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Montag, 13. August 2012 Olympia 2012<br />
Nummer 187 -Seite 23<br />
Anstoß<br />
Alles ist gesagt und gesendet.<br />
Alles? Nicht genügend gewürdigt:<br />
Mit welch freundlicher<br />
Grandezza, ja königlicher<br />
Würde Betty Heidler, zwischenzeitlich<br />
wie auf einem<br />
Gebetsteppich insich ruhend,<br />
das absurde Spektakel an sich<br />
abtropfen ließ. Ganz groß.<br />
Oder wie Robert Harting über<br />
die Hürden ... nein, nicht<br />
sprang, sondern lief, was die<br />
Grundvoraussetzung für diese<br />
Disziplin ist. Er nahm alle<br />
Hürden sogar im Spezialisten-<br />
Rhythmus bis ins Ziel (was<br />
nicht jeder Zehnkämpfer<br />
kann), und das ohne Einsatz<br />
der flaggenhaltenden Arme.<br />
Erleichtert wurde die sportliche<br />
Demonstration des 130-kg-<br />
Mannes natürlich durch die<br />
niedrigeren Frauenhürden (83<br />
statt 106 Zentimeter).<br />
Montagsthemen<br />
Schlussfeier<br />
Farbenfroher<br />
Ausklang<br />
aktuell ■<br />
historisch ■<br />
literarisch ■<br />
zitierend ■<br />
glossierend ■<br />
Oder Matthias Steiners Unfall:<br />
Solch eine Szene hätte es<br />
noch nie gegeben, heißt es.<br />
Stimmt nicht. Kommt im Reißen<br />
oft vor. Doch wenn die<br />
Hantel nicht exakt fixiert werden<br />
kann, lässt sie der Heber<br />
folgenlos nach hinten wegfallen.<br />
Steiner wollte aber mehr,<br />
als er konnte, ließ nicht los,<br />
weil er der unerbittlichste<br />
Kämpfer der Szene ist. Immerhin:<br />
Auch im Misserfolg lieferte<br />
er wieder eines der prägenden<br />
Bilder von Olympia.<br />
*<br />
Zum Glück schon fast vergessen:<br />
Die unglückselige Sippenhaft-Diskussion<br />
um die<br />
Achter-Ruderin. In einer hochnotpeinlichen<br />
Befragung à la<br />
McCarthy-Inquisition in den<br />
USA der 50er-Jahre musste sie<br />
sich zur Demokratie als Nominierungskriterium<br />
bekennen.<br />
Und was geschieht mit Royalisten?<br />
Oder mit ganzen Staaten,<br />
die weit links oder rechts<br />
vom demokratischen Spektrum<br />
Untaten begehen?<br />
*<br />
»Zielvorgabe«: Der Begriff<br />
gehört ins W. d. U., das Wörterbuch<br />
des Unmenschen. Dass zu<br />
viele Menschen zu viel darüber<br />
diskutieren, liegt erstens daran,<br />
dass man als Medaillenzähler<br />
keine Ahnung haben<br />
muss, um viel Meinung zu verbreiten,<br />
und zweitens, weil das<br />
Aufpassen, Denunzieren und<br />
Bestrafen für Blockwart-Mentalisten<br />
das höchste Lebensglück<br />
bedeutet.<br />
*<br />
Hässlichstes Zitat: »Wir<br />
züchten mehr Karpfen als Delfine.«<br />
Sagt ein Schwimm-Leistungssportdirektor<br />
(nomen est<br />
W.-d.-U.-Omen). Veräppeltstes<br />
Zitat: das der »nicht den Weltfrieden<br />
gefährdenden« Britta<br />
Steffen. Sie sagt auch, und das<br />
offenbart die ganze miese<br />
Laschheit der Schwimm-Versager:<br />
»Es ist nur Sport. Es<br />
geht hier nicht um Leben und<br />
Tod.« –Oh, im Zitat vergriffen.<br />
Das sagt ja der britische Tourde-France-<br />
und Olympiasieger<br />
Bradley Wiggins.<br />
*<br />
Ach ja, die Briten. Konterkarieren<br />
unsere Zielvorgaben, indem<br />
sie ihr Team mit Freizeitsportlern<br />
im Handball oder<br />
Volleyball auffüllen, und dann<br />
hängen sie uns im Medaillenspiegelfechten<br />
so was von ab!<br />
*<br />
Kleiner Tipp für W. d. U.-<br />
Freaks: In der Leichtathletik,<br />
in der fast alle Länder der<br />
Welt auf höchstem Niveau miteinander<br />
konkurrieren, gewinnen<br />
unsere selbstständigen Individualisten<br />
wie Harting oder<br />
Linda Stahl auch ohne eure<br />
graueminenzlichen Zielvorgaben<br />
erfreulich viele Medaillen.<br />
Steckt alle Fördergelder, alle<br />
Leistungspeitschen und alle<br />
Apparatschik-Lust in abseitige<br />
Randsportarten, die in Afrika<br />
