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Gewaltfreie KommuniKation - Bundesverband Mediation eV

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qUALITÄTSSICHERUNG UND wEITERENTWICKLUNG<br />

13<br />

– scheinbaren – Souveränität/Unberührbarkeit?<br />

bewunderten: „Wie professionell!”). Ich möchte<br />

echt sein und nicht den unberührbaren<br />

pseudo-perfekten GFK-Computer spielen.<br />

Die Verletzung ist real.<br />

2. Wenn ich lediglich auf eine Verstrickung<br />

zwischen uns Empathie gebe und meine innere,<br />

menschliche Resonanz auf den Beitrag<br />

des Teilnehmers nicht zeige, verpassen wir<br />

den „Giraffentanz”, aus dem wir beide etwas<br />

mitnehmen könnten: Vertrauen, Kennenlernen,<br />

Vertiefung unserer Zusammenarbeit, Erfahrung,<br />

dass Verständigung möglich ist, Erfahrung von<br />

Echtheit und Sicherheit, der Freiheit, sich zu<br />

äußern und auch mit unangenehmen Gefühlen<br />

und einer Spur Wolfsatem Verständigung<br />

entwickeln zu können.<br />

3. Meine Rolle und Verantwortung in Trainings<br />

sehe ich u. a. darin, die Teilnehmenden in ihren<br />

Selbstklärungen zu unterstützen (Hilfe zur Selbsthilfe).<br />

Das heißt, dass ich einer Teilnehmerin<br />

nach ihrer geäußerten (An)Klage (z. B. „Eure<br />

Methodik finde ich überhaupt nicht gut! Das<br />

habe ich schon viel professioneller erlebt”, „Ihr<br />

habt das in der Ausschreibung viel zu unklar<br />

ausgeführt!”) nicht die Arbeit abnehme durch<br />

meine vollständige Einfühlung und Formulierungsangebote.<br />

Stattdessen lade ich Kursteilnehmende<br />

durch offene Fragen ein, so weit<br />

wie möglich selbst in eine klare Formulierung<br />

über ihre Beobachtungen, Gefühle, Bedürfnisse<br />

und Bitten zu kommen.<br />

Ich habe oft erst einmal Verwirrung ausgelöst,<br />

wenn ich im konkreten Kontext einer Ausbildung<br />

von meinen Gefühlen sprach: von Unsicherheit,<br />

Irritation, Frust o. ä. – um in Verbindung zu sein<br />

und gemeinsam Win-win-Lösungen zu finden. Ich<br />

erinnere mich, wie eine Teilnehmerin erschrak<br />

und mich spontan als unsouverän interpretierte:<br />

„Als Ausbilderin musst du doch deine Gefühle im<br />

Griff haben, oder nicht? Ist das nicht Trainerprofessionalität:<br />

sich nicht emotional ‚anticken’ zu<br />

lassen?” Bei einem vertieften Gespräch darüber<br />

und einige Trainingseinheiten später wandelte<br />

sich die Rückmeldung in eine positive: Wertschätzung<br />

für Echtheit, Menschlichkeit und Achtsamkeit<br />

in der Auseinandersetzung.<br />

Die Gedanken – Ist Denken nicht okay?<br />

Ich höre manchmal: „Das sind ja Gedanken.<br />

Aber was fühlst du? Was brauchst du?” Diese suggerierte<br />

Höherwertigkeit der Gefühle und Bedürfnisse<br />

bzw. die Abwertung der Gedanken – und<br />

damit die unterschwellig pädagogische Kor-<br />

rektur des Gesagten – lösen bei mir gelegentlich<br />

Genervtheit aus. Ich wünsche mir Wertschätzung<br />

für unsere Denkfähigkeit – und Anerkennung,<br />

dass die Interpretation, die Analyse usw. evolutionsgegeben<br />

und sinnvoll sind. (Beispiel: Ich sehe<br />

schwarze Wolken am Himmel, interpretiere,<br />

dass es Regen geben wird, und nehme einen<br />

Regenschirm mit.) Auch der Aufbau von Trainings<br />

und Giraffenprojekten braucht „Grips” neben<br />

dem Kontakt zu Gefühlen und Bedürfnissen. Mir<br />

scheint, dass verschiedene Situationen einfach<br />

einen unterschiedlichen Fokus benötigen: in Konflikten<br />

ist der Ausdruck von Gefühlen und Bedürfnissen<br />

bzw. konkreten Bitten tatsächlich hilfreicher<br />

als Gedanken über den Konflikt und die KonfliktpartnerInnen.<br />

Im Baumarkt hilft mir meine Denkfähigkeit,<br />

die Länge und Breite der Holzlatten auszurechnen,<br />

die ich für ein neues Regal brauche.<br />

Eigentlich eh klar!<br />

Humor(losigkeit) – Passen Ironie und albern sein<br />

zu aufrichtigem Austausch à la GFK?<br />

Mir fiel auf, dass ich in Gegenwart fortgeschrittener<br />

GFKler/innen lustige Bemerkungen im letzten<br />

Moment herunterschluckte, – nahm ich doch<br />

mich und andere z. B. ironisch auf die Schippe.<br />

Frage an mich selbst: „Passt das zum achtsamen<br />

und aufrichtigen Austausch aus der Haltung der<br />

GFK?” (Meine innere Giraffenpolizei hatte bereits<br />

zugeschlagen.) Auch heute ernte ich immer mal<br />

wieder auf eine lustige kleine Lästerei mit befreiendem<br />

Gelächter am Abend eines erschöpfenden<br />

Trainingstages die ernsthafte Nachfrage:<br />

„Es klingt so, als ob du dich ... fühlst, weil dir ...<br />

wichtig wäre?” Schon erstirbt mein Lachen;<br />

ich werde wieder ernst und fühle mich tief in<br />

mich ein. Hilfe!! Ich kann als „rheinisches Mädel”<br />

ohne Humor nicht leben. Ich möchte nicht immer<br />

tiefsinnige Gespräche führen und in Kontakt<br />

mit meinem Innenleben und dem meiner Gegenüber<br />

sein. Ich möchte nicht immer Auskunft<br />

geben über meine Gefühle und Bedürfnisse, um<br />

in Verbindung sein zu können.<br />

Vielleicht ist der Humor so „prickelig” in der GFK,<br />

da sein Sinn darin besteht, Spannung zu brechen,<br />

zu entlasten, Distanz zu schaffen um der Leichtigkeit<br />

willen (= auch legitime Bedürfnisse). Ist die<br />

politisch korrekte Alternative dazu: die Spannung<br />

mutig und ernsthaft auszudrücken und jederzeit<br />

aufrichtigen Kontakt zu schaffen?<br />

Ich glaube dass beides – Distanzierung über Humor<br />

und echte Verbindung – gut zusammen gehen.<br />

Es ist ja auffallend, dass Marshall Rosenberg<br />

selbst eine Gabe zum Kabarett hat, die seine<br />

Teilnehmenden oft zum Lachen bringt. So schafft<br />

Spektrum der <strong>Mediation</strong> 28/2007 – Fachzeitschrift des <strong>Bundesverband</strong>es <strong>Mediation</strong> e. V.

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