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NERVENKITZEL: HINTER DEN KARTEN<br />

Die Antwort vorweg<br />

Kein Bracelet für Österreich<br />

Im Event #53, dem $1.500 Limit Hold’em<br />

Shootout Turnier, sah es wirklich gut aus<br />

für Full Tilt Profi Stefan Rapp. Der Finaltisch<br />

war zum Greifen nah und als er mit Davood<br />

Mehrmand, Sebastian Bauer, Stefan Rapp,<br />

Markus Stranzinger und Claudio Rinaldi<br />

in die zweite Runde startete, hatte er einen<br />

komfortablen Stack von 250.000k. Die<br />

entscheidende Situation passierte, als nur<br />

noch drei Spieler an seinem Tisch saßen, und<br />

Stefan Rapp mit 265k (1) von 300k klarer<br />

Chipleader war. Die beiden anderen Spieler<br />

waren short (15k (2) – 20k(3)). Stefan Rapp<br />

gelang es mit A-2, seine Mitspieler<br />

All-in zu raisen. Die Karten wurden<br />

offen gelegt: Auf dem Tisch lagen<br />

Ad-2c (1), 8x-2x(2) und Jx-6x(3).<br />

Der Flop brachte drei kleine<br />

unbedeutende Karten. Rapp<br />

lag mit A hoch vorne und hatte<br />

außerdem die Chance auf den Nut-<br />

Flushdraw. Der Turn brachte die<br />

8, der River „anscheinend“ eine 6,<br />

die aber niemand sah.<br />

Jetzt passierte Folgendes: Der Spieler mit<br />

der 8 erhielt den Hauptpot, 45k. Stefan<br />

Rapp bekam den Side-Pot in Höhe von<br />

10k zugestellt. Die Karten wanderten in<br />

den Muck. Der „beinahe ausgeschiedene“<br />

war aufgestanden auf und hatte den Tisch<br />

verlassen. Plötzlich schaltete sich ein<br />

Reporter ein. Er behauptete, am<br />

River, wäre eine 6<br />

gekommen<br />

und<br />

der Side-Pot würde Rapp nicht zustehen.<br />

Fragende Blicke, der Floorman wurde<br />

gerufen. Er rekonstruierte die Situation,<br />

holte den Spieler zurück und entschied<br />

gegen Rapp. Mit 10K nahm Spieler Drei<br />

wieder Platz. Es heißt, es war Matt Graham,<br />

der am Ende das Event #53 siegreich<br />

beendete. Stefan Rapp dazu: „. Im Nachhinein<br />

betrachtet habe ich sicherlich zu wenig gegen<br />

diese, meiner Meinung nach, klare<br />

Fehlentscheidung protestiert.“<br />

„The Players Lounge“<br />

Pokerano.com<br />

Seit einem Monat ist die Poker Plattform<br />

www.pokerano.com online. Auf einen Blick<br />

gibt es alles, was das Pokerherz begehrt:<br />

zahlreiche Features wie News, Profi-<br />

Tipps, Turnierplaner oder Videos löschen<br />

den Wissensdurst der deutschen Poker<br />

Gemeinde.<br />

Der umfassende Community Bereich gibt<br />

jedem User die Möglichkeit, sich sein<br />

eigenes Profil zu erstellen, Pokerfreunde<br />

zu finden, einen Freundeskreis<br />

aufzubauen und im großen Poker Forum<br />

über aktuelle Themen zu diskutieren.<br />

Außerdem ist im umfangreichen<br />

Service-Angebot von pokerano.com eine<br />

Pokerschule mit Tipps und Tricks vom<br />

Weltmeister Dr. Michael „The Doc“ Keiner<br />

enthalten. Ein großer Video-Channel á la<br />

youtube rundet die multimediale Poker<br />

Plattform ab. Hier kann jeder User sein<br />

Video der Community zur Verfügung<br />

stellen, seinen persönlichen Report<br />

von der World Series of Poker anderen<br />

zeigen, oder auch einfach nur sich und<br />

seine Pokerfähigkeiten in Bild vorstellen.<br />

Die Mitgliedschaft ist kostenlos. Jeder<br />

kann sich als Mitglied registrieren und<br />

im Community-Bereich neue Freunde<br />

treffen oder Mitspieler für die nächste<br />

Pokerrunde suchen. Ein regelmäßiger<br />

Newsletter versorgt die Pokerano’s mit<br />

allen aktuellen Informationen rund um<br />

das Pokergeschehen in Deutschland.<br />

Zu der Basis-Mitgliedschaft gibt es<br />

außerdem die Möglichkeit zu einer Premium-<br />

Mitgliedschaft. Neben den Basis-Leistungen<br />

erhalten Premium-Mitglieder zahlreiche<br />

weitere Vorteile, wie eine personifizierte<br />

VIP-Card, die Teilnahme an hochwertigen<br />

Gewinnspielen und regelmäßige Pokerano<br />

Free-Rolls um die Teilnahme an großen<br />

internationalen Profiturnieren.<br />

8 SEPTEMBER <strong>2008</strong> • WWW.<strong>BLUFF</strong><strong>EUROPE</strong>.COM <strong>BLUFF</strong> <strong>EUROPE</strong> - DEUTSCHSPRACHIG<br />

