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Lesen - Golf Dornseif

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Schicksalswege der Südwester Buschmänner im 20. Jahrhundert<br />

von <strong>Golf</strong> <strong>Dornseif</strong><br />

Es fing alles fast romantisch an: Im Jahr 1898 unterzeichnete Hauptmann von Estorf mit dem<br />

Buschmann-Anführer Aribib einen sogenannten Schutzvertrag, in dem Aribib eine grosse Fläche Land<br />

einschliesslich Grootfontein, Tsumeb und Etosha-Pfanne an die Deutschen abtrat für eine jährliche<br />

Leibrente von 500 Mark bis zum Tod. Die Schutztruppe gewährte den Buschmännern Sicherheit und das<br />

Recht, jederzeit in dem fraglichen Vertragsgebiet als Sammler von Nahrungsmitteln aller Art tätig sein zu<br />

dürfen.<br />

Nach Internationalem Recht war dieses Abkommen und. ein zweites von ähnlicher Struktur allerdings<br />

keinen müden Groschen wert, denn die Buschmänner konnten ja mit gutem Gewissen nicht als<br />

"Grossgrundbesitzer" betrachtet werden in Deutsch-Südwestafrika. Immerhin erhielt Aribib seine<br />

zugesagte Rente bis zum letzten Atemzug, doch nach dessen Tod hatte das Gouvernement anderes im<br />

Sinn: Der nördliche Sektor des abgetretenen Gebiets sollte ein Wildschutz-Reservat werden, Etosha<br />

Game Park. Die dort lebenden Buschmänner Clans mussten weichen und. bei weissen Farmern<br />

Beschäftigung suchen unter harten Lebensbedingungen (mit Stockhieben und Auspeitschungen schon<br />

bei geringen Vergehen). 25 Schläge waren die Regel.<br />

Chief Fritz Aribib, Anführer<br />

der Buschleute um 1895,<br />

mit zwei seiner Frauen<br />

sowie zwei Leibwächtern,<br />

erhielt eine deutsche<br />

Leibrente von 200 Mark im<br />

Jahr für zweifelhafte<br />

Gebietsabtretungen im<br />

Norden von DSWA.<br />

1911 kam es zu einem Aufstand der Buschmänner gegen ihre Peiniger. Die Presse erregte sich über DIE<br />

GELBE GEFAHR und die BUSCHMÄNNER LANDPLAGE, angeregt durch vermehrte Rinder-Diebstähle<br />

auf den Farmen weisser Siedler in der Umgebung von Grootfontein. Ein krimineller Buschmann-Anführer<br />

namens Namagurub operierte nördlich von Grootfontein zwischen Tsintsabis und. Kavango. Seine<br />

Rebellenschar verfügte über gute Handfeuerwaffen und stand im Verdacht, einen weissen Farmer getötet<br />

zu haben. Woanders legte man ihm den Diebstahl von 150 Rindern zur Last. Die deutschen Polizisten<br />

und ihre schwarzen Helfer brauchten vier Jahre, um Namagurub zu stellen, nachdem ihn andere<br />

Eingeborene verraten hatten. Sie wussten, dass er eine Polizei-Station demnächst überfallen wollte nahe<br />

der Strasse Richtung Kavango. Blockfontein hiess der Wachtposten. Schliesslich kreisten deutsche Kräfte<br />

den Kraal des Namagurub ein, steckten die Hütten in Brand und erlebten eine gewaltige Explosion als die<br />

Munitionsvorräte des Banditen in die Luft flogen.


Es kam seinerzeit auch zu zahlreichen Raubüberfällen auf gut verdienende Ovambos, die in den<br />

Kupferminen zu Tsumeb arbeiteten. Gruppen von drei bis fünf Buschmännern mit Pfeilen und Bogen<br />

lauerten den Männern nach Schichtwechsel auf und wagten sich an wehrlose Ovambos und Kavangos<br />

mit ihren Habseligkeiten und Lohntüten . Um 1912 hatte sich die Lage derart zugespitzt, dass die<br />

Handelskammer Lüderitzbucht energisch Massnahmen des Gouvernements forderte, um die<br />

Raubüberfälle zu unterbinden. Die Mahnung hatte keinen Erfolg höheren Orts. In ihrer Verzweiflung<br />

schickten die eingeborenen Minenarbeiter fortan alle Sachen und den Lohn in Paketen mit Ochsenwagen<br />

oder auf dem Postweg in die Heimat zu den Angehörigen.<br />

In der SÜDWEST ZEITUNG hiess es unter anderem: "Die Furcht vor den aggressiven Buschleuten ist so<br />

gross geworden, dass 30 kräftige Männer beim Anblick weniger Buschmänner mit Pfeilen und Bogen<br />

sofort die Flucht ergreifen! Deshalb haben die Bezirksämter mobile Polizei-Patrouillen eingesetzt mit<br />

wechselndem Aktionsradius". Als Sergeant Almfelder getötet wurde, verfielen die Farmer-Familien fast in<br />

Hysterie und der sonst so liberale Gouverneur Seitz ordnete scharfe Bestrafungen an, eine Art Standrecht<br />

bei schwerem Verdacht. Viele Buschmänner mussten zwangsweise in den Diamantenfeldern bei Lüderitz<br />

schuften nach ihrer Verhaftung.<br />

Der Bezirksamtmann von Outjo verlangte, dass auch "die ebenso gefährlichen Buschmannweiber<br />

zwangsverschickt werden sollten ..." Zwischen 1906 und 1914 gerieten die Buschleute unter immer<br />

stärkeren Druck der Obrigkeit. Nunmehr unterschieden Kolonialbeamte zwischen EINGEBORENEN<br />

einerseits (meist Schwarzen) und BUSCHLEUTEN andererseits mit der Argumentation, dass die<br />

Buschleute keine Bereitschaft zur Eingliederung in die Gesellschaft erkennen liessen, während. die<br />

Schwarzen durchaus anpassungswillig seien nach weissen Vorbildern. 1911 und 1912 beauftragte das<br />

Gouvernement 400 Patrouillen zur Beobachtung der Buschmann-Bewegungen. Sie legten auf ihren<br />

Streifzügen 60.000 km zurück. Tausende von "Verdächtigen" wurden verhaftet, und Übergriffe aller Art<br />

Die Landkarte unserer Zeit demonstriert links oben Kavangoland und in der Mitte sowohl<br />

Buschmannland als auch Hereroland. In Tsumkwe (rechts aussen südlich Kaudom Game Park)<br />

leben die letzten Namibia-Buschleute in trostlosen Verhältnissen: Armut, Alkohol, Depression ...


gehörten dazu. Viele Häftlinge mussten anschliessend Farmarbeiter werden "zum Zweck der<br />

Zivilisierung". Fast alle Zwangsarbeiter liefen den Farmern bald davon ...<br />

Unter dem Eindruck solcher Misserfolge griffen die Behörden zu strengeren Strafmassnahmen, wie<br />

Gouverneur Dr. Seitz 1912 gegenüber dein Landesrat erläuterte. Körperliche Züchtigung (Stock und<br />

Peitsche), nächste Stufe Haft mit Ketten oder ohne Fesseln, schliesslich Deportation zu den<br />

Diamantenfeldern bei Lüderitz. Mord und. bewaffneter Raubüberfall verdienten die Todesstrafe durch<br />

Erhängen. Die Liste der möglichen Vergehen und Verbrechen umfasste 14 Fälle, darunter Faulheit,<br />

