eine ostasiatische Heldensage

eine ostasiatische Heldensage eine ostasiatische Heldensage

17.11.2013 Aufrufe

— 230 — ich heute jenes Volk zum Wegziehen genöthigt halle, begegnete mir auf dem Rückwege ein Mensch, der mir sagte: „Gesser ist nicht gestorben, er lebt! er ist gekommen, seinem Alten Freude und Vergnügen zu bereiten und den verhassten Tschotong zu tödlen!" Die Alte legte sich mit Freudenthränen und beruhigt nieder. Am folgenden Tage verwandelte der Herrscher in den zehn Gegenden Gesser Chaghan sich in einen sehr bejalirten , umherstreifenden, bettelnden Lama*, eine seiner magischen Kräfte verwandelte er in zwei ihn begleitende Schüler, welche auf einem Maulesel den geringen Mundvorrath geladen halten und das Thier führten. Sie kamen vor Tschotong 's Behausung und liessen sich daselbst nieder. Tschotong sass ausserhalb auf einem Thronsessel, Er schickte zwei Diener ab mit der Frage, woher und wessen der Lama sey, der das Ansehen habe, als sey er aus fernen Landen gekommen? Sie kamen und fragten: ,.Wer bist du?" Der Lama erwiederte: „Ich bin ein hier umherwandernder, bettelnder Lama. Ich bin bei allen Chanen der Umgegend gewesen." — Auf die Frage: „Bei welchen Chanen namentlich bist du gewesen?" erwiederte er: „Es gibt kein Land, wo ich nicht gewesen ; überall war ich. Habt ihr etwas nülhig zu wissen, so fragt! wo nicht, so lasst es seyn !" Die zwei Diener gingen und statteten dem Tschotong Bericht ab. „AVelch ein angenehm und wohlredender Bettel -Lama ist das, rief dieser, bringt ihn zu mir!" Als der Lama zu Tschotong gebracht wurde, fragte dieser: „Nun, Lama bist du auch beim zvvölfköpßgen Riesen gewesen?" Der Lama erwiederte: ,,\Vohl war ich da!" Frage: ,,Gesser war hingegangen j hat Gesser gesiegt? hat der Riese gesiegt?" Antwort: ,,Der Riese hat gesiegt und Gesser ist besiegt; seit er todt ist, sind nun nenn Jahre verflossen; seitdem beherrscht und schützt die Oberlippe (des Riesen) die Sonne und dessen Unterlippe die Erdfläche." Tschotong sprach: „Gut! meine Wünsche

— 231 — sind befriedigt! Mein edler Vater und Lama, komm doch näher!" Er hess den Lama auf einem Thronsessel Platz nehmen. Die Muhme Gessers, Tschotongs Weib, fing an zu jammern: „O Weh, O Weh, ihr zehntausend Welten! Bist du gestorben, Göttersohn! ich glaubte dich, meinen Bogda, unsterblich! Ist nun nicht das Geschlecht (der Herrscher) Tübets erloschen, mein Bogda!" Tschotong prügelte sein Weib mit den Worten: „Du bist also immer noch der Freund G esse r 's!" Der Lama sprach: „Ich habe gehört, Chan, Gesser sey dein Neffe; ist er da nicht dein naher Blutsverwandter? das ist die Qual ihrer Augen (die Ursache dass sie weint); höre auf!" Dem Befehle des Lama gemäss hörte Tschotong auf, sein Weib zu schlagen. Unter dem Vorwande , den wohlredenden Bettel - Lama zu beschenken, befahl Tschotong, eine Menge Sachen herzubringen. Er richtete eine grosse Mahlzeit an; die vielen hergebrachten Sachen waren nur zum Schein und er gab dem Lama nur wenig davon. Der Fürst Tschotong setzte sich und sprach: „Lama, gib diesem meinem Hunde doch einen Namen!" Der Lama erwiederte: „War dein trefflicher Hund bis jetzt wirklich noch ohne Namen! nun dann werde ich ihm einen Namen geben." Tschotong versetzte: „Es ist ein ganz vortrcölicher Hund!" Der verdienstvollen Lama gab nun dem Hunde folgenden Namen: „ Vei-schlinge zuerst deines Herrn Kopf und packe dich! dann verschlinge deinen eigenen Kopf und packe dich!" Tschotong sprach: „Vorhin war diess ein wohlredender Bettel -Lama, nun ist es ein übelredender Bettler geworden! Werft ihn hinaus und jagt ihn fort!" Der Lama erwiederte: „O Chan; ohne von dir gejagt zu werden, gehe ich schon von selbst. Wisse aber, dass der Vertilger der zehn Uebel in den zehn Gegenden, der wohlthätige und heldenmüthige Chan und Bogda nicht lodt ist; man hört, er sey im Anzüge in der Absicht, den schändlichen Tschotong zu lödlen. " Mit diesen Worten entfernte er sich. Tscho-

