17.11.2013 Aufrufe

Gewaltfreie KommuniKation - Bundesverband Mediation eV

Gewaltfreie KommuniKation - Bundesverband Mediation eV

Gewaltfreie KommuniKation - Bundesverband Mediation eV

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

15 Jahre BM<br />

31<br />

Renata Bauer-Mehren<br />

Veränderungsprozesse<br />

sind auch Trauerprozesse<br />

Im BM gibt es derzeit heftige Strömungen,<br />

die den Verein in neue Richtungen lenken<br />

und die bisherige Struktur verändern wollen.<br />

Veränderungen gehören zur Entwicklung<br />

und deren Lebendigkeit. Auch Wachstum<br />

bedeutet Veränderung, und der Verein<br />

ist in den letzten Jahren mächtig gewachsen.<br />

So war es sicherlich angesagt, den<br />

Leitbildgedanken im BM anzuregen und<br />

eine Zielrichtung anzusteuern. Der Verein<br />

soll sowohl nach innen als auch nach außen<br />

eine klare Vorstellung geben von dem,<br />

wofür er steht und welche Ziele er verfolgt.<br />

Möglichst viele Mitglieder sollen sich darin<br />

wieder finden und Gemeinsamkeiten<br />

wahrnehmen.<br />

Voraussetzung zum Verständnis von Entwicklungsprozessen<br />

ist die Wahrnehmung<br />

der eigenen Geschichte.<br />

Vor 15 Jahren wurde der Verein aus der Taufe<br />

gehoben und von einer Gruppe engagierter<br />

MediatorInnen auf den Weg gebracht. Visionen<br />

und Hoffnungen wurden dabei daran geknüpft.<br />

Im Aufbruch, im Neubeginn ist stets der Blick nach<br />

vorne gerichtet in das Zukünftige, in einen visionierten<br />

Raum, der nicht so sehr spezifisch, als<br />

vielmehr mit einer bestimmten Empfindung ausgestattet<br />

ist: <strong>Mediation</strong> soll als Beitrag zur Friedensarbeit<br />

bekannt gemacht werden und als gemeinnütziger<br />

Verein allen Menschen zu Gute kommen.<br />

Ähnlich wie bei der Geburt eines Kindes verhält<br />

es sich mit dem Gründen eines Vereins: Das Kind<br />

wird gezeugt und erst unsichtbar getragen. (Ein<br />

afrikanischer Volksstamm sagt, wenn ein Kind<br />

kommen will, hört es zunächst der Vater als eine<br />

Melodie, die aus dem Universum kommt und er<br />

gibt diese an die Mutter weiter. Sie bringt dann<br />

die Melodie zum Leben.) Auch der BM wurde unter<br />

ganz bestimmten und eigenen Vorstellungen<br />

ins Leben gerufen als die Essenz einer „Eltern-<br />

Gruppe”. Sobald das Baby – hier die Idee – geboren<br />

ist und es sichtbar wird in seiner Gestalt,<br />

gibt es Freude und Trauer zugleich.<br />

Freude darüber, dass „es” nun endlich da ist und<br />

in seinem So-Sein wahrgenommen werden kann.<br />

Trauer darüber, dass dieses Wesen nun einem eigenen<br />

Prozess ausgesetzt ist, den die Eltern zwar<br />

begleiten und im besten Fall auch ein wenig<br />

steuern können, dass sie aber letztendlich dieses<br />

Wesen entbinden, loslassen müssen, um ihm<br />

sein eigenes Los zu lassen. Die vielen Faktoren,<br />

die außer den guten Wünschen und dem liebevollen<br />

Wollen der Eltern auch noch Einfluss haben<br />

auf die Entwicklung des Kindes- oder wie hier der<br />

Idee- sind nicht immer steuerbar. Sobald ein Gedanke,<br />

ein Kind in der Welt ist, braucht es ein bewusstes<br />

Abschiednehmen: Das Kind, die Idee,<br />

unterliegt nun dem Prozess des Lebens, des Werdens<br />

und Vergehens und ist diesem Los der eigenen<br />

Entwicklung ausgesetzt.<br />

Freude und Trauer gehören eng zusammen und<br />

sie sind die beiden Seiten einer Medaille. In unserer<br />

Kultur ist das Trauern weitgehend ausgeblendet,<br />

weil es für viele Menschen ein unangenehmes<br />

Gefühl ist und sie fürchten häufig, ihre<br />

Fassung zu verlieren und dabei sich selbst.<br />

Trauer ist ein notwendiger, ein Not wendender<br />

Prozess. Wer nicht trauert, verliert eine wichtige<br />

Kraftquelle, denn im Trauern kann das, was verloren<br />

geht und was als schmerzhaft erlebt wird,<br />

verwandelt werden in Erfahrung. Diese wird in die<br />

Persönlichkeit integriert und als Wachstum, als Teil<br />

der Veränderung angenommen. Trauer, durch<br />

die man hindurchgegangen ist, stärkt, während<br />

die verdrängte Trauer den Lebensfluss hindert,<br />

da sie als Blockade den Zugang zu den Lebensenergien<br />

versperrt.<br />

Nun ist das Kind, der BM, stetig gewachsen und<br />

kommt mit 15 Jahren so richtig in die Pubertät.<br />

Viele verschiedene Strömungen zerren an ihm, es<br />

gibt viele neue Impulse, so viele Menschen, die<br />

mitreden wollen, so viele, die wissen, was dem<br />

Kind gut tut. Das, was notwendig ist, ist tatsächlich<br />

Neuorientierung: Einen Weg einzuschlagen,<br />

der passt und der innen wie außen sichtbar und<br />

nachvollziehbar ist.<br />

Nun haben die Väter und Mütter der ersten Stunde<br />

möglicherweise immer noch die Wertvorstellungen<br />

von damals und sie fürchten nun, dass<br />

sich die Entwicklung nicht so gestaltet, wie sie<br />

sie in sich getragen und gespürt haben. Viele<br />

LehrerInnen und Mitgestalter sind zur Stelle, wenn<br />

es darum geht, wie sich der BM zeigen könnte<br />

und sollte. So wollen die Einen, dass der Verein<br />

ideell ausgerichtet bleiben möge, die Anderen<br />

wollen eine Struktur-Änderung hin zu einem Berufsverband,<br />

und es gibt auch die Idee, dass der<br />

Verein sich aufspaltet und beide Vorstellungen<br />

verkörpert. Für alles gibt es gute Gründe auf der<br />

Realitätsebene. Wird aber nur auf ihr nachgedacht<br />

und gehandelt, wird sich die Veränderung<br />

auch nur oberflächlich vollziehen und nicht in<br />

die Tiefe wirken. Sie hat dann verschiedene, nicht<br />

korrespondierende Verläufe und wird am Ende<br />

unbefriedigend sein. Veränderung sollte deshalb<br />

Renata Bauer-Mehren,<br />

Studienrätin,<br />

Ausbilderin BM,<br />

Trauerbegleitung nach<br />

Canacakis (AMB)<br />

Spektrum der <strong>Mediation</strong> 28/2007 – Fachzeitschrift des <strong>Bundesverband</strong>es <strong>Mediation</strong> e. V.

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!