oder Asien unbekannt sind<br />
oder mangels Witterung und<br />
Finanzierungsbereitschaft keine<br />
Rolle spielen. Dann klappt’s<br />
wieder mit dem Medaillenspiegel.<br />
Siehe Wintersport.<br />
*<br />
Apropos Linda Stahl: Sieht<br />
aus wie »Signorina Ellettra«<br />
Annett Renneberg aus den<br />
Donna-Leon-Krimis. Aber das<br />
nur am Rande. Zurück zuden<br />
Briten: Wunderbar, diese<br />
Olympia-Atmosphäre! Fast<br />
wie bei unserem Sommermärchen<br />
2006! Wird aber ebenso<br />
schnell vergehen wie damals<br />
die deutsch-türkische Korso-<br />
Verbrüderung. Knurrt der Misanthrop.<br />
*<br />
Und er knurrt weiter: Zur<br />
weltweiten Begeisterung um<br />
Mo Farah fällt ihm das »Nike<br />
Oregon Project« (NOP) ein,<br />
das in dieser Kolumne vor<br />
zwei Jahren ein Thema war.<br />
Der US-Sportmulti Nike hat<br />
in Oregon ein Höhenhaus finanziert,<br />
in dem ein Luftdruck<br />
wie auf 3600 Metern über dem<br />
Meer herrscht und auf Antischwerkraft-Laufbändern<br />
trainiert wird, um nur eines<br />
der Hightech-Mittel im NOP<br />
zu nennen. Bewohner des Höhenhauses<br />
unter anderen: Mo<br />
Farah und Galen Rupp, der als<br />
Weißhäuter nicht minder sensationelle<br />
10 000-m-Zweite.<br />
*<br />
Zum Olympia-Zwiespalt gehört<br />
auch der deutsch-britische<br />
Bahnradfahrer, der das<br />
tat, was asiatische Badmintonspieler<br />
taten, aber nicht mit<br />
Schimpf und Schande verjagt,<br />
sondern als Olympiasieger gefeiert<br />
wurde.<br />
*<br />
Aber schön war’s doch. Ermutigend<br />
auch, dass die Griechen<br />
Licht am Ende des Eurokrisentunnels<br />
sehen. Denn wer<br />
leistete sich die teuerste Repräsentanz<br />
in London, überwiegend<br />
finanziert aus der<br />
staatlichen Lotteriekasse? Genau!<br />
Alles wird gut. (gw)<br />
www.anstoss-gw.de (mit gw-<br />
Blog »Sport, Gott &die Welt«) /<br />
E-Mail: gw@anstoss-gw.de<br />
GOLD FÜR DEUTSCHLAND: Die Hockey-Männer feiern das Final-2:1 gegen Holland.<br />
Olympische Spiele in London /Das Abschlusswochenende<br />
Ein goldener Schlusspunkt<br />
Hockey-Team setzt sich gegen Holland durch –Silber für Spitz –Rogge: »Absolut fabelhafte Spiele«<br />
Mit elfmal Gold, 19-mal Silber und<br />
14-mal Bronze schloss das deutsche<br />
Team die Länderwertung nach 302<br />
Entscheidungen als Sechster ab. Insgesamt<br />
sammelten die Sportler in<br />
der britischen Hauptstadt 44 Medaillen<br />
und damit drei mehr als vor vier<br />
Jahren.<br />
Für Peking-Olympiasiegerin Lena<br />
Schöneborn erfüllte sich imModernen<br />
Fünfkampf die Hoffnung auf erneutes<br />
Edelmetall nicht. Die Berlinerin<br />
belegte am Sonntag im letzten<br />
Wettbewerb der Spiele den 15. Platz.<br />
Für Manuel Fumic waren die Medaillen<br />
im Mountainbikerennen der<br />
Männer auf Rang sieben außer<br />
Reichweite.<br />
Das US-Team hat China wieder als<br />
Nummer eins der olympischen Länderwertung<br />
abgelöst. Die Amerikaner<br />
lagen mit 45 Gold-, 29 Silberund<br />
29 Bronzemedaillen deutlich vor<br />
den Sportlern aus dem Reich der<br />
Mitte (38-27-22). China hatte 2008 in<br />
Peking 51 Olympiasiege gefeiert.<br />
Großbritannien sicherte sich Rang<br />
drei im Medaillenspiegel. IOC-Präsident<br />
Jacques Rogge stellte den London-Spielen<br />
schon vor der Schlussfeier<br />
ein hervorragendes Zeugnis<br />
aus: »Ich bin ein glücklicher und<br />
dankbarer Mann. Es waren absolut<br />
fabelhafte Spiele.«<br />
Als Schlussläufer der jamaikanischen<br />
4x100-Meter-Staffel hatte Supersprinter<br />
Usain Bolt am Samstagabend<br />
den goldenen Hattrick perfekt<br />
(Foto: dpa)<br />
(dpa) Die Hockey-Herren haben für das deutsche<br />
Olympia-Team in London den goldenen Schlusspunkt<br />
gesetzt. Mit dem 2:1-Finaltriumph über die Niederlande<br />
machte die Mannschaft den insgesamt vierten Olympiasieg<br />
