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DIE ALPENIM BUCH AUSBLICKE AUF EINE TOPOGRAPfflE IN ...

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Warzen auf dem Antlitz der Erde 97 , wahrend hundert Jahre spãter Wilhelm Heinse seine<br />

Alpeniiberquerung in begeisterten Worten schildert, gleich einem Initiationserlebnis in die<br />

Geheimnisse der Natur:<br />

[...] ich bin mit Entziicken in die innerste, geheimste Harmonie der Wesen eingedrungen, und<br />

Herz und Geist und allé Sinne haben sich bei mir in Wonne gebadet. [...] Dies Anschauen war<br />

das war das Anschauen Gottes, der Natur ohne Hûlle, in ihrer jungfraulichen Gestalt; ailes groB<br />

und rein, allé die ungeheuren Massen daliegend in unendlicher Majestat. 98<br />

Welche Voraussetzungen aber waren nõtig, um eine ãsthetische Naturerfahrung<br />

entstehen zu lassen, innerhalb derer sich die Wahrnehmung" „von den schrecklichen zu<br />

den erhabenen Bergen" veranderte?<br />

Bevor der Ruhm der Berge sinnenfãllig wurde, mussten die Menschen ihre Vorstellungen von<br />

der Welt, in der sie lebten, fundamental andern, ebenso ihre Vorstellung vom Universum, von<br />

dem ihre Welt nur einen Teil bildete. Théologie, Philosophie, Géologie, Astronomie - aile<br />

wurden grundlegenden Wandlungen unterworfen, damit der Schrecken der Berge dem Ruhm<br />

der Berge weichen konnte. 100<br />

In seinem berûhmten und vieldiskutierten Aufsatz 101 schreibt Joachim Ritter die Ursachen<br />

fur diesen Paradigmenwechsel Ende des 18. Jahrhunderts der Auflõsung des<br />

metaphysischen Weltbildes und der Wende zum Kopernikanischen Weltbild zu, die die<br />

Natur zunehmend verdinglicht habe. Ein weiterer Grund sei in der Entfernung von der<br />

Natur durch die zunehmende Industrialisierung zu sehen, die erst eine zweckfreie<br />

Wahrnehmung der Natur ermõglicht habe. Nach Ruth und Dieter Groh sind die<br />

Vorlãufer einer ãsthetischen Naturwahrnehmung schon bei den sogenannten<br />

Physikotheologen zu suchen, d.h. jenen Gelehrten in vormoderner Zeit, die in der Art<br />

eines Konrad Gessner auch in den zunâchst negativ bewerteten Naturerscheinungen ein<br />

Merkmal gõttlicher Ordnung sahen. In der Metapher des Buchs der Natur, in dem sich<br />

97 Groh, 1996 [1991]: 93<br />

98 apud Groh, 1996 [1991]: 92<br />

99 Groh, 1996 [1991]: 92-149<br />

100 ebda. :93<br />

s01 Joachim Ritters Aufsatz erschien 1963 unter dem Titel „Landschaft. Zur Funktion des Ãsthetischen<br />

in der modernen Gesellschaft." Siehe Groh, 1996 [1991]: 97-104<br />

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