Gewaltfreie KommuniKation - Bundesverband Mediation eV
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28 15 Jahre BM<br />
Benedikta Deym-Soden<br />
Zufall und Notwendigkeit, Frauen,<br />
der BM und die <strong>Mediation</strong> in Deutschland<br />
Prof. Dr. Benedikta v. Deym-Soden,<br />
Mediatorin BM, Ausbilderin BM,<br />
Mitglied der Anerkennungskommission<br />
und<br />
des Ältestenrates,<br />
Mitgründerin der FG MIK,<br />
Leiterin der RG Ostbayern<br />
mit Karin Stanggassinger<br />
Der BM in den Wechseljahren von 1998 bis<br />
2003 aus der (persönlichen) Perspektive<br />
der damaligen 1. Vorsitzenden.<br />
Im Spektrum 27, S. 21 zum Thema Finanzen steht:<br />
„Die Zeit der rein ehrenamtlichen Erledigung<br />
sämtlicher Verbandsarbeit endete mit der Wahl<br />
eines neuen Vorstands in der Mitgliederversammlung<br />
am 06. Juni 1999 in Kröchlendorff. Benedikta<br />
Gräfin von Deym-Soden war jetzt die neue<br />
1. Vorsitzende des BM. Sie löste Katharina Sander<br />
ab, die noch für zwei weitere Jahre als 2. Vors.<br />
im Vorstand tätig war.”<br />
Das stimmt so nicht ganz. Es gab bereits zuvor<br />
bezahlte Arbeit und ich löste nicht Katharina Sander<br />
ab, sondern Tilman Metzger, der vor mir 1.<br />
Vorsitzender war. Katharina blieb weiter im Vorstand,<br />
das ist richtig. Katharina war zu Beginn des<br />
BM 1. Vorsitzende und sie war auch auf andere<br />
Weise sehr zentral für die Geschichte des BM<br />
und der <strong>Mediation</strong> in Deutschland. Von ihr läse<br />
ich genauso gern einen Artikel über die BM –<br />
Geschichte, wie ich das von Tilman Metzger<br />
und all den anderen getan habe, vor allem aus<br />
den Jahren, in denen sie auch formal aktiv im<br />
BM zentrale Funktionen hatte: 1992 bis 2001, als<br />
Gründerin, als Vorstand, als erste Geschäftsstellenleiterin,<br />
als diejenige, welche Tilman Metzgers Arbeit<br />
am Infoblatt weiterführte, die dessen Versand<br />
betrieb. Ohne Katharina Sanders Arbeit gäbe es<br />
den BM genauso wenig wie ohne Traude Rebmann<br />
und ohne Tilman Metzger und Kurt Südmersen<br />
und all die anderen (verzeiht bitte, dass ich<br />
nicht alle nenne). Auch die Sicht von Traude Rebmann<br />
würde ich gerne dargestellt sehen. Und<br />
von weiteren Frauen, die doch so zentral waren,<br />
auch in diesen Jahren.<br />
Ich wurde vom Chefredakteur gebeten, über<br />
„meine” Vorstands-Zeit zu schreiben. Nun steht im<br />
letzten Spektrum, wie erwähnt, schon einiges über<br />
diese Zeit, – nur, meine Geschichte des BM in seinen<br />
„Wechseljahren” sieht teilweise anders aus als<br />
im Artikel über die Finanzen dargestellt. Was soll<br />
ich nun tun? Richtigstellungen sind langweilig, einen<br />
„Eiertanz” (Wer hat „recht”? Verliert möglicherweise<br />
jemand das Gesicht? Wie konnte es nur so<br />
zustande kommen?) mag ich nicht. Also<br />
bleiben lassen? Oder einfach schreiben, was<br />
mir wichtig scheint. Weitererzählen, so wie Tilman<br />
Metzger das sagt, subjektiv und unzulänglich,<br />
weil man nicht alles sagen kann, weil man auch<br />
nicht alle wichtigen Fakten kennt, aber das, was<br />
