eine ostasiatische Heldensage
eine ostasiatische Heldensage eine ostasiatische Heldensage
-- 50 - begleitete seine Schwester zum Lager des Oheims T sargin, in dessen Nachbarschaft Joro, der sich auf der Jagd befand, ihnen begegnete, dem Lama in den Zügel griff und ihn anredete v\ie folgt: ,,Du bist der allbarmherzige Crosse Lama, ich aber bin ein armer hülfsbedürfliger Mensch: vergönne mir doch etwas von deinem Uel)erflusse ! " Der Lama entgegnete: „Du siehst, dass ich auf der Reise bin und also für den Augenblick zum Geben nichts bei mir haben kann-, es gibt aber der Fürst Tschotong morgen ein grosses Festj komm hin und ich werde dir von meinem Ueberflusse geben." Joro sprach: „Wenn es dein Ernst wäre, mir etwas zu geben, so könntest du mir ja das Pferd, \^elches du reitest und den Mantel, welchen du am Leibe hast, überlassen." — „Schaut einmal das freche Benehmen dieses Nichtswürdigen !" rief, der Lauia und schlug den Joro mit der Peitsche über den Kopf Joro riss den Lama vom Pferde herunter und es entstand ein heftiger Streit. Der Oheim Ts argin kam hinzugelaufen und rief: „Lieber Joro, guter Joro, lass diesen Mann los und zanke dich nicht mit ihm! wenn Jch dem Tschoridong Lama, als meinem Schwager, zu Hülfe komme, so wirst du, als mein Neffe, mir zürnen-, komme ich aber dir, meinem Neffen zu Hülfe, so wird mein Schwager mir zürnen. Morgen soll ja ein grosses Festmahl gegeben werden, und wenn du auch keinen Theil daran haben solltest, was schadet es? Erbitte dir von irgend Jemand einen Bart und bringe ihn mit!" Joro sprach: „Auf die Bitte des Oheims Tsargin lasse ii:h dich los 5 aber noch in dieser Welt werde ich dir vor den Augen einer grossen Versamndung Schande bereiten und in jener Welt vor Erlik Chaghan^'^) dich zu Schanden machen.'- Mit diesen Worten liess Joro den Lama los. 20) Der Todtenrichter und Herr der Unterwelt.
^ 61 — folgenden Morgen erbat sich Joro von einem Bekannten eine Ziege, schlachtete sie, bereitete das Fleisch und that es in einen Sack, den er auf den Rücken nahm und dann mit seiner Mutter zum Festgelage ging. Der Fürst Tschotong sass obenan auf einem Thron; ihm zur Linken sass Tschoridong Lama auf einem Thron obenan und von ihm abwärts waren die Sitze für die weiblichen Gäste. Das Feslgelag begann. Für Joro war kein Sitz bereitet, er nalmi daher seinen Platz am äusserten Ende der Männerseite; so war auch für seine Mutter kein Sitz bereitet und sie nuiss!e sich gleichfalls auf die blosse Erde niedersetzen. Joro lief hinaus, raffte trockenen Pferdemist zusammen, bedeckte damit die Erde, steckte einen dreifach gespaltenen Grashalm in den Mist und machte auf den auseinander gebogenen drei Spitzen des Grashalms einen Sitz zurecht, den er einnahm. Alles war bei diesem Feste im Ueberfluss und Jedermann ass reichlich , aber Niemand theilte dem Joro vom Fleische das Geringste mit. Als nun der Fürst Tschotong das Vorderviertel eines Schafs in die Hand nahm, sprach Joro zu ihm: „Oheim! hier ist ein Berg von Fleisch, dort ein See von Branntwein-, die beglückten Augen sehen es, aber es wird dem unglücklichen Schlünde versagt. Gib mir, Oheim, das Vordefviertel, welches du in der Hand hältst!" Tschotong erwiederte: „Ich wollte dir wohl das Schulterblatt davon gönnen, wenn es nicht- (das Sinnbild) meines Reichthums und Wohlstandes w äre ; ich wollte dir wohl auch die obere Markröhre geben, v\enn sie nicht das Glückzeichen meiner Kinder wäre. Was die untere Markröhre belriftt, so wüide das Weggeben derselben das Uebel aller Uebel seyn. Nimm also die kahle Erde! Empfange den Husten! Nimm den Schleim und die Thränen der Weinenden! Nimm das am rechten Ufer , am linken Ufer und am Ursprünge des Flusses krepirte \4eh in Empfang! Nimm das Er Jen 4*
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begleitete s<strong>eine</strong> Schwester zum Lager des Oheims T sargin,<br />
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Crosse Lama, ich aber bin ein armer hülfsbedürfliger Mensch:<br />
vergönne mir doch etwas von d<strong>eine</strong>m Uel)erflusse ! " Der<br />
Lama entgegnete: „Du siehst, dass ich auf der Reise bin<br />
und also für den Augenblick zum Geben nichts bei mir<br />
haben kann-, es gibt aber der Fürst Tschotong morgen<br />
ein grosses Festj komm hin und ich werde dir von m<strong>eine</strong>m<br />
Ueberflusse geben." Joro sprach: „Wenn es dein<br />
Ernst wäre, mir etwas zu geben, so könntest du mir ja<br />
das Pferd, \^elches du reitest und den Mantel, welchen du<br />
am Leibe hast, überlassen." — „Schaut einmal das freche<br />
Benehmen dieses Nichtswürdigen !" rief, der Lauia und<br />
schlug den Joro mit der Peitsche über den Kopf Joro<br />
riss den Lama vom Pferde herunter und es entstand ein<br />
heftiger Streit. Der Oheim Ts argin kam hinzugelaufen<br />
und rief: „Lieber Joro, guter Joro, lass diesen Mann los<br />
und zanke dich nicht mit ihm! wenn Jch dem Tschoridong<br />
Lama, als m<strong>eine</strong>m Schwager, zu Hülfe komme, so<br />
wirst du, als mein Neffe, mir zürnen-, komme ich aber dir,<br />
m<strong>eine</strong>m Neffen zu Hülfe, so wird mein Schwager mir zürnen.<br />
Morgen soll ja ein grosses Festmahl gegeben werden,<br />
und wenn du auch k<strong>eine</strong>n Theil daran haben solltest, was<br />
schadet es? Erbitte dir von irgend Jemand <strong>eine</strong>n Bart und<br />
bringe ihn mit!" Joro sprach: „Auf die Bitte des Oheims<br />
Tsargin lasse ii:h dich los 5<br />
aber noch in dieser Welt<br />
werde ich dir vor den Augen <strong>eine</strong>r grossen Versamndung<br />
Schande bereiten und in jener Welt vor Erlik Chaghan^'^)<br />
dich zu Schanden machen.'- Mit diesen Worten liess Joro<br />
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20) Der Todtenrichter und Herr der Unterwelt.