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Deutsche Handelsherren in der vorkolonialen Südsee - Golf Dornseif

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<strong>Deutsche</strong> <strong>Handelsherren</strong> <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>vorkolonialen</strong> <strong>Südsee</strong><br />

von <strong>Golf</strong> <strong>Dornseif</strong><br />

Schon viele Jahre vor <strong>der</strong> Besitznahme deutscher Kolonien <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Südsee</strong> wagten sich<br />

unternehmungslustige deutsche Kauflaute <strong>in</strong> das bis dah<strong>in</strong> noch unerschlossene Inselgebiet<br />

und beherrschten bald den Tauschhandel mit den E<strong>in</strong>geborenen. Britische, australische<br />

und amerikanische Konkurrenz ließ nicht lange auf sich warten, denn das Kopra-<br />

Geschäft sicherte vor allem schnellen Gew<strong>in</strong>n.<br />

Die E<strong>in</strong>beziehung <strong>der</strong> Marshall- und Karol<strong>in</strong>en-Inseln e<strong>in</strong>schließlich <strong>der</strong> Palau-Inselgruppe <strong>in</strong> das<br />

deutsche Wirtschaftsgebiet <strong>der</strong> <strong>Südsee</strong> erfolgte zunächst von Apia (Samoa) aus. Die Hamburger<br />

Handelsunternehmung Godeffroy wagte den Vorstoß, um dem Weltmarkt neue Produktionsquellen zu<br />

erschließen und den westlichen Teil des Pazifiks Schritt für Schritt geschäftlich zu erobern. Das<br />

Handelshaus Godeffroy blühte anfangs <strong>der</strong> sechziger Jahre auf und konzentrierte sich zunächst auf<br />

Samoa.<br />

Zahlreiche Fahrten zu den umliegenden Inselgruppen zeigten den Reichtum dieser wirtschaftlich noch<br />

unerschlossenen Region, aber auch die weiter entfernten Inseln versprachen Gew<strong>in</strong>n. Bisher hatte<br />

man sich auf Polynesien beschränkt, abgesehen von Samoa. Welche Erzeugnisse lockten vor allem<br />

als Exportartikel?<br />

Da gab es die e<strong>in</strong>zigartige Seegurke, auch Trepang o<strong>der</strong> Bèche-de-mer genannt, als begehrter<br />

Leckerbissen <strong>in</strong> ganz Ostasien e<strong>in</strong> Bestseller. Trepang ließ sich überall <strong>in</strong> Mikronesien abschöpfen<br />

neben Perlmutterschalen und Perlen. Nicht zu vergessen Kopra, Haupthandelsgut <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Südsee</strong>.<br />

Aus dem Inhalt<br />

Seegurken als asiatischer Leckerbissen<br />

Kapitän Tetens erobert die <strong>Südsee</strong><br />

Mit Kopra konnte man reich werden<br />

Hernsheim und Godeffroy auf großer Fahrt<br />

Zwischen Dummköpfen und Betrügern<br />

Zum Teufel mit <strong>der</strong> Auslän<strong>der</strong>konkurrenz<br />

Der Blick <strong>der</strong> Hamburger richtete sich im übrigen auf die Gilbert Inseln neben den Marshall- und<br />

Karol<strong>in</strong>en-Inseln. Alle mikronesischen Inseln waren den <strong>Deutsche</strong>n damals schon längere Zeit<br />

vertraut. E<strong>in</strong> Hamburger Kapitän, Alfred Tetens, hatte auf eigene Rechnung mit den E<strong>in</strong>geborenen<br />

Handel betrieben, und die Herren Godeffroy bemühten sich alsbald um e<strong>in</strong>e Zusammenarbeit. Tetens<br />

wurde beauftragt, die Karol<strong>in</strong>en e<strong>in</strong>schließlich Palau nutzbar zu machen.<br />

Im Jahr 1865 segelte Tetens von Hamburg an Bord <strong>der</strong> VESTA Kurs Karol<strong>in</strong>en, um dort e<strong>in</strong> neues<br />

Handelszentrum für Mikronesien e<strong>in</strong>zurichten nach dem Vorbild von Apia auf Samoa. Zunächst sollte<br />

sich Tetens um die Trepang-Fischerei kümmern, dazu auch um die Kopra-Gew<strong>in</strong>nung und Verschiffung.<br />

Perlmutterschalen und Perlen spielten gleichfalls e<strong>in</strong>e Rolle. Ausschau war zu halten nach<br />

Tabak, Baumwolle und Indigo gemäß den Anordnungen des Auftraggebers.<br />

Der Zweck jener Erkundungsreise sollte lediglich dem Kapitän sowie dem Ersten Steuermann bekannt<br />

se<strong>in</strong>, während man die Mannschaft im Unklaren ließ. Offensichtlich fürchteten die Herren Godeffroy<br />

„Wirtschafts-Spionage“ <strong>der</strong> Konkurrenten. Tetens musste Unteragenten auf den e<strong>in</strong>zelnen Inseln verpflichten,<br />

um e<strong>in</strong> Handelsmonopol vorzubereiten. Insgesamt fanden drei solcher Expeditionsfahrten<br />

statt, und zwar 1865, dann 1866 sowie 1867.


Es gelang, Seegurken <strong>in</strong> den gewünschten Mengen und <strong>in</strong> <strong>der</strong> erfor<strong>der</strong>lichen Qualität zu beschaffen.<br />

Freundschaftliche Beziehungen mit den Insulanern konnten überall gefestigt werden. Auf <strong>der</strong> Insel Jap<br />

kam die erste Handelsstation <strong>der</strong> Firma Godeffroy zustande, geleitet von e<strong>in</strong>em Agenten, rekrutiert<br />

aus den Reihen <strong>der</strong> Schiffsmannschaft. Während die Trepang-Fischerei e<strong>in</strong>e gute Ausbeute ergab<br />

und <strong>der</strong> Tauschhandel mit Perlmutterschalen aus den Händen <strong>der</strong> E<strong>in</strong>geborenen sich ebenfalls<br />

lohnte, erwies sich <strong>der</strong> Umgang mit Kopra auf Jap als e<strong>in</strong> Fehlschlag. Erf<strong>in</strong>dungsreich ließ Tetens statt<br />

dessen Öl aus den Kokosnüssen pressen und kochen. In <strong>der</strong> VESTA wurde e<strong>in</strong> eiserner Tank<br />

montiert für dieses kostbare Öl. So konnten Verluste durch das Leckwerden <strong>der</strong> hölzernen Fässer<br />

vermieden werden.<br />

Das Leben <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Südsee</strong> war jedoch ke<strong>in</strong>e Idylle. Raubüberfälle von fe<strong>in</strong>dseligen Insulanern auf die<br />

