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Von Lastenträgern und Rohgummisammlern in ... - Golf Dornseif

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<strong>Von</strong> <strong>Lastenträgern</strong> <strong>und</strong> <strong>Rohgummisammlern</strong> <strong>in</strong> Kamerun<br />

von <strong>Golf</strong> <strong>Dornseif</strong><br />

Zwangsarbeit, hohe Sterblichkeit, mangelhafte Ernährung <strong>und</strong> schlechte Behandlung<br />

waren für die Situation der e<strong>in</strong>geborenen Lastenträger <strong>in</strong> Kamerun <strong>und</strong> Ostafrika während<br />

der deutschen Kolonialzeit kennzeichnend <strong>und</strong> gereichten ke<strong>in</strong>em Gouvernement<br />

zur Ehre.<br />

Welche Zustände <strong>in</strong> den Schutzgebieten herrschten, soll im folgenden Beitrag anhand<br />

zahlreicher Dokumentationen geschildert werden am Beispiel Kameruns.<br />

In den Wäldern des südlichen <strong>und</strong> östlichen Kameruns gab es bedeutende Bestände an Wildkautschuk.<br />

Man musste Lianen durchschlagen <strong>und</strong> Bäume fällen, um die begehrte Handelsware den<br />

deutschen Kaufleuten anbieten zu können. Dieser Raubbau führte jedoch alsbald zur Zerstörung der<br />

Naturprodukte, weil ke<strong>in</strong>e Erneuerung möglich war.<br />

Sobald der Zugriff auf Naturkautschuk <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Gebiet sich nicht mehr lohnte, rückten die Aufkäufer <strong>in</strong><br />

das nächste Territorium vor. Schnelle Gew<strong>in</strong>ne standen im Mittelpunkt des Interesses, nicht etwa e<strong>in</strong>e<br />

sachk<strong>und</strong>ige Behandlung der Pflanzenwelt. Vor 1891 exportierten die Handelshäuser, die sich an der<br />

Küste niedergelassen hatten, nur wenig Kautschuk. Sie erwarben das Erzeugnis von den lokalen<br />

E<strong>in</strong>geborenen, die vor allem <strong>in</strong> den Bezirken Kribi <strong>und</strong> Kampo sammelten. Bald musste der Handel<br />

weiter nach Osten verlagert werden.<br />

Um 1895 errichtete die Firma R. & W. K<strong>in</strong>g <strong>in</strong> der Region Mabea e<strong>in</strong>e Zweigfaktorei. Jantzen &<br />

Thormählen hatten <strong>in</strong> Ebea am Lokunje Fluss Wurzeln geschlagen, während Lübke & Woermann ab<br />

Lolodorf ihre Geschäfte betrieben. Woermann gründete 1897 e<strong>in</strong>e Zweigfaktorei <strong>in</strong> Ngulemakong <strong>und</strong><br />

Rand & Ste<strong>in</strong> konzentrierten sich auf Simekoa. Somit wanderte die Gew<strong>in</strong>nung von Naturkautschuk <strong>in</strong><br />

Richtung Bane <strong>und</strong> Bulu.<br />

Aus dem Inhalt<br />

Immer mehr Träger waren nötig<br />

Kolonialwirtschaft im Umbruch<br />

Werber <strong>und</strong> Kommissare kassierten<br />

Erschreckend viele Todesfälle<br />

Menschenraub <strong>und</strong> Razzien der Polizei<br />

1901 orientierte sich der Hauptsammelplatz des Gummihandels an Ebolowa. Bereits Mitte 1901<br />

berichtete Freiherr von Ste<strong>in</strong> über Karawanen, die von Esamesole Kautschuk direkt an die Faktoreien<br />

lieferten, abgesehen von Zwischenhändlern. Die Nachfrage wegen Kautschuk nahm so lebhaft zu,<br />

dass die e<strong>in</strong>heimische Bevölkerung den Bedarf nur noch zu e<strong>in</strong>em ger<strong>in</strong>gen Teil decken konnte. Nun<br />

er<strong>in</strong>nerten sich die Kaufleute an das sogenannte „Trade Back Verfahren“, zuerst um 1902 angewandt:<br />

Neben den ständig tätigen Händlern wurden Schwarze, später auch Europäer, angeheuert, die<br />

Karawanen für Handelszüge <strong>in</strong> das H<strong>in</strong>terland ausrüsteten. Außer den zum Tausch gegen Kautschuk<br />

bestimmten Gütern erhielten solche Karawanen Tauschartikel zur eigenen Verpflegung. Der Händler<br />

präsentierte <strong>in</strong> den Siedlungen des Gummigebietes se<strong>in</strong>e verlockenden Waren <strong>und</strong> förderte dadurch<br />

Habgier <strong>und</strong> Kauflust unter den E<strong>in</strong>geborenen.


Sie mussten jedoch <strong>in</strong> der Regel erst e<strong>in</strong>mal neue Vorräte an Gummi zusammentragen, um<br />

zahlungsfähig zu werden. Inzwischen zog der Händler weiter <strong>in</strong> die nächsten Dörfer, wiederholte dort<br />

die gleiche „Waren-Demonstration“ <strong>und</strong> trieb auf dem Rückweg nach <strong>und</strong> nach sämtliche „Gummi-<br />

Schulden“ e<strong>in</strong>. Die Schlussabrechnung erfolgte an der Küste mit dem jeweiligen Faktorei-Geschäftsführer.<br />

Diese Variante des Hausiererhandels hatte weitreichende Konsequenzen. Immer mehr Lastenträger<br />

<strong>und</strong> Gummisammler sollten zum Zug kommen, doch das Wachstum der kostbaren Beute g<strong>in</strong>g durch<br />

den Raubbau wesentlich zurück. Die Schuldner mussten häufig <strong>in</strong>nerhalb kurzer Zeit große Mengen<br />

Gummi im Tausch gegen die bereits erworbenen Waren beschaffen.<br />

In e<strong>in</strong>em Jahresbericht für 1905/1906 dokumentierte das Gouvernement, dass viele Händler rücksichtslos<br />

operierten <strong>und</strong> nicht vor Erpressungen bei der E<strong>in</strong>treibung ihrer Forderungen zurückschreckten,<br />

sodass „diese Art der Erwerbung von Landesprodukten eher als Raub statt Handel“ zu<br />

charakterisieren sei. Oft war zu beobachten, dass den Dorfbewohnern große Mengen Waren „aufgeschwatzt“<br />

wurden, sodass der Raubbau an der Natur dramatische Ausmaße annahm.<br />

Stationsleiter Sobbe <strong>in</strong> Ebolowa meldete im April 1905, dass der Handel mi Gummi im laufenden Jahr<br />

wahrsche<strong>in</strong>lich e<strong>in</strong>gestellt werden müsse: „Weil die Gew<strong>in</strong>nung des Gummis fast nur durch Raubbau<br />

möglich war <strong>und</strong> zu ke<strong>in</strong>er Zeit <strong>in</strong> geregelten Bahnen verlief, wird Kamerun bald ke<strong>in</strong>e Rolle mehr<br />

spielen“. Trotz alledem blieb Ebolowa e<strong>in</strong> wichtiger Gummistapelplatz für die aus dem Osten <strong>und</strong><br />

Südosten des Schutzgebietes über Ebolowa zur Küste transportierten Erträge.<br />