Ungehorsam, Vagabundieren, Beleidigung eines Weissen, Trunkenheit, Aufhetzung. Am häufigsten<br />

registrierten die Behörden "böswilliges Verlassen", beim Militär "Fahnenflucht" genannt. Wer seinen<br />

Arbeitgeber im Stich liess, musste Schlimmes befürchten,<br />

Die meisten deportierten Buschleute schickte man nach Swakopmund ins Gefängnis, wo<br />

menschenunwürdige Zustände herrschten. Eine Untersuchung zeigte, dass nach einem Jahr Haft 15<br />

Buschleute von ursprünglich 30 Inhaftierten verstorben waren. Einer erkrankte an Syphilis, ein anderer an<br />

Skorbut. Der österreichische Wissenschaftler Franz Seiner wies das Gouvernement auf den Zustand der<br />

Deportierten hin und protestierte im Namen der Humanität gleichzeitig in Berlin, was wiederum in<br />

Windhoek Wirbel verursachte und. grosses Unbehagen. Eine Statistik zeigte, dass in 16 Fällen<br />

Deportierter acht wegen "Landstreicherei" hinter Gittern sassen, sieben wegen Viehdiebstahl und. einer<br />

wegen "Unverschämtheit und Frechheit". Die geringste Haftstrafe bei Viehdiebstahl betrug sechs Monate,<br />

die härteste sechs Jahre in Ketten. "Widersetzlichkeit und Provokation" kosteten fünf Jahre in Ketten.<br />

Überall in den Kolonialgebieten bestand. Gewissheit, dass eingesperrte Buschleute bereits nach einigen<br />

Wochen aus Verzweiflung starben, denn Freiheitsberaubung hatte stets vernichtende Folgen für diese<br />

Naturvölker.<br />

Ein Herz für Buschleute<br />

Beringar von Zastrow, 0rtskommandant von Grootfontein, zählte zu den wenigen Führungskräften im<br />

Kolonialdienst, die ein Herz für Buschleute hatten. In seinem Umfeld lebten die meisten Buschmänner und<br />

die meisten wohlhabenden Farmer. Zastrow stallte fest, dass die verhängnisvollen Buschmann-Überfälle<br />

sich in den ältesten und am dichtesten besiedelten Farmgebieten ereigneten. Andere Bezirke mit<br />

zahlreichen Buschmännern und vergleichsweise wenigen Farmen verzeichneten relativ wenige<br />

Raubzüge. Schuld waren die Haikom, die Leute von Chief Aribib, die im Raum Etosha umherzogen,<br />

nachdem weisse Farmer ihren bisherigen Lebensraum besetzten. Zastrow argumentierte scharfsinnig:<br />

Bandenbildung resultiert aus der Wut misshandelter Farmarbeiter über ihre Peiniger! Die meisten<br />

Diebstähle von Vieh verübten keineswegs "wilde Buschmänner", sondern "zahme Burschen" mit einer<br />

traurigen Vergangenheit als Farmzwangsarbeiter unter üblen Bedingungen ...<br />

Zastrow sorgte konsequent für eine Änderung des Strafrechts der Buschleute. Geringe Vergehen wie<br />

unerlaubte Entfernung vom Arbeitsplatz auf einer Farm, Säumigkeit beim Hüten von Farmervieh mit<br />

Irrläufern, usw. wurden nur mit einer Verwarnung geahndet, wenn es erstmalig passierte. Ernstere<br />

Vergehen wie Viehraub hatten Deportation nach Swakopmund. zur Folge oder nach Lüderitzbucht zur<br />

Arbeit auf den Diamantenfeldern.<br />

Die weissen Farmer zeigten keinerlei Verständnis für solche Nachsicht und. forderten die Schaffung eines<br />

Buschmann-Reservats östlich von Grootfontein für alle Schuldigen und Unschuldigen, am liebsten am<br />

Rand der Kalahari Wüste. Zastrow versuchte beschwichtigend auf die zornigen Farmer einzuwirken und<br />

besuchte viele Versammlungen, um ihnen klar zu machen, dass ihre Weidewirtschaft niemals ohne willige<br />

und gut behandelte Buschleute als Helfer funktionieren würde . Die Farmer zeigten nicht die geringste<br />

Einsicht und sahen in Zastrow einen Verräter an der weissen Rasse. Auch in Windhoek kam es zu<br />

ungnädigen Reaktionen. Zastrow verbot die Prügelstrafe und Auspeitschungen, doch kein Farmer<br />

respektierte diese Anordnung. Aufzeichnungen verraten, dass im Bezirk Grootfontein die meisten<br />

Buschmann-Farmarbeiter ihren Arbeitgebern davon rannten im Jahr 1913 und dass nirgendwo so häufig<br />

gepeitscht und. geprügelt wurde wie gerade in dieser Gegend. Schwarze Missetäter erhielten im<br />

allgemeinen fünf bis 15 Schläge, Buschleute dagegen bis zu 40 im einzelnen Fällen!


Ein deutscher Unteroffizier der Schutztruppe, eingesetzt im Bezirk Grootfontein, brachte 1915 zu Papier,<br />

was er mit 60 Kameraden dort erlebte: Bewaffnete Buschleute sollten sofort erschossen werden,<br />

gefangene Buschmann-Frauen sollten als Lastenträgerinnen dienen und "zum Vergnügen der Soldaten".<br />

Unteroffizier Walbaum berichtete weiter, wie seine Truppe eine Buschmänner-Siedlung untersuchte, wo<br />

gerade zwei Männer ein Warzenschwein aus seiner Höhle auszugraben versuchten. Dies galt als<br />

"Viehdiebstahl", und die Männer wurden aufgeknüpft, nachdem man sie gefesselt hatte. Anschliessend.<br />

erlegten die Soldaten das Schwein und bereiteten daraus eine Mahlzeit. Bei anderer Gelegenheit ergriffen<br />

die Angehörigen des Kommandos unterwegs zwei Buschmänner und zwei zugehörige Frauen: "Wir<br />

schickten die Frauen voraus und feuerten nach einigen Schritten auf ihre Hinterköpfe, also ich und<br />

Kamerad Falckenburg ..."<br />

Unteroffizier Walbaum hatte unter anderem den speziellen Auftrag, die sogenannte Hans-Bande<br />

aufzuspüren mit ungefähr 30 bis 40 Leuten, die über 20 Gewehre und reichlich Munition verfügten.<br />

Waffen und Patronen stammten von Überfällen auf Farmen. Der Hans war ein Haikom-Buschmann, ein<br />

erfahrener Jäger und diente zuvor dem Farmer Wegener. Als dieser Farmer zum Militär einberufen wurde<br />

und zum Kampf gegen die Südafrikaner, schlug sich Hans in die Büsche und sammelte Anhänger. Ostern<br />

1915 tötete Hans mit seinen Gesellen den deutschen Farmer Ludwig, der wiederum eine Buschmann-<br />

Frau entführt hatte, die Ehefrau des Buschmanns Max, eines engen Freunds von Hans. Die entführte<br />