VESTA mussten abgewehrt werden. Während Tetens sich <strong>in</strong> den mikronesischen Gewässern aufhielt,<br />

wurde Kapitän Cheyne von Corror-E<strong>in</strong>geborenen ermordet. Oft kam es vor, dass die Insu-laner, mit<br />

denen Tetens Lieferverträge wegen Kopra und Öl abgeschlossen hatte, ihre Arbeit e<strong>in</strong>stellten, sobald<br />

die VESTA weiter gesegelt war. Regelmäßige Tätigkeit erschien ihnen unzumutbar.<br />

Die zweite Expedition des Kapitäns Tetens, die am 4. Oktober 1866 <strong>in</strong> Hong Kong begann, sollte zu<br />

e<strong>in</strong>er umfassenden wirtschaftlichen Erschließung aller mikronesischen Inseln führen. Wie<strong>der</strong>um<br />

wurden die Palau Inseln besucht, Verträge mit den Häuptl<strong>in</strong>gen wegen des Präparierens von Korallen<br />

und des Fischens von Seegurken abgeschlossen. 50 Palau-E<strong>in</strong>geborene mit ihren Kanus dienten fortan<br />

als Hilfskräfte bei <strong>der</strong> Trepang-Gew<strong>in</strong>nung.<br />

Als wichtigster Stützpunkt dieser Expedition kam nunmehr Jap <strong>in</strong> Frage, um die Echiquir- und Hermit-<br />

Inseln auszubeuten, ebenso die Anchoriten und Admiralitäts-Inseln. Mittlerweile hatten zuverlässige<br />

Insulaner auf Jap soviel Palmöl produziert, dass etwa 2.000 Gallonen zum Export bereit standen. E<strong>in</strong>e<br />

britische Gallone entsprach etwa 4,55 Liter. Tetens ließ frohgemut sämtliche Tr<strong>in</strong>kwassertanks an<br />

Bord se<strong>in</strong>es Segelschiffs entleeren, um sie jetzt mit dem kostbaren Öl aufzufüllen. Zusätzlich wurden<br />

zahlreiche Wasserfässer gleichfalls <strong>in</strong> Ölfässer verwandelt.<br />

So sieht e<strong>in</strong>e Seegurke aus


Kapitän Tetens<br />

Die Brü<strong>der</strong> Hernsheim


Wer war dieser Kapitän Alfred Tetens?<br />

Alfred Tetens (1835 – 1903) war <strong>der</strong> siebte Sohn e<strong>in</strong>es <strong>in</strong> dänischen Diensten<br />

stehenden Justizrats und Senators. Er fuhr als Hamburger Kapitän viele Jahre auf<br />

Segelschiffen zur See und erforschte im Auftrag des Hamburger Großkaufmanns<br />

Johan Cäsar VI. Godeffroy zahlreiche Inselgruppen <strong>der</strong> <strong>Südsee</strong> um 1865.<br />

Tetens bekleidete später das Amt des Wasserschouts e<strong>in</strong>es Hohen Senats <strong>der</strong> Freien<br />

und Hansestadt Hamburg. Das Amt des Wasserschouts existierte <strong>in</strong> Hamburg<br />

zwischen 1692 und 1873 und regelte Lohnkonflikte zwischen Schiffsmannschaften und<br />

Kapitänen durch e<strong>in</strong>e Schlichterfunktion. Der Wasserschout stellte von jedem Schiff,<br />

das Hamburg verließ o<strong>der</strong> anlief, e<strong>in</strong>e Liste <strong>der</strong> angemusterten und abgemusterten<br />

Seeleute mit ihrer Heuer her.<br />

Im Jahr 1891 zählte Kapitän Tetens zu den Mitbegründen <strong>der</strong> <strong>Deutsche</strong>n Seemanns-<br />

Mission <strong>in</strong> Hamburg, die nach wie vor tätig ist und sich e<strong>in</strong>es hohen Ansehens erfreut.<br />

Die Brü<strong>der</strong> Hernsheim und ihr steiler Aufstieg<br />

Eduard Hernsheim (1847 – 1917) wurde <strong>in</strong> Ma<strong>in</strong>z geboren, besuchte das dortige<br />

Gymnasium und studiert kurze Zeit Chemie <strong>in</strong> Darmstadt. Eigentlich wollte er nach<br />

dem Vorbild se<strong>in</strong>es Vaters e<strong>in</strong>e Karriere als Rechtsanwalt aufbauen, doch verstarb <strong>der</strong><br />

Vater 1863 und zerschlug somit alle Pläne. Schließlich arbeitete Eduard auf e<strong>in</strong>em<br />

großen Gutshof nahe Aschaffenburg, stürzte sich <strong>in</strong>tensiv auf Fachliteratur über Weltreisen<br />

und beherzigte den Rat se<strong>in</strong>e Onkels, an Bord <strong>der</strong> CERES als auszubilden<strong>der</strong><br />

Segelschiff-Matrose e<strong>in</strong>e Koje zu buchen und exotische Län<strong>der</strong> kennen zu lernen.<br />

1866 kehre Hernsheim nach Hamburg zurück und besuchte 1867 <strong>in</strong> Kiel e<strong>in</strong>e Akademie<br />

für Schiffsoffiziere. Mit dem Kapitänspatent <strong>in</strong> <strong>der</strong> Tasche durfte er se<strong>in</strong> erstes<br />

Schiff zum Handel zwischen Ch<strong>in</strong>a und Australien kommandieren. Diese Erfahrung<br />

brachte ihn auf die Idee, sich <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Südsee</strong> als selbständiger Großkaufmann zu<br />

verankern.<br />

1872 baute Hernsheim e<strong>in</strong>e Station <strong>in</strong> Malakai auf (Palau Inselgruppe) und erwarb das<br />

Segelschiff CORAN. Im März 1875 rückte Bru<strong>der</strong> Franz nach, <strong>der</strong> zuvor <strong>in</strong> Mexiko<br />

geschäftlich tätig war. Geme<strong>in</strong>sam errichteten Eduard und Franz die zweite<br />

Nie<strong>der</strong>lassung <strong>in</strong> Port Hunter. Yap, New Brita<strong>in</strong> und die York Islands bildeten das<br />