Ceara Kautschukbaum bei Botanga


Im Jahr 1903 entwickelte sich jedoch die Militärstation Joko zu e<strong>in</strong>em bedeutenden Handelsplatz<br />

sowie Umschlagplatz im Landes<strong>in</strong>neren. Damals zählte Joko erst drei Hauptfaktoreien, doch waren es<br />

1904 schon sechs <strong>und</strong> 1905 sogar neun derartige E<strong>in</strong>richtungen. Somit gelang es den deutschen<br />

Kaufleuten, überdies e<strong>in</strong> weit verzweigtes Netzwerk von Nebenfaktoreien auszubauen, die den<br />

Kautschuk aus den Regionen am Djerem-Wute <strong>und</strong> Baja sowie am Kim <strong>und</strong> Mbam für sich<br />

beanspruchten.<br />

Stabsarzt Dies<strong>in</strong>g von der Station Joko stellte 1904 <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Bericht fest, dass „der Handel <strong>in</strong> se<strong>in</strong>em<br />

Bezirk ungewöhnlich gut floriere“. Diesem Rapport zufolge stammte sogar der Kautschuk, der mit der<br />

Bezeichnung „ Ja<strong>und</strong>e-Kautschuk“ exportiert wurde, <strong>in</strong> Wirklichkeit aus dem Bezirk Joko.<br />

Der Handelsweg des Kautschuks verlief folgendermaßen: Die Nebenfaktoreien leiteten den bei ihnen<br />

abgelieferten Kautschuk an die Zweigfaktoreien am Djerem Fluss weiter. Dort holten die großen<br />

Karawanen das wertvolle Gut ab <strong>und</strong> stellten es den Hauptfaktoreien <strong>in</strong> Joko zu. Ab Joko g<strong>in</strong>g der<br />

Transport weiter über Ja<strong>und</strong>e <strong>und</strong> Edea bis nach Duala bzw. über Ja<strong>und</strong>e <strong>und</strong> Ebolowa nach Kribi.<br />

Allerd<strong>in</strong>gs sagte der Stabsarzt mit Sitz <strong>in</strong> Joko bereits 1904 voraus, dass sich der Raubbau spätestens<br />

<strong>in</strong> zwei Jahren rächen werde.<br />

Es überrascht, dass die deutschen Kaufleute ke<strong>in</strong>erlei Interesse an neuen Anpflanzungen zeigten<br />

(von Gummibäumen). Stabsarzt Dies<strong>in</strong>g <strong>in</strong> Joko fordert e<strong>in</strong>dr<strong>in</strong>glich, dass am Oberlauf des Sanaga<br />

e<strong>in</strong>e Militärstation angelegt werden sollte, um den Raubbau systematisch zu bekämpfen. In se<strong>in</strong>em<br />

Februar-Bericht 1905 registrierte Stationsleiter He<strong>in</strong>icke <strong>in</strong> Joko mit Befriedigung, dass jetzt am Mbam<br />

<strong>und</strong> am Sanaga Fluss die Gummi-Gew<strong>in</strong>nung durch methodisches Anschneiden der Bäume (im<br />

Gegensatz zur bisherigen Praxis des Fällens) beachtliche Fortschritte erkennen lasse.<br />

Die regionalen Häuptl<strong>in</strong>ge wurden immer wieder belehrt <strong>und</strong> aufgeklärt, sowie im Gebrauch des<br />

Gummi-Messers unterwiesen. E<strong>in</strong> Jahr später stellte man im Gouvernement aber fest, dass der<br />

Raubbau erneut zur Gewohnheit geworden war <strong>und</strong> alle Belehrungen nichts fruchteten. Auch <strong>in</strong><br />

späteren Jahren änderte sich nichts.<br />

Immer mehr Träger wurden gebraucht<br />

Im Jahresbericht für 1904/1905 stellt das Gouvernement unter anderem fest, dass die Rekrutierung<br />

von <strong>Lastenträgern</strong> zunehmend Probleme verursachte <strong>und</strong> die Entwicklung des Kautschukhandels<br />

beh<strong>in</strong>derte. Aus der Station Joko war zu vernehmen, dass die Faktoreien große Mengen Gummi im<br />

Busch gelagert hätten, ohne sie abtransportieren zu können.<br />

Faktorei der Firma Jantzen & Thormählen nahe M<strong>und</strong>ame


Zwischen der Verwaltung des Schutzgebietes <strong>und</strong> der Trägerproblematik bestand e<strong>in</strong> enger<br />

Zusammenhang. Kamerun war aufgeteilt <strong>in</strong> Bezirksämter, <strong>in</strong> selbständige Regierungs- sowie<br />

Militärstationen <strong>und</strong> nicht zuletzt auch <strong>in</strong> sogenannte Residenturen. Die erbitterte Konkurrenz der<br />

Handelsunternehmen, wenn es um die Anwerbung von Trägern g<strong>in</strong>g, erregte den Unwillen der Bezirksamtmänner<br />

<strong>und</strong> Stationsleiter, weil man bemüht war, die eigenen Leute im eigenen Bezirk<br />

sesshaft zu machen <strong>und</strong> ihren Abgang zu bremsen.<br />

Ab 1902 erlaubten die Behörden jede Anwerbung von Trägern <strong>und</strong> Plantagenarbeitern durch Agenten<br />

nur dann, wenn die Vermittler über e<strong>in</strong>en Erlaubnissche<strong>in</strong> verfügten. Darauf mussten der Name des<br />

Bezirks, <strong>in</strong> dem die Anwerbung stattf<strong>in</strong>den sollte, <strong>und</strong> die Zahl der gesuchten Arbeitskräfte vermerkt<br />

se<strong>in</strong>.<br />

Bis etwa 1901 stellte die Anwerbung von Trägern ke<strong>in</strong> größeres Problem dar. Nachdem der Yebekolle<br />

Aufstand Anfang 1901 den Gummihandel abgeschreckt <strong>und</strong> vom Bezirk Ja<strong>und</strong>e nach Südosten<br />

gelenkt hatte, stießen die Kaufleute auf umfangreiche Kautschukvorkommen im Südosten, im Süden<br />

<strong>und</strong> im nördlichen Adamaua Hochland. Ke<strong>in</strong> W<strong>und</strong>er, dass nun genügend Träger fehlten.<br />

Im Jahr 1903 weigerte sich die Station Make, der Schutztruppe Träger zu überlassen, weil der<br />

Eigenbedarf sonst gefährdet gewesen wäre. Der Gedanke an e<strong>in</strong>e Zwangsrekrutierung rückte näher.<br />

Im Oktober 1905 schrieb Leutnant Jacob, dass vom 31. Mai bis 22. Oktober mehr als 1700 Träger<br />

rekrutiert worden seien verglichen mit nur 200 Leuten während der gleichen Zeitspanne des Vorjahres.<br />

Jacob räumte e<strong>in</strong>, dass „Gewaltanwendung erforderlich“ gewesen sei. Außerdem sei e<strong>in</strong> Teil<br />

der Träger wegen unzumutbarer Arbeitsbed<strong>in</strong>gungen <strong>und</strong> mangelhafter Versorgung mit Lebensmitteln<br />

verstorben.<br />

Bis Mitte Oktober 1905 war der Druck des Gouvernements <strong>und</strong> der Kaufleute auf die Bulu <strong>und</strong> Sana<br />

