1 So geht Jungenarbeit Geschlechtsbezogene Entwicklung von ...

TEILPROJEKTE IM IRIS-PROJEKT »JUNGENPÄDAGOGIK«
VERANSTALTUNGEN ZUR GESCHLECHTERPÄDAGOGIK »ÜBERKREUZ«
UND FRAUEN NACH WIE VOR MIT CHANCENUNGLEICHHEIT UND GEWALT KONFRONTIEREN. UND:
WARUM SIND DIE FRAUEN SO SEHR BEREIT, IHRE AUFMERKSAMKEIT NACH DEM JAHRELANGEN
KAMPF FÜR DIE MÄDCHENARBEIT NUN WIEDER AUF DIE JUNGEN ZU LENKEN? DIES MUSS NATÜR-
LICH JEDE PÄDAGOGIN SELBST BEANTWORTEN, GENAUSO WIE ES KEINE PATENTREZEPTE FÜR DIE
GESCHLECHTSBEZOGENE ARBEIT MIT JUNGEN GIBT. DENN DIESE HÄNGT IMMER VOM SELBSTVER-
STÄNDNIS DER PÄDAGOGIN, IHREM PERSÖNLICHEN BLICK AUF JUNGEN, IHREN ZIELSETZUNGEN,
DEN JUNGEN SELBST UND DEN INSTITUTIONELLEN RAHMENBEDINGUNGEN AB (HALTUNG DES
TEAMS, KONZEPTION...).
»GEZÄHMTE JUNGS WOLLEN WIR NICHT!«, SO DAS EINDEUTIGE VOTUM IN DER ABSCHLUSSRUN-
DE. NEUE IMPULSE FÜR DIE REFLEXION DER EIGENEN STANDORTBESTIMMUNG UND DIE WEITER-
ENTWICKLUNG DER ARBEIT MIT DEN JUNGEN HABE DIESER FACHTAG GEGEBEN, RESÜMIEREN DIE
TEILNEHMERINNEN. INSGESAMT IST DIESER FACHTAG FÜR DIE VERANSTALTERINNEN UND VERAN-
STALTER – AGJF FRAUENKOMMISSION, AKADEMIE DER JUGENDARBEIT UND PROJEKT JUNGENPÄD-
AGOGIK – ALS GELUNGENES EXPERIMENT ZU WERTEN.
Eine Zeit später folgte das Pendant nach: der Fachtag »Brauchen Mädchen Männer?«
für Pädagogen in der Arbeit mit Mädchen. Auch dieser Fachtag war gut
besucht und sondierte ein noch weitgehend unerschlossenes Terrain im Sinn des
ergänzenden Untertitels: Mädchenarbeit ist das nicht – was dann?
Brauchen Mädchen Männer? – Pädagogen in der Arbeit mit Mädchen 7
FÜR VIELE MÄNNER IST DIE PÄDAGOGISCHE ARBEIT MIT MÄDCHEN ETWAS SELBSTVERSTÄNDLI-
CHES, DAS NICHT REFLEKTIERT WERDEN MUSS. ANDERE SEHEN DIE ARBEIT MIT MÄDCHEN ALS
ETWAS GANZ BESONDERES AN. VIELE PÄDAGOGEN SPÜREN UND WISSEN, DASS SIE FÜR MÄDCHEN
EINE BEDEUTUNG HABEN – ABER WELCHE? WIEDER ANDERE SIND VERUNSICHERT – AUCH DURCH
DIE THEMATISIERUNG VON BENACHTEILIGUNG ODER DURCH EINEN LATENT WAHRGENOMMENEN
MISSBRAUCHSVERDACHT. KLAR IST: IM BEREICH DER JUGENDHILFE UND JUGENDARBEIT IST ES DIE
REGEL, DASS MÄNNER AUCH MIT MÄDCHEN ARBEITEN. ES FÄLLT ABER AUF, DASS DIE ARBEIT VON
PÄDAGOGEN MIT MÄDCHEN ALS FACHLICHES THEMA MIT BESONDEREN QUALITÄTEN, CHANCEN
ODER SPEZIFISCHEN PROBLEMEN BISLANG KAUM AUFGEGRIFFEN WURDE.
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Artikel von Gunter Neubauer und Reinhard Winter im ProjektInfo Nr. 3, vgl. auch IRIS-Projekt Jungenpädagogik
1999
AM 23. NOVEMBER 1999 FAND IN TÜBINGEN EIN FACHTAG FÜR MÄNNER STATT, DIE PÄDAGO-
GISCH MIT MÄDCHEN ARBEITEN. ZUR VORGESCHICHTE DER VERANSTALTUNG GEHÖREN ZWEI
FACHTAGE FÜR FRAUEN IN DER ARBEIT MIT JUNGEN: »WOLLEN WIR GEZÄHMTE JUNGS – ODER
WAS?« UNS MÄNNERN UND FRAUEN IM GEMISCHTEN TEAM ERSCHIEN ES INTERESSANT, DAS GE-
GENSTÜCK ZUM THEMA DER FACHLICHEN AUSEINANDERSETZUNG ZU MACHEN. ALLERDINGS WA-
REN WIR ZUNÄCHST SKEPTISCH IN BEZUG AUF DIE RESONANZ DER FACHMÄNNER. UM SO ERFREU-
LICHER IST, DASS »BRAUCHEN MÄDCHEN MÄNNER?« ALS ERSTE VERANSTALTUNG IM PROJEKT
»JUNGENPÄDAGOGIK« MIT 26 TEILNEHMERN UND WARTELISTE VÖLLIG ÜBERBUCHT WAR. ZU-
GLEICH SPRICHT DAS FÜR DIE HOHE BEDEUTUNG DES THEMAS.