Rückgrat ihrer Handelskette mit den Insulanern Danach reiste Franz nach<br />

Deutschland heimwärts, um neues Betriebskapital zu beschaffen.<br />

Kle<strong>in</strong>ere Rückschläge wie die Zerstörung e<strong>in</strong>er Station durch Erdbeben und e<strong>in</strong>er<br />

an<strong>der</strong>en durch rebellische E<strong>in</strong>geborene konnten die Hernsheims nicht aufhalten. Im<br />

Februar 1878 kauften die Brü<strong>der</strong> den Dampfer PACIFIC und konzentrierten sich auf<br />

das Geschäft mit Kopra neben Lan<strong>der</strong>werb <strong>in</strong> Matupi, Raluana, Kabakaul und<br />

Kurakaul.<br />

1883 segelte auch Eduard nach Europa, um gleichfalls zusätzlich F<strong>in</strong>anzspritzen zu<br />

besorgen. Dabei nutzte er die Gelegenheit zur Anbahnung politischer Verb<strong>in</strong>dungen,<br />

also zur späteren Kolonialisierung <strong>der</strong> <strong>Südsee</strong>. Man bestellte Eduard alsbald zum<br />

deutschen Generalkonsul für die nordwestlichen Inselgruppen. Enge Zusammenarbeit<br />

mit <strong>der</strong> <strong>Deutsche</strong>n Handels- und Plantagen-Gesellschaft (dann Jaluit-Gesellschaft)<br />

war die Folge. 1892 verabschiedete sich Eduard Hernsheim vom Pazifik und wählte<br />

den Ruhestand <strong>in</strong> <strong>der</strong> alten Heimat. Se<strong>in</strong>e bedeutenden ethnographischen<br />

Sammlungen vermachte er Museen <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> und Ma<strong>in</strong>z. Eduard gründete 1900 <strong>in</strong><br />

Hamburg die Hernsheim & Co AG und blieb Vorsitzen<strong>der</strong> des Aufsichtsrats bis zu<br />

se<strong>in</strong>em Tod. Bru<strong>der</strong> Franz starb 1909 <strong>in</strong> Heidelberg.


Von Jap aus segelte die VESTA dann zu den Palau Inseln, wo plötzlich bürgerkriegsähnliche Zustände<br />

herrschten: die Bewohner von Korror und Art<strong>in</strong>gale führten Krieg gegene<strong>in</strong>an<strong>der</strong>. Kapitän Tetens<br />

ergriff die Partei <strong>der</strong> Korror-Leute, wurde während se<strong>in</strong>er Befriedungsversuche verwundet und kehrte<br />

so rasch wie möglich nach Hong Kong zurück.<br />

Die dritte Expedition im Jahr 1867 verfolgte den Plan, e<strong>in</strong>e Baumwolle-Plantage auf den Palau Inseln<br />

anzulegen. Technisches Gerät wie Pressen und Re<strong>in</strong>igungsmasch<strong>in</strong>en wurden e<strong>in</strong>geschifft. 25<br />

Ch<strong>in</strong>esen sollten als kundige Fachkräfte verpflichtet werden, und <strong>der</strong> VESTA-Steuermann übernahm<br />

die Leitung des Projekts. Kapitän Tetens erreichte anschließend Jap am 31. Oktober 1867, aber auch<br />

dort war Unruhe zwischen den E<strong>in</strong>geborenen ausgebrochen und die e<strong>in</strong>zelnen Clans machten<br />

e<strong>in</strong>an<strong>der</strong> die Vorherrschaft streitig. Jap sollte – zum<strong>in</strong>dest für die nahe Zukunft – als Handelszentrum<br />

<strong>der</strong> Firma Godeffroy aufgegeben werden.<br />

Tetens erlitt e<strong>in</strong>e Schussverletzung und musste mehrere Monate an Land bleiben, um sich auszukurieren.<br />

Zu allem Unglück verwandelten sich überdies die Hermit- und Echiquier-Inseln <strong>in</strong> unberechenbare<br />

Kriegsgebiete <strong>der</strong> früher so friedlichen Insulaner und „Geschäftsfreunde“ des<br />

Unternehmens, wie man beim nächsten Besuch <strong>der</strong> VESTA feststellen musste. We<strong>der</strong> Trepang noch<br />

Palmöl o<strong>der</strong> Kopra konnten übernommen werden.<br />

Lediglich die Baumwolle-Plantage auf Korror erwies sich als ‚Erfolgserlebnis, obwohl die angeworbenen<br />

Ch<strong>in</strong>esen durch Faulheit und Betrügerei Ärger verursachten. Sie mussten durch<br />

Besatzungsmitglie<strong>der</strong> <strong>der</strong> VESTA ersetzt werden. Tetens Gesundheitszustand verschlechterte sich<br />

zusehends, sodass er nicht länger fern <strong>der</strong> Heimat tätig se<strong>in</strong> konnte. So endete am 11. März 1868 die<br />

dritte Expedition <strong>der</strong> VESTA, und <strong>der</strong> mutige Seefahrer zog sich notgedrungen zurück. Wer sollte und<br />

konnte ihn jetzt ersetzen <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Südsee</strong>? Guter Rat war teuer.<br />

Die <strong>Handelsherren</strong> fanden nach e<strong>in</strong>iger Zeit A. Capelle als Nachfolger für Tetens. Der neue Mann<br />

hatte mehrere Jahrzehnte <strong>Südsee</strong>-Praxis als Referenz aufzuweisen. Capelle operierte als Kaufmann<br />

und Inhaber <strong>der</strong> Firma A. Capelle & Co. <strong>in</strong> Jaluit auf den Marshall Inseln und suchte das Gespräch mit<br />

Godeffroy. Die Handelsschiffe unter se<strong>in</strong>er Regie stammten aus Sydney, Auckland und San<br />

Francisco. Alle Kapitäne arbeiteten wie Agenten und tauschten ihre Waren direkt gegen Kopra e<strong>in</strong>.<br />

Wiegen <strong>der</strong> abgelieferten Kopra beim Handelsagenten


A. Capelle war mit e<strong>in</strong>er E<strong>in</strong>geborenen <strong>der</strong> Marshall Inseln verheiratet und genoss das unbeschränkte<br />

Vertrauen aller Insulaner nah und fern dank se<strong>in</strong>er verwandtschaftlichen B<strong>in</strong>dungen. Der Kaufmann<br />