Frau sah Ludwig als seine Geliebte an, zumindest vorübergehend..<br />

Inhaftierte Buschleute 1911 im<br />

Gefängnishof zu Swakopmund litten<br />

unter unmenschlichen Bedingungen<br />

wegen Viehdiebstahl. Aufnahme des<br />

deutschen Geographen Franz Seiner<br />

als Protestaktion allein schon<br />

deswegen, weil zwei Häftlinge<br />

(markiert mit Kreuzen) wegen ihrer<br />

verkrüppelten Armstümpfe kaum<br />

Rinder geraubt haben dürften. Die<br />

Nacktheit ohne Lendenschurz sollte<br />

demütigend wirken ...<br />

Hans und Max galten als ausserordentlich gefährlich und gerissen. Sie erhielten bald Zuwachs von<br />

ängstlichen Buschleuten, denen sie vortäuschten, dass die Deutschen demnächst sämtliche Buschleute<br />

im ganzen Land umbringen wollten. Kurze Zeit später tötete Hans einen weiteren Farmer, Müller aus<br />

Karibib, der sich brüstete einen "ganzen Harem von Buschmann-Weibern zu besitzen". Damals war es<br />

nicht ungewöhnlich, dass deutsche Farmer und Buren-Siedler nach Belieben Buschmänner-Frauen<br />

"einfingen", um sie als unbezahlte Arbeitskräfte und Sexobjekte zu missbrauchen. Dokumentiert ist dies<br />

beispielsweise im SOUTH AFRICAN BLUE BOOK AND REPORT ON THE NATIVES OF SOUTH WEST<br />

AFRICA AND THEIR TREATMENT BY GERMANY, 1918.<br />

Viehdiebstahl wurde hauptsächlich von Buschleuten begangen, die unter schlechter Ernährung und<br />

Misshandlungen ihrer weissen bzw. deutschen Farmer-Bosse litten (heisst es im zuvor erwähnten<br />

Blaubuch Südafrikas). Am schlimmsten sei jedoch ausserdem die Praxis der weissen Siedler sich<br />

Buschmann-Frauen als Sexobjekte zuzulegen, als Nebenfrauen und Konkubinen, was die San People<br />

sich nicht länger gefallen liessen. Der südafrikanische Lieutenant Hall, der nach dem Waffenstillstand im<br />

Juli 1915 die Position von Zastrows in Grootfontein übernahm, äusserte unter anderem: "Ich habe den<br />

Eindruck gewonnen, dass die Buschleute jegliches Vertrauen in den Sinn für Gerechtigkeit der Weissen<br />

verloren, vor allem wegen des Missbrauchs der eingeborenen Frauen und Mädchen aus sexueller<br />

Motivation ..."


Hans schlägt wieder zu<br />

Die Furcht der Farmer vor der Bande des berüchtigten Hans war so gross, dass sie während der<br />

Dunkelheit in ihren Häusern kein nach aussen dringendes Licht anzuzünden wagten. Im Mai 1915 schlug<br />

die Hans Bande planvoll zu nach sorgfältigen Beobachtungen: In Sus diente ein Farmhaus<br />

vorübergehend als Polizei-Stützpunkt, was Hans offenkundig bekannt war. Der Farmer und dessen<br />

Familie hielten sich woanders auf, und die Polizisten jagten Wild. Diese Situation nutzte Hans mit drei<br />

Komplizen, Freund Max inbegriffen, zum Überfall. Sie töteten drei. Herero-Farmarbeiter in ihren<br />

Unterkünften, liessen aber deren Frauen in Ruhe. "Das Farmhaus wurde komplett zerstört" notierte<br />

Unteroffizier Walbaum später. "Sowohl Kleidung als auch Lebensmittel, Tabak, Alkoholika und 200 Mark<br />

Bargeld schleppten die Schurken weg. Dazu 10 Rinder und ein Mauser-Gewehr ..."<br />

Nach intensivem Suchen entdeckte die Patrouille vier Buschmänner, allesamt volltrunken, mit zwei<br />

Gewehren. Die Verdächtigen schwiegen eisern trotz Prügel und murmelten etwas von Rache an allen<br />

Deutschen. Nachts fesselten die Soldaten ihre Gefangenen nackt an Bäume bei eisiger Kälte, um sie<br />

gesprächiger zu machen. Sie versuchten immer wieder ihre Fesseln abzuschütteln, aber vergeblich.<br />

Gegen vier Uhr frühmorgens bettelten die Männer um Gnade mit Blick auf das etwas entfernte<br />

Lagerfeuer. "Wenn wir uns aufwärmen dürfen, verraten wir alles!" Um fünf Uhr wurden die Fesseln<br />

abgenommen. Jonas machte verworrene Angaben, die wertlos schienen.<br />

Giftpfeil oder Eisenpfeil?<br />

Bereits um 1910 stritten sich die Ethnologen darüber, ob die Buschleute ihre Giftpfeile nur während<br />

der Jagd nutzen oder auch zur Abwehr menschlicher Angreifer, konnten jedoch keine Einigkeit<br />

erreichen.<br />

Während der Bogen einfach gestaltet ist mit einer kaum bearbeiteten Spindel aus Greviaholz und<br />

Schnur aus Gemsbocksehnen, weist der Pfeil in seiner Konstruktion auf Scharfsinn hin: Der Schaft<br />

besteht aus Schilfrohr. Soweit nötig wird er zwischen zwei mit je einer Querrille versehenen Steinen<br />

gerade gebogen und geglättet. Die Spitze ist unterschiedlich, je nach dem für sie bestimmten Ziel<br />

und den Hilfsmitteln des Pfeilschützen.<br />

Für Kleinwild besteht sie aus einem einfachen zugespitzten Knochenpfriem mit lang auslaufendem<br />

und stets vergiftetem Vorderende. Die meisten Pfeile sind jedoch aus verschiedenen Teilen<br />

zusammen gesetzt, wobei kleine Muffen aus Gras usw. die Montage ermöglichen. Beim<br />

Herausziehen des Geschosses aus der Wunde des Wildes bleibt das vordere und vergiftete Teil in<br />

ihr stecken.<br />

Ausser Gebrauch befindet sich das vergiftete Spitzenteil stets im Schaft und wird erst unmittelbar<br />

vor der Verwendung umgedreht. Noch kompliziertere Spitzen sind mit seitlich angebrachten<br />

Spitzen-Blättchen versehen, die als Widerhaken dienen und das Herausziehen wesentlich<br />

erschweren. Diese selten genutzten Eisenplättchen sind nie vergiftet aus Furcht, der Gegner könnte<br />

sie auf den Schützen zurücksenden. Es wird also im allgemeinen nie mit Giftpfeilen auf Menschen<br />

geschossen.<br />

Das Gift ist teils pflanzlich und teils tierisch beschaffen. Euphorbien- und Zwiebelsäfte,<br />

Schlangengift und die Ngwa, eine hochgiftige Larve, spielen die grösste Rolle. Getragen werden<br />

Bogen und Pfeile in Lederköchern über der Schulter.<br />

Im Deutschen Kolonial-Lexikon 1914 heisst es weitblickend:<br />

"Dass der Charakter der Buschleute bisweilen eine harte und abfällige Beurteilung erfährt, ist vom<br />

Standpunkt des gegenwärtiger Kulturmenschen gewiss berechtigt, wobei man sich an die<br />

Viehdiebstähle erinnert. Es geht aber um die Verhältnisse, unter denen dies unglückliche Restvolk<br />

den schweren Kampf ums Dasein führen muss, um den Selbsterhaltungstrieb! "