HINTER.indd 88 15/7/08 14:48:43


Badener Hold’em<br />

Neue Pokervariante<br />

Das Grand Casino Baden bei Zürich<br />

ist um eine Pokervariante reicher. Die<br />

Eidgenössische Spielbankenkommission<br />

(ESBK) hat dem Antrag des Badener Casinos<br />

zugestimmt und das „Go“ für die neue<br />

Pokervariante „Badener Hold’em“ erteilt.<br />

Hierbei handelt es sich um eine Hold’em-<br />

Variante, die sich vom Texas Hold’em in<br />

folgenden Details unterscheidet: Beim<br />

Initialdeal erhält jeder Spieler anstelle<br />

von zwei drei Holecards. Eine dieser drei<br />

Karten muss der Spieler vor dem Flop<br />

mucken. Nach der Preflop- und Flop-<br />

Wettrunde, jedoch vor der Wettrunde auf<br />

dem Turn, erhält jeder Spieler eine dritte<br />

Holecard, die er bis zum Ende des Spiels<br />

behält. Für die beste Pokerkombination<br />

können alle drei Holecards und alle<br />

fünf Boardcards genutzt werden, eine<br />

eingeschränkte Nutzung der Holecards<br />

wie beim Omaha gibt es nicht.<br />

Die innovative Variante feiert im<br />

Rahmen der Sonntagsturniere am<br />

27. Juli <strong>2008</strong> Premiere. Ob sich das<br />

Turnier langfristig durchsetzen wird<br />

… Wir fassen nach!<br />

Mit 50 Euro<br />

zum Europameister<br />

Casinos Austria<br />

Zum ersten Mal kürt Casinos Austria in<br />

diesem Jahr zwei Poker-Europameister.<br />

Von 5. bis 12. Oktober <strong>2008</strong> findet im Grand<br />

Casino Baden die 19. Poker EM statt. Dieses<br />

Jahr wird neben dem klassischen Seven<br />

Card Stud Turnier (Startgeld: € 2.500,–)<br />

erstmals auch der Poker EM Titel im Texas<br />

Hold’em ausgespielt (Startgeld €4.000,–).<br />

Bereits am 29. Juli starten die<br />

Vorrunden für die Texas Hold’em Poker<br />

Europameisterschaft. Mit nur € 50,– Einsatz<br />

und etwas Glück kann man zur Poker EM im<br />

Grand Casino Baden gelangen. Gespielt wird<br />

jeden Dienstag<br />

um 20 Uhr<br />

in allen<br />

12<br />

österreichischen Casinos nach den offiziellen<br />

Regeln von Texas Hold’em No Limit.<br />

Der Tischsieger qualifiziert sich für das<br />

Monatsfinale, der Zweitplatzierte erhält<br />

€ 100,- und der Drittplatzierte €50,-.<br />

Die Monatsfinale finden am 31. August<br />

und am 28. September statt. Wer – zum<br />

Beispiel, weil er Urlaub macht – keine Zeit<br />

findet, die Qualifikation zu durchlaufen,<br />

kann sich zu diesen beiden Finalrunden<br />

mit einem Startgeld von €300,- einkaufen<br />

Pro €4.000,- im Preispool erhält ein<br />

Teilnehmer das Turnierticket für die<br />

Texas Hold’em Poker EM vom 10. bis<br />

12. Oktober im Grand Casino Baden.<br />

Für alle win2day User gibt es eine „zweite<br />

Chance“. Sie können am 1. Oktober, 19 Uhr,<br />

auf win2day.at teilnehmen. Wer die „zweite<br />

Chance“ sucht, sendet einfach eine Mail mit<br />

Namen, Datum und Ort des Kasinobesuchs<br />

zusammen mit seinem persönlichen<br />

Nickname an pokerem@win2day.at. Erfüllen<br />

Sie die Eingangsvoraussetzungen, werden<br />

Sie mit dieser Mail Sie automatisch für<br />

das Freeroll Turnier angemeldet.<br />

Thomas Brdaric<br />

startet Pokerkarriere<br />

WSOP, Las Vegas<br />

Der ehemalige Fußballprofi Thomas<br />

Brdaric (33) wechselte in das Lager der<br />

Pokerspieler. Im Team von free-888.com folgte<br />

Brdaric seiner ersten Turniereinladung nach<br />

Las Vegas. An der Seite von Poker-Altmeister<br />

Dr. Michael „The Doc“ Keiner stellte Brdaric<br />

im Rahmen der WSOP (World Series of Poker)<br />

sein Können als angehender Pokerprofi unter<br />

Beweis.<br />

Brdaric spielte gut, doch letztendlich<br />

entschied das Glück<br />

des Gegenspielers über Sieg<br />

und Niederlage. Pik Ass und Pik T hielt<br />

Brdaric in der entscheidenden Runde auf<br />

der Hand. Die Blinds waren bei 200/400.<br />

Brdaric sitzt im Big Blind. Die anderen<br />

Spieler sind bereits ausgestiegen.<br />

Thomas Brdaric wird von seinem letzten<br />

Gegenspieler Under the Gun gecallt. Der Flop<br />

bringt zwei Buben und eine 2, ein Bube und<br />

die 2 in Pik– was Brdaric ein Flush Draw und<br />

eine optimale Ausgangssituation beschert.<br />

Brdaric checkt, der andere Spieler erhöht<br />

um 400. Brdaric geht mit. Pik 8 kommt auf<br />

dem Turn und bringt Brdaric den Nut Flush.<br />

Brdaric erhöht um 1.000, sein Gegner geht<br />

All-in und Brdaric callt. Die Karten werden<br />

gezeigt, Brdarics Gegner hat einen Buben und<br />

eine 7. Er braucht ein Full House, um Brdaric<br />

zu schlagen. Am River schlägt das Pech zu -<br />

eine weitere 8 kommt, der Gegner macht sein<br />

Full House und Brdaric fällt auf 200 zurück.<br />

Er kämpft sich zwar wieder bis auf 700<br />

hoch, doch scheidet im vierten<br />

Blindlevel aus. Thomas Brdaric<br />

nimmt das frühe Ausscheiden in<br />

diesem unglücklichen Spiel jedoch<br />

sportlich. Aus Fußballerzeiten<br />

weiß er, dass nicht immer derjenige mit der<br />

besseren Taktik und Spielweise gewinnt -<br />

manchmal braucht man einfach Glück.<br />

Auf der VIP Party von 888 im Rahmen der<br />

WSOP am 1. Juli wurde dennoch ausgiebig<br />

gefeiert. Die Party, die als Welcome Event von<br />

888 Pokerprofi Dr. Michael „The Doc“ Keiner<br />

veranstaltet wurde, lockte neben Größen der<br />

Pokerszene auch andere Sportprofis an. Unter<br />

den illustren Gästen, die in die Lamborghini<br />

Lounge im Palazzo Towers des Venetian<br />

Hotels geladen waren, befand sich neben<br />

Cricketlegende Shane Warne aus Australien<br />

und dem Pokerprofi Tony G auch Mike<br />

Tyson. Der Ex-Schwergewichtsweltmeister,<br />

der in Las Vegas wohnt, begleitete<br />

einen Freund, der im Team von 888 im<br />

Rahmen der WSOP am Pokertisch saß.<br />

Nach seinem Auftaktturnier in Las Vegas<br />

wird Thomas Brdaric in nächster Zeit weitere<br />

Pokerturniere in Barcelona, London und<br />

Velden für das Team von 888 bestreiten.<br />

<strong>BLUFF</strong> <strong>EUROPE</strong> - DEUTSCHSPRACHIG<br />

WWW.<strong>BLUFF</strong><strong>EUROPE</strong>.COM • <strong>2008</strong> SEPTEMBER<br />

9<br />

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NERVENKITZEL: HINTER DEN KARTEN<br />

