Fall 1 - Studentenverbindung Concordia Bern
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<strong>Studentenverbindung</strong> <strong>Concordia</strong> <strong>Bern</strong><br />
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VORBEREITUNGSPRÜFUNG PRIVATRECHT I LÖSUNGSRASTER<br />
SACHVERHALT 1 „Über Kunst lässt sich streiten“<br />
Frage 1: Welche Ansprüche haben A und B gegeneinander bezüglich der Vasen?<br />
[15 Punkte]<br />
A. Einleitung [1 Punkt]<br />
Am 21. Februar 2007 ist sich A bezüglich eines Kaufes noch unschlüssig. Erst am 4. März<br />
2007 tätigen A und B übereinstimmende Willenserklärungen bezüglich des Kaufes der vier<br />
Vasen (OR 1). Es liegt somit ein natürlicher Konsens vor.<br />
B. Vase V 1<br />
I Vertragsentstehung [1 Punkt]<br />
Die Leistungspflicht ist anfänglich unmöglich, da die Vase vor Vertragsabschluss nicht mehr<br />
in der Verfügungsmacht des B ist (sie wurde zwei Tage zuvor am 2. März verkauft).<br />
Die Leistungspflicht ist subjektiv unmöglich, da zwar B nicht mehr leisten kann, X dies jedoch<br />
tun könnte.<br />
Folglich liegt eine anfänglich-subjektive Unmöglichkeit vor. Ein anfänglich-subjektiv unmöglicher<br />
Vertrag ist wirksam.<br />
Zwischenfazit: Es liegt ein wirksamer Kaufvertrag vor.<br />
II Vertragserfüllung [2 Punkte]<br />
B kann nicht mehr leisten. Er hätte vor Abgabe des Verkaufsversprechens sich vergewissern<br />
müssen, ob die Vase noch verfügbar ist. Er kann sich daher nicht gemäss OR 119 exkulpieren<br />
und haftet somit auf das positive Interesse gemäss OR 97, da er die Unmöglichkeit zu<br />
vertreten hat.<br />
Eine Mindermeinung wendet bei der anfänglich-subjektiven Unmöglichkeit die Regeln des<br />
Schuldnerverzugs an (OR 102 ff). A könnte in diesem <strong>Fall</strong> Schadenersatz auf das positive<br />
Interesse gemäss OR 107 verlangen.<br />
Fazit: A kann von B Schadenersatz auf das positive Interesse gemäss OR 97 verlangen.<br />
C. Vase V 2<br />
I Vertragsentstehung [1 Punkt]<br />
Die Leistungspflicht ist anfänglich unmöglich, da die Vase vor Vertragsabschluss zerstört<br />
wurde (sie wurde am 3. März von einem Kunden zerstört).<br />
Die Leistungspflicht ist objektiv unmöglich, da niemand mehr leisten kann.<br />
Folglich liegt eine anfänglich-objektive Unmöglichkeit vor. Der Vertrag ist somit gemäss OR<br />
20 I nichtig, d.h. ex tunc unwirksam.<br />
Zwischenfazit: Es liegt kein Kaufvertrag vor.<br />
II Culpa in contrahendo [2 Punkte]<br />
B haftet jedoch aus culpa in contrahendo auf das negative Interesse, da er eine vorvertragliche<br />
Sorgfaltspflicht verletzt hat, indem er sich nicht vergewissert hat, ob die Vase noch verfügbar<br />
bzw. nicht zerstört worden ist.<br />
Fazit: A kann von B Schadenersatz aus cic aufs negative Interesse verlangen.