INSGESAMT HATTEN WIR EINE AUFSCHLUSSREICHE UND ANREGENDE VERANSTALTUNG – AUCH
WENN VIELES NOCH AM ANFANG STEHT UND UNSORTIERT WIRKT. DENN BISLANG WURDE »GE-
SCHLECHT« ALS THEMA IN JUGENDHILFE UND JUGENDARBEIT ÜBERWIEGEND HOMOPÄDAGOGISCH
VERHANDELT: ALS JUNGENARBEIT ODER MÄDCHENARBEIT. KOEDUKATIVE UND HETEROPÄDAGO-
GISCHE ZWISCHENBEREICHE, DIE FAKTISCH ÜBERWIEGEN, SIND ERSTAUNLICH SCHWACH REFLEK-
TIERT. AUF DIESEM HINTERGRUND ERWIES SICH ALS FRUCHTBAR, DASS DIE REFERENTINNEN GABI
KIRCHER UND ANJA WILSER FUNDIERTE INFORMATIONEN ZU LEBENSLAGEN VON MÄDCHEN GE-
BEN UND BEZÜGE ZU IHRER MÄDCHENPÄDAGOGISCHEN PRAXIS HERSTELLEN KONNTEN. IN DER
ANSCHLIESSENDEN DISKUSSION GING ES UM DIE RELATION UND VERTIEFUNG DER FRAUEN- UND
MÄNNERPERSPEKTIVEN AUF MÄDCHEN.
DIE AM FACHTAG TEILNEHMENDEN MÄNNER SPRACHEN DABEI GANZ UNTERSCHIEDLICHE MÄD-
CHENPÄDAGOGISCHE THEMEN AN. IN DER ANALYSE STELLTE SICH HERAUS, DASS FÜR DIE FORT-
FÜHRUNG DER FACHLICHEN DISKUSSION VOR ALLEM DIE BEREICHE »VÄTERLICHKEIT«, »SEXUALI-
TÄT«, »EROTIK« UND »MÄNNLICHE STABILITÄT IN DER MÄDCHENPÄDAGOGIK« WICHTIG SIND.
DIE FRAGE NACH EINER PROFESSIONELLEN »VÄTERLICHKEIT« STELLTE SICH DORT, WO ES UM DIE
SPEZIFISCHE DEFINITION DER EIGENEN BERUFLICHEN ROLLE IN BEZUG AUF MÄDCHEN GING. SO
WURDE KONTROVERS VERHANDELT, OB (UND WIE) EINE PROFESSIONELLE HALTUNG VON MÄN-
NERN ÜBERHAUPT MIT VÄTERLICHKEIT ZUSAMMENGEBRACHT WERDEN KANN, UND OB ES NICHT
BESSER WÄRE, BERUFSROLLE UND VÄTERLICHKEIT SCHARF ZU TRENNEN. EINE TRENNUNG PRAKTI-
ZIEREN VIELE MÄNNER AUCH, WENN ES UM DIE THEMATISIERUNG VON MÄDCHENSEXUALITÄT
GEHT – ETWA BEI FRAGEN DER PSYCHOSEXUELLEN UND BIOLOGISCHEN ENTWICKLUNG, IN BEZUG
AUF BEZIEHUNGEN, FREUNDSCHAFTEN UND VERHÜTUNG. DIESER BEREICH WIRD EHER AN DIE
KOLLEGINNEN DELEGIERT.
DAS MAG AUCH DAMIT ZUSAMMENHÄNGEN, DASS ES WENIG VORSTELLUNGEN DARÜBER GIBT,
WIE DEN FRAGEN DER MÄDCHEN NACH DER EIGENEN ATTRAKTIVITÄT UND IHREN EROTISCHEN
WÜNSCHEN MÄNNLICH-PROFESSIONELL BEGEGNET WERDEN KANN. DIESE UNSICHERHEITEN WER-
DEN AUCH MIT EINER LATENTEN BEDROHUNG UND VERDÄCHTIGUNG IM GEFOLGE DER MISS-
BRAUCHSDEBATTEN BEGRÜNDET. UMGEKEHRT SIND ES NICHT NUR MÄDCHEN, DIE SICH MAL VER-
LIEBEN KÖNNEN. ABER AUCH DIE ATTRAKTIVITÄT VON MÄDCHEN FÜR DIE PÄDAGOGEN IST EIN –
VON PROFESSIONELLER MORAL – EHER VERDECKTES THEMA. GUT BEDIENEN LASSEN SICH DAGE-
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