Eduard Hernsheim besuchte Jaluit 1876 und berichtete von <strong>der</strong> engen geschäftlichen Zusammenarbeit<br />

zwischen Capelle und Godeffroy. Capelle hatte e<strong>in</strong>en weiten kaufmännischen Horizont, denn zu<br />

se<strong>in</strong>en Teilhabern zählten e<strong>in</strong> Portugiese, e<strong>in</strong> Englän<strong>der</strong> und e<strong>in</strong> Nordamerikaner, sodass er<br />

ke<strong>in</strong>eswegs auf Godeffroy alle<strong>in</strong> angewiesen war. Sämtliche Teilhaber hatten e<strong>in</strong>geborene Ehefrauen,<br />

was ihnen überall hohes Ansehen verschaffte.<br />

Durch die spätere Übernahme <strong>der</strong> Firma A. Capelle & Co. eroberte das Handelshaus Godeffroy ideale<br />

Märkte <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Südsee</strong> mit Jaluit als „Hauptquartier“. Godeffroy konzentrierte sich nunmehr auf den<br />

Tauschhandel. Die Insulaner schätzten Tabak, leichte Textilien, bunte Baumwolle-Stoffe, Schneidwaren<br />

und Eisengeräte. Auf je<strong>der</strong> wichtigen Insel <strong>der</strong> Marshall- und Karol<strong>in</strong>en-Gruppe befand sich e<strong>in</strong><br />

Agent im E<strong>in</strong>satz.<br />

Wer war dieser Adolph Capelle?<br />

Adolph Capelle (1839 – 1911) wurde <strong>in</strong> Hannover geboren und durfte die Marshall<br />

Inseln an Bord <strong>der</strong> PFEIL besuchen, die den Schiffseignern Hoffschläger &<br />

Stapenhorst gehörte. 1859 ließ er sich auf <strong>der</strong> Insel Ebon nie<strong>der</strong> und lernte dort den<br />

Handel mit Palmöl näher kennen.1864 gewann er den E<strong>in</strong>wan<strong>der</strong>er Anton DeBrum als<br />

Geschäftspartner und gründete mit ihm die Firma A. Capelle & Co. Später heiratete<br />

Capelle die E<strong>in</strong>geborene Sophia.<br />

Im Jahr 1873 übersiedelte Capelle nach Jaluit, das sich zum Handelszentrum<br />

enwickelt hatte. Das Unternehmen A. Capelle & Co. verfügte über mehrere Segelfrachtschiffe<br />

und <strong>in</strong>tensivierte den Handel mit vielen Inseln. Es entwickelte sich<br />

vorübergehend e<strong>in</strong>e Geschäftsbeziehung mit dem Haus Godeffroy. Capelle unterhielt<br />

e<strong>in</strong>en umfangreichen Laden mit Gemischtwaren auf Jaluit und wurde zum Honorarkonsul<br />

<strong>der</strong> USA bestellt. Capelle und DeBrum kauften die Insel Likiep für 1200 Dollar<br />

im Jahr 1878 und bewirtschafteten e<strong>in</strong>e Kopra-Plantage. Daneben befassten sie sich<br />

mit dem Bau kle<strong>in</strong>er Schiffe.<br />

Der Laden von Capelle auf Jabwor, Jaluit Atoll


Im Jahr 1882 betrug <strong>der</strong> Ertrag an Kopra 2800 Tonnen aus dem Bereich Jaluit zugunsten des Exports<br />

nach Deutschland. Alle<strong>in</strong> 1100 Tonnen lieferte die Firma Godeffroy. Für Konkurrenten war es nahezu<br />

unmöglich, sich Marktanteile zu besorgen.<br />

Im Jahr 1874 unternahm <strong>der</strong> Hamburger Kaufmann Eduard Hernsheim se<strong>in</strong>e ersten Handelsfahrten <strong>in</strong><br />

die <strong>Südsee</strong>, unterstützt von folgen<strong>der</strong> Mannschaft: zwei nie<strong>der</strong>ländische Steuerleute, e<strong>in</strong> holländischer<br />

Zimmermann, e<strong>in</strong> ch<strong>in</strong>esischer Koch, e<strong>in</strong> ch<strong>in</strong>esischer Diener und 10 Malaien. Bewaffnet war das<br />

Schiff mit sechs Bordkanonen und zahlreichen Handfeuerwaffen. Als Tauschwaren bot Hernsheim<br />

Eisenwaren, Ste<strong>in</strong>schlossgewehre, Textilien und Glasperlen.<br />

Nach dem Vorbild australischer und nordamerikanischer Konkurrenten suchte <strong>der</strong> Hamburger<br />

systematisch die e<strong>in</strong>zelnen Inselgruppen des Stillen Ozeans auf und bemühte sich um den Ankauf<br />

von Kopra zu möglichst niedrigen Preisen, die später <strong>in</strong> Hong Kong auf den Markt gebracht werden<br />

sollte. Hier existierte se<strong>in</strong>erzeit e<strong>in</strong>e starke deutsche Kolonie von Geschäftsleuten aller Art.<br />

Hernsheims erste Reise führte über Sumatra, die Java See zur Torres Straße und zuletzt zu den<br />

Palau Inseln. Auf dem Eiland Maliakal gab es bereits e<strong>in</strong>en europäischen Händler aus England, <strong>der</strong><br />

eifrig Tauschgeschäfte mit E<strong>in</strong>geborenen för<strong>der</strong>te. Hernsheim beschloss auf ähnliche Weise zu<br />

operieren und bemühte sich um das Wohlwollen des Königs von Korror, damit er e<strong>in</strong> Stück Land<br />

erwerben durfte zur E<strong>in</strong>richtung se<strong>in</strong>er geplanten Station.<br />

Nach dem Muster <strong>der</strong> Godeffroy Kaufleute ließ Hernsheim jetzt zwei Leute auf <strong>der</strong> Insel zurück, die<br />

künftig von den E<strong>in</strong>geborenen Trepang und Schildpatt gegen europäische Erzeugnisse e<strong>in</strong>tauschen<br />

sollten. Somit entstand 1874 die erste Handels-Nie<strong>der</strong>lassung <strong>der</strong> Firma Hernsheim <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Südsee</strong> als<br />

