Flageoletts – wie man Töne auf die Spitze treibt!
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Praxis für Musiker<br />
JAY-Workshops für Blasmusiker (18): Albie Donnelly, Dozent für Saxofon und Specials<br />
<strong>Flageoletts</strong> <strong>–</strong> <strong>wie</strong> <strong>man</strong> <strong>Töne</strong> <strong>auf</strong> <strong>die</strong> <strong>Spitze</strong> <strong>treibt</strong>!<br />
Von Albie Donnelly<br />
Bekanntlich spiele ich das Tenorsax auch in »artfremden« Tonbereichen.<br />
Oft werde ich gefragt: »Wie kannst Du so hohe <strong>Töne</strong><br />
<strong>auf</strong> dem Tenorsaxofon spielen?« Das ist ganz einfach, Du musst<br />
nur <strong>die</strong> Griffe dafür beherrschen und <strong>die</strong> richtige Kombination<br />
von Mundstück und Blatt spielen.<br />
Nun ja, ganz so einfach ist es leider<br />
nicht, schon allein deshalb,<br />
weil Griffe, <strong>die</strong> Auf meinem Sax<br />
möglich sind, nicht unbedingt<br />
<strong>auf</strong> deinem funktionieren und<br />
umgekehrt. Deswegen wollen<br />
wir hier auch meistens mehrere<br />
Alternativen eines Griffes<br />
bieten <strong>–</strong> was dabei rauskommt,<br />
liegt letztlich in deinen Händen.<br />
Wenn du dir also einen Griff aussuchst,<br />
und er klingt gut, dann<br />
ist das genau der richtige für<br />
dich. Auch ist es nützlich, andere<br />
»Saxer« danach zu fragen, ob sie<br />
<strong>die</strong> gleichen oder andere Griffe<br />
<strong>wie</strong> du benutzen. Manchmal<br />
kann eine kleine Korrektur der<br />
Griffanordnung einen schlecht<br />
klingenden Ton in einen wahren<br />
Ohrenschmaus verwandeln. Ich<br />
musste selbst viel ausprobieren.<br />
Auf dem Gebiet R&B leisten<br />
Leute <strong>wie</strong> King Curtis Pionierarbeit<br />
beim Spielen<br />
von Flageolett -<strong>Töne</strong>n (hör dir<br />
mal seine »Live at the Filmore<br />
East« an!). Natürlich sind auch<br />
etwa Junior Walkers großartige<br />
Versionen von »Shotgun« und<br />
»Shake and Fingerpop« exzellente<br />
Hörbeispiele für den Saxofonisten,<br />
der vorhat, das<br />
Publikum in ekstatische<br />
Begeisterung zu versetzen.<br />
Fangen wir also mit der Arbeit<br />
an, in <strong>die</strong>sem Fall mit<br />
dem einfachen fis³. Die meisten<br />
Saxofone haben heutzutage<br />
eine hohe fis-Klappe. Wir fangen<br />
an mit dem alten Griff für das<br />
fis³.<br />
Und hier gleich <strong>die</strong> ersten<br />
Übungen. Sie sollten zuerst<br />
langsam gespielt werden, um<br />
unnötige und übertriebene<br />
Handbewegungen zu vermeiden,<br />
während du <strong>die</strong> neuen<br />
Griffe einstu<strong>die</strong>rst.<br />
Übung 2 und 3 sollten übrigens<br />
sowohl angestoßen als auch gebunden<br />
geübt werden.<br />
In Übung 4 solltest du den Übergang<br />
der Dynamik so gleichmäßig<br />
<strong>wie</strong> möglich halten (je<br />
langsamer du <strong>die</strong> Übung spielen<br />
kannst, desto besser wird <strong>die</strong><br />
Kontrolle über deinen Ansatz<br />
sein).<br />
Ein Tipp beim »Flageoletten«:<br />
<strong>Töne</strong> niemals überblasen! Diese<br />
<strong>Töne</strong> existieren, versuche sie<br />
aber nicht mit Gewalt herauszupressen.<br />
»Take it easy«. Zuviel<br />
Druck verschließt nur das Mundstück<br />
(drücke das Rohrblatt an<br />
<strong>die</strong> Bohrungsöffnung). Manchmal<br />
ist es nützlich, das Mundstück<br />
leicht anzugleichen. Ich<br />
weiß, ich weiß, jeder Saxofon-<br />
Verschiedene Griffkombinationen für das fis³.<br />
2 Bayerische Blasmusik 4/2011
Praxis für Musiker<br />
spieler wird dir erzählen, daß du<br />
das niemals tun darfst. Aber gerade,<br />
um dann und wann einen<br />
richtig guten Effekt zu erzielen,<br />
muss <strong>die</strong>ses Tabu gebrochen<br />
werden.<br />
Das mag zwar alles sehr unkonventionell<br />
klingen, aber wenn<br />
du z.B. Segovia fragen würdest,<br />
was er von je<strong>man</strong>den hielte, der<br />
