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BLUFF EUROPE - deutschsprachig - Compilation

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gnuf_guy.qxd:<strong>BLUFF</strong>_OCT07 11/10/07 13:59 Page 60<br />

PRO-SPEKTIVE<br />

PRO-FILE<br />

Kölner Fisch unter<br />

internationalen<br />

Haien<br />

WSOPE in London<br />

Dlles wohl vorbereitet<br />

fahre ich mit dem Taxi<br />

zum Flughafen. Am<br />

Ticketschalter kommt<br />

die erste Überraschung:<br />

30 Minuten vor Abflug<br />

ist der Check-in bereits<br />

geschlossen. Die weiteren Flüge am Tag sind<br />

überbucht und man müsse noch weiterfliegende<br />

Gäste mitnehmen. Hm, was nun? Den<br />

Termin in London absagen, vielleicht nach<br />

Köln verlegen? Die Airline wechseln? Die<br />

überraschende Wende kommt, als ich mit<br />

einem Ticket von British Airways am<br />

Schalter von Austrian Airlines stehe um<br />

meine Buchung zu stornieren. Dieselbe<br />

Mitarbeiterin, die mir noch Minuten zuvor<br />

sagte, dass alle Flüge ausgebucht und nichts<br />

zu machen sei telefonierte kurz, und wer<br />

60<br />

<strong>BLUFF</strong> <strong>EUROPE</strong> NOVEMBER 2007<br />

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PRO-SPEKTIVE<br />

hätte es gedacht - plötzlich war doch noch ein<br />

Platz auf der nächsten Maschine frei.<br />

Thistle Hotel Marble Arch, den Termin zum<br />

Essen hatte ich wegen meiner Verspätung<br />

verpasst. Kurzum, machte ich es mir an der<br />

Bar gemütlich und wartete auf meine<br />

Gesprächspartner – Anna Chrona und das<br />

neue deutsche Poker Team des skandinavischen<br />

Unternehmens Gnuf. Seit dem<br />

Sommer macht Gnuf auf sich aufmerksam,<br />

und will binnen der nächsten drei Jahre mit<br />

zu den führenden Online-Kasinos in Sachen<br />

Gambling und Poker zählen. Das sind hohe<br />

Ziele, die sich die einstigen Mitarbeiter von<br />

OnGame gesetzt haben. Ziele, die sie gezielt<br />

und strategisch verfolgen: etwa mit einem<br />

deutschen Poker Team. Dem<br />

Team, dass gleich bei seinem<br />

ersten offiziellen Auftritt in<br />

Bregenz auf sich aufmerksam<br />

machte: mit einem Sieg<br />

von Andreas Krause bei der<br />

Bodensee<br />

Poker<br />

Championchip (beim ¤ 300<br />

No Limit Hold’em). Und das<br />

man sich inmitten dieser<br />

Pros richtig wohl fühlen<br />

kann, weiß Marco Hoffend<br />

zu erzählen.<br />

Marco Hoffend ist 32 Jahre<br />

alt, verheiratet und kaufmännischer<br />

Angestellter bei<br />

DEKA, einem Fachhandel<br />

für Bürokommunikation. Er<br />

selbst, so betonte er, komme<br />

aus Pulheim, einer kleinen<br />

Stadt mit knapp 55.000<br />

Einwohnern nordwestlich<br />

von Köln. Zum ersten Mal<br />

gepokert habe er schon früh<br />

– „Ich glaube, das war in der<br />

Schule. Wie die meisten von<br />

uns …“ (Marco schaute mich<br />

erwartungsvoll an. Ich stimmte zu.) Er habe<br />

damals mit ein paar Freunden Five Card<br />

Draw gespielt. „Doch das ist lange her“ und<br />

eigentlich nicht der Rede wert, so Hoffend.<br />

Richtig aktiv spielt er jetzt seit knapp zwei<br />

Jahren. Er hat damals durch Freunde von<br />

Texas Hold’em gehört, es einfach ausprobiert<br />

und Gefallen an dem Spiel gefunden. (Marko<br />

lacht.) Er meinte, dass er anfangs rein intuitiv<br />

gespielt habe. Irgendwann habe er sich<br />

dann sein erstes Buch über Pokern gekauft<br />

und von den Odds und den Outs gelesen.<br />

Marco fing an zu rechnen und verlagerte<br />

sein intuitives Spiel mehr und mehr in eine<br />

strategische Spielweise. Seine Aktionen<br />

waren geplant, verfolgten ein Konzept. Der<br />

Erfolg und der Spaß am Poker nahm zu und<br />

es dauerte nicht lange, bis er sich regelmäßig<br />

günstige Möglichkeiten suchte, um sich mit<br />

Von einem<br />

der Auszog<br />

und die<br />

Profis das<br />

Fürchten<br />

lehrte. Doch<br />

Pokergott<br />

lehrte ihn<br />

selbst das<br />

Fürchten.<br />

anderen zu messen: etwa in Kasinos oder bei<br />

offiziellen Veranstaltungen. Er spiele „aber<br />

nur um kleine Mäuse,“ versicherte Marco.<br />

Und das in London?<br />

Das er jetzt ausgerechnet den Weg nach<br />

London gefunden hat, und dort im Main<br />

Event des mit £ 10.000 Buy-in ausgeschriebenen<br />

Turniers mitspielen durfte, verdankt<br />

Hoffend seinem Freund, der den<br />

Veranstaltern der GPPA von seinem gewonnen<br />

und wieder verlorenen EPT-Ticket<br />

erzählt hatte. Erst gewonnen und dann verloren.<br />

Nicht ganz, doch letzten Endes war es<br />

dem 32-jährigen nicht vergönnt bei dem<br />

internationalen EPT-Turnier in Barcelona<br />

mitzuspilen. Nun wusste aber die GPPA<br />

davon. Die Initiatoren um<br />

Christian Toboc nahmen<br />

sich der Sache an, setzten<br />

sich mit ihrem Haupt-<br />

Sponsor Gnuf zusammen<br />

und entschieden: Marco<br />

Hoffend die Teilnahme am<br />

Main Event der WSOPE in<br />

London zu ermöglichen. Die<br />

Teilnahme an der ersten<br />

World Series of Poker außerhalb<br />

von Las Vegas.<br />

Und da saßen wir nun mitten<br />

in London nur wenige<br />

Minuten vom Hyde Park entfernt,<br />

gleich um die Ecke des<br />

privaten Kasinos „The<br />

Sportsman“, wo Marco am<br />

zweiten Tag des Main-<br />

Events in das Geschehen<br />

eingegriffen hatte. Sein Ziel<br />

war es, möglichst tight zu<br />

beginnen, einfach erst einmal<br />

abzuwarten. Er wollte<br />

den zweiten Tag erreichen, -<br />

und hier und da einen der<br />

ganz Großen mit am Tisch<br />

sitzen haben. Mit dem einen oder anderen<br />

vielleicht ein paar Worte wechseln, einfach<br />

ein wenig internationale Pokerluft schnuppern.<br />

Und um in dieser großen Kulisse bei<br />

der Stange zu bleiben und nicht abzuheben,<br />

war es nur gut, dass Marco nicht alleine in<br />

London war. Dass seine Gastgeber internationales<br />

Know-How mitbrachten und ihm<br />

Gelassenheit vermittelten. Ihn aufbauten.<br />

Ihm Selbstvertrauen schenkten. Ihn auf den<br />

Wegen seines ersten großen Turnieres so gut<br />

wie möglich betreuten: Allen voran Christian<br />

Toboc und Andreas Krause. „Die Beiden zeigten<br />

überhaupt keine Starallüren.“ Gaben<br />

Marco Tipps und beobachteten soweit es<br />

ging sein Spiel. Und das hatten sie sich im<br />

Kasino „The Sportsman“ anders vorgestellt.<br />

Der Cardroom lag unten im Keller. Nach<br />

der Registrierung am Check-in musste man<br />

eine Treppe herabsteigen und gelangte in<br />

einen vielleicht 150 Quadratmeter großen<br />

Raum, vollgestellt mit Pokertischen.<br />

Außerdem, so hieß es, war dies das einzige<br />

Kasino, in dem Medienvertreter offiziell<br />

zugelassen waren. Neben den Organisatoren<br />

und Spielern waren zwei Kamerateams und<br />

zwei Masseurinnen im Innern des voll<br />

besetzten Cardrooms. Teammitglieder und<br />

Zuschauer mussten sich dicht gedrängt mit<br />

einem Stehplatz an dem engen Durchgang<br />

begnügen.<br />

Marco Hoffend nahm gegen 14 Uhr an<br />

Tisch 30, Sitz sieben Platz. Direkt mit der<br />

ersten Hand hatte er Under the Gun sitzend<br />

ein Pocket-Paar Siebener erhalten. Hätte er<br />

auch nur annähernd geahnt, dass diese zwei<br />

Karten zu den Besten zählen sollten, die er<br />

an diesem Tag erhalten würde – er hätte sie<br />

sicher gespielt. So aber musste Marco sich<br />

wie in der ersten Hand die meiste Zeit mit<br />

der Rolle eines Statisten begnügen. Der<br />

Pokergott hatte einfach kein Nachsehen mit<br />

ihm. Während die Stakes der anderen am<br />

Tisch wuchsen, standardisierte er seine<br />

Aktion: „Fold“. Dem Umstand, dass er hier<br />

und da dann doch einen kleinen Move machte,<br />

misst Marko im Nachhinein keine großen<br />

Bedeutung bei. „Bis auf AK und einmal<br />

Pocket 10er hatte ich in gut acht Stunden<br />

keine akzeptable Hand vorzuweisen,“ erzählte<br />

er später. Und als er dann mit einem Nuts<br />

Flush nach dem Turn gegen ein Full House<br />

auf dem River verliert, verbleiben ihm, etwa<br />

eine Stunde vor dem Dinner Break, nur noch<br />

wenige Chips. Der Pokergott war ihm an diesem<br />

Tage einfach nicht hold. Denkbar ist,<br />

dass andere, die auf dem River dann doch<br />

noch einen 4 Outer treffen und gewinnen,<br />

den Pokergott zu stark für sich beanspruchten.<br />

Ja, und dass er mit knapp acht Stunden<br />

länger im Turnier verblieb als sein ‚Vorbild’<br />

Andreas Krause vom Team Gnuf, konnte<br />

Marcos Enttäuschung nicht wirklich verdrängen.<br />

Rückblickend meint er, dass er mit<br />

den ganzen Jungen am Tisch vielleicht etwas<br />

zu passiv gespielt habe. So bleibt für ihn nur<br />

die Hoffnung und der Wunsch danach, sein<br />

eigenes Spiel weiter zu verbessern und vielleicht,<br />

auch wenn es nicht die WSOP(E) sein<br />

muss, bald mal wieder ein etwas größeres<br />

Turnier zu spielen. Vielleicht in Aachen oder<br />

in Duisburg, gemeinsam mit Eddy Scharf an<br />

einem Tisch. Der Kölner Poker-Profi ist in<br />

beiden Spielbanken ein gern gesehener Gast.<br />

Gefragt nach seinen nächsten Zielen<br />

erzählt Marco, dass er jetzt erst einmal wieder<br />

die kleinen Kölner Turniere besuchen<br />

wird. Die spielen da zurzeit eine Serie, bei<br />

der es rund 250.000 Euro zu gewinnen gibt.<br />

„Nicht in Form von Barem, sondern in Form<br />

eines Poker-Profivertrages bei Gnuf.<br />

Bluff Europe - <strong>deutschsprachig</strong> NOVEMBER 2007 <strong>BLUFF</strong> <strong>EUROPE</strong> 61


PRO-SPEKTIVE<br />

BODENSEE NATIONS CUP<br />

Pokerfieber<br />

in Bregenz<br />

Sechs Freunde sollt ihr sein. Eintreten<br />

für eine gemeinsame Sache, für Lob<br />

und Ehren spielen, für eine nationale<br />

Sache. Das dabei das Geld nicht ganz<br />

nebensächlich war – logisch.<br />

Der Pot betrug: € 57.000<br />

Bluff Europe - <strong>deutschsprachig</strong> JANUAR 2008 <strong>BLUFF</strong> <strong>EUROPE</strong> 51<br />

