Sommer 2011 - Stadtgemeinschaft Tilsit eV - Ostpreußen

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Plötzlich aber blieb Jegelka stehen mit dem Kälbchen, rief Plew zurück und deutete auf die Erde. Auf der Erde saß, grün und blinzelnd, ein Frosch, ein schönes, glänzendes Tierchen. „Da“, sagte Jegelka, „sieh dir diesen Frosch an, Nachbar Plew. Siehst du ihn?“ „Nun“, sagte Plew, „ich sehe wohl.“ „Gut“, sagte Jegelka, „dann will ich dir einen Vorschlag machen, einen Vorschlag, den anzunehmen du dich sofort bereit finden wirst. Du hast, Nachbar Plew, deine Ziege glücklich verkauft. Du hast Geld. Du kannst, wenn du willst, nicht nur das Geld vom Markt heimbringen, sondern auch noch mein Kälbchen. Dazu musst du allerdings diesen Frosch essen.“ „Aufessen?“ vergewisserte sich Plew. „Aufessen!“ sagte Jegelka mit Bestimmtheit. „Wenn der Frosch in deinem Hals verschwunden ist, kannst du mein Kälbchen an den Strick nehmen.“ „Das ist“, sagte Plew, „in der Tat ein hochherziger Vorschlag, und von mir aus ist er angenommen. Ich esse den Frosch, und du gibst mir, Nachbar Jegelka, dein Kälbchen.“ Plew, nachdem er so gesprochen hatte, bückte sich, schnappte den Frosch und biss ihn mit geschlossenen Augen durch, während Jegelka ihm mit seltsamer Genugtuung zusah. „Nur zu, Nachbar“, sagte er, „die erste Hälfte, das habe ich gesehen, ist in deinem Hals verschwunden. Jetzt die Schenkel.“ „Ich bitte“, sagte Plew verstört und mit verdrehten Augen, „mir ein wenig Aufschub zu gewähren. Das ist, weil der Magen Zeit finden soll, sich an den fremden Stoff zu gewöhnen. Können wir nicht, Gevatterchen, ein Stückchen laufen? Ich werde dann, zu gegebener Zeit, die andere Hälfte essen.“ „Gut“, sagte Jegelka, „damit bin ich einverstanden.“ Und sie liefen stumm nebeneinander, und je weiter sie liefen, desto übler wurde es Nachbar Plew und desto größer wurde auch seine Gewissheit, dass er die zweite Hälfte des Frosches nie über die Lippen bringen würde, und er überlegte verzweifelt, wie er aus dieser Lage herauskommen könnte. Dabei gab er sich aber den Anschein des Mutes und der Zuversicht, so dass Jegelka, der sein Kälbchen nur mehr zur Hälfte besaß, schon zu bangen anfing. Schließlich blieb Plew unvermutet stehen, hielt dem Nachbarn den halben Frosch hin und sagte: „Nun, Nachbar, wie ist’s? Wir wollen uns nicht um Hab und Gut bringen, zumal wir aus demselben Dorf stammen. Wenn du den Rest des Frosches isst, verzichte ich auf meinen Anspruch, und du darfst dein Kälbchen behalten.! „Das“, sagte Jegelka glücklich, „ist echte Nachbarschaft.“ Und er aß unter Halszucken und Magenstößen die zweite Hälfte des Frosches, und das Kälbchen hinter seinem Rücken gehörte nun wieder ganz zu ihm. „So bringe ich doch noch“, sagte er mit verzerrtem Gesicht, „etwas vom Markt nach Hause.“ Sie zogen nachdenklich ins Dorf, und als sie sich am Kreuzweg trennten, sagte Jegelka: „Es war, Nachbar, ein guter Markttag. Nur, weißt du, warum wir eigentlich den Frosch gegessen haben?“ 29

Plötzlich aber blieb Jegelka stehen<br />

mit dem Kälbchen, rief Plew zurück<br />

und deutete auf die Erde. Auf der Erde<br />

saß, grün und blinzelnd, ein<br />

Frosch, ein schönes, glänzendes<br />

Tierchen.<br />

„Da“, sagte Jegelka, „sieh dir diesen<br />

Frosch an, Nachbar Plew. Siehst du<br />

ihn?“<br />

„Nun“, sagte Plew, „ich sehe wohl.“<br />

„Gut“, sagte Jegelka, „dann will ich<br />

dir einen Vorschlag machen, einen<br />

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sofort bereit finden wirst. Du hast,<br />

