“-Vorspiel<br />
und Chopins „Marche funèbre“ hätten es<br />
nicht verdrängen können. „Im Alltagsleben<br />
des Durchschnittsmenschen gibt es einige<br />
musikalische Standardtypen“, schließt der<br />
Archivar, „dazu gehört ‚Stille Nacht’, Mendelssohns<br />
,Hochzeitsmarsch’ und das Lied<br />
vom ,Guten Kameraden’. Diese Standardtypen<br />
sind kaum durch etwas anderes zu er -<br />
setzen. Deshalb glaube ich nicht, daß es<br />
gelingen könnte, den ‚Guten Kameraden’ zu<br />
ent thronen.“<br />
Er thront auch weiterhin. Aber fast jedes Jahr,<br />
wenn Deutschland sich im November seiner<br />
Opfer erinnert, entbrennt irgendwo im Land<br />
neuer Streit um das Lied. Die Debatten verlaufen<br />
meist nach zwei Mustern: Zum einen<br />
ist es ein junger Bürgermeister, dem der<br />
„Gute Kamerad“ unheimlich wird. Er untersagt,<br />
ihn am <strong>Volkstrauertag</strong> zu spielen. Als<br />
Grund nennt er die dritte Strophe, obwohl<br />
das Lied auch in seiner Gemeinde immer nur<br />
instrumental zu hören war. Die Strophe sei<br />
„kriegsverherrlichend“ und habe in der Vergangenheit<br />
den Sinn gehabt, „zum Weiterkämpfen<br />
zu animieren“. Eine Leserbriefschlacht<br />
beginnt. Ehemalige Kriegsteilnehmer<br />
klagen über die Verletzung ihrer Gefühle.<br />
Einer von ihnen schert aus und erinnert<br />
daran, wie das Lied an den „Heldengedenktagen“<br />
des „Dritten Reichs“ eingesetzt<br />
wurde, „um das Volk auf Hitlers Angriffskrieg<br />
einzustimmen“. Nach dem zweiten Muster<br />
empören sich Friedensaktivisten über das<br />
Foto: Volksbund-Archiv<br />
Zentrale Gedenkveranstaltung zum <strong>Volkstrauertag</strong><br />
27
Lied. Wenn es bei der Trauerfeier erklingt,<br />
wenden sie sich demonstrativ ab und fangen<br />
zu plaudern an. Gefühle sind verletzt, eine<br />
Leserbriefschlacht beginnt. Zum Gemeindefrieden<br />
trägt die Belehrung bei, das Lied sei<br />
längst „international“: Es finde sich in japanischen<br />
Liederbüchern, werde in der Fremdenlegion<br />
gesungen („J'avais un camarade“), ja<br />
selbst in Holland habe der Soldatensong aus<br />
dem Fundus des ungeliebten Nachbarn einen<br />
Übersetzer gefunden („Ik had een wapenbroeder“),<br />
und für den Fall, daß die Nationen<br />
absterben sollten, sei in der Weltsprache Ido<br />
mit einer globalisierten Fassung vorgesorgt:<br />
Me havis kamarado<br />
tu plu bonan trovas ne<br />
tamburo nin vokadis<br />
il apud me iradis<br />
sampaze quale me.<br />
Am schwersten wiegt das Argument, daß<br />
Silchers Melodie von den Franzosen zum<br />
Nationalfeiertag am 14. Juli am Grabmal des<br />
unbekannten Soldaten gespielt werde. Zur<br />
Versöhnung der Bürgerschaft taugt ebenso<br />
der Hinweis, daß der Bundespräsident an der<br />
zentralen Gedenkfeier in Berlin teilnehme,<br />
obwohl dort der „Gute Kamerad“ ertöne. Es<br />
ist nicht schwer zu verstehen, daß vorwiegend<br />
Belege von außen in einem an seinen<br />
Traditionen irre gewordenen Land Entlastung<br />
bringen – mehr als das klügste Argument von<br />
innen. Darum muß sich der schon 1985<br />
unterbreitete Vorschlag des Germanisten<br />
Peter Horst Neumann, der in Uhlands Lied ein<br />
unschuldiges Opfer deutscher Verhältnisse<br />
