Gewaltfreie KommuniKation - Bundesverband Mediation eV
Gewaltfreie KommuniKation - Bundesverband Mediation eV
Gewaltfreie KommuniKation - Bundesverband Mediation eV
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
Berichte zum Thema<br />
37<br />
schen aus Amerika, Afrika und Europa, Frauen und<br />
Männer gemeinsam an unterschiedlichen Aufgaben<br />
arbeiten. Meine Aufgabe besteht darin, wie<br />
eine Spinne immer wieder neue Fäden zu ziehen,<br />
das Netz zu halten, zu stabilisieren. Völlig unterschiedliche<br />
Sichtweisen und Perspektiven kommen<br />
hier zusammen. Mir helfen da die Einsichten der<br />
GfK: Jenseits von richtig und falsch gibt es einen<br />
Ort, dort treffen wir uns, dem Platz dazwischen, wo<br />
Neues entstehen kann. Meine Erfahrung lehrt mich,<br />
dass das Lernen, diese Art zu kommunizieren im<br />
wirklichen Tun und Handeln aufgehoben ist, mit allen<br />
Irrtümern, Rückschlägen und Hilflosigkeiten.<br />
Biljana Todorovic: Ich glaube, dass jede höfliche<br />
Person in alltäglichen Gesprächssituationen Ideen<br />
aus dieser Theorie anwendet. Ob ich die Theorie<br />
in der Arbeit nutze? – Ja. Nicht jeden Tag und<br />
nicht immer, aber mit Menschen zu arbeiten ist eine<br />
schwierige Aufgabe und mit Menschen in Post-<br />
Konflikt-Gesellschaften zu arbeiten noch herausfordernder.<br />
Man kämpft mit mangelndem Vertrauen<br />
und Vorurteilen schon bevor man anfängt zu sprechen<br />
oder andere Leute zu treffen. Gleichzeitig<br />
bringen das Leben und das Arbeiten in geteilten<br />
Gemeinschaften KonfliktberaterInnen oft in herausfordernde<br />
Situationen, besonders bei Gesprächen<br />
von Gruppen, die in gegenüberliegenden Ecken<br />
stehen und ihre Standpunkte diskutieren. Um die<br />
ganze Situation zu erklären, bräuchte man viel<br />
Zeit und Raum. In den Situationen, in denen ich<br />
die Theorie angewandt habe, hat sie gut funktioniert<br />
und Spannungen zwischen den GesprächspartnerInnen<br />
wurden gelockert. Wenn wir jetzt über<br />
Friedensarbeit reden, muss man beachten, wann<br />
man welche Art der friedlichen Kommunikation<br />
wählt. An manchen Orten funktioniert eine Sache,<br />
die an anderen Orten nicht funktioniert. Reines<br />
Umformulieren reicht zum Beispiel im Kosovo oder<br />
in Serbien nicht, weil die Person dann denkt, dass<br />
man ihr nicht zugehört hat und dass man deshalb<br />
das Gesagte noch einmal zusammenfasst oder<br />
wiederholt. Deshalb ist es wichtig, die Traditionen<br />
und Kommunikationswege eines Orts zu kennen,<br />
an dem man lebt oder arbeitet.<br />
Urich Krause: Rosenbergs „Lehren” kommen in<br />
meinem Arbeitsalltag zumindest ansatzweise zur<br />
Anwendung. Wir führen sehr viele Gespräche und<br />
versuchen darin „Aktives Zuhören” oder „Beobachten<br />
ohne Bewerten” zu praktizieren. Auch in der<br />
Kommunikation mit meinem Kollegen versuche ich<br />
die GfK zu beachten. Misserfolg hatte ich mit der<br />
Methode noch nie. Ob sie mir allerdings konkrete<br />
Vorteile gebracht hat, lässt sich nicht so ohne weiteres<br />