Konkurrenz gegenüber Godeffroys Unternehmen.<br />

Gew<strong>in</strong>nung von rotem Palmöl


Die Ausdehnung deutscher Handelshäuser auf den Karol<strong>in</strong>en- und Marshall-Inseln ließ jedoch die<br />

spanischen Kolonialherren nicht ruhen, weil Ende des 15. Jahrhun<strong>der</strong>ts Papst Alexan<strong>der</strong> VI. ihnen<br />

diesen Besitz zugesprochen hatte (mit höchst fragwürdiger Kompetenz). Beunruhigt durch die<br />

deutsche Aktivität meldete sich 1875 <strong>der</strong> spanische Gouverneur <strong>der</strong> Philipp<strong>in</strong>en zu Wort und<br />

beanspruchte überraschend Spaniens Hoheitsrechte über die Karol<strong>in</strong>en, wo sowohl <strong>Deutsche</strong> als<br />

auch Briten mittlerweile erfolgreiche Geschäfte betrieben.<br />

Deutschland und England protestierten heftig gegen den spanischen Übermut, woraufh<strong>in</strong> die Spanier<br />

sich kle<strong>in</strong>laut zurückzogen. Ke<strong>in</strong> neuer Papst war bereit, sich nochmals auf die spanischen Besitzansprüche<br />

e<strong>in</strong>zulassen und ihnen Privilegien e<strong>in</strong>zuräumen als treue Söhne <strong>der</strong> römisch-katholischen<br />

Kirche.<br />

Hernsheim wollte mittlerweile se<strong>in</strong>en Handelshorizont wesentlich erweitern und wurde auf die noch<br />

unerforschte melanesische Inselwelt neugierig. Er g<strong>in</strong>g während se<strong>in</strong>er neuen Expeditionen ähnlich<br />

vor wie e<strong>in</strong>st Kapitän Tetens auf den Karol<strong>in</strong>en und richtete so viele Handelsstationen wie personell<br />

möglich unterwegs e<strong>in</strong>, besetzt mit Männern (Agenten) se<strong>in</strong>er Mannschaft. Bis 1877 standen auf fast<br />

allen Marshall-Inseln Stationen des Hamburgers bereit. Jaluit sollte alsbald die Zentrale für sämtliche<br />

Geschäfte bilden. Künftig durften die Besatzungen aller Schiffe Hernsheims aus Ersparnisgründen<br />

(niedrigere Löhne) nur noch mit E<strong>in</strong>geborenen <strong>in</strong> See stechen.<br />

Franz Hernsheim, Eduard Hernsheims älterer Bru<strong>der</strong>, kam aus Hamburg zur Unterstützung <strong>in</strong> die<br />

<strong>Südsee</strong> und festigte das geme<strong>in</strong>same Unternehmen. Eduard widmete sich konzentrierter dem melanesischen<br />

Handelszweig, während Franz Posten bezog.<br />

Die <strong>Handelsherren</strong> Godeffroy und ihre Wurzeln<br />

Johan Cesar VI Godeffroy (<strong>in</strong> dieser Schreibweise) wurde im Juli 1813 <strong>in</strong> Kiel geboren<br />

und starb im Februar 1885 <strong>in</strong> Dockenhuden bei Blankenese. Als Großkaufmann und<br />

bedeuten<strong>der</strong> Hanseat g<strong>in</strong>g er <strong>in</strong> die Geschichte e<strong>in</strong>.<br />

Der Handelsherr entstammte e<strong>in</strong>er hugenottischen Familie, die sich <strong>in</strong> <strong>der</strong> ersten<br />

Hälfte des 18. Jahrhun<strong>der</strong>ts zunächst <strong>in</strong> Berl<strong>in</strong> nie<strong>der</strong>ließ und dann nach Hamburg<br />

übersiedelte. Johan Cesar IV. Godeffroy begründet 1766 e<strong>in</strong> Handelshaus. Der Name<br />

„Joh. Ces. Godeffroy & Sohn“ wurde ab 1806 verwendet. Neben dem Handel <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

<strong>Südsee</strong> befasste sich das Unternehmen später mit Schiffbau, unterhielt e<strong>in</strong>e Ree<strong>der</strong>ei<br />

und beteiligte sich an dem Eisenhüttenwerk Georgs-Marien-Bergwerks- und Hüttenvere<strong>in</strong><br />

<strong>in</strong> Georgsmarienhütte.<br />

Johan Cesar VI. Godeffroy besuchte die Bürgerschule des Kathar<strong>in</strong>eums <strong>in</strong> Lübeck<br />

von 1821 bis 1830 mit se<strong>in</strong>en jüngeren Brü<strong>der</strong>n Gustav und Adolph. Se<strong>in</strong>e Lehrzeit<br />

absolvierte er bei <strong>der</strong> Firma Parish & Co. Der Inhaber Richard Parish war mit Susanne<br />

Godeffroy heiratet, e<strong>in</strong>er Tochter von Peter Godeffroy, Bru<strong>der</strong> des Großvaters. Der<br />

junge Kaufmann ergänzte se<strong>in</strong>e Lehrjahre durch e<strong>in</strong>e Volontärzeit <strong>in</strong> britischen<br />

Handelshäusern.<br />

Ende 1835 trat er <strong>in</strong> die väterliche Firma e<strong>in</strong> und wurde 1837 <strong>der</strong>en Teilhaber. Nach<br />

dem Tod se<strong>in</strong>es Vaters Johan Cesar V. Godeffroy im Juli 1845 übernahm Johan<br />

Cesar VI. Godeffroy die Führung des Hauses und konzentrierte sich Schritt für Schritt<br />

auf das verlockende <strong>Südsee</strong>-Geschäft.<br />

Ursprünglich lebte die Familie Godeffroy <strong>in</strong> La Rochelle (Frankreich) und zählte dort zu<br />

den alten Ratsfamilien <strong>der</strong> Stadt als Ree<strong>der</strong> und Großkaufleute. Ihre Schiffe segelten<br />

bis <strong>in</strong> die Karibik. Nach <strong>der</strong> Aufhebung des Edikts von Nantes Ende des 17.<br />

Jahrhun<strong>der</strong>ts verließen e<strong>in</strong>zelne Angehörige <strong>der</strong> Familie La Rochelle und riefen den<br />

Hamburger Zweig <strong>in</strong>s Leben.<br />

Cesar Godeffroy war das 24. K<strong>in</strong>d (!!!) se<strong>in</strong>er Eltern und e<strong>in</strong>ige Jahre Mitglied <strong>der</strong><br />

französisch-reformierten Geme<strong>in</strong>de zu Amsterdam, ehe er nach Frankfurt an <strong>der</strong> O<strong>der</strong><br />

weiter zog und sich dort dem Handel mit Le<strong>in</strong>en widmete. Se<strong>in</strong> Enkel Jacques Cesar<br />

III. Godeffroy (1706 – 1758) entschloss sich 1737 zum Umzug nach Hamburg.


Die Erfassung aller <strong>in</strong>sularen Erzeugnisse durch den deutschen Handel wurde zur Lebensnotwendigkeit<br />

aller deutschen Firmen im <strong>Südsee</strong>-Geschäft, nachdem die ausländischen Konkurrenten<br />

immer dichter aufkreuzten. Vor allem das australische Handelshaus Kelly & Williams aus Sydney<br />

sowie die neuseeländische Firma Hen<strong>der</strong>son & McFarlane (Auckland) drängten auf den Markt. Der<br />