Stämme so groß, dass die Bulu sich <strong>in</strong> ihrer Existenz bedroht fühlten. Oberleutnant He<strong>in</strong>icke, Chef der<br />

Station Ebolowa, gab damals zu Protokoll: „Wie mir von e<strong>in</strong>er Reihe e<strong>in</strong>sichtiger Häuptl<strong>in</strong>ge übermittelt<br />

Anschlagen der Rillen mit Hohlmeißel


worden ist, stehen ihre wehrfähigen Männer noch heute auf dem Standpunkt, dass man lieber<br />

kämpfen wolle statt <strong>in</strong>s Njem Gebiet zu gehen...<br />

Träger <strong>in</strong> Njem zu se<strong>in</strong>, hat für die E<strong>in</strong>geborenen zu Recht die Bedeutung e<strong>in</strong>es ziemlich wahrsche<strong>in</strong>lichen<br />

Todes als Folge mangelhafter Versorgung. Dies alles führt zur Unlust, überhaupt Trägerdienste<br />

zu leisten an welchem Ort auch immer“.<br />

Viele Träger flohen, ohne auf den Lohn zu warten, der ihnen am Ende ihrer Dienstzeit ausgezahlt werden<br />

sollte. Die Gewohnheit der Karawanenführer, die entlaufenen Träger sofort durch andere zu ersetzen,<br />

führte zu Spannungen zwischen Karawanen <strong>und</strong> Dorfbewohnern.<br />

Oberleutnant Hirtler aus Jabassi hatte e<strong>in</strong>e Annullierung der Trägerverträge zwischen Kaufleuten <strong>und</strong><br />

dem Häuptl<strong>in</strong>g der Bamun bewirkt. Daraufh<strong>in</strong> zogen die Kaufleute weiter südlich <strong>in</strong> die Gegend von<br />

Bangangte <strong>und</strong> Tonga, um dort Träger abzuwerben oder anzuwerben je nach Lage der D<strong>in</strong>ge.<br />

Im Februar 1907 berichtete Stationsleiter Katzer aus Jabassi von zwei Kaufleuten, die im Gebiet<br />

Bangangte Trägerkarawanen anführten. Ihnen war e<strong>in</strong> Teil ihrer Leute kurz h<strong>in</strong>ter Jabassi entlaufen.<br />

Typische Kautschuk-Lianen


Kurzerhand zwangen die Kaufleute vorüber ziehende Bauern, die Palmkerne zu den Faktoreien <strong>in</strong><br />

Jabassi befördern mussten, ihre Kerne e<strong>in</strong>fach wegzuwerfen <strong>und</strong> die Lasten der Karawane zu übernehmen!<br />

Feldwebel Hartig meldete 1907, dass Karawanen für den Weg von Kribi nach Ebolowa, ungefähr 175<br />

Kilometer, statt der üblichen drei Wochen jetzt fünf Monate benötigt hätten. Für die 77 Kilometer lange<br />

Strecke von Lolodorf nach Ebolowa 23 Tage <strong>und</strong> für die Route zwischen Bewendum <strong>und</strong> Ebolowa 30<br />

Tage. Die Karawanen waren auf die Dörfer angewiesen zur laufenden Verpflegung, doch konnte man<br />

dort mit dem besten Willen nicht länger die ständig zunehmende Zahl der Trägerkolonnen versorgen.<br />

Es kam auch vor, dass Karawanen nicht zahlungsfähig waren, um genügend Proviant unterwegs<br />

e<strong>in</strong>zukaufen. Unter solchen Umständen sträubten sich die Dorfleute immer häufiger, überhaupt<br />

Lebensmittel an Karawanen abzugeben.<br />

Die erbosten Karawanenführer ließen sich diesen passiven Widerstand nicht gefallen <strong>und</strong> organisierten<br />

bewaffnete Überfälle auf die renitenten Dörfer. Aus Lolodorf berichtete Stationsleiter<br />

Leutnant Jacob, dass an den Ja<strong>und</strong>e Straßen e<strong>in</strong> Träger-Anwerber se<strong>in</strong>e 470 verpflichteten Schutzbefohlenen<br />

dadurch verpflegte, daß er sie <strong>in</strong> Gruppen zu jeweils 50 Männern mit Haumessern auf die<br />

Felder der Bauern schickte, um dort zu plündern <strong>und</strong> Essbares zu beschaffen. Auch <strong>in</strong> anderen<br />

Regionen wurde es zur Gewohnheit, Lebensmittel-Raubzüge zu organisieren, damit die Karawanen<br />

nicht hungerten!<br />

<strong>Von</strong> der deutschen Firma GESELLSCHAFT SÜDKAMERUN war zu vernehmen, dass e<strong>in</strong> großes Dorf<br />

mit Namen Luma an der Ja<strong>und</strong>e Straße „sich <strong>in</strong> nichts auflöste“. Was war geschehen? Karawanen der<br />

BREMER WESTAFRIKA GESELLSCHAFT <strong>und</strong> der HAMBURG-AFRIKA GESELLSCHAFT hatten das<br />

Dorf mehrere Wochen besetzt <strong>und</strong> die Bewohner daraus vertrieben. Dann raubten sie alles Hab <strong>und</strong><br />

Gut der E<strong>in</strong>heimischen gnadenlos.<br />

Kochen der Guttapercha Milch


Solche Übergriffe wiederholten sich allerorten, <strong>und</strong> <strong>in</strong> manchen Fällen zündeten die Dorfbewohner ihre<br />

Behausungen selber an, bevor sie <strong>in</strong> den Busch flüchteten (aus Verzweiflung). Aus kolonialpolitischer<br />

Sicht bedeutete das rücksichtslose Verhalten der Karawanen e<strong>in</strong>e ernste Gefahr für jegliche Art von<br />

Befriedung abgelegener Regionen.<br />

Handel <strong>und</strong> Gouvernement gerieten unweigerlich <strong>in</strong> e<strong>in</strong>e Interessen-Kollision. Im Bezirk Ebolowa, wo<br />

der Kautschuk- <strong>und</strong> Elfenbe<strong>in</strong>handel e<strong>in</strong>e große Rolle spielte, erreichten die Missstände e<strong>in</strong> derartiges<br />

Ausmaß, dass die Behörde den Bezirk e<strong>in</strong>ige Zeit für jegliche Handel sperren ließ, um Aufständen<br />

vorzubeugen.<br />

Träger waren durchweg die am schlechtesten bezahlten Arbeiter <strong>in</strong> der Kolonie. Neben ges<strong>und</strong>en<br />

mussten auch kranke Menschen, neben Männern <strong>und</strong> Frauen sogar die K<strong>in</strong>der Trägerdienste leisten.<br />

In e<strong>in</strong>er Aktennotiz des Gouvernements ist nachzulesen: „ Während auf den Plantagen <strong>und</strong> bei Bahnbau<br />

vornehmlich Männer arbeiten, setzt sich e<strong>in</strong> beträchtlicher Teil der Träger jetzt aus Frauen <strong>und</strong><br />

K<strong>in</strong>dern zusammen“. Gouverneur Seitz beobachtete während e<strong>in</strong>er Dienstreise <strong>in</strong> die Südbezirke,<br />

dass mehr als e<strong>in</strong> Drittel der Träger auf dem Weg von Kribi nach Ja<strong>und</strong>e Frauen <strong>und</strong> K<strong>in</strong>der waren.<br />