WCOOP<br />

WCOOP VII<br />

PokerStars gibt die Termine für die<br />

Siebte World Championship of Online Poker<br />

(WCOOP) bekannt. Die größte Online Poker<br />

Championship Series startet am 5. September<br />

<strong>2008</strong> und besteht in diesem Jahr aus 33<br />

Events mit einer garantierten Gewinnsumme<br />

von mehr als $30 Millionen Dollar, doppelt<br />

soviel wie im letzten Jahr. Folgende Turniere<br />

werden gespielt: $10.300 High-Roller No<br />

Limit Hold‘em, Eight-Game Mixed Turnier,<br />

Four-Max No Limit Hold‘em, Mixed Hold‘em,<br />

PLO mit 1 Rebuy und 1 Add-on, $25,500<br />

High-Roller Heads-up No Limit Hold‘em,<br />

Six-Max Mixed Hold‘em, No Limit 2-7 Single<br />

Draw, Six-Max No Limit Hold‘em w/ Rebuys.<br />

Die WCOOP VII geht vom 4. bis 22.<br />

September <strong>2008</strong> und endet am 21. September<br />

mit dem finalen Zweitages-Turnier, dem<br />

$5,200 NL Hold’em Main Event. Mit einem<br />

garantierten Preisgeld von $10 Millionen<br />

wird hier das bisher höchste Preisgeld<br />

der jungen Online-Pokergeschichte<br />

ausgeschüttet. Mit Ausnahme des letzten<br />

Sonntags der Serie, wo das Main Event<br />

stattfindet, starten täglich zwei Events in<br />

den ersten 16 Tagen der WCOOP VII.<br />

Jeder kann sich für die WCOOP VII<br />

Events direkt einkaufen oder sich über<br />

die zahlreichen Satellites auf Pokerstars<br />

qualifizieren: Der Startschuss für die<br />

Satellites fällt am 6. Juli <strong>2008</strong>. Wie<br />

schon bei den WCOOP Events in den<br />

Vorjahren bietet PokerStars Turniere mit<br />

unterschiedlichen Buy-Ins ans. Natürlich<br />

auch FPPs (Frequent Player Points)<br />

– Qualifikationen. Den vollständigen<br />

Turnierplan der WCOOP VII finden Sie auf<br />

diversen Websites, etwa bei pokerolymp.de.<br />

Bet Fair Pokerclub<br />

Web Community für<br />

Vereinspoker wächst beständig<br />

Seit Anfang Juni gibt es für die Pokerspieler<br />

im <strong>deutschsprachig</strong>en Raum eine neue<br />

Anlaufstelle in Sachen Vereinspoker:<br />

Der betfair poker club widmet sich<br />

dem Interessenaustausch und der<br />

Zusammenführung von Pokervereinen<br />

und bietet seinen Mitgliedern zahlreiche<br />

Vorteile. So vergibt das <strong>BLUFF</strong> Magazin<br />

ein kostenloses Jahresabo an alle im Club<br />

eingetragenen Vereine. Bei anderen Partnern<br />

wie Gamblerstore/Animazing erhalten<br />

die Clubmitglieder Sonderkonditionen.<br />

Vor allem aber in Sachen Live-Poker hat<br />

der betfair poker club einiges zu bieten:<br />

In den nächsten Wochen werden in 100<br />

Vereinsturnieren sowie in Freerolls bei<br />

Betfair Poker 300 Finalisten ermittelt, die<br />

am 6. und 7. September in Berlin unter<br />

anderem um 9 Packages für die WSOPE<br />

<strong>2008</strong> in London spielen. Das Finale der<br />

Club Challenge verspricht auch in anderer<br />

Hinsicht ein Poker-Event der Extraklasse<br />

zu werden, denn neben Betfair-Pros wie<br />

Annette Obrestad wird eines der WSOPE<br />

Bracelets im Original zu bestaunen sein.<br />

Alle Teilnehmer werden die Chance haben,<br />

sich einmal mit diesem Bracelet ablichten<br />

zu lassen – und sich dabei wie die Kings<br />

oder Queens der WSOPE zu fühlen.<br />

Auch weit über die diesjährige WSOPE<br />

hinaus wird der betfair poker club allen an<br />

Live-Poker interessierten Spielern einen<br />

Überblick über die Vereinslandschaft geben,<br />

so dass man z.B. als Einzelspieler schnell<br />

und einfach Anschluss an einen Verein in der<br />

Nähe finden kann. Mittlerweile sind bereits<br />

über 30 Vereine angemeldet, Tendenz mit<br />

Blick auf das<br />

Club Challenge<br />

Finale deutlich<br />

steigend.<br />

Damit hat der<br />

betfair poker<br />

club, entstanden<br />

durch eine<br />

Initiative des<br />

Five Diamonds<br />

Pokerclub Berlin<br />

e.V., eine Lücke<br />

im Live-Poker-<br />

Bereich endlich<br />

geschlossen.<br />

Nie auf Tilt<br />

Computer gewinnt<br />

Pokermatch gegen Menschen<br />

Computer kennen keine Emotionen. Zehn<br />

Bad Beats hintereinander? Kein Problem,<br />

auch die nächste Hand wird so gespielt, wie<br />

der Spielplan es vorsieht. Doch dies allzu<br />

mechanische Spiel war bislang eins der<br />

Probleme der Pokercomputerprogramme:<br />

Gute Spieler haben sich das eine Weile<br />

angeschaut und dann gewusst, wie das<br />

Programm funktioniert. Mittlerweile scheint<br />

der Computer gelernt zu haben. Denn vor<br />

kurzem gewann das Computerprogramm<br />

Polaris 2.0 ein Heads-up Limit Match<br />

gegen ein hochklassiges Team um Nick<br />

„Stoxxpoker“ Grudzien. Gespielt wurde so<br />

genanntes Duplicate Poker. Das menschliche<br />

Team bestand jeweils aus zwei Spielern und<br />

nachdem einer der Menschen 500 Händen<br />

gegen die Maschine gespielt hatte, kam der<br />

andere Mensch zum Einsatz – und bekam<br />

genau die Hände, die vorher der Computer<br />

erhalten hatte. Und der Computer durfte<br />

zeigen, ob er die Hände des Menschen<br />

besser spielte. Dieser Modus minimiert den<br />

Zufall und reduziert die Varianz. Am Ende<br />

zählt man Gewinne und Verluste zusammen<br />

und gewonnen hat die Seite, die mehr hat.<br />

25 Small Bets sollten es allerdings schon<br />

sein, sonst gibt es ein Remis. Nach vier<br />

Matches lag die Maschine 2,5:1,5 vorne.<br />

Nach Vier Gewinnt, Mühle, Dame, Schach<br />

und unzähligen andere Spielen eine weitere<br />

Niederlage im Kampf der Menschen gegen<br />

die Computer. Immerhin: Vielleicht überlegt<br />

sich die deutsche Justiz<br />

jetzt einmal, wie es<br />

sein kann, dass<br />

ein Computer<br />

bei einem<br />

„Glücksspiel“<br />

so<br />

erfolgreich<br />

ist.<br />

10 AUGUST <strong>2008</strong> • WWW.<strong>BLUFF</strong><strong>EUROPE</strong>.COM<br />

<strong>BLUFF</strong> <strong>EUROPE</strong> - DEUTSCHSPRACHIG<br />

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Viel Geld<br />

und noch mehr Prestige<br />

WSOP-Splitter<br />

Bis <strong>2008</strong> konnte Erick Lindgren mit seinen Cashes<br />

bei der WSOP zufrieden, jedoch nicht wirklich glücklich<br />

sein: Bracelettechnisch ging er immer leer aus. <strong>2008</strong><br />

ist jetzt sein Jahr: Fünf Mal kam der Amerikaner mit<br />

dem schwedischen Namen ins Geld. Und mit seinem<br />

Sieg im $5.000 Mixed Hold’em sicherte er sich sein<br />

erstes Bracelet. Seine diesjährigen Erfolge gipfeln in<br />

dem prestigeträchtigen Titel: WSOP-Player of the Year.<br />

Zweiter bei dieser Wahl wurde Barry Greenstein.<br />

Greenstein gilt als einer der erfolgreichsten Cashgame-<br />

Spieler und ist Autor des Pokerbuchs „Ace on the River“.<br />

Er hat die seltene, aber lobenswerte, Angewohnheit, seine<br />

Turniergewinne für wohltätige Zwecke zu spenden. Das<br />

bringt ihm den Beinamen „Robin Hood of Poker“. Wer <strong>2008</strong><br />

Nutznießer Greensteins werden wird, sickerte bisher nicht<br />

durch. Insider verrieten, wirklich großzügig wird Greenstein<br />

nicht sein: Böse Zungen in Las Vegas behaupten, er stecke<br />

in Geldschwierigkeiten. In Anbetracht von einem Bracelet<br />

und sechs Geldrängen fällt es schwer, das zu glauben.<br />

Geldsorgen werden auch Scotty Nguyen nachgesagt,<br />

dem Spieler, auf den bei der WSOP <strong>2008</strong> der größte<br />

Geldregen niederging. Scotty, der im Main Event 2007<br />

gut im Rennen gelegen hatte, um dann durch unbedachte<br />

Spielzüge auszuscheiden, feierte sein Comeback. Mit<br />

seinem Sieg im $50.000 H.O.R.S.E. Event gewann er die<br />

inoffizielle Pokerweltmeisterschaft, was ihm zusammen<br />

mit zwei weiteren Cashes<br />

und ein Gesamtpreisgeld<br />

von $2.034.628 zu einen<br />

der erfolgreichsten<br />

Spieler <strong>2008</strong> macht.<br />

Familiensinn bewiesen<br />

Blair und Grant Hinkle. Das<br />

Brüderpaar gewann je ein<br />

Bracelet.. Das war bislang<br />

noch keinem Brüderpaar<br />

in einem Jahr geglückt.<br />

John „Razor“ Phan macht<br />

die Dinge lieber allein:<br />

Er kam ohne Hilfe auf<br />

zwei Bracelets und ist<br />

damit nach Bracelets der<br />

erfolgreichste Spieler<br />

dieser WSOP. Eins<br />

davon hätte Phil<br />

Ivey sicher gern<br />

gehabt. Das hätte<br />

ihm eine Stange<br />

Geld gespart.<br />

Ivey, von vielen als bester<br />

Spieler der Welt bezeichnet,<br />

gewann kein Bracelet und<br />

verlor Gerüchten zufolge<br />

in etlichen Seitenwetten<br />

etwa $1 Million.<br />

wir wissen<br />

nichts genaues<br />

Poker Royale – Todgeburt? Wie lange geht das noch gut? Es heißt, das<br />

Casino Poker Royale in Wiener Neustadt sei hoch verschuldet. Wir kennen<br />

das, erst warten Mitarbeiter auf Ihr Geld, dann heißt es: Konkurs. +++<br />

Spiegel, Fokus oder News … in jedem Genre buhlen Magazine um neue<br />

Leser. Pokermagazine stehen dem in nichts nach. Im Kielwasser des<br />

Pokerhypes kämpfen schon jetzt fünf Magazine um Anzeigenkunden.<br />

Es heißt, drei weitere klopfen an! +++ Vegas - keine 21-Jahre alt heißt<br />

hier ausgesperrt. Es heißt, Youngstars wie Mike Mc Donald, Annette_15<br />

und andere würden sich auf Hotelzimmer treffen: eine neue Form des<br />

Datings – High Stake Poker auf dem Bett. +++ Who the fuck is Everest?<br />

Es ist schon bizarr, 90 Prozent der Gäste im Rio waren überfordert. Einer<br />

der Hauptsponsoren der WSOP ist in Amerika nahezu unbekannt. +++<br />

Wachablösung bei Pokerwelle - Der Veranstalter von Pokerturnieren tritt<br />

mit neuem Gesicht auf, heißt es. Die Murolos gehen, „Ketsche“ kommt.<br />

Ob sich damit etwas an dem schlechten Gebaren ändert? +++ Ausgeflogen<br />

- es heißt, die Pokerbundesliga habe zusammen mit GNUF/Betway ein<br />

Ticket für die WSOP vergeben. Doch sieht es danach aus, als suche der<br />

Gewinner noch immer den Flughafen: Beim Start des Main Events war er<br />

jedenfalls noch nicht in Las Vegas gelandet. +++ Pascha Cup – es gibt den<br />

ersten Pascha Cup. Der Gewinner darf 6.000 € im Pascha, dem bekannten<br />

Vergnügungsetablissement „verbraten“. Natürlich denkt unsereins an<br />

die hervorragende, 24Std. Gastronomie. Was sonst und wie oft muss<br />

man etwas anderes machen, wenn der Quickie mit 50 € beworben wird,<br />

inklusive :=)? +++ Ryan Air und Transatlantik-Flüge - Gewohnt forsch und<br />

pikant präsentierte der Chef der Fluglinie Ryan-Air sein Zukunftsmodell<br />

für Intercontinental-Flüge. Neben,wörtlich,“Blowjobs“ wird es über<br />

dem Atlantik auch Pokerrunden geben. Kein Wunder, dass seiner<br />

Pressesprecherin das Glas Wasser fast aus der Hand fiel … +++ Pokern in<br />

Berlin - Sucht man auf der Homepage des Landes Berlin nach „Poker“, stoßt<br />

man schnell auf Links, die Online-Pokerkasinos bewerben. Eine Farce, die<br />

klar im Widerspruch steht. (Im Widerspruch zu<br />

was? Der Verweis auf Horst Koch würde ich<br />

nicht veröffentlichen. Schlafende Hunde soll<br />

man nicht wecken) +++ Pascha die Zweite –<br />

Zockt der Pascha-Chef, dürfen keine Frauen<br />

am Tisch spielen. Kürzlich wurde bei einem<br />

Turnier in Salzburg eine Spielerin gefragt,<br />

ob sie gegen Bezahlung eines Aufpreises<br />

nicht auf das Turnier verzichten wolle, wegen<br />

eines VIP, hieß es! Die Dame verzichtete,<br />

wohl wegen des... Aufpreises... +++ Messen<br />

und die Inflation: Kaum ist die Messe des<br />

Veranstalters „Pokermesse“ in Berlin vorbei,<br />

kommt es zur Inflation: Österreich meldet<br />

zwei fest anberaumte Messen (Ende des<br />

Jahres und Anfang 20<strong>09</strong>). Doch auch in<br />

Deutschland laufen die Pläne für die<br />

nächste Pokermesse: Das Kalkül<br />

scheint aufzugehen: Die Turniere<br />

und Cash-Games im Rahmen<br />

der Messe und danach<br />

ziehen Massen an.<br />

<strong>BLUFF</strong> <strong>EUROPE</strong> - DEUTSCHSPRACHIG<br />

WWW.<strong>BLUFF</strong><strong>EUROPE</strong>.COM • <strong>2008</strong> AUGUST 11<br />