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PRO-SPEKTIVE<br />

BODENSEE NATIONS CUP<br />

Vier Teams waren vom 3. bis zum<br />

6. Dezember angetreten, vier<br />

Mannschaften,je eine aus der<br />

Schweiz, Deutschland, Italien<br />

und Österreich: vier Nationen<br />

an der Zahl, die um den ersten Titel des<br />

Bodensee Nationscup spielten. Pro Team<br />

waren sechs Spieler am Start. Spieler, die allesamt<br />

national wie international in den letzten<br />

Jahren und Monaten auf sich aufmerksam<br />

gemacht hatten. Spieler, die von ihren<br />

Spielführern in die unabhängigen nationalen<br />

Teams bestellt wurden. Mit dabei unter<br />

anderem Stefan Rapp (A), Andreas Krause<br />

(D), Rino Mathis (CH) oder Bruno Stefanelli<br />

(I) – die vier zogen in Bregenz als Spielführer<br />

an die Tische, hielten im Dreiländereck,<br />

bildlich gesprochen, die Fahne für ihr Land<br />

in den Wind. Als Leader und Coach zugleich<br />

benannte jeder von ihnen fünf weitere<br />

Spieler für ihr Team – Spieler, die sich mit<br />

ihren Leistungen und ihrer Spielstärke im<br />

laufenden Jahr hervorgehoben hatten.<br />

Andreas Krause, der deutsche Kapitän,<br />

hatte es da erst einmal am leichtesten. Mit<br />

Michael „The Doc“ Keiner, Katja „Miss<br />

Slick“ Thater und Thomas „Buzzer“ Bihl<br />

konnte der Schwabe gleich auf drei aktuelle<br />

Bracelet-Träger zurückgreifen. Gerne hätte<br />

er für Bregenz auch auf die Erfahrung eines<br />

Eduard „Eddy“ Scharf zurückgegriffen. Der<br />

Pilot aus Köln, der das Kartenspiel rein als<br />

Hobby betreibt hatte Anfang Dezember jedoch<br />

keine Zeit. Er sei froh, wenn er sich<br />

Luft für die Aussie Million im Januar verschaffen<br />

kann.<br />

Die Plätze fünf und sechs vergab Andreas<br />

an Sebastian Ruthenberg und Thang<br />

Nguyen. Warum? „Das ist eine gute Frage,“<br />

so Andreas. Wie ein richtiger Coach habe<br />

er sich erst einmal die Ergebnisse der letzten<br />

Monate ansehen müssen – Ergebnisse<br />

und das Spektrum der Spieler im Einzelnen<br />

analysiert. Das er hier und da auch<br />

das eine oder andere Ranking zu Rate zog,<br />

verschweigt Andreas nicht. Logisch, dass<br />

er als fünften Spieler Sebastian Ruthenberg<br />

benannte, den Norddeutschen, der im<br />

europäischen Ranking vor Paris noch der<br />

zweitbeste deutsche Spieler war, hinter dem<br />

Ex-Fußballer Andreas Krause.<br />

Den letzten freien Platz vergab Krause an<br />

den bisher einzigsten deutschen EPT Gewinner<br />

Thang Nguyen, „einen exzellenten Allrounder.“<br />

Der österreichische Spielführer Stefan<br />

Rapp hatte es da schon etwas schwieriger.<br />

Der Linzer hatte nicht wie sein deutscher<br />

Kollege eine Gilde von WSOP-Gewinnern zur<br />

Hand, denn mit Ivo Donev gibt es in der Alpenregion<br />

bisher nur einen Bracelet-Träger.<br />

Einen, der schon mal gerne sein glänzendes<br />

Armband zur Schau stellt. Einem, der am<br />

Tisch seine Hemdsärmel gerne zurückzieht.<br />

Für den kurzfristig eingesprungenen Rapp<br />

war das kein Problem. Schließlich steht ihm<br />

als Teamkapitän die aussagekräftige und<br />

bestgeführte Rangliste von Casinos Austria<br />

zur Verfügung (im <strong>deutschsprachig</strong>en Raum<br />

). Vor dem Start des 1. Bodensee Nations Cup<br />

belegten Ivo Donev (A), Siegfried Rath (A),<br />

Andreas Krause (D), Vito Branciforte (I), Sebastian<br />

Behrend (D), Tommi Lindfors (FIN),<br />

Erich Kollmann (A), Stefan Rapp (A) Daniel<br />

Studer (CH) und Fabrizio Leonardi (I) die Plätze<br />

eins bis zehn.<br />

Donev als führender der Rangliste musste<br />

nicht lange überlegen. Der Reiz, den der Nations<br />

Cup auslöste, spiegelte sich in seinen<br />

Augen. Andere dagegen sagten ab, was dem<br />

kurzfristig eingesprungenen Rapp nicht<br />

wirklich Kopfzerbrechen bereitete. Es gibt<br />

ein hohes Potenzial an guten Pokerspielern<br />

in der Pokernation Österreich. Und aus der<br />

Sicht des Ranking von Casinos Austria wundert<br />

es nicht, dass die Rappen um Stefan<br />

Rapp nach dem ersten Tag das Feld anführten<br />

(Harry Casagrande, Sigi Stockinger, Europameister<br />

Vlado Sevo, „Internet-Legende“ Nicki<br />

Jedlicka und Bracelet-Gewinner Ivo Donev).<br />

Entgegen Krause und Rapp verließ sich<br />

Rino Mathis, Führer des Schweizer Teams,<br />

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PRO-SPEKTIVE<br />

bei seiner Mannschaftsaufstellung auf seine<br />

Menschenkenntnis. Er kenne alle Spieler so<br />

gut, dass er voll und ganz auf sein Einschätzungsvermögen<br />

vertraue. Auf die Frage,<br />

welche Werte ihm bei seiner Entscheidung<br />

besonders wichtig waren, kommt der Schweizer<br />

ins Grübeln: „Die Erfahrung jedes<br />

Einzelnen, ein gesunder Menschenverstand<br />

“. Außerdem sei für ihn mit entscheidend,<br />

dass jedes Teammitglied einen guten Leumund<br />

habe. Das Swiss-Ranking sei dagegen<br />

nur insoweit interessant, als dass der Erstplatzierte<br />

unbedingt mit dabei sein müsse.<br />

Auch die Schweizer Staatsangehörigkeit sei<br />

wichtig gewesen, so wie die Deutsche und<br />

Österreichische. Den Italienern „war das eine<br />

Hürde, die es nicht leicht gemacht hat.“ Bruno<br />

Stefanelli (I), Teamkapitän der italienischen<br />

Mannschaft wäre daran fast gescheitert. Und<br />

ob der in Konstanz lebende Vito Branciforte<br />

oder der in München wohnende Antonio Turrisi<br />

einen deutschen oder einen italienischen<br />

Ausweis besitzen …<br />

Pünktlich um 18 Uhr erklärte Edgar<br />

Stuchly den 1. Bodensee Poker Nationscup<br />

für eröffnet. Auf das Kommando „Shuffle and<br />

Deal“ mischten die Dealer die Karten und gaben<br />

die ersten Hände. An jedem Tisch saßen<br />

zwei Spieler jeder Mannschaft. Für jede Platzierung<br />

gab es unterschiedlich viele Punkte.<br />

Einen für den achten Platz, zwei<br />

für den siebten Platz, drei für den<br />

sechsten, … Dass der eine oder andere<br />

deswegen schon hier taktierte,<br />

zeigte sich bald. Teamabsprachen<br />

untereinander – Deutschland mit<br />

der Schweiz, Italien mit Österreich<br />

… gab es noch keine. Jeder schien<br />

für sich zu spielen– jeder für sich<br />

um die günstigste Ausgangsposition<br />

am Finaltag, zwei Tage später. Dass<br />

die Österreicher am Ende des ersten<br />

Tages mit 107 Punkten deutlich vor<br />

den zweitplatzierten Deutschen (87<br />

Punkte) lagen, eher ein Zeichen der<br />

Spielstärke als der Taktik. Oder?<br />

Das eine oder andere Team<br />

nahm dieses Zwischenergebnis<br />

zum Anlass für Absprachen. Gleich<br />

nach dem Ende des letzten Heats<br />

im Texas Hold’em formierten sich<br />

Gruppen, suchten die Teams nach<br />

den besten Spielern für das Finale<br />

am Donnerstag Abend. Zwischendurch<br />

wechselten die Blicke,<br />

Team-übergreifend – als wollte man<br />

spähen, wer wen hinter den Besten<br />

eines jeden Teams nominiert. Galt<br />

dies doch weniger dem Spähen, so<br />

wurde doch schnell klar, dass Österreich<br />

nur noch gemeinsam zu stoppen<br />

sei.<br />

Die Marschroute für das Finale<br />

lag auf der Hand: Wollte ein anderes<br />

Land als Österreich den Nationscup<br />

gewinnen, musste ein Österreicher<br />

den Tisch als erstes verlassen.<br />

Andreas Krause nahm das Zepter<br />

in die Hand. Als ausgezeichneter<br />

Short Stack Spieler bekannt, richtete<br />

er sein Spiel auf Thomas Bihl<br />

aus. Krause machte Bihl stark,<br />

brachte ihn in eine günstige Ausgangslage.<br />

Das war so angedacht,<br />

bis der erste Österreicher eliminiert<br />

war. Danach sollte ein Teil der<br />

Chips wieder zurück wandern, zu<br />

dem Schwaben. Dass Thomas nach<br />

dem Ausscheiden von Vlado Sevo ein paar<br />

Hände später ausgerechnet mit einem Paar<br />

8-8 an Rino Mathis zerbrechen sollte, war so<br />

nicht vorgesehen. Ein Drilling 6er war stärker.<br />

Die Strategie des Ex-Profifußballers ging<br />

nicht auf und schnelles Umdenken war angesagt.<br />

„Auch jetzt war noch alles drin,“ erzählt<br />

Andreas Krause. Er hätte nach dem Ausscheiden<br />

von Sigi Stockinger (5) das Single-Table<br />

Turnier nur gewinnen müssen. Mit K-5 hat<br />

er wenig später jedoch das Nachsehen gegen<br />

den Italiener Frank Werder der K-8 umdreht.<br />

Frank Werder gewinnt die Partie und Italien<br />

den 1. Bodensee Nationscup.<br />

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Nervenkitzel<br />

888.COM POKER-BOTSCHAFTER<br />

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www.bluffeurope.com<br />

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Nervenkitzel<br />

Einmal<br />

London,<br />

hin und<br />

zurück bitte<br />

Im Rahmen der Christmas Poker Challenge in Bregenz<br />

haben wir Michael Keiner getroffen. Während des<br />

Dinner Breaks am ersten Turniertag des € 1.500 Main<br />

Events blicke ich mit dem Autor, Turnierdirektor und<br />

Pro auf das erfolgreichste Jahr seiner 14-jährigen<br />

Pokerkarriere zurück, 2007!<br />

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JANUAR 2008 <strong>BLUFF</strong> <strong>EUROPE</strong><br />

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Nervenkitzel<br />

888.COM POKER-BOTSCHAFTER<br />

Bluff: Hallo Michael, es sind kaum mehr<br />

als 30 Tage bis Sylvester, knapp einen<br />

Monat noch – Zeit, für einen persönlichen<br />

Rückblick: Das Jahr 2007 war für Dich …<br />

Michael „The Doc“ Keiner: Es war das<br />

erfolgreichste Jahr meiner Pokerkarriere.<br />

Nicht nur wegen der World Series of<br />

Poker (WSOP). Es lief insgesamt gut,<br />

zwölf Monate, das ganze Jahr. Die<br />

Zusammenarbeit mit 888 hat sich sehr<br />

positiv weiterentwickelt. Und ich denke,<br />

dass mir mit 888 in diesem Jahr eine<br />

goldene Zukunft bevorsteht. Woran misst<br />

Du Deinen Erfolg, was beeindruckt …<br />

Mein größter Einzelerfolg war natürlich<br />

der in Las Vegas, der Gewinn des Bracelet<br />

im Seven Card Stud. Direkt im Anschluss<br />

folgte der Nachbrenner in Velden. Dort<br />

habe ich die ersten beiden Tage schon<br />

irgendwie furchterregend gespielt und<br />

dominiert. Zu diesen Highlights gesellen<br />

sich ein paar kleinere Erfolge, Ergebnisse,<br />

die dazu beitragen, dass ich in den Top 25<br />

der europäischen Poker-Rangliste stehe.<br />

Und das, obwohl ich nicht so viele Turniere<br />

gespielt habe, die zu der Rangliste zählen.<br />

Bluff: Dafür aber umso mehr andere … Du<br />

fliegst von A nach B, wechselst mal eben die<br />

Wäsche und reist gleich weiter. Seit etwa<br />

eineinhalb Jahren arbeitest Du für den 888.<br />

com. Weißt Du eigentlich wie viele Turniere<br />

Du im Dress des Online-Kasinos gespielt<br />

hast? Wann Du zuletzt in Deutschland, etwa<br />

in Wiesbaden oder Bad Homburg gespielt<br />

hast?<br />

„The Doc“: (Michael lächelt schelmisch)<br />

Alle! Mir macht der Job als Repräsentant<br />

Spaß. (macht eine rhetorische Pause) In<br />

Wiesbaden habe ich zuletzt im Dezember<br />

2006 bei der„Christmas Turnierwoche“<br />

mitgespielt. Außerdem habe ich dieses<br />

Jahr eines dieser Monatsturniere in Bad<br />

Homburg gespielt. Und anderswo in<br />

Deutschland? Ich war einmal in Schenefeld<br />

und habe dort ein Turnier gespielt, nichts<br />

Besonderes. Als Turnierspieler natürlich<br />

auch die „Deutsche Meisterschaft“ in Bad<br />

Zwischenahn, das war ein Muss.<br />

Bluff: Von London ging es für Dich nur<br />

zum Tasche wechseln nach Hause – wenn<br />

überhaupt. Du kommst direkt von den<br />

German Open. Was verbindest Du mit<br />

London?<br />

„The Doc“: Viel Arbeit! Ich habe dort<br />

moderiert. Eingepfercht in meinen ohnehin<br />

schon engen Zeitplan war die letzte<br />

Woche chaotisch: von Wiener Neustadt<br />

nach Amsterdam für die „German Stars<br />

of Poker“, dann habe ich in London selbst<br />

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Nervenkitzel<br />

ein Heat gespielt und gut die Hälfte der<br />

Heats kommentiert. Wie lief es für Dich<br />

als Spieler? Ich bin gleich als Dritter aus<br />

meinem Heat raus gegangen. Es war ein<br />

One-Table Sit’n Go Format, und da muss<br />

eben relativ schnell was passieren. Das<br />

bedeutet, dass man nicht viele Showdowns<br />

vermeiden kann. Wenn Du dann keine<br />

Karten bekommst … Ich saß die ganze Zeit<br />

recht farblos herum. Die höchsten Karten,<br />

die ich in eineinhalb Stunden gesehen habe,<br />

waren eine T oder eine 9. In solch einer<br />

Situation wird K-J zum Monster. Die Pocket-<br />

Cards waren wie eine Erleuchtung für mich.<br />

Ich bin sofort All-in gegangen und gegen<br />

A-Q gelaufen.<br />

Bluff: Wenn man so viel unterwegs ist<br />

wie Du, findet man da eigentlich Zeit<br />

Freundschaften zu pflegen? Oder bleiben<br />

die auf der Strecke?<br />

„The Doc“: Eigentlich weniger. Die Leute<br />

reisen genauso wie ich. Die Freundschaften<br />

haben in der Pokerszene eine andere<br />

Qualität. Man sieht sich nicht regelmäßig,<br />

doch sicher hin und wieder bei den<br />

Veranstaltungen, die man auch vom<br />

Stammpublikum her kennt. Baden-Baden<br />

dagegen, die Cashgame Omaha Partie, die<br />

mich da Jahre lang hingezogen hat, die ist<br />

komplett tot. Die existiert nicht mehr. Und<br />

da ich generell kein Freund von Low Stack<br />

Partien bin, gibt es im Grunde für mich kein<br />

wirklich interessantes Spiel mehr … Daran<br />

krankt es im deutschen Cashgame-Bereich.<br />

Die Übermacht der Partien mit € 200 oder<br />

€ 250 Buy-in und Blinds von 10/10 ist zu<br />

groß. Da wird es den Leuten sehr leicht<br />

gemacht, pre-flop all-in zu gehen und Macht<br />

anstelle von Spielstärke zu stellen.<br />

Ich bevorzuge deep stack games, mit hohem<br />

Blind/Stack Ratio, so ab € 100.<br />

Bluff: Vom Turnierspieler zum<br />

„Turnierdirektor“ – Du trittst immer<br />

häufiger auch in anderer Funktion auf …<br />

„The Doc“: Das stimmt. Ich bereite im<br />

Moment in Wien und Wiener Neustadt eine<br />

Art „Michael Keiner Invitation“ vor. Die<br />

Hintergründe für die Entstehung dieses<br />

Turnieres spielen keine Rolle mehr. Das ist<br />

Schnee von gestern. Es handelt sich um ein<br />

auf 800 bis 1.200 Leute ausgelegtes Freeroll<br />

Turnier. 888 stellt hier einen garantierten<br />

Preispool von € 100.000 und legt für<br />

500 Leute ein Hotel Package obendrauf.<br />

Letztendlich geht es aber darum, dass<br />

die Leute zu je € 50 einen Re-buy und ein<br />

Add-on machen können. Geld, das zu 100<br />

Prozent in den Preispool einfließt, so dass<br />

wir mit einem schönen Extra-Topf rechnen.<br />

Mein Kernbestreben ist es, dass ich den<br />

Leuten für ihr Geld in den drei Tagen so viel<br />

Spielzeit wie es eben geht, anbiete. Dass<br />

eine ganz softe Struktur gefahren wird.<br />

So soft, wie es technisch eben möglich ist.<br />

Das bedeutet: Es wird keine zu drastischen<br />

Erhöhungen geben und ausreichend Zeit<br />

zum Spielen sein, in Wiener Neustadt und<br />

in Wien.<br />

„Turnierdirektor Michael Keiner,“<br />

klingt gut. Ist das Ganze eine neue<br />

Herausforderung für Dich?<br />

„The Doc“: Nicht unbedingt. Es steht mir<br />

hier eine sehr gute Mannschaft zur Seite.<br />

Auch wenn mir Martin Pollack mal gesagt<br />

hat, dass ich einen guten Flormann abgeben<br />

würde, denke ich, dass ich die Entscheidung<br />

aus der Spielersicht heraus treffe. Es ist<br />

ganz klar, dass ich mich lange auf dieses<br />

Event vorbereitet habe, und ich denke<br />

auch, dass das gut laufen wird. Wir haben<br />

sehr gute Leute, fähige Leute. Es ist also<br />

nicht so schlimm, von der Voraussetzung<br />

her. Flormann, kannst Du Dir das für Dich<br />

öfter vorstellen … Nein, nicht wirklich. Es<br />

sollte ein einmaliger Ausflug bleiben. Es ist<br />

nicht geplant, dass das regelmäßig passiert.<br />

(Michael setzt ein ernstes Gesicht auf, und<br />

setzt nach) Wenn das jetzt aber ein großer<br />

Erfolg wird, warum sollte das nicht ein Jahr<br />

später wiederholt werden?<br />

Bluff: Ist ein guter Flormann der bessere<br />

Pokerspieler oder der gute Pokerspieler ein<br />

besserer Florman?<br />

„The Doc“: Das kann man so nicht<br />

beantworten. Doch muss ich feststellen,<br />

dass die besten Floor-Leute oder<br />

Turnierdirektoren irgendwie aus der<br />

Pokerszene als Spieler kommen. Ich<br />

hege keine Ambitionen, das jetzt in den<br />

Vordergrund zu stellen. Für mich ist das<br />

eine einmalige Geschichte.<br />

Thomas Kremser ist ein hervorragender<br />

Pokerspieler, Martin Pollack ebenso. Die<br />

beiden sind erfahren in beiden Lagern.<br />

Erfolge: als Turnierdirektor, Florman<br />

und Pokerspieler. Das sind Leute, die das<br />

können.<br />

Bluff: Wir haben jetzt über den<br />

Turnierspieler, den Cashgame-Spieler<br />

und den Turnierdirektor Michael Keiner<br />

gesprochen. In einer ganz anderen<br />

Funktion, nämlich als Coach habe ich Dich<br />

kennengelernt. Für Deinen Sponsor hast<br />

Du das 888.com National Team aufgebaut.<br />

Einer Deiner Schützlinge ist Christian<br />

Zetzsche. Dem Coach Michael Keiner ist …<br />

„The Doc“: … ist es wichtig, seine<br />

Erfahrungen weiter zu geben. Ich habe<br />

in meinem Leben etwa eine Million Live<br />

Bluff Europe - <strong>deutschsprachig</strong> JANUAR 2008 <strong>BLUFF</strong> <strong>EUROPE</strong> 37<br />