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D. Vase V 3<br />
I Vertragsentstehung [1 Punkt]<br />
Die Leistungspflicht ist nachträglich unmöglich, da die Vase nach Vertragsabschluss gestohlen<br />
wird (sie wird in der Nacht vom 4. auf den 5. März entwendet).<br />
Die Leistungspflicht ist gemäss h.L. nur subjektiv unmöglich, da der Dieb noch leisten könnte.<br />
Andere Ansicht ist auch vertretbar, zumal es im Ergebnis nichts ändert, da sowohl die<br />
nachträglich-subjektive wie auch die nachträglich-objektive Unmöglichkeit nach den Regeln<br />
von OR 97 und OR 119 behandelt wird.<br />
Folglich liegt eine nachträglich-subjektive Unmöglichkeit vor. Ein nachträglich-subjektiv unmöglicher<br />
Vertrag ist wirksam.<br />
Zwischenfazit: Es liegt ein wirksamer Kaufvertrag vor.<br />
II Vertragserfüllung [3 Punkte]<br />
B kann nicht mehr leisten. Er kann sich gemäss OR 119 I exkulpieren, da die Galerie über<br />
eine moderne Sicherheitsanlage verfügt und er die Unmöglichkeit somit nicht zu vertreten<br />
hat. B ist somit von seiner Leistungspflicht befreit. A trägt somit die Leistungsgefahr. Aufgrund<br />
von OR 119 III i.V.m. OR 185 I trägt A zudem die Preisgefahr und B kann von ihm den<br />
Kaupreis verlangen, obwohl er die Vase nicht erhält. War die Vase versichert, hat A immerhin<br />
Anspruch auf die Versicherung als stellvertretendes commodum und kann Verrechnung<br />
geltend machen.<br />
Fazit: B kann von A den Kaupreis verlangen, da A sowohl die Leistungs- wie auf die Preisgefahr<br />
gemäss OR 119 und OR 185 trägt. Immerhin hat A Anspruch auf ein allfälliges stellvertretendes<br />
commodum.<br />
E. Vase V 4<br />
I Vertragsentstehung [1 Punkt]<br />
Die Leistungspflicht ist nachträglich unmöglich, da die Vase nach Vertragsabschluss zerstört<br />
wird (die Vase wird von C am 10. März fallen gelassen).<br />
Die Leistungspflicht ist gemäss objektiv unmöglich, da der niemand mehr die Vase liefern<br />
kann.<br />
Folglich liegt eine nachträglich-objektive Unmöglichkeit vor. Ein nachträglich-objektiv unmöglicher<br />
Vertrag ist wirksam.<br />
Zwischenfazit: Es liegt ein wirksamer Kaufvertrag vor.<br />
II Vertragserfüllung [3 Punkt]<br />
B kann nicht mehr leisten. Da B die Vase nicht selber zerstört hat, sondern sein Angestellter<br />
C ist die Hilfspersonhaftung gemäss OR 101 zu prüfen. C ist eine Hilfsperson, da er mit Wissen<br />
und Wollen des B ihm bei der Erfüllung einer Schuldpflicht hilft (Erfüllungsgehilfe). Der<br />
funktionale Zusammenhang ist auch gegeben, da C im Rahmen der Vertragserfüllung tätig<br />
ist (Verpackung der Vase, damit sie abholbereit ist) und seine Handlung zu einer Nichterfüllung<br />
der Schuldpflicht des B führt. Die hypothetische Vorwerfbarkeit ist auch erfüllt, denn<br />
hätte B die Vase fallen gelassen, läge ein Verschulden seinerseits vor. Ein Entlastungsbeweis<br />
bezüglich sorgfältiger Auswahl, Instruktion und Überwachung ist im Gegensatz zur Geschäftsherrenhaftung<br />
gemäss OR 55 nicht möglich. B hat somit die Unmöglichkeit gemäss<br />
OR 97 zu vertreten.