Brite O`Keef auf Jap versuchte gleichfalls, se<strong>in</strong>en Profit zu maximieren. Auf den Gilbert Inseln<br />

machten sich die amerikanische Firma Wightman Brothers (Sitz Apia auf Samoa) und die ch<strong>in</strong>esische<br />

Unternehmung Ong-Chong (Sitz Sydney) bereit, um die <strong>Deutsche</strong>n zu stoppen.<br />

Die ausländische Konkurrenz wurde aber am wenigsten <strong>in</strong> Jaluit bemerkbar, weil dort die <strong>Deutsche</strong>n<br />

den Ton angaben. Naturgemäß arbeiteten auch die verschiedenen deutschen Handelshäuser als<br />

Konkurrenz <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Südsee</strong>, vor allem Hernsheim und Godeffroy. Ohne Zweifel gelang es Hernsheim &<br />

Co. e<strong>in</strong>e Spitzenposition zu err<strong>in</strong>gen, da beispielsweise A. Capelle & Co. mit farbigen und weniger<br />

zuverlässigen Agenten operierte zum Vergleich. Hernsheim wollte stets nur weiße Repräsentanten im<br />

Inselmarkt e<strong>in</strong>setzen, was sich bezahlt machte dank ihrer unbestechlichen Redlichkeit. Viele Agenten<br />

stammten aus den skand<strong>in</strong>avischen Staaten und hatten oft seemännische Lebenserfahrung.<br />

Kurioserweise gab es e<strong>in</strong>en „Überschuss“ an weißen Männern auf den Inseln <strong>der</strong> <strong>Südsee</strong>, die man<br />

heutzutage wahrsche<strong>in</strong>lich „Aussteiger“ nennen würde. Wohlhabende Häuptl<strong>in</strong>ge leisteten sich häufig<br />

e<strong>in</strong>en dieser Weißen als „persönlichen Ratgeber“ und honorierten solche Dienste sehr großzügig.<br />

Unter diesen Umständen war schließlich das Agenten-Netz <strong>der</strong> Brü<strong>der</strong> Hernsheim so engmaschig<br />

gestrickt auf allen Inseln, dass ausländische Konkurrenz kaum noch e<strong>in</strong>e Chance im Wettbewerb um<br />

die Gunst <strong>der</strong> E<strong>in</strong>geborenen hatte.<br />

Im Jahr 1882 ist e<strong>in</strong>e Gesamterzeugung von 1400 Tonnen Kopra notiert im <strong>Südsee</strong>-Markt. Jede<br />

deutsche Firma lieferte etwa 550 Tonnen Kopra aus, während die Neuseelän<strong>der</strong> sich mit 300 Tonnen<br />

begnügen mussten. Die Kopra-Produktion <strong>der</strong> Marshall-Inseln war demnach fest <strong>in</strong> <strong>der</strong> Hand von drei<br />

deutschen Unternehmen mit Sitz <strong>in</strong> Jaluit. Auch auf den Karol<strong>in</strong>en exportierten die <strong>Deutsche</strong>n viel<br />

mehr als die Briten. Die dortigen deutschen Firmen bearbeiteten 1882 ungefähr 1000 Tonnen Kopra<br />

für ihren Ausfuhrhandel und die Konkurrenten lediglich 300 Tonnen. Führend war <strong>in</strong>zwischen die<br />

<strong>Deutsche</strong> Handels- und Plantagen-Gesellschaft im Kopra Bus<strong>in</strong>ess.<br />

<strong>Deutsche</strong> Händler <strong>in</strong> Palau als E<strong>in</strong>käufer


Weniger erfreulich funktionierte <strong>der</strong> Handel <strong>in</strong> den achtziger Jahren des 19. Jahrhun<strong>der</strong>ts auf den<br />

Gilbert-Inseln. Godeffroy ließ sich sieben Jahre durch den Agenten Grevesmühl vor Ort vertreten, <strong>der</strong><br />

e<strong>in</strong>e Generalagentur leitete. Dieser Mann beschäftigte sich jedoch vornehmlich mit <strong>der</strong> Vermittlung<br />

von Arbeitskräften für die samoanischen Plantagen. Als jedoch Godeffroy se<strong>in</strong>e Firma <strong>in</strong> den Konkurs<br />

schlittern ließ und Grevesmühl e<strong>in</strong> neues Unternehmen gründete, Grevesmühl & Moors genannt,<br />

wurden von <strong>der</strong> <strong>Deutsche</strong>n Handels- und Plantagen-Gesellschaft als Rechtsnachfolger<strong>in</strong> des Hauses<br />

Godeffroy die Nie<strong>der</strong>lassungen auf den Gilbert Inseln zunächst aufgegeben.<br />

Erst anfangs <strong>der</strong> achtziger Jahre errichtete man wie<strong>der</strong> e<strong>in</strong>e Hauptagentur. Nur Hernsheim & Co<br />

betrieb als e<strong>in</strong>ziger <strong>Deutsche</strong>r Handel mit den Gilbert Islands und unterhielt e<strong>in</strong>en regelmäßigen<br />

Schiffsverkehr mit Jaluit. Der Hauptanteil am Export von Kopra lag <strong>in</strong> den Händen <strong>der</strong> ch<strong>in</strong>esischen<br />

Händler Ong-Chong, während Hernsheim 1882 immerh<strong>in</strong> an zweiter Stelle mit 400 Tonnen rangierte.<br />

Insgesamt betrug <strong>der</strong> Kopra-Export <strong>der</strong> Gilbert Inselgruppe jährlich rund 3000 Tonnen.<br />

Die deutschen Unternehmen konnten trotz Schwankungen <strong>in</strong> ihrer Entwicklung stets e<strong>in</strong>e Vormachtstellung<br />

gegenüber den Auslän<strong>der</strong>n <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Südsee</strong> e<strong>in</strong>nehmen. Die beiden dom<strong>in</strong>ierenden deutschen<br />

Firmen kämpften allerd<strong>in</strong>gs erbittert gegene<strong>in</strong>an<strong>der</strong> um Marktanteile wie nie zuvor. Anfangs<br />

konnte sich Hernsheim an die Spitze setzen, vor allem im Jaluit-Umfeld. Im Jahr 1882 exportierte<br />