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Nervenkitzel<br />

888.COM POKER-BOTSCHAFTER<br />

Hände gespielt – das ist ein Unterschied zu<br />

Online-Händen. Die Erfahrungen, die ich<br />

gesammelt habe, reiche ich gerne weiter<br />

… weiter, an die Familie. (Anm. d. Red.:<br />

Familie Poker) Schließlich beschäftige<br />

ich mich ja auch anderweitig extrem mit<br />

dem Pokern. Es ist mein Job. Und da ist<br />

es nur richtig, einen Teil der Erfahrungen<br />

weiter zu geben. Es freut mich, dass<br />

meine Erfahrungen bei einem Christian<br />

Zetzsche, und da hat man es gesehen, auf so<br />

fruchtbaren Boden fallen.<br />

Bluff: 2007 war auch das Jahr von zwei<br />

Büchern. Du hast zwei veröffentlicht bzw.<br />

mit verfasst. Was verbindest Du mit den<br />

Büchern?<br />

„The Doc“: Das erste Buch brannte mir<br />

drei Jahre auf der Seele: „Living on the<br />

Edge”. Es ist ein autobiografisches Buch<br />

mit Pokerratschlägen, nicht technischer<br />

Natur. In dem Buch erzähle ich einerseits<br />

meine Lebensgeschichte, die ziemlich<br />

abwechselungsreich war. Ferner habe ich<br />

dort Ratschläge an junge Pokerspieler<br />

reingebracht, Ratschläge, die nicht<br />

unbedingt mit dem Spiel zusammenhängen.<br />

Es geht nicht darum, wie raise ich Asse, in<br />

welcher Position, spiele ich slow und wann<br />

nicht. Es geht darum, wie ich eine für mich<br />

günstige Tableselection finde. Darum, wie<br />

ich mir meine Bankroll aufbaue und erhalte,<br />

wie ich herausfinde, wo gute Partien laufen<br />

– wie ich mich in das soziale Netzwerk<br />

Pokergemeinde einfüge.<br />

Poker-Matrix, das ist das zweite<br />

Buch, beschäftigt sich dagegen mit<br />

der technischen Seite. Es ist das<br />

Gemeinschaftswerk von fünf Autoren. Fünf<br />

namhaften und bekannten Spielern. Jeder<br />

hat sich sein Spezialgebiet herausgepickt.<br />

Weil mein Spezialgebiet nicht unbedingt<br />

die Mathematik, sondern eher die<br />

psychologische Komponente des Spiels ist,<br />

habe ich darüber geschrieben.<br />

Ich denke schon, dass ich über eine dem<br />

internationalen Standard angepasste<br />

Grundstrategie verfüge – aber den Edge,<br />

den du heute bei einem internationalen<br />

Turnier wie der EPT brauchst, den<br />

bekommst du nicht indem Du Dein Spiel<br />

perfektionierst. Das kriegst Du nur über<br />

psychologische Dinge hin. Dinge, die bisher<br />

ziemlich vernachlässigt wurden.<br />

Bluff: Was darf der Leser hier erwarten?<br />

„The doc“ (Michael lacht beherzt) Ich will<br />

nicht zu viel erzählen, sonst wird das hier<br />

ein 90 Seiten Interview … Ein Stichwort<br />

ist beispielsweise „neurolinguistische<br />

Programmierung“. Das ist ein Verfahren aus<br />

der Psychologie, was auch für einen Laien<br />

gut zu erlernen ist und womit man im Spiel<br />

sicher Vorteile erzielen kann.<br />

Warum war oder ist Phil Hellmuth<br />

etwa erfolgreich? Weil er das Verfahren<br />

beherrscht und nahezu in Perfektion<br />

anwendet. In „Poker-Matrix“ gebe ich<br />

praktische Ratschläge. Das ist mal was<br />

Neues und bisher noch nicht in den<br />

diversen anderen Büchern heruntergebetet<br />

worden.<br />

Bluff: Zurück zum Spieler Michael Keiner.<br />

Wann hast Du das erste Mal online gespielt?<br />

„The Doc“: Ich weiß es nicht mehr<br />

genau – doch es muss so 1998 oder 1999<br />

gewesen sein. Ich habe damals auf einer<br />

Seite gespielt (Anm. d. Redaktion: Der<br />

neudeutsche Begriff Site kam erst viel<br />

später), die hieß planetpoker. Das war eine<br />

sehr einfach strukturierte Software und<br />

man musste gezielt nach ihr suchen. Zu<br />

dieser Zeit wusste noch so gut wie niemand,<br />

dass man online Pokern konnte. Irgendwie<br />

habe ich aber nicht den Touch dahin<br />

gefunden.<br />

Das kam erst später, ungefähr 2003. Ich bin<br />

jedoch nicht der riesengroße Onlinespieler.<br />

Ich spiele pro Woche etwa fünf bis zehn<br />

Stunden: nicht unbedingt um Geld zu<br />

verdienen, sondern viel mehr um Strategien<br />

und Techniken auszuprobieren.<br />

Ich erinnere mich an letztes Jahr, vor den<br />

Heads Up Meisterschaften. Es ist nicht<br />

leicht im live Bereich Heads Up Gegner zu<br />

finden. Im Internet findet man dagegen den<br />

passenden Gegner schneller.<br />

Bluff: Du kennst Dich online aus, kennst<br />

die Online-Plattformen der ersten Stunde.<br />

Ist das die Basis für Deine Funktion als<br />

Consultant der Softwareentwickler von 888<br />

… oder gibt es da noch eine unbekannte<br />

Seite …<br />

„The Doc“: Ich bin kein Informatiker,<br />

falls Du darauf hinaus willst, – und für<br />

die Ratschläge, die ich weiter gebe, ist<br />

das auch nicht notwendig. Es geht darum,<br />

dass die Software und das drum herum<br />

Kunden- und Servicefreundlicher werden.<br />

Wir sind hier dieses Jahr einen großen<br />

Schritt vorwärtsgekommen und haben<br />

jetzt eine komplett überarbeitete Software<br />

auf dem Markt, eine Software, die mehr<br />

Optionen übriglässt: in Bezug auf die<br />

grafische Darstellung, auf Schnelligkeit,<br />

Chatfunktionen, Playernotes … All diese<br />

Sachen, die heute wichtig sind und zum<br />

Standard gehören, wurden umgesetzt.<br />

Der Prozess ist damit aber noch längst nicht<br />

abgeschlossen. Es geht weiter … etwa mit<br />

Playmoney, Moneytransfer, Suchfunktionen<br />

… Da wird sich noch einiges tun. Der Dialog<br />

ist da.<br />

Bluff: Onlinepoker hat das Spiel in den<br />

Kasinos stark verändert? Hat Onlinepokern<br />

den Europameister im Seven Card Stud,<br />

Michael Keiner, verändert?<br />

„The Doc“: Ich glaube nicht, dass mich<br />

das Online-Spiel verändert hat, sondern<br />

mehr oder weniger die Anforderungen der<br />

Realität. Das Wissen um die Halbwertzeit<br />

einer Strategie war vor dem Onlineboom<br />

etwa neun Jahre. Das heißt, ich habe einen<br />

signifikanten Vorteil gefunden, der mir<br />

gegenüber anderen Spielern einige Jahre<br />

einen klaren Vorteil verschafft hat. Das<br />

erkennt man in den Resultaten von 1990 bis<br />

2000. Man kann sagen, dass ich von fünf<br />

Turnierteilnahmen dreimal am Final Table<br />

saß, und das war echt beachtlich zu der Zeit.<br />

Erst als ich anfing zu Strudeln, habe ich<br />

gemerkt, dass ich mit diesem alten tightagressive<br />

Stil nicht mehr durchkomme.<br />

Ich habe angefangen, mich weiterzubilden<br />

und, wie auch die Pokercommunity, mich<br />

komplett verändert. Mein Fazit lag auf der<br />

Hand: Wenn ich nicht untergehen wollte,<br />

musste ich mich anpassen und hinzulernen.<br />

Ich habe angefangen einschlägige Foren zu<br />

lesen, mich weitergebildet und dass mache<br />

ich heute immer noch.<br />

Bluff: Wie sehen Deine Pläne für 2008 aus<br />

…<br />

„The Doc“: Ich sagte ja schon, es sind<br />

eine Reihe von Projekten. Es geht los in<br />

Wiener Neustadt. Dann findet im ersten<br />

Quartal noch ein riesiges Online Turnier<br />

statt. Ein Freeroll, bei dem etwa drei<br />

Millionen Dollar an Preisgeldern im Raum<br />

stehen. Das ist beachtlich und könnte ein<br />

Rekord sein, im Onlinebereich. Außerdem<br />

werde ich iin Barcelona mit dabei zu sein,<br />

weil wir ja Titelsponsor der Heads Up<br />

Weltmeisterschaften sind. Wir wollen hier<br />

auch eine nationale Ausscheidung über den<br />

Weg der Onlinequalifikation durchführen,<br />

mit einem Live Finale in Form von<br />

Heads Up Meisterschaften. Wo die genau<br />

stattfinden werden, haben wir noch nicht<br />

geklärt. Es wird aber sicher irgendwo im<br />

<strong>deutschsprachig</strong>en Raum sein. Zunächst als<br />

Freeroll? Ich denke schon, aber ich weiß das<br />

noch nicht genau. Und wenn nicht, dann<br />

wird es allenfalls ein Mini, Mini Buy-in<br />

geben.<br />

Bluff: Kannst Du uns noch mehr zu diesem<br />

großen Turnier sagen?<br />

„The Doc“: Ich kann dazu nur noch sagen,<br />

dass die Qualifikationen auf der Site von<br />

888.com laufen werden. Vielleicht ist dann<br />

Macao der Austragungsort für das Live-<br />

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www.bluffeurope.com<br />

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Nervenkitzel<br />

Finale. Das ist jetzt aber reine Spekulation.<br />

Es gibt weitere interessante Poker-<br />

Destinationen, die im Gespräch sind. Und<br />

wohin werden Dich Deine Wege als Spieler<br />

tragen. Was planst Du? (Michael lacht) Ja,<br />

nun, der Plan ist schon relativ voll. Neben<br />

diesen Geschichten, die ich eben erzählt<br />

habe und wo ich ja auch gern eine andere<br />

Funktion übernehme, werde ich die EPT<br />

Turniere spielen, alle, bis auf Kopenhagen.<br />

Das habe ich mir jetzt zweimal angetan<br />

und ich fand es dort überhaupt nicht<br />

schön. Vor allem wegen der Ereignisse im<br />

letzten Jahr Trotz zugesichertem Startplatz<br />

und Bestätigung, dass alles in Ordnung<br />

sei, bin ich nicht dran gekommen … Also<br />

Kopenhagen lasse ich ausfallen. Dann<br />

freue ich mich auf Dortmund, Warschau,<br />

San Remo und Monte Carlo. Diese EPT-<br />

Turniere stehen fest auf dem Programm.<br />

Ich freue mich auch auf die Heads Up<br />

Weltmeisterschaften 2008 in Barcelona. Da<br />

war ich bisher immer relativ erfolgreich.<br />

Und dann ist ja auch schon wieder die<br />

WSOP. Vielleicht klappt es ja dieses Jahr<br />

mit dem $ 50.000 H.O.R.S.E. Event. Davon<br />

träume ich schon lange. Den würde ich<br />

schon sehr gerne spielen. Ich glaube, dass<br />

ich in diesen Limit Varianten gut bin. Und<br />

wie weit möchtest Du da kommen? (Setzt<br />

ein verschmitztes Lächeln auf und lacht<br />

beherzt – das ist jetzt eine falsche Frage,<br />

will er mir sagen!).Wenn ich ein Turnier<br />

spiele, damit meine ich auch das $ 50.000<br />

H.O.R.S.E, trete ich an, weil ich gewinnen<br />

will. Nicht weil ich Zehnter werden möchte.<br />

Bluff: Während der Austrian Classics<br />

hast Du mir verraten, dass Du jetzt auch<br />

gerne ein Turnier der European Poker Tour<br />

gewinnen möchtest …<br />

“The Doc“: Das stimmt, und ich versuche<br />

es in Prag. Ich versuche es auch in den<br />

anderen vier genannten Locations und tue<br />

mein Bestes.<br />

Bluff: Michael, vielen Dank für das<br />

aufschlussreiche Interview und viel Erfolg<br />

für den weiteren Abend im 1.500er Main<br />

Event der Christmas Challenge, Deinem<br />

Weg als Turnierdirektor und Spieler. Möge<br />

das Jahr 2008 das Jahr 2007 noch toppen.<br />

„The Doc“: Danke, jetzt muss ich aber<br />

wieder rüber, die fangen gleich an.<br />

Michael „The doc“ Keiner erreicht den<br />

Finaltisch des € 1.500 Buy-in Events,<br />

belegt Platz acht und gewinnt € 4.450. Das<br />

komplette Endergebnis finden Sie weiter<br />

hinten im Heft.<br />

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Nervenkitzel<br />

MIAMI STYLES TOURNAMENT<br />

Ich<br />

bin leer<br />

Platzmangel gibt es nicht.<br />

Zeit ist keine limitierende<br />

Komponente. Es geht schnell:<br />

beim Online-Turnier um den<br />

Ferrari Mondial, dem Kult-Auto<br />

der 80 er Jahre.<br />

Das Auto gilt heute als ultimatives<br />

Accessoire der Reichen und Schönen.<br />

Auf Parkplätzen von Tennis-Anlagen,<br />

Golfplätzen oder Pferderennbahnen ist der<br />

Flitzer, meistens in rot, selten aber doch zu<br />

sehen – und an verregneten Tagen steht<br />

er in der Regel in der Garage. Gemeint<br />

sind die Sportwagen des italienischen<br />

Autobauers aus Maranello, in der Provinz<br />

Modena. Keine andere Marke faszinierte<br />

die amerikanischen TV-Produzenten der<br />

80er Jahre mehr. Keine andere bedient<br />

mehr Klischees. Ihr Name: Ferrari. Das der<br />

Mythos von einst auch heute noch existiert,<br />

war in den Augen der 30 Teilnehmer des<br />

Live-Events deutlich zu erkennen. 30<br />

Gambler, die sich online über die Website<br />

von Pokeroom.com für das Live-Finale<br />

in Hamburg qualifizierten: Spieler aus<br />

Deutschland, Österreich und der Schweiz,<br />

Spieler aus Polen, Lettland, aus Schottland<br />

und Australien, aus Spanien, Dänemark<br />

und Holland. Spielerinnen und Spieler die<br />

der Einladung von PokerRoom.com nach<br />

Hamburg gefolgt sind.<br />

Gewohnt haben alle im Radisson SAS<br />

18<br />

<strong>BLUFF</strong> <strong>EUROPE</strong> JANUAR 2008<br />

Hotel, gleich neben dem Kongresszentrum<br />

Hamburg, dem CCH. Hier begegneten sich<br />

die Teilnehmer live, mischten sich virtuelle<br />

Namen mit realen Bildern. Hier gab es<br />

am Turniertag für jeden das passende<br />

Outfit, wahlweise schwarz oder weiß, in<br />

Form einer schwarzen Jacke oder eines<br />

weißen Kapuzenshirts: dazu passend ein<br />

Poloshirt und eine Schirmmütze plus<br />

wichtiger Instruktionen und Utensilien<br />

für den Abend. Gegen Vorlage des<br />

Personalausweises erhielt jeder sein all-youcan-eat-and-drink<br />

Armband.<br />

Ortswechsel, mit einem Shuttle-Service,<br />

der nicht nur für die Fahrt zwischen der<br />

Bar „Weltschmerz“ und dem Radisson<br />

genutzt werden konnte, ging es am<br />

späten Nachmittag in die Clemens-Schulz<br />

Straße. Die Bar war menschenleer, alles<br />

hergerichtet für die Pokerschar. Fünf<br />

Pokertische, drei für das Live-Turnier und<br />

zwei Public Table standen bereit. „Freizeit-„<br />

Dealer bereiteten sich und das Spiel<br />

vor. Erklärten hier und da noch einmal<br />

kurz worauf zu achten sei und gaben die<br />

Platzkarten aus. Wenig später hieß es<br />

„Shuffel and deal.“<br />

Mit dabei Philip Brunner<br />

aus Berlin. Der 27-jähirge<br />

pokert seit etwa eineinhalb<br />

Jahren und ist Mitglied bei den „Five<br />

Diamonds“ einem Berliner Pokerverein.<br />

Er habe Pokern im Fernsehen für sich<br />

entdeckt, im Programm von DSF meint er<br />

sich zu erinnern. Das Sponsoring eines<br />

Onlinekasinos habe ihn auf verschiedene<br />

Internetseiten aufmerksam gemacht. Sie<br />

heißen Fult Tilt, Pokerstars, Partypoker –<br />

oder eben bwin und PokerRoom. Alle habe<br />

er ausprobiert. Keinen wirklichen Favoriten<br />

www.bluffeurope.com<br />

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Nervenkitzel<br />

ausgemacht. Der gelernte Bankkaufmann<br />

spielt nach Lust und Laune auf den diversen<br />

Seiten. Je nach Phase wechselt er Tisch<br />

respektive Plattform und seinen Nick. Die<br />

Qualifikation zu dem Finale des Miami<br />

Style Tournaments hat er über ein 5 $ Buyin<br />

Qualifier erreicht. „Ich habe drei oder<br />

so gespielt,“ erzählt Brunner „und eines<br />

gewonnen“ Beim Online Finale erreichte er<br />

Platz 22. oder 23.<br />

Peter O’Mara hatte da schon eine weitere<br />

Anreise. Er reiste laut Wikipedia aus der<br />

abgeschiedensten Großstadt der Erde<br />