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Fazit: A kann von B Schadenersatz aufs positive Interesse gemäss OR 97 i.V.m. OR 101<br />
verlangen.<br />
Frage 2: Welche Ansprüche haben A und B gegeneinander bezüglich der beiden Gemälde<br />
G 1 und G 2 ?<br />
[7 Punkte]<br />
I Vertragsentstehung [1 Punkt]<br />
Am 21. Februar 2007 ist sich A bezüglich eines Kaufes noch unschlüssig. Erst am 4. März<br />
2007 tätigen A und B übereinstimmende Willenserklärungen bezüglich des Kaufes der beiden<br />
Gemälde (OR 1). Es liegt somit ein natürlicher Konsens vor.<br />
Die Leistungspflicht ist nachträglich unmöglich, da die Gemälde nach Vertragsabschluss zerstört<br />
werden.<br />
Die Leistungspflicht ist objektiv unmöglich, da niemand mehr die Gemälde liefern kann.<br />
Folglich liegt eine nachträglich-objektive Unmöglichkeit vor. Ein nachträglich-objektiv unmöglicher<br />
Vertrag ist wirksam.<br />
Zwischenfazit: Es liegt ein wirksamer Kaufvertrag vor.<br />
II Vertragserfüllung [6 Punkte]<br />
A und B haben abgemacht, dass B die beiden Gemälde am 10. März um 14:00 Uhr liefern<br />
wird. Es liegt somit eine Bringschuld vor. B ist pünktlich mit den vereinbarten Gemälden vor<br />
Ort. Er macht somit als Schuldner ein gehöriges Leistungsangebot (Realoblation). Indem A<br />
nicht zu Hause ist und niemand die Bilder entgegennehmen kann, unterlässt er als Gläubiger<br />
die notwendigen Vorbereitungs-, Annahme- oder Begleithandlungen. A gerät somit in Gläubigerverzug<br />
gemäss OR 91. Dass A notfallmässig in Spital musste ist nicht von Belang, da<br />
der Gläubigerverzug kein Verschulden voraussetzt. Durch den Gläubigerverzug haftet der<br />
Gläubiger für den Zufall und der Schuldner nur noch für Vorsatz und grobe Fahrlässigkeit<br />
(OR 103 I analog und OR 99 II, vgl. auch OR 324 I und 376 I). Da der Unfall aufgrund einer<br />
leichten Fahrlässigkeit von B beruht, haftet er nicht, da er die Unmöglichkeit gemäss OR 119<br />
i.V.m. OR 103 I analog nicht zu verantworten hat. A trägt somit die Leistungsgefahr. Aufgrund<br />
von OR 119 III i.V.m. OR 185 I trägt A zudem die Preisgefahr und B kann von ihm den<br />
Kaupreis verlangen, obwohl er die Gemälde nicht erhält. Waren die Gemälde versichert, hat<br />
A immerhin Anspruch auf die Versicherung als stellvertretendes commodum und kann Verrechnung<br />
geltend machen.<br />
Fazit: B kann von A den Kaupreis verlangen, da A sowohl die Leistungs- wie auf die Preisgefahr<br />
gemäss OR 119 und OR 185 trägt. Immerhin hat A Anspruch auf ein allfälliges stellvertretendes<br />
commodum.
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Frage 3: Welche Ansprüche haben A und B gegeneinander bezüglich des Gemäldes<br />
G 3 ?<br />
[12 Punkte]<br />
I Vertragsentstehung [1 Punkt]<br />
Am 21. Februar 2007 ist sich A bezüglich eines Kaufes noch unschlüssig. Erst am 4. März<br />
2007 tätigen A und B übereinstimmende Willenserklärungen bezüglich des Kaufes des Gemäldes<br />
(OR 1). Es liegt somit ein natürlicher Konsens vor. Es stellt sich nun die Frage, ob A<br />
den Vertrag anfechten oder kaufrechtliche Sachgewährleistung geltend machen kann.<br />
II Anfechtung [5 Punkte]<br />
Ein Erklärungsirrtum gemäss OR 24 liegt nicht vor, da sich A nicht über den Gegenstand<br />