Die berühmten Felszeichnungen von Buschleuten nahe Twyfelfontein in Namibia lassen<br />

auf eine Jahrtausende alte Kultur schließen mit Darstellungen von Giraffen und Löwen<br />

neben Springböcken und anderen jagdbaren Wildtieren für Pfeil und Bogen.<br />

Um acht Uhr lag noch kein verwertbares Geständnis vor und keine Information über die Aktivität der<br />

Bande. Daraufhin wurden die Männer an den nächsten Bäumen erhängt. Eine Frau mit Kind, die sich<br />

nachts am Feuer warm halten durfte und zur Bande gehörte, liess man laufen.<br />

Walbaum entdeckte bald die Ehefrau des Max, nahm sie gefangen und bat einen Farmer namens<br />

Regelen um Unterstützung: er sollte die Frau zum Hauptquartier in Grootfontein als Geisel bringen. Kurz<br />

vor dem Ziel überraschte Max die beiden, tötete Regelen und konnte wieder seine Frau zu sich nehmen.<br />

Der nächste Zugriff liess nicht lange auf sich warten und galt dem Farmer Eckstein, der mehrere<br />

Buschmann-Frauen aus Tsebeb "eingefangen" hatte, um sie auf seiner Farm gefügig zu machen. Max<br />

lauerte in einem Hinterhalt, erwischte jedoch nicht Eckstein wie geplant, sondern die Farmer Ohlroggen<br />

und Korting an dessen Stelle, um sie zu töten. Erst im Oktober 1916 liess das Banditenglück Hans im<br />

Stich: eines Morgens lief er mit einigen Gefährten humpelnd (wegen eines entzündeten Fusses) über<br />

einen Pad, als ein Reiter auf die Gruppe zu galoppierte. Max war zu langsam, um auszuweichen, die<br />

anderen schlugen sich rasch in die Büsche. Der Reiter, ein ehemaliger Postangestellter namens<br />

Feuerstein, feuerte ein Magazin seiner Pistole leer: Hans starb auf der Stelle.<br />

Feuerstein schnitt dem Mann den Kopf ab, um mit diesem Beweisstück die ausgesetzte Belohnung zu<br />

kassieren, und fühlte sich als Held. Ein südafrikanischer Gerichtshof verurteilte Feuerstein zum Tod<br />

wegen Mordes, was die deutschen Farmer empörte. Aber Feuerstein hatte Glück : Er konnte mit einem<br />

anderen verurteilten Mörder, Farmer Voswinkel, aus der Haft entkommen und über Angola nach Europa<br />

heimkehren.<br />

Max übernahm nun die Bande von Hans als Anführer, wurde jedoch von einem Buschmann an die<br />

Südafrikaner verraten und auf der Flucht erschossen. Der Informant erhielt ein Pfund Sterling Belohnung<br />

vom Militär. Im grösseren Zusammenhang betrachtet registrierten die Südafrikaner als Besatzer des<br />

ehemaligen Schutzgebiets zahlreiche Fälle von roher Selbstjustiz weisser Farmer. Man konnte sogar


Ansichtspostkarten mit Fotografien von erhängten Buschleuten in Windhoek erwerben. Auch Aufnahmen<br />

verängstigter, zerlumpter und halb verhungerter Buschmann-Familien fanden als "Kuriositäten" Gefallen.<br />

Dies alles sammelten die Südafrikaner für ihr sogenanntes Blaubuch mit Fallstudien von erschreckendem<br />

Ausmass und folgerten: "Die deutsche Kolonialverwaltung und ihre Justiz interessierten sich niemals für<br />

die Morde der Farmer an Eingeborenen abgesehen von wenigen Ausnahmen, die zu geringfügigen<br />

Strafen führten. Siedler-Kommandos hatten jederzeit freies Schussfeld, wenn es um Buschleute ging ..."<br />

Südafrikanische Besatzungsjustiz in Aktion<br />

Die neue südafrikanische Administration (später Mandatsverwaltung) setzte kombinierte Militär- und<br />

Zivilgerichte ein , um die Tötungen von Eingeborenen (Schwarzen und Buschleuten) durch weisse Farmer<br />

zu untersuchen und zu bestrafen. Einer der ersten Fälle war "Die Krone gegen Becker".<br />

Kurz nach dem Vordringen der südafrikanisch-britischen Streitkräfte auf das Schutzgebiet Deutsch-<br />

Südwestafrika ritt der deutsche Farmer Becker (Hedwigslust) mit seinem Boy, dem Buschmann Max, in<br />

die Umgebung auf der Suche nach 32 gestohlenen Rindern. Sie überraschten eine Gruppe Buschleute,<br />

die einen Ochsen des Farmers getötet hatten und gerade verzehrten am offenen Feuer. Becker zog sein<br />

Gewehr und erschoss ohne Warnung sofort zwei Männer, zwei Frauen sowie zwei Kleinkinder aus der<br />

Gruppe. Max, der einzige Augenzeuge, rannte weg voller Entsetzen.<br />

Erhängte Buschmänner um 1914,<br />

vermutlich wegen Viehdiebstahl. Das<br />

Motiv kursierte als beliebte<br />

"Ansichtspostkarte mit Wilden" unter<br />

den weissen Farmern und wurde im<br />

Blaubuch der britischen Regierung<br />

im Kapitel der kolonialdeutschen<br />

Greueltaten vorgestellt.<br />

"Ich habe der Polizei nichts verraten", erklärte er vor Gericht. "Sonst hätte mich der Baas auch<br />

umgebracht. Ich lief in Richtung Sandveld, denn in Richtung Polizeistation hätte mich der Baas bestimmt<br />

geschnappt und abgeknallt..." Becker beging den Fehler, einem der neuen südafrikanischen Polizisten<br />

wichtigtuerisch seine "Heldentat" vorzutragen und dafür Beifall zu erwarten von einem "Gleichgesinnten"<br />

der weissen Herrenrasse. Der Beamte verstand keinen Spass in dieser Art und meldete das<br />

Eingeständnis seinen Behörden. Das Urteil: 10 Jahre Gefängnis und wiederum Empörung der deutschen<br />

Farmer "wegen solcher Härte gegenüber einem Weissen ..."<br />

In einem anderen Fall erhielt Farmer Voswinkel ebenfalls eine Haftstrafe. Er hatte den jungen Buschmann<br />

Xuiseb gefoltert und getötet. Der Junggeselle Voswinkel lebte wie viele alleinstehende weisse Farmer<br />

(Deutsche, Buren, Schweizer, Österreicher, Niederländer usw.) mit einer Buschmann-Frau zusammen.<br />

(Anmerkung: Voswinkel entkam später nach Deutschland mit dem Mörder Feuerstein, der den Banditen<br />

Hans erschoss).