an, aus Perth. Die nächste größere Stadt,<br />

Adelaide, liegt 2.845 Kilometer entfernt.<br />

Dort, an der Süd-West-Spitze Australiens<br />

habe Toyota ein Werk – und er arbeite dort<br />

als Manager, auch am Montag wieder. Auf<br />

die Frage, seit wann er denn schon pokere,<br />

schaut er fragwürdig und meint, dass die<br />

Bluff Europe - <strong>deutschsprachig</strong><br />

meisten Finalisten hier in Hamburg da<br />

noch nicht auf Welt gewesen wären: seit<br />

1972 pokere er, vorzugsweise im Kasino.<br />

Online zu spielen habe er erst sehr viel<br />

später begonnen, erzählt der Australier. Er<br />

hält auch nicht zurück, dass er online vor<br />

allem Qualifiers spiele, auf den Seiten von<br />

Fult Tilt oder PokerRoom. Sein Nickname<br />

ist „al pom_1962“. Im Moment spielt er vor<br />

allem um ein Ticket für „Aussie Million“ im<br />

Januar. „Und wenn ich kein Ticket online<br />

gewinne, dann bezahle ich es eben aus der<br />

eigenen Tasche.“<br />

Es geht auch anders. Sicher ist der<br />

Weg vom realen Turnierspieler zum<br />

Onlinespieler kürzer als umgekehrt, denn<br />

nicht alle Onlinespieler finden den Weg<br />

an einen Live-Tisch. Peter Skovgaard etwa,<br />

Dentaltechniker aus Pandrup in Dänemark<br />

sagt: „I have never played offline before“.<br />

Dass er in Hamburg keine Mühe mit den<br />

Tells seiner Mitspieler hatte und Gefallen<br />

am Live-Spiel fand, soll die Online-Anbieter<br />

nicht stören. Obwohl er künftig mehr<br />

Live-Turniere spielen will, wird er doch<br />

gerade des Geldes wegen die zahlreichen<br />

Internetangebote nutzen, um sich für eines<br />

der großen Live-Turniere zu qualifizieren.<br />

Etwa für ein Event bei der European Poker<br />

Tour oder der World Poker Tour. Dass er<br />

bei seinem ersten Live-Turnier in Hamburg<br />

ausgerechnet Dritter geworden ist und<br />

einen Motorroller gewonnen hat, unterstützt<br />

ihn bei seinem Streben nach mehr Live<br />

Turnieren.<br />

Wie auch der Australier zählt „Guggi<br />

X“ zu den erfahreneren Spielern in<br />

Hamburg. Bereits vor 15 Jahren habe er<br />

in Dänemark einen kleinen Pokerclub<br />

gegründet. „Das Internet steckte noch in<br />

den Kinderschuhen,“ erzählt Mikael. „Dann<br />

war da auf einmal das www und es wurden<br />

immer mehr Seiten angeboten.“ Inzwischen<br />

werden jeden Tag im Internet eine Vielzahl<br />

von Turnieren, Qualifiers und Cashgames<br />

angeboten. Er nutze das Angebot nicht oft,<br />

vielleicht ein- bis zweimal die Woche. Dass<br />

er am Ende des Tages Platz eins belegt und<br />

letztendlich einen Ferrari Mondena sein<br />

eigen nennen kann, freute den Dänen. Auch<br />

seine Frau zeigte sich überaus glücklich „He<br />

is the coolest Guy in the world, I am empty.“<br />

Gemeinsam mit dem Auto aus Dänemark<br />

angereist, sprach sie aus. was viele dachten:<br />

„Wie bringen wir den Ferrari nach Hause?“<br />

Hochschwanger ist es der Frau von Mikael<br />

nicht mehr möglich Auto zu fahren. Der<br />

Veranstalter versprach zu helfen.<br />

JANUAR 2008 <strong>BLUFF</strong> <strong>EUROPE</strong><br />

19<br />

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Nervenkitzel<br />

HIGH ROLLER WOCHE<br />

Tischgebete<br />

einmal anders<br />

Seefeld ist ein Wintersportort. Er liegt etwa 20 Kilometer westlich von<br />

Innsbruck. Sportler und Pokerspieler sind hier genauso zu Hause wie<br />

Urlaubsgäste. Sie kennen die angenehmen Seiten von Seefeld.<br />

Seefeld in Tirol. Mir war der von Bergen umgebene Ort<br />

bisher nur aus dem Fernsehen bekannt. Die High Society<br />

soll sich hier treffen, die gut Betuchten von Österreich.<br />

Der 2.500 Seelen Ort verfällt in der Zeit zwischen Herbst<br />

und Weihnachten regelmäßig in einen Winterschlaf. Also<br />

ganz anders, als mir die Gemeinde aus dem Fernsehehen<br />

bekannt ist. Wie viele TV-Übertragungen ich von den Olympischen<br />

Spielen verfolgt habe? … Ich weiß es nicht mehr. War ich damals<br />

doch eben erst acht Jahre alt, ein absoluter Fernseh-Junkie. Ein<br />

Junge eben, der zwischen seinen eigenen sportlichen Aktivitäten<br />

nahezu jede Minute nutzte, Sportübertragungen im Fernsehen zu<br />

verfolgen. Jede Minute? Das kann erst später so gewesen sein. In<br />

den Zeiten des öffentlich-rechtlichen Fernsehens gab es lediglich<br />

die Sportschau und die Sport-Reportage, samstags wie sonntags<br />

ab 18 Uhr. Es sei denn, es war die Zeit von Olympia oder anderen<br />

Großereignissen. Eine Heerschar von technischem Personal und<br />

Reportern wurde 1964 wie 1976 ausgesandt,<br />

um alles festzuhalten: Momentaufnahmen,<br />

Wettkämpfe und Interviews. Und natürlich das<br />

Treiben in Seefeld. Spätestens seit dem ist die Olympiaregion<br />

Seefeld fester Bestandteil der Winterberichterstattung. Vom<br />

Casino Seefeld habe ich damals jedoch noch nicht gehört, ganz<br />

zu Schweigen vom Pokern, von Omaha oder No Limit Hold’em.<br />

Während sich ganz Seefeld auf die Zeit nach Weihnachten<br />

vorbereitet, langsam aus dem Winterschlaf erwacht, fand im<br />

Casino Seefeld die erste High Roller Woche statt, eine Idee von<br />

Marcel Pipal, dem Poker Manager in Seefeld.<br />

Marcel Pipal kennt die Wünsche der Zocker ganz genau. Er<br />

weiß, dass sie für gute Partien auch schon mal gerne weite<br />

Strecken zurücklegen. Sie kommen von überall her, Dan<br />

Pedersen reiste eigens mit seiner Frau Kamilla aus Dänemark<br />

an. Der 33-jährige „Geschäftsmann“ sieht sich selbst als<br />

„Gambler“, lebt vom Pokern, reist umher und sucht nach<br />

günstigen Partien, um Geld zu verdienen. Nebenbei betreibe er<br />

eine Dating-Site (www. Aladdins.dk ). Eine Internetseite, die in<br />

Dänemark einen guten Zuspruch erhalte. Eine Site, die allein<br />

durch das Beantworten der elektronischen Post schon mal<br />

Stunden frisst. Außerdem, erzählt Dan beiläufig, habe er zwei,<br />

drei kleinere Beteiligungen an Online-Kasinos kickoffpoker.<br />

com, pokerbiker.com und danebingo.com. Dies seien Sites,<br />

die in Deutschland, Österreich und der Schweiz wenig<br />

??<br />

<strong>BLUFF</strong> <strong>EUROPE</strong> JANUAR 2008<br />

www.bluffeurope.com<br />

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Nervenkitzel<br />

bekannt sind. „Die Gimmicks, ihr Layout<br />

– der Gesamteindruck spreche vor allem<br />

Skandinavier an,“ erzählt Pederson.<br />

Damit passt der 33-jährige in das Bild<br />

der Bregenzer Pokerspieler, dem, das<br />

mir Marcel Pipal, Poker-Manager von<br />

Seefeld, beschrieben hatte. „Die Wenigsten<br />

kommen direkt aus Seefeld. Sie kommen<br />

aus München, Wien – aus Zürich oder<br />

Garmisch Parten Kirchen.“ Sie kommen<br />

mit der Partnerin, sie besuchen Seefeld. Sie<br />

genießen die Vorzüge der Olympiaregion.<br />

Das gilt besonders, wenn sie eingeladen<br />

werden. Etwa 50 Einladungen hat der<br />

Poker-Manager verschickt, Einladungen, zur<br />

ersten Seefelder High Roller Woche, zu der<br />

ersten High Roller Woche von Österreich.<br />

Die Einladung galt auch mir. Mit dem Zug<br />

angereist, fuhr ich über Zell am See. Wegen<br />

einer Baustelle wurde der Zug umgeleitet. Statt<br />

fünf Stunden ging es gleich sieben Stunden<br />

quer durch Österreich, nach Innsbruck – und<br />

wegen des kleinen Umwegs verpasste ich den<br />

letzten Anschlusszug. Wie gut, dass es Taxis<br />

gibt, nach einem kleinen Basarspiel fuhr ich für<br />

30 Euro von Innsbruck nach Seefeld, ins Hotel<br />

Central. Und als ich wenig später im Casino<br />

Seefeld ankam, wurde schon fest gespielt, No<br />

Limit Hold’em, Omaha und Seven Card Stud.<br />

146 Spielerinnen und Spieler sind der<br />

Einladung des Poker-Managers gefolgt. 146<br />

begeisterte Pokerspieler, denen das Team<br />

rund um Marcel Pipal eine angenehme Woche<br />

bereitete. Sei es der Service, der angefangen vom<br />

Kaffee zum Nachmittag bis zum Mitternachtstisch<br />

keine Wünsche offen ließ. Alles war bis in<br />

Detail durchorganisiert – allem voran die Tische<br />

und Spiele. Täglich ab 15 Uhr waren nicht nur<br />

unterschiedliche Spiele im Angebot, sondern gleich<br />

auch verschiedene Limits. Vom ersten Tag an wurde<br />

mindestens an drei Tischen gespielt, in Stoßzeiten<br />

sogar an acht. Wenngleich Hol’dem und Omaha den<br />

größten Zuspruch fanden, ist Seefeld dafür bekannt, dass entgegen<br />

dem Trend der Wunsch nach Seven Card Stud Partien nahezu<br />

immer erfüllt wird. So wunderte es niemanden, dass es gerade<br />

dieses Spiel war, welches weltweit immer mehr ins Abseits gerät,<br />

hier in Seefeld Begeisterung weckte. Jeden Tag aufs Neue war es<br />

die € 30/60 Partie mit einem Buy-in von € 600, die zuerst stand. Und<br />

es war genau dieser eine Tisch, der so manchen Gast trotz (Reise-)<br />

Stress anzog: Antonio Turrisi etwa. Omaha Partien mit einem Buyin<br />

von € 1.000 oder € 2.000 sind dem italienischen Turnierspieler<br />

einfach zu hoch. Zu unattraktiv. „Omaha ist ein Glücksspiel.“ Er<br />

ziehe die Seven Card Stud Partien vor.<br />

Antonio Turrisi ist in der Pokerszene bekannt. Als Turnierspieler<br />

musste er sich erst mit Texas Hold’em anfreunden. Ab und an<br />

spiele der gebürtige Italiener auch mal eine Omaha-Partie. Doch<br />

tief im Innern entbrennt so manches Mal seine Leidenschaft für<br />

Seven Card Stud. Das Spiel, weshalb er zu Pokern begonnen hat.<br />

Es habe einfach weniger mit Glück zu tun. Können und Strategie<br />

bestimmen das Ergebnis, Poker als Sport. Warum der Italiener<br />

dennoch scheinbar Xochiquetzal, die aztekische Göttin der Liebe,<br />

Tänze und Spiele anbetet (siehe Foto), ist uns in der Redaktion<br />

unklar geblieben. Wir haben nachgefragt: Warum? Antonio Turrisi<br />

erzählt: „Für mich ist dies eine gute Haltung um meine Mitspieler<br />

zu beobachten.“ Also weniger ein Stoßgebet an Xochiquetzal.<br />

Während sich der Münchener an seinem Tisch so richtig<br />

wohlfühlt, geht rings um ihn die Post ab. Die Pots im Omaha<br />

bewegen sich schnell im fünfstelligen Bereich. € 15.000, €<br />

20.000 oder auch € 25.000 kommen schnell zusammen.<br />

Gelegenheitsspielern ist der Preis zu hoch. Doch für Profis ist es<br />

Spaß und gleichzeitig aber auch harte Arbeit. Herr D. ist einer von<br />

denen, die gerne Arbeit und Spaß verbinden. Er hält Ac-As-Jc-6d im<br />

Omaha, Herr St. findet Ad-Ah-Jd-Th. In dritter Position sitzend spielt<br />

er an. Vier Spieler bis zum Button bleiben mit im Spiel. Herr D, am<br />

Button, raist auf € 27.500, zwei Spieler gehen raus, Herr St. callt.<br />

Damit liegen vor dem Flop bereits € 62.000 im Pot. Der Flop bringt<br />

7d-8d-9d, die Partie ist entschieden. Der glückliche Gewinner heißt<br />

Herr St.<br />

Das hört sich nicht nur an wie Urlaub mit Pokerspaß, sondern<br />

genau so war es auch. Alle Beteiligten zeigten sich bei dieser<br />

Wetter- und Spiellage mehr als zufrieden. Möchten Sie wissen,<br />

wann in Seefeld die beste Zeit zum Pokern ist, werfen Sie einen<br />

Blick ins Internet. Unter www.seefeld.casinos.at hält Sie Marcel<br />

Pipal stets auf dem Laufenden.<br />

Bluff Europe - <strong>deutschsprachig</strong><br />

JANUAR 2008 <strong>BLUFF</strong> <strong>EUROPE</strong><br />

??<br />

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NERVENKITZEL: GESCHAFFT!<br />

Runner, Runner Kläser<br />

Der deutsche Chris Moneymaker heißt Martin Kläser, ist 21 Jahre alt<br />

und gewann bei der WSOP sein erstes Bracelet. Mit einem Einsatz<br />

von NULL Dollar gewann er die Full Tilt Million Challenge, ein Ticket<br />

nach Amerika und einen Platz im Team der Full Tilt Pros.<br />

<strong>BLUFF</strong> (B): Was für ein kometenhafter Aufstieg …<br />

Martin Kläser (MK): Ich kann es irgendwie immer noch nicht<br />

fassen. Erst gewinne ich die Full Tilt Million Challenge, dann fahre ich<br />

mit nach Australien und jetzt gewinne ich ein Bracelet. Damit gehöre<br />

ich zu den sechs jüngsten Bracelet-Gewinnern aller Zeiten. Es läuft im<br />

Moment richtig gut.<br />

B: Ich vergleiche Menschen nicht gerne, aber das klingt schon ein<br />

wenig wie die Geschichte von Chris Moneymaker.<br />

MK: Ja schon, nur dass ich weniger als Chris Moneymaker eingesetzt<br />

habe. Wie war das? Er hat $ 26 Dollar in ein Satellite investiert – ich<br />

bin mit zero gestartet.<br />

B: Dein Einsatz waren NULL Euro?<br />

MK: Ja genau. Ich habe mich online für die Full Tilt Million Challenge<br />

qualifiziert, habe in Köln das Live-Event gespielt und gewonnen,<br />

mich dann unter den Letzten durchgesetzt und in TV-Matches<br />

Heads-up gegen Chris Ferguson, Howard Lederer und Gus Hansen<br />

bestanden. Meine Siegprämie: Die Teilnahme an der WSOP – inklusive<br />

Reisespesen. (Anm. d. Red. Martin erhielt nach dem zweiten Headsup<br />

der Full Tilt Million Challenge im Oktober außerdem einen Profi<br />

Vertrag angeboten.)<br />

B: Das Finale im Event #43 hat am Fernsehtisch stattgefunden. War<br />

das ein Vorteil für Dich als 21-Jährigen, routinierten TV-<br />

Hasen?<br />

MK: Das war für mich auf jeden Fall ein Vorteil. Ich stelle mich eben<br />

sehr gerne selbst dar und je mehr Leute zuschauen, desto höher ist<br />

meine Motivation. Ich habe auch schon früher immer gern Theater<br />

gespielt.<br />

Je mehr Zuschauer da sind, desto schüchterner sind meine Gegner<br />

und umso mehr drehe ich auf!<br />

B: Die letzte Hand war für Dich richtig befreiend. Niemand hatte mit<br />

Dir gerechnet. Das ist ein Wahnsinnserfolg. Gab es eine spontane<br />

Party?<br />

MK: Wir wollten eigentlich feiern gehen – doch es war schon relativ<br />

spät und ich war einfach nur müde. Wir haben uns auf mein Zimmer<br />

zurückgezogen, haben uns dort eine Kleinigkeit gegönnt und sind<br />

dann etwas später friedlich eingeschlafen. Die Party haben wir dann<br />

ein paar Tage später nachgeholt.<br />

B: Wer war bei dem spontanen Chill-out denn dabei? Deine Freundin?<br />

MK: Meine Freundin war nicht dabei – die habe ich erst später hier<br />

in Las Vegas kennen gelernt. Mein Kumpel von Zuhause, Fabian, war<br />

dabei. Den Namen muss man sich übrigens merken … denn ich denke,<br />

auch ihm steht eine große Pokerkarriere bevor.<br />

B: Eine Bracelet-Party zusammen mit den anderen beiden Bracelet-<br />

Gewinnern …<br />

MK: Ja, die in einem der angesagtesten Clubs in Las Vegas stattfand<br />

– im Tao Club. Wir hatten dort einen Tisch für 30 bis 40 Leute bestellt<br />

30 SEPTEMBER 2008 • WWW.<strong>BLUFF</strong><strong>EUROPE</strong>.COM<br />

<strong>BLUFF</strong> <strong>EUROPE</strong> - DEUTSCHSPRACHIG<br />

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<strong>BLUFF</strong> <strong>EUROPE</strong> - DEUTSCHSPRACHIG<br />

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NERVENKITZEL: TATORT LAS VEGAS - CONT.<br />

