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1 So geht Jungenarbeit Geschlechtsbezogene Entwicklung von ...

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DIFFERENZIERUNGEN<br />

DIE JUGENDHILFEBEREICHE<br />

(solche Leitungsmängel sind zum Teil möglicherweise ein Relikt aus vergangenen<br />

Selbstverwaltungszeiten). Diese Haltung kann sicher nicht als eine Hauptströmung<br />

in der offenen und mobilen Jugendarbeit gesehen werden, auf der anderen Seite<br />

blockieren diese Kollegen diejenigen, die stärker geschlechtsbezogen-konzeptionell<br />

einsteigen möchten.<br />

Unabhängig <strong>von</strong> den Geschlechterthemen bekamen wir in der offenen Jugendarbeit<br />

immer wieder den Eindruck, dass die Veränderungen der Besucherstruktur bisher<br />

nicht zu einer anderen »Idee« der offenen Jugendarbeit geführt hat. In den<br />

letzten 15 Jahren wandelte sich der Besucherstamm: es kommen nicht mehr die<br />

engagierten, politisierten Mittelschichtsjugendlichen (darunter viele Gymnasiasten),<br />

sondern überwiegend marginalisierte Jugendliche und Unterschichtsmigranten. Dem<br />

entsprechend müßte sich die offene Arbeit mehr in Richtung Jugendsozialarbeit (im<br />

offenen Bereich) und zur sozialen Gruppenarbeit (im Eventbereich) entwickeln –<br />

und auch so benannt werden. Die Mitarbeiter der offenen Arbeiten hinken dabei<br />

oft noch Vorstellungen und hohen Ansprüchen nach, die mit diesen Jugendlichen<br />

nicht zu verwirklichen sind. Und öffentlich hat die offene Jugendarbeit nach wie<br />

vor die Aufgabe, für Ruhe zu sorgen, Auffälliges unauffällig zu machen und die<br />

Jugendlichen »<strong>von</strong> der Straße zu holen«. Gleichzeitig wird die offene Jugendarbeit<br />

<strong>von</strong> Öffentlichkeit und Politik im Stich gelassen. Unter diesen Bedingungen ist<br />

Weiterentwicklung <strong>von</strong> Jugendhilfe tatsächlich institutionell nicht besonders attraktiv<br />

– kein Wunder also, dass sich die Interessenten für jungenpädagogische Ansätze<br />

sich eher »privat« definieren.<br />

Die größten <strong>Entwicklung</strong>spotenziale für die offene und mobile Jugendarbeit sehen<br />

wir dem entsprechend darin, <strong>Jungenarbeit</strong> und -pädagogik aus dem Privaten ins<br />

eher Professionelle und Konzeptionelle überzuführen. Die Erfahrungen zeigten, dass<br />

– entgegen den üblichen Zuschreibungen – die Jungen am wenigsten Probleme mit<br />

<strong>Jungenarbeit</strong> haben. Dort, wo es schwierig ist, liegt dies eher an den Mitarbeitern<br />

und den Institutionen – und das verweist auf einen hohen Bedarf an Weiterbildung<br />

und institutioneller Weiterentwicklung.<br />

DER PRAXISTIPP – SO WIRD´S GEMACHT:<br />

Als professionell gut ausgestattetes Feld der Jugendarbeit haben offene und mobile Ansätze eine große<br />

Bandbreite dabei, geschlechterpädagogische Ansätze zu etablieren. In vielen Einrichtungen dominiert<br />

aber die Alltagsbewältigung und das Verhindern schlimmer Auswüchse das eigentlich Pädagogische.<br />

Pädagogisch läuft deshalb oft nicht so viel. Und viele männliche Mitarbeiter wollen es – wenn schon –<br />

auch ganz richtig machen. <strong>So</strong>lche hohen Ansprüche müssen dann zunächst mühsam konzeptionell<br />

entwickelt und gefasst werden. Das schluckt viel Energie.<br />

Unser Praxistipp lautet deshalb: <strong>Jungenarbeit</strong> und Jungenpädagogik einfach mal anfangen – und am<br />

besten zunächst dort beginnen, wo es reizt und Spaß macht und wo Erfolge wahrscheinlich sind.<br />