<strong>die</strong> Gitarre mit einem Bottleneck<br />
bearbeitet, so würde er<br />
Hier siehst Du jeweils alternative<br />
Griffdiagramme für G- und<br />
A-<strong>Flageoletts</strong>. Falls das g³ ein<br />
wenig zu flach und undeutlich<br />
klingen sollte, öffne <strong>die</strong> seitliche<br />
G-Klappe (grün). Falls das<br />
a³ ein wenig zu flach klingen<br />
sollte, öffne <strong>die</strong> gis-Klappe<br />
(grün).<br />
wahrscheinlich in schallendes<br />
Gelächter ausbrechen und dich<br />
für ganz schön bescheuert halten<br />
(. . . erzähle das aber mal<br />
RY Cooder!!) Wenn du echten,<br />
dreckigen Rhythm&Blues spielen<br />
willst, dann gib Dir <strong>die</strong>sen<br />
Sound Tag und Nacht, spiele<br />
Gitarrensoli mit, aber hör nie<br />
<strong>auf</strong>, Deinen Ideen freien L<strong>auf</strong><br />
zu lassen <strong>–</strong> auch wenn es nicht<br />
unbedingt das ist, was Adolf<br />
Sax sich vorgestellt hat, als er<br />
<strong>die</strong>ses fantastischste aller Instrumente<br />
erfand. Die meisten<br />
der Rhythm&Blueser, über<br />
<strong>die</strong> wir hier sprechen, spielen<br />
nicht besonders korrekt, aber<br />
effektvoll.<br />
Wichtig erscheint es mir außerdem,<br />
den angestrebten<br />
Ton bereits im Kopf zu haben,<br />
bevor <strong>man</strong> ihn spielt. Die Griffe<br />
werden dann verdammt<br />
besser klappen, und es spart<br />
Zeit und Energie. Wenn du dir<br />
also genug Zeit nimmst, sagen<br />
wir mal eine halbe Stunde<br />
am Tag (als Anfangsquote),<br />
um Dir <strong>die</strong>se Übungen und<br />
Fingerskalen anzueignen und<br />
zugleich an Deinen Stellungen<br />
arbeitest (<strong>auf</strong> dem Rücken<br />
liegend, sich <strong>auf</strong> dem Fußboden<br />
hin und her wälzend etc.),<br />
dann wirst du <strong>die</strong> Flageoletttöne<br />
innerhalb weniger Monate vortrefflich<br />
intus haben. Also ran an<br />
<strong>die</strong> Arbeit! Blas dir bei deinen<br />
zukünftigen Soli <strong>die</strong> Seele aus<br />
dem Leib, dass sämtlichen Gitarristen<br />
Hören und Sehen vergeht<br />
. . .<br />
Die meisten Fortschritte in meiner<br />
eigenen Spielweise habe ich<br />
nicht während der Saxofonstunden<br />
bei einem Lehrer gemacht.<br />
Ein wirklich guter Saxofonlehrer<br />
ist nicht leicht zu finden. So<br />
bleibt Dir gar nichts anderes<br />
übrig, als selbst <strong>die</strong> Initiative zu<br />
ergreifen <strong>–</strong> nie<strong>man</strong>d hat Charlie<br />
Parker erklärt, <strong>wie</strong> er <strong>die</strong>se unglaubliche<br />
Geschichte, Bebop<br />
genannt, zu spielen hat.<br />
Das war es ... Beim nächsten<br />
Mal geht’s »höher«!<br />
Keep blowing!<br />
n<br />
Albie »Mr. Supercharge« Donnelly<br />
wurde 1947 in Liverpool geboren. Er stu<strong>die</strong>rte in Liverpool Saxofon<br />
an der Mathay School of Music und beendete das Studium<br />
mit dem »Performers Diploma Saxophone«. Albie Donnelly<br />
ist ein hervorragender Live-Musiker und <strong>auf</strong> allen Bühnen<br />
der Welt zu Hause. Er arbeitete unter anderem mit folgenden<br />
Musikern zusammen: Bob Geldof of Boomtown Rats, George<br />
Fame, Chris Farlowe, Spencer Davis Group, Pete York, Chuck<br />
Berry, Lisa Fitz, Ian Gill<strong>man</strong> »Deep Purple«, Gese »Mighty Flea«<br />
Connors, Blues Company etc. Tourneen mit QUEEN, B.B. King,<br />
Chuck Berry, Fats Domino und vielen anderen, alle grossen europäischen<br />
Festivals (Montreux, North Sea, Cork . . .), Auftritte<br />
in Australien, Frankreich, Griechenland, Spanien, Schweiz, Österreich,<br />
Belgien, Holland, Polen, Tschechoslowakei, Deutschland,<br />
Luxemburg, Irland <strong>–</strong> seit mehr als 30 Jahren braust <strong>die</strong>ser<br />
Rhyhtm'n'Blues-Orkan über <strong>die</strong> Bühnen <strong>die</strong>ser Welt. Albie Donnelly<br />
spielt Alt- und Tenorsaxophon der JUPITER Artist Series.<br />
Bayerische Blasmusik 4/2011<br />
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