Kurzportrait<br />

und die ganze Nacht gefeiert. Das hat richtig<br />

eingeschlagen.<br />

B: Du wurdest auch gleich in die Gruppe der<br />

Youngsters aufgenommen.<br />

MK: Die Luckbox-Crew hat mich sehr<br />

supportet. Das sind 15 Deutsche und<br />

Österreicher, die Bewohner der Villa. Die sind<br />

immer zuvorkommend und wir verstehen uns<br />

super. (B: Wer wohnt denn alles im Luckbox-<br />

Haus?) Natürlich die Luckbox himself,<br />

Sebastian Ruthenberg, dann Nasr el Nasr,<br />

ein Pokerspieler aus Berlin, Alexander Jung,<br />

Nico Behling, Achter bei den Aussie Millions,<br />

Florian Langmann, Zweiter bei der EPT in<br />

London … eine große Anzahl guter Spieler,<br />

von denen ich viel lernen kann.<br />

B: Heißt das, die Gruppe hat Dich gleich<br />

eingeladen und Dir das Coaching angeboten?<br />

MK: Nein, ich bin einfach vorbeigekommen<br />

– ich kenne Nasr sehr gut. Das ist ein Kollege<br />

von mir, den ich in Berlin kennen gelernt<br />

habe. Ich habe Nasr auch schon für ein paar<br />

Monate in Berlin besucht und bei ihm in<br />

der Poker-WG gewohnt. In nahezu täglichen<br />

Sessions habe ich sehr viel Erfahrungen<br />

gesammelt – im Omaha oder Hold’em. Das<br />

kam mir in diesem Jahr zugute. (B: Ist da jetzt<br />

eine kleine Beteiligung fällig?) Nein!<br />

Mir wurde angeboten, dass ich immer<br />

vorbeikommen kann, in Berlin wie in Las<br />

Vegas – und in der Villa ist es eben sehr<br />

lustig.<br />

B: Was ist das Besondere an der Villa?<br />

MK: Sie ist groß, man hat einen Pool, ein<br />

Jacuzzi, eine Billiardausstattung, es sind<br />

einfach immer viele Leute da und die<br />

Stimmung ist immer supergut.<br />

B: Du scheinst neue Freunde, ein neues<br />

Zuhause gefunden zu haben. Wirst Du im<br />

nächsten Jahr gleich von Anfang an mit in der<br />

Villa wohnen?<br />

MK: Das weiß ich noch nicht. Das hängt<br />

davon ab, ob ich mich wieder für die World<br />

Series of Poker qualifizieren kann. Ich kann<br />

mir aber schon vorstellen, dass ich mir im<br />

nächsten Jahr mit den Jungs zusammen eine<br />

Villa mieten werde: Schließlich habe ich so<br />

eine gute response von allen bekommen.<br />

Jeden Tag, den man in der Villa ist, ist lustig.<br />

Es sei denn, Full Tilt bezahlt mir wieder ein<br />

Zimmer im Rio. Dann werde ich doch lieber<br />

Fabian mitnehmen und eine schöne Zeit im<br />

Rio haben.<br />

B: Zum Turnier, zu Deinen Gewinnen.<br />

MK: Hier habe ich jetzt $216.000 gewonnen<br />

und bei der Full Tilt Million Challenge<br />

350.000 Euro. (B:Rund eine Million Dollar!)<br />

Noch nicht ganz. Das ist aber mein Ziel.<br />

(B: Und wie viel ist davon noch übrig?) Genug<br />

für ein ganzes Leben.<br />

B: Das heißt, das Geld wird Dich erst einmal<br />

nicht verändern. Du bleibst auf dem Boden<br />

der Tatsachen?<br />

MK Ja, auch nach dem Gewinn der<br />

Million Challenge verhalte ich mich nicht<br />

anders. Ich lebe immer noch so wie vorher,<br />

ich reiße immer noch dieselben blöden Witze<br />

und rede immer noch das gleiche wirre Zeug.<br />

Da hat sich nicht wirklich viel verändert.<br />

B: Event #43, Pot Limit Omaha Hi-Lo. Du bist<br />

hier unwahrscheinlich stark aufgetreten. Wie<br />

war das genau?<br />

MK: Das Turnier lief zu jedem Zeitpunkt<br />

gut. Ich habe das eine oder andere Mal<br />

sicher miracle Hände gehabt – mit denen<br />

ich in einer Heads-up Situation one-outer<br />

getroffen habe. Dann habe ich jemanden<br />

glücklich gescoopt. Ich hatte zwei glückliche<br />

Situationen, doch ich war im ganzen Turnier<br />

nicht einmal All-in.<br />

Vom Start weg hatte ich immer viel Chips<br />

und war vom Chipstand immer vorne dabei.<br />

Nachdem ich schon Tag Eins mit einem guten<br />

Chipcount abgeschlossen hatte, schloss<br />

ich auch Tag Zwei ganz vorne ab. Mit den<br />

drittmeisten Chips bin ich an den Final Table<br />

gekommen. (B: Gab es eine Key-Hand?) Ja,<br />

es gibt eine witzige Hand, an die ich mich<br />

lange erinnern werde: UTG (under the gun)<br />

limpt, middle position limpt, der Small Blind<br />

foldet zu mir. Damit erhalte ich im Big Blind<br />

ein Free play mit 2-T-T-K. Ich floppe ein Full<br />

House mit Zehnen über Zweien und habe<br />

sogar noch die 2 für mögliche Quads. Ich<br />

checke und slow playe mein Full House, es<br />

geht check around und der Turn bringt eine<br />

Qualle, eine Dame. Jetzt setze ich, der UTG<br />

Mensch neben mir callt. Der middle position<br />

guy foldet. Es stellt sich heraus, dass der<br />

UTG-Limper Queens hatte. Also ich habe ihn<br />

auf dem Flop gehabt und er war auf zwei<br />

outs runter. Doch mit der Dame auf dem Turn<br />

hatte ich plötzlich nur noch ein out, weil er<br />

Q-Q-J-T hat. Er hat die Zehn, die ich zu Quad<br />

10 brauche und ich habe nur noch meinen<br />

Ein-Outer für meinen Quad 2. Ich treffe auf<br />

dem River und mache einen Vierling 2er<br />

und er sitzt mit seinem Full House mit den<br />

Damen da.<br />

Wir haben uns gegenseitig ein bisschen todgeslowplayt,<br />

würde ich sagen.<br />

B: Du bist das eine oder andere Mal<br />

fassungslos aufgestanden, hast eine Runde<br />

gedreht, Dir das Bord noch einmal angesehen<br />

und dann kam der Ausbruch – vor Freude.<br />

MK: Ich musste ab und an aufstehen, weil<br />

ich sehr angespannt war. Und wenn ich die<br />

großen Pots gewonnen hatte, musste ich<br />

mir hin und wieder einfach Luft machen<br />

– hin und her laufen, um den Druck<br />

loszuwerden. Beim Hi-Lo muss man auch<br />

zweimal hinschauen – das Spiel ist derart<br />

kompliziert. Da passiert es schnell, dass<br />

man an irgendeiner Stelle was nicht richtig<br />

mitbekommt – und dann doch die Lo- oder die<br />

Hi-Hand gewinnt. Es gibt unwahrscheinlich<br />

viele Kombinationen.<br />

B: Von Eddy Scharf habe ich gehört, dass<br />

Du das Spiel ein Jahr vorher noch gar nicht<br />

gespielt hast. Hast Du Dir für die WSOP ein<br />

Event herausgepickt und Dich speziell darauf<br />

vorbreitet?<br />

MK: Ich habe einfach ein bisschen Poker<br />

gespielt. Wie gesagt, ich war in der WG<br />

in Berlin und habe dort sehr viel über<br />

theoretisches Poker gelernt. Max Bracht,<br />

der 18. bei den Aussie Millions geworden<br />

ist, hatte mich nach Berlin eingeladen. Doch<br />

richtig intensiv vorbereitet habe ich mich<br />

nicht.<br />

B: Jetzt trägst Du Dein erstes Bracelet. Hast<br />

ein stattliches Polster auf Deinem Konto. Hast<br />

Du Dir nach Deinem Erfolg einen besonderen<br />

Wunsch erfüllt?<br />

MK: Ich habe mir nicht wirklich etwas<br />

gegönnt (überlegt). Ich habe mir ein kleines<br />

Auto gekauft, den Ford Fiesta von meiner<br />

Mum. Daraufhin konnte sie sich ein neues<br />

Auto kaufen und das war schon ganz in<br />

Ordnung so.<br />

B: Wie haben Deine Eltern auf Deinen Sieg<br />

reagiert?<br />

MK: Meine Mutter hat sich tierisch gefreut,<br />

obzwar sie immer die Skeptische ist. Zu<br />

meinen Plänen sagt sie bloß, „Du spinnst<br />

doch, Du bist total verrückt.“ Ich sollte erst<br />

einmal was Vernünftiges lernen. Mein Vater<br />

dagegen ist total nuts gegangen, er ist total<br />

ausgerastet und hat das im ersten Moment<br />

gar nicht gecheckt, weil ich ihn sehr früh<br />

morgens angerufen habe – und er ja eine<br />

Kneipe betreibt – und wahrscheinlich noch<br />

ein bisschen verschlafen war. Am Abend hat<br />

er mich dann zurückgerufen und mir gesagt<br />

„Martin, ich glaube wir müssen noch einmal<br />

ausführlicher telefonieren.“ Da hat er sich<br />

dann tierisch für mich gefreut.<br />

B: Was sagen Deine Eltern dazu, dass Du<br />

pokerst?<br />

MK: Wie gesagt, mein Dad ist auch mehr der<br />

Gambler. Er spielt Skat wie ein Besessener.<br />

Auch die ganzen anderen deutschen<br />

Kartenspiele beherrscht er wesentlich besser.<br />

Im Doppelkopf und im Skat macht er mich<br />

eiskalt fertig. Aber im Pokern bin ich ihm<br />

natürlich bei weitem voraus. Er findet es in<br />

Ordnung, dass ich pokere und sagt, das ist<br />

genau mein Ding und meint, ich soll genau da<br />

weitermachen. Meine Mum, wie halt Mütter<br />

sind, sagt: Mach was Vernünftiges, geh<br />

studieren … Man kennt das ja …<br />

Aber sie blockiert mich nicht. Sie ist eben nur<br />

skeptisch.<br />

B: Martin Kläser privat – wo wohnst Du<br />

eigentlich?<br />

MK: Ich wohne noch in einer 9er-WG in<br />

Rheinbach bei Bonn/Köln. Das ist meine alte<br />

31 SEPTEMBER 2008 • WWW.<strong>BLUFF</strong>MEDIA.COM <strong>BLUFF</strong> <strong>EUROPE</strong> - DEUTSCHSPRACHIG<br />

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Studenten-WG. Da werde ich jetzt auf jeden<br />

Fall so langsam mal ausziehen. (B: Ist das<br />

WG-Leben nichts für Dich?) Doch eigentlich<br />

schon. So ganz allein zu leben, da muss man<br />

schauen, wie man zurechtkommt. Das WG-<br />

Leben ist anders: Es ist immer jemand da.<br />

Es ist immer etwas los. Und es ist einfach<br />

cool, wenn Stimmung im Haus ist. Irgendwer<br />

hat immer Geburtstag. Außerdem darf man<br />

neun Mal grillen im Monat, neun Mal Party<br />

machen …<br />

B: Weil neun verschiedene Parteien in der<br />

Wohnung wohnen?<br />

MK: Ja genau, und das wird gnadenlos<br />

ausgekostet.<br />

B: Was studierst Du?<br />

MK: Ich studiere Chemie mit<br />

Materialwissenschaften, beziehungsweise<br />

ich habe das studiert. Ich denke nicht,<br />

dass ich jetzt an die FH Bonn Rhein/Sieg<br />

zurückkehren werde. Ich werde erst einmal<br />

weiter Poker spielen, mich voll darauf<br />

konzentrieren. Und wenn es noch etwas<br />

Interessantes gibt was ich machen will,<br />

dann werde ich das halt einfach machen. Die<br />

Möglichkeit habe ich ja jetzt.<br />

B: Wie sehen Deine nächsten Pläne aus?<br />

MK: Ich mache keine konkreten Pläne. Ich<br />

plane nicht weit in die Zukunft. Ich gucke<br />

einfach, was passiert und mache das Beste<br />

daraus.<br />

B: Wie geht es pokertechnisch weiter? Du<br />

wirst das Main-Event spielen …<br />

MK: Ja, genau. Das Buy-in dafür habe ich<br />

ja gewonnen. Wie es nach der WSOP weiter<br />

geht, da habe ich noch keinen Plan. Wie<br />

gesagt, ich lasse es auf mich zukommen. Ich<br />

höre, hey, da ist ein Turnier, und fliege dann<br />

einfach dorthin. Von Zeit zu Zeit spiele ich<br />

auch im Casino Aachen. Da gibt es ganz nette<br />

200 Euro Buy-in Turniere. Venlo liegt ja auch<br />

bei uns. Da musst Du nur einfach über die<br />

Grenze hüpfen und sitzt in guten Partien.<br />

Ich bin eh mehr der Fan von Live-Cashgame<br />

oder Live-Poker.<br />

B: Hast Du eine Freundin? Pokert sie auch?<br />

MK: Ja, seit Kurzem. Ich habe hier in Las<br />

Vegas eine wunderschöne Frau kennen<br />

gelernt. Eine Hamburgerin, die gerade Bagpackt<br />

durch die Welt, war zufällig hier mit<br />

einem Kollegen von mir. (B: Das soll jetzt<br />

keine Singleanzeige werden …) Hätte man<br />

dahingehend ausweiten können. Vor ein paar<br />

Wochen hätte ich das noch gerne mitgemacht<br />

– doch jetzt ist es zu spät. Mich hat es voll<br />

erwischt.<br />

B: Das heißt, von Las Vegas führt Dich Dein<br />

Weg direkt nach Hamburg?<br />

MK: Leider nicht. Sie kommt erst am 30.<br />

Juli wieder. Also muss ich noch einen Monat<br />

warten, bis ich Sie dann wiedersehen kann.<br />

B: Las Vegas, Du bist zum ersten<br />

Mal in Sin City … wie bist Du<br />

unterwegs, was nimmst Du mit …<br />

planst Du etwas …<br />

MK: Wenn Fabian und ich<br />

rausgehen, dann fahren wir einfach<br />

mit dem Taxi auf den Strip und<br />

schauen, was der Tag so bringt. Wir<br />

steigen dann meistens am Bellagio<br />

aus und laufen über den Strip. Las<br />

Vegas ist eine wunderschöne Stadt,<br />

einfach unglaublich. Das hat man<br />

noch nicht gesehen.<br />

B: Was fasziniert Dich am meisten,<br />

welche favorites hast Du?<br />

MK: Jedes Casino hat irgendetwas<br />

Besonderes. Das MGM hat einen<br />

Löwen, ist riesengroß, hat ein<br />

Urwaldrestaurant. Das Bellagio<br />

– wer Ocean’s Eleven gesehen<br />

hat, der kennt die Szene mit dem<br />

Wasserspiel. Das haben wir uns<br />

natürlich auch schon angesehen,<br />

nachts.<br />

B: Spielst Du auch viel Cashgame?<br />

MK: Hier in Vegas? Ja, die<br />

Touristen lassen Ihr Geld schon<br />

relativ freiwillig bei einem, und<br />

dass möchte man dann nicht<br />

missen. Die Swings sind aber auch<br />

hier deutlich zu spüren. Ab und an<br />

sitzen halt doch nicht nur Fische<br />

am Tisch :-)<br />

B: Pokerspieler und Seitenwetten.<br />

Der eine setzt auf einen Schlag<br />

beim Golf, der andere einfach nur<br />

darauf, ob das nächste Auto von<br />

rechts gelb oder rot ist.<br />

MK: (Lacht) Oh Gott, ich habe<br />

schon soviel gewettet hier in<br />

Las Vegas. Ich habe schon $ 100<br />

verloren, weil ich darauf gesetzt<br />

habe, dass Holland Europameister<br />

wird; jedes Bowling Spiel, das<br />

wir spielen geht um Geld, jedes<br />

Billardspiel, jedes Dartspiel. Wir<br />

spielen um alles, aber auch wirklich<br />

alles – Schere, Stein, Papier – sei<br />

es die Taxifahrt, sei es das Essen.<br />

Jeder kennt die Show mit Phil Laak<br />

und Antonius Esfandiari „I bet you“.<br />

Ich sag ein Alter, der andere sagt<br />

jünger oder älter, und wer dann<br />

richtig liegt, bekommt $20. (VW:<br />

Liegst Du vorne oder hinten?) Die<br />

wichtigen Flops haben die anderen<br />

gewonnen. Beim Wetten liege ich<br />

hinten, im Spiel liege ich vorne.<br />

B: Vielen Dank für das angenehme<br />

Gespräch. Ich wünsche Dir für<br />

Deinen weiteren Weg und Deine<br />

neue Beziehung alles Gute. Shuffle<br />

up and Deal.<br />

<strong>BLUFF</strong> <strong>EUROPE</strong> - DEUTSCHSPRACHIG WWW.<strong>BLUFF</strong><strong>EUROPE</strong> .COM • SEPTEMBER 2008 33<br />