sieht, wie eine Donquichotterie ausnehmen.<br />
Neumann plädiert auf Freispruch: „Da die<br />
Vereinnahmung auf der rechten Seite ge -<br />
schah, könnte die Ehrenrettung nur von links<br />
her erfolgen. Die militaristische Aura wäre<br />
zerstoben, hätte Marlene Dietrich auch den<br />
‚Guten Kameraden' gesungen oder Ernst<br />
Busch zusammen mit dem Lied der Spanischen<br />
Brigaden oder Wolf Biermann zum<br />
Andenken an Robert Havemann.“<br />
Auf unabsehbare Zeit wird das Lied ohne<br />
Worte die Begleitmusik staatlichen Gedenkens<br />
bleiben. Ärger entzündet sich daran vermutlich<br />
auch künftig vor allem auf lokaler<br />
Ebene. An der Staatsspitze scheint es unumstritten.<br />
Unten müssen Widersprüche im<br />
Gedächtnis offenbar weniger krampfhaft aufgehoben<br />
werden als oben, wo die Angst vor<br />
übler Außenwirkung oder dem endgültigen<br />
Verlust einheitsstiftender Symbole die Harmonie<br />
erzwingt. Das Lied soll ein Gemeinplatz<br />
der Erinnerung sein: Doch in Deutschland<br />
existieren zu viele, zu verschiedene Erinne -<br />
rungen, als daß sie auf diesem Gemeinplatz<br />
zusammenfinden könnten. Ob das immer so<br />
war?<br />
Uhland schrieb sein Lied während der Befreiungskriege<br />
gegen Napoleon. Österreich hatte<br />
sich 1809 zuerst erhoben gegen den Imperator.<br />
Der junge Poet nahm am Leiden auf beiden<br />
Seiten Anteil: Er fühlte mit den Badenern,<br />
die unter französischem Befehl gegen die aufständischen<br />
Tiroler ziehen mußten, und er<br />
trauerte um seinen Förderer Leo von Seckendorf,<br />
der als österreichischer Hauptmann<br />
gefallen war. Uhland war aufgefordert worden,<br />
für ein Flugblatt „zum Besten der (badischen)<br />
Invaliden des Feldzugs“ ein Kriegslied<br />
zu verfassen. Sein Beitrag kam jedoch zu spät,<br />
und so nahm sein Freund Justinus Kerner den<br />
„Guten Kameraden“ zwei Jahre später in<br />
seinen „Poetischen Almanach für das Jahr<br />
1812“ auf. Danach erschien er in allen<br />
eigenständigen Gedichtbänden Uhlands und<br />
1848 im „Deutschen Volksgesangbuch“<br />
Hoffmanns von Fallersleben.<br />
Doch in welcher Nachbarschaft das Lied auch<br />
stand, es blieb ein Solitär. Ihm fehlte der<br />
28
Völkerschlachtton, der national-heroische<br />
Doppelklang, der in den Kriegsliedern der Zeit<br />
dominierte: Arndts „Was ist des Deutschen<br />
Vaterland?“, Körners „Das Volk steht auf, der<br />
Sturm bricht los“, Nonnes „Flamme empor“.<br />
Lieder (fast) dieses Schlags dichtete Uhland<br />
später auch selbst, und dabei mag er seinem<br />
Wunsch nach Parteinahme nachgegeben<br />
haben – anders als beim „Guten Kameraden“,<br />
bei dem er seinen Ehrgeiz darauf verwandte,<br />
den Volksliedton zu treffen, so wie<br />
die Sammlung „Des Knaben Wunderhorn“,<br />
für die Tübinger Romantiker eine Art Bibel,<br />
diesen Ton traf.<br />
Obgleich Uhlands Gedicht schon vertont war,<br />
nahm Friedrich Silcher, der Tübinger Universitätsmusikdirektor,<br />
sich seiner nochmals an.<br />
Volkstümlich wurde romantische Poesie,<br />
wenn sie sich singen ließ. Doch keiner im<br />
19. Jahrhundert setzte romantische Poesie so<br />
populär in Singbares um wie Silcher. Ein<br />
