Verwaltungsentscheid - Gerichte
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<strong>Verwaltungsentscheid</strong><br />
Abteilung:<br />
Rechtsgebiet:<br />
Bildungs- und Kulturdepartement<br />
Bildung<br />
Entscheiddatum: 28.12.2005<br />
Fallnummer: BKD 2005 17<br />
LGVE: 2005 III Nr. 17<br />
Betreff:<br />
Leitsatz:<br />
17. Fachhochschule. Erwahrung der Noten. Rechtsgleichheit. Artikel 8 BV;<br />
Artikel 23 Aufnahme- und Prüfungsordnung der Hochschule für Wirtschaft<br />
Luzern. Das Gleichbehandlungsgebot verlangt von der Prüfungsbehörde,<br />
bei der Erwahrung der Noten die Prüfungsleistungen sämtlicher<br />
Studierender, welche die Prüfung knapp nicht bestanden haben, einer<br />
kritischen Würdigung zu unterziehen und nicht bloss die Leistungen jener,<br />
für welche sich ein Dozent oder eine Dozentin einsetzt.<br />
Rechtskraft:<br />
Diese Entscheidung ist rechtskräftig.<br />
Bemerkungen:
Entscheid:<br />
6. In der Hauptsache kritisiert die Beschwerdeführerin, dass ihre nur knapp ungenügenden Leistungen an<br />
der Notenkonferenz nicht besprochen worden seien. Einem Mitstudenten mit ähnlichem Notenbild habe man<br />
die Noten angehoben und die Vorprüfung als bestanden erklärt. Es sei nicht nachvollziehbar, in welchen<br />
Fällen eine Anhebung der Noten in Erwägung gezogen werde. Dazu hält die Vorinstanz fest, aufgrund des<br />
gesamten Notenbildes habe sich eine Diskussion über die ungenügenden Prüfungsleistungen der<br />
Beschwerdeführerin nicht aufgedrängt. Ihre Noten hätten sich zwischen 3 und 5 bewegt. Die Dozentinnenund<br />
Dozentenkonferenz habe keinen Anlass gesehen, auf die ungenügende Prüfungsleistung der<br />
Beschwerdeführerin einzugehen oder diese gar nach oben zu korrigieren.<br />
6.1 Aus dem Protokoll der Notenkonferenz vom 5. Oktober 2004 ist ersichtlich, dass die Konferenz jeweils<br />
nur auf Antrag eines Dozierenden über ungenügende Leistungen abstimmte. Befürwortete die Mehrheit der<br />
betroffenen Dozierenden die Korrektur der ungenügenden Note, wurde diese angehoben und die Vorprüfung<br />
als bestanden erklärt. Ferner geht aus dem Protokoll hervor, welche Studierenden des Diplomstudienganges<br />
Wirtschaftskommunikation (Klassen 11-14) die Vorprüfung bestanden haben und welche nicht. Dem<br />
Protokoll ist ausserdem zu entnehmen, bei welchen Studierenden über ungenügende Noten abgestimmt<br />
wurde. Nicht erkennbar ist, nach welchen Kriterien ungenügende Noten nochmals besprochen und allenfalls<br />
angehoben wurden. So wurde zum Beispiel bei Studierenden (einer anderen Klasse als derjenigen der<br />
Beschwerdeführerin) mit drei ungenügenden Noten in der Fächergruppe 2 und einem ungenügenden<br />
Durchschnitt die Noten in zwei Fächern angehoben. Die Leistungen der Beschwerdeführerin hingegen<br />
wurden nicht thematisiert.<br />
6.2 In der Stellungnahme vom 9. November 2004 gab die Vorinstanz das Notenbild der Beschwerdeführerin<br />
als Grund dafür an, dass die Notenkonferenz auf deren ungenügende Prüfungsleistungen nicht eingetreten<br />
sei. Auf telefonische Rückfrage des instruierenden Rechtsdienstes hin erklärte die Vorinstanz ausserdem,<br />
bei einer Anhebung von ungenügenden Leistungen würden neben dem Notenbild auch die Motivation, das<br />
Engagement und das Potenzial einer studierenden Person berücksichtigt. Aus dem Protokoll der<br />
Notenkonferenz sind die Einzelheiten der Überprüfung und die Anwendung dieser Kriterien jedoch nicht<br />
ersichtlich. Es muss davon ausgegangen werden, dass über die Beschwerdeführerin an der Dozentinnenund<br />
Dozentenkonferenz nicht diskutiert wurde. Das Notenbild der Beschwerdeführerin unterscheidet sich<br />
indes nicht wesentlich von demjenigen eines Mitstudenten, dessen Noten anlässlich der Notenkonferenz<br />
angehoben wurden. Es ist daher zu prüfen, ob die Beschwerdeführerin rechtsungleich behandelt wurde.<br />
6.3 Der Grundsatz der Rechtsgleichheit kommt sowohl in der Rechtsetzung wie auch in der<br />
Rechtsanwendung zum Tragen. Die rechtsanwendenden Behörden werden durch die Bindung an die<br />
Rechtsnormen zu rechtsgleichen Entscheiden angehalten. Es gibt jedoch Erlasse, welche unbestimmte<br />
Rechtsbegriffe enthalten oder der Behörde einen Ermessensspielraum einräumen. Die Behörde hat in<br />
diesen Fällen eine Praxis zu entwickeln, nach welcher alle gleich gelagerten Fälle zu den gleichen<br />
Entscheiden führen. Dabei sollen die Entscheidungskriterien nicht willkürlich, vielmehr sachlich und objektiv<br />
