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Dokumentation zum Symposion - Verband Bildungsmedien eV

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<strong>Symposion</strong> 2005 - Vortrag Faulstich-Wieland<br />

Gegensätze (hoch/tief, oben/unten, vorne/hinten, gerade/krumm, trocken/feucht usw.) eine<br />

objektiv und subjektiv notwendige Wahrnehmung. Pierre Bourdieu spricht von einem unerschöpflichen<br />

Spiel von Umschreibungen und Metaphern, die eine gegenseitige Stützung<br />

dieser Denkschemata bewirken. So entsteht eine „Nötigung durch Systematizität“, da eine<br />

quasi natürliche Bestätigung die Bedeutungen verdoppelt und verstärkt (Bourdieu 1997a, b).<br />

Bourdieu fordert für Veränderungen folglich auch eine symbolische Revolution – d.h. nicht<br />

nur eine Veränderung der Ordnung der Dinge, der materiellen Strukturen, sondern auch einen<br />

mentalen Umbruch, „eine Transformation der Kategorien der Wahrnehmung, die uns<br />

dazu bringen, dass wir bei der Perpetuierung der bestehenden Gesellschaftsordnung mitspielen“<br />

(Bourdieu 1997b, S. 98). Eine Entkoppelung von Mathematik und Naturwissenschaften<br />

mit hart und damit mit männlich wäre z.B. ein Schritt in diese Richtung.<br />

Die soziale Konstruktion von Geschlecht verweist also <strong>zum</strong> einen auf die kulturelle und gesellschaftliche<br />

Gemachtheit dessen, was mit Geschlecht gemeint ist. Doing gender macht<br />

zugleich klar, dass jede und jeder an der Konstruktion beteiligt ist, sie interaktionell immer<br />

wieder reproduziert. In Schule und Unterricht gehört <strong>zum</strong> Umgang mit Heterogenität, diese<br />

komplexen Zusammenhänge von individuellem Verhalten, sozialen Interaktionen und institutionell-organisatorischen<br />

Maßnahmen zu berücksichtigen, wenn Geschlechtergerechtigkeit<br />

erreicht werden soll.<br />

4. Doing gender im heutigen Schulalltag<br />

Ein solcher gendertheoretischer Ansatz erlaubt, Maßnahmen, die mit einer Dramatisierung<br />

von Geschlecht arbeiten, auf ihre Wirkungen für eine Veränderung des Geschlechterverhältnisses<br />

hin zu analysieren – wenngleich hier noch erheblicher Forschungsbedarf besteht, da<br />

die meisten Genderforschungen im Schulbereich sich an Differenzkonzepten orientieren.<br />

An einigen Beispielen aus unserem gerade abgeschlossenen Forschungsprojekt zur sozialen<br />

Konstruktion von Geschlecht (vgl. Faulstich-Wieland/ Weber/ Willems 2004) möchte ich<br />

aufzeigen, wie ein geschlechtersensibler Anspruch seitens der Lehrkräfte nicht zu einem<br />

Mehr an Geschlechtergerechtigkeit führt, weil stereotype Annahmen von Geschlecht zugrunde<br />

gelegt werden. In dem Forschungsprojekt haben wir drei Gymnasialklassen über drei<br />

Schuljahre, nämlich das 7. bis 9. bzw. das 8. bis 10., ethnografisch begleitet. Eine dieser<br />

Klassen war mit Zweidrittel Jungen und einem Drittel Mädchen jungendominant, eine zweite<br />

mit dem umgekehrten Verhältnis mädchendominant, die dritte ausgewogen zusammengesetzt.<br />

Wir finden in den Unterrichtsbeobachtungen einige Interaktionen, in denen Lehrkräfte explizit<br />

Differenzen zwischen den Geschlechtern ansprechen und damit zugleich vermitteln, was<br />

angemessen ist.<br />

„In dem Tumult sagt Frau Ferreira zu Kurt mit spaßigem Unterton, nachdem dieser verkündet,<br />

dass er die Hausaufgaben vergessen habe: ‚Du versaust das Bild!’ Darauf kommt<br />

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