Schließlich trat das Gouvernement als Beschützer der Dörfer gegen Übergriffe der Karawanen auf.<br />

Vorübergehend wurden bestimmte Gebiete für den Handel <strong>und</strong> die Anwerbung von Trägern gesperrt.<br />

Bis 1907 erfolgte die Entlohnung der Träger <strong>in</strong> Naturalien, also „<strong>in</strong> Produkten, deren Preis der Arbeitgeber<br />

willkürlich festsetzte oder deren Qualität er verwässerte“.<br />

In der Station Ossid<strong>in</strong>ge erhielt zum Beispiel jeder Träger während der Zeit des Lastentransports zwischen<br />

Ossid<strong>in</strong>ge <strong>und</strong> Johann-Albrechts-Höhe für se<strong>in</strong>e Verpflegung je Woche etwa e<strong>in</strong>e Reichsmark,<br />

für das Tragen der Last täglich 50 Pfennige <strong>und</strong> für den Rückmarsch ohne Lasten e<strong>in</strong>schließlich<br />

Blick auf die Station Lolodorf


Proviant 25 Pfennige. Die Station Banyo entlohnte ihre Träger zwischen Banyo <strong>und</strong> Garua mit drei<br />

Reichsmark für die Verpflegung <strong>und</strong> mit vier Reichsmark für den geleisteten Dienst. Die H<strong>in</strong>- <strong>und</strong><br />

Rückreise auf dieser etwa 700 Kilometer langen Strecke dauerte allerd<strong>in</strong>gs fast drei Monate.<br />

Demgegenüber bekamen die Träger im Bezirk Rio del Rey 40 Pfennige für zwei Tagesmärsche <strong>und</strong><br />

25 Pfennige für den Transport über Wasser, der 14 bis 18 St<strong>und</strong>en dauerte, wobei für den Rückmarsch<br />

ke<strong>in</strong>e Vergütung bezahlt wurde.<br />

In e<strong>in</strong>em Protokoll des Vorstands der Vere<strong>in</strong>igung Westafrikanischer Kaufleute vom 15. Januar 1908<br />

ist nachzulesen, dass man beim Gouverneur vorstellig werden wolle: „Die Entlohnung der<br />

E<strong>in</strong>geborenen solle durch Bargeld nur dann erfolgen, falls die E<strong>in</strong>geborenen das ausdrücklich verlangen“.<br />

Die Station Bamenda teilte mit, dass der Trägerlohn <strong>in</strong> ihrem Bezirk sehr niedrig sei, denn die Träger<br />

erhielten für den Rückmarsch (ohne Lasten) gar ke<strong>in</strong>en Lohn, mit Lasten dagegen nur die Hälfte des<br />

für die fragliche Strecke festgelegten Lohns. Der Verpflegungssatz betrug allgeme<strong>in</strong> 10 Pfennige je<br />

Mann <strong>und</strong> pro Tag.<br />

Die Station Dume entlohnte ihre Träger mit 30 Pfennigen je Tagesmarsch. Zum Erwerb der notwendigen<br />

Nahrungsmittel während des Marsches wurde ihnen Salz <strong>und</strong> Tabak (als Tauschartikel)<br />

überlassen. Auch die Leiter der Stationen Dschang, Lomie <strong>und</strong> Garua räumten <strong>in</strong> ihren Berichten an<br />

das Gouvernement die allzu niedrigen Löhne <strong>und</strong> mangelhafte Versorgung mit Lebensmittele e<strong>in</strong>.<br />

Die gewissenlosen Kaufleute nutzten überdies ihre Möglichkeiten, die niedrigen Löhne zusätzlich zu<br />

drücken, <strong>in</strong>dem sie die Preise erhöhten für alle Waren, <strong>in</strong> denen der Lohn bis 1907 ausbezahlt wurde.<br />

Die „Verordnung zur Regelung der Trägerverhältnisse <strong>in</strong> den Südbezirken“ aus dem Jahr 1907 erwähnt<br />

unter anderem:


„Um möglichst viele Träger zu gew<strong>in</strong>nen, wurden denselben auf der e<strong>in</strong>en Seite die höchsten Löhne<br />

versprochen, auf der anderen Seite aber, um die Geschäftskosten möglichst niedrig zu halten,<br />

dieselben wieder bei der Auszahlung durch Abgabe m<strong>in</strong>derwertiger Waren zu hohen Preisen <strong>in</strong><br />

unerhörter Weise gedrückt“.<br />

In e<strong>in</strong>em Protokoll zur Sache hieß es, dass „Träger, denen von den schwarzen Händlern 200<br />

Reichsmark Bargeld versprochen wurde, nach e<strong>in</strong>jähriger Tätigkeit nur e<strong>in</strong>en Lohn von 30 oder 40<br />

Reichsmark erhielten bei spärlicher Verpflegung“. Gouverneur Seitz vermerkte, dass die „Auszahlung<br />

des Lohns zum großen Teil <strong>in</strong> Form von Rum erfolgte“.<br />

Alle diese Missstände h<strong>in</strong>derten das Gouvernement jedoch nicht, die Augen geschlossen zu halten.<br />

Neue Verordnungen zur Verbesserung der sozialen Lage im Trägerberuf blieben fast überall wirkungslos.<br />

Plantagenbau <strong>und</strong> Kolonialwirtschaft im Umbruch<br />

Am 14. September 1887, drei Jahre nach der Gründung Deutsch-Kameruns als Schutzgebiet,<br />

erschien e<strong>in</strong> Artikel <strong>in</strong> der Tageszeitung HAMBURGISCHER CORRESPONDENT, der sich mit dem<br />

Plantagenbau <strong>in</strong> Kamerun ause<strong>in</strong>andersetzte. Der Verfasser wies die damals weit verbreitete Ansicht<br />

zurück, dass die Annektierung Kameruns „alle<strong>in</strong> durch die Interessen des Handels“ motiviert gewesen<br />

sei.<br />

Tatsächlich konnten die Anfänge des Plantagenbaus bis 1884 zurückverfolgt werden, als die Firmen<br />

C. Woermann sowie Jantzen & Thormählen für e<strong>in</strong> paar Fässer Branntwe<strong>in</strong> <strong>und</strong> andere Kle<strong>in</strong>igkeiten<br />

von verschiedenen Häuptl<strong>in</strong>gen Gr<strong>und</strong> <strong>und</strong> Boden erwarben. Im Juli 1885 gründete man <strong>in</strong> Hamburg<br />

die KAMERUN-LAND-UND-PLANTAGEN-GESELLSCHAFT WOERMANN, THORMAELEN UND CO.,<br />

an der 26 Bankherren, Industrielle <strong>und</strong> Großkaufleute beteiligt waren. <strong>Von</strong> 1886 bis 1889 ließen sie <strong>in</strong><br />

den Orten Kriegsschiffhafen <strong>und</strong> Bamba erstmals für Kamerun Kakao- <strong>und</strong> Kaffee-Plantagen anlegen.<br />

H<strong>in</strong>zu kam die TABAKBAU GESELLSCHAFT KAMERUN im Sommer 1888.<br />

Drei Voraussetzungen mussten erfüllt werden, damit sich die Plantagen ausweiten konnten: Innenpolitische<br />

Sicherheit, die Möglichkeit zum Ankauf großer Landflächen <strong>und</strong> genügend Arbeiter zur fortlaufenden<br />

