Handbuch für den Kinder- und Jugendgesundheitsdienst im Land ...
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Anlagen<br />
A<br />
Übungsbehandlung/Pleoptik, die, wie die Schielbehandlung/Orthopik, vorwiegend<br />
in „Sehschulen“ durchgeführt wird; Sehschulen sind an Praxen auf diesem Gebiet<br />
besonders ausgebildeter Augenärzte oder an Augenkliniken angegliedert.<br />
Schielen/Strabismus<br />
Die Häufigkeit wird <strong>für</strong> die deutsche Bevölkerung mit 4 – 7 % angegeben. Es gibt<br />
viele Arten <strong>und</strong> Schweregrade von Schielen. Die Entstehungsmechanismen sind<br />
unterschiedlich <strong>und</strong> zum Teil noch nicht endgültig geklärt. Ursachen können z. B.<br />
Lähmungen oder fehlerhafte Zusammenarbeit der Augenmuskeln, Störungen der<br />
vielfältigen Funktionen der Sehbahn, Brechungsfehler <strong>und</strong> Amblyopien sein. Bei<br />
einigen Schielformen löst schlechtes Sehen/Amblyopie das Schielen aus (die<br />
Erblindung eines Auges führt bei <strong>Kinder</strong>n <strong>im</strong>mer zum Abweichen dieses Auges in<br />
Schielstellung), bei anderen Formen entsteht erst der Schielfehler, dann die<br />
Amblyopie (z. B. be<strong>im</strong> Schielen infolge Hyperopie).<br />
Bei einem Teil der Schielfehler ist die Blickabweichung min<strong>im</strong>al (z. B.<br />
Mikrostrabismus). Sie fallen be<strong>im</strong> Betrachten des Betroffenen nicht auf. Auch diese<br />
Schielfehler haben schwere Folgen <strong>und</strong> sind deshalb bei <strong>Kinder</strong>n dringend<br />
behandlungsbedürftig.<br />
Das Schielen bzw. die Veranlagung zum Schielen kann vererbt sein (Notwendigkeit<br />
augenärztlicher Vorsorgeuntersuchungen). Ein Teil der Schielfehler tritt bereits <strong>im</strong><br />
ersten Lebensjahr auf. Bis zum Alter von 4 bis 6 Monaten ist gelegentliches<br />
wechselndes Schielen beider Augen noch unbe<strong>den</strong>klich.<br />
Einseitige/nichtalternierende Schielformen gehen mit Einschränkungen der Sehschärfe<br />
des schielen<strong>den</strong> Auges einher. Es entwickelt sich in <strong>den</strong> meisten Fällen<br />
schnell eine Amblyopie des schielen<strong>den</strong> Auges aufgr<strong>und</strong> folgender Vorgänge: Da<br />
schielende Augen in verschie<strong>den</strong>en Richtungen blicken, entstehen Doppelbilder.<br />
Zur zuverlässigen Orientierung muss ein Bild unterdrückt wer<strong>den</strong>. Be<strong>im</strong> Wettstreit<br />
der Augen unterliegt eins. Der von diesem Auge gelieferte Seheindruck wird <strong>im</strong><br />
Gehirn dauernd unterdrückt, dieses Auge wird amblyop. Das andere „führende“<br />
Auge übern<strong>im</strong>mt allein das scharfe Sehen.<br />
Diese Vorgänge sind auch ausschlaggebend <strong>für</strong> das Entstehen von Schielen <strong>und</strong><br />
Amblyopie bei höhergradiger Hyperopie:<br />
Die Hyperopie zwingt zur Akkommodation schon be<strong>im</strong> Blick in die Ferne. Die an<br />
die Akkomodation gekoppelte Konvergenz zwingt die Augen in Innenschielstellung.<br />
Aus dieser Innenschielstellung entwickeln sich dann, wie oben<br />
beschrieben, manifestes Schielen <strong>und</strong> Amblyopie. Dagegen kann man bei <strong>Kinder</strong>n<br />
<strong>und</strong> Erwachsenen, deren Hyperopie rechtzeitig mit Gläsern versorgt wurde,<br />
beobachten, dass ihre Augen nur dann in Konvergenz-/Innenschielstellung<br />
abweichen, wenn sie die Brille absetzen; mit Brille schielen sie nicht <strong>und</strong> weisen<br />
auf bei<strong>den</strong> Augen unbeeinträchtigte Sehschärfe auf. Warum ein Teil der nicht<br />
versorgten hyperopen <strong>Kinder</strong> zu schielen beginnt, der andere Teil aber offenbar die<br />
Konvergenz von der Akkommodation abkoppeln kann <strong>und</strong> nicht schielt, ist nicht<br />
bekannt.<br />
Ein weiterer Faktor der Amblyopieentstehung be<strong>im</strong> Schielen ist: Aus der falschen<br />
Blickrichtung des schielen<strong>den</strong> Auges ergibt sich, dass die vom fixierten Objekt<br />
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