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Gewaltfreie KommuniKation - Bundesverband Mediation eV

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qUALITÄTSSICHERUNG UND wEITERENTWICKLUNG<br />

<br />

Monika Oboth<br />

Inspiration<br />

und Herausforderung<br />

Was problematisch werden kann in der<br />

Praxis der <strong>Gewaltfreie</strong>n Kommunikation.<br />

Um es klar voran zu stellen: Die <strong>Gewaltfreie</strong> Kommunikation<br />

(GFK) nach Marshall B. Rosenberg ist<br />

die hilfreichste Haltung und Kommunikationsweise,<br />

die ich bisher kennen gelernt habe. Seit 1995<br />

ist sie Fundament für meine <strong>Mediation</strong>en, Ausbildungstätigkeit,<br />

Führungskräftetrainings und<br />

Teamentwicklungen. Nach 12 Jahren intensiver<br />

persönlicher Beschäftigung mit ihr, vielen Trainingsteilnahmen<br />

und meiner Zertifizierung gebe<br />

ich jährlich mit Begeisterung einen Grund- und<br />

Aufbaukurs in GFK. Gleichzeitig sind mir Stolperstellen<br />

bewusst geworden – Fallen, in die ich<br />

selbst geraten bin. Diese gehen m. E. nicht von<br />

der GFK selbst aus, sondern von uns Lernenden,<br />

die wir manchmal der Verführung erliegen, mit<br />

neuen Modellen unsere blinden Flecken zu bestätigen<br />

und alte Verhaltensmuster auszubauen.<br />

Auf diese Art kann es zuweilen zu einer Art Widerspruch<br />

kommen zwischen dem Anliegen der GFK<br />

und ihrer „Anwendung”. Ich verhehle dabei nicht,<br />

dass Beobachtungen bei mir und bei anderen in<br />

mir gelegentlich Erschrecken auslösen. Es geht<br />

aber auch um grundsätzliche und spannende<br />

Herausforderungen, die sich in der Praxis bzw.<br />

letztlich auch in der Weitergabe der GFK stellen:<br />

der Umgang mit Lebensfundamenten, mit eigenen<br />

Aggressionsimpulsen, mit Authentizität, Rollenverständnis<br />

in Leitung, Empathie als Schutz,<br />

Bewertung der Gedanken, Humor, Alltagssprache.<br />

Letztlich ist der folgende Artikel auch ein Plädoyer<br />

für den unideologischen Umgang mit der<br />

<strong>Gewaltfreie</strong>n Kommunikation.<br />

Wer ist mal wieder faul, egoistisch oder rücksichtslos<br />

gewesen? Für mich waren die 4 Schritte<br />

der GFK und vor allem die dahinter liegende Haltung<br />

eine Offenbarung. Ich kann sagen: Sie haben<br />

mein Leben befreit. Ich brauchte dabei<br />

eine gründliche Aufarbeitung meiner Vergangenheit,<br />

um alte Krusten wie destruktive Redeweisen<br />

(z. B. moralischer Druck, Urteile) und blockierende<br />

Glaubenssätze (z. B. „Meine Bedürfnisse sind<br />

nicht willkommen”; „Ich bin immer schuldig”) aufzuweichen.<br />

Denn wie sollte ich ansatzweise empathisch<br />

auf eine Kritik reagieren, wenn als erstes<br />

der innere Wolf 2 mit Schuldgefühlen auf mich<br />

los ging? Wie sollte ich eigene Bedürfnisse ausdrücken,<br />

wenn ich sie selbst nicht spürte oder<br />

verurteilte? Wie wollte ich Grenzen setzen, wenn<br />

ich das kaum gelernt hatte? Und wie konnte ich<br />

einfühlend kommunizieren, wenn die Maschine<br />

in meinem Kopf automatisch fragte: Wer war<br />

schuld, wer hat etwas falsch gemacht?<br />

GFK und Umgang mit eigenen Aggressionen –<br />

Ein blinder Fleck?<br />

Wenn wir davon ausgehen, dass Aggressionen<br />

meist aus dem Schmerz alter Wunden entspringen,<br />

(Abb. 1) 3 , dann kommen wir in der Praxis der<br />

GFK an einen neuralgischen Punkt. Denn wir können<br />

davon ausgehen, dass wir alle alte Wunden<br />

aus unerfüllten Bedürfnissen in der Kindheit haben.<br />

Diese verstärken unsere Empfindsamkeit auf<br />

aktuell unerfüllte Bedürfnisse. Nehmen wir einmal<br />

an, dass Frau A, die als Kind darunter litt, wenig<br />

Anerkennung zu erhalten, GFK zu praktizieren<br />

Monika Oboth,<br />

Kulturanthropologin MA,<br />

Mediatorin und Ausbilderin<br />

BM, zertifizierte Trainerin für<br />

GFK, Leiterin Business <strong>Mediation</strong><br />

Center<br />

1/ Beobachtung (statt Interpretation),<br />

Gefühl (statt<br />

Schuldzuweisung), Bedürfnis<br />

(statt konkreter Strategie), Bitte<br />

(statt Forderung)<br />

2/ Wolf und Giraffe: Symbolpuppen<br />

in der GFK für Scham<br />

und Druck auslösende (Wolf)<br />

und gewaltfreie (Giraffe) Haltungen<br />

bzw. Redeweisen<br />

3/ Abb. aus „<strong>Mediation</strong><br />

in Gruppen und Teams”<br />

GFK und Lebensfundament – Kommunikationsmodell<br />

oder Therapie alter Wunden?<br />

Als ich begann, die 4 Schritte (Prinzipien) 1 der<br />

GFK zu üben, wurde mir schnell klar, dass ich mit<br />

ihnen an mein Lebensfundament stoßen würde.<br />

Ich glaube, dass eine intensive Auseinandersetzung<br />

mit der Haltung der GFK unweigerlich dazu<br />

führt und sie damit auch eine ganz große<br />

Chance ist. In meiner Herkunftsfamilie zum Beispiel<br />

hatte Kommunikation oft einen bedrohlichen<br />

Charakter. Konflikte eskalierten schnell und<br />

zeigten schmerzliche Folgen. Als Mittleres von 5<br />

Kindern versuchte ich verzweifelt zu vermitteln<br />

und meine Mutter zu schonen (an eine eigene<br />

pubertäre Auseinandersetzung mit meinen Eltern<br />

kann ich mich nicht erinnern). Die gegenseitigen<br />

Fragen, die gestellt wurden, waren nicht: ‚Wie<br />

geht es dir?’, ‚Was brauchst du?’, sondern:<br />

Wer hat diesmal Mist gebaut? Wer war schuld?<br />

Spektrum der <strong>Mediation</strong> 28/2007 – Fachzeitschrift des <strong>Bundesverband</strong>es <strong>Mediation</strong> e. V.

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