HINTER.indd 91 15/7/08 14:49:20


NERVENKITZEL: PARTYLEBEN<br />

Ein verrücktes Spiel<br />

In Wien waren Sie die Besten, beim Supersatellite.<br />

Ihr Weg führte sie nach Las Vegas. Ihr Ziel war<br />

es, die Spielerstadt kennenzulernen, Erfahrung zu<br />

sammeln und ein Event bei der World Series of<br />

Poker <strong>2008</strong> zu spielen.<br />

Es war ein verpatzter Start, für alle,<br />

für die Organisatoren sowie für die<br />

Gewinner der neun Pokerworld-<br />

Wohlfühlpakete. Neun Pakete hatte man<br />

in der Pokerworld, Franzosengraben,<br />

ausgespielt. Neun Gewinner wollte man<br />

nach Las Vegas entsenden – letztendlich verfielen<br />

zwei Pakete, traten nur sieben Spieler die Reise<br />

an. Warum - einer der Glücklichen erhielt kein<br />

Visum. Ein anderer musste kurzfristig absagen.<br />

Nachrücker gab es keine. Vielleicht eine Anregung<br />

fürs nächste Jahr?<br />

Am Tag des Abflugs folgte der „Umweg“<br />

über Schwechat. Nicht die Piloten, nicht das<br />

Bodenpersonal, sondern die Motoren der Fokker<br />

100 streikten. Unsere Gewinner (<strong>BLUFF</strong> berichtete<br />

in seiner Juni Ausgabe) erlebten, was es heißt,<br />

am Boden stehen zu bleiben. Während Scherze<br />

wie „Lieber Probleme am Boden, als Probleme<br />

in der Luft.“ die Runde machten, ließen andere<br />

Passagiere des Delta Airlines Fluges DL 41, Wien –<br />

Atlanta, ihrem Zorn verbal freien Lauf. Schließlich<br />

bedeutete dies ein Tag weniger Urlaub!<br />

Nicht dass wir uns deswegen in Las Vegas<br />

verpassten. Das hatte andere Gründe. Im Amiland<br />

jemanden ohne Zimmernummer zu finden … Am<br />

siebten Tag gelang es mir schließlich, nicht nur<br />

die Gesuchten ausfindig zu machen, sondern auch<br />

gleich einen Termin mit ihnen zu vereinbaren<br />

– am späten Vormittag zum Frühstück. Wie es<br />

sich für Vegas gehört, verabredeten wir uns in<br />

der Hotel-Lobby des Imperial Palace, Blvd. South,<br />

The Strip. Zusammen machten wir uns auf den<br />

Weg in ein nahe gelegenes In-Frühstückscafe.<br />

(Um das Frühstück des Imperial Palace, $11,99,<br />

Kantinenatmosphäre, zu schlagen, braucht es nicht<br />

viel.) Nicht angemeldet, mussten wir warten fünf,<br />

zehn … Minuten, nicht mit uns. Kurzentschlossen<br />

gingen wir in einen Schnellimbiss und nahmen<br />

mit einem typisch amerikanischen Frühstück<br />

vorlieb: Cola und Pizza, Cola und Sushi oder<br />

auch Cola und Tofu. Den erhofften Kaffee suchte<br />

ich allerdings vergeblich. Koffein gab es nur<br />

in Form von Cola, Pepsi Cola. (Kennen Sie den<br />

Geschmack von 15 Stück Würfelzucker?) Egal,<br />

improvisiert tauschten wir uns zu „Delikatessen“<br />

der italienischen, japanischen und chinesischen<br />

Küche aus. Wir waren in diesem Fall ich plus<br />

drei Gewinner aus Wien. Alle an einen Tisch zu<br />

bekommen, war nahezu unmöglich. Vielleicht zur<br />

Mittagszeit, bei den täglichen Live-Übertragungen<br />

von der Fußball Europameisterschaft?<br />

26. Juni, 11:45 Uhr, Halbfinalspiel Russland –<br />

Spanien. Auch hier waren wir nicht komplett.<br />

Zu fünft begaben wir uns in die Sportsbar des<br />

Caesar Palace Casino. Nie hätte ich im Vorfeld<br />

auch nur geahnt, wie umständlich es sein würde,<br />

in einer Sportsbar während einer Fußball-Live<br />

Übertragung ein Interview zu führen. Nicht<br />

etwa wegen ein paar grölender Fans … Nach<br />

wenigen Minuten wurden wir unterbrochen -<br />

von der Security. Sie nahm wohl an, dass ich<br />

den gesendeten Kommentator-Ton auf meinem<br />

Diktiergerät beim Wetten als Insiderinformationen<br />

missbrauchen würde. Jedenfalls bat mich der<br />

Sicherheitsmensch, die are(n)a zu verlassen, das<br />

Interview außerhalb der Sportsbar fortzusetzen.<br />

Um Ärger zu vermeiden, folgte ich der Anweisung<br />

… suchte die Grenze zum übrigen Raum, stand<br />

im Grunde genommen irgendwo im Nirwana,<br />

um drei Minuten später vom nächsten Security-<br />

Mann zu erfahren, dass ein Interview dort nicht<br />

gestattet sei. Der Sicherheitsbeamte fragte mich<br />

unmissverständlich, ob ich eine license hätte.<br />

Eine Lizenz? Wofür bitte – um mich mit einem<br />

Gesprächspartner zu unterhalten? Solches<br />

Gebaren ist mir gänzlich neu. Zu meinem Glück<br />

hatte ich mir bis dato ein Bild von den Pokerworld-<br />

Wohlfühlpackages und den Gewinnern gemacht,<br />

und finde, dass sich in Wien rein zufällig eine<br />

homogene Gruppe zusammengefügt hatte, sieben<br />

Spieler, die sich verstanden und mehr oder<br />

weniger die Zeit miteinander verbrachten.<br />

Nach Las Vegas waren sie nicht ausschließlich<br />

gekommen, um zu pokern. Sie wollten die Stadt<br />

kennen lernen, wollten Spaß haben, Erkenntnisse<br />

sammeln und beim größten Pokerevent der Welt<br />

ihr Können unter Beweis stellen. Dass das Package<br />

inklusive Taschengeld bei den Ansprüchen aller<br />

eher einer Finanzspritze als einem Sorglos-<br />

12 SEPTEMBER <strong>2008</strong> • WWW.<strong>BLUFF</strong><strong>EUROPE</strong>.COM<br />

<strong>BLUFF</strong> <strong>EUROPE</strong> - DEUTSCHSPRACHIG<br />

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Package gleich kam, bestätigt Ulf Rieder,<br />

33: „Für zehn Tage Vegas ist das Package<br />

knapp bemessen … schließlich will man ja<br />

leben.“ Nicht nur Essen und Pokern, sondern<br />

auch Partys und Clubs besuchen. „Vegas ist<br />

irgendwie toll. Utopisch. Hier verlierst Du<br />

den Bezug zur Wirklichkeit. Die Stadt macht<br />

irgendwie krank.“ Krank sei auch das Poker.<br />

Kleinere Turniere sowie die kleineren Levels<br />

im Cashgame sollte man tunlichst vermeiden.<br />

Da spielen so viele Touristen, Fische … Die<br />

Masse werte die „Spielstärke“ künstlich auf<br />

und die Varianz im Spiel sei zu groß. „Es wird<br />

gegambelt, was das Zeug hält – das ist auch<br />

der Grund, weshalb ich von Vegas keine Bad<br />

Beat Story erzählen kann. Wo sollte ich da<br />

anfangen?“, fragt Rieder und ergänzt, dass die<br />

Party-Szene in Vegas Spitze ist: das Pure, das<br />

Voodoo, das Palm …<br />

Das ist das Stichwort für Patrik Hirzert, 21.<br />

Er erzählt, dass er schon viel auf der Welt<br />

unterwegs war und die Stadt sein absoluter<br />

favorite place sei. „Eine Frau ist schöner als<br />

die andere. Die Clubs sind absolut toll.“ Las<br />

Vegas heißt für Hirzert die neue Party Stadt.<br />

Sie stelle sogar die Party-Insel Ibiza in den<br />

Schatten. Vegas-Neulingen empfiehlt der 21-<br />

Jährige den Helikopterflug in der Nacht oder<br />

den Stratosphere Tower. „Da fährt man 350<br />

Meter hoch und oben auf der Spitze wartet<br />

auf einen dann der Big Shot.“ Wer es mag:<br />

Viel Spaß.<br />

Dass es den Pokerworld-Erdenbürgern in<br />

Vegas dann doch auch ums Pokern ging,<br />

erfahre ich von Manuel Frank. Der 24-Jährige<br />

sicherte sich als Zehnter der Pokerworld das<br />

Wohlfühl-Paket im Wert von 6.500 Euro. Wie<br />

die anderen hat auch er sich mit $1.500 in ein<br />

Hold’em Side-Event der WSOP eingekauft. An<br />

einem sehr aggressiven Tisch kam er wie die<br />

anderen aber nicht über den ersten Tag<br />

hinaus. „Da wurde geraist, gereraist<br />

… und obwohl ich mit einem Paar<br />

mein Set getroffen habe, hatte ich<br />

keine Chance.“ Der Spieler im Big<br />

Blind hat mit runner, runner auf<br />

dem River sein Flush gekauft.“<br />

Frank bestätigt, die amerikanische<br />

Spielweise sei sehr eigen.<br />

Stefan Benedikt, der Vierte<br />

im Bunde, der sich mit uns das Spiel<br />

Russland – Spanien im Caesars angesehen<br />

hatte, rundet die bisherigen Erzählungen<br />

ab. „Das Geld rinnt einem hier durch die<br />

Finger. Das Angebot an Poker ist riesig und<br />

die vielen kleinen Turniere läppern sich<br />

ganz schön zusammen.“ Ob er ein WSOP-<br />

Side-Event spielen wird, machte er davon<br />

abhängig, ob er in der zweiten Woche noch<br />

<strong>BLUFF</strong> <strong>EUROPE</strong> - DEUTSCHSPRACHIG<br />

Geld dafür beisammen habe. Vorher, und<br />

da stimmt er den anderen zu, will er erst<br />

einmal die Szene kennen lernen. Dabei ist<br />

ihm eines schon jetzt bewusst: „Ich habe<br />

wieder einmal festgestellt, dass ich mit<br />

Herz und Seele Europäer bin.“ Mit dem<br />

American Way of Life kann er nicht so viel<br />

anfangen. Diese Mischung aus<br />

allem „wie die rumlaufen,<br />

die ganzen Waitresses hier,<br />

so auf supersexy“ die<br />

Oberflächlichkeit, das sei<br />

nicht sein Ding. Aber so ist<br />

es in Las Vegas, Konsum<br />

pur! Dennoch, für die<br />

vier steht fest:<br />

Sie alle sind<br />

vegaisiert<br />

und sie<br />

kommen wieder. Vielleicht werden Sie sich<br />

im nächsten Jahr zusammen ein Haus mieten,<br />

sich auf die WSOP-Side-Events konzentrieren<br />

und das eine oder andere Cashgame spielen.<br />

Wenn man weiß worauf man sich einlässt, ist<br />

das nicht die schlechteste Idee.<br />

Einen Satz muss ich verbessern. Nicht alle<br />

sind am ersten Tag ausgeschieden. Patrick<br />

Hirzer erreichte im $1.500 NLH, knapp 2400<br />

Teilnehmer, Rang 373. Mit K-K musste er<br />

sich gegen A-A geschlagen geben: Er lag zwar<br />

nach dem Flop mit einem Drilling vorne. Sein<br />

Gegner kaufte auf dem River jedoch ein As.<br />

WWW.<strong>BLUFF</strong><strong>EUROPE</strong> .COM • SEPTEMBER <strong>2008</strong><br />

13<br />

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NERVENKITZEL: FEHLENDE HAND!<br />