(error in obiecto), sondern über dessen Echtheit (error in substantia) geirrt hat. Eine Übervorteilung<br />
(OR 21) und absichtliche Täuschung (OR 28) ist auszuschliessen, da aus dem Sachverhalt<br />
nichts darauf hinweist, dass B die Unechtheit gekannt hatte. Es bleibt daher der<br />
Grundlagenirrtum zu prüfen, welcher folgender Voraussetzungen bedarf:<br />
1. Irrtum muss sich auf einen konkreten Sachverhalt beziehen<br />
Der Irrtum bezieht sich auf die Echtheit des Bildes.<br />
2. Irrtum muss subjektiv wesentlich sein (condicio sine qua non)<br />
Hätte A gewusst, dass das Bild nicht echt ist, hätte er es nicht oder nicht zu diesen Bedingungen<br />
gekauft.<br />
3. Irrtum muss objektiv wesentlich sein<br />
Nach Treu und Glauben im Geschäftsverkehr ist die Echtheit des Bildes eine notwendige<br />
Grundlage für einen Kaufvertrag, der mit einem Kunsthändler abgeschlossen wird.<br />
4. Irrtum muss für Gegenpartei erkennbar sein<br />
Da der Wert des Bildes nur einem Bruchteil des Preises entspricht, war für B erkennbar,<br />
dass A das Bild für echt hielt, weil er ansonsten nicht bereit gewesen wäre, so viel zu bezahlen.<br />
Zwischenfazit: Es liegt ein Grundlagenirrtum vor.<br />
Bei einem Irrtum kann der Vertrag innerhalb eines Jahres seit Endeckung des Irrtums angefochten<br />
werden (OR 31 I und II). Die Frist ist in casu gewahrt (Kenntnis des Mangels 18. April<br />
2007, am nächsten Tag beschwert er sich bei B). Bei einer Anfechtung ist der Vertrag unabhängig<br />
davon, ob der Ungültigkeits- oder Anfechtungstheorie gefolgt wird, ex tunc unwirksam,<br />
d.h. A kann mittels Kondiktion (OR 62) den Kaufpreis zurückverlangen, sofern er schon<br />
bezahlt worden ist. B kann dagegen das Gemälde mittels Vindikation von B herausverlangen<br />
(ZGB 641 II ZGB).<br />
Eine neuere Lehrmeinung postuliert entsprechend der Rechtsprechung zu OR 109 I ein vertragliches<br />
Rückabwicklungsverhältnis nach erfolgter Geltendmachung eines Willenmangels.<br />
In diesem <strong>Fall</strong> hätten A und B einen vertraglichen Anspruch auf die Rückerstattung des Kaufpreises<br />
bzw. Gemäldes.<br />
Fazit: A kann den Vertrag wegen Grundlagenirrtums anfechten und den Kaufpreis, sofern<br />
schon bezahlt, kondizieren. B kann das Gemälde von A vindizieren.
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III Kaufrechtliche Sachgewährleistung [5 Punkte]<br />
Die Voraussetzungen einer kaufrechtlichen Sachgewährleistung sind neben dem Vorliegen<br />
eines Kaufvertrages (siehe oben) folgende:<br />
1. Vorliegen eines Sachmangels gemäss OR 197 im Zeitpunkt des Gefahrenübergangs<br />
Mangelhaft ist eine Sache u.a., wenn ihr eine zugesicherte Eigenschaft fehlt. Die Höhe des<br />
Kaufpreises ist als Garantie der Echtheit zu werten, da das unechte Bild nur ein Bruchteil des<br />
Kaufpreises wert ist. Beim Kaufvertrag geht die Gefahr bei einer Stückschuld beim Vertragsabschluss<br />
über (OR 185). In diesem Zeitpunkt war der Mangel bereits vorhanden.<br />
2. Kein Ausschluss der Sachgewährleistung (OR 199)<br />
Im Sachverhalt weist nichts auf einen Ausschluss hin.<br />
3. Keine Kenntnis des Mangels durch den Käufer (OR 200)<br />
Im Sachverhalt weist nichts daraufhin hin.<br />
4. Rechtzeitige Prüfung und Rüge (OR 201)<br />