Beschäftigung. Zwischen 1894 <strong>und</strong> 1896 schuf das Gouvernement unter Gouverneur<br />

Aufbereitungsanlagen der Viktoria AG Kamerunberg


Zimmerer sowie Gouverneur Jesco von Puttkamer mit dessen Adjutanten Hauptmann Dom<strong>in</strong>ik die<br />

Gr<strong>und</strong>lage zur totalen Unterwerfung des Terra<strong>in</strong>s am Kamerunberg, das vorzüglich zum Kakao-Anbau<br />

geeignet war <strong>und</strong> von deutschen Kolonisten heiß begehrt wurde.<br />

Über Dom<strong>in</strong>ik urteilte Herr von Puttkamer: „Er hatte gegenüber den Negern das e<strong>in</strong>zig richtige Pr<strong>in</strong>zip<br />

im S<strong>in</strong>n: Sie müssen zu spüren bekommen, dass ich ihr Herr <strong>und</strong> der Stärkere b<strong>in</strong>. Solange sie das<br />

nicht begreifen, müssen sie es halt zu spüren bekommen, <strong>und</strong> zwar ebenso hart wie unerbittlich,<br />

sodass ihnen für alle Zeiten die Auflehnung ausgetrieben wird“.<br />

Die sogenannte Kronland-Verordnung führte den umstrittenen Begriff des „herrenlosen Landes“ e<strong>in</strong><br />

<strong>und</strong> ermächtigte das Gouvernement, die Landbewohner zu enteignen <strong>und</strong> das begehrte Gebiet zu<br />

niedrigen Preisen an die deutschen Kolonisten zu veräußern.<br />

Dank der Kronland-Verordnung verfügte der Gouverneur von Puttkamer, der se<strong>in</strong>e Bew<strong>und</strong>erung für<br />

die Großplantagen der spanischen Inselkolonie Sao Thomé nicht verheimlichte, über das entscheidende<br />

Instrument, um Kamerun <strong>in</strong>nerhalb von knapp drei Jahren zur bedeutendsten Plantagenkolonie<br />

des Deutschen Reichs aufzurüsten.<br />

1898 gehörten die wichtigsten Großplantagen am Kamerunberg beispielsweise<br />

1. der Westafrikanischen Pflanzungsgesellschaft Bib<strong>und</strong>i, weitgehend kontrolliert durch Jantzen &<br />

Thormählen, Dollmann sowie Dr. Oechelhausen mit 13.000 Hektar.<br />

2. der Westafrikanischen Pflanzungsgesellschaft Viktoria mit den wichtigsten Aktionären Dr. Z<strong>in</strong>tgraff,<br />

Douglas, Spengler <strong>und</strong> Bornmüller mit 8.000 Hektar. 1904 verfügte sie bereits über 20.000 Hektar <strong>und</strong><br />

blieb bis 1914 größte Plantagen-Gesellschaft der Kolonie.<br />

3. der schon erwähnten Kamerun-Land-<strong>und</strong>-Plantagen-Gesellschaft (11.000 Hektar) mit den<br />

Vorstandsangehörigen A. Woermann, J.F. Bohlen, J. Thormählen <strong>und</strong> W. Jantzen.<br />

Neben den Großplantagen entstanden mittelständische Gesellschaften <strong>in</strong> e<strong>in</strong>er gewissen f<strong>in</strong>anziellen<br />

Unabhängigkeit. Sie arbeiteten <strong>in</strong> Wirtschaftszweigen, die sie vor der Konkurrenz der Großplantagen<br />

schützten <strong>und</strong> e<strong>in</strong>e gute Rentabilität sicherten. Ab. 1907 gab es die Kamerun-Kautschuk Compagnie<br />

Versandfertige Ölpalmenfrüchte


AG, hervorgegangen aus der Mukonje Pflanzung, dazu die auf Bananenkultur spezialisierte Afrikanische<br />

Fruchtkompagnie GmbH, das Syndikat für Ölpalmenkultur <strong>und</strong> die Hamburg-Kameruner<br />

Tabakbau-Gesellschaft.<br />

Arbeiter aus Nigeria, von der Goldküste <strong>und</strong> aus Liberia stellten das Hauptkont<strong>in</strong>gent der Plantagenarbeiter<br />

während der ersten Pflanzungsphase, obwohl sie nach Auffassung der Unternehmer zu teuer<br />

waren. In e<strong>in</strong>em Bericht der Kamerun-Land-<strong>und</strong>-Plantagen-Gesellschaft stellte der Vorstand unter anderem<br />

fest:<br />

„Wenn wir uns nun auch genötigt gesehen haben, für den Anfang die teuren Accra Arbeiter (Gold<br />

Coast) auf der Plantage zu verwenden, so muss es doch immer unser Bestreben bleiben, die e<strong>in</strong>heimische<br />

Bevölkerung zur Plantagenarbeit heranzuziehen <strong>und</strong> damit sesshaft zu machen, weil wir<br />

damit nicht nur zahlreiche, sondern auch wesentlich billigere Arbeitskräfte gew<strong>in</strong>nen würden...<br />

Wir glauben aber e<strong>in</strong>e befriedigende Lösung dieser Frage nur mit Hilfe des Gouvernements herbeiführen<br />

zu können. Es dürfte sich empfehlen, weil das Gedeihen des Unternehmens zum Teil davon<br />

abhängt, die Kolonialbehörden zu veranlassen, dieser Frage näher zu treten, was sie um so bereitwilliger<br />

tun dürften, da der Erfolg <strong>in</strong> dieser Angelegenheit der ganzen Kolonie zugute kommen würde“.<br />

(Hamburgischer Correspondent vom 14. September 1887)<br />

Man hoffte also, durch Maßnahmen des Gouvernements billige Arbeiter geliefert zu bekommen, freiwillig<br />

oder zwangsweise. Bis 1898 spielten jedoch ausländische Wanderarbeiter e<strong>in</strong>e wichtige Rolle<br />

für die Plantagen. Sie ließen sich leichter anwerben, weil ihnen hoher Lohn geboten wurde.<br />

Gouvernement <strong>und</strong> Arbeiter-Anwerber g<strong>in</strong>gen davon aus, dass e<strong>in</strong> stärkerer E<strong>in</strong>satz der Bevölkerung<br />

auf den Plantagen nur erreicht werden konnte, wenn die Behörden das fehlende Bedürfnis der<br />

E<strong>in</strong>geborenen, Lohnarbeit zu verrichten, durch militärische Rekrutierung ersetzten.<br />

1898 wurde e<strong>in</strong> Abkommen zwischen dem Gouvernement <strong>und</strong> den Plantagen-Gesellschaften geschlossen.<br />

Dar<strong>in</strong> erklärte sich das Gouvernement bereit, zugunsten der Plantagen Arbeiter<br />

anzuwerben, <strong>und</strong> man schuf am 21. November 898 das Amt e<strong>in</strong>es Arbeiter-Kommissars mit folgenden<br />