Die Sexpartnerin Voswinkels erklärte vor Gericht ihre Beobachtungen: Xuiseb, ein schmächtiger Bursche,<br />

wurde in Voswinkels Zimmer an Hals, Armen und Beinen gefesselt, blutete stark nach Misshandlungen<br />

und Auspeitschungen ... Ich musste das Blut am Boden später aufwischen ... Dann schleppte Voswinkel<br />

mit einem Helfer den Buschmann hinaus. Er wurde mit einem Seil an das Pferd Voswinkels gebunden,<br />

vollkommen nackt und wahrscheinlich zu Tode geschleift in der Umgebung. Man hat ihn nie wieder<br />

gesehen ..."<br />

Der Fall Leutnant Veneluth: dieser Reserve-Offizier der Schutztruppe kommandierte nach Kriegsausbruch<br />

eine Patrouille und traf auf 15 Buschleute, die sofort weg rannten und nur einen alten Mann und eine alte<br />

Frau zurück liessen. Veneluth verhaftete sie, kehrte mit ihnen auf seine Farm zurück und inszenierte ein<br />

"Standgericht": Veneluth ernannte sich einfach zum Vorsitzenden, nahm dazu zwei müde Unteroffiziere<br />

als Beisitzer, denen alles gleichgültig war, und verurteilte die beiden Eingeborenen zum Tod durch<br />

Erschiessen. Unteroffizier Schultz meinte vor Gericht, er habe angenommen, dass alle Buschleute im<br />

Krieg erschossen werden müssten ... wegen Spionage oder so ähnlich.<br />

Der Vorsitzende des Gerichts hielt Veneluth vor, dass sein angebliches Standgericht jeder juristischen<br />

Grundlage entbehrte einschliesslich Formfehlern, andererseits aber ... sei dies ein Fall für ein Gericht der<br />

Schutztruppe, die jedoch nicht mehr existiere usw. usw. Veneluth konnte als freier Mann das Gericht<br />

verlassen. Es ist anzunehmen, dass die südafrikanische Justiz nicht mehr behelligt werden wollte.<br />

Buschmann mit Pfeilköcher und Bogen in<br />

seiner gewohnten Umgebung, die Schritt<br />

um Schritt von Viehzüchtern beansprucht<br />

wurde im Lauf der Jahre. "Viehraub" im<br />

juristischen Sinn des weissen Mannes war<br />

nie etwas anderes als höchstens ein<br />

"Mundraub" zum Überleben ...<br />

In den Formulierungen des Freispruchs ist in umständlicher Weise nachzulesen, wie das Gericht sein<br />

Gesicht zu wahren suchte: "Das Gericht ging von der Annahme aus, wenn auch mit erheblichen<br />

Bedenken, dass die beiden Buschleute nicht wegen Viehdiebstahl durch ein deutsches militärisches<br />

Standgericht zum Tod durch Erschiessen verurteilt worden sind, sondern zumindest teilweise wegen<br />

verräterischer Handlungen gegenüber der Schutztruppe, was folglich wegen begründeter Zweifel einen<br />

Freispruch rechtfertigen dürfte ..."<br />

F.J. van Ryneveld , Bürgermeister von Gobabis, traf sich unbewaffnet mit einem Clan Buschleute und<br />

wurde dabei von einem vergifteten Pfeil getötet. Das passierte 1922, und die Farmer im Gebiet Gobabis<br />

meldeten erhebliche Rinderverluste durch Diebstahl, für die man Buschmänner verantwortlich machte. Sie<br />

lebten früher in der Gegend von Grootfontein und wanderten südwärts. Eine Farmerfrau, Mrs.Bullick,<br />

schrieb Beschwerdebriefe an die Administration des Mandatsgebiets wegen der Verluste, sodass eine<br />

Patrouille der Polizei die Lage auskundschaftete. Sie wurde bald von Buschmännern vertrieben und<br />

büsste ein Fahrzeug ein auf dem Rückzug. Ryneveld sollte damals Frieden stiften und fand den Tod.


Lieber sterben als schwarze Hilfe annehmen<br />

Der Aukwe-Buschmann aus dem Norden, Zameko genannt, arbeitete ursprünglich auf der Farm von Mrs.<br />

Bullick. Als Mr. Bullick noch lebte, gab es keinen Verdruss mit Zameko, doch nach dem Tod des Vaters<br />

von sechs Kindern schlug die Stimmung um und die Diebstähle nahmen zu. Als die Farmer-Witwe<br />

Zameko Vorwürfe machte, weil er die Rinder nicht besser bewachte, bedrohte er seine Arbeitgeberin und<br />

deren Tochter. Zameko verliess die Farm und sammelte etwa 300 Gefolgsleute für Raubzüge um sich<br />

und liess verlauten, dass "es bald Krieg geben wird ..."<br />

Vier Tage nach diesen Drohungen suchte van Ryneveld mit drei eingeborenen Polizisten, einem<br />

Fährtenleser und dem weissen Sergeanten Viljoen eine Möglichkeit, um mit dem Rebellen zu verhandeln.<br />

Corporal Saal warnte zuvor, dass das Risiko zu gross sei wegen der Uniformierten im Geleit. Plötzlich<br />

begann eine Schiesserei. Vier Buschmänner wurden getötet, und van Ryneveld traf ein Giftpfeil mit<br />

tödlicher Wirkung, Cpl Saal kam zu Hilfe , genauer gesagt "der farbige Corporal Saal kam zu Hilfe seines<br />

Vorgesetzten und wollte die Wunde sofort auswaschen". Der starrsinnige Bure van Ryneveld, ein Rassist<br />

alter Schule, lehnte das schroff ab: er wollte sich auf keinen Fall von schwarzen Händen berühren lassen,<br />

um sein Leben zu retten! Nachdem der weisse Sergeant Viljoen, ebenfalls Bure, herbei gerufen werden<br />

konnte, kam jede Hilfe viel zu spät. van Rynevelds letzte Worte: "Ich bin erledigt, Leute!" Es war sinnlos<br />

den Pfeil aus dem Körper zu entfernen, denn das Gift wirkte (wie sonst auf der Jagd) ziemlich schnell<br />

auch bei Menschen.<br />

Eine stärkere Patrouille setzte die Verfolgung fort und verhaftete etwa 150 Buschleute, wie der Polizist<br />

Morton Seagars berichtete. Sie suchten zu fliehen und ein Dutzend musste erschossen werden. Zameko<br />

zählte zu den Überlebenden, verbüsste sogar eine Haftstrafe ohne Schaden und lebte fortan nahe der<br />

Bullick Farm auf friedliche Weise. Mrs.Bullick liess jedoch mit ihren Anschuldigungen wegen neuer<br />

Viehdiebstähle nicht locker und machte den Ex-Häftling wiederum verantwortlich ohne Beweise. In einem<br />

Brief an die Behörden klagte sie: "Ich war kürzlich in der Gobabis Klinik und sah dort vier Buschleute, die<br />

im Gefängnis gepeitscht worden waren, sodass sie Verletzungen erlitten. Tatsächlich liessen sie ihre<br />

Hosen herunter, und eine weisse Krankenschwester (!!!) versorgte die Wunden mit Salben zur Heilung!<br />

Das hat mir gereicht!!!" Nach ihrer Meinung sollten alle Buschleute nach Viehdiebstahl mit vergifteten<br />

Nilpferdpeitschen gefoltert und erledigt werden. Sämtliche Wunden müssten mit Gift qualvoll vergrössert<br />

werden ...<br />

Das Militärgericht lässt nicht locker<br />

Der "Special Criminal Court of the Protectorate of South West Africa in Occupation of the Military Forces<br />

of the Union of South Africa" verhandelte an verschiedenen Orten unter anderem folgende Fälle:<br />

Am 6. April 1916: Katai und sieben andere Buschleute wurden angeklagt wegen Diebstahl von vier<br />

Rindern, Eigentum des deutschen Farmers Baumgarten nahe Grootfontein. Sie erklärten sich für schuldig<br />

und erhielten eine Strafe von vier Jahren Haft mit Zwangsarbeit.<br />

Krone gegen Daniel Diergard: Der wegen Diebstahl von 19 Rindern angeklagte Baster-<br />

