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Vortrag von Prof. Konrad Kunze über die Eichstetter Familiennamen

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Eichstetten: Namen haben ein langes Gedächtnis - badische-zeitung.de<br />

29.04.13 18:29<br />

27. April 2013<br />

Namen haben ein langes Gedächtnis<br />

Namensforscher <strong>Konrad</strong> <strong>Kunze</strong> erzählte den <strong>Eichstetter</strong> Aufschlussreiches <strong>über</strong> <strong>die</strong><br />

Herkunft ihrer <strong>Familiennamen</strong>.<br />

EICHSTETTEN. König Salomon hatte keinen, Petrus und Paulus hatten keinen, und<br />

Barbarossa auch nicht. Die Rede ist vom Nachnamen: Jahrhundertelang kam <strong>die</strong> Zivilisation<br />

ohne sie aus. Erst vor gut 800 Jahren begann man, dem Vornamen einen <strong>Familiennamen</strong><br />

hinzuzufügen, wie man <strong>von</strong> <strong>Konrad</strong> <strong>Kunze</strong> erfahren konnte. Der aus dem Rundfunk bekannte<br />

Namensforscher und <strong>Prof</strong>essor klärte zum Jubiläum des Heimat- und Geschichtsvereins<br />

ebenso informativ wie unterhaltsam <strong>über</strong> <strong>Eichstetter</strong> <strong>Familiennamen</strong> auf.<br />

Der Grund für <strong>die</strong> Entstehung <strong>von</strong> <strong>Familiennamen</strong> liegt darin, dass <strong>die</strong> Städte im Mittelalter<br />

immer stärker wuchsen. In Köln, das um 1200 mit rund 50 000 Einwohner eine richtige<br />

Großstadt war, hieß damals wohl jeder zehnte Mann Johannes. Um <strong>die</strong> Menschen in Besitzund<br />

Erbfragen besser unterscheiden zu können, mussten Nachnamen her. Das Prekäre:<br />

Einen solchen Namen gab man sich nicht selbst, sondern bekam ihn <strong>von</strong> den Mitbürgern<br />

"angehängt".<br />

Die einfachste Möglichkeit dazu war, dass man einfach nach dem Vater oder der Mutter<br />

genannt wurde. Ketterer sind demzufolge Nachfahren einer Katharina, Dilger stammen <strong>von</strong><br />

Ottilie ab, Steffens <strong>von</strong> Stefan und Jakobs <strong>von</strong> Jakob, wobei man in Süddeutschland das "s"<br />

weglässt und sich gleich "Jakob" nennt.<br />

Auch Trautwein, der sechshäufigste Nachname in Eichstetten, ist ein alter Vorname, der sich<br />

aus den Wortteilen Liebe ("Traut") und Freund ("wein") zusammensetzt, was "lieber Freund"<br />

ergibt. Beluebt war auch <strong>die</strong> Halbierung <strong>von</strong> Namen. So wurde aus dem Vorfahren Heinrich<br />

Hein, aus Volker Volk, aus Wilhelm Will, aus Wolfgang Wolf und aus dem Hermann ein Herr.<br />

Steinhards Nachfahren wurden zu Stein, Bernhards zum Bär, Hugberts zu Haug oder Hug<br />

und <strong>die</strong> <strong>von</strong> Johannes zu Jenne. Auch <strong>die</strong> Verniedlichung <strong>von</strong> Personen blieb nicht ohne<br />

Folgen: Aus dem Hein wurde das Heinlein oder der Heine(c)ke(n), aus dem kleinen Andreas<br />

der Enderlin, aus Jakobus der Köbelin und aus dem Markward der Merklin oder Merkle, der in<br />

Ostdeutschland Merkel heißt. Eine weitere Verkleinerungsform war neben dem "le" das "z":<br />

aus Friedrich wurde der Nachname Fritz, aus Ulrich der Utz, aus Walter der Walz und aus<br />

<strong>Konrad</strong> der Kunz(e). Somit trägt der Namensforscher sogar den gleichen Vor- wie<br />

Nachnamen.<br />

Weitere Namen wurden nach Wohnort und Herkunft vergeben. So wohnten <strong>die</strong> Vorfahren des<br />