man als wichtig sieht. Und das, was ich selbst damals<br />
geplant und gewollt habe, kann ich wohl<br />
mit Fug und Recht sagen. Das will ich tun.<br />
Die Jahre, welche ich hier „Wechseljahre” nenne,<br />
gehen von etwa 1998 bis 2003, vielleicht noch<br />
kürzer. Es ist die Zeit der „Mitgliederexplosion”, der<br />
Verabschiedung der Standards, der Erhöhung der<br />
Mitgliedsbeiträge, der Professionalisierung, des<br />
Starts der Kongresse, der Gründung vieler Fachgruppen<br />
und Regionalgruppen.<br />
Und als erstes ist es mir wichtig, genau diese Einleitung<br />
geschrieben zu haben. Ich denke sie hat<br />
mit der Geschichte des BM – mit der „offiziellen”<br />
und mit der gelebten zu tun. Ich könnte mir auch<br />
vorstellen, dass es da einen Wandel gegeben<br />
hat – vielleicht gerade auch in den Jahren, in<br />
denen ich 1. Vorsitzende war. Das frage ich mich<br />
selbstkritisch und systemkritisch.<br />
Vielleicht ist das Pendel ein bisschen weit in die<br />
eine Richtung gegangen?<br />
Es war schön, mitten unter starken Frauen zu arbeiten<br />
– und das zusammen mit starken Männern.<br />
Starke Frauen waren in diesen Zeiten sehr<br />
prägend für den Verband, das kann man nicht<br />
anders sagen. Die Beziehungen untereinander<br />
und zu den Männern waren – so denke ich – sehr<br />
gut, freundschaftlich, kollegial, liebevoll. Bei der<br />
MV in Minden fragte einer der eingeladenen<br />
Journalisten ob all der Umarmungen: „Ist das<br />
echt – mögt ihr euch wirklich?” Ich glaube, das<br />
war echt. Oder auf der Fraueninsel: Unsere Gastgeberin<br />
(im wahren Wortsinn – sie stellte keine<br />
Rechung für die Räumlichkeiten). Frau Scholastika<br />
sah uns zu und rief: „Und wer küsst mich?”. Das<br />
soll nicht heißen, dass wir nicht stritten – das taten<br />
wir natürlich auch.<br />
Irgendetwas in mir stellt die Frage, ob das noch<br />
genauso ausgewogen ist?<br />
<strong>Mediation</strong> wurde dann „geschäftsfähig”, wir haben<br />
das gefördert. Die Sichtbarkeit der „Professionellen”<br />
besserte sich. Ich fürchte und frage mich:<br />
Besserte sich die Sichtbarkeit der Ehrenamtlichen<br />
und der reinen IdealistInnen weniger oder wurde<br />
sie gar deutlich schlechter?<br />
Es gab definitiv einen Kulturwandel, auch wenn<br />
wir viel taten, um die alten Werte und Beziehungen,<br />
unsere Wurzeln und unsere Gründer-Pioniere<br />
und Pionierinnen zu würdigen. Ich frage mich<br />
auch: Wie sieht es mit uns Frauen aus? Sind<br />
wir, vor allem die so genannten „starken Frauen”<br />
heute weniger stark vertreten, weniger sichtbar<br />
geworden, nicht mehr ganz so kollegial angesehen<br />
– oder sehen uns gegenseitig nicht ganz so?<br />
Und sind die Beziehungen generell noch genauso<br />
frei, kollegial, warm wie damals? Und habe<br />
ich als 1. Vorsitzende das genug gefördert – wurde<br />
ich vielleicht anders verstanden als ich es gemeint<br />
habe? Dabei war mein Anliegen genau<br />
diese Ausgewogenheit, die Gratwanderung. Und<br />
nun fange ich von vorne an.<br />
Spektrum der <strong>Mediation</strong> 28/2007 – Fachzeitschrift des <strong>Bundesverband</strong>es <strong>Mediation</strong> e. V.