Gewaltfreie KommuniKation - Bundesverband Mediation eV
Gewaltfreie KommuniKation - Bundesverband Mediation eV
Gewaltfreie KommuniKation - Bundesverband Mediation eV
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
32 15 Jahre BM<br />
Kontakt<br />
Renata Bauer-Mehren,<br />
r.bauer-mehren@gmx.de<br />
auf allen drei Ebenen vollzogen werden, die die<br />
Prozessorientierte Psychologie beschreibt.<br />
Niemand würde einem Kind in der Entwicklung<br />
wissentlich einen falschen Weg zeigen, niemand<br />
möchte das Kind in den Brunnen fallen lassen.<br />
Der Antrieb, Veränderungen voranzutreiben, ist<br />
stets begründet in einer Vorausschau: „So möchte<br />
ich am liebsten, dass es sein wird.”<br />
Wenn es nun strittig ist, was wohl der beste Weg,<br />
die beste Entwicklung sei, so liegt dem die Vorstellung<br />
des Zukünftigen zu Grunde. Die Unsicherheit<br />
darüber, was nun geschehen wird, hat mit<br />
den Ängsten zu tun, die sich darum drehen, was<br />
wohl dann sein wird, wenn die eigene Vorstellung<br />
nicht eintritt.<br />
Diese Ängste sind genährt von einer „Zukünftigen<br />
Trauer” – es ist das vorausweisende Gefühl, das<br />
bei der Nichterfüllung meines Wunsches eintreten<br />
wird, mit dem ich mich aber jetzt schon befasse,<br />
damit ich es später besser aushalten kann.<br />
Das ist sozusagen das Training, um dann besser<br />
vorbereitet zu sein. Je heftiger Angst und Trauer in<br />
diesem Zusammenhang abgewehrt werden, desto<br />
rigoroser wird sich der Kampf darstellen. Das<br />
Zulassen dieser Gefühle und das Loslassen der<br />
Idee, dass sich mein Wunsch erfüllt, ermöglicht<br />
einen absichtslosen Prozess. Es kann sich das entwickeln,<br />
was dran ist, das, was auf einer anderen<br />
Prozess-Ebene als der Realitätsebene stattfindet<br />
und was nicht mit rationalen Kriterien bemessen<br />
werden muss. Es ist dies die „Sentient-Ebene”,<br />
die Feinspürebene, auf der keine rationalen<br />
Gründe mehr wichtig sind, sondern wo die Atmosphäre<br />
von allen als stimmig erlebt wird und wo<br />
sich Erleichterung und Zustimmung einstellt.<br />
Genauso wie der <strong>Mediation</strong>sprozess eine Veränderung<br />
hervorruft und in der Lösungsfindung<br />
für eine Entwicklung = Auswicklung eingeschlossener<br />
Energien sorgt, so fordern alle Veränderungen<br />
im Leben einen Abschied von dem, was<br />
war, um in das Neue bewusst hineingehen zu<br />
können. Wann immer diese Abschiede nicht genommen<br />
sind, werden sie unbewusst in das<br />
Neue hineingetragen und krampfhaft mit dem<br />
Festhalten an den alten Strukturen verteidigt. Bewusstes<br />
Abschiednehmen heißt aber, alles, was<br />
war, zu würdigen, alles, was in der Entwicklung<br />
geschehen ist, das Gute, wie das Schlechte anzuschauen<br />
und als wichtige Erfahrung in die Persönlichkeit<br />
zu integrieren. Das heißt für den Prozess,<br />
innezuhalten, sich vor dem Gewesenen<br />
zu verneigen, sich dann umzudrehen, um dem<br />
Neuen Raum zu geben.<br />
Nicht nur für die Entwicklung von Menschen, sondern<br />
auch für die Entwicklung von Institutionen<br />
oder Vereinen, wie den BM, gelten diese Entwicklungsschritte.<br />
Für den Wandlungsprozess im BM heißt das, zu<br />
würdigen, was war. Das Geburtstagsfest in Frankfurt<br />
hat das sicher auch getan. Noch wichtiger<br />
als das Feiern des 15. Geburtstages ist die Rückbesinnung<br />
auf die Wurzeln, auf die „Elternidee”,<br />
auf deren Melodie.<br />
Wenn sich der BM in eine andere Richtung entwickeln<br />
sollte als in die, die ursprünglich den Impuls<br />
gab, wenn sich also die Melodie, die Tonart<br />
des Liedes verändern sollte, müssen ganz besonders<br />
die Urheber mit einbezogen werden. Sie<br />
brauchen eine Rückversicherung, dass es gut<br />
weitergeht mit ihrem „Kind”. Entwicklung heißt<br />
eben auch, dass die Essenz, das, was in dem Samen<br />
angelegt ist, erhalten bleibt. Wenn die Menschen,<br />
die den BM weiterhin begleiten werden,<br />
achtsam mit sich und den Strömungen, die es<br />
gibt, umgehen und sich dabei stets seiner Wurzeln<br />
und seiner Geschichte bewusst sind, und<br />
auch dem Geist, aus dem sie gewachsen sind,<br />
verpflichtet bleiben, dann kann der Verein jede<br />
Veränderung als zu ihm passenden Schritt akzeptieren.<br />
Die Menschen, die sich mit ihm identifizieren,<br />
werden das Neue begrüßen und so etwas<br />
wie ein „Hier bin ich richtig!” empfinden. Trauerprozesse<br />
laufen immer gleichzeitig mit den Entwicklungsprozessen.<br />
Richtige Freude kommt aber<br />
auch nur dann auf, wenn die Trauer nicht ausgeschlossen<br />
wird, sondern als die Schwester der<br />
Freude mit eingeladen ist.<br />
Spektrum der <strong>Mediation</strong> 28/2007 – Fachzeitschrift des <strong>Bundesverband</strong>es <strong>Mediation</strong> e. V.