17.11.2013 Aufrufe

1 So geht Jungenarbeit Geschlechtsbezogene Entwicklung von ...

1 So geht Jungenarbeit Geschlechtsbezogene Entwicklung von ...

1 So geht Jungenarbeit Geschlechtsbezogene Entwicklung von ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.

YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.

DIFFERENZIERUNGEN<br />

STADT-LAND-DIFFERENZIERUNG<br />

Wenn es um »Geschlecht« <strong>geht</strong>, verweisen Männer auf Frauen und fühlen sich<br />

selbst nicht zuständig. Jenseits <strong>von</strong> Benachteiligung (Mädchen) und Täterschaft<br />

(Jungen) gilt Geschlecht kaum als Thema fachlicher Qualität. Für Jungen fühlen<br />

sich nun ihrerseits die Frauen nicht zuständig, vor allem wohl deshalb, weil sie<br />

ihre eigene Geschlechtlichkeit und ihre fachliche Zuständigkeit hier nicht trennen.<br />

Gleichzeitig erwarten Frauen, dass sich Männer zusammenschließen und sich fachlich<br />

und politisch für das Jungenthema einsetzen oder gar verkämpfen – eben so<br />

wie es die Frauen »damals« für die Mädchenarbeit selbst gemacht haben. Passiert<br />

dies nicht, kommt es allenfalls zu moralischen Vorwürfen, nicht aber zu fachlicher<br />

Initiative.<br />

In diesem Dilemma kann das Jungenthema nicht stabil verankert werden, sondern<br />

muß immer wieder wegsacken. Und ähnliches passiert auch auf höherer<br />

Ebene: In Baden–Württemberg sollen z.B. zehn zusätzliche Professuren für Geschlechterthemen<br />

eingerichtet werden – für Frauen und unter der Devise Frauenförderung.<br />

Die Intention mag zwar richtig sein, allerdings bedeutet diese Botschaft<br />

für Männer, sich bloß nicht mit Geschlechterthemen zu befassen, weil sie<br />

das ja nichts an<strong>geht</strong>.<br />

DER PRAXISTIPP – SO WIRD´S GEMACHT:<br />

Um einer »Ver-Präambelung« der Geschlechterthematik entgegenzuwirken, gibt es ein ganz einfaches<br />

Mittel: Bei jedem Planungsgespräch, in jedem Abschnitt eines irgendwie gearteten Planungsvorhabens<br />

und in jedem Kapitel eines Berichts wird als Pflichtaufgabe nach Geschlecht differenziert – und zwar<br />

auch dann, wenn »eigentlich« nichts besonderes dabei heraus kommt. Gerade die Gleichzeitigkeit <strong>von</strong><br />

Gleichheit und Differenz, Gleichheit und Ungleichheit in der Jugendhilfe(planung) ist ein überaus spannendes<br />

und ergiebiges Thema.<br />

Stadt-Land-Differenzierung<br />

Die regionale Anlage des Projekts ermöglichte neben den institutionellen Differenzierungen<br />

auch den Blick auf Unterschiede zwischen Ballungsraum und ländlichem<br />

Raum: In der (groß-) städtischen Region »Stuttgart« mit vielfältig ausdifferenzierter<br />

und hochinstitutionalisierter Jugendhilfestruktur sowie in der Region Tübingen/<br />

Schwäbische Alb mit typisch ländlichem Charakter.<br />

Dieser regionale Ansatz ist für die Implementierung <strong>von</strong> geschlechtsbezogenen Ansätzen<br />

sehr wichtig. Vernetzung über Personen in diesem thematischen Feld funktioniert<br />

vor allem kleinräumig – also lokal bis regional. Zu große Entfernungen zwischen<br />

den »Netzpunkten« verhindern eine dauerhafte Zusammenarbeit und häufige<br />

persönliche Kontakte. Und ein zu weitmaschiges, ein zu »löchriges« Netz kann<br />

nicht die notwendige Integrationsperspektive aufzeigen (die durch ein Ausscheren<br />

aus Normalitäten notwendig wird). Diese regionale Perspektive ernst zu nehmen,<br />

hat sich im Projekt bewährt: Bereits die Informationsgespräche zu Beginn, vor allem<br />

aber die Foren waren regional verortet. Aus den Foren entwickelte sich auch ein<br />

unterschiedlicher Bedarf, etwa was die weitere Arbeit nach einem Forum im homosozialen<br />

oder im heterosozialen Setting an<strong>geht</strong>.<br />

Bei den Jungen und ihren Themen, Stärken, Ressourcen oder Schwierigkeiten<br />

konnten wir zwischen den beiden Regionen kaum Unterschiede wahrnehmen. In<br />

der Stadt und auf dem Land gibt es bei den Jungen gewissermaßen alles mögliche.<br />

Auch habituell sind Jungen in städtischen und ländlichen Räumen angeglichen.<br />

Im persönlichen Bezug zu den Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen in der Jugendhilfe<br />

zum Projekt waren ebenfalls nur geringe Unterschiede festzustellen. In beiden<br />

Regionen entwickelten sich sehr gute persönliche Arbeitszusammenhänge. Allenfalls<br />

in der Mobilität waren Abweichungen erkennbar: Die Kollegen und Kolleginnen<br />

aus der Stadt waren viel weniger dazu zu bewegen, zu Veranstaltungen in die<br />

ländliche Region zu reisen. Dagegen ist es für die Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen<br />

vom Land selbstverständlich, auch für kürzere Fachtage oder Seminare in die Großstadt<br />

zu fahren.<br />

Deutliche Unterschiede fanden wir jedoch bei den Institutionen. Zugespitzt können<br />

wir sagen, dass in der städtischen Region die institutionellen Kontakte dominieren<br />

und sich Jugendhilfe sehr stark auch institutionell ausdifferenziert zeigt. In der ländlichen<br />

Region dominiert dagegen der persönliche Kontakt, die Jugendhilfe ist nicht so<br />

stark spezialisiert und über die Personen gibt es viele überinstitutionelle Berührungspunkte<br />

(»man kennt sich« eher, und wenn man sich nicht persönlich kennt, hat man<br />

oft schon <strong>von</strong>einander gehört: »ach du bist das...«). Diese unterschiedlichen Akzentuierungen<br />

haben jeweils Vor- und Nachteile: Durch die persönliche sozialen Kontak-<br />

78 79

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!