Wie kommt Ketchup in die Sauna?<br />

Sitzen, sitzen,<br />

sitzen – mancher<br />

Pokerspieler<br />

scheint gar nicht<br />

aufstehen zu wollen.<br />

Andere finden<br />

den notwendigen<br />

Ausgleich, eine kleine<br />

Trainingseinheit und<br />

Entspannung in den<br />

Spas, im Bellagio, im<br />

Rio oder an anderen<br />

Orten. Von Eduard Scharf<br />

Jeder sagt, ich wäre Omaha-Experte -<br />

weil ich dort meine beiden Bracelets<br />

gewonnen habe. Also sollte ich es<br />

wohl spielen. Der erste Tag sah ganz<br />

gut aus und ich konnte schnell und<br />

ohne große Gefahr Chips machen. Obwohl<br />

es sicher mehrere Wege gibt, die zum Ziel<br />

führen, bevorzuge ich den konservativen. Das<br />

heißt, wenig raisen, und wenn überhaupt,<br />

dann nur in Position, und versuchen die<br />

Chips reinzubringen, wenn man gewonnen<br />

hat - auf dem River. Das funktioniert<br />

erstaunlich gut im Amiland. Omaha scheint<br />

nicht wirklich das Spiel der Amerikaner<br />

zu sein. Sie wollen sich immer messen, ihr<br />

wisst schon, wie im Wilden Westen. Doch<br />

dazu eignet sich Omaha nicht so gut. Zu<br />

oft entscheiden Coinflips über Sieg oder<br />

Niederlage. Über zwei oder drei Tage kann<br />

das nicht gut gehen. Ihr seht, ich habe ein<br />

neues Feindbild, den Amerikaner. Zu Zeiten<br />

der Word Series of Poker (WSOP) gibt er<br />

mehr her als die Internetgeneration. Jeder<br />

weiß, meine optimale Performance bringe ich<br />

immer dann, wenn ich meine Gegner nicht<br />

mag, Blödsinn, wenn ich sie hasse. Das war<br />

schon so, als ich noch Tennis gespielt habe.<br />

Wer einmal im Amerika war, weiß: „Follow<br />

the rules“ und „rules“ gibt es überall. „Stand<br />

behind the yellow line“, „Don´t run, don´t<br />

smoke, no food allowed“ usw. Wenn es in Las<br />

Vegas regnet, werden Tausende von Schildern<br />

aufgestellt: „Slippery when wet“ , so dass<br />

man zwar nicht ausrutscht, aber unweigerlich<br />

über eines der Schilder stolpert. Richtige<br />

Swimmingpools gibt es in den teuren Hotels<br />

auch nicht mehr. Es sind Standingpools mit<br />

einer Wassertiefe von 1,3 m. Der Lifeguard<br />

ist trotzdem anwesend. „Slippery when wet“.<br />

Man könnte auch sagen: „Je teurer das Hotel,<br />

desto flacher der Pool.“ Die Gefahr und die<br />

Security lauern überall. Das Größte war die<br />

Disco. Es wurde zur Bracelet Party im Tao<br />

eingeladen. Security am Eingang, an jedem<br />

Durchgang, überall, mehr als an jedem<br />

Flughafen im Nahen Osten. Ich weiß auch<br />

gar nicht, was die da machen, außer allen<br />

auf die Nerven zu gehen. „You can´t stand<br />

here, you can´t stand there.“ Endlich sind<br />

wir drin, wieder überall Security. Ich dachte<br />

schon, Bush wäre zu Besuch. Doch dann<br />

sah ich es, In diversen Ecken gab es Erotik<br />

American Style. Frauen tanzten hinter Gitter<br />

alleine oder zu zweit. Wenn man stehen blieb,<br />

griff die Security ein. Silikonbewachung!?<br />

Sicher bin ich mir da nicht, ich durfte ja nicht<br />

stehen bleiben. Nicht dass jemand denkt,<br />

die Damen wären nackt oder oben ohne<br />

geweseb. Damit haben die Amis sogar in der<br />

Sauna ein Problem und ich meine nicht die<br />

Gemischtsauna. Ich habe gehört, irgendwo<br />

in Alaska gibt es eine, aber sicher sitzt da<br />

auch die Security dazwischen. Also ich sitze<br />

in der Sauna, als ein Ami ohne Badehose<br />

reinkommt, eh schon ungewöhnlich. Dafür<br />

ist er aber mit Handtuch, Cola und<br />

Hotdog bewaffnet. Das Handtuch<br />

rutscht. Klar, er hat nur zwei Hände.<br />

Also muss sein Hotdog dran glauben,<br />

was jetzt die Ketchupspuren in der<br />

Sauna erklärt. Und spätestens jetzt muss<br />

jedem klar sein, manche Situationen im<br />

Poker haben mit Karten nichts zu tun. Wenn<br />

einem ein Nacho mit Käse fressendes Etwas<br />

stundenlang gegenüber sitzt, dann muss<br />

ich reagieren. Das verlangt die Etikette. Das<br />

Timing muss halt stimmen. So kommt es zu<br />

einer Key-Hand am ersten Tag. Ich raise mit<br />

3-4-5-6, und der Ami reraist im Big Blind.<br />

Ganz klar A-A-x-x. Ich war mir sicher, er<br />

setzt mich auf K-K-x-x . Warum? Ich wollte<br />

ihn zurück zu seinem Hotdogstand schicken<br />

und malte mir ein passendes Szenario aus.<br />

Flop K-2-4 und ich habe mich mehr über den<br />

König als über den Draw gefreut, denn mir<br />

war klar, jetzt kann ich ihn aus der Hand<br />

drücken. Er setzte Pot. Hat aber genug Chips,<br />

um gegen einen Raise wegzuwerfen, also<br />

„raise Pot“. Er grübelt und grübelt, dann: „I<br />

know you have Kings“. Die wissen immer<br />

soviel, die Amis.<br />

In Level 4, ich hatte mich verdoppelt, gesellte<br />

sich ein Engländer zu uns an den Tisch.<br />

16 AUGUST <strong>2008</strong> • WWW.<strong>BLUFF</strong><strong>EUROPE</strong>.COM<br />

<strong>BLUFF</strong> <strong>EUROPE</strong> - DEUTSCHSPRACHIG<br />

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Kaum Platz genommen, wurde mal wieder<br />

ein Bad Beat erzählt. Das ist nichts Neues,<br />

dieser hatte es aber in sich. 40k im Pot, er<br />

hielt A-J-9-7. Ram Vaswani A-8-5-2, Flop<br />

A-9-8. Ram setzt auf dem Flop. Auf dem Turn<br />

geht die ganze Marie rein. Showdown. Ein<br />

Mitspieler: „I had an 8“. River, klatsch, 8.<br />

Ram: „There it is. It`s your own fault, you<br />

let me bluff you.“ Gegen einen 1 Outer zu<br />

verlieren ist hart. Für kurze Zeit hatte der<br />

Engländer mein volles Mitgefühl, aber nur<br />

kurz. Bad Beat Stories haben nämlich eines<br />

gemein: Je öfter sie erzählt werden, desto<br />

langweiliger werden sie. Da immer wieder<br />

neue Spieler zu uns an den Tisch kamen,<br />

wurde die Geschichte immer stets neu<br />

aufgelegt. Komisch, Ich lese gerade das Buch:<br />

„Die Macht des Unterbewusstseins“. Mir war<br />

es, als beschwöre der Brite seinen eigenen<br />

Untergang herauf. Auf einem Flop 9-6-2<br />

zeigte der Unglücksrabe 9-9-8-7, während<br />

sein Landsmann T-8-6-5 aufdeckte. 3 Outs,<br />

das reicht ja wohl. Auf dem River dann die 7.<br />

Noch Fragen?<br />

Jetzt wollte ich auch ein Stück vom Kuchen<br />

und callte - immerhin mit 6 Outs auf Flop<br />

8-9-K (T-7-5-4). Kann ahnen dass er K-K-x-x<br />

zum Showdown bringt. Sein Kommentar: „I<br />

hope you play Cashgame“. Ich glaube, er war<br />

angefressen, doch ganz ehrlich: Hätte er mich<br />

nicht mit seinen Storys gequält, meine Karten<br />

wären im Muck gelandet. Außerdem wollte<br />

ich einfach wissen, ob das alles so stimmt,<br />

was ich im Buch gelesen habe. Vielleicht habe<br />

ich ja auch nicht alles verstanden. Egal, ich<br />

hatte die Chips, und der Brite konnte zum<br />

Cashgame. Am Ende des Tages war ich mit<br />

180k an 9ter Stelle in Chips.<br />

Tag zwei, die gute Nachricht, ich war<br />

Chipleader an meinem Tisch. Die schlechte<br />

Nachricht, mit Robert Williamson III, Jeff<br />

Lisandro, Tony G und David Singer hatte<br />

die „Who is who“ der Omaha-Pokerwelt an<br />

meinem Tisch Platz genommen. Der einzige<br />

Spieler, den ich namentlich nicht kannte,<br />

war ein junger Schwede, der Tags zuvor die<br />

Omaha Cashpartie rasiert hatte. Die besten<br />

Voraussetzungen. Zuerst hatte ich die Ehre,<br />

Robert Williamson III vom Tisch zu nehmen:<br />

Ich: Jh-Th-Td-3d, Robert: 8h-7h-6d-4d, Flop<br />

9h-8d-4s, Turn und River Herz… yippeee.<br />

Übrigens Robert war mit 55 Prozent Favorit<br />

als die Chips reingingen. Wen juckt das<br />

schon.<br />

Als ich dann David Singer zweimal bluffen<br />

konnte, tat das meinem Selbstbewusstsein<br />

und meinem Stack sehr gut. Mittlerweile<br />

hatte ich über 300k und war im Turnier<br />

Zweiter in Chips. Ich bin mir sicher, Singer<br />

hat mich auch geblufft - doch so etwas<br />

ignoriere ich einfach. Eine wichtige Partie<br />

für mich: Lisandro im Small Blind, ich im<br />

Big Blind, drei Limper. Der Flop T-5-2 kariert<br />

(rainbow). Alle checken. Turn 7, jetzt liegen<br />

2 Kreuz, ich habe zwei bescheidene Paare<br />

mit 7-2. Lisandro checkt, ich denke, den<br />

Pot nehme ich mir mit einer kleinen Bet,<br />

alle folden, bis auf Lisandro, der Pot raist.<br />

Hmmm. Was soll der jetzt haben? Ich denke,<br />

er hat ein gutes Draw, meine zwei Paar sind<br />

mit Sicherheit noch gut, aber ich kann mich<br />

kaum verbessern. Lisandro hat noch 30k vor<br />

sich stehen. Ich denke, dass er die reinstellt,<br />

egal was kommt. Ich bezahle. Auf dem River<br />

kommt das Pik Ass, er geht All-in, ich calle.<br />

„You got me“, sagt er, deckt auf und sieht<br />

jetzt dann, dass er das Ass zum zweiten Paar<br />

getroffen hat. Na toll. Ich klettere zurück,<br />

wechsele den Tisch und muss mir dann 5<br />

Stunden anschauen, wie um mich herum<br />

geraist und gereraist wird – mit T-J-Q-K und<br />

5-6-7-8 und A-A-J-T während ich mit 2-2-2-3<br />

und Ähnlichem vorlieb nehmen muss. Bis ich<br />

dann als 17.ter unspektakulär ausgeschieden<br />

bin, vielleicht hat mir richtigen Augenblick<br />

der Biss gefehlt. Rino Mathis, ihr wisst schon,<br />

der Schweizer, wurde 18ter. Puh. Das war<br />

knapp.<br />

(Eduard – Eddy - Scharf erreichte bei der WSOP<br />

<strong>2008</strong> zwei Cashes und bloggt regelmäßig auf<br />

Overcards.de)<br />

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WWW.<strong>BLUFF</strong><strong>EUROPE</strong> .COM • AUGUST <strong>2008</strong><br />

17<br />

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NERVENKITZEL: TATORT LAS VEGAS<br />