Aufgaben:<br />

Gouverneur Jesko v. Puttkamer


1. Der Kommissar schließt auf Weisung des Gouvernements oder auf Antrag privater Interessenten<br />

Arbeitsverträge mit den Arbeitern ab.<br />

2. Der Kommissar überweist die angeworbenen Arbeiter den jeweiligen Arbeitgebern <strong>und</strong> zwar jeweils<br />

nach dem Bedürfnis des Gouvernements oder des privaten Unternehmens.<br />

3. Der Kommissar leitet, falls erforderlich, den Transport der Arbeiter aus ihren Heimatdörfern zu den<br />

Arbeitsplätzen sowie den Rücktransport <strong>in</strong> die Heimat.<br />

4. Der Kommissar überwacht die Unterbr<strong>in</strong>gung <strong>und</strong> Behandlung der Arbeiter, die privaten Unternehmen<br />

zugeführt wurden.<br />

5. Der Kommissar hat Beschwerden der Arbeiter wegen Nichterfüllung des Arbeitsvertrages,<br />

schlechter Behandlung oder mangelhafter Verpflegung entgegen zu nehmen <strong>und</strong> zu prüfen.<br />

Der Arbeiter-Kommissar war als Arbeiter-Anwerber an der Anwerbung f<strong>in</strong>anziell beteiligt <strong>und</strong><br />

ke<strong>in</strong>eswegs e<strong>in</strong>e „neutrale Person der Obrigkeit“. Für jeden angeworbenen Mann wurde e<strong>in</strong> Kopfgeld<br />

von zehn Reichsmark gezahlt, das <strong>in</strong> die Tasche des Kommissars floss.<br />

Die Entscheidung des Gouverneurs Jesco von Puttkamer, se<strong>in</strong>e Schutztruppe zur Rekrutierung der<br />

Plantagenarbeiter e<strong>in</strong>zusetzen, dürfte von größter Bedeutung gewesen se<strong>in</strong>. Mit anderen Worten:<br />

Behördlich sanktionierte E<strong>in</strong>führung von Zwangsarbeit!<br />

Puttkamer war sich bewusst, dass e<strong>in</strong>e „friedliche Anwerbung“ ke<strong>in</strong>en Erfolg versprach. So befahl<br />

Puttkamer dem Truppen-Kommandeur von Kramptz, im Fall e<strong>in</strong>es Sieges (gegen rebellische<br />

E<strong>in</strong>geborenenstämme)<br />

1. e<strong>in</strong>en „Friedensvertrag“ mit den Unterlegenen zur Auslieferung von Arbeitskräften zu erzw<strong>in</strong>gen,<br />

2. als Entschädigung die Auslieferung von „Strafarbeitern“ zu fordern,<br />

Plantagen-Unternehmer Dr. Z<strong>in</strong>tgraff


3. die unter dem Stamm der Wute Krieger lebenden Haus-Sklaven mit ihren Familien an die Küste zu<br />

senden! Sie sollten <strong>in</strong> Dörfern neben den Plantagen angesiedelt werden, um jederzeit als Kräfte verfügbar<br />

zu se<strong>in</strong>.<br />

Obwohl solche Behandlung nur für die rebellischen Wute Stämme vorgesehen war, g<strong>in</strong>g die<br />

Schutztruppe <strong>in</strong> den folgenden Jahren auch gegen andere Ethnien auf die gleiche Wese vor, ob sie<br />

sich aufrührerisch verhielten oder nicht. Die Deutsche Plantagengesellschaft begrüßte das spontan.<br />

Somit bildeten Strafarbeiter <strong>und</strong> Kriegsgefangene e<strong>in</strong>en Löwenanteil von Plantagenarbeitern.<br />

Immerh<strong>in</strong> waren bis 1914 mehr als 20.000 E<strong>in</strong>geborene auf den Kameruner Plantagen beschäftigt.<br />

Offiziell gab es bis 1898 lediglich die private Anwerbung im Schutzgebiet. Zwischen 1898 <strong>und</strong> 1913<br />

führte man neben den privaten auch „amtliche“ Anwerbungen mit dem Kommissar durch.<br />

1900 fasste die Zeitung DEUTSCHE REICHSPOST die Entwicklung der Rekrutierung von Arbeitern <strong>in</strong><br />

e<strong>in</strong>em längeren Aufsatz zusammen, gestützt auf eigene Untersuchungen <strong>in</strong> Kamerun. Dar<strong>in</strong> heißt es:<br />

„Seit Dr. Z<strong>in</strong>tgraffs Tod wurde die WAPV von König Garega <strong>in</strong> Bali mit Arbeitern versorgt, wofür<br />

Garega jährlich Geschenke im Wert von 300 Reichsmark erhielt <strong>und</strong> jährlich von e<strong>in</strong>em Beamten der<br />

Pflanzung besucht werden musste. Zuerst wurden die Arbeiter wahrsche<strong>in</strong>lich e<strong>in</strong>igermaßen ordentlich<br />

behandelt, sodass mancher nach Ablauf se<strong>in</strong>er Vertragszeit von e<strong>in</strong>em Jahr nochmals nach<br />

Viktoria kam...<br />

Die Behandlung der Leute wurde aber schlechter <strong>und</strong> Garega sandte vorigen Juli 600 Leute auf nur<br />

vier Monate mit dem Versprechen, dass se<strong>in</strong>e Männer sechs Monate arbeiten müssten, wenn er nach<br />

Ablauf der vier Monate nicht neue Kräfte schicke. Es starben aber viele Leute, was Garega durch<br />

Handelskarawanen erfuhr. Deshalb sandte er ke<strong>in</strong>e neuen Männer“.<br />

Die Verschlechterung der Arbeitsbed<strong>in</strong>gungen <strong>in</strong> den Plantagen hatte Auswirkungen auf die<br />

Rekrutierung der Arbeiter. Die Abhängigkeit des privaten Werbers vom Häuptl<strong>in</strong>g war offenk<strong>und</strong>ig geworden,<br />

was zu neuen politischen Überlegungen beim Gouvernement führen musste.<br />

E<strong>in</strong>er der erfolgreichsten <strong>und</strong> brutalsten Anwerber war der 1907 ermordete Voss. Darüber berichtete<br />

Kaufmann Streutz, Angestellter der Westafrikanischen Gesellschaft, als Augenzeuge:<br />

Hauptmann von Kamptz<br />

Hauptmann Dom<strong>in</strong>ik


„Vor e<strong>in</strong>igen Tagen erschienen hier mehrere Boys, die e<strong>in</strong>en Karab<strong>in</strong>er mit sich führten. Bald darauf<br />

verbreitete sich das Gerücht, dass morgen e<strong>in</strong> Gouverneur e<strong>in</strong>treffe, um Leute anzuwerben. Tatsächlich<br />

tauchte e<strong>in</strong> Weißer auf namens Voss, der für Viktoria Leute suchte, also gar ke<strong>in</strong> Gouverneur war.<br />

Der Voss blieb e<strong>in</strong>en Tag hier <strong>und</strong> zog dann weiter nach Enanga-Eboko...<br />

Am gleichen Tag überbrachte mir me<strong>in</strong> Jagdgehilfe die Nachricht, dass er beobachten konnte, wie<br />

E<strong>in</strong>geborene von Weißen nahe Ngila misshandelt <strong>und</strong> verschleppt wurden. Es waren drei Weiße,<br />

gekleidet wie Soldaten“.<br />

Stationsleiter Krosigk meldete außerdem, dass Voss e<strong>in</strong>ige Tage vorher e<strong>in</strong>en „beliebten Trick“ angewendet<br />

habe im Gebiet von Esum: Er ließ die Weiber des Dorfes ergreifen <strong>und</strong> e<strong>in</strong>sperren bis sie von<br />

ihren Männern gegen Bußgeld freigekauft wurden. Die Männer mussten dann Plantagenarbeiter werden!<br />