Da es sich beim Bild um eine gelungene Fälschung handelt, liegt ein versteckter Mangel vor,<br />
welcher erst bei Entdeckung zu rügen ist, was A getan hat. Aus dem Sachverhalt ist nicht<br />
ersichtlich, dass A das Gemälde geprüft hat. Dies ist jedoch auch nicht erforderlich, da es<br />
sich um eine professionelle Fälschung handelt, so dass A die Unechtheit auch bei übungsgemässer<br />
Untersuchung nicht hätte erkennen können.<br />
5. Keine Verjährung gemäss OR 210<br />
Die Ansprüche aus Sachgewährleistung verjähren innerhalb eines Jahres seit Vertragsabschluss.<br />
Diese Frist ist noch nicht abgelaufen (Vertragsabschluss 4. März 2007, Rüge erfolgt<br />
am 19. April 2007).<br />
A kann also gemäss OR 205 Wandelung oder Minderung verlangen. Bei der Wandelung<br />
kann er zusätzlich Zins sowie den unmittelbar verursachten Schaden geltend machen (OR<br />
208 II). Er muss B aber das Gemälde inklusive inzwischen bezogenen Nutzen herausgeben<br />
(OR 208 I).<br />
Fazit: Da ein Sachmangel vorliegt, kann A gemäss OR 205 die Wandlung oder Minderung<br />
verlangen.<br />
IV Verhältnis Grundlagenirrtum und Sachgewährleistung [1 Punkt]<br />
Das Bundesgericht lässt die Anfechtung wegen Grundlagenirrtums alternativ neben der kaufrechtlichen<br />
Gewährleistung zu.<br />
Beruft sich der Käufer auf Sachgewährleistung, genehmigt er den Kaufvertrag gemäss OR<br />
31 und kann anschliessend – falls er mit der Sachgewährleistung nicht durchdringt – den<br />
Vertrag nicht mehr anfechten, da die Sachgewährleistung einen gültigen Vertrag voraussetzt.<br />
Macht der Käufer einen Grundlagenirrtum geltend, kann er sich eventualiter auf Sachgewährleistung<br />
berufen, falls er mit der Anfechtung wegen Grundlagenirrtums nicht durchkommen<br />
sollte.
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SACHVERHALT 2 „Stadion-Bau mit Schwierigkeiten“<br />
Frage: Wird die X. AG mit ihrer Klage Erfolg haben?<br />
[10 Punkte]<br />
I Vertragsentstehung [1 Punkt]<br />
Als juristische Person ist die X. AG rechtsfähig. Die Parteien sind sich einig, dass die X. AG<br />
dem Z gegen Rückzug der Beschwerde 500'000 CHF überweist. Sie tätigen somit übereinstimmende<br />
Willenserklärungen. Es liegt ein natürlicher Konsens vor.<br />
II Vertragsgültigkeit [3 Punkte]<br />
Der entgeltliche Verzicht auf eine rechtliche Befugnis ist sittenwidrig, falls er auf einer verpönten<br />
Kommerzialisierung der Rechtsposition der verzichtenden Partei beruht. Keine Sittenwidrigkeit<br />
liegt vor, wenn mit dem entgeltlichen Verzicht zukünftige Beeinträchtigungen<br />
oder erlittener Schaden ausgeglichen werden soll. Aufgrund der Höhe der Summe kann von<br />
einer verpönten Kommerzialisierung des Beschwerdeverzichts ausgegangen werden, da der<br />
Z durch den Stadion-Bau kaum einen Schaden von 500'000 CHF erleiden wird. Es geht dem<br />
Z. vielmehr darum, aus dem drohenden Verzögerungsschaden der Bauherrschaft Profit zu<br />
ziehen (andere Ansicht bei entsprechender Begründung möglich).<br />
Zwischenfazit: Der Vertrag zwischen der X. AG und dem Z ist somit sittenwidrig und folglich<br />
ex tunc nichtig (OR 20).<br />
III Rückforderung der 500'000 CHF [6 Punkte]<br />
Da der Vertrag von Anfang an ungültig ist, erfolgte die Zahlung von 500'000 CHF grundlos<br />