Stammesangehörige schädigte den Farmer van der Merwe und den Farmer Gird Gous im Bezirk<br />

Windhoek. Diergard trieb das Vieh nach Windhoek und verkaufte es dort meistbietend. Er gestand seine<br />

Schuld ein und wurde zu drei Jahren Haft verurteilt mit Zwangsarbeit.<br />

Krone gegen Sarrup: Buschmann Sarrup stahl fünf Rinder des Farmers Hans van Hatten nahe Gobabis.<br />

Der Farmer musste bei Kriegsausbruch in der Schutztruppe dienen, was der Angeklagte zum<br />

Viehdiebstahl ausnutzte. Die Rinderfelle konnten identifiziert werden als Eigentum des Geschädigten,<br />

bestätigt von anderen Buschleuten. Das Urteil lautete: zwei Jahre Zwangsarbeit in verschärfter Form und<br />

sechs Peitschenhiebe.<br />

Am 7. April 1916: Mordsache Krone gegen Hermon Holtz. Der deutsche Farmer aus Sturmfeld bei<br />

Gobabis tötete den Eingeborenen Fritz, weil er sich unerlaubt von der Farm Sturmfeld entfernt hatte. Holtz


war mit einem Fuhrwerk unterwegs, als er dem Deutschen Voss begegnete, bei dem der entlaufene Fritz<br />

jetzt als Diener arbeitete. Voss fürchtete den Zorn seines Nachbarn Holtz und lieferte den neuen Diener<br />

sofort aus an Holtz.<br />

Buschmannfrau mit einem<br />

Grabstock über der Schulter<br />

zum Sammeln von essbaren<br />

Würzelknollen.<br />

Nach der Rückkehr auf die Farm Sturmfeld beobachteten zwei Eingeborene, wie Holtz den Fritz mit einem<br />

schweren Buschmesser auf den Kopf schlug und danach vor sich her trieb, bewaffnet mit einer Flinte.<br />

Einige Zeit später kehrte der Farmer allein zurück, spannte ein Fuhrwerk an und fuhr damit auf der<br />

Strasse weg in unbekannter Richtung. Alsbald tauchte das Fahrzeug wieder auf mit der Leiche des Fritz<br />

auf der Pritsche. Einschusslöcher von Kugeln waren am Rücken und in der Magengegend. erkennbar.<br />

Holtz bat einen anderen Farmer namens Frederick Sauer um Unterstützung und erzählte etwas von<br />

einem Unfall mit Fritz. Fritz hätte Holtz angeblich mit einem Knüppel angegriffen, worauf sich ein Schuss<br />

aus dem Gewehr des Farmers löste und Fritz tötete. Andere Versionen des Angeklagten ergaben viele<br />

Widersprüche vor Gericht, sodass der Schuldspruch auf fahrlässige Tötung lautete mit mildernden<br />

Umständen. Holtz erhielt eine Haftstrafe von zwei Jahren.<br />

8. April 1916: Mordsache Krone gegen Carl Georg Schröder. Der deutsche Farmer lebte nahe Maltahöhe<br />

in Kampe und tötete am Weihnachtstag 1915 seinen eingeborenen Diener Johannes Xatjindu. Der<br />

Farmer suchte an jenem Feiertag die Hütten seiner eingeborenen Arbeiter auf und ermahnte sie,<br />

gewissenhaft das Vieh zu überwachen, weil einige Lämmer kürzlich verloren gegangen seien. Schröder<br />

näherte sich dem Johannes mit einer Nilpferdpeitsche und einem gezogenen Revolver, schlug wütend zu<br />

und feuerte danach drei Schüsse ab mit seiner Waffe. Sechs Wochen später verstarb der Eingeborene in<br />

einer Klinik wegen der erlittenen Verletzungen.<br />

Schröder behauptete, der Johannes wollte einen Stein gegen ihn schleudern, sodass Notwehr erfolgte.<br />

Keiner der eingeborenen Tatzeugen konnte sich an einen drohenden Steinwerfer erinnern. Schröder<br />

wurde zu zweieinhalb Jahren Haft verurteilt mit Zwangsarbeit.<br />

Krone gegen Jacob Casob: Der Eingeborene räumte den Diebstahl eines Rindes ein beim deutschen<br />

Farmer Fritz Duval in Teufelsberg, Bezirk Outjo. Das Urteil: Drei Jahre Zwangsarbeit unter verschärften<br />

Bedingungen. und zehn Peitschenhiebe.<br />

16. April 1916: Mordfall Krone gegen Hendrick Stötzer. Der deutsche Farmer aus Gobabis war angeklagt,<br />

seinen Viehhirten Hans im August 1915 getötet zu haben. Eingeborene Zeugen sagten aus, dass es Streit<br />

zwischen Stötzer und Hendrick gegeben habe wegen Arbeitsscheu. Dabei hätte Stötzer den<br />

Eingeborenen am Arm gepackt und weggeführt. Es seien Schüsse gefallen nach wenigen Schritten und<br />

Hans fiel zu Boden. Als Stötzer den Arm des Eingeborenen ergriff, hielt dieser eine Falle für Schakale in<br />

der Hand. Stötzer erklärte, er habe in Notwehr geschossen wegen des drohenden Angriffs mit dieser Falle<br />

und sei zur Tatzeit sehr nervös und angeschlagen gewesen. Er könne sich nicht mehr an Einzelheiten<br />

erinnern wegen der Schiesserei. Stötzer verscharrte die Leiche sogleich nach der Tat und. meldete den


Vorfall nicht bei der Polizei. Wochen danach erfuhr die Polizei durch Eingeborene von den Vorfällen. Das<br />

Urteil: fünf Jahre Haft mit Zwangsarbeit.<br />

25. April 1916: Krone gegen Marie von Weiher. Die Farmerfrau lebt im Bezirk Omaruru und. blieb bei<br />

Kriegsausbruch allein zurück, weil ihr Ehemann zur Schutztruppe befohlen wurde. Freiherr von Weiher fiel<br />

im Kampf gegen südafrikanische Streitkräfte, und. die Witwe nahm eine deutsche Freundin zur<br />

Gesellschaft auf. Diese Frau war Zeugin bei der Tötung des hochbetagten Eingeborenen Opapa, was zur<br />

Verhaftung der Witwe wegen Mordverdacht führte. Bei Kriegsbeginn liefen mehrere Eingeborene von der<br />

Farm weg, und die beiden Frauen machten sich auf die Suche, weil noch andere dem Beispiel folgten. Es<br />

gelang, einen entflohenen Farmarbeiter aufzuspüren und zur Rückkehr auf die Arbeitgeber-Farm zu<br />

bewegen.<br />

Der Eingeborene sollte vor dem Reitpferd der Farmer-Witwe her laufen wie ein Hund, aber er weigerte<br />

sich dies zu tun. Daraufhin bedrohte die Herrin den Mann mit ihrem Revolver und feuerte einen Schuss<br />

ab. Angeblich sei in die Luft geschossen worden als Warnung, doch die Kugel traf den Fuss des<br />

Eingeborenen. Es kam zu einem Handgemenge zwischen der Reiterin und dem Farmarbeiter, wobei<br />

weitere Schüsse zu hören waren wie Zeugen berichteten. Die Angeklagte legte dem Gericht ein<br />

zerrissenes Kleid vor und verwies auf Hautabschürfungen. Einige Eingeborene bezeugten, sie hätten gar<br />

keinen Kampf beobachtet. Tatsächlich hätte die Farmer-Witwe wutentbrannt vier Kugeln in den Körper<br />

des Wehrlosen gejagt zumal man auch vier Einschüsse an der Leiche registrierte.<br />

