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1 So geht Jungenarbeit Geschlechtsbezogene Entwicklung von ...

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PARADIGMEN DES ERFOLGS<br />

ORIENTIERUNG AUF DAS GELINGENDE<br />

lich wider erwarten positive Auswirkungen in kurzer Zeit einstellen. Zum anderen<br />

ist damit die Erreichbarkeit gemeint: Arbeitskreise, Veranstaltungen und Seminare<br />

sollten so konzipiert sein, dass sie immer auch mit wenigen Teilnehmern bzw. Teilnehmerinnen<br />

stattfinden können. Jede stattgefundene Veranstaltung ist ein Erfolg,<br />

aber jede ausgefallene betont die geringe Bedeutung und die Marginalität des Themas.<br />

Die Qualität eines Arbeitstreffens oder einer Veranstaltung ist ohnehin unabhängig<br />

<strong>von</strong> der Zahl der Teilnehmer, kleine Gruppen erhöhen die Intensität und die<br />

Möglichkeit, in die Tiefe zu gehen. Also: Wir machen Jungenpädagogik auch mit<br />

wenigen – wer da ist, ist da und wichtig.<br />

Orientierung auf das Gelingende<br />

Die Orientierung auf gelingendes Jungesein, auf das Stärken des Gelingenden war<br />

die Grundhaltung, die das IRIS-Projekt Jungenpädagogik geprägt, vielleicht sogar<br />

in dieser Form möglich und notwendig gemacht hat. Das Schlagwort »an den Stärken<br />

der Jungen ansetzen« ist in der pädagogischen Praxis zwar weit verbreitet. Oft<br />

herrscht spätestens bei der Frage danach Rat- und Sprachlosigkeit, wie diese »Stärken«<br />

denn aussehen und was damit angefangen werden könnte. Ähnlich scheint<br />

die Jugendhilfe insgesamt unter dem Bann des Defizitären zu stehen.<br />

Die Jugendhilfe ist, wie soziale Arbeit insgesamt, vorwiegend auf Probleme konzentriert.<br />

Das Gelingende in der praktischen Arbeit ist kaum im Blick. Lösungen<br />

werden deshalb erst gar nicht wahrgenommen. Und viel Gutes versinkt im Analysieren<br />

des Nicht-Vorhandenen und im Lamentieren. Oft ist es sehr schwer, hier<br />

gegenzuhalten und darauf zu bestehen, dass es sehr wohl Substanz, Ressourcen<br />

und Potenziale gibt. Am Ausgangspunkt jungenpädagogischer Arbeit steht deshalb<br />

die Suche nach Lösungen. Bildlich gesprochen <strong>geht</strong> es in gelingender <strong>Jungenarbeit</strong><br />

und -pädagogik also viel stärker um den Käse – und viel weniger um die<br />

Löcher (vgl. Winter 1994). Der »Trick« und eine Grundlage des Erfolgs liegt demnach<br />

darin, den Blick auf Lösungen zu lenken. Selbstverständlich kann und muß<br />

das »Noch-Nicht-Vorhandene« auch wahrgenommen werden. Entscheidend ist aber<br />

die Perspektive: Kann ich es als Potenzial sehen, habe ich eine Vorstellung da<strong>von</strong>,<br />

wie es sein wird, wenn das Potenzial gelebt ist? Und: Was kann ich dazu beitragen,<br />

dass sich dieses Potenzial entfalten kann?<br />

Eine wesentliche Grundlage dafür war im Projekt die Arbeit mit dem Variablenmodell<br />

»Balanciertes Jungesein« bzw. »Balanciertes Mannsein« (vgl. ausführlich Winter/Neubauer<br />

2001; die Variablen des Modells sind im Anhang abgebildet). Dieses<br />

Modell vermeidet viele Mängel ähnlicher Vorstellungen: Es bietet keine Ergänzung<br />

oder Abgrenzung zwischen »männlich« und »weiblich«, es ist auch kein »Entweder-Oder-Modell«,<br />

sondern sieht Aspekte der Persönlichkeit grundsätzlich als Kompetenzen<br />

und vor allem: es versucht nicht, für Jungen und Männer positive gegen<br />

negative Eigenschaften auszutauschen (z.B. »stark« gegen »schwach«).<br />

Zunächst hilft dieses Modell dabei, Vorstellungen zu entwickeln, wie das Junge- und<br />