sagen, weil mir die Vergleichsmöglichkeit fehlt.<br />
Sagen wir so: Ich habe ein gutes Gefühl dabei und<br />
glaube, von meinen GesprächspartnerInnen Signale<br />
zu erhalten, dass sie sich ernst genommen<br />
fühlen und Vertrauen zu mir finden. Schwere Konflikte<br />
haben wir hier in Oranienburg noch nicht angehen<br />
müssen, deshalb konnte ich Rosenbergs Instrumentarium<br />
noch nicht ausprobieren.<br />
3. Hat Rosenberg Ihr eigenes, ganz privates<br />
Kommunikationsverhalten beeinflusst?<br />
Anna Crummenerl: Die Giraffe und den Wolf, um<br />
bei Rosenberg zu bleiben, habe ich als Figuren in<br />
meiner Praxis niemals benutzt. Das Wissen darum<br />
hilft mir aber ganz praktisch, indem mir klar wird,<br />
dass ich selbst für mein eigenes Verhalten verantwortlich<br />
bin. Die Du-Botschaften, die Synonym dafür<br />
sind, dass die Anderen schuld an deiner Misere<br />
sind, all das löst sich irgendwie auf. Das Üben, mit<br />
„Ich” anzufangen, lässt viel mehr Spielraum im Umgang<br />
mit mir selbst, mit anderen Menschen. In der<br />
Welt, in der ich arbeite, wo Misstrauen, Feindbilder,<br />
gewalttätige Auseinandersetzungen den Alltag<br />
der Menschen bestimmen, bedarf es dieser Vision,<br />
dieser zarten Pflanze der Gewaltlosigkeit. Sie hebt<br />
nicht die Welt aus den Angeln, doch in diesen gesellschaftlichen<br />
Mikroprozessen kann Großes geübt<br />
und realisiert werden, was letztlich auch Makroprozesse<br />
initiieren kann.<br />
Biljana Todorovic: Diese Frage kann ich sehr positiv<br />
beantworten. Wie ich vorhin schon gesagt<br />
habe, sollte Rosenbergs Theorie meines Erachtens<br />
Teil des Verhaltens einer jeden Person werden.<br />
Ich habe sie als sehr nützlich empfunden,<br />
auch in Konfliktsituationen in meiner Familie oder<br />
mit Freunden. Die Menschen vom Balkan sind<br />
laut, leidenschaftlich und eher aggressiv in der<br />
Kommunikation. Wenn man da ein sensibles Thema<br />
einbringt, kann aus einer Diskussion leicht ein<br />
Streit werden oder etwas, was dem sehr ähnlich<br />
ist. Rosenbergs Theorie zu kennen und zu nutzen<br />
ist demnach wünschenswert und notwendig.<br />
Urich Krause: Ein wenig. Auch im Bewusstsein des<br />
Wissens über GfK bin ich nicht immer rational genug,<br />
um sie anzuwenden. Gerade wenn Konflikte<br />
emotionalisieren, fällt es mir schwer, einen kühlen<br />
Kopf zu bewahren und an Rosenberg zu denken.<br />
Aber es tut auf jeden Fall gut, mir in einem<br />
ruhigeren Moment vor Augen zu halten, was ich<br />
nicht beachtet habe, um es beim nächsten Mal<br />
besser zu machen. Insgesamt bin ich jedenfalls<br />
froh, mit Ziviler Konfliktbearbeitung – und damit<br />
den Theorien Rosenbergs – in Berührung gekommen<br />
zu sein.<br />
Ulrich Krause<br />
Tonia Fondermann,<br />
Studium Internationale<br />
Beziehungen, Praktikum<br />
beim forumZFD<br />
Kontakt<br />
Ingrid Holzmayer,<br />
kontakt@forumZFD.de<br />
Spektrum der <strong>Mediation</strong> 28/2007 – Fachzeitschrift des <strong>Bundesverband</strong>es <strong>Mediation</strong> e. V.