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NERVENKITZEL<br />

PRO-FILE<br />

Vom Coach zum Pro<br />

Erfolgreichster deutscher Turnierspieler 2007<br />

Sie sind zwischen 20 und 30 Jahre alt, haben<br />

Spielerherzen und sind mit Xbox und Nintendo groß<br />

geworden. Keine andere Generation hat das Texas<br />

Hold’em Live Game stärker geprägt. Bluff sprach mit<br />

Florian Langmann, Vertreter der Internetgeneration, dem<br />

zweitplatzierten der EPT in London.<br />

18<br />

<strong>BLUFF</strong> <strong>EUROPE</strong> NOVEMBER 2007 www.bluffeurope.com


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NERVENKITZEL<br />

PRO-FILE<br />

das Geld, sondern viel mehr über diese<br />

Platzierung bei einem bedeutenden internationalen<br />

Event.<br />

Ich muss zugeben, dass das Geld für mich<br />

im Moment noch eine untergeordnete Rolle<br />

spielt. Es ist irgendeine Zahl auf meinem<br />

Bankkonto oder sonst etwas. Und so richtig<br />

fassen kann ich das noch nicht. Ich habe<br />

auch noch nie so viel Geld vor mir gesehen<br />

– bis jetzt nicht. Mein Gewinn, das Geld,<br />

befindet sich noch im Kasino.<br />

irgendetwas kleines brachte, gewann ich.<br />

Moneymaker hatte auf einen Gut Shot<br />

spekuliert.<br />

B: Welche bleibenden Eindrücke nimmst Du<br />

mit?<br />

FL: Die Stadt hat ein wenig von Las Vegas.<br />

Besonders die Clubs und die Bars sind ähnlich<br />

- ein bisschen trendy, etwas stylish. Mit<br />

den Lichtern und den Sounds – dem<br />

Treiben auf den Straßen - versprühen sie<br />

eine angenehme Atmosphäre.<br />

Bluff: Hallo Florian, erst<br />

einmal Gratulation zu<br />

Deinem Turniererfolg in<br />

London, dem hervorragenden<br />

zweiten Platz –<br />

in einem international<br />

besetzten Feld von<br />

Weltklasse. Wie fühlt<br />

sich das an, so ein paar Tage danach?<br />

Florian Langmann: Unmittelbar nach<br />

dem Heads-up war es für mich als<br />

´Sportler` etwas enttäuschend, nur zweiter<br />

geworden zu sein. Die anfängliche<br />

Niedergeschlagenheit der ersten Minuten<br />

war aber schnell vergessen und ich ergab<br />

mich der Hochstimmung meiner Gefühle.<br />

Das hat so etwa fünf Minuten gedauert,<br />

dann habe ich mich sehr gefreut. Nicht über<br />

B: International ist Englisch die<br />

dominierende Sprache an den Pokertischen<br />

dieser Welt. Habt ihr Euch daran gehalten –<br />

oder nicht doch hin und wieder einen<br />

Schnack auf Deutsch gehalten?<br />

FL: Das eine oder andere Wort auf Deutsch<br />

war schwer zu vermeiden – das war auch<br />

ganz in Ordnung. Und wenn nicht gerade<br />

einer von uns spielte oder einen Move<br />

erwartete – die Konzentration zum Bersten<br />

war - hat das niemanden gestört: Ganz<br />

anders, als ich es erwartet hatte.<br />

B: Das Starterfeld in London – und bei<br />

anderen europäischen Turnieren ist so stark<br />

wie noch nie. Es scheint, als entdeckten die<br />

amerikanischen Pros Europa. Bist Du in<br />

London irgendjemanden begegnet?<br />

FL: Auf jeden Fall David Ulliot oder Chris<br />

Moneymaker, wobei ich Chris nicht wirklich<br />

zu den großen Spielern zähle. Warum nicht?<br />

Weil ich einfach spielerisch nichts vom ihm<br />

halte. Er ist kein starker Spieler. Das hat er<br />

auch am Tisch wieder bewiesen. Ich saß mit<br />

ihm am dritten Tag am TV-Tisch, und da hat<br />

er so sinnlose Moves gemacht wie out of<br />

Position mit A-J suited. Logisch, dass er da<br />

gecallt wurde und verlor. Das fand ich sehr<br />

schwach.<br />

Ich denke, dass er meint, nur deswegen<br />

alle so auf drop-out spielen zu können, weil<br />

er der bekannte Profi ist. Davon habe ich<br />

mich aber bei meinem Spiel nicht beeinflussen<br />

lassen – und ihn später bei Blinds<br />

von 2.000/4.000 vom Tisch eliminiert.<br />

Ich saß Under the Gun und hielt T und<br />

was kleines suited. Im Pot lagen etwa<br />

50.000. Mit dem Board T-6-3 rainbow oder<br />

floppte ich T-T. Damit sah ich mich klar im<br />

Vorteil und spielte den halben Pot an. Chris<br />

callte. Auf dem kam ein Bub. Der öffnete<br />

mir die zusätzliche Option auf einen Flush<br />

Draw. Trotzdem, obwohl ich mich deutlich<br />

vorne sah, checkte ich. Chris ging sofort allin.<br />

Ich callte und er zeigte 8-9. Da der River<br />

B: Kennt man Dich in der internationalen<br />

Szene?<br />

FL: Ich weiß nicht ob ein Chris<br />

Moneymaker mich kannte. Doch die Leute,<br />

die die EPT regelmäßig mitspielen, etwa ein<br />

Roland de Wolfe, kennen mich schon.<br />

Roland kennt mich alleine schon deswegen,<br />

weil ich mit ihm bereits vier Mal an einem<br />

Tisch gesessen habe – zweimal in London,<br />

einmal in Dortmund und einmal in<br />

Barcelona.<br />

B: Wenn Du auf die vergangenen zwölf<br />

Monate zurückblickst … was ist das für ein<br />

Gefühl. Wie hat sich Dein Leben verändert?<br />

FL: Im letzten Jahr hat sich mein Leben auf<br />

jeden Fall verändert. Im August 2006 war<br />

ich noch Student, hatte geplant für ein Jahr<br />

ins Ausland zu gehen. Pokern war nur eine<br />

Sache neben vielen. Ich habe nur so zum<br />

Spaß gespielt. Zwar habe ich schon mit<br />

PokerStrategy zusammen gearbeitet, als<br />

Coach … das nur im Nebenjob. Und jetzt<br />

das.<br />

Das Alles kommt mir ein wenig wie eine<br />

‚verkehrte Welt’ vor. Etwa der Sieg hier in<br />

London. Er ist vom Preisgeld her ein<br />

Vielfaches meines Bankrolls von vorher.<br />

Ich bin mir ziemlich sicher, dass ich mit<br />

30 nicht mehr arbeiten muss. Wenn man<br />

einmal realisiert, dass ich im letzten Monat<br />

etwa 500 Euro in der Stunde verdient habe,<br />

ist das krass. Ich denke aber, dass ich das<br />

noch ganz gut hinkriege ist - ehrlich und<br />

auf dem Boden zu bleiben.<br />

B: Der große internationale Durchbruch<br />

fehlt Dir bislang, ein erster Platz – wann<br />

dürfen wir damit rechnen.<br />

FL: (lacht) Das ist beim Pokern sicherlich<br />

etwas schwer zu sagen. Es ist eine Sache<br />

von Wahrscheinlichkeiten. Früher oder<br />

Später werde ich höchstwahrscheinlich auch<br />

auf dem Siegertreppchen ganz oben stehen<br />

(lacht erneut). Ich hoffe eher früher. Auf<br />

jeden Fall werde ich in Zukunft versuchen,<br />

Bluff Europe - <strong>deutschsprachig</strong> NOVEMBER 2007 <strong>BLUFF</strong> <strong>EUROPE</strong> 19