Die Leichenbeschau eines Mediziners bestätigte dies einwandfrei. Zur Verteidigung der Farmer-Witwe<br />

wurde angeführt, dass sie sich beim Vordringen der südafrikanischen Truppen allein gelassen fühlte, dass<br />

die deutschen Behörden den Farmern keinen Schutz mehr bei Übergriffen Farbiger zu bieten vermochten<br />

zwischen den Fronten und dass die Angeklagte wegen des Todes ihres Ehemanns überreizt und<br />

geschockt gewesen sei. Das Urteil: fahrlässige Tötung mit mildernden Umständen, eine Geldstrafe von<br />

300 Pfund Sterling oder 18 Monate Haft. Die Geldstrafe wurde sofort bezahlt.<br />

18. Mai 1916: Krone gegen Georg Frederick Nauhas und Theodor Jacubowski wegen Mordverdacht.<br />

Beide deutsche Farmer aus Gobabis wurden angeklagt wegen Mord an dem Buschmann Thagabab auf<br />

der Farm Nabatzaub im Bezirk Gobabis vergangenen Januar. Ein Herero im Dienst des Angeklagten<br />

entdeckte Thagabab zwischen dem Weidevieh des betreffenden Farmers noch lebend, nahm den Mann<br />

gefangen und brachte ihn zu seinem Arbeitgeber. Nauhas legte eine Kette um den Hals des<br />

Verdächtigen, fesselte ihn an ein Wagenrad und befahl einem Eingeborenen den Mann auszupeitschen.<br />

Der Auspeitscher, ein Berg-Damara, schlug etwa eine Stunde lang zu. Dann kam Jacubowski, liess den<br />

Buschmann weiter auspeitschen und über Nacht am Wagenrad gefesselt stehen.<br />

Am nächsten Margen fand man den Gefangenen tot. Jacubowski äusserte sich: "Endlich ist der Schakal<br />

verreckt, wirklich prima Arbeit ..." Die eingeborenen Farmarbeiter mussten den Leichnam hinaustragen ins<br />

offene Veld und dort ablegen. Sie begruben den Toten jedoch ordentlich. Südafrikanische Polizisten<br />

entdeckten das Grab, liessen die Todesursachen feststellen und eröffneten ein Verfahren. Nauhas bestritt<br />

jede Schuld. Er hätte innerhalb kurzer Zeit 30 Rinder eingebüsst durch Diebstahl und den Mann lediglich<br />

verprügelt, um etwas über die Viehräuber zu erfahren.<br />

Es handelte sich bei dem Ermordeten um einen alten und harmlosen Eingeborenen, der auf der<br />

deutschen Farm Conrad lebte und nie etwas mit Viehdieben zu tun hatte. Das Gericht hob hervor, dass


deutsche Kolonialgerichte bisher solche und ähnliche Verbrechen kaum geahndet hätten und sich<br />

allgemein desinteressiert zeigten. Auch die deutsche Polizei habe sich durchweg passiv verhalten. Die<br />

Urteile: Nauhas 18 Monate Haft, Jacubowski 12 Monate Haft verbunden mit harter Zwangsarbeit.<br />

Krone gegen Frank Juzek: Mord-Anklage gegen einen deutschen Beamten im Polizeidienst wegen der<br />

Tötung des Eingeborenen Fritz in Okambahe während dessen Inhaftierung wegen Diebstahl. Der Mann<br />

konnte fliehen und wurde wieder gefangen und gefesselt. Ein zweiter Fluchtversuch endete ähnlich.<br />

Schliesslich misshandelte der 'Beamte, den Häftling mit Fausthieben und Peitsche. Am folgenden Tag<br />

konnte sich der junge Ketten-Gefangene kaum noch rühren und spuckte Blut. Danach starb er. Das Urteil:<br />

zwei Jahre Haft mit harter Zwangsarbeit.<br />

(Anmerkung: KRONE (Rex versus etc.) bedeutet jeweils "Im Namen des Königs bzw. des United Kingdom<br />

of Britain" laut Juristensprache).<br />

Leistungsbericht der Militärjustiz<br />

Das südafrikanisch-britische Militärgericht für das besetzte Schutzgebiet Deutsch-Südwestafrika setzte<br />

sich wie folgt zusammen: Vorsitzender M.R.Greenlees, Major Gadd, Major Wessels, Major Edwards,<br />

Major Eadie. Hinzu kamen Lieutenant Colonel Rush und Lt.Col. Curtis ersatzweise. Zwischen dem 5. und<br />

20. April 1916 wurden 19 Verfahren verhandelt. Am 23. April fand eine Sitzung in Omaruru statt, sonst in<br />

Windhoek. Vom 25. April bis 12. Mai 1916 verhandelte man weitere 19 Fälle. Vom 18. bis 23. Mai waren<br />

vier Verhandlungen wieder in Windhoek vorgesehen.<br />

Alle deutschen Staatsbürger wurden nach dem deutschen Strafrecht verurteilt, obwohl es zwischen dem<br />

britisch-südafrikanischen und dem reichsdeutschen Rechtssystem erhebliche Unterschiede gab, die zu<br />

berücksichtigen waren im Rahmen des Möglichen. Zum Rechtsbegriff "Mord" stellten die Juristen<br />

wesentliche Differenzen fest. Auslegungen wie vorsätzlicher Mord, fahrlässige Tötung, Totschlag usw.<br />

sind dem britischen Recht meist fremd, ebenso Mord oder Tötung im Affekt.<br />

Von den 57 Angeklagten, die vor dem Besatzungsgericht standen, waren 23 Deutsche, drei Europäer<br />

verschiedener Nationalität mit ständigem Wohnsitz in DSWA, 23 Eingeborene, acht britische<br />

Staatsangehörige.<br />

Das kolonial-deutsche Eingeborenen-Recht<br />

Seit dem 8. November 1896 galt in DSWA das sogenannte Eingeborenenrecht in Strafsachen, praktiziert<br />

vom jeweiligen Gouverneur und ersatzweise den Bezirksamtmännern. Unteroffiziere der Schutztruppe<br />

waren von dieser Regelung ausgenommen während ihrer Stationierung in Aussenposten usw. Erlaubte<br />

Strafen: körperliche Züchtigung (Stockhiebe und Peitschen), Geldbussen, Haft mit harter Zwangsarbeit,<br />

Haft in Ketten, Todesstrafe. Frauen durften in keinem Fall geprügelt oder ausgepeitscht werden.<br />

Jugendliche bis zu 16 Jahren durften geprügelt werden. Prügel-Geräte mussten vom Gouverneur zuvor<br />

genehmigt werden wegen ihrer Beschaffenheit. Leichte Rohrstöcke oder eine Rute waren zu bevorzugen.<br />

Stockhiebe und Peitschenhiebe durften nicht in einer Serie 25 Zugriffe überschreiten. Bei einer Strafaktion<br />

in Abständen mussten 14 Tage Unterbrechung beachtet werden (beispielsweise zweimal 12 Hiebe). Ein<br />

Europäer sollte bei jeder Bestrafung eingreifen können, am besten ein Mediziner (falls verfügbar). Vor der<br />

Aktion muss der Delinquent ärztlich untersucht werden, ob die Strafe zugemutet werden kann. Der<br />

bestellte Beobachter darf die Aktion jederzeit abbrechen, falls es gesundheitliche Einwände geben sollte.<br />

Gefängnisstrafen über sechs Monate müssen vom Gouverneur gegengezeichnet werden nach der<br />

Verkündung des Urteils und zwar ohne Verzögerung. Bei einem Todesurteil hat der Gouverneur die letzte<br />

Entscheidung zu treffen nach Studium der Akten.