Leben lang jedoch mußte er gegen das Vorurteil<br />
angehen, daß er Uhlands Lied eine<br />
Melodie erfunden habe; gefunden hatte er<br />
ihm eine, und zwar in der Schweiz, wo ihm<br />
das Volkslied „Ein schwarzbraunes Mädchen<br />
hat ein' Feldjäger lieb“ zu Ohren kam. Wahrheitsgemäß<br />
teilt er auf dem Notenblatt des<br />
„Guten Kameraden“ mit: „Aus der Schweiz,<br />
in 4/4 Takt verändert, v. Silcher“.<br />
Trotzdem wurde er unverdrossen für den<br />
Schöpfer gehalten. Es kursierte sogar eine<br />
Sage, die glauben machen wollte, ein Herbststurm<br />
habe Silcher ein Blatt mit Uhlands Versen<br />
durchs Fenster seiner Tübinger Kammer<br />
zugeweht. Die Entstehung eines Lieds von<br />
derart mysteriösem Erfolg war ohne über -<br />
ir dische Hilfe offenbar nicht zu denken. Man<br />
hat es in der Folge gedreht und gewendet,<br />
um ihm das Geheimnis seiner Wirkung zu<br />
entreißen. 1977 erschien eine Schrift des<br />
„Wiener Seminars für Melosophie“, die den<br />
„heilenden Kräften“ in Silchers Vertonung<br />
nachlauscht. Ihr Autor, Victor Lazarski, glaubt,<br />
daß das Lied sich durch eine ihm selbst innewohnende<br />
Kraft aus „militärischer Enge“<br />
befreit und zum Abschiedslied der gesamten<br />
Menschheit gewandelt habe. Für Lazarski hat<br />
die „Seele“ des Lieds ihren Sitz im zehnten<br />
Takt. Genau dort aber findet sich eine der<br />
wenigen Stellen, wo Silcher in die vorgefundene<br />
Melodie eingriff, indem er bei der<br />
unechten Wiederholung der jeweiligen<br />
Schlußzeile den harten Auftakt weicher<br />
gestaltete und so den Marsch ins Elegische<br />
umkippen ließ.<br />
Was Lazarski beim genialischen Individuum<br />
fand, hatte zuvor Heyman Steinthal beim singenden<br />
Kollektiv ausgemacht. 1880 veröffentlichte<br />
er in der „Zeitschrift für Völkerpsychologie“<br />
einen Aufsatz, in dem er sich mit<br />
den „Umsingungen“ von Uhlands Lied<br />
befaßt. Er zitiert eine Variante, die er von<br />
einem Dienstmädchen singen hörte:<br />
Die Kugel kam geflogen<br />
Gilt sie mir? Gilt sie dir?<br />
Ihn hat sie weggerissen,<br />
Er lag zu meinen Füßen<br />
Als wär's ein Stück von mir.<br />
Für Steinthal hat der Volksmund hier verbessernd<br />
gewirkt und Klarheit geschaffen:<br />
„Nicht ,eine’ Kugel, sondern die fatale kam<br />
geflogen. Er sieht sie kommen, und das ,Gilt<br />
sie mir? Dir?’ schildert die Angst des Soldaten,<br />
die er aber um sich nicht mehr als um<br />
den Kameraden hat, was auch in dem Mangel<br />
des ,oder’ liegt, welches trennen würde.<br />
Den Wandel des ,es’ in ,sie’ kann ich nur billigen,<br />
denn das ,es’ der dritten Zeile ist ohne<br />
rechte Bedeutung. Eine Verbesserung wiederum<br />
ist ,er lag zu meinen Füßen’, parallel zu<br />
,er ging an meiner Seite’.“<br />
29
versionen. Sie richten sich oft gegen die miserable<br />
Versorgung („Ich hatt einen Katzen -<br />
braten“) oder schwelgen – teils mit pazi -<br />
fistischem Unterton – im Überdruß:<br />
Ich hatt einen Kameraden.<br />
Einen schlechtern findst du nit.<br />
Die Trommel schlagt zum Streite,<br />
Er schleicht von meiner Seite<br />
Und sagt: ,I tu nit mit’.<br />
Fortan wurde das Lied von allen Seiten bean -<br />