Hernsheim 1700 Tonnen Kopra gegen 1100 Tonnen <strong>der</strong> Handels- und Plantagen-Gesellschaft (bezogen<br />

auf e<strong>in</strong>en Gesamtexport <strong>in</strong> <strong>der</strong> Region von etwa 3.000 Tonnen Kopra).<br />

In den folgenden Jahren muss aber e<strong>in</strong> Rückgang des Geschäfts <strong>der</strong> Firma Hernsheim zugunsten <strong>der</strong><br />

<strong>Deutsche</strong>n Handels- und Plantagen-Gesellschaft e<strong>in</strong>getreten se<strong>in</strong>, weil die Angaben über <strong>der</strong> Kopra-<br />

Export, die Dr. Stübel im Jahr 1884 an Kanzler Bismarck übermittelte, für die Handels- und Plantagen-<br />

Gesellschaft aus dem Jaluit-Bereich e<strong>in</strong>e Ausfuhr von 1500 Tonnen Kopra nachwies, für die Firma<br />

Hernsheim jedoch nur noch 950 Tonnen. Die Gesamtproduktion ergab jedoch laut Statistik wie<strong>der</strong>um<br />

3.000 Tonnen wie 1882. Somit war die Beteiligung des ausländischen Handels am Export von 200<br />

Tonnen auf 700 Tonnen gestiegen.<br />

Johann C. Godeffroy 1847


Als die Handels- und Plantagen-Gesellschaft später ihre Verträge mit Adolphe Capelle & Co. löste und<br />

wie<strong>der</strong> selbst <strong>in</strong> das mikronesische Geschäft e<strong>in</strong>stieg, wurden die Aktivitäten Hernsheims durch solche<br />

hartnäckige Konkurrenz immer schmerzlicher bee<strong>in</strong>trächtigt. Im Jahr 1888 kam es schließlich zur<br />

Gründung <strong>der</strong> Jaluit-Gesellschaft, welche die Faktoreien <strong>der</strong> <strong>Deutsche</strong>n Handels- und Plantagen-<br />

Gesellschaft und <strong>der</strong> Firma Hernsheim & Co. im Jaluit-Bereich vere<strong>in</strong>igte. Nun saßen die e<strong>in</strong>stigen<br />

Konkurrenten im gleichen Boot.<br />

Schon vor <strong>der</strong> organisatorischen Vere<strong>in</strong>igung hatten die beiden deutschen Handelshäuser immer öfter<br />

kooperiert, wenn es darauf ankam, deutsche Interessen gegen ausländische Bedrohungen zu<br />

verteidigen. Es gab Reibereien mit <strong>der</strong> <strong>in</strong> Mikronesien tätigen Mission <strong>der</strong> Hawaiian Evangelical<br />

Association, die dem American Board for Foreign Missions unterstand. Die gesamte Inselwelt<br />

Mikronesiens von den Gilbert-Inseln bis zu den äußersten Ausläufern <strong>der</strong> Karol<strong>in</strong>en über Ponape<br />

h<strong>in</strong>aus war <strong>in</strong> ihren Wirkungskreis e<strong>in</strong>bezogen.<br />

Weil e<strong>in</strong>er Mission <strong>der</strong> unmittelbare E<strong>in</strong>fluss auf das Seelenheil <strong>der</strong> E<strong>in</strong>geborenen oft wirtschaftliche<br />

Vorteile verschafft, liegt es auf <strong>der</strong> Hand, dass Händler und Missionare fast überall am gleichen Strang<br />

ziehen. Während <strong>der</strong> deutsche Handel auf Tonga die Unterstützung <strong>der</strong> Wesleyan Mission für sich<br />

verbuchen durfte, verhielten sich die Missionare Mikronesiens aber wesentlich reservierter.<br />

Nach Schätzungen exportierten deutsche Handelshäuser im Jahr 1877 <strong>in</strong> Samoa, Tonga, Fiji , Gilbert,<br />

Marshall, New Brita<strong>in</strong>, Ellice (alles Inselgebiete) Erzeugnisse im Gesamtwert von mehr als sechs<br />

Millionen Reichsmark mit e<strong>in</strong>em Kopra-Anteil von etwa 4,5 Millionen Mark. Die <strong>Deutsche</strong>n beherrschte<br />

87 Prozent des Exports von Samoa und Tonga. 79 Prozent aller E<strong>in</strong>fuhren stammten ebenfalls aus<br />

deutschen Quellen.


Godeffroys erste Plantage auf Samoa entstand 1865 und konzentrierte sich auf Baumwolle, weil <strong>der</strong><br />

Amerikanische Bürgerkrieg die Preise für Baumwolle <strong>in</strong> Schw<strong>in</strong>del erregende Höhen trieb. E<strong>in</strong>e zweite<br />

Pflanzung nahe Apia im Jahr 1867 war Kokospalmen gewidmet, die zwischen <strong>der</strong> Baumwolle<br />

gediehen. Weil Kokospalmen erst nach 10 Jahren Erträge liefern, erwies sich die Wechselwirtschaft<br />

mit Baumwolle als s<strong>in</strong>nvoll. 1879 umfassten Godeffroys Baumwolle- und Kopra-Plantagen 4.337 Acres<br />

und boten 1210 Arbeitern e<strong>in</strong>e Existenz.<br />

Obwohl schon 1526 von Garcia die Loaysa entdeckt und <strong>in</strong> den folgenden 250 Jahren von mehreren<br />

Reisenden besucht, wurde die Inselgruppe <strong>der</strong> Marshall Islands erst durch die Forschungsexpedition<br />

<strong>der</strong> beiden Briten Marshall und Gilbert im Jahr 1788 bekannter. Wesentlich später als die<br />

wissenschaftliche Erkundung setzte e<strong>in</strong>e kaufmännische „Eroberung“ <strong>der</strong> zahllosen Inseln e<strong>in</strong>.<br />

1857 eröffnete die amerikanisch-hawaiische Mission ihre erste ‚Station, um Gottes Wort zu<br />

verkündigen und parallel dazu erfolgreich Handel zu betreiben. Drei Jahre danach erschien die<br />

deutsche Firma Stapenhorst & Hoffschläger (Sitz Honolulu, Hawaii) <strong>der</strong>en Repräsentant <strong>in</strong> Jaluit,<br />

Adolph Capelle, sich jedoch bald selbständig machte und schließlich kommerziellen Anschluss beim<br />

großen Handelshaus Godeffroy fand. 1877 rief Eduard Hernsheim e<strong>in</strong>e „Hauptfaktorei“ auf Jaluit <strong>in</strong>s<br />

