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Die exklusivste Form der Verwandtenehe - Horst Südkamp ...

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wahl mit Wi<strong>der</strong>wille begegenet wird, ein Problem, das Wolf auch in China (simpua-Brauch<br />

in Taiwan) beobachtet hat. 1<br />

Im juristischen Geltungshorizont des Inzestverbots, kann man die in <strong>der</strong> Literatur<br />

notorisch zitierten Ehen unter primären Verwandten also nicht als Ausnahmen des<br />

Inzestverbots ansprechen. Inzest und Ehe schließen sich per definitionem aus, so<br />

daß eine Geschwister- o<strong>der</strong> eine Vater-Tochter-Ehe grundsätzlich keine „Inzest-<br />

Ehe" sein kann, zumindest dann, wenn man unter <strong>der</strong> Ehe ein anerkanntes,<br />

öffentlich sanktioniertes Vertragsverhältnis begreift. Ist ein Eheverhältnis, ganz<br />

gleich wie nahe verwandt die Gatten sind, als Eheverhältnis anerkannt, dann<br />

schließt eben diese Anerkennung den Tatbstand des Inzest aus. Das Exogamiegebot<br />

kann durchaus auch die engsten Blutsverwandten einschließen und<br />

dafür familienfremde, sippenfremde o<strong>der</strong> dynastisch fremde Personenkreise ausschließen,<br />

d.h. engste Verwandte unter das Gebot <strong>der</strong> Endogamieregel stellen.<br />

Der Schritt von <strong>der</strong> obligatorischen Parallelbasenheirat zur echten Geschwisterehe<br />

ist klein, nicht weil die diversen Verwandtschaftsterminologien (z.B. die<br />

Irokesen-, Crow-Omaha-o<strong>der</strong> drawidischen Terminologien) die Parallebase terminologisch<br />

nicht von <strong>der</strong> Schwester unterscheiden, son<strong>der</strong>n weil unter Wahrung<br />

dieses Prinzips <strong>der</strong> Gattenwahl die Schwester funktional ein Äquivalent (Status,<br />

Rolle) darstellt, daß <strong>der</strong> Funktion <strong>der</strong> als Gattin bevorzugten Parallelbase entspricht.<br />

Wenn man also das Inzestverbot als Rechtsregel von <strong>der</strong> Inzesthemmung<br />

als Primärgruppenprägung unterscheidet und sich nur auf das Inzestverbot als<br />

Rechtsnorm bezieht, dann läßt sich die Norm, welche den biologisch Nicht-<br />

Verwandten ebenso wie den Abstammungsfremden von dem sexuellen Verkehr<br />

und dann weiter von <strong>der</strong> Heirat ausschließt und dafür die Heirat auf die primären<br />

Verwandten beschränkt, durchaus auch als ein Beispiel für die weitverbreitete<br />

Praxis <strong>der</strong> Verwandtenheirat begreifen, zugegebenermaßen als ein beson<strong>der</strong>es<br />

Beispiel, zumindest was die Selektion <strong>der</strong> bevorzugten Gatten angeht.<br />

Der Personenkreis, den das Inzestverbot ausgrenzt, im Unterschied zur Selektion<br />

<strong>der</strong> Prägung (Inzesthemmung), die auf Identifizierung beruht, wird grundsätzlich<br />

durch den Gesichtspunkt <strong>der</strong> Allianz o<strong>der</strong> des politischen Vertrages bestimmt, <strong>der</strong><br />

mit <strong>der</strong> Vertragsabsicht <strong>der</strong> beteiligten Abstammungsgruppen, mit ihrer Funktion<br />

als Allianzpartner o<strong>der</strong> <strong>der</strong> Träger von Rechtsfolgen <strong>der</strong> korporativen<br />

Zuschreibung von Verwandtschaft korrespondiert.<br />

Damit stellt sich die Frage nach einem Gesichtspunkt, <strong>der</strong> eine Ehe auch unter<br />

primären Verwandten opportun erscheinen läßt. Unter welchen Bedingungen<br />

kann o<strong>der</strong> besser soll eine echte Abstammungsgruppe mit sich selbst einen Allianzvertrag<br />

eingehen und sich dafür so aufteilen, daß beide Teile sich nun als Allianzpartner<br />

gegenüberstehen? Unter welchen Bedingungen erscheint es für einen<br />

einst einheitlich geschlossenen Deszendenzverband sinnvoll, sich so aufzuteilen,<br />

daß er sich nach <strong>der</strong> Teilung als zwei Vertragsparteien gegenübersteht? Nimmt<br />

1 Siehe: A.Wolf, Childhood association and sexual attraction, American Anthropologist, 72, 1970, 503-515<br />

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