FLORIAN.qxd:<strong>BLUFF</strong>_OCT07 11/10/07 12:57 Page 20<br />

NERVENKITZEL<br />

PRO-FILE<br />

mehr Turniere zu spielen: sicher die WSOP<br />

im nächsten Jahr. Vielleicht auch das Five<br />

Diamonds im Bellagio oder so …<br />

B: Pokerspieler haben oft das Bedürfnis<br />

immer und immer wieder um größere<br />

Summen spielen zu wollen, zu müssen. Du<br />

sagst selbst, dass viele Spieler ihre Gewinne<br />

leichtfertig verspielen, weil sie sich für<br />

unbesiegbar halten. Wie schützt Du Dich<br />

davor?<br />

FL: Ich werde definitiv kein Geld online eincashen.<br />

Ich bin eher froh, wenn ich Geld<br />

online auscashen kann. Ich fange Online<br />

mit dem Spiel um Geld aber gerade erst an,<br />

und möchte mich hier nach und hocharbeiten<br />

- und nicht gleich mit einem Live Cash<br />

bei Blinds von $ 25/50 anfangen, um dann<br />

erst einmal $ 50.000 Lehrgeld zu bezahlen.<br />

Was ich mir dagegen durchaus Fall<br />

vorstellen kann ist, hier und da ein Live-<br />

Turnier mehr zu spielen. Das konnte ich<br />

mir von meinem bisherigen Bankroll einfach<br />

nicht leisten.<br />

B: Laut Hendonmob hast Du alleine 2007<br />

schon über 700.000 $ gewonnen. Mal<br />

ehrlich, verleitet das eine oder andere Spiel<br />

da nicht doch auch mal dazu um hohe<br />

Einsätze zu spielen?<br />

FL: Mich nicht, nach einem Turnier bin ich<br />

in der Regel so zufrieden, dass ich kein<br />

Cashgame brauche. Nicht unbedingt -.<br />

(denkt nach.) Live-Cashgames nach einem<br />

Turnier, davor hätte ich keine Angst. Ich<br />

sehe mich hier den meisten<br />

Tischkonstellationen gegenüber deutlich im<br />

Vorteil.<br />

20<br />

B: Nebenwetten sind ein großes Thema<br />

unter Pokerspielern. Es heißt, der Eine oder<br />

Andere gewinne damit mehr Geld, als mit<br />

einem Turniersieg. Ist das auch ein Thema<br />

für Dich?<br />

FL: Side-Bets - machen mir auch Spaß. Bei<br />

mir geht es da mehr aber um den Spaß als<br />

um das Geld. Ich habe zum Beispiel vor<br />

zwei Wochen das TNT Turnier in Bremen<br />

gewonnen und da auch sehr vielen jungen<br />

Spielern am Tisch gesessen. Jan van Halle<br />

hat einen Topf organisiert und es ging einfach<br />

darum, wer von uns am längsten im<br />

Turnier bleibt. Von 98 Teilnehmern haben<br />

sich 20 mit ¤ 100 an dem Topf beteiligt.<br />

Und diesen hatte ich bereits sicher, als noch<br />

13 Spieler im Turnier waren. ( Dein verrücktester<br />

Side-Bet?) Solche Sachen mache ich<br />

nicht.<br />

B: Pendelst Du immer noch so oft zwischen<br />

der schwedischen Kleinstadt Lund und<br />

Deinem Hauptwohnsitz Dresden hin und<br />

her?<br />

FL: Nein, von Lund bin ich weggezogen. Ich<br />

habe ein Jahr lang dort gewohnt, und bin<br />

jetzt seit einem Jahr wieder in Dresden. (Du<br />

arbeitest aber schon noch für<br />

PokerStrategy?) Ja, ich mache Videos,<br />

schreibe und korrigiere Texte und gebe<br />

Verbesserungsvorschläge bei der<br />

Entwicklung neuer Ideen. Hin und wieder<br />

coache ich auch mal. In letzter Zeit sind<br />

diese Coachings eher selten gewesen. Das<br />

will jetzt ich jetzt aber ändern.<br />

B: Du bist der amtierende Deutsche Meister<br />

im Pokern. Eine Wildcard für das Finale in<br />

Berlin hast Du trotzdem nicht. Bist Du<br />

schon qualifiziert – oder hoffst Du wieder<br />

auf einen Freund, der Dir sein Ticket<br />

verkauft?<br />

FL: Verkaufen kann man ja diesmal leider<br />

nicht – von daher werde ich wahrscheinlich<br />

in den nächsten Tagen nach Berlin ins<br />

Kasino fahren und versuchen, mich zu qualifizieren.<br />

B: Du genießt das Pokern, das Reisen, das<br />

Hier und Dort sein. Du hast einmal gesagt,<br />

dass Du es Dir nicht vorstellen kannst, in<br />

einem richtigen Beruf zu arbeiten. Wirst Du<br />

nie müde? Was macht eigentlich Dein<br />

Studium?<br />

FL: Ich habe vor kurzem meinen Bachelor<br />

gemacht und damit den ersten Abschluss<br />

erreicht. Ich möchte aber weiter machen<br />

und versuche, in den nächsten zwei bis drei<br />

Jahren mein Diplom zu schaffen. Wie<br />

schnell ich da vorankomme, das hängt sicher<br />

mit von meinen Pokeraktivitäten ab. Und<br />

was danach kommt, das weiß ich noch<br />

nicht.<br />

B: Letzte Frage, Florian. Du zählst mit zu<br />

der Garde der jungen Internetspieler, die<br />

die Szene in den letzten Monaten sehr<br />

verändert haben. Wodurch zeichnest Du<br />

Dich aus, wodurch die neue<br />

Internetgeneration?<br />

FL: (Florian denkt …) Ich glaube, dass die<br />

jungen Spieler ganz anders an die Sache<br />

herangehen, als die älteren vor zehn Jahren.<br />

Das liegt vor allem am Wandel der Zeit,<br />

daran, wie wir aufgewachsen sind. Unsere<br />

Generation hat früher semiprofessionell<br />

Videogames gespielt … Wir gehen an das<br />

Spiel heran, um auch gleich direkt einen<br />

Gewinn zu machen. Selbst wenn wir erst<br />

nur um Cent-Beträge spielen, gehen wir an<br />

ein Spiel heran, um Gewinn zu machen.<br />

Die Geschwindigkeit, in der das Ganze<br />

abläuft, kommt einem Internetspieler da<br />

zugute. Während man Live etwa zehn<br />

Spiele spielt, sind online 40 oder auch mehr<br />

möglich. Von daher ist der Lerneffekt um<br />

einiges höher.<br />

Internetspieler sind in der Regel viel<br />

mathematischer und aggressiver. Sie<br />

nutzen aus meiner Sicht mehr Schwächen<br />

der Gegner aus. Damit haben sie das Spiel<br />

Texas Hold’em auch deutlich verändert.<br />

<strong>BLUFF</strong> <strong>EUROPE</strong> NOVEMBER 2007 www.bluffeurope.com


HINTER_OCT07.qxd:<strong>BLUFF</strong>_JAN06 11/10/07 04:33 Page 10<br />

NERVENKITZEL<br />

HINTER DEN KARTEN<br />

REKORD IN<br />

WIENER<br />

NEUSTADT<br />

Bei dem Jackpot-Turnier am 8. September im<br />

Poker Royale Card Casino in Wiener<br />

Neustadt gab es so viele Teilnehmer wie bei<br />

keinem anderen österreichischen Live<br />

Pokerturnier. Mit mehr als 600 Teilnehmern<br />

und einer garantierten Gewinnsumme von<br />

40.000 Euro setzt das Kasino damit neue<br />

Maßstäbe.<br />

Aufgrund der hohen Teilnehmerzahl wurde<br />

das garantierte Preisgeld verdoppelt: tatsächlich<br />

wurden über ¤ 87.000,- ausgespielt. Der<br />

Gewinner, der Lokalmatador Wolfgang<br />

Konrad setzte sich gegenüber dem stark<br />

besetzten Starterfeld durch und freute sich<br />

schlussendlich über seine Siegprämie von ¤<br />

14.102.<br />

Geschäftsführer Kurt Haindl zeigte sich<br />

sehr zufrieden. „Ich freue mich, dass sich<br />

bei diesem Turnier einer unserer<br />

Stammgäste durchsetzen konnte. Ich bin<br />

aber auch sehr stolz auf den<br />

Zweitplatzierten, Ercin Corc, der bei allen<br />

drei Jackpot-Turnieren am Finaltisch saß“.<br />

Der Termin für das November Jackpot-<br />

Turnier steht noch nicht fest. Ein anderes<br />

Highlight dagegen schon: Vom 16. bis 25.<br />

November 2007 finden im Poker Royale die<br />

„Poker Royale Masters“ statt.<br />

ERSTES<br />

NICHTRAUCHERT<br />

URNIER IN<br />

WIESBADEN<br />

„Na endlich”, war der fast einhellige Tenor<br />

der Kasinogäste zum ersten Tag des<br />

flächendeckenden Rauchverbotes in Hessen<br />

und damit auch zum Rauchverbot im klassischen<br />

Spiel der Spielbank Wiesbaden.<br />

Sowohl die Nichtraucher als auch die<br />

Raucher unter den Pokerspielern waren<br />

sehr angetan von der “konzentrationsfördernden”<br />

Wirkung der klaren Luft an den<br />

Spieltischen.<br />

Seine rauchenden Spieler, ob Poker,<br />

BlackJack oder Roulette, lässt das Kasino<br />

aber nicht im Regen stehen: Um zwischendurch<br />

mal “eine durchziehen zu können,“<br />

hat das Kasino eine schicke<br />

Raucherlounge an den Wintergarten angebaut.<br />

Dort wurde auch beim Montags-<br />

Turnier die “Raucher-Pause” eingelegt, die<br />

der Final-Table seinen rauchenden<br />

Mitspielern offiziell genehmigt hatte.<br />

Wer als kettenrauchender Pokerspieler aber<br />

so gar nicht von der Zigarette lassen kann,<br />

ist im Automatenspiel des Wiesbadener<br />

Kasinos bestens aufgehoben: Dort geht täglich<br />

an zwei PokerPro-Tischen die Post ab.<br />

Das komplette Automatenspiel befindet sich<br />

in einer offiziellen Raucherzone.<br />

Zurück zum Turnier: Der erst 19-jährige<br />

Youngster Bernd Kruschewski, der bereits<br />

bei seinem ersten Turnier am letzten<br />

Mittwoch in Wiesbaden gesiegt hatte,<br />

konnte sich beim gestrigen Montags-<br />

Turnier der Profis erneut in die<br />

Geldränge spielen, und den mit ¤ 1.700,-<br />

dotierten vierten Platz erringen. Dabei<br />

war er erst als einer von fünf<br />

Nachrückern in das ausverkaufte Turnier<br />

eingestiegen.<br />

MILLERNTOR IST<br />

GRÖßTER POKER-<br />

ROOM EUROPAS<br />

Beim FC St. Pauli Heimspiel gegen Borussia<br />

Mönchengladbach spielten mehr als 15.000<br />

Fußball-Fans gemeinsam Poker.<br />

Mit diesem einmaligen Rekordversuch<br />

machen die Fans der Hamburger Kiezkicker<br />

wieder einmal von sich reden. In der<br />

Halbzeitpause des Bundesligaspiels gegen<br />

Borussia Mönchengladbach wurde das<br />

Millerntor der größte Pokerroom Europas.<br />

15.400 Fans pokerten mit. Dazu<br />

wurden vor Beginn des<br />

Spiels jedem Fan große<br />

Poker-Spielkarten als Flyer<br />

ausgeteilt. In der<br />

Halbzeitpause deckte der<br />

FC St. Pauli Spieler Filip<br />

Trojan für alle Pokerfans<br />

zusammen mit einem<br />

Dealer die fünf überdimensionalen<br />

Gemeinschaftskarten auf<br />

dem Spielfeld auf.<br />

Die Fans mit den besten<br />

Kartenkombinationen<br />

gewannen wertvolle Poker-Sets.<br />

Hendrik Knopp, Marketingleiter des FC<br />

St. Pauli Sponsors PokerRoom.tv, hatte<br />

die Idee zum Rekordversuch: “Fußball<br />

und Poker haben viel gemeinsam - vor<br />

allem den Nervenkitzel für alle<br />

Beteiligten. Mit dem Rekordversuch wollen<br />

wir das Pokerfieber bei den St. Pauli<br />

Fans entfachen.”<br />

POKERPROFI<br />

WERDEN, BEI<br />

DER GNUF-GPPA-<br />

TURNIERSERIE<br />

Gnuf vergibt einen Sponsorenvertrag in<br />

Höhe von 250.000 Dollar und damit einen<br />

Platz in dem neu gebildeten deutschen Gnuf-<br />

Team. Von September bis zum 31. Januar finden<br />

im Rahmen des Gnuf-GPPA-Freeroll bun-<br />

10<br />

<strong>BLUFF</strong> <strong>EUROPE</strong> NOVEMBER 2007<br />

www.bluffeurope.coM


HINTER_OCT07.qxd:<strong>BLUFF</strong>_JAN06 11/10/07 04:33 Page 11<br />

NERVENKITZEL<br />

HINTER DEN KARTEN<br />

desweit monatlich 20 spannende<br />

Turnierabende statt. Damit gehört die Gnuf-<br />

GPPA Freeroll zu den bisher größten kostenlosen<br />

Poker Turnierserien in Deutschland.<br />

Es geht um Einiges: Die fünf besten Spieler<br />

können ‚ihren’ Traum verwirklichen<br />

und Pokerprofis werden. Jeder von ihnen<br />

erhält einen Sponsorenvertrag im Wert von<br />

250.000 Dollar und verstärkt das Gnuf Team<br />

rund um Andreas Krause, dem Eine-Million-<br />

Dollar-Mann.<br />

Mitspielen darf jeder über 18. Einzige<br />

Voraussetzung, er muss sich ausweisen und<br />

einen gültigen Gnuf Account besitzen. Wer<br />

noch keinen anerkannten Account hat, kann<br />

diesen vor Ort völlig unkompliziert und<br />

kostenlos einrichten.<br />

Für die Teilnahme an der Turnierserie wird<br />

einmalig eine Bearbeitungsgebühr von ¤ 15<br />

erhoben – was bei den hochwertigen<br />

Sachpreisen allenfalls einem<br />

Unkostenbeitrag gleichkommt. Die besten<br />

zehn erhalten im Anschluss jeweils<br />

Rankingpunkte für das Gnuf-<br />

Team Deutschland. Und die<br />

punktbesten Spieler qualifizieren<br />

sich am Ende jeder<br />

Turnierserie für das<br />

Superfinale im Januar. Dort<br />

geht es um die fünf<br />

Sponsorenverträge im Wert<br />

von 250.000 Dollar. Mehr<br />

Informationen unter<br />

www.gnuf.com<br />

POKERN IM TV<br />

BEI AXN<br />

Wenn sechs Pokerspieler in den besten<br />

Kasinos der Welt um drei Millionen Dollar<br />

spielen, ist nervenzerreißende<br />

Hochspannung garantiert! Der Pay-TV Kanal<br />

AXN hat dies erkannt und präsentiert im<br />

November jeweils Freitags, 21.05 Uhr<br />

Highlights des internationalen<br />

Pokerbusiness. Während die Spieler noch im<br />

Dunkeln tappen, ist der Zuschauer im Vorteil<br />

und den Spielern am Tisch einen Schritt voraus.<br />

Er blickt direkt in ihre, die Karten der<br />

Pros, und ist fasziniert von den Tells, Bets<br />

und Bluffs.<br />

Am 9.11. zeigt AXN die „Bad Boys of Poker”.<br />

Der Sender hat die Pros Gus Hansen,<br />

Antonio Esfandiari und David “Devilfish”<br />

Ulliott auf ihrem Weg ins Bellagio begleitet.<br />

„Bad Boys of Poker“ zeigt wie unberechenbar<br />

und aggressiv diese Jungs spielen, wie sie<br />

ihre Gegner verunsichern und besiegen.<br />

Am 16.11. und an den darauf folgenden<br />

Freitagen taucht AXN in die Welt von<br />

Hollywood ein. Mit „Hollywood<br />

Home Game“ zeigt der<br />

Sender eine Serie, in der sich hochkarätige<br />

Stars für wohltätige Zwecke an den TV-<br />

Pokertisch setzen. Mit dabei sind keine anderen<br />

als Tom Cruises Ex-Frau Mimi Rogers,<br />

Komödiant Drew Carey und Jack Black (aus<br />

“Liebe braucht keine Ferien”). Die Stars zeigen,<br />

dass sie ihre Nerven nicht nur am Set<br />

im Zaum halten können, sondern durchaus<br />

auch am Pokertisch.<br />

VIER NEUE SPIE-<br />

LER IM TEAM<br />

POKERSTARS<br />

Daniel Negreanu, Joe Hachem, Isabelle<br />

Mercier, Barry Greenstein, Vanessa Rousso,<br />

Chris Moneymaker … haben eines gemeinsam:<br />

Sie gehören mit vielen anderen zu dem<br />

Team von Pokerstars. Ein Team, das mit zu<br />

den besten und bekanntesten Poker-Teams<br />

der Welt zählt. Immer wieder treten sie<br />

gemeinsam oder auch einzeln bei Turnieren<br />

an. Auf Ihren Konten befinden sich<br />

Millionen.<br />

Als deutsches<br />

Aushängeschild<br />

mit dabei ist Katja<br />

Thater. Sie gehört<br />

seit mitte 2006<br />

mit zum Team<br />

von Pokerstars<br />

und machte in<br />

diesem Jahr nicht<br />

nur mit ihrem 5.<br />

Platz beim EPT<br />

Finale in<br />

Warschau auf sich<br />

aufmerksam, sondern<br />

vor allem<br />

mit ihrem Sieg bei<br />

der WSOP und<br />

dem Gewinn des<br />

vierten Bracelets<br />

beim $ 1.500<br />

Seven Card Razz<br />

Event.<br />

Jetzt bekommt das Team starken Nachwuchs.<br />

Nachdem Daniel Negreanu und der<br />

Brasilianer Andre Akkari die Mannschaft des<br />

größten Online-Poker-Anbieters verstärkt<br />

haben, stoßen mit Tuan Lam, Raymond<br />

Rahme, Hevad Khan und Dario Minieri<br />

gleich vier weitere Pokerprofis dazu.<br />

Bluff Europe - <strong>deutschsprachig</strong><br />

NOVEMBER 2007 <strong>BLUFF</strong> <strong>EUROPE</strong><br />

11


HINTER_OCT07.qxd:<strong>BLUFF</strong>_JAN06 11/10/07 04:34 Page 12<br />

JAHRE CASINO<br />

WESTERLAND<br />

NERVENKITZEL<br />

HINTER DEN KARTEN<br />

Seit 10 Jahren betreibt<br />

die Spielbank Schleswg<br />

Holstein das Casino<br />

Westerland auf Sylt.<br />

Trotz turbulenter Zeiten<br />

hat sich das Kasino im<br />

Inseltourismus fest<br />

etabliert. Mehr als<br />

100.000 Gäste<br />

erlebten hier in<br />

unmittelbarer<br />

Strandnähe ein<br />

Feeling, wie in<br />

Las Vegas.<br />

„Es kann keinen besseren<br />

Anlass geben,<br />

unser Kasino großzügig<br />

und aufwendig<br />

umzubauen. Damit wollen<br />

wir uns bei allen<br />

Mitarbeitern für ihren<br />

Einsatz und den<br />

Stammgästen für ihre<br />

langjährige Treue zu<br />

bedanken“, so Knut Pauker.<br />

Um den Anforderungen des Publikums weiterhin<br />

gerecht zu werden, wird das Kasino<br />

schon bald in einem neuen eleganten und<br />

stilvollen Ambiente erstrahlen. Das<br />

Besondere daran: Die beiden Betriebsstätten<br />

werden zusammengelegt und sich in<br />

Zukunft nicht mehr getrennt, sondern unter<br />

einem Dach präsentieren. „Dadurch wartet<br />

das Kasino mit einem deutlich größeren<br />

Erlebnisgefühl auf.“ Dank des neuen<br />

Kasinoleiters Knut Pauker, der mit viel<br />

Engagement und Herzblut immer wieder<br />

neue Ideen umsetzt, haben sich Roulette,<br />

Poker und Black Jack Turniere fest etabliert.<br />

Jeder darf gespannt sein, mit welchen tollen<br />

Spielangeboten das Kasino nach dem<br />

Umbau überraschen wird.<br />

GNUF UND DREAMPOKER<br />

BÜNDELN KRÄFTE<br />

Der Pokeranbieter Gnuf übernimmt ab sofort den Online-<br />

Pokerraum Dreampoker. Alle Dreampoker-Spieler finden<br />

hierdurch bei der umfassenden Gnuf-Community ein<br />

neues Zuhause: Neben einem erstklassigen Pokerraum in<br />

modernem Design können diese, über das Pokern hinausgehend,<br />

auch die vielfältigen Casinoangebote von Gnuf nutzen.<br />

Bestehende Dreampoker-Accounts werden ohne Mehraufwand für die<br />

Spieler direkt in einen Gnuf-Account transferiert. Software,<br />

Zahlungsmethoden und Account bleiben für die neuen Gnuf-Mitglieder<br />

somit unverändert – lediglich das Design ist neu. Mit der Übernahme<br />

setzt Gnuf seinen steilen Wachstumskurs fort: Gnuf ist derzeit einer der<br />

erfolgreichsten Newcomer in der Gamingbranche.<br />

ONLINE KOSTENLOS<br />

POKERN<br />

Das Online-Spiele-Portal Play.de bietet ein kostenloses<br />

Special für Pokerfans an. Ob klassischer 5-Card<br />

Draw, Texas Hold’em oder Video-Poker, der Spieler<br />

hat die Qual der Wahl zwischen einer Vielzahl von<br />

Poker-Varianten. Die vorgestellten Poker-Spiele sind<br />

kostenlos, erfordern keine Registrierung und benötigen<br />

keine Downloads oder Installationen. Es handelt<br />

sich bei diesen Spielen um relativ einfache<br />

Minigames, sogenannte Casual-Games, die direkt im<br />

Browser gespielt werden. Mehr dazu auf<br />

www.play.de .<br />

REGENSBURGER<br />

GEWINNT GNUF-<br />

GPPA-FREEROLL<br />

Der Pokerthriller dauerte über zwölf<br />

Stunden und am Ende hatte ein<br />

Regensburger die besten Karten: Beim<br />

ersten Monatsfinale der Gnuf-GPPA-Freeroll-<br />

Turnierserie setzte sich Josef Schmalzbauer<br />

gegen die harte Konkurrenz durch. Die<br />

Gnuf-GPPA-Freeroll ist eines der größten<br />

kostenlosen Pokerturnierserien in<br />