Fakten, Fakten, Fakten<br />

Poker boomt auf der ganzen Welt – auch in Deutschland, Österreich<br />

und der Schweiz. Dass Spieler aus diesen Ländern immer besser<br />

werden, zeigte die WSOP <strong>2008</strong>: circa $2 Millionen an Preisgeldern<br />

gingen an Deutsche, Österreicher und Schweizer. Hier die wichtigsten<br />

Zahlen und Fakten plus Kurzporträts von zufällig entdeckten wie<br />

herausragenden Spielern.<br />

Das wichtigest aus einen Blick:<br />

Events <strong>2008</strong> 55<br />

niedrigstes Buy-in $ 1.000<br />

höchstes Buy-in $50.000<br />

Preisgelder 2007 $159.796.918<br />

Preisgelder <strong>2008</strong> $180.676.248<br />

Nationen 2007 87<br />

Nationen <strong>2008</strong> 118<br />

Registrierungen 2007 54.288<br />

Registrierungen <strong>2008</strong> 58.720<br />

Bracelets <strong>2008</strong> 3<br />

Finaltische (Spieler) 6<br />

Cashes 66<br />

Summe circa<br />

$1,7 Millionen<br />

$ 10.000 World Championship<br />

Pot-Limit Hold’em (Event #1)<br />

16. Andreas Krause, DE $33.088<br />

$ 1.500 No-Limit Hold’em<br />

(Event 2)<br />

52. Johannes Straßmann, DE $11.262<br />

2<strong>09</strong>. Rolf Kaus, DE $4.022<br />

$1.500 Pot-Limit Hold‘em (Event 3)<br />

41. Sven Schmithysen, DE $3.6<strong>01</strong><br />

42. Matthias Kürschner, DE $3.6<strong>01</strong><br />

$1.500 Omaha Hi-Low<br />

Split-8 or Better (Event 6)<br />

33. Joachim Holle, DE $5.230<br />

$2.000 No-Limit Hold’em (Event 7)<br />

30. Matthias Kürschner, DE $11.590<br />

66 Thang Duc Nguyen, DE $6.374<br />

$1.500 No-Limit Hold‘em /<br />

Six Handed (Event 9)<br />

11. Jan van Halle, DE $19.571<br />

17. Frank Blümlein, DE $13.666<br />

1<strong>01</strong>. Pascal Baumgartner, CH<br />

$2.531<br />

$1.500 Limit Hold’em (Event 12)<br />

6. Markus Golser, AT $53.453<br />

8. Christoph Niesert, DE $32.432<br />

71. Felix Bohle, DE $3.243<br />

$2.500 No-Limit Hold’em<br />

(Event 13)<br />

23. Pascal Baumgartner, CH<br />

$17.351<br />

33. Matthias Kürschner, DE<br />

$14.138<br />

$1.000 Ladies No-Limit Hold’em<br />

World Championship (Event 15)<br />

61. Michelle Lam, DE $3.032<br />

$2.000 Omaha Hi-Low Split-<br />

8 or Better (Event 16)<br />

32. Thang Duc Nguyen, DE $5.535<br />

$1.500 No-Limit Hold’em Shootout<br />

(Event 17)<br />

71. Frank Blümlein, DE $5.596<br />

97. Marco Liesy, DE $5.596<br />

$1.500 Pot-Limit Omaha (Event 19)<br />

53. Gehard Schieber, DE $3.522<br />

$2.000 Limit Hold‘em (Event 20)<br />

10. Daniel Makowsky, CH $12.230<br />

36. Sasa Biorac, DE $5.241<br />

$5.000 No-Limit Hold’em (Event 21)<br />

72. Jan Heitmann, DE $9.619<br />

36. Sam el Sayed, CH $16.147<br />

$3.000 H.O.R.S.E. (Event 22)<br />

1. Jens Vörtmann, DE $298.253<br />

19. Alexander Jung, DE $7.998<br />

23. Markus Golser , AT $7.998<br />

$2.500 Pot-Limit Holdem/<br />

Omaha (Event 24)<br />

10. Daniel Makowsky, CH $12.330<br />

$1.500 No-Limit Hold’em (Event 27)<br />

36. Rainer Meyer, DE $13.667<br />

46. Jan van Halle , DE $9.604<br />

56. Alexadner Schulter, DE $8.495<br />

160. Sven Malek, DE $3.5<strong>09</strong><br />

176. Christian Blech, AT $3.140<br />

189. Michael Cap, AT $3.140<br />

228. Erich Kollmann, AT $2.955<br />

233. Robert Bruck , DE $2.955<br />

$2.500 No-Limit Hold‘em /<br />

Six Handed (Event 31)<br />

68. Sebastian Ruthenberg, DE $4.655<br />

104. Rino Mathis, CH $3.724<br />

$1.500 No-Limit Hold’em (Event 32)<br />

154. Felix Osterland, DE $3.144<br />

197. Marc Ricci, CH $2.830<br />

$5.000 World Championship Seven<br />

Card Stud Hi-Low Split-8 or Better<br />

(Event 33)<br />

1. Sebastian Ruthenberg, DE $328.762<br />

20. Thang Duc Nguyen, DE $11.040<br />

$1.500 Pot-Limit Omaha<br />

W/ReBuys (Event 34)<br />

2. Daniel Makowsky, CH $355.050<br />

22. Johannes Straßmann, DE $19.257<br />

$1.500 Seven Card Stud (Event 35)<br />

21. Stefan Rapp, AT $3.640<br />

25. Daniel Studer, CH $2.860<br />

$1.500 No-Limit Hold’em (Event 36)<br />

85. David Rohrbach, CH $5.344<br />

86. Oliver Buhle, CH $5.344<br />

116 Stephan Sieber, DE $4.008<br />

$2.000 Pot-Limit Hold‘em (Event 38)<br />

4. Jan van Halle, DE $77.077<br />

17. David Mehrmand, DE $8.808<br />

$1.500 No-Limit Hold’em (Event 39)<br />

73 Sasa Biorac , DE $6.311<br />

1<strong>01</strong> Acar Malzumm, CH $4.084<br />

16 AUGUST <strong>2008</strong> • WWW.<strong>BLUFF</strong><strong>EUROPE</strong>.COM<br />

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$1.500 Mixed Hold’em - limit/no-limit<br />