nachvollziehbar sein. Beim eigentlichen Prüfungsentscheid bleibt gestützt auf die anwendbaren Erlasse<br />
wenig Spielraum für eine rechtsungleiche Rechtsanwendung. In der Regel ist sehr genau vorgegeben, bei<br />
welcher Punktezahl oder Notensumme die Prüfung als bestanden beziehungsweise als nicht bestanden gilt.<br />
Ausnahmen bilden Prüfungsreglemente mit Bandbreitenregelungen beziehungsweise Prüfungsreglemente,<br />
die bei Leistungen knapp unter der Bestehensnorm der entscheidenden Behörde einen Ermessensbereich<br />
eröffnen. Besteht ein solcher Ermessensbereich hat die entscheidende Behörde eine Praxis zu entwickeln<br />
und dabei zu bestimmen, welche Kriterien wie zu gewichten und zu bewerten und damit für den<br />
Prüfungserfolg entscheidend sind (vgl. Marcel Koller, Was heisst "faire Prüfung", St. Gallen 2001, S. 41ff.).<br />
6.4 In Artikel 23 der Aufnahme- und Prüfungsordnung der Hochschule für Wirtschaft (HSW) Luzern wird<br />
definiert, wann die Vorprüfung nach dem ersten Studienjahr bestanden ist. Die Bestimmung enthält keine<br />
Bandbreitenregelung, welche Abweichungen zulassen würde. Die Dozentinnen- und Dozentenkonferenz hat<br />
sich daher grundsätzlich an die von den Dozierenden festgesetzten Prüfungsnoten zu halten. Die<br />
nachträgliche Anhebung von Noten im Rahmen der Notenkonferenz ist in der Aufnahme- und<br />
Prüfungsordnung nicht vorgesehen, entspricht aber offensichtlich einer bisher unangefochten gebliebenen<br />
Praxis der HSW Luzern. Diese Praxis kann, muss aber nicht zwangsläufig der Aufnahme- und<br />
Prüfungsordnung widersprechen.<br />
Die Dozentinnen- und Dozentenkonferenz hat gemäss Artikel 9 Absatz 2b der Aufnahme- und<br />
Prüfungsordnung der HSW Luzern über das Bestehen der Vordiplom- und der Diplomprüfungen, die<br />
entsprechenden Gesamtnoten und die Diplomierung zu entscheiden. Sie erwahrt somit die einzelnen
Prüfungsnoten, was einerseits das Zusammenfügen der einzelnen Prüfungsnoten zu einem Gesamtergebnis<br />
und andererseits die Würdigung dieses Gesamtergebnisses beinhaltet, um Zufallsentscheide oder<br />
stossende Endergebnisse zu vermeiden. Diese Aufgabe berechtigt die Dozentinnen- und<br />
Dozentenkonferenz nicht zu einer eigenständigen Anhebung von Noten. Sie berechtigt die Dozentinnen- und<br />
Dozentenkonferenz jedoch zu einer Überprüfung der Notengebung und im Rahmen dieser Überprüfung zur<br />
Anhebung von Noten. Bestehen Studierende die Vorprüfung nur knapp nicht, weil ihnen beispielsweise in<br />
verschiedenen Fächern abgerundet worden ist, hat die Dozentinnen- und Dozentenkonferenz das Ergebnis<br />
zu überprüfen und die Leistungen einer Gesamtwürdigung zu unterziehen. Mit den beteiligten Dozierenden<br />
ist zu beraten, ob das ihnen zustehende Ermessen bei der Notengebung ausgeschöpft worden ist und dem<br />
Endergebnis entspricht. Besteht bei den einzelnen Aufgaben noch ein Beurteilungsspielraum, sollen die<br />
einzelnen Prüfungen von den Dozierenden noch einmal korrigiert und gegebenenfalls mit einer höheren<br />
Note bewertet werden. Entscheidend ist, dass auch diese höhere Note sachlich gerechtfertigt ist und nicht<br />
sachfremd auf Druck der Dozentinnen- und Dozentenkonferenz oder gar von dieser selber gesetzt wird. Um<br />
künftig rechtsungleiche Behandlungen von Studierenden zu vermeiden, sollte die Vorinstanz einheitliche<br />
Kriterien definieren, in welchen Fällen an der Notenkonferenz über ein ungenügendes Prüfungsergebnis<br />
noch einmal beraten und damit der den Dozierenden zustehende Ermessenspielraum bei der Notengebung<br />
erneut geprüft wird.<br />
7. Vorliegend ist zu beanstanden, dass die Vorinstanz das Gesamtergebnis der Prüfungsleistungen der<br />
Beschwerdeführerin keiner kritischen Würdigung unterzogen hat. Dazu kommt, dass Leistungen von<br />
Studierenden mit einem schlechteren Notenbild als demjenigen der Beschwerdeführerin anlässlich der<br />
Notenkonferenz angehoben worden sind. Dass die nur knapp ungenügenden Prüfungsleistungen der<br />
Beschwerdeführerin an der Notenkonferenz nicht zumindest besprochen worden sind, ist rechtsungleich und<br />
willkürlich. Die Verwaltungsbeschwerde ist deshalb gutzuheissen, und die Angelegenheit ist unter<br />
Berücksichtigung der Erwägungen zum neuen Entscheid an die Vorinstanz zurückzuweisen (§ 140 Abs. 2<br />
VRG). Bei ihrem neuen Entscheid hat die Vorinstanz insbesondere die Notengebung in der Fächergruppe 2<br />
zu überprüfen beziehungsweise dazu mit den Dozierenden Rücksprache zu nehmen. (Bildungs- und<br />
Kulturdepartement, 28. Dezember 2004)