Leben.<br />

Es gibt ungefähr 350 Marshall Inseln, verteilt über zwei Millionen Quadratkilometer <strong>Südsee</strong> mit 410<br />

Quadratkilometer Bodenfläche. Man unterscheidet e<strong>in</strong>e westliche Kette, die Räliks, und e<strong>in</strong>e östliche,<br />

die Rataks. Man kennt nur niedrige Korallen-Inseln, schmal, lang gestreckt, an <strong>der</strong> Oberfläche von<br />

Korallen-Bruchstücken und e<strong>in</strong>er dünnen Humusschicht, seltener auch von Dünen bedeckt.<br />

Nirgendwo sprudeln Quellen, und das Waser aus gegrabenen Brunnen darf man als nahezu<br />

ungenießbar bezeichnen. Folglich s<strong>in</strong>d die Insulaner überall auf das Sammeln von Regenwasser<br />

angewiesen. Den kaufmännischen Mittelpunkt <strong>der</strong> Marshall Islands bildete das Atoll von Jaluit <strong>in</strong> <strong>der</strong><br />

Rälik-Region mit <strong>der</strong> Haupt<strong>in</strong>sel Jabor: 90 qkm Landfläche, dazu e<strong>in</strong> guter Hafen, ideal für lebhaften<br />

Geschäftsbetrieb.<br />

Die e<strong>in</strong>geborene Bevölkerung schätzte man um 1880 auf 11.000 bis 15.000 Menschen. Se<strong>in</strong>erzeit<br />

urteilten kritische Forschungsreisende: Die ursprünglichen liebenswürdigen Eigenschaften wie Gutmütigkeit<br />

und Gastfreundschaft sche<strong>in</strong>en beim näheren Umgang mit den oft verwil<strong>der</strong>ten<br />

Palmölfässer an Bord e<strong>in</strong>es Seeschiffs


europäischen und amerikanischen Händlern und den ab und zu die Inseln aufsuchenden Walfänger-<br />

Mannschaften allmählich unter dem E<strong>in</strong>fluss des Alkoholmissbrauchs, <strong>der</strong> Habgier, H<strong>in</strong>terlist und<br />

Unzuverlässigkeit verschwunden zu se<strong>in</strong>.<br />

Verträge, zu denen die E<strong>in</strong>geborenen und ihre Häuptl<strong>in</strong>ge unter dem E<strong>in</strong>fluss von reichlich Alkohol<br />

überredet wurden, sowie Unterschriften, die man ihnen entlockte und dann zu Erpressungen ausnutzte,<br />

Übervorteilung durch m<strong>in</strong><strong>der</strong>wertige Handelswaren, all das machte die treuherzigen Insulaner<br />

allmählich misstrauischer und sogar rachsüchtig. Im Jahr 1881 notierte <strong>der</strong> Großkaufmann Hernsheim<br />

sarkastisch <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em Tagebuch: „Die Personalfrage ist hier kaum zu lösen. Brauchbare Agenten mit<br />

Menschenkenntnis, Geschick und F<strong>in</strong>gerspitzengefühl gegenüber den E<strong>in</strong>geborenen s<strong>in</strong>d kaum<br />

irgendwo aufzutreiben. Ich habe eigentlich nur die Auswahl zwischen Dummköpfen und Betrügern“.<br />

Was man über die Seegurke wissen sollte<br />

Die Seegurke (meistens Trepang genannt) erreicht je nach Verbreitungsgebiet e<strong>in</strong>e<br />

Länge zwischen 40 und 90 Zentimeter. Ihr Körper ist walzenförmig und weist e<strong>in</strong>e<br />

muskulöse sowie langgestreckte Form auf. Seegurken besitzen ke<strong>in</strong> Skelett, und es<br />

blieben im Lauf <strong>der</strong> Evolution lediglich Knochenteilchen im Körper übrig. Kräftige<br />

Längs- und R<strong>in</strong>gmuskeln verleihen <strong>der</strong> Seegurke e<strong>in</strong>e gewisse Stabilität. Überdies<br />

durchzieht den Körper e<strong>in</strong> gut entwickeltes Blutgefäß-System.<br />

Ausstülpungen im Enddarm bilden e<strong>in</strong>e primitive Wasserlunge, über die sich die Seegurke<br />

mit Sauerstoff versorgt. Unter Asiaten (vor allem Japanern) gelten Teile <strong>der</strong><br />

Tiere, vor allem die Innereien und Geschlechtsdrüsen, als Leckerbissen.<br />

Im westlichen Teil des Stillen Ozeans f<strong>in</strong>det man die Seegurke am häufigsten. Im<br />

Süden reicht ihr Verbreitungsgebiet bis nach Australien, im Norden bis <strong>in</strong>s südliche<br />

Japan. Seegurken leben vorzugsweise im Niedrigwasser auf sedimentreichem Untergrund<br />

(Korallenriffe, offene Lagunen seewärts).<br />

Die Seegurke ernährt sich ausschließlich durch Sedimente. Auf ihrem Fuß bewegt sie<br />

sich über den Grund des Lebensraums und saugt über den Mundraum Sedimente auf.<br />

Es werden dann organische Stoffe heraus gefiltert zur eigentlichen Ernährung bzw.<br />

Verwertung. M<strong>in</strong>eralische Sedimente scheidet das Tier zuletzt wie<strong>der</strong> aus.<br />

Seegurken vermehren sich getrennt geschlechtlich. Ihre Paarungszeit ist an ke<strong>in</strong>e<br />

bestimmte Jahreszeit gebunden. Die beiden Geschlechter geben Samen und Eier<br />

gleichzeitig ab <strong>in</strong>s Freiwasser. Dadurch kommt es zur Befruchtung. Anschließend<br />

trennen sich die Geschlechter wie<strong>der</strong>. Die aus den Eiern schlüpfenden Larven ernähren<br />

sich re<strong>in</strong> planktonisch.<br />

Quellen<br />

Suchan-Galow, E.: Die deutsche Wirtschaftstätigkeit <strong>in</strong> <strong>der</strong> <strong>Südsee</strong> vor <strong>der</strong> ersten Besitzergreifung<br />

(Hamburg 1940)<br />

Hernsheim, F.: <strong>Südsee</strong>-Er<strong>in</strong>nerungen 1875 – 1880<br />

(Berl<strong>in</strong> 1883)<br />

Treue, W.: Die Jaluit-Gesellschaft auf den Marshall-Inseln<br />

(Berl<strong>in</strong> 1976)<br />

(Stanford 1958)


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