sprucht. Doch sein Sinnkern blieb unverletzt,<br />
mochten die Seiten noch so gegensätz lich sein.<br />
Den stärksten Beleg dafür bietet Wolfgang<br />
Langhoff in seinen „Moorsoldaten“, den<br />
Erinnerungen an seine KZ-Haft während der<br />
frühen Nazi-Zeit: Die SS hat einen Häftling<br />
erschossen. Die anderen überlegen, wie sie<br />
dagegen „protestieren“ können. Als beim<br />
Appell der Befehl kommt: Singen!, stimmen<br />
sie den „Guten Kameraden“ an.<br />
Die SS-Männer sind irritiert. Einer fragt die<br />
Häftlinge: Wieso dieses Lied? Sie sagen es<br />
ihm, und er „stiefelt nachdenklich auf seinen<br />
Platz zurück“.<br />
Ob sich deutsche Landser im Zweiten Weltkrieg<br />
durch Uhlands Lied bei ihren Vorgesetzten<br />
ähnlichen Respekt verschafften, ist zweifelhaft,<br />
zumindest im folgenden Fall. Es<br />
scheint unglaublich, aber da getrauen sich ein<br />
paar Todgeweihte, in ihrer „Frontkämpferzeitung<br />
Nr. 31, Dez. 42“ diese Zeilen zu drucken:<br />
Wir hab'n einen großen Führer<br />
Einen größern findt ihr nicht.<br />
Er führt durch blut'ge Kriege<br />
Vier Jahr lang uns zum Siege,<br />
Doch das Ende sehn wir nicht.<br />
Gloria, Gloria, Gloria Viktoria!<br />
Für das Hakenkreuz,<br />
Mit dem Ritterkreuz<br />
Gehn wir zu Grab.<br />
Foto: Uwe Zucchi<br />
Zentrale Gedenkveranstaltung zum <strong>Volkstrauertag</strong> Berlin 2011<br />
31
Wie auch Ernst Buschs antifaschistische<br />
Neuschöpfung aus dem Spanischen Bürgerkrieg,<br />
gewidmet dem gefallenen Kommunisten<br />
Hans Beimler („Eine Kugel kam geflogen/<br />
aus der ,Heimat’ für ihn her“), belegt diese<br />
Variante den mythischen Charakter, den das<br />
Lied inzwischen angenommen hatte. Es ließ<br />
sich endlos aktualisieren, immerfort neuen<br />
Erfahrungen und Positionen angleichen, aber<br />
stets so, daß darunter der Urkamerad erkennbar<br />
blieb. Uhlands Lied wurde sozusagen ein<br />
Überschreib-Lied, eine Palimpsest-Hymne<br />
nach der Art der mittelalterlichen Schreibvorlagen,<br />
die abgekratzt und wieder beschrieben<br />
werden konnten, und zwar so, daß die ältere<br />
unter der jüngeren Schrift noch lesbar war.<br />
Warum aber entstand statt der zahllosen<br />
Überschreibungen kein neues Lied? Ein ganz<br />
persönliches, unverwechselbares? Fanden die<br />
Deutschen im „Guten Kameraden“ zu allen<br />
Zeiten ihre heimliche Hymne? Vielleicht<br />
wurde für jene, die auf Uhlands Form zurückgriffen,<br />
die eigene Erfahrung gerade in dieser<br />
Form vertrauter, glaubwürdiger, teilbarer und<br />
mitteilbarer.<br />
Eine weitere Antwort gibt in seinen „Studien<br />
über die Deutschen“ Norbert Elias, der das<br />
Lied als Soldat im Ersten Weltkrieg kennenlernte.<br />
Die Deutschen hätten den „Guten<br />
Kameraden“ stets so inbrünstig gesungen,<br />
weil er ihr „verdüstertes Selbstgefühl“ ausdrückte.<br />
Daß ihre Lieblingslieder fast alle eine<br />
„starke Vorahnung des Todes“ erfülle, sei<br />
historisch zu erklären: Vom 16. Jahrhundert<br />
an war Deutschland durch seine staatliche<br />
Schwäche viele Male Europas „Hauptkriegsschauplatz“.<br />
Vor allem der Dreißigjährige Krieg hinterließ traumatische<br />
Spuren im „Habitus der Deutschen“.<br />