(Event 41)<br />

5 Alex Jalali, DE $56.875<br />

28. Jan van Halle, DE $4.689<br />

63 David Mehrmand, DE $3.<strong>09</strong>3<br />

$1.500 Pot-Limit Omaha Hi-low Split-8<br />

or Better (Event 43)<br />

1 Martin Kläser, DE $216.249<br />

28. Siggi Stockinger, AT $4.619<br />

$1.000 No-Limit Hold’em w/ReBuys<br />

(Event 44)<br />

26. Mathias Neu, DE<br />

$18.144<br />

$5.000 No-Limit Hold’em / Six Handed<br />

(Event 46)<br />

22. Eduard Scharf , DE $26.106<br />

$2.000 No-Limit Hold’em (Event 48)<br />

12. Arne Mews, DE $46.386<br />

15. Deny Drobyna, DE $35.843<br />

71. Jens Grieme, DE $8.855<br />

92. Frederic Rusconi, CH $5.903<br />

105. Florian Langmann, DE $5.060<br />

173. Hanno Offen, DE $3.795<br />

$1.500 No-Limit Hold’em (Event 49)<br />

8. Robert Kalb, DE $85.331<br />

9. Christoph Köhnen, DE $58.248<br />

18. Dominique Degott, DE $21.889<br />

56. Tim Wiegand, DE $8.533<br />

59. Greg Mueller, DE $8.533<br />

115. Jan Tapken, DE $4.081<br />

191. Michael Roth, DE $3153<br />

215. Gunter Wagner, DE $2.968<br />

234. Marco Naschberger, AT $2.968<br />

$10.000 World Championship<br />

Pot Limit Omaha (Event 50)<br />

17. Eduard Scharf , DE $35.814<br />

25. Siggi Stockinger, AT $28.651<br />

104. Rino Mathis, CH $3.724<br />

$1.500 H.O.R.S.E. (Event 51)<br />

Jens Vörtmann, , DE $6.686<br />

$1.500 No-Limit Hold’em (Event 52 )<br />

31. Hans Erlandsson, DE $13.600<br />

106. Felix Osterland, DE $4.043<br />

143. Sven Leu, DE $3.492<br />

154. Michael Preschern, AT $3.124<br />

172 Nicolas Martin, DE $3.124<br />

187. Erich Klapper, DE $3.124<br />

241. Christiane Klecz, DE $2.756<br />

243. L. von Fürstenberg, DE $2.756<br />

244. Alexadre Besse, CH $2.756<br />

$1.500 Limit Hold’em<br />

Shootout (Event 53)<br />

12. Stefan Rapp, AT $5.055<br />

21. Markus Stranzinger, AT $5.055<br />

27. Sebastian Bauer, CH $5.055<br />

42. Davood Mehrmand, DE $5.055<br />

61. Claudio Rinaldi, CH $5.055<br />

Finaltische mit „deutscher“ Beteiligung<br />

Christoph Köhnen, 24<br />

Jahre alt aus Moers, konnte<br />

es kaum glauben. Mit<br />

weniger als 200 € kaufte er<br />

sich in diverse Turnierserien<br />

der Poker-Bundesliga am<br />

Niederrhein ein, belegte dort<br />

den ersten Platz und gewann<br />

eine Reise nach Las Vegas.<br />

Dass der 1984 geborene in<br />

Las Vegas im Event # 49 als erster deutscher<br />

Spieler den Finaltisch eines No Limit Hold’em<br />

Events ($1.500 No Limit Hold‘em) erreicht,<br />

hätte er nie zu träumen gewagt. Auch nach<br />

dem Erfolg bleibt Köhnen auf dem Boden der<br />

Tatsachen. So verlockend Poker auch ist – er<br />

will erst einmal sein Mathematikstudium<br />

abschließen. Was danach kommt, steht in den<br />

Sternen – pokern als mathematisches Genie,<br />

warum nicht.<br />

Mit Robert Kalb war der<br />

zweite deutsche Spieler am<br />

$1.500 No Limit Hold’em<br />

Finaltisch. Der Offenbacher<br />

Kalb hat das Spieler Gen.<br />

Nachdem er sich nach<br />

der Schule durch Wetten<br />

und Roulette ein Zubrot<br />

verdiente, setzt er seit zwei<br />

Jahren auf Poker. Nach Las Vegas war Kalb<br />

eigentlich wegen der Deep Stack Turniere<br />

im Caesars gekommen. Doch seine Freundin<br />

Janina Sebbes überraschte ihn mit einem<br />

Geburtstagsgeschenk: dem Buy-in für<br />

Event #49 ($1.500 No-Limit Hold‘em). Kalb<br />

wiederum überraschte Janina mit einem Platz<br />

am Finaltisch und dem Gewinn von $85.331.<br />

Das nennen wir gut investierte $1.500, denn,<br />

wie Kalb nach dem Sieg versicherte: „Der<br />

Gewinn wird geteilt.“<br />

Er ist Mediziner, Arzt<br />

an einem Bochumer<br />

Krankenhaus. In seiner<br />

Freizeit spielt Alex Jalali,<br />

den alle nur kurz Ali nennen,<br />

Poker. Wann genau das<br />

anfing, erinnert er nicht<br />

mehr. 2005 war er jedenfalls<br />

Deutscher Pokermeister.<br />

Seitdem spielt er regelmäßig<br />

– und gewinnt: etwa bei der Master Classic of<br />

Poker in Amsterdam. Mit einem Sieg räumte<br />

er eben mal 700.000 Euro ab und schob sich<br />

damit in der Hendon Mob All-Time-Money-<br />

List ganz weit nach vorne. Mit seinem fünften<br />

Platz in Event #41 ($1.500 Mixed Hold‘em<br />

- limit/no-limit) gehört Jalali zu den sechs<br />

deutschen Poker-Millionären.<br />

Jens Vörtmann war bisher mehr den<br />

Cashgamespielern als<br />

den Turnierspielern<br />

bekannt. War! Während<br />

der World Series of<br />

Poker machte der der<br />

gebürtige Dortmunder<br />

zweimal auf sich<br />

aufmerksam, zweimal<br />

in der Königsdisziplin<br />

der Poker Pros. Der<br />

Cashgame-Experte erreichte in den Events<br />

#22 ($3.000 H.O.R.S.E.) und #51 ($1.500<br />

H.O.R.S.E.) zweimal die Geldränge und<br />

erfüllte sich damit nicht nur seinen Traum<br />

von guten Cashes. Vielmehr bedeutet ihm<br />

das kleine goldene Armband, das jetzt seine<br />

Hand schmückt: sein erstes Bracelet (siehe<br />

Interview S.22-27).<br />

Sebastian Ruthenberg<br />

ist der Aufsteiger des<br />

Jahres. Als Mitglied des<br />

neu gegründeten Teams<br />

der Young Professionals<br />

von Pokerstars knüpft der<br />

Hamburger in Las Vegas<br />

an seine Erfolge bei der<br />

European Poker Tour<br />

an. Ruthenberg schreibt<br />

Pokergeschichte: Mit seinem Sieg beim<br />

$5.000 World Championship Seven Card<br />

Stud Hi-Low Split-8 or Better ist er nicht nur<br />

der jüngste, sondern auch der erste deutsche<br />

Weltmeister überhaupt<br />

(siehe Interview S.36-39).<br />

Martin Kläser<br />

gewann die Full Tilt Million<br />

Challenge 2007 und<br />

erhielt kurz darauf vom<br />

Pokerroom Full Tilt einen<br />

Profi Vertrag. Auf eigene<br />

Kosten fuhr er im Januar<br />

mit dem <strong>deutschsprachig</strong>en<br />

Team von FullTiltPoker.<br />

net zu den Aussie Millions.<br />

Dort sammelte er wertvolle Erfahrungen<br />

für den Jahreshöhepunkt: die WSOP. Mit<br />

seinem Sieg im Event #42 $1.500 Pot-Limit<br />

Omaha Hi-low Split-8 or Better wurde er<br />

zum bislang jüngsten deutschen Bracelet-<br />

Gewinner und strich dafür $200.000 ein. Bei<br />

Event #54, dem Main Event, der $10.000<br />

World Championship No-Limit Texas Hold‘em<br />

schaffte er es bis zum zweiten Tag (Das<br />

Event war bei Redaktionsschluss noch nicht<br />

beendet.)<br />

(Siehe Interview S.30-33).<br />

<strong>BLUFF</strong> <strong>EUROPE</strong> - DEUTSCHSPRACHIG<br />

WWW.<strong>BLUFF</strong><strong>EUROPE</strong> .COM • AUGUST <strong>2008</strong><br />

17<br />

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NERVENKITZEL: TATORT LAS VEGAS - CONT.<br />

Kurzportrait<br />

Sebastian Ruthenberg<br />

Fakten<br />

Jahrgang 1986<br />

WSOP-Jahre 2<br />

Events 20<br />

Events <strong>2008</strong> 4<br />

Geldränge 2<br />

Geldränge <strong>2008</strong> 2<br />

Finaltische 1<br />

Finaltische <strong>2008</strong> 1<br />

Bracelet 1<br />

Gewinnsumme $333.417<br />

Rino Mathis<br />

Fakten<br />

Jahrgang 1972<br />

WSOP-Jahre 7<br />

Events 15<br />

Events <strong>2008</strong> 7<br />

Geldränge 3<br />

Geldränge <strong>2008</strong> 2<br />

Finaltische -<br />

Finaltische <strong>2008</strong> -<br />

Bracelet -<br />

Gewinnsumme $44.178<br />

Eddy Scharf<br />

Fakten<br />

Jahrgang<br />

1949<br />

WSOP-Jahre 10<br />

Events 50<br />

Events <strong>2008</strong> 8<br />

Geldränge 12<br />

Geldränge <strong>2008</strong> 2<br />

Finaltische 4<br />

Finaltische <strong>2008</strong> -<br />

Bracelet<br />

2<br />

Gewinnsumme $6<strong>09</strong>.455<br />

Martin Kläser<br />

Fakten<br />

Jahrgang 1986<br />

WSOP-Jahre 1<br />

Events 2<br />

Events <strong>2008</strong> 2<br />

Geldränge 1<br />

Geldränge <strong>2008</strong> 1<br />

Finaltische 1<br />

Finaltische <strong>2008</strong> 1<br />

Bracelet 1<br />

Gewinnsumme $216.249<br />

Johnny d‘ Silva<br />

Fakten<br />

Jahrgang 1968<br />

WSOP-Jahre 3<br />

Events 7<br />

Events <strong>2008</strong> 1<br />

Geldränge -<br />

Geldränge <strong>2008</strong> -<br />

Finaltische -<br />

Finaltische <strong>2008</strong> -<br />

Bracelet -<br />

Gewinnsumme -<br />

Jahrg<br />

WSO<br />

Even<br />

Even<br />

Geld<br />

Geld<br />

Fina<br />

Fin<br />

Bra<br />

Ge<br />

20 AUGUST <strong>2008</strong> • WWW.<strong>BLUFF</strong>MEDIA.COM <strong>BLUFF</strong> <strong>EUROPE</strong> - DEUTSCHSPRACHIG<br />

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0<br />

0<br />

2<br />

Erich Kollmann<br />

Fakten<br />

Jahrgang 1968<br />

WSOP-Jahre 2<br />

Events 2<br />

Events <strong>2008</strong> 1<br />

Geldränge 2<br />

Geldränge <strong>2008</strong> 1<br />

Finaltische -<br />

Finaltische <strong>2008</strong> -<br />

Bracelet -<br />

Gewinnsumme $16.<strong>01</strong>3<br />

Stefan Rapp<br />

Fakten<br />

Jahrgang 1972<br />

WSOP-Jahre 3<br />

Events 11<br />

Events <strong>2008</strong> 8<br />

Geldränge 1<br />

Geldränge <strong>2008</strong> 1<br />

Finaltische -<br />

Finaltische <strong>2008</strong> -<br />

Bracelet 1<br />

Gewinnsumme $9695<br />

6<strong>09</strong>.455<br />

Soraya Homam<br />

Fakten<br />

Jahrgang 1968<br />

WSOP-Jahre 2<br />

Events 2<br />

Events <strong>2008</strong> 1<br />

Geldränge -<br />

Geldränge <strong>2008</strong> -<br />

Finaltische -<br />

Finaltische <strong>2008</strong> -<br />

Bracelet -<br />

Gewinnsumme -<br />

Michael Keiner<br />

Fakten<br />

Jahrgang -<br />

WSOP-Jahre 8<br />

Events 40<br />

Events <strong>2008</strong> 10<br />

Geldränge 7<br />

Geldränge <strong>2008</strong> -<br />

Finaltische 2<br />

Finaltische <strong>2008</strong> -<br />

Bracelet 1<br />

Gewinnsumme<br />

$2<strong>01</strong>.358<br />

Katja Thater<br />

Fakten<br />

Jahrgang 1968<br />

WSOP-Jahre 4<br />

Events etwa 15<br />

Events <strong>2008</strong> 6<br />

Geldränge 5<br />

Geldränge <strong>2008</strong> -<br />

Finaltische 2<br />

Finaltische <strong>2008</strong> -<br />

Bracelet 1<br />

Gewinnsumme $191.318<br />

<strong>BLUFF</strong> <strong>EUROPE</strong> - DEUTSCHSPRACHIG WWW.<strong>BLUFF</strong><strong>EUROPE</strong> .COM • AUGUST <strong>2008</strong> 21<br />

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NERVENKITZEL: ????????????????????<br />

30 SEPTEMBER <strong>2008</strong> • WWW.<strong>BLUFF</strong><strong>EUROPE</strong>.COM<br />

<strong>BLUFF</strong> <strong>EUROPE</strong> - DEUTSCHSPRACHIG<br />

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Interview<br />

JENS VOERTMANN<br />

Für Turnierspieler kam er aus dem Nichts.<br />

Cashgamespieler respektieren ihn. In Las Vegas<br />

erklomm er den Olymp: Und das war erst der<br />

Anfang, sagen wir. Zwischen Bracelet und Main<br />

Event sprach Volker Watschounek mit dem Sieger<br />

des $ 3.000 H.O.R.S.E. Events.<br />

<strong>BLUFF</strong> <strong>EUROPE</strong> - DEUTSCHSPRACHIG<br />

WWW.<strong>BLUFF</strong><strong>EUROPE</strong> .COM • SEPTEMBER <strong>2008</strong><br />

31<br />

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NERVENKITZEL: ????????????????????<br />