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sind befriedigt! Mein edler Vater und Lama, komm doch<br />

näher!" Er hess den Lama auf <strong>eine</strong>m Thronsessel Platz<br />

nehmen. Die Muhme Gessers, Tschotongs Weib, fing<br />

an zu jammern: „O Weh, O Weh, ihr zehntausend Welten!<br />

Bist du gestorben, Göttersohn! ich glaubte dich, m<strong>eine</strong>n<br />

Bogda, unsterblich! Ist nun nicht das Geschlecht (der<br />

Herrscher) Tübets erloschen, mein Bogda!" Tschotong<br />

prügelte sein Weib mit den Worten: „Du bist also immer<br />

noch der Freund G esse r 's!" Der Lama sprach: „Ich habe<br />

gehört, Chan, Gesser sey dein Neffe; ist er da nicht dein<br />

naher Blutsverwandter? das ist die Qual ihrer Augen (die<br />

Ursache dass sie weint); höre auf!" Dem Befehle des Lama<br />

gemäss hörte Tschotong auf, sein Weib zu schlagen.<br />

Unter dem Vorwande , den wohlredenden Bettel - Lama<br />

zu beschenken, befahl Tschotong, <strong>eine</strong> Menge Sachen<br />

herzubringen. Er richtete <strong>eine</strong> grosse Mahlzeit an; die vielen<br />

hergebrachten Sachen waren nur zum Schein und er<br />

gab dem Lama nur wenig davon. Der Fürst Tschotong<br />

setzte sich und sprach: „Lama, gib diesem m<strong>eine</strong>m Hunde<br />

doch <strong>eine</strong>n Namen!" Der Lama erwiederte: „War dein<br />

trefflicher Hund bis jetzt wirklich noch ohne Namen! nun<br />

dann werde ich ihm <strong>eine</strong>n Namen geben." Tschotong<br />

versetzte: „Es ist ein ganz vortrcölicher Hund!" Der verdienstvollen<br />

Lama gab nun dem Hunde folgenden Namen:<br />

„ Vei-schlinge zuerst d<strong>eine</strong>s Herrn Kopf und packe dich!<br />

dann verschlinge d<strong>eine</strong>n eigenen Kopf und packe dich!"<br />

Tschotong sprach: „Vorhin war diess ein wohlredender<br />

Bettel -Lama, nun ist es ein übelredender Bettler geworden!<br />

Werft ihn hinaus und jagt ihn fort!" Der Lama erwiederte:<br />

„O Chan; ohne von dir gejagt zu werden, gehe ich<br />

schon von selbst. Wisse aber, dass der Vertilger der zehn<br />

Uebel in den zehn Gegenden, der wohlthätige und heldenmüthige<br />

Chan und Bogda nicht lodt ist; man hört, er sey<br />

im Anzüge in der Absicht, den schändlichen Tschotong<br />

zu lödlen. " Mit diesen Worten entfernte er sich. Tscho-

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