Mannsein in der Moderne positiv, also »gelingend« bzw. als Potenzial vorgestellt<br />

werden kann. Es beschreibt damit zwar auch eine Ziellinie, ein Ideal. Aber es unterstützt<br />

Pädagogen und Pädagoginnen in der Wahrnehmung des Vorhandenen, ohne<br />

auf abwertende Zuschreibungen zurückgreifen zu müssen. Darüber hinaus kann das<br />

Modell in der Jungenpädagogik verwendet werden als Diagnoseinstrument und zur<br />

pädagogischen Planung (<strong>Entwicklung</strong> pädagogischer Settings), also z.B. in Bezug auf<br />

Jungen (Was hat er? Was kann er? Wo kann er sich noch entwickeln?), <strong>Jungenarbeit</strong>er<br />

(Was habe ich? Was kann ich? Wo kann ich mich noch entwickeln? Mit welchem<br />

Aspekt kann ich gut/nicht umgehen?) oder Institutionen (Was können Jungen bei<br />

uns zeigen und was nicht? Was können wir ihnen an <strong>Entwicklung</strong>sfeldern bieten?<br />

Welche Aspekte hat die Institution selbst gut entwickelt und welche nicht?).<br />

IN DEN SELBSTBEHAUPTUNGSKURSEN FINDET DIE ORIENTIERUNG AM GELINGENDEN IHREN AUS-<br />

DRUCK DARIN, DASS DIE LEISTUNGS- UND AKTIVITÄTSPOTENZIALE VON JUNGEN AUFGEGRIFFEN<br />

UND AKZEPTIERT WERDEN, Z.B. IM »FAIREN KAMPF«. GENAUSO WIRD IHRE FÄHIGKEITEN ZUR ENT-<br />

SPANNUNG WEITER ENTWICKELT. IN DEN PRAXISPROJEKTEN WECHSELN EHER AKTIVIERENDE ME-<br />

THODEN MIT MEHR REFLEXIVEN ANTEILEN AB, BEIDES WIRD ABGESTIMMT AUF DIE TEILNEHMEN-<br />

DEN JUNGEN, AUF DAS, WAS SIE SCHON HABEN UND ZEIGEN WOLLEN UND AUF DAS, WAS SIE<br />

AUCH NOCH KÖNNTEN. IN SOLCHEN PROJEKTEN KÖNNEN JUNGEN FAST GLEICHZEITIG IHRE STÄR-<br />

KEN SPÜREN, KRÄFTE AUSPROBIEREN, SICH MIT GRENZEN AUSEINANDER SETZEN, IN KONFLIKTE<br />

GEHEN ODER SICH UND ANDERE SCHÜTZEN LERNEN.<br />

IN MEDIENSEMINAREN WIRD DER WUNSCH NACH SELBSTDARSTELLUNG (IM BALANCEMODELL:<br />

PRÄSENTATION) VON JUNGEN ANGEREGT. VIELE JUNGEN ERHALTEN HÄUFIG GERADE DADURCH<br />

ZUGÄNGE ZU IHREN REFLEXIVEN SEITEN UND ZU IHREN FÄHIGKEITEN, SICH AUF SICH SELBST ZU<br />

BEZIEHEN – MEHR WISSEN, WER SIE SIND, MEHR »SIE SELBST SEIN« DÜRFEN.<br />

IN FORTBILDUNGSVERANSTALTUNGEN UND FORUMSGESPRÄCHEN HAT DIE BLICKRICHTUNG AUF<br />

POTENZIALE IMMER WIEDER REALE MÖGLICHKEITEN SICHTBAR GEMACHT. OFT WURDE DABEI<br />

DEUTLICH WAHRNEHMBAR DIE ART VON LÄHMUNG IM DENKEN VERHINDERT, DIE VON PÄDAGO-<br />

GISCHEN DISKURSEN AUSGEHT, WENN SIE IM ABWERTEN UND LAMENTIEREN STECKEN BLEIBEN.<br />

Der Blick auf Gelingendes und Vorhandenes spielt auch im pädagogischen Jugendhilfealltag<br />

eine gewichtige Rolle. Nicht selten verdichten sich die Nebel des Alltags<br />

so stark, dass außer Problemen fast nichts mehr gesehen wird. Wenn es gelingt,<br />

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