Nachbar Plew, deine Ziege glücklich<br />

verkauft. Du hast Geld. Du kannst,<br />

wenn du willst, nicht nur das Geld<br />

vom Markt heimbringen, sondern<br />

auch noch mein Kälbchen. Dazu<br />

musst du allerdings diesen Frosch<br />

essen.“<br />

„Aufessen?“ vergewisserte sich Plew.<br />

„Aufessen!“ sagte Jegelka mit Bestimmtheit.<br />

„Wenn der Frosch in deinem<br />

Hals verschwunden ist, kannst<br />

du mein Kälbchen an den Strick<br />

nehmen.“<br />

„Das ist“, sagte Plew, „in der Tat ein<br />

hochherziger Vorschlag, und von mir<br />

aus ist er angenommen. Ich esse den<br />

Frosch, und du gibst mir, Nachbar<br />

Jegelka, dein Kälbchen.“<br />

Plew, nachdem er so gesprochen hatte,<br />

bückte sich, schnappte den<br />

Frosch und biss ihn mit geschlossenen<br />

Augen durch, während Jegelka<br />

ihm mit seltsamer Genugtuung zusah.<br />

„Nur zu, Nachbar“, sagte er, „die erste<br />

Hälfte, das habe ich gesehen, ist in<br />

deinem Hals verschwunden. Jetzt die<br />

Schenkel.“<br />

„Ich bitte“, sagte Plew verstört und<br />

mit verdrehten Augen, „mir ein wenig<br />

Aufschub zu gewähren. Das ist, weil<br />

der Magen Zeit finden soll, sich an<br />

den fremden Stoff zu gewöhnen.<br />

Können wir nicht, Gevatterchen, ein<br />

Stückchen laufen? Ich werde dann,<br />

zu gegebener Zeit, die andere Hälfte<br />

essen.“<br />

„Gut“, sagte Jegelka, „damit bin ich<br />

einverstanden.“ Und sie liefen stumm<br />

nebeneinander, und je weiter sie liefen,<br />

desto übler wurde es Nachbar<br />

Plew und desto größer wurde auch<br />

seine Gewissheit, dass er die zweite<br />

Hälfte des Frosches nie über die Lippen<br />

bringen würde, und er überlegte<br />

verzweifelt, wie er aus dieser Lage<br />

herauskommen könnte. Dabei gab er<br />

sich aber den Anschein des Mutes<br />

und der Zuversicht, so dass Jegelka,<br />

der sein Kälbchen nur mehr zur Hälfte<br />

besaß, schon zu bangen anfing.<br />

Schließlich blieb Plew unvermutet stehen,<br />

hielt dem Nachbarn den halben<br />

Frosch hin und sagte: „Nun, Nachbar,<br />

wie ist’s? Wir wollen uns nicht um<br />

Hab und Gut bringen, zumal wir aus<br />

demselben Dorf stammen. Wenn du<br />

den Rest des Frosches isst, verzichte<br />

ich auf meinen Anspruch, und du<br />

darfst dein Kälbchen behalten.!<br />

„Das“, sagte Jegelka glücklich, „ist<br />

echte Nachbarschaft.“ Und er aß unter<br />

Halszucken und Magenstößen die<br />

zweite Hälfte des Frosches, und das<br />

Kälbchen hinter seinem Rücken gehörte<br />

nun wieder ganz zu ihm. „So<br />

bringe ich doch noch“, sagte er mit<br />

verzerrtem Gesicht, „etwas vom<br />

Markt nach Hause.“<br />

Sie zogen nachdenklich ins Dorf, und<br />

als sie sich am Kreuzweg trennten,<br />

sagte Jegelka: „Es war, Nachbar, ein<br />

guter Markttag. Nur, weißt du, warum<br />

wir eigentlich den Frosch gegessen<br />

haben?“<br />

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