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1 So geht Jungenarbeit Geschlechtsbezogene Entwicklung von ...

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WOZU JUNGENARBEIT UND JUNGENPÄDAGOGIK?<br />

WOZU JUNGENARBEIT UND JUNGENPÄDAGOGIK?<br />

gesichts der Pluralisierung <strong>von</strong> Lebensverläufen wird <strong>von</strong> einer »Vielfalt <strong>von</strong> Lebenslagen«<br />

gesprochen. <strong>Geschlechtsbezogene</strong> Lebenslagen stellen dabei nur einen<br />

Aspekt, einen »Unterpunkt« <strong>von</strong> Lebenslage dar. Gleichzeitig sind sie, ähnlich wie<br />

die ethnische oder nationale Herkunft, durchgängig und strukturierend wirksam<br />

und gelten deshalb als »Querschnittsthema«, das eigentlich in allen Lebensbereichen<br />

auftauchen sollte. Deshalb liegt es nahe, Geschlecht zu einem durchgängigen<br />

Hauptthema auch in Bereichen des »Normalen« zu machen (wie es der Begriff<br />

»gender mainstreaming« nahe legt), und nicht nur in den problematischen Randbereichen<br />

geschlechtsbezogener Lebensbewältigung aufzunehmen.<br />

Der Begriff »Lebenslage« bezieht sich nicht nur auf die jeweiligen Zielgruppen.<br />

Denn Lebenslagen strukturieren gleichzeitig auch soziale und professionelle Handlungsmuster<br />

vor allem derjenigen, die mit diesen sozialen Gruppen und Individuen<br />

umgehen. <strong>So</strong> wirken Lebenslagen quasi doppelt: auf Individuen bzw. ihre soziale<br />

Gruppen und auf Professionalität. Nicht zuletzt damit wirken sie auch wieder auf<br />

Gesellschaft und <strong>So</strong>zialpolitik zurück.<br />

Lebenslage Jungesein<br />

»Geschlecht« oder »Jungesein« ist im sozialpädagogischen Verständnis keine »besondere«<br />

Lebenslage (wie z.B. Armut, Analphabetismus, unvollständige Schul- oder<br />

berufliche Bildung, Drogenabhängigkeit, Körperbehinderung oder psychische Krankheit),<br />

sondern ist zunächst etwas Normales, Durchschnittliches und Generelles. Jungesein<br />

ist also auch nicht per se besonders schwierig oder problematisch: Es kann in<br />

der einen oder anderen Facette schwierig sein und werden – es kann aber auch<br />

gelingen. Dennoch ist die Lebenslage »Jungesein« auch etwas Besonderes – nämlich<br />

in Bezug auf die Lebenslage »Jugendlich-Sein« und in der Abgrenzung zur<br />

Lebenslage »Mädchensein«.<br />

Zur Strukturierung der Lebenslage »Jungesein« schlagen wir ein eher subjekbezogenes,<br />

»pragmatisches« Verständnis <strong>von</strong> Lebenslage vor: Lebenslagen vor<br />

allem als Sets <strong>von</strong> Zugangschancen und damit als Handlungs- bzw. Bewältigungsmöglichkeiten<br />

für Jungen, die mit spezifischen Chancen, aber auch mit Problemkonstellationen<br />

oder sozial offenen Fragestellungen (z.B. nach akzeptablen<br />

männlichen Leitmotiven) verbunden sind. Der Lebenslagen-Zugang hilft dabei, sowohl<br />

die Problemseite zu sehen und Orientierungen für eine jungenbezogene Reflexion<br />

zu geben, als auch die Potenziale und nicht ausgeschöpfte Ressourcen im<br />

Jungesein wahrzunehmen.<br />

In den letzten Jahren rückte die Frage nach der Lebenslage Jungesein verstärkt in<br />

den Blick. Dies geschah oft im »Nachgang« oder in der Ergänzung zu mädchenbezogenen<br />

Perspektiven. Diese Sichtweisen erwiesen sich häufig jedoch als nicht –<br />

oder nicht direkt – anschlussfähig an die Lebenswelt <strong>von</strong> Jungen: insbesondere in<br />

Bezug auf ihren Alltag, ihre Bewältigungsstärken und <strong>Entwicklung</strong>spotenziale. Es<br />

schien, als ob hier gerade die Jungen, für die auf Grund ihrer Lebenslagen und<br />

Bewältigungsformen eine besondere Aufmerksamkeit entwickelt wurde, besonders<br />

resistent und unzugänglich wären. Jungenspezifische Ansätze hatten und haben es<br />

deshalb oft schwer, sie gelten als ganz besonders schwierig.<br />

Nach einer Phase der vor allem theoretischen Klärung <strong>von</strong> Ansätzen und Konzeptionen<br />

stehen heute jungenbezogene Differenzierungen im Vordergrund. Handlungsorientierte<br />

Ansätze und vielfältige praktische Erfahrungen veränderten die<br />

Grundperspektive auf geschlechtsbezogene Pädagogik mit Jungen. Heute werden<br />

in der Praxis und aus der Praxis der Jugendhilfe zunehmend eigenständige Modelle<br />

entwickelt, wie mit Jungen »als Jungen« gearbeitet werden kann, wie Jungen pädagogisch<br />

erreicht werden können und wie ein Beitrag dafür geleistet werden kann,<br />

dass sie ihre <strong>Entwicklung</strong>spotenziale besser nutzen. Dadurch wurde es auch eher<br />

möglich, die Lebenswelt <strong>von</strong> Jungen aus einer jungenbezogenen Perspektive zu<br />

erfassen (und nicht lediglich entlang <strong>von</strong> Täter- oder Opferparadigmen).<br />

Im IRIS-Projekt »Jungenpädagogik« haben wir auf dem Hintergrund unserer empirischen<br />

Jungenstudie (vgl. Winter/Neubauer 1998) und nach der Auswertung der<br />

Individuelle/Mikro-Dimension:<br />

Individuum, Person<br />

Lebenslage Junge-Sein<br />

Gesellschaft<br />

<strong>So</strong>ziale/Makro-Dimension:<br />

Gesellschaft, Struktur<br />

Körper<br />

Biographie<br />

Lebensphase<br />

(Jugend)<br />

Generation<br />

gängigen <strong>Jungenarbeit</strong>sliteratur<br />

fünf Aspekte der Lebenslage »Junge-Sein«<br />

herausgearbeitet, die in<br />

Zusammenhang mit der Jugendhilfe<br />

immer wieder – offen oder<br />

nur assoziativ – benannt werden.<br />

Dies sind die Bereiche »Körper«,<br />

»Biographie«, »Lebensphase«,<br />

»Generation« und »Gesellschaft«.<br />

Diese Bereiche stehen in einem<br />

Wechselverhältnis, in einem System<br />

<strong>von</strong> Definitionen und Bezügen;<br />

sie können – wie in der schematischen<br />

Darstellung – deshalb<br />

auch in diesen Wechselverhältnissen<br />

untersucht und thematisiert werden. Und für uns besonders wichtig: Mit dem<br />

Lebenslagenbegriff wird eine Verbindung zwischen den sozialen und individuellen<br />

Bezügen herstellbar. In diesem Set jungenbezogener Aspekte <strong>von</strong> Lebenslagen wird<br />

eine eher individuelle Mikro-Dimension – sie beinhaltet die Bereiche »Körper« und<br />

»Biographie« – verknüpft mit der gesellschaftlichen Makro-Dimension und ihren<br />

Bereichen »Lebensphase«, »Generation« und »Gesellschaft«.<br />

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