Verbandliche Jugendarbeit<br />

Geht <strong>Jungenarbeit</strong> in Jugendverbänden? Ja sicher – aber nur mit immensem Aufwand.<br />

Das ist eines der zentralen Ergebnisse unserer Arbeit mit Verbänden. Dabei<br />

ist eine Feststellung vorab ganz wichtig: Es liegt nicht an den Jungen. <strong>Jungenarbeit</strong><br />

in Verbänden könnte ohne weiteres Ansätze bieten, die die verbandliche<br />

Jugendarbeit erleichtern. Unsere praktischen Projekte in Verbänden haben gezeigt,<br />

dass Jungen auf passende Angebote »anspringen« – nicht alle Jungen und<br />

nicht auf alle Angebote, aber wenn Jungen was geboten wird, was sie interessiert,<br />

sind sie dabei.<br />

Ähnliches gilt auch für die Ehrenamtlichen im Verband. Dazu ein Beispiel: In einer<br />

Kooperation mit der Deutschen Pfadfinderschaft St. Georg (DPSG) sollte ein »Männerwochenende«<br />

geplant und durchgeführt werden. Dieses Wochenende hatte<br />

eine gewisse Tradition im Verband. In den Jahren zuvor gab es zwei Angebote,<br />

eines fand mit großem Erfolg statt, ein weiteres Angebot fiel aus. Ein Vorbereitungsteam<br />

bestand, erste strukturelle Ideen waren da. Bei den Vorbereitungstreffen<br />

wurde klar, dass eine Veranstaltung für Jungen und Männer nicht <strong>von</strong> der<br />

ausschließlichen Thematisierung der Kategorie Geschlecht leben kann. Die Männer<br />

kommen wegen eines Inhaltes und erst dann sind sie bereit, sich mit ihrer<br />

Männlichkeit auseinander zu setzten. Aus diesen Überlegungen heraus entstand<br />

die Veranstaltung »Dem Ötzi auf der Spur. Schneeschuhwandern in den Allgäuer<br />

Alpen«. 16 Teilnehmer zwischen 17 und Anfang 30 lockte dieses Angebot an –<br />

eine Gruppe erfahrener »Veranstaltungsjunkies«, die immer und überall dabei<br />

sind und einige »Unerfahrene«.<br />

Die Motive zur Teilnahme waren recht unterschiedlich. Einige kamen der Gruppe<br />

wegen, einige lockte die seltene Möglichkeit, Schneeschuhe anlegen zu können.<br />

Die Teilnehmer machten alles mit, die Tour ging gut über die Bühne. Als der erste<br />

schlapp machte, war’s keine Frage, dass alle umkehrten. In der Unterkunft wurden<br />

Stärken, Grenzen und Potenziale thematisiert. Vor allem bei den Gesprächen rund<br />

um die persönlichen Grenzen entspannten sich gute Diskussionen. Die Idee, an den<br />

Lebenssituationen der Männer anzusetzen, ist gut. Bei Gruppen, die sich erstmals<br />

bei so einer Veranstaltung kennen lernen, benötigt man(n) allerdings viel Zeit, um<br />

im Gespräch zu den tiefer liegenden Dingen vordringen zu können. Dazu wiederum<br />

ist ein Wochenende – vor allem bei einer längeren Anreise in die Berge – fast zu<br />

knapp. Gelungen ist die Veranstaltung, weil sie nicht künstlich aufgeladen war. Es<br />

stand nicht allein das Zusammensein als Männer im Vordergrund, vielmehr war<br />

dies eher die Flankierung des eigentlichen Themas »Schneeschuhwandern«. Und<br />

das ist das Entscheidende: Die meisten Jungen und Männer sind zunächst »nur«<br />

auf der Suche nach Erlebnissen und neuen Erfahrungen. Wenn sie sich auf eine<br />

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