und ist nach den Regeln der ungerechtfertigten Bereicherung (OR 62 ff) rückforderbar<br />
(Entreicherung der X. AG, Bereicherung des Z und Vermögensverschiebung fand ohne<br />
Rechtsgrund zum Behaltendürfen statt). In casu liegt eine Leistungskondiktion ohne jeden<br />
gültigen Grund (condictio sine causa) vor, da die X. AG dem Z den Betrag aufgrund eines<br />
nichtigen Vertrages überwiesen hat.<br />
Gemäss OR 63 besteht kein Anspruch auf Rückforderung, wenn die Nichtschuld freiwillig<br />
und irrtumsfrei beglichen wurde. Es liegt zwar eine Nichtschuld vor, doch erfolgte die Zahlung<br />
nicht freiwillig. Die X. AG befand sich in einer Zwangslage, da aufgrund der Verzögerung<br />
das Bauprojekt zu scheitern drohte. Ein weiterer Hinweis für die Unfreiwilligkeit ist die<br />
Verurteilung des Z wegen Erpressung.<br />
Gemäss OR 66 kann was in der Absicht, einen rechtswidrigen oder unsittlichen Erfolg herbeizuführen,<br />
gegeben worden ist, nicht zurückgefordert werden. Das Bundesgericht wendet<br />
OR 66 auch an, wenn sich bloss der Empfänger rechts- oder sittenwidrig verhält. Folgt man<br />
dieser Meinung, könnte die X. AG die 500'000 CHF nicht aus ungerechtfertigter Bereicherung<br />
zurückfordern. In diesem <strong>Fall</strong> ist OR 41 (Schaden, Kausalität, Widerrechtlichkeit –<br />
Schutznorm ist StGB 156, da reiner Vermögensschaden – und Verschulden) zu prüfen.<br />
Problematik Verjährung siehe unten.<br />
Die h.L. Lehre will OR 66 hingegen nur beim sog. Gaunerlohn anwenden, d.h. bei Leistungen,<br />
die zur Anstiftung oder Belohnung eines verbotenen oder sittenwidrigen Handelns dienen.<br />
Folgt man dieser Meinung, könnte die X. AG die 500'000 CHF aus ungerechtfertigter<br />
Bereicherung zurückfordern.<br />
Da die X. AG die 500'000 CHF am 30. Januar 2003 leistet und die Rückforderung erst Ende<br />
Februar 2004 verlangt, ist die Verjährungsfrist gemäss OR 67 I schon abgelaufen. Gemäss<br />
OR 60 II, welcher auch bei der Kondiktion angewandt wird, verlängert sich die Verjährungsfrist,<br />
wenn die Klage aus einer unerlaubten Handlung hergeleitet wird. Für Erpressung besteht<br />
eine Verjährungsfrist von 15 Jahren.
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Fazit: Die X. AG kann die 500'000 CHF von Z zurückfordern.<br />
Alternative: Sollte die Sittenwidrigkeit des Vertrages nicht erkannt oder abgelehnt werden,<br />
müsste Übervorteilung gemäss OR 21 (Offenbares Missverhältnis, Ausnahmesituation/Notlage,<br />
bewusste Ausbeutung) oder Furchterregung gemäss OR 29f (Drohung, Drohungserfolg,<br />
Kausalität, Drohungsabsicht, Widerrechtlichkeit) geprüft werden. Bei der Übervorteilung<br />
ist der Vertrag ex tunc unwirksam. Bei der Anfechtung wegen Furchterregung ist<br />
der Vertrag unabhängig davon, ob der Ungültigkeits- oder Anfechtungstheorie gefolgt wird,<br />
ex tunc unwirksam. Danach kann wie oben die Kondiktion geprüft werden.<br />
Eine neuere Lehrmeinung postuliert entsprechend der Rechtsprechung zu OR 109 I ein vertragliches<br />
Rückabwicklungsverhältnis nach erfolgter Geltendmachung eines Willenmangels.<br />
In diesem <strong>Fall</strong> hätte die X. AG einen vertraglichen Anspruch auf die Rückerstattung der<br />
500'000 CHF.
