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1 So geht Jungenarbeit Geschlechtsbezogene Entwicklung von ...

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DIFFERENZIERUNGEN<br />

DIE JUGENDHILFEBEREICHE<br />

schlechtsbezogen gut qualifiziert arbeiten, z.B. ein Fußballjugendtrainer, bei dem<br />

geschlechtsgemischte »Mann«schaften selbstverständlich sind, der auf Schmerzen<br />

Rücksicht nimmt und bei dem die Leistung nicht so im Vordergrund steht. Immer<br />

wieder ergaben sich ganz anregende Gespräche mit Mitarbeitern aus Vereinen –<br />

die bisweilen auch Beratungs-Charakter hatten – daraus entwickelte sich jedoch<br />

keine weitere Kooperation.<br />

Dafür, dass wir die Vereinsjugendarbeit mit unseren Projektmöglichkeiten nur wenig<br />

erreichen konnten, gibt es eine ganze Reihe <strong>von</strong> Gründen. Zunächst werden die<br />

Vereine in den allermeisten Fällen <strong>von</strong> erwachsenen Ehrenamtlichen geführt. Pädagogik<br />

ist hier ohnehin nicht das primäre Interesse, sondern die Vereinsziele stehen<br />

im Vordergrund. Darüber hinaus wird in dieser Szene »Geschlecht« vor allem mit<br />

»Problem« assoziiert, mit Benachteiligung und Unterdrückung <strong>von</strong> Mädchen und<br />

Frauen. Deshalb kann »Geschlecht« kein attraktives <strong>Entwicklung</strong>sthema sein, sondern<br />

wird abgewehrt. Auch die Mitarbeiterstruktur verhindert die pädagogischsozialen<br />

Zugänge: Die Struktur Verein scheint einen bestimmten Typ (Mann) zu<br />

fördern bzw. anzuziehen. Die (sozial) »Fitten« gehören zu diesem Typ eher nicht<br />

dazu. Sie sind – wenn sie auftauchen – meist nicht lange dabei. Die Kontakte mit<br />

Landesverbänden machten wiederum deutlich, dass die Vereins- und Verbändestruktur<br />

so intensiv mit sich selbst beschäftigt ist, dass Themen <strong>von</strong> außen wenig<br />

Chancen haben. Insbesondere die – aufgrund ihrer Größe gut mit Professionellen<br />

versorgten – Sportverbände wirken permanent angestrengt und »unter Strom«,<br />

wie auf einer Hochleistungssportveranstaltung. Verständlich, dass inhaltliche Irritationen<br />

oder Störungen nur ungern gesehen werden, Hauptsache »der Laden läuft«<br />

– wohin auch immer. Mit fachlichen geschlechterbezogenen Themen können sie<br />

ihre Mitarbeiter nicht und die Mitglieder schon gar nicht locken (wie die Kooperationsveranstaltung<br />

»Jungen und Mädchen, Körper und Sport« zeigte; vgl. auch<br />

Neubauer 2000).<br />

Hinzu kommt, dass die öffentliche Förderung und Akzentsetzungen in Baden-Württemberg<br />

nicht explizit »sozial« gestaltet ist – das <strong>So</strong>ziale bzw. <strong>So</strong>zialpädagogische<br />

zählt praktisch nichts (anders als z.B. in Hessen, wo es ein Bildungsurlaubsgesetz<br />

gibt). Bei der Förderung spielt »Geschlecht« überhaupt keine Rolle. <strong>So</strong> gibt es weder<br />

<strong>von</strong> der pädagogischen, noch <strong>von</strong> der ökonomisch-strukturellen Seite her Anreize,<br />

sich mit Geschlechterthemen zu befassen (wiederum anders als z.B. in Hessen;<br />

vgl. Sportjugend Hessen o.J.).<br />

Auch die Strukturen der Vereine sind üblicherweise nicht besonders veränderungsoffen<br />