nach 1972, 1992 und 2008 perfekt. Mountainbikerin<br />
Sabine Spitz holte am letzten Wochenende Silber und<br />
komplettierte nach Bronze 2004 in Athen und Gold<br />
2008 in Peking ihre olympische Medaillensammlung.<br />
gemacht. Der jetzt sechsfache Olympiasieger<br />
und seine Kollegen ließen<br />
das US-Quartett im Finale klar hinter<br />
sich und sorgten in 36,84 Sekunden<br />
für den vierten Leichtathletik-<br />
Weltrekord der Spiele. Den dritten<br />
hatte zuvor die russische Geherin Jelena<br />
Laschmanowa über 20 Kilometer<br />
aufgestellt.<br />
Der Brite Mo Farah schaffte das<br />
goldene Olympia-Double über die<br />
Langstrecken. Als siebter Läufer gewann<br />
er bei Olympia nach dem Rennen<br />
über 10000 Meter auch über<br />
5000 Meter. Überraschungs-Gold im<br />
Speerwurf ging an Keshorn Walcott<br />
aus Trinidad und Tobago. In der<br />
4x400-m-Staffel holten die Amerikanerinnen<br />
in der drittschnellsten<br />
je gelaufenen Zeit den<br />
Sieg. Das übrige Gold ging<br />
durch Marija Sawinowa über<br />
800 Meter und Hochspringerin<br />
Anna Tschitscherowa an<br />
russische Athletinnen. Im<br />
Marathon siegte Stephen Kiprotich,<br />
der Uganda das erste<br />
Olympia-Gold seit 40 Jahren bescherte.<br />
Die NBA-Stars aus den USA gewannen<br />
wie erwartet die Goldmedaille<br />
im Basketball. Im Finale besiegten<br />
die Amerikaner Europameister<br />
Spanien mit 107:100 und wiederholten<br />
ihren Erfolg von 2008. Auch<br />
Frankreichs Handballer holten zum<br />
zweiten Mal nacheinander Gold. Das<br />
Team um Superstar Nikola Karabatic<br />
siegte im Finale gegen Schweden<br />
mit 22:21.<br />
Brasiliens Fußballer müssen weiter<br />
auf ihr erstes Olympia-Gold warten.<br />
Der fünfmalige Weltmeister verlor<br />
das Finale gegen Mexiko mit 1:2 und<br />
belegte zum dritten Mal nach<br />
1984 und 1988 nur Platz zwei.Volleyball-Gold<br />
sicherte sich Russland. Als<br />
erster Gymnastin gelang es der Russin<br />
Jewgenia Kanajewa, ihren Olympiasieg<br />
zu wiederholen.<br />
Auch Martin Wolfram und Sascha<br />
Klein konnten den deutschen Wasserspringern<br />
im letzten Wettbewerb<br />
in London nicht die erste Medaille<br />
bescheren. Das Duo musste sich im<br />
Wettkampf vom Turm mit den Rängen<br />
acht und zehn zufriedengeben.<br />
Damit blieben die<br />
deutschen Springer wie zuletzt<br />
1988 ohne olympische<br />
Plaketten. Auch die deutschen<br />
Freistilringer gingen<br />
leer aus. Tim Schleicher im<br />
Limit bis 60 Kilogramm und<br />
sein Teamkollege Nick Matuhin<br />
in der Klasse bis 120 Kilogramm<br />
verpassten jeweils den Bronze-<br />
Kampf.<br />
Die erfolgsverwöhnten Kanuten<br />
blieben am letzten Finaltag auf dem<br />
Dorney Lake medaillenlos. Ronald<br />
Rauhe belegte über 200 Meter sowohl<br />
im Kajak-Einer als auch im<br />
Zweier mit seinem Partner Jonas<br />
Ems nur den achten und letzten<br />
Platz.<br />
(dpa) Im Londoner Olympiastadion<br />
hat am Sonntagabend<br />
eine farbenfrohe und musikalische<br />
Abschlussfeier das Ende<br />
der XXX. Olympischen Spiele<br />
markiert. Nach 16Wettkampftagen<br />
mit 302 Entscheidungen<br />
ist das olympische Feuer erloschen.<br />
Die deutsche Fahne trug<br />
der Ruder-Olympiasieger Kristof<br />
Wilke in die voll besetzte<br />
Arena. Wilke hatte in London<br />
Gold mit dem deutschen Achter<br />
gewonnen.<br />
An den Spielen in Großbritannien<br />
hatten Sportler aus<br />
204 Ländern teilgenommen.<br />
Spitzenreiter der Medaillenwertung<br />
wurden die USA mit<br />
46-mal Gold. Deutsche Athleten<br />
standen elfmal ganz oben<br />
auf dem Siegertreppchen. Die<br />
XXXI. Sommerspiele finden<br />
vom 5.bis 16. August 2016 in<br />
der brasilianischen Metropole<br />
Rio de Janeiro statt. GOOD BYE LONDON. (Foto: Reuters)