SACHVERHALT 3 „Autokauf“<br />
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Frage 1: Ist die Abtretung der Forderung gültig?<br />
[6 Punkte]<br />
Damit eine Forderung gültig abgetreten werden kann, bedarf es folgender Voraussetzungen:<br />
1. Verfügungsmacht des Zedenten [1 Punkt]<br />
Im Sachverhalt weisst nichts darauf hin, dass C nicht verfügungsberechtigt ist.<br />
2. Beachtung der Formvorschrift gemäss OR 185 I beim Verfügungsgeschäft [1 Punkt]<br />
OR 185 I setzt einfache Schriftlichkeit voraus. Gemäss Sachverhalt tritt C dem A die Forderung<br />
schriftlich ab.<br />
3. Abtretbarkeit der Forderung [2 Punkte]<br />
Grundsätzlich sind alle Forderungen abtretbar, sofern nicht Gesetz, Vereinbarung oder Natur<br />
des Rechtsverhältnisses dem entgegenstehen (OR 164 I). Gemäss h.L. und Rechtsprechung<br />
sind Gestaltungsrechte nicht abtretbar. In casu wird jedoch nicht das Gestaltungsrecht (Minderungs-<br />
oder Wandelungsrecht), sondern die daraus entstandene Forderung abgetreten. Es<br />
bestehen auch keine vertraglichen (pactum de non cedeno) oder gesetzlichen Abtretungshindernisse.<br />
4. Bestimmbarkeit der Forderung [1 Punkt]<br />
Die Forderung bezieht sich auf 20'000 CHF und ist somit hinreichend bestimmt.<br />
5. Vorliegen eines gültigen Verpflichtungsgeschäftes [1 Punkt]<br />
Spricht man sich für die kausale Natur der Zession aus, bedarf eine Forderungsabtretung<br />
zusätzlich eines gültigen Verpflichtungsgeschäftes. Dies ist erfüllt, das zwischen A und C ein<br />
gültiger Kaufvertrag vorliegt.<br />
Fazit: Die Forderung von 20'000 CHF wurde gültig abgetreten, da alle Voraussetzungen<br />
erfüllt sind.
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Frage 2: Kann A die Verrechnung trotzdem geltend machen?<br />
[9 Punkte]<br />
Damit eine Verrechung geltend gemacht werden kann, bedarf es folgender Voraussetzungen:<br />
1. Gegenseitigkeit der Forderungen [1 Punkt]<br />
OR 120 setzt voraus, dass sich zwei Personen einander Leistungen schulden. A schuldet<br />
dem B die zweite Hälfte des Kaufpreises. Durch die Abtretung schuldet B dem A 20'000 CHF<br />
aus einer kaufrechtlichen Gewährleistung.<br />
2. Gleichartigkeit der Forderungen [1 Punkt]<br />
Die Forderungen müssen gleichartig sein. Beide Parteien schulden sich jeweils eine Geldsumme.<br />
3. Fälligkeit der Verrechnungsforderung [1 Punkt]<br />
Da B der C die 20'000 CHF schon seit Längerem schuldet, kann davon ausgegangen werden,<br />
dass die Forderung fällig ist.<br />
4. Klagbarkeit der Verrechnungsforderung [1 Punkt]<br />
Im Sachverhalt weist nichts daraufhin, dass die Forderung schon verjährt oder sonst wie<br />
nicht durchsetzbar ist.<br />
5. Erfüllbarkeit der Hauptforderung [1 Punkt]<br />
Entgegen dem Wortlaut von OR 120 I muss die Hauptforderung nicht schon fällig sein, sondern<br />
es genügt, wenn sie erfüllbar ist. Die Hauptforderung ist in casu aber nicht nur erfüllbar,<br />
sondern auch schon fällig.<br />
6. Kein Verrechnungsverbot [1 Punkt]<br />
Ein Verrechnungsverbot aus Vertrag (OR 126) oder Gesetz (OR 125) ist nicht ersichtlich.<br />
7. Verrechnungserklärung [1 Punkt]<br />
Die Verrechnung erfolgt durch eine einseitige, empfangsbedürftige Gestaltungserklärung.<br />
Indem A Ende Juli mitteilt, dass er Verrechung in der Höhe von 20'000 geltend macht, tätigt<br />
er eine solche Gestaltungserklärung.<br />
B erhebt folgende Einwände:<br />
1. Er schulde der C gar keine 20'000 CHF [1 Punkt]<br />
Gemäss OR 120 II ist es nicht erforderlich, dass die Verrechnungsforderung unbestritten ist.<br />
2. Er habe der Abtretung gar nicht zugestimmt [1 Punkt]<br />
Gemäss OR 164 I kann eine Forderung ohne Einwilligung des Schuldners abgetreten werden.<br />
Fazit: A kann die Verrechung erfolgreich geltend machen, da alle Voraussetzungen erfüllt<br />
sind und die Einwände von B unbehelflich sind.