1 So geht Jungenarbeit Geschlechtsbezogene Entwicklung von ...
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STANDORTBESTIMMUNGEN<br />
JUNGENARBEIT – MÄDCHENARBEIT – GESCHLECHTERDIFFERENZIERUNG<br />
Die vier Ebenen des »i-Faktors«<br />
• Teamebene: Verankerung eines geschlechtsbezogenen Zugangs im Team (z.B.<br />
als Reflexions- und Planungsebene, als Thema bei Fallbesprechungen, als Perspektive<br />
der Teamdynamik)<br />
• Institutionsebene intern: Bedingungen in der Institution selbst (z.B. personelle<br />
und finanzielle Ressourcen, Räume und Zeiten, konzeptionelle Standards)<br />
• Institutionsübergreifend: überinstitutionelle fachliche Vernetzung (z.B. regionale<br />
oder trägerbezogene Fachgruppen, Jungen-Arbeitskreise)<br />
• Jungenpolitik: jungenpolitische Vertretung, fachbezogene Jungenpolitik (z.B. Jungen<br />
im Heim); Einfluß auf Jugendhilfeplanung; explizite Jungenpolitik (z.B.<br />
FachAGs nach §78, Landesarbeitsgemeinschaften, Bundesarbeitsgemeinschaft)<br />
Ein Ergebnis der Projektarbeit – gewissermaßen eine Standortbestimmung im Prozeß<br />
– war in diesem Zusammenhang: Wenn wir mit Kooperationspartnern den<br />
»Stand der Dinge« erhoben haben – also das, was es bereits gibt – und nach den<br />
Potenzialen forschten – also was es geben könnte und sollte – dann konnte meist<br />
festgestellt werden, dass es in vielen Institutionen jungenpädagogische Traditionen<br />
gibt. Diese finden sich allerdings dicht an der Praxis (bei methodischen Zugängen<br />
und auf der Team-Ebene) und dort, wo (wie etwa in Fallbesprechungen) am ehesten<br />
Freiräume für das Geschlechterthema vorhanden sind. Hier wird auch deutlich,<br />
dass der i-Faktor ein geschlechterübergreifendes Thema ist weil (in den meisten<br />
Institutionen) die Teams und die Zielgruppen geschlechtsgemischt sind. Um so<br />
auffälliger ist, dass das Vorhandene institutionell kaum reflektiert, konzeptionell<br />
gefasst und strukturell verankert wird.<br />
Je stärker hier Strukturen berührt sind oder je mehr es eigener Strukturen bedürfte,<br />
desto weniger gibt es an bereits Vorhandenem. Damit wird deutlich, dass besonders<br />
eine mittlere, regionale Ebene gestärkt und entwickelt werden muß: in den<br />
Institutionen selbst (z.B. durch Konzeptionsarbeit), institutionenübergreifende fachliche<br />
Vernetzung (z.B. durch Fachgruppen, Intervisionsgruppen) und zunehmend<br />
auch durch jungenpolitische Vertretung (z.B. in Arbeitsgemeinschaften nach § 78<br />
KJHG).<br />
<strong>Jungenarbeit</strong> – Mädchenarbeit – Geschlechterdifferenzierung<br />
Im Projekt »Jungenpädagogik« war durch Projektidee, -titel und -auftrag der Bezug<br />
auf Mädchenarbeit vorgezeichnet. Dieser interaktive Bezug auf Mädchenarbeit<br />
war ein innovativer Faktor des Projekts: das Ziel einer »Förderung und Stärkung<br />
der Mädchenarbeit durch regionale Implementierung und Vernetzung der<br />
<strong>Jungenarbeit</strong>«. Der Hintergrund und die Platzierung eines Ansatzes im Mädchenprogramm,<br />
der zunächst als Jungenprojekt erscheinen mag, war anfangs zumindest<br />
erklärungsbedürftig. Das gilt umso mehr für die Effekte, die sich im Projekttitel<br />
ankündigen. Und darüber hinaus: Braucht Mädchenarbeit überhaupt eine Unterstützung<br />
durch <strong>Jungenarbeit</strong> – oder reicht umgekehrt das Ceterum censeo der<br />
Mädchenarbeit »Es bräuchte mehr <strong>Jungenarbeit</strong>(er)!« schon aus, um das gegenseitige<br />
Verhältnis zu bestimmen? Braucht es etwa <strong>Jungenarbeit</strong>, damit es den Mädchen<br />
besser <strong>geht</strong>?<br />
Was es alles braucht<br />
Für die konzeptionelle Verankerung der Geschlechterdifferenzierung im Feld der<br />
Jugendhilfe insgesamt gibt es vor allem zwei Potenzialbereiche: Die Ungleichzeitigkeit<br />
und Eigenständigkeit <strong>von</strong> <strong>Jungenarbeit</strong> und Mädchenarbeit sowie die Aufnahme<br />
des Dialogs und der Beziehung zwischen <strong>Jungenarbeit</strong> und Mädchenarbeit.<br />
Zum ersten fällt auf, dass Jungen und Männer in der Jugendhilfe eigentlich »da«<br />
sind. Hier <strong>geht</strong> es also um eine Hebung und Qualifizierung der vorhandenen oder<br />
verdeckten jungenpädagogischen Ansätze im Sinn einer positionierten <strong>Jungenarbeit</strong>.<br />
Im Gegensatz zu eher moralischen Ansprüchen lassen sich Männer mit diesem<br />
Zugang tatsächlich motivieren. Im zweiten Bereich, dem geschlechterpädagogischen<br />
Dialog, kommt es erfahrungsgemäß immer wieder zu Kommunikationsstörungen.<br />
Deshalb an dieser Stelle eine kurze Klärung. <strong>So</strong>wohl aus pädagogischen,<br />
aus fachpolitischen wie auch aus rechtlichen (KJHG) Gründen ist es unabdingbar,<br />
• dass es Mädchenarbeit braucht. Und phasenweise eine spezifisch mädchenpädagogische<br />
Orientierung auch in koedukativen Strukturen. Und das Ganze in abgesicherter<br />
pädagogischer Form (Stellen, Räume, Konzeptionen, Ressourcen).<br />
Und zusätzlich in eigenständigen Projekten wie etwa Mädchentreff, Mädchencafé,<br />
Mädchengesundheitsladen usw.<br />
• dass es ebenso eine eigenständige, positionierte <strong>Jungenarbeit</strong> braucht mit analogen<br />
Strukturen und Projekten.<br />
• dass es geschlechtsbezogen reflektierte und qualifizierte koedukative Arbeit<br />
braucht.<br />
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