Die List, private Anwerber als Soldaten e<strong>in</strong>zukleiden, ist oft genug praktiziert worden, wie Missionare<br />

erzählten. 1913 schrieb Missionar Champod (Station Nyasoso) folgende Beobachtung auf:<br />

„Es traten angebliche Boten der Pflanzungsgesellschaften hier auf, die sich wie Soldaten verkleideten,<br />

<strong>und</strong> den Häuptl<strong>in</strong>gen, die natürlich nicht lesen <strong>und</strong> schreiben konnten, e<strong>in</strong> Stück Papier unter die<br />

Nasen hielten, mit der Behauptung, sie seien im Auftrag des Gouvernements unterwegs, um Arbeiter<br />

anzuwerben...<br />

Ich habe e<strong>in</strong>en solchen Schw<strong>in</strong>dler kennen gelernt, der Dokumente mit sich führte, unterschrieben von<br />

e<strong>in</strong>em Pflanzungsleiter, bestimmt für mehrere Nkosi-Häuptl<strong>in</strong>ge, wobei der Text lautete: „Der Häuptl<strong>in</strong>g<br />

(folgt jeweils e<strong>in</strong> Name) wird ersucht, mir sofort die versprochenen Arbeiter zu schicken!“ Ke<strong>in</strong>er<br />

dieser Häuptl<strong>in</strong>ge hatte irgende<strong>in</strong>en Kontakt mit den erwähnten Plantagen gehabt. Offenbar handelten<br />

die Werber im heimlichen E<strong>in</strong>vernehmen mit e<strong>in</strong>igen Plantagen-Direktoren oder sie fälschten sämtliche<br />

Dokumente auf eigenes Risiko.<br />

Der erwähnte Missionar wusste von üblen Machenschaften mehrerer Plantagen-Chefs zu berichten,<br />

die Häuptl<strong>in</strong>ge zu sich e<strong>in</strong>luden, sie mit Alkohol abfüllten <strong>und</strong> dann „Verträge“ unterzeichnen ließen,<br />

auf 12 Jahre laufend Arbeiter an das Unternehmen zu liefern. Die hilflose Chiefs hatten nicht genug<br />

Männer zur Verfügung <strong>und</strong> schickten deshalb Frauen <strong>und</strong> K<strong>in</strong>der als Arbeitskräfte.<br />

Junge Anpflanzung von Kakao


Amtlicherseits schreckte die Schutztruppe genau so wenig vor Tricks zurück, um Plantagenarbeiter<br />

anzuködern. Nach dem Bericht der Zeitung DEUTSCHE REICHSPOST gab es Fälle von Menschenraub<br />

beim Militär:<br />

„E<strong>in</strong> Oberleutnant, e<strong>in</strong>gesetzt als Arbeiter-Kommissar, wurde <strong>in</strong> die Station Ja<strong>und</strong>e versetzt <strong>und</strong> warb<br />

dort 200 E<strong>in</strong>geborene, die angeblich Lasten zur Küstenstation Kribi befördern sollten. Nach der Ankunft<br />

<strong>in</strong> Kribi wurden die ahnungslosen Träger von Polizeisoldaten umz<strong>in</strong>gelt, <strong>und</strong> e<strong>in</strong> Schiff transportierte<br />

die Männer nach Viktoria zu den dortigen Plantagen als Zwangsarbeiter“.<br />

Der Kaufmann Breckwoldt vermittelte 1913 e<strong>in</strong> drastisches Bild der Zustände im Schutzgebiet<br />

Kamerun: „Die Bezirke bekommen den Auftrag, so <strong>und</strong> so viele Arbeiter zu beschaffen. Dann schicken<br />

die Bezirksamtmänner ihre Polizeisoldaten <strong>in</strong> die e<strong>in</strong>zelnen Dörfer <strong>und</strong> verlangen von den zuständigen<br />

Häuptl<strong>in</strong>gen, dass e<strong>in</strong>e bestimmte Zahl Plantagenarbeiter bereitgestellt werden muss. Aber die<br />

E<strong>in</strong>geborenen weigern sich mitzumachen <strong>und</strong> flüchten mit ihren Familien <strong>in</strong> den Busch. Weil die<br />

Polizisten nicht mit leeren Händen zurückkehren dürfen, wird Gewalt angewendet“.<br />

In e<strong>in</strong>em Bericht aus dem Jahr 1914 heißt es unter anderem: „Der Polizeisoldat teilt dem Häuptl<strong>in</strong>g<br />

mit, dass er sofort so <strong>und</strong> so viele Leute herbei schaffen soll. Daraufh<strong>in</strong> versicherte der Häuptl<strong>in</strong>g,<br />

dass die Männer <strong>in</strong>zwischen weggelaufen seien aus Angst vor der drohenden Zwangsarbeit auf den<br />

Pflanzungen. Zur Strafe werden alle alten Männer des Dorfes als Geiseln verhaftet <strong>und</strong> weggeschleppt.<br />

Manchmal veranstalten die Polizeisoldaten e<strong>in</strong>e Razzia <strong>und</strong> durchstreifen den Busch. Wer<br />

ihnen <strong>in</strong> die Hände fällt, wird mit e<strong>in</strong>em Strick um den Hals festgenommen, gleichgültig ob Männer<br />

oder Frauen <strong>und</strong> Jugendliche. Der Rückmarsch kann jetzt beg<strong>in</strong>nen, denn die Sollzahl ist erfüllt!“<br />

Missionar Schmidt von der Mission Buea meldete 1913 an se<strong>in</strong>e Vorgesetzten: „Oft genug kommt es<br />

vor, dass die Polizeisoldaten zu allen Tag- <strong>und</strong> Nachtst<strong>und</strong>en <strong>in</strong> die Hütten e<strong>in</strong>dr<strong>in</strong>gen, auf den<br />

Feldern e<strong>in</strong>e Razzia vornehmen oder sonstwo die gewünschten Arbeitskräfte e<strong>in</strong>fangen. Die Opfer<br />

werden tüchtig durchgeprügelt <strong>und</strong> danach zu den Plantagen gebracht. Das Wild wird vom<br />

Gouvernement besser geschützt als jeder E<strong>in</strong>geborene. Wer Wild tötet, benötigt e<strong>in</strong>en Jagdsche<strong>in</strong>,<br />

aber die Schwarzen werden ohne Jagdsche<strong>in</strong> erbeutet“.<br />

Anlieferung von Gummi-Milch zur Verarbeitung


Die verhängnisvolle Tatsache, dass der jeweilige Anwerber von Arbeitern saftige Provisionen bezog,<br />

hat ohne Zweifel zur Brutalisierung der Methoden <strong>in</strong> der Kolonie geführt. Für den privaten Anwerber<br />

zählte alle<strong>in</strong> die Höhe des erreichbaren Kopfgelds.<br />

Der Stationsleiter von Ja<strong>und</strong>e notierte: „Die Anwerber leben vom Kopfgeld ihrer Beute-Neger. Sie<br />

bekommen 50 Pfennige je Mann mit unterzeichneter Vertragsverpflichtung (drei Kreuze genügten). 12<br />

Monate Verpflichtung bedeuten zusammen sechs Mark, 18 Monate sogar neun Mark Kopfgeld. Ke<strong>in</strong><br />