Berger an einem Berg, <strong>die</strong> Hornecker an einem Horneck, <strong>die</strong> Familie Hess stammte<br />

vermutlich aus Hessen und <strong>die</strong> Kullmer aus Colmar. Der Höfflin hatte wahrscheinlich in<br />

einem kleinen Hof gewohnt und der Adler in einem Haus, das "zum Adler" benannt war. Der<br />

Breisacher hatte einst Breisach hinter sich gelassen, und der Föhrenbach stammt aus dem<br />

heute Vöhrenbach geschriebenen Ort im Schwarzwald.<br />

http://www.badische-zeitung.de/eichstetten/namen-haben-ein-langes-gedaechtnis--71367691.html<br />

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Eichstetten: Namen haben ein langes Gedächtnis - badische-zeitung.de<br />

29.04.13 18:29<br />

Eine weitere Unterscheidungsmöglichkeit ist das Aussehen der Menschen. So wurde aus dem<br />

Schielenden der Schiller oder Schily, aus dem Mann mit der langen Nase der Langnese, aus<br />

dem Hellhaarigen der Weishaar und aus dem mit dem verstrubbelten Haar der Ströbele.<br />

Warum Herr Schmidt mehr wiegt als Herr Schneider<br />

Die häufigsten Nachnamen in Deutschland, so <strong>Prof</strong>essor <strong>Kunze</strong>, sind auf Berufe<br />

zurückzuführen. Die Hitliste führt hier der Müller an: Jeder zehnte Deutsche heißt Müller,<br />

gefolgt <strong>von</strong> Schmidt, Schneider, Fischer und Meyer. Eine Stu<strong>die</strong> unter Sportlern untersuchte<br />

<strong>die</strong> Verbreitung der Namen Schmidt – abgeleitet vom Beruf des Schmieds, der eine kräftige<br />

Statur erfordert – und Schneider, ein Handwerk eher für Leichtgewichte. Das Ergebnis war<br />

deutlich: Unter Kugelstoßern fanden sich <strong>über</strong>durchschnittlich viele Schmidt und wenig<br />

Schneider. Bei Langstreckenläufern hingegen ist es genau umgekehrt.<br />

Meier, Nummer eins auf der <strong>Eichstetter</strong> Namensliste, bedeutet so viel wie "großer Bauer",<br />

der <strong>die</strong> Abgaben für <strong>die</strong> Herrschaft in Empfang nahm. Kurioserweise gibt es in der Mitte <strong>von</strong><br />

Deutschland einen weißen Fleck, das "Meierloch". Der Grund: In <strong>die</strong>ser Region sagt man<br />

"Hoffmann" statt "Meier".<br />

Kirchweihfeste und Kriege ließen Namen wandern<br />

Für Schmunzeln unter den Zuhörern sorgte <strong>die</strong> Tatsache, dass 80 Prozent der Bevölkerung<br />

heute noch dort leben, wo sie bereits vor 800 Jahren gelebt haben. Denn Mobilität gab es<br />

lange Zeit kaum. Einer der wenigen Gründe, das Dorf zu verlassen, war früher ein<br />

Kirchweihfest in der Nähe. Mit ein wenig Glück fanden junge Männer dort ihre Frau und so<br />

vielleicht auch ihre neue Heimat. Und so bewegten sich <strong>die</strong> <strong>Familiennamen</strong> nur ganz langsam<br />

im "Kirchweihradius" weiter.<br />

In Eichstetten fallen, wie vielerorts am Kaiserstuhl, <strong>die</strong> vielen Namen mit der Endung -lin<br />

auf, wie Höfflin, Rinklin oder Schöpflin. Hier führt <strong>die</strong> Spur den Namensforscher in <strong>die</strong><br />

Schweiz. Denn <strong>von</strong> dort kamen nach dem Dreißigjährigen-Krieg und den Franzosenkriegen<br />

des 17. Jahrhunderts viele Zuwanderer – und damit ihre Nachnamen – in den fast völlig<br />

verwüsteten Kaiserstuhl.<br />

Autor: Christa Rinklin<br />

http://www.badische-zeitung.de/eichstetten/namen-haben-ein-langes-gedaechtnis--71367691.html<br />

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