Deutschland, an deren Ende den Gewinnern<br />

fünf Sponsorenverträge in Höhe von je<br />

250.000 Dollar winken.<br />

Beim ersten Gnuf-GPPA-Monatsfinale<br />

kämpften am 30. September in der<br />

Filderhalle in Stuttgart 182 Pokerfans um<br />

den Sieg. Zu gewinnen gab es hochwertige<br />

Sachpreise in Höhe von über 10.000 Euro.<br />

Der Hauptpreis war ein nagelneuer Ford Ka,<br />

über den sich der glückliche Gewinner aus<br />

Regensburg freuen durfte. Besonders der<br />

Süden Deutschland bewies bei dem Turnier<br />

seine Pokerqualitäten: Von den zehn<br />

Teilnehmern des Finaltisches kamen vier<br />

aus Baden-Württemberg und ebenso viele<br />

aus Bayern.<br />

Im Rahmen des Gnuf-GPPA-Freeroll finden<br />

noch bis zum 31. Januar bundesweit monatlich<br />

20 spannende Pokerturniere statt.<br />

Damit ist die Gnuf-GPPA Freeroll die bisher<br />

größte kostenlose Pokerturnierserie in<br />

Deutschland. Mehr Informationen unter<br />

www.gnuf.com und www.gppa.de.<br />

12<br />

<strong>BLUFF</strong> <strong>EUROPE</strong> NOVEMBER 2007 www.bluffeurope.com


Nervenkitzel<br />

MIAMI STYLES TOURNAMENT<br />

Ich<br />

bin leer<br />

Platzmangel gibt es nicht.<br />

Zeit ist keine limitierende<br />

Komponente. Es geht schnell:<br />

beim Online-Turnier um den<br />

Ferrari Mondial, dem Kult-Auto<br />

der 80 er Jahre.<br />

Das Auto gilt heute als ultimatives<br />

Accessoire der Reichen und Schönen.<br />

Auf Parkplätzen von Tennis-Anlagen,<br />

Golfplätzen oder Pferderennbahnen ist der<br />

Flitzer, meistens in rot, selten aber doch zu<br />

sehen – und an verregneten Tagen steht<br />

er in der Regel in der Garage. Gemeint<br />

sind die Sportwagen des italienischen<br />

Autobauers aus Maranello, in der Provinz<br />

Modena. Keine andere Marke faszinierte<br />

die amerikanischen TV-Produzenten der<br />

80er Jahre mehr. Keine andere bedient<br />

mehr Klischees. Ihr Name: Ferrari. Das der<br />

Mythos von einst auch heute noch existiert,<br />

war in den Augen der 30 Teilnehmer des<br />

Live-Events deutlich zu erkennen. 30<br />

Gambler, die sich online über die Website<br />

von Pokeroom.com für das Live-Finale<br />

in Hamburg qualifizierten: Spieler aus<br />

Deutschland, Österreich und der Schweiz,<br />

Spieler aus Polen, Lettland, aus Schottland<br />

und Australien, aus Spanien, Dänemark<br />

und Holland. Spielerinnen und Spieler die<br />

der Einladung von PokerRoom.com nach<br />

Hamburg gefolgt sind.<br />

Gewohnt haben alle im Radisson SAS<br />

18<br />

<strong>BLUFF</strong> <strong>EUROPE</strong> JANUAR 2008<br />

Hotel, gleich neben dem Kongresszentrum<br />

Hamburg, dem CCH. Hier begegneten sich<br />

die Teilnehmer live, mischten sich virtuelle<br />

Namen mit realen Bildern. Hier gab es<br />

am Turniertag für jeden das passende<br />

Outfit, wahlweise schwarz oder weiß, in<br />

Form einer schwarzen Jacke oder eines<br />

weißen Kapuzenshirts: dazu passend ein<br />

Poloshirt und eine Schirmmütze plus<br />

wichtiger Instruktionen und Utensilien<br />

für den Abend. Gegen Vorlage des<br />

Personalausweises erhielt jeder sein all-youcan-eat-and-drink<br />

Armband.<br />

Ortswechsel, mit einem Shuttle-Service,<br />

der nicht nur für die Fahrt zwischen der<br />

Bar „Weltschmerz“ und dem Radisson<br />

genutzt werden konnte, ging es am<br />

späten Nachmittag in die Clemens-Schulz<br />

Straße. Die Bar war menschenleer, alles<br />

hergerichtet für die Pokerschar. Fünf<br />

Pokertische, drei für das Live-Turnier und<br />

zwei Public Table standen bereit. „Freizeit-„<br />

Dealer bereiteten sich und das Spiel<br />

vor. Erklärten hier und da noch einmal<br />

kurz worauf zu achten sei und gaben die<br />

Platzkarten aus. Wenig später hieß es<br />

„Shuffel and deal.“<br />

Mit dabei Philip Brunner<br />

aus Berlin. Der 27-jähirge<br />

pokert seit etwa eineinhalb<br />

Jahren und ist Mitglied bei den „Five<br />

Diamonds“ einem Berliner Pokerverein.<br />

Er habe Pokern im Fernsehen für sich<br />

entdeckt, im Programm von DSF meint er<br />

sich zu erinnern. Das Sponsoring eines<br />

Onlinekasinos habe ihn auf verschiedene<br />

Internetseiten aufmerksam gemacht. Sie<br />

heißen Fult Tilt, Pokerstars, Partypoker –<br />

oder eben bwin und PokerRoom. Alle habe<br />

er ausprobiert. Keinen wirklichen Favoriten<br />

www.bluffeurope.com<br />

MIAMI.indd 34 17/12/07 21:35:00


Nervenkitzel<br />

ausgemacht. Der gelernte Bankkaufmann<br />

spielt nach Lust und Laune auf den diversen<br />

Seiten. Je nach Phase wechselt er Tisch<br />

respektive Plattform und seinen Nick. Die<br />

Qualifikation zu dem Finale des Miami<br />

Style Tournaments hat er über ein 5 $ Buyin<br />

Qualifier erreicht. „Ich habe drei oder<br />

so gespielt,“ erzählt Brunner „und eines<br />

gewonnen“ Beim Online Finale erreichte er<br />

Platz 22. oder 23.<br />

Peter O’Mara hatte da schon eine weitere<br />

Anreise. Er reiste laut Wikipedia aus der<br />

abgeschiedensten Großstadt der Erde<br />

an, aus Perth. Die nächste größere Stadt,<br />

Adelaide, liegt 2.845 Kilometer entfernt.<br />

Dort, an der Süd-West-Spitze Australiens<br />

habe Toyota ein Werk – und er arbeite dort<br />

als Manager, auch am Montag wieder. Auf<br />

die Frage, seit wann er denn schon pokere,<br />

schaut er fragwürdig und meint, dass die<br />

Bluff Europe - <strong>deutschsprachig</strong><br />

meisten Finalisten hier in Hamburg da<br />

noch nicht auf Welt gewesen wären: seit<br />

1972 pokere er, vorzugsweise im Kasino.<br />

Online zu spielen habe er erst sehr viel<br />

später begonnen, erzählt der Australier. Er<br />

hält auch nicht zurück, dass er online vor<br />

allem Qualifiers spiele, auf den Seiten von<br />

Fult Tilt oder PokerRoom. Sein Nickname<br />

ist „al pom_1962“. Im Moment spielt er vor<br />

allem um ein Ticket für „Aussie Million“ im<br />

Januar. „Und wenn ich kein Ticket online<br />

gewinne, dann bezahle ich es eben aus der<br />

eigenen Tasche.“<br />

Es geht auch anders. Sicher ist der<br />

Weg vom realen Turnierspieler zum<br />

Onlinespieler kürzer als umgekehrt, denn<br />

nicht alle Onlinespieler finden den Weg<br />

an einen Live-Tisch. Peter Skovgaard etwa,<br />

Dentaltechniker aus Pandrup in Dänemark<br />

sagt: „I have never played offline before“.<br />

Dass er in Hamburg keine Mühe mit den<br />

Tells seiner Mitspieler hatte und Gefallen<br />

am Live-Spiel fand, soll die Online-Anbieter<br />

nicht stören. Obwohl er künftig mehr<br />

Live-Turniere spielen will, wird er doch<br />

gerade des Geldes wegen die zahlreichen<br />

Internetangebote nutzen, um sich für eines<br />

der großen Live-Turniere zu qualifizieren.<br />

Etwa für ein Event bei der European Poker<br />

Tour oder der World Poker Tour. Dass er<br />

bei seinem ersten Live-Turnier in Hamburg<br />

ausgerechnet Dritter geworden ist und<br />

einen Motorroller gewonnen hat, unterstützt<br />

ihn bei seinem Streben nach mehr Live<br />

Turnieren.<br />

Wie auch der Australier zählt „Guggi<br />

X“ zu den erfahreneren Spielern in<br />

Hamburg. Bereits vor 15 Jahren habe er<br />

in Dänemark einen kleinen Pokerclub<br />

gegründet. „Das Internet steckte noch in<br />

den Kinderschuhen,“ erzählt Mikael. „Dann<br />

war da auf einmal das www und es wurden<br />

immer mehr Seiten angeboten.“ Inzwischen<br />

werden jeden Tag im Internet eine Vielzahl<br />

von Turnieren, Qualifiers und Cashgames<br />

angeboten. Er nutze das Angebot nicht oft,<br />

vielleicht ein- bis zweimal die Woche. Dass<br />

er am Ende des Tages Platz eins belegt und<br />

letztendlich einen Ferrari Mondena sein<br />

eigen nennen kann, freute den Dänen. Auch<br />

seine Frau zeigte sich überaus glücklich „He<br />

is the coolest Guy in the world, I am empty.“<br />

Gemeinsam mit dem Auto aus Dänemark<br />

angereist, sprach sie aus. was viele dachten:<br />

„Wie bringen wir den Ferrari nach Hause?“<br />

Hochschwanger ist es der Frau von Mikael<br />

nicht mehr möglich Auto zu fahren. Der<br />

Veranstalter versprach zu helfen.<br />

JANUAR 2008 <strong>BLUFF</strong> <strong>EUROPE</strong><br />

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Thrills<br />

ONLINE SATELLITES<br />

“Catch me if you can“<br />

Journalisten auf Abwegen. Wen man eine<br />

Einladung erhält, und ein Traum in Erfüllung<br />

gehen kann, fällt es schwer, „Nein“ zu sagen.<br />

Von Marc Gerard de Soucanton<br />

WSOP bedeutete für mich bislang immer so<br />

etwas wie: Wahnsinns Struktur ohne Preis.<br />

Das kleine o macht den Unterschied. Für die<br />

Pokergemeinde ist es das größte Spektakel,<br />

der Jahreshöhepunkt. Off- wie on-line gibt es<br />

bundesweit (Ich spreche jetzt nicht ausschließlich von Deutschland,<br />

sondern auch von unseren Nachbarn in Österreich und der Schweiz)<br />

so genannte WSOP (World Series of Poker) Qualifier, auch Satellites<br />

genannt. Das sind Ausscheidungsrunden, bei denen es in der Regel<br />

proportional zum Teilnehmerfeld Tickets für die WSOP zu gewinnen<br />

gibt.<br />

Leider wohne ich in keiner dieser Pokerhochburgen wie Salzburg<br />

oder Wien. Ein Treffen mit Freunden und ein gemeinsamer<br />

Pokerabend im Concord Card Casino oder im Card Movie Casino<br />

(CMC), ist für mich nicht schnell umzusetzen. Das muss organisiert<br />

werden: Flug buchen, Hotel buchen, Arrangements treffen – und<br />

am besten gleich mit der Arbeit verbinden: Als Wirtschaftsjournalist<br />

bin ich häufiger an der Wiener Börse zu Besuch. Vielleicht kann ich<br />

ja auch mal einen Text für ein Pokermagazin schreiben: Zu den fünf<br />

Existierenden sollen sich noch 2008 zwei weitere dazu gesellen.<br />

Für uns Journalisten ist das eine freudige Entwicklung, besonders<br />

für die zahlenlastigen Kollegen unter uns. Wir schreiben über die<br />

Entwicklungen auf den Weltmärkten, berichten über Hedge und<br />

Fonds. Wir bemühen uns, Ratschläge für Aktienspekulationen zu<br />

geben. Wir warnen, wir preisen an … wir sehen zu, wie die Broker<br />

tagein, tagaus an den Monitoren der Weltbörse pokern. Wenn wir<br />

mal einen Moment Zeit finden, setzen wir uns zusammen, verlassen<br />

die virtuelle Welt und pokern mit Karten. Auch hier vertraut jeder<br />

dem Zahlenwerk – meistens - rechnet, kalkuliert, setzt und blufft.<br />

Seitdem DSF, Das Vierte oder Pro Sieben mindestens einmal die<br />

Woche zu einer ansehnlichen Tageszeit Pokern zeigen, heißt es<br />

anstelle von Thomas Gottschalk schon mal Chris Ferguson –<br />

anstelle von Kai Pflaume schon mal Eddy Scharf oder Michael<br />

Keiner, zwei von fünf deutschen Bracelet-Gewinnern. Ein Bracelet<br />

ist die Goldmedaille des Pokersports. Es ist die Medaille, die jeden<br />

Pokerspieler in den Pokerolymp hebt, unvergessen macht. Da sind<br />

wir wieder, bei einem dieser aufrührenden Gespräche, ob es jetzt<br />

ratsam ist, mit 7-2 oder x-x an einem Final Table ein All-in zu<br />

pushen. All-in bei einem Turnier mit Wahnisnns Struktur, das für<br />

die meisten ohne Preisgeld zu Ende geht. Ein Turnier, für das ich<br />

mich im Großraum von Frankfurt leider nur online qualifizieren<br />

kann. Vielleicht mache ich mich einfach so auf den Weg nach Las<br />

Vegas, stelle mich an, registriere mich und bezahle … $ 10.000. In<br />

meinem Stammkasino war das letztens wieder Gesprächsthema.<br />

10.000 Dollar locker machen, Reisekosten obendrauf legen und nach<br />

Las Vegas fliegen. Ein paar Bekannte wollten es machen – andere<br />

es online versuchen. Bis zum Main Event wäre ja noch viel Zeit,<br />

meinten sie. Zudem bekomme man zum Buy-in, den Reisespesen<br />

sogar ein kleines Taschengeld, heißt es: Zur Geldvermehrung im<br />

Cashgame? Früher, erzählen sich die Experten, waren die Cashgame<br />

Partien zur Zeit der WSOP ganz ordentlich. Man ist weniger wegen<br />

der Turniere, sondern vor allem wegen der Geldvermehrung neben<br />

dem Turnier gekommen.<br />

Nächstes Wochenende ist meine Frau mit den Kindern unterwegs:<br />

sturmfreie Bude also. Da könnte man doch … Kaum ausgesprochen<br />

haben sich drei Freunde eingeladen. Wir könnten einen netten<br />

Herrenabend machen, ein zwei Flaschen Wein genießen und<br />

uns etwas Leckeres von Feinkost Meyer kommen lassen. Die<br />

Begeisterung war groß, blieb nur die Frage zu klären, wo wir am<br />

kommenden Wochenende ein für unsere Zwecke geeignetes Turnier<br />

finden: online versteht sich. Je mehr Personen teilnehmen, desto<br />

mehr Tickets werden ausgeschüttet. Die Wahrscheinlichkeit, dass<br />

wir alle an einen Tisch kommen … Wir hofften, dass dies nicht<br />

passiert. Das Wohnzimmer bekam einen völlig neuen Anstrich, den<br />

Hauch einer LAN-Party. Diese Partys, wo sich Hunderte in einem<br />

Netzwerk zusammenschließen und Strategie- oder Ballerspielen<br />

nachgehen. Hier hinkt der Vergleich. Zwar arbeiteten wir alle<br />

im selben WLAN, die Gegner waren aber die Anderen. Unsere<br />

Mitspieler. Wir meldeten uns auf TITAN POKER für das $ 500 + 35<br />

WSOP Super Satellite an. Bis zum Abend fanden sich 96 Spieler ein.<br />

Zur Ausschüttung kamen drei WSOP-Sorglos-Packages im Wert von<br />

$ 14.000. Für die Plätze 4 bis 14 zahlte der Online-Anbieter $ 535,<br />

der 15. erhielt $ 115. Die Zeit bis zum Beginn um 21 Uhr vertrieben<br />

wir uns mit einem $ 24 S’n’G, auch das ein WSOP Qualifier. In der<br />

Ausschreibung stand, das man vier S’n’G hintereinander gewinnen<br />

müsse, um das Ticket nach Las Vegas lösen zu können. Hörte sich<br />

unmöglich an, war aber machbar. Gesagt, getan: Einer von uns<br />

loggte sich ein und erhielt gleich Wahnsinnskarten: Q-Q, 8-8, A-K,<br />

A-A … Mit den steigenden Blinds nahm die Stärke unserer Hände<br />

ab. Der Standardraise mutierte zum Standardfold. Zusammen<br />

schauten wir zu, wie wir mit Q-Q All-in gingen und dann gegen eine<br />

Straße das Nachsehen hatte. Ein klassischer Bad Beat. Als Fünfter<br />

ausgeschieden gingen wir bei vier bezahlten Plätzen leer aus.<br />

„Pling.“ Das Super Satellite meldete sich zu Wort. Ein Pop-up<br />

öffnete sich und fragte ob, ich automatisch zum Tisch geführt<br />

werden will. Wir verteilten uns an unseren Laptops. Es wurde<br />

ruhig. Ich warf noch mal schnell einen Blick auf die Struktur …<br />

das Turnier startete bei Blinds von 10/20, alle 15 Minuten stiegen<br />

die Blinds. Die erste Pause gab es nach einer Stunde. Als von<br />

96 gestarteten Spielern noch 65 übrig geblieben waren, lag die<br />

durchschnittliche Größe des Chipstapels bei knapp unter 3.000<br />

und ich mit 7.795 auf Rang zwei. Plötzlich war ich alleine. Ich<br />

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<strong>BLUFF</strong> <strong>EUROPE</strong> AUGUST 2008<br />

www.bluffeurope.com<br />

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Thrills<br />

hatte gar nicht gemerkt, dass meine Freunde alle ausgeschieden<br />

waren und sich vor dem TV-Bildschirm versammelten. Die Hand,<br />

die mich so in den Bann zog, dass ich mich abschottete, und die<br />

mich ganz nach vorne brachte, möchte ich Euch nicht vorenthalten:<br />

Ich saß Under-the-Gun und hielt A-K in Kreuz, raiste, drei Spieler<br />

bezahlten, der Small Blind und der Big Blind stiegen aus (??? Es<br />

muss mindestens einen Raise gegeben haben, sonst würde der Big<br />

Blind checken und nicht aussteigen). Das Board brachte Kx-6c-5x.<br />

Ich checkte erst und raiste dann die Bet von 90 auf 270. Die zwei im<br />

Pot bezahlten. Nachdem der Turn mir das vierte Kreuz bescherte,<br />

ging ich All-in und schritt zur Kasse. Der River brachte mir das<br />

Flush. Mit Top Pair K-K und Flush gewann ich gegen eine Straight<br />

und A-A (Bad Beat?).<br />

22:07, im TV läuft „Catch me if you can“, die Geschichte<br />

vom High-School-Schüler Frank Abagnale, der sich als Pilot,<br />

Arzt oder Anwalt durchs Leben schwindelt. Passt irgendwie<br />

… nur das ich wenig bluffe. Als Chipleader ziehe ich es vor,<br />

ultra-tight vorzugehen – und nebenbei im Chat ein paar <strong>BLUFF</strong>-<br />

Abonnements zu verkaufen. Schließlich ist mein Name Programm:<br />

<strong>BLUFF</strong><strong>EUROPE</strong>DE. Ich spiele auf der Seite von TITAN POKER für<br />

das Magazin, für das ich schreibe. In den Levels fünf bis acht kam<br />

ich über ich das Karten wegschmeißen nicht hinaus. Bis zehn<br />

Minuten vor der Pause schrumpfte mein Stack kontinuierlich.<br />

Dann kamen sie wieder, kleine Paare, die meinen Stack aufbauten.<br />

Mit 28 Spielern und einem Stack von über 10.000, der Average<br />

lag bei 6.850, ging ich in zweite, längere (Zigaretten-)Pause.<br />

23:15, auf Vox lief ein Beitrag über Sportpsychologie. Der<br />

Sieg beginne im Kopf, hieß es. Wieder erhielt ich ein Paar Neunen.<br />

Vor mir gingen zwei Spieler All-in. Einer davon hatte schon<br />

zweimal mit A-7 eine All-in Situation überlebt. Ich schwankte,<br />

passte: zum Glück. Meine Mitspieler zeigten Q-Q und 8-8. Der Sieg<br />

beginnt im Kopf, gab ich dem Moderator Recht.<br />

Level neun bis zwölf war ich dann zum ersten Mal in dem<br />

Turnier short stacked, nachdem ich mit A-Q gegen T-J die Hälfte<br />

meiner Chips verloren hatte. Es waren noch 17 Spieler im<br />

Turnier. „Nur nicht als 16. ausscheiden, wenigstens das Buy-in<br />

zurückbekommen (gibt es ab dem 14. Platz)“, schoss es mir durch<br />

den Kopf. Mit Q-6 im Big Blind gelang es mir aufzudoppeln. Mit<br />

A-9s verlor ich dann ein Drittel meines Stacks. Die Blinds lagen<br />

inzwischen bei 500/1000. Leicht resigniert ging ich nach einigen<br />

Folds mit T-J All-in und wurde vom BB mit A-K gecallt. Damit<br />

war der Traum von Las Vegas erst einmal ausgeträumt. Mit den<br />

gewonnenen $ 535 und dem 13. Platz bleibt die Hoffnung, bei<br />

einem der nächsten Super Satellites auf TITAN POKER doch noch<br />

erfolgreich zu sein – und bei der WSOP mit <strong>BLUFF</strong>-Kapperl am<br />

Tisch die Großen zu ärgern.<br />

Bluff Europe - <strong>deutschsprachig</strong> AUGUST 2008 <strong>BLUFF</strong> <strong>EUROPE</strong> 23<br />

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