W<strong>und</strong>er, dass die Anwerber mit Gewalt vorgehen, um vorteilhaft abzukassieren“.<br />

Bereits 1903 hatte e<strong>in</strong> hoher Kolonialbeamter vermerkt: „Auch für solche angeworbenen Arbeiter, die<br />

bei Ankunft an der Arbeitsstelle alsbald sterben oder entlaufen, s<strong>in</strong>d Kopfgeld <strong>und</strong> Unterhaltskosten zu<br />

entrichten. Für die an Pflanzungen abgegebenen Strafarbeiter s<strong>in</strong>d künftig gleichfalls Kopfgeld sowie<br />

Unterhaltskosten e<strong>in</strong>zuziehen“.<br />

Die Verhältnisse beim Eisenbahnbau waren vergleichbar mit der Plantagenwirtschaft. Die Arbeitszeit<br />

betrug 10 St<strong>und</strong>en täglich, Pausen nicht e<strong>in</strong>gerechnet. Allgeme<strong>in</strong> musste von sechs Uhr früh bis 18<br />

Uhr gearbeitet werden. Bei Überst<strong>und</strong>en <strong>und</strong> Tätigkeiten an Sonntagen war e<strong>in</strong>e Entschädigung zu<br />

zahlen. Krankheitstage wurden nicht als Arbeitstage angerechnet (Arbeiter-Verordnung vom 24. Mai<br />

1909, verkündet im Amtsblatt).<br />

Die Peitsche galt als wichtiges Instrument zur Erreichung des festgesetzten Arbeitspensums. Laut<br />

Arbeiter-Verordnung sollte „den Arbeitern e<strong>in</strong>e allen ges<strong>und</strong>heitlichen Anforderungen entsprechende<br />

Unterkunft <strong>und</strong> Verpflegung sowie bei Krankheit Arzneimittel, Verbandmittel <strong>und</strong> mediz<strong>in</strong>ische Betreuung<br />

frei gewährt werden“. Zum Schutz gegen Platzregen waren Unterstände <strong>in</strong> der Nähe der<br />

Arbeitsorte e<strong>in</strong>zurichten. Für jeweils 25 Arbeiter sollte der Arbeitgeber e<strong>in</strong>en Koch oder e<strong>in</strong>e Köch<strong>in</strong><br />

bereit halten.<br />

In Wirklichkeit wurden alle derartigen Vorschriften kaum oder gar nicht beachtet <strong>und</strong> kontrolliert. 50 bis<br />

100 Männer mussten <strong>in</strong> kle<strong>in</strong>en Unterkünften hausen unter unzumutbaren sanitären Verhältnissen. Ob<br />

das Essen schmeckte oder nicht, es kümmerte niemand. Bereits um 1900 waren die Arbeitsbed<strong>in</strong>gungen<br />

<strong>in</strong> den meisten Plantagen an der Küste so miserabel, dass viele Männer an Seuchen<br />

starben.<br />

Leutnant von Stetten mit se<strong>in</strong>en Polizeisoldaten


Hauptmann Stiebel meldete 1907 dem Gouvernement: „Für den E<strong>in</strong>geborenen <strong>in</strong> Kamerun ist Plantagenarbeit<br />

meist schlimmer als der Tod. Freiwillig kann niemand dazu überredet werden. Die Leute<br />

s<strong>in</strong>d abgemagert, leben <strong>in</strong> primitiven Hütten, bekommen nichts Ordentliches zu essen <strong>und</strong> müssen<br />

von Sonnenaufgang bis Sonnenuntergang schuften bei jeder Witterung“.<br />

Die bereits zitierte Zeitung DEUTSCHE REICHSPOST kommentierte: „Es ist nicht übertrieben, wenn<br />

behauptet wird, dass jährlich 20 Prozent der Arbeiter als Kulturdünger dienen. <strong>Von</strong> 600 Bali-Arbeitern<br />

der WAPV (Plantagen-Gesellschaft) waren nach vier Monaten Arbeit 80 Männer entweder verstorben<br />

oder schwer erkrankt. In der Moliwe-Pflanzung starben zwischen März <strong>und</strong> August 1899 von 200<br />

Arbeitern etwa 25. In den übrigen deutschen Plantagen geht es kaum anders zu.“<br />

Kaufmann Vietor schrieb 1913: „Als ich im Vorjahr <strong>in</strong> Kamerun war, wurde mir berichtet, dass auf der<br />

Tiko-Pflanzung 50 Prozent der Arbeiter <strong>in</strong>nerhalb von sechs Monaten verstorben seien, was die<br />

Direktoren ungeniert zugaben“. (Protokoll des Vorstandes im Vere<strong>in</strong> Westafrikanischer Kaufleute).<br />

Der Abgeordnete Erzberger (Zentrumspartei) im Deutschen Reichstag teilte während e<strong>in</strong>er<br />

Parlamentsdebatte 1914 unter anderem mit: „Ich habe erfahren durch die Pflanzervere<strong>in</strong>igung<br />

Kamerun, dass die Sterblichkeit der Arbeiter geradezu erschreckend ist. In der Viktoria-Pflanzung gab<br />

es 1909 durchschnittlich fast acht Prozent Todesfälle, 1910 waren es fast vier Prozent, dann 1911 fast<br />

10 Prozent, schließlich 1912 wieder 10 Prozent <strong>und</strong> 1913 zuletzt neun Prozent...<br />

Im Fall der Pr<strong>in</strong>z Albrecht Pflanzung verzeichnete man 1912 tatsächlich 27 Prozent Verstorbene unter<br />

den Arbeitern. Mit anderen Worten: e<strong>in</strong> Viertel aller dort tätigen Leute ist tot!“<br />

Missionar Champod berichtete <strong>in</strong> e<strong>in</strong>em Brief an den Missions-Inspektor Lutz über die<br />

Gefangennahme von 160 e<strong>in</strong>geborenen Frauen, die man auf Tabakpflanzungen <strong>in</strong> Njombe brachte.<br />

Als „Vermittler“ diente e<strong>in</strong> gewisser Goldtknecht. Die erwähnten 160 Frauen, die 1913 nach Njombe<br />

transportiert wurden, mussten sich für drei Jahre verpflichten, was man ungewöhnlich nennen darf. Es<br />

zeichnete sich allerd<strong>in</strong>gs ab 1913 e<strong>in</strong>e Tendenz ab, die üblichen Jahresverträge fortan auf drei Jahre<br />

zu verlängern <strong>in</strong> sämtlichen Plantagen.<br />

Erzberger protestierte


Quellen<br />

Ruthman, W.: Die Arbeitsverhältnisse der E<strong>in</strong>geborenen <strong>in</strong> Kamerun<br />

(Hamburg 1943)<br />

Stockhardt, W.: Die Landpolitik des deutschen Reichs <strong>in</strong> Kamerun<br />

(Würzburg 1920)<br />

Hausen, K.: Wirtschaft <strong>und</strong> Kolonialverwaltung <strong>in</strong> Kamerun vor 1914<br />

(Zürich 1970)<br />

Rud<strong>in</strong>, H.: Germans <strong>in</strong> the Cameroons<br />

(New Haven 1938)<br />

Mandeng, P.: Auswirkungen der deutschen Kolonialwirtschaft <strong>in</strong> Kamerun<br />

(Gött<strong>in</strong>gen1972)<br />

Deutsche Kolonie Kamerun: 21.7.1884


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