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1 So geht Jungenarbeit Geschlechtsbezogene Entwicklung von ...

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GEHT SO JUNGENARBEIT?<br />

MYTHEN ÜBER JUNGENARBEIT<br />

schaften (nach §78 KJHG) auf Orts-, Kreis- und Landesebene initiiert und begleitet.<br />

Am Ende des Projekts zeichnet sich ab, dass alle vier Schichten in Teilen weiter<br />

bestehen oder sich selbständig weiter entfalten werden. Entsprechende Prozesse,<br />

die mit dem Projekt direkt zusammenhängen, wurden abgeschlossen und nach<br />

Möglichkeit in die Praxis vor Ort weiter vermittelt. Sicher ist die Implementierung<br />

<strong>von</strong> <strong>Jungenarbeit</strong> in den beiden Projektregionen noch nicht abgeschlossen. Allerdings<br />

haben sich stabile Formen <strong>von</strong> Vernetzung etabliert und das Qualifizierungsniveau<br />

hat erkennbar zugenommen (was z.B. an der Qualität der fachlichen Diskussionen<br />

ablesbar ist).<br />

Allerdings wird auch erkennbar, dass ohne das Projekt »etwas fehlen« wird. Mit<br />

dem Projektende gibt es Abbrüche und Enttäuschungen. Eine Lücke tut sich insbesondere<br />

deshalb auf, weil es in Baden-Württemberg an den entsprechenden politischen<br />

Vorgaben und Impulsen mangelt – sowohl auf Landesebene, wie auch im<br />

Bereich der Kreise und Kommunen.<br />

Im Rahmen des Projekts ist es zunehmend gelungen, Mädchenarbeit und <strong>Jungenarbeit</strong><br />

in Kontakt zu bringen, nicht zuletzt in Bezug auf das Aushandeln <strong>von</strong> Geschlechterthemen<br />

auf Team- und Einrichtungsebene. Am Ende des Projekts bestehen<br />

im Bereich »expliziter« Mädchen- bzw. <strong>Jungenarbeit</strong> Arbeitsabsprachen für die<br />

Zukunft (z.B. auf Landesebene). Das Ziel wechselseitiger Anregung und Stabilisierung<br />

hat funktioniert. Dabei <strong>geht</strong> die Perspektive über separierte Jungen- oder<br />

Mädchenarbeit hinaus; sie schließt mittlerweile Geschlechter- und Genderpädagogik<br />

und Fragen der Geschlechterinteraktion und -konstruktion mit ein – und damit<br />

das ganze Feld zwischen Homopädagogik, Heteropädagogik, Koedukation, Über-<br />

Kreuz-Pädagogik: Geschlecht in aller Breite.<br />

Mythen über <strong>Jungenarbeit</strong><br />

Bei unserer Arbeit in diesem breiten Feld sind wir immer wieder auf Mythen über<br />

<strong>Jungenarbeit</strong> und Jungenpädagogik gestoßen, die wir letztlich für kontraproduktiv<br />

halten. <strong>So</strong>lche Mythen werden zwar gerne angebracht und aufgewärmt – im Rahmen<br />

des Projekts wurden sie jedoch problemlos widerlegt. Mythen leben durch<br />

ihre ständige unreflektierte Wiederholung. Wir wollen uns deshalb in diesem Abschnitt<br />

kurz aber kritisch mit Standardmythen im Feld <strong>von</strong> <strong>Jungenarbeit</strong> auseinander<br />

setzen. Weil wir aber weder ein Märchenbuch noch eine mythologische Abhandlung<br />

schreiben wollen, beschränken wir uns auf die Hauptmythen. Wir rufen<br />

alle altgedienten und Nachwuchs-<strong>Jungenarbeit</strong>er zur weiteren gemeinsamen Erforschung<br />

und zur Arbeit an einem Mythologie-kritischen Kompendium der <strong>Jungenarbeit</strong><br />

auf. Beginnen wir mit dem<br />

Mythos »<strong>Jungenarbeit</strong> ist Mühe und Plage«<br />

Der Spaß-Faktor in der <strong>Jungenarbeit</strong> ist stellenweise arg verpönt. Denn Geschlechterthemen,<br />

Geschlechterverhältnisse und deren Veränderung scheinen vor allem<br />

harte Arbeit und ein ernstes Geschäft zu sein. Sie vertragen sich nicht mit einer<br />

Leichtigkeit des Seins, mit dem Fluss des Lebens, mit Leidenschaft, Lust und Liebe.<br />

Nichts scheint anspruchsvoller, <strong>Jungenarbeit</strong> wie Geschlechterpädagogik insgesamt<br />

gelten als eines der schwierigsten Felder <strong>von</strong> Pädagogik. Unsere Perspektive im<br />

Projekt Jungenpädagogik war allerdings die, dass es viele interessante und anspruchsvolle<br />

Themen für die <strong>Entwicklung</strong> der Kinder- und Jugendhilfe gibt. Einige unserer<br />

Implementierungsfragen und -mühen waren auch themenunabhängig zu sehen.<br />

Und vor allem können die Männer und Frauen, die mit Jungen arbeiten, immer<br />

wieder feststellen: <strong>Jungenarbeit</strong> kann auch Spaß machen. (Eine Schutzbehauptung<br />

veränderungsunwilliger Männer lautet demgegenüber: <strong>Jungenarbeit</strong> macht keinen<br />

Spaß und die Jungen wollen das nicht. Und tatsächlich hören wir immer wieder aus<br />

der Ferne den Anspruch: <strong>Jungenarbeit</strong> darf den Jungen gar keinen Spaß machen,<br />

sondern muß ihnen den Sexismus austreiben).<br />

Was sich auch lustfeindlich äußert ist die Vorstellung, <strong>Jungenarbeit</strong> und Mädchenarbeit<br />

müßten sich immer einig sein. Wir erkennen darin ein vagabundierendes<br />

Theorierudiment aus Urzeiten der Frauenbewegung: Dort, wo Geschlechterverhältnisse<br />

geklärt und aufgelöst worden sind, kann und darf es keine<br />

divergierenden Interessen mehr geben. Denn die sind gerade ein Beleg dafür,<br />

dass die Geschlechterverhältnisse nicht so sind, wie sie sein sollen. In den Projektzusammenhängen<br />

hat sich nun an vielen Stellen gezeigt, dass sich Männer und<br />

Frauen, <strong>Jungenarbeit</strong> und Mädchenarbeit zum Teil gar nicht so einig sind. Lustverlust<br />

und Frustration gab es aber vor allem an den Stellen, wo solche Konflikte<br />

nicht <strong>von</strong> einigermaßen gleich starken Gegenübern ausgehandelt oder ausgehalten<br />

werden können. Dagegen gehörte das Sich-Streiten, das Ringen um Positionen<br />

und auch die Feststellung, dass wir einfach an manchen Stellen unterschiedlich sind<br />

– Unterschiede ziehen sich ja bekanntlich auch an – durchaus zu den lustvollen<br />

Aspekten der Arbeit im Projekt.<br />

Der »Kinderschuh-Mythos«<br />

<strong>Jungenarbeit</strong>, so heißt es in diesem Mythos, steht noch ganz oder ziemlich am<br />

Anfang. Ihr fehlen: die Männer, die sich interessieren und einsetzen wollen; die<br />

Jungen, die teilnehmen wollen; die richtigen Theorien und Konzepte, methodische<br />

Übung und überhaupt die langjährige Erfahrung und der nicht einholbare Vorsprung,<br />

den die Mädchenarbeit hat. Gibt es <strong>Jungenarbeit</strong> tatsächlich nur auf dem Papier?<br />

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