Geblieben sei ihnen eine unauslöschliche Erinnerung<br />
an Zerstörung, Tod, Vergeblichkeit.<br />
Elias weist so dem „Guten Kameraden“ seine<br />
Bedeutung im größtmöglichen Zeitraum<br />
deutscher Geschichte zu. Doch ist dies un -<br />
selige Kontinuum mittlerweile beendet? Was<br />
den „Guten Kameraden“ betrifft, sieht es so<br />
aus. Zumindest, wenn man den Blick auf sein<br />
Erscheinungsbild in Heiner Müllers frühem<br />
Drama „Die Schlacht“ lenkt. Darin gibt es<br />
eine Szene, in der deutsche Soldaten des<br />
Zweiten Weltkriegs, vor Hunger dem Wahnsinn<br />
nahe, zu Silchers Klang und Uhlands<br />
Worten einen Kameraden verspeisen. Das ist<br />
die äußerste Katastrophe, die den „Guten<br />
Kameraden“ ereilen kann. Im kannibalischen<br />
Irrsinn des totalen Kriegs findet die Tübinger<br />
Romantik ihr Ende.<br />
Doch seine bisher letzte Wiederkehr fand in<br />
den Stammheimer Zellen der RAF statt, und<br />
sie ist keine Erfindung. Stefan Aust zitiert in<br />
seinem „Baader-Meinhof-Komplex“ aus ei nem<br />
konfiszierten Kassiber Gudrun Ensslins, in<br />
dem inmitten kleingehackter RAF-Prosa der<br />
Vers steht: „Ich hatt einen Kameraden“. Er<br />
blitzt auf, als die Verfasserin sich wieder einmal<br />
zugunsten Baaders gegen die „Ver -<br />
räterin“ Meinhof entscheidet. Der „Gute<br />
Kamerad“ als Orientierungshelfer zwischen<br />
Freund und Feind: So kompliziert konnte im<br />
Volksbefreiungskrieg die Lage mitunter sein.<br />
1) Der Autor dankt dem Deutschen Volkslieder-Archiv in<br />
Freiburg für vielfältige Hilfe.<br />
Kurt Oesterle erhielt 1997 den Journalistenpreis der<br />
deutschen Zeitungen, den Theodor-Wolff-Preis in der<br />
Kategorie „Allgemeines“ für seinen Beitrag „Die heim -<br />
liche deutsche Hymne“, erschienen im Schwäbischen<br />
Tageblatt, Tübingen, am 15. November 1997.<br />
32
Volksbund Deutsche<br />
Kriegsgräberfürsorge e.V.<br />
Eine Kurzdarstellung<br />
Der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge<br />
e. V. ist eine humanitäre Organisation. Er<br />
widmet sich im Auftrag der Bundesregierung<br />
der Aufgabe, die Gräber der deutschen<br />
Kriegs toten im Ausland zu erfassen, zu erhalten<br />
und zu pflegen. Der Volksbund betreut<br />
Angehörige in Fragen der Kriegsgräberfürsorge,<br />
er berät öffentliche und private Stellen, er<br />
unterstützt die internationale Zusammenarbeit<br />
auf dem Gebiet der Kriegsgräberfürsorge<br />
und fördert die Begegnung junger Menschen<br />
an den Ruhestätten der Toten.<br />
Heute hat der Volksbund über 400 000 aktive<br />
Förderer sowie über eine Million Gelegenheitsspender<br />
und Interessenten. Mit ihren<br />
Beiträgen und Spenden, mit Einnahmen aus<br />
Erbschaften und Vermächtnissen sowie den<br />
Erträgen aus der jährlichen Haus- und<br />
Straßensammlung finanziert der Volksbund<br />
zu rund 75 Prozent seine Arbeit. Den Rest<br />
decken öffentliche Mittel des Bundes und der<br />
Länder.<br />
Gegründet wurde die gemeinnützige Organisation<br />
am 16. Dezember 1919 – aus der Not<br />
heraus. Die noch junge Reichsregierung war<br />
weder politisch noch wirtschaftlich in der<br />
Lage, sich um die Gräber der Gefallenen<br />