Falls Bestrafungen erforderlich sind während Expeditionen oder in abgelegenen Aussenstationen, im Fall<br />

von Meuterei, Feindeinwirkung, oder sonstigen bedrohlichen Umständen, wenn also ein Todesurteil<br />

gegen einen Eingeborenen vollstreckt werden soll vom jeweiligen Kommandeur, dann ist ein Standgericht<br />

erlaubt mit zwei Beisitzern. Alle Vorgänge müssen protokolliert und später dem Gouverneur unterbreitet<br />

werden zur Nachprüfung.<br />

Eingeborene im Dienst als Diener oder Vertragsarbeiter können auf Antrag ihres Arbeitgebers<br />

disziplinarisch bestraft werden durch einen Beauftragten des Gouvernements: körperliche Züchtigung,<br />

Haft in Ketten bis zu 14 Tagen. Begründungen: Arbeitsscheu, Widersetzlichkeit, unerlaubte Entfernung<br />

vom Arbeitsort oder ähnliche Situationen.<br />

Künstlerisch geformte Buschmann-Figuren der Gegenwart vor einem Hotel in Namibia<br />

täuschen über die furchtbaren Leidensgeschichten im Leben zahlloser "San People"<br />

hinweg und inszenieren eine irreführende Romantik.<br />

Verrohte Sitten zwischen den Kriegen<br />

In den Jahren zwischen den beiden Weltkriegen verrohten die Sitten zusehends im Mandatsgebiet<br />

Südwestafrika, und die südafrikanische Zivilverwaltung zeigte wenig Interesse an geordneten<br />

Verhältnissen. Deutsche und Buren-Farmer, viele davon Neusiedler vom Kap, klagten über Mangel an<br />

qualifizierten Arbeitskräften und jagten einander Eingeborene ab. Man nannte das "man stealing" oder<br />

"blackbirding", also Menschenraub.<br />

Ein Fall erregte grosses Aufsehen: Krone gegen Brand und zwei Komplizen. Sogar der Völkerbund sah<br />

sich 1929 gezwungen, dieser Angelegenheit nach zu gehen innerhalb der Ständigen Mandat-<br />

Kommission. Die Fakten: 50 Buschleute wurden von drei jungen weissen Farmern "eingefangen" im<br />

Bezirk Gobabis. Zuerst setzten die Täter nachts einige Siedlungen (Werften) dieser Buschmänner in<br />

Brand, dann trieben sie die verängstigten Menschen mit ihren Pferden wie Vieh in Richtung auf die<br />

eigenen Farmen und verteilten dort die "Beute" an Arbeitskräften unter einander ohne Rücksicht auf<br />

familiäre Bindungen der Opfer. Ein Polizist, der tags darauf die Farmen besuchte, nahm keine Notiz von<br />

dem Menschenraub, verhaftete jedoch mehrere Buschleute wegen des Besitzes von Tierfellen. Nach fünf<br />

Tagen wurden die Männer aus der Haft entlassen und zu den Farmern zurück gebracht.


Schliesslich gab es eine Gerichtsverhandlung, in deren Verlauf die südafrikanischen Juristen zu bedenken<br />

hatten, dass gar kein Raub von Menschen vorliege, weil die in Frage kommenden Buschleute mühelos<br />

hätten fliehen können. Andererseits hätten die drei Farmer tätliche Angriffe begangen und sollten deshalb<br />

pro Kopf fünf Pfund Sterling Geldbusse zahlen.<br />

In Kreisen des Völkerbunds herrschte Empörung wegen dieser Art von Justiz, während andere Offizielle<br />

achselzuckend von "jugendlichem Übermut" der Menschenräuber sprachen und den Fall bagatellisierten.<br />

Damit war das Interesse des Völkerbunds am Wohl der Eingeborenen in Südwestafrika erschöpft.<br />

Solange Jan Smuts, einer der Mitbegründer des Völkerbunds, im Amt war als Premier-Minister<br />

Südafrikas, hörte man relativ wenige Klagen über die Zustände im ehemaligen Schutzgebiet. Als 1945 die<br />

Vereinten Nationen den Völkerbund ersetzten, entwickelte sich in Südafrika bald ein starker Rechtsruck.<br />

1948 musste Smuts nach den Wahlen zurücktreten und Platz machen für die burische Nationalpartei, die<br />

keinerlei Veränderungen liberaler Art in SWA duldete und alle Weisungen der UNO missachtete.<br />

Apartheid statt Unabhängigkeit hiess jetzt die Devise. Erst 1988 zog sich Südafrika unter internationalem<br />

Druck aus Südwestafrika zurück, und es entstand Namibia.<br />

Zu keiner Zeit war die Mandatsmacht Südafrika bereit, den Buschleuten in Südwestafrika angemessene<br />

Reservate einzurichten. Hochrangige Politiker des Apardheid-Regimes bezeichneten die Buschleute<br />

öffentlich als "Parasiten, wilde Tiere, Untermenschen und eine degenerierte Rasse ..." Riesige Gebiete<br />

wurden als Wildparks ausgewiesen, um die Buschmänner fern zu halten, oder den einflussreichen<br />

Hereros zugeteilt, die wiederum ihr eigenes Land an weisse Farmer abtreten mussten. So liessen sich die<br />

Hereros im Kalahari Sandveld nieder, weil weisse Farmer hier keine verlockenden Weiden für ihre Rinder<br />

vorfanden. Dort handelte es sich allerdings um traditionelles Buschmann-Territorium gemäss ihrer<br />

Lebensweise. Blutige Auseinandersetzungen waren die Folge zwischen Hereros und Kung-Buschleuten:<br />

berittene Hereros knüppelten die Rivalen einfach zu Tode während des Waterberg Massakers 1947. Kein<br />

Täter hatte von der Justiz etwas zu befürchten. 13 getötete Buschleute, zwei Männer, vier Frauen, sieben<br />

Kinder. Dazu unfassbare Grausamkeiten, Verstümmelungen der Opfer, abgetrennte Glieder usw.<br />

An der Wende vom 20. zum 21. Jahrhundert bzw. nach der Unabhängigkeit Namibias ist das Dasein der<br />

letzten Buschleute in Südwestafrika genau so trostlos wie schon lange vorher, denn die neue Regierung<br />

duldet keine "Aussenseiter" sondern "nur Namibianer" ...<br />

Quellen<br />

Papers relating to Certain Trials in German South West Africa<br />

(Presented to Both Houses of Parliament by Command of His Majesty Oct.1916)<br />

Reprinted 1918 , London<br />

Published by His Majesty's Stationery Office<br />

Sandy Gall: The Bushmen of Southern Africa / Slaughter of the Innocent<br />

(London 2001)<br />

Sir Laurens van der Post: The Heart of the Hunter (1961)<br />

Elizabeth M. Thomas: The Harmless People (Cape Town 1988)<br />

Archiv-Material Universitätsbibliothek Frankfurt am Main


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