19.1911 - der Landesbibliothek Oldenburg
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Dr. G. Rüthning, Zwischenbrücken eine Svn<strong>der</strong>geineindc :c. 139<br />
Grundlage <strong>der</strong> folgenden Ausführungen, soweit nicht an<strong>der</strong>e Quellen<br />
in Frage kommen.<br />
Die deutschen Bauerschaften standen im Mittelalter allgemein<br />
unter einem o<strong>der</strong> mehreren gewählten Vorstehern, welche Heimburgen<br />
o<strong>der</strong> Bauermeister, bei uns meist Geschworene genannt werden,<br />
wenn wir aus späteren Zeiten zurückschließen dürfen. Unter ihrem<br />
Vorsitz beschloß die Gemeindeversammlung über die Angelegenheiten<br />
<strong>der</strong> Ackerflur. x ) Dazu kam, daß sich unter den Land- o<strong>der</strong> Gogerichten<br />
mit einer Tiugstatt in einem großen Bezirke zur Ausübung<br />
<strong>der</strong> nieberen Gerichtsbarkeit in ben Kirchspielen ober Dorfschaften<br />
Untergerich.sbezirke bilbeten, in benen die Burgerichte über bäuerliche<br />
Eigen- und Allinenbeangelegenheiten, b. h. über Fragen bes<br />
Gemeinbebesitzes, von den Geschworenen gehalten wurden; sie<br />
erlangten auch schon früh eine gewisse öffentliche Gerichtsbarkeit<br />
über Polizeivergehen und nie<strong>der</strong>e Frevel, wie Fälschung von Maß<br />
und Gewicht, trockene Schläge bei Prügeleien, kleinen Diebstahl.<br />
Schulden, unrechten Kauf. 2) So steht die mittelalterliche Bau er -<br />
gemeinde mit ihren Geschworenen, dem Gemeindebesitz, <strong>der</strong> Gemeinde-<br />
Versammlung am Banerstuhl. bem Bauergericht in <strong>der</strong> Vollversammlung<br />
aller Genossen ohne engere Verbinbitng mit <strong>der</strong><br />
Staatsgewalt da. Es scheint, daß die Bauerverfafsung im Mittelalter<br />
niemals durch schriftliche Aufzeichnung Rechtsgültigkeit erlangt<br />
hat. Dies geschah allgemein erst im sechzehnten Jahrhun<strong>der</strong>t, als<br />
die Fürsten- und Beamtengewalt weiter und weiter vordrang. Auch<br />
bei uns stammen die ältesten Bauerrechte o<strong>der</strong> Bauerrollen erst<br />
aus dieser Zeit, und immer mehr strebten die Bauerfchaften dahin,<br />
durch Kodifikation ihrer Verfassung die Rechtsbeständigkeit zu sichern.<br />
Mit großer Zähigkeit behaupteten sie ihr dingliches Recht an <strong>der</strong><br />
Mark und die persönliche Friedens- und Rechtsgemeinschaft <strong>der</strong><br />
Genossen.<br />
Noch im Jahre 1810 fanden die Beamten des Herzogs<br />
Peter Friedrich Ludwig im Amte Wildeshausen die Verhältnisse<br />
') Schrö<strong>der</strong>, R., Teutsche Rechtsgeschichte, 4. Anst. S. 225.<br />
S<br />
) Vgl. Sachsenspiegel, hrsg. von Lübbe«, I, 13 § 2: I, 68 § 2:<br />
II, 13 § 1, III. 64 § 11.<br />
") A» Innere Landesregierung Nr. 34.