1 So geht Jungenarbeit Geschlechtsbezogene Entwicklung von ...
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DIFFERENZIERUNGEN<br />
DIE JUGENDHILFEBEREICHE<br />
Jugendring, Schulsozialarbeit), die fachliche, auch institutionenübergreifend Vernetzung<br />
schafft Zugänge und hilft den Mitarbeitern in der Beratung, Kompetenzen<br />
auch außerhalb der Beratungsstelle wahrzunehmen.<br />
DER PRAXISTIPP – SO WIRD´S GEMACHT:<br />
Jungenbezogene Beratung hat viele Gesichter. Sie ähnelt oft mehr Alltagsgesprächen und -unterstützung<br />
oder hängt mit interessanten Erlebnissen zusammen. Vieles <strong>von</strong> jungengerechter Beratung <strong>geht</strong> in den<br />
üblichen Beratungssettings nicht. Wenn in einer Beratungsstelle jungenbezogen gearbeitet werden soll,<br />
muß sich die Beratungsstelle ändern – nicht die Jungen. Jungenberatung <strong>geht</strong> oft besser, wenn sie<br />
Jungen Spaß macht, interessant, lösungs- und erfahrungsorientiert ist. Für jungenbezogene Beratung<br />
gibt es noch sehr viele <strong>Entwicklung</strong>spotenziale – also: am besten gleich heute damit anfangen.<br />
Jugendhilfeplanung<br />
Die Jugendhilfeplanung in unseren Projektregionen ist insgesamt ausgesprochen<br />
heterogen, sie wirkt meist beliebig und undurchsichtig. Fachliche Planungsstandards<br />
sind kaum erkennbar. Das Thema »Jungen« scheint in der Jugendhilfeplanung<br />
weder in der Theorie noch in der Praxis zu existieren. <strong>So</strong> wird das Geschlechterthema,<br />
wenn überhaupt, mehr zum seltenen Hobby (oder zur Folge <strong>von</strong> Lobby,<br />
die es aber auf der Jungenseite nicht gibt).<br />
Es fällt schon auf: In den Planungsunterlagen findet sich eigentlich immer die Präambel,<br />
dass § 9.3 KJHG berücksichtigt wird. Die in der Planung erhobenen Daten<br />
werden allerdings meistens nicht geschlechtsbezogen reflektiert und interpretiert,<br />
schon gar nicht werden Folgerungen daraus gezogen (z.B. dass Jungen schneller in<br />
jüngerem Alter in Hilfen zur Erziehung kommen, dass 2/3 in den Hilfen zur Erziehung<br />
Jungen sind). Ein gängiges Totschlag- ist in der Jugendhilfeplanung das Einzelfall-Argument:<br />
Geschlechter bzw. auch »Jungen« würden ja automatisch berücksichtigt,<br />
weil sich die Hilfen ja schon um den Einzelfall kümmere, und das seien<br />
ja schließlich Jungen oder Mädchen. Dabei wird nicht berücksichtigt, dass die Mitarbeiterinnen<br />
und Mitarbeiter, die mit den Einzelfällen arbeiten, diese Perspektive<br />
meistens gar nicht einnehmen (können) – und sie deshalb einfach unter<strong>geht</strong>. Das<br />
Phänomen der »Verpräambelung« des Geschlechterthemas – im Vorwort taucht es<br />
auf, und dann nicht wieder – ist uns in der Jugendhilfeplanung so an einigen Stellen<br />
begegnet.<br />
ÜBER DIE »VER-PRÄAMBELUNG“ VON GESCHLECHT IN DER JUGENDHILFE<br />
Wie die Geschlechterperspektive in Planungsprozessen verschwindet oder marginalisiert wird – exemplarisch<br />
dargestellt an einem Projekt für junge Aussiedler:<br />
1. Geschlechterthema als Grundlage für die Konzeption wird fachlich begründet und eingefordert.<br />
2. Die Wichtigkeit der Geschlechterdifferenzierung wird allgemein betont und dem Anliegen wird zugestimmt<br />
(Aufnahme in die Präambel)<br />
3. Evtl. werden noch grundsätzliche Verlautbarungen zum Geschlecht bekannt gegeben.<br />
4. Das Konzept wird schließlich – ohne entsprechende Fachleute einzubeziehen – ohne Berücksichtigung<br />
geschlechtsbezogener Details entwickelt. Dabei sind offenbar Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter<br />
damit überfordert, konzeptionell Geschlechtsbezüge mit aufzunehmen.<br />
5. Konkrete Schritte für die Verwirklichung der Konzeption werden gesammelt, konkrete Angebote<br />
hinzugefügt<br />
6. Irgendjemand merkt, nachdem die Konzeption fertiggestellt ist, dass wieder mal die Mädchen fehlen.<br />
Skandal, Empörung: schnell werden noch einige Spezialangebote für Mädchen als Ergänzung und<br />
Zusatz angehängt. Ansonsten wurde das Geschlecht erledigt.<br />
Je nach Ansatz und Selbstverständnis <strong>geht</strong> es bei der Jugendhilfeplanung (auch)<br />
darum, Routinen aufzubrechen und Einstellungen zu verändern. Beides sitzt im<br />
Geschlechterbereich besonders hartnäckig. Gleichzeitig muß mit Routinen und etablierten<br />
Ansichten strategisch umgegangen werden. Denn natürlich ist geschlechtsbezogen<br />
mangelhafte Planung auch eine Folge bornierter Politik: Alles soll es geben,<br />
aber es soll eben möglichst gar nichts kosten. Fachliche Impulse und politisch<br />
weitreichendere Perspektiven sind so gesehen sehr unwahrscheinlich, weil sie weder<br />
aus der Verwaltung, noch aus der Politik kommen. (Ähnlich, wie die Enquete-<br />
Kommission »Jugend« in Baden-Württemberg nur das wahrgenommen hat, was<br />
sie sehen wollte und dazu noch das, was besonders laut und penetrant vertreten<br />
wurde. Zu eigenen, weiterreichenden Gedanken oder einer tragfähigen politischen<br />
Perspektiventwicklung hat das nicht gereicht). Kurz: In der Jugendhilfeplanung ist<br />
deshalb Grundlagenarbeit notwendig. Warum braucht es überhaupt »Jungen« als<br />
Thema in der Jugendhilfeplanung? Was brauchen Jungen eigentlich? (Z.B.: <strong>So</strong>ziale<br />
Arenen, um sich »als Junge« darstellen und entwickeln zu können; jungengemäße<br />
und –spezifische Beratung).<br />
Im Bereich der Jugendhilfeplanung läßt sich sehr schön und exemplarisch (d.h.<br />
diese Dynamik gibt es in anderen Bereichen ebenfalls) eine fachliche Geschlechterdynamik<br />
nachzeichnen, die etwa so abläuft: »Geschlecht« ist ein Thema, das<br />
<strong>von</strong> Frauen eingebracht und aufgebaut wurde – im Mädchen- und Frauenbezug.<br />
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