zu kümmern. Dieser Aufgabe widmete sich<br />
fortan der Volksbund, der sich als eine vom<br />
ganzen Volk getragene Bürgerinitiative<br />
verstand. Bis Anfang der dreißiger Jahre<br />
baute der Volksbund zahlreiche Kriegsgräberstätten<br />
aus.<br />
Ab 1933 unterwarf sich die Führung des<br />
Volksbundes aus eigenem Antrieb der Gleichschaltungspolitik<br />
der NS-Regierung. Die<br />
Errichtung von Soldatenfriedhöfen des Zweiten<br />
Weltkrieges übernahm der Gräberdienst<br />
der Wehrmacht.<br />
Erst 1946 konnte der Volksbund seine humanitäre<br />
Tätigkeit wieder aufnehmen. In kurzer<br />
Zeit gelang es, über 400 Kriegsgräberstätten<br />
in Deutschland anzulegen. 1954 beauftragte<br />
die Bundesregierung den Volksbund mit der<br />
Aufgabe, die deutschen Soldatengräber im<br />
Ausland zu suchen, zu sichern und zu pflegen.<br />
Im Rahmen von bilateralen Vereinbarungen<br />
erfüllt der Volksbund seine Aufgabe in Europa<br />
und Nordafrika. In seiner Obhut befinden sich<br />
heute 825 Kriegsgräberstätten in 45 Staaten<br />
mit etwa 2,5 Millionen Kriegstoten. Mehr als<br />
9 000 ehrenamtliche und 560 hauptamtliche<br />
Mitarbeiter/innen erfüllen heute die vielfäl -<br />
tigen Aufgaben der Organisation.<br />
33<br />
Foto: Volksbund
Sammlungs- und<br />
Kollektenempfehlung<br />
Zu den Aufgaben des Volksbundes Deutsche<br />
Kriegsgräberfürsorge e.V. gehört es, Kriegsgräberstätten<br />
als Mahnmale gegen Krieg und<br />
Vergessen zu errichten und zu pflegen. Trotz<br />
der Fortschritte in der Abrüstung und trotz<br />
wachsender Friedenssehnsucht in der Welt<br />
geht das Töten und Getötetwerden weiter,<br />
werden Menschen dem Terror und der Ge walt<br />
ausgesetzt. Die Arbeit des Volksbundes ist<br />
nicht beendet, sie ist notwendiger denn<br />
je: als Dienst, der zur Versöhnung und zum<br />
friedlichen Miteinander der Völker mahnt und<br />
der sich zugleich denen hilfreich zuwendet,<br />
denen die Trauer um die Opfer von Krieg und<br />
Gewalt gemeinsam ist.<br />
Wir bitten heute, am <strong>Volkstrauertag</strong>, um<br />
Ihre Spende für diesen Dienst.<br />
Falls Sie mit dem für Sie zuständigen Landesverband<br />
keine individuellen Vereinbarungen<br />
getroffen haben, bitten wir die dem Volksbund<br />
Deutsche Kriegsgräberfürsorge zugedachte<br />
Kollekte auf folgendes Konto einzuzahlen:<br />
Der Volksbund betreut heute im Auftrag<br />
der Bundesregierung die Gräber von etwa<br />
2,5 Mil lionen deutschen Kriegstoten auf<br />
825 Kriegsgräberstätten in 45 Staaten. Er<br />
wird dabei von der Bundes regierung sowie<br />
von 1,7 Millionen Mit gliedern und Förderern<br />
unterstützt.<br />
Seit 1953 haben über 200 000 junge<br />
Menschen beim Bau und bei der Pflege mitgeholfen<br />
unter dem Leitwort:<br />
„Versöhnung über den Gräbern –<br />
Arbeit für den Frieden“<br />
Weitere Auskünfte erteilen gerne alle<br />
Glie derungen des Volksbundes Deutsche<br />
Kriegsgräberfürsorge e.V. sowie dessen<br />
Bundes geschäftsstelle, Abteilung Gedenkkultur<br />
und Bildungsarbeit, Werner-Hilpert-<br />
Straße 2, 34117 Kassel.<br />
Commerzbank Kassel,<br />
Konto 3 222 999, BLZ 520 400 21<br />
Foto: Volksbund-Archiv<br />
Volksbund Straßensammlung<br />
34