– im Gegenteil: mit sehr viel Energie wird versucht, die traditionellen Strukturen<br />

zu (er)halten. Alles, was Veränderungen nach sich ziehen würde, wird<br />

abgewehrt. Der Leidensdruck in den Vereinen – z.B. die oft gravierende Mitgliederabwanderung<br />

bei Jugendlichen zwischen 13 und 17 Jahren – ist dagegen nicht so<br />

groß, dass der Verein als Institution reflektiert oder Grundsätzliches verändert werden<br />

würde. Bei den Sportvereinen zählt und interessiert die Mitglieder, Öffentlichkeit<br />

und Medien vor allem und teilweise ausschließlich die Leistung. Nach der Meinung<br />

mehrerer (kritischer) Mitarbeiter in Sportvereinen wäre der einzig mögliche<br />

Zugang die Zusicherung, dass sich durch die Beschäftigung mit Jungen- und Männerthemen<br />

die Leistung verbessert (<strong>von</strong> Mannschaften oder Einzelnen). Sicher gibt<br />

es auch Freizeitsport und Geselliges – vieles wird aber mehr »geduldet«, wirklich<br />

wichtig ist die Leistung.<br />

Wie können unter diesen Bedingungen <strong>Jungenarbeit</strong> und Jungenpädagogik »gehen«?<br />

An sich ist der Schritt <strong>von</strong> der Vereinsjugendarbeit zur geschlechtsbezogenen<br />

Vereinsjugendarbeit nicht besonders groß. Es gibt in den Vereinen durchaus<br />

auch Potenzial für Innovationen, das aber meist an den eigenen Strukturen scheitern<br />

muß. Damit der <strong>Entwicklung</strong>sschritt zum Geschlechtsbezug vollzogen wird,<br />

braucht es Anreize – fachliche (am besten aus den Vereins-Dachverbänden selbst)<br />

und auch finanzielle. <strong>So</strong>lange die Vereinsförderung völlig unabhängig <strong>von</strong> der KJHG-<br />

Vorgabe vergeben wird, die Lebenslagen <strong>von</strong> Mädchen und Jungen zu berücksichtigen,<br />

hat <strong>Entwicklung</strong> in diesem Bereich wohl eher weniger Chancen.<br />

DER PRAXISTIPP – SO WIRD´S GEMACHT:<br />

Jeder Vereinszweck hat auch eine geschlechtsbezogene Bedeutung. Neben den bekannten Projekten<br />

und Events kann es doch sehr interessant sein, die Vereinsziele oder -inhalte oder auch die Geschichte<br />

des Vereins auf Geschlechterthemen und -verhältnisse hin zu untersuchen. Wichtig dabei: Die Anerkennung<br />

nicht vergessen!<br />

Gründerväter und -mütter hinterlassen Spuren, auch als Männer und Frauen. Was hat unser Verein hier<br />

zu bieten? (Ja, durchaus auch positiv!). Oder wir stellen die Frage marktorientiert: Was bieten wir in<br />

unserem Verein Jungen (und was Mädchen), was andere nicht bieten?<br />

Teilstationäre, stationäre und flexible Hilfen zur Erziehung<br />

Im Bereich der teilstationären, stationären und flexiblen Hilfen zur Erziehung konnten<br />

wir insgesamt eine durchgängig hohe Bereitschaft zur konzeptionellen Auseinandersetzung<br />

mit Geschlechterpädagogik feststellen. Unser Angebot einer jungenpädagogischen<br />

Konzeptionsberatung wurde mehrfach aufgegriffen und als<br />

Prozess der Vergewisserung und Weiterentwicklung der eigenen Arbeit fortgeführt.<br />

In dieser Begleitung legten wir Wert darauf, dass nicht der Wunsch nach einem<br />

schriftlichen Endprodukt den Prozess dominierte, auf das Konzeptionen oft verkürzt<br />

werden. Uns ging es mehr um die inhaltliche Auseinandersetzung im Team<br />

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