Veranstaltungshinweise<br />
Der Volksbund organisiert oder unterstützt in Deutschland und im Ausland zahlreiche Veranstaltungen<br />
zum <strong>Volkstrauertag</strong>. Auf der Internetseite www.volksbund.de finden Sie in<br />
unserem Veranstaltungskalender eine Übersicht aller Gedenkveranstaltungen.<br />
Nähere Auskünfte zu Gedenkfeiern in Deutschland erteilen die zuständigen Landes- oder<br />
Bezirksverbände, Näheres dazu unter der Telefonnummer <strong>05</strong>61-7009-0.<br />
Weitere Hinweise zu Veranstaltungen auf den über 800 Kriegsgräberstätten im Ausland<br />
erhalten Sie unter der Telefonnummer <strong>05</strong>61-7009-149 oder über die oben genannte Internetseite.<br />
Wir möchten mit Ihrer Hilfe den Nutzern der <strong>Handreichung</strong> Beispiele zur Verfügung stellen,<br />
die sich schon andernorts bewährt haben und die man für andere Veranstaltungen verwenden<br />
kann. Falls Ihnen Gedenkansprachen oder andere Wortbeiträge zum <strong>Volkstrauertag</strong> zur<br />
Verfügung stehen, die in den letzten Jahren auf Ihren Gedenkveranstaltungen gehalten<br />
wurden und die besonders positive Resonanz gefunden haben, so würden wir uns freuen,<br />
wenn Sie uns diese Beiträge zur Verfügung stellen könnten.<br />
Unser Angebot für Sie<br />
Für die Gestaltung einer Gedenkstunde haben wir für Sie eine CD vorbereitet. Sie beinhaltet<br />
verschiedene Versionen des „Liedes vom guten Kameraden“, die Nationalhymne und das<br />
gesprochene Totengedenken.<br />
Bitte senden Sie mir<br />
die CD zum <strong>Volkstrauertag</strong><br />
eine <strong>Handreichung</strong> zum <strong>Volkstrauertag</strong> 2012<br />
Senden Sie diesen Coupon an Fax: <strong>05</strong>61-7009-221,<br />
bestellen Sie telefonisch unter <strong>05</strong>61-7009-0 oder<br />
per E-Mail an info@volksbund.de<br />
Volksbund Deutsche<br />
Kriegsgräberfürsorge e.V.<br />
Abteilung K/M<br />
- Fördererkommunikation -<br />
Werner-Hilpert-Str. 2<br />
34117 Kassel<br />
Mitgliedsnummer:<br />
35
Der Volksbund Deutsche<br />
Kriegsgräberfürsorge e. V. ...<br />
... sorgt für die deutschen Kriegsgräber in 45 Staaten der Erde.<br />
... hilft den Angehörigen bei der Klärung von Kriegsschicksalen<br />
und der Suche nach den Gräbern.<br />
... arbeitet seit der Öffnung der Grenzen Osteuropas im Jahre 1990<br />
intensiv in diesen Ländern.<br />
... birgt die Kriegstoten und bettet sie auf zentrale<br />
Sammelfriedhöfe um.<br />
... tritt mit seiner Arbeit für die Verständigung und Aussöhnung<br />
der Gegner von einst ein.<br />
... führt junge Menschen an die Kriegsgräber, damit sie die Folgen<br />
eines Krieges besser verstehen und erkennen, wie wichtig es ist,<br />
für den Frieden zu arbeiten.<br />
... wird unterstützt von der Bundesregierung sowie von 1,7 Millionen<br />
Mitgliedern und Förderern.<br />
Spenden per Internet unter www.volksbund.de<br />
Spendenkonto: 3 222 999 Commerzbank Kassel, BLZ 520 400 21<br />
Volksbund Deutsche<br />
Kriegsgräberfürsorge e.V.<br />
Werner-Hilpert-Str. 2<br />
34117 Kassel<br />
Telefon: +49 (0)561 - 7009-0<br />
Telefax: +49 (0)561 - 7009-221<br />
Internet: www.volksbund.de<br />
E-Mail: info@volksbund.de<br />
Bernecker MediaWare AG (43/07-2012)