Volker Watschounek (VW): Hallo<br />

Jens, schön, dass Du etwas Zeit<br />

gefunden hast und mich in meinem<br />

Office besuchst, der Baccarat Bar<br />

im Bellagio. Ich gratuliere Dir vom<br />

ganzen Herzen zu Deinem ersten<br />

Bracelet, zu diesem verheißungsvollen<br />

Auftakt mit dem keiner so richtig gerechnet<br />

hat außer vielleicht Du selbst.<br />

Vortmann (JV): Jeder, der nach Las Vegas<br />

fährt, möchte sich auf dem Walk of Fame<br />

verewigen, sich in die Liste der Sieger<br />

eintragen. Ich denke, es ist aber vermessen<br />

zu sagen, man fährt nach Las Vegas und<br />

gewinnt gleich in einem der ersten Events ein<br />

Bracelet.<br />

VW: Wie fühlst Du Dich jetzt, ein paar Tage<br />

nach deinem Sieg?<br />

JV: Inzwischen hat sich die Aufregung etwas<br />

gelegt und es ist nur noch die Freude da. Das<br />

ist mit Abstand der größte Erfolg, den ich<br />

im Pokern errungen habe. Es ist ein gutes<br />

Gefühl, und man weiß, es kann eigentlich<br />

nichts mehr passieren. Egal, was kommt: Der<br />

ganze Trip ist ein Erfolg und das fühlt sich<br />

einfach gut an.<br />

VW: Es heißt, nach der letzten Hand war eine<br />

Horde wild gewordener Kinder auf dem Floor <br />

Hat das Rio die Altersgrenze gesenkt?<br />

JV: Ich gebe ehrlich zu, was in den Sekunden<br />

nach der letzten Hand passiert ist, weiß ich<br />

nicht mehr. Da habe ich einen richtigen<br />

Blackout.<br />

VW: Demnach ist es gesünder, ein Bracelet zu<br />

gewinnen, als sich zu betrinken?<br />

JV: Genau! Ich bin froh, dass meine Frau Irina<br />

einen Tag vorher angekommen war – nicht,<br />

weil ich so lange im Turnier war, sondern<br />

weil es geplant war. Irina ist jetzt meine<br />

Gedankenstütze, denn sie erinnert, was<br />

passiert ist. Sie sagt, dass ich nach der letzten<br />

Hand wie ein kleines Kind rumgebrüllt<br />

habe. Irina sagt, sie selbst habe Tränen<br />

in den Augen gehabt. Das war emotional<br />

wahrscheinlich unser schönster Moment: Und<br />

den kann mir keiner mehr nehmen.<br />

VW: Und die Nacht, die erste Nacht nach dem<br />

Sieg – konntest Du Dich gleich ins Bett legen<br />

und schlafen? Ich habe gehört, Du sollst die<br />

ganze Nacht das Bracelet angeschaut haben <br />

JV: Ich bin in der Nacht sicher 20 Mal<br />

aufgestanden und hab nachgeschaut, ob<br />

das Bracelet noch im Nachtschrank liegt, es<br />

immer mal wieder angefasst und geguckt, ob<br />

es noch da ist. Ich habe auch Irina gebeten,<br />

mich zu kneifen … mich aus meinem Traum<br />

aufzuwecken. Schlafen konnte ich nicht<br />

wirklich! Mein Körper war so aufgewühlt,<br />

dass es bis acht oder neun Uhr am nächsten<br />

Morgen gedauert hat, bis ich dann doch mal<br />

ein Auge zumachen konnte.<br />

VW: Taten am Ende die Augen weh?<br />

JV: (Lacht strahlend) Ja, es war so ein toller<br />

Moment und Adrenalin pur. Jeder, der<br />

hierher kommt, träumt davon, ein Bracelet<br />

zu gewinnen. Und so viele gibt es dann auch<br />

nicht zu verteilen. Und wenn man dann in<br />

Sin City ein Bracelet gewinnt, ist es wie ein<br />

Traum, der in Erfüllung geht (Anm. d. Red.<br />

Bei der WSOP <strong>2008</strong> waren es 56).<br />

VW: Du bist dem Boden der Tatsachen<br />

inzwischen ein wenig näher gekommen<br />

und hast Dich wieder für Events registriert,<br />

kämpfst um Bracelet #2. Hat sich durch das<br />

Bracelet für Dich etwas verändert? Gehst Du<br />

vielleicht jetzt anders in die Turniere rein?<br />

JV: Zu meiner Schande muss ich gestehen,<br />

dass ich die letzten Turniere gar nicht so gut<br />

gespielt habe. Irgendwie war da die Luft ein<br />

wenig draußen. Das sollte natürlich nicht so<br />

sein – aber irgendwie bin ich so zufrieden,<br />

einfach glücklich, der zufriedenste Mensch<br />

auf Erden.<br />

Ich bemerke schon, dass mich die Spieler am<br />

Tisch deutlich respektvoller behandeln, wenn<br />

ich das Bracelet trage. Plötzlich kann ich mir<br />

Dinge erlauben, die vorher undenkbar waren<br />

oder sofort bestraft wurden.<br />

VW: Was erlaubst Du Dir jetzt, was Du Dir<br />

vorher nicht getraut hast? Ist das Spiel jetzt<br />

insgesamt leichter geworden?<br />

JV: Manche begegnen einem mit mehr<br />

Respekt und spielen passiver. Manche<br />

versuchen aber auch zu zaubern, was für<br />

mich auch von Vorteil sein kann. Auf die<br />

Frage „Who the fuck are you?“ brauch ich mir<br />

jetzt nichts mehr einfallen zu lassen, sondern<br />

bloß auf mein rechtes Handgelenk schauen …<br />

VW: Da komme ich zurück auf mein<br />

Geschäftsmodell, das ich mit Eddy Scharf<br />

einmal angesprochen habe: Braceletverleih …<br />

JV: Dafür müsste ich es ja hergeben und das<br />

wird mir schwer fallen. (VW: Auch nicht<br />

gegen Kaution und einen Betrag x?) Ein<br />

Bracelet ist ein ideeller Wert. Ich glaube,<br />

selbst wenn ich ganz am Ende wäre und kein<br />

Geld mehr in der Tasche hätte, wäre das<br />

Bracelet das Letzte was ich hergeben würde.<br />

Das hat so einen großen ideellen Wert. Das<br />

bleibt bei mir! (VW: Aber es wäre doch nur<br />

für wenige Stunden oder für einen Tag.) Was<br />

meinst Du, wie lang eine Stunde sein kann.<br />

VW: Vom ideellen Wert zum Glücksbringer<br />

in Pokerrunden. Glaubst Du an so etwas? Bist<br />

Du abergläubisch?<br />

JV: Nein, ich bin überhaupt nicht<br />

abergläubisch aber vielleicht sollte ich das<br />

ändern. Ich habe schließlich an einem Freitag<br />

den 13., an Tisch Nummer 13 mein Bracelet<br />

gewonnen (Amazon Room, Zone Green).<br />

Aber irgendwie glaube ich nicht so richtig an<br />

solchen Hokuspokus. Es ist für mich einfach<br />

ein unheimlich schönes Gefühl, ein Symbol,<br />

eine Belohnung für die Arbeit, die ich in den<br />

letzten Jahren geleistet habe.<br />

VW: Die letzten Jahre … Vor etwas mehr<br />

als einem Jahr habe ich den Namen Jens<br />

Voertmann noch in keinem Turnierbericht<br />

gelesen. Jetzt sitzt Du vor mir, hast ein<br />

Full Tilt Shirt an, trägst ein Bracelet Ein<br />

kometenhafter Aufstieg … Beschreib doch<br />

mal, wie siehst Du selbst die letzten zwölf<br />

Monate.<br />

JV: Für mich hat sich eigentlich gar nicht so<br />

viel verändert. Ich war in der Pokerszene<br />

schon sehr bekannt – aber halt in der<br />

Cashgame-Szene. Ich komme ausschließlich<br />

aus dem Cashgame und habe dort in den<br />

letzten Jahren eigentlich ziemlich erfolgreich<br />

gespielt – in dieser Szene habe ich einen<br />

guten Ruf.<br />

Jetzt, wo im November (2007) Full Tilt<br />

auf mich zugekommen ist, habe ich mich<br />

entschieden, mit dem Logo auf der Brust das<br />

eine oder andere Turnier mehr zu spielen -<br />

obwohl ich vorher das Cashgame vorgezogen<br />

hatte. Diese Entscheidung hat sich ja nun<br />

wirklich ausgezahlt.<br />

VW: Cashgame versus Turnier: Könnte es<br />

Dir passieren, dass Du ein wichtiges Turnier<br />

wegen eines gut laufenden Cashgames<br />

verpasst?<br />

JV: Normalerweise immer, denn ich bin<br />

immer Cashgamespieler gewesen und<br />

werde es auch immer bleiben. Hier in Las<br />

Vegas jetzt nicht unbedingt: Ich habe mir<br />

vorgenommen, einige Turniere zu spielen<br />

und einige gute Ergebnisse zu erzielen.<br />

VW: Dazu gehört eine Menge Selbstdisziplin:<br />

Ist der Cashgame-Spieler Vörtmann<br />

disziplinierter oder der Turnierspieler?<br />

JV: Auch wenn das nur wenige von sich<br />

behaupten. Mir macht Cashgame einfach<br />

doch mehr Spaß als Turnierpoker.<br />

VW: Beim Cashgame und Turnierspiel ist die<br />

Basis dieselbe: Poker. Wo liegt für Dich der<br />

Unterschied?<br />

JV: Ich fühle mich im Cashgame wohler. Die<br />

Frustrationsschwelle wird bei weitem nicht<br />

so oft überschritten. Wenn ich im Cashgame<br />

von zehn Abenden sechsmal gewinne, dann<br />

bin ich sechsmal zufrieden und nur viermal<br />

unzufrieden. Bei einem Turnier, selbst<br />

wenn man Zweiter wird, ist man immer<br />

unzufrieden, weil man die letzte Hand<br />

verloren hat und geschlagen wurde. Deshalb<br />

verlasse ich in Turnieren sehr viel häufiger<br />

verärgert den Tisch als im Cashgame.<br />

Außerdem sind die Swings im Cashgame<br />

geringer, das heißt, man hat im Turnier<br />

manchmal sehr, sehr große Auszahlungen<br />

aber auch unzählige Turniere bei denen gar<br />

nichts geht, weil man nur verliert. Das heißt,<br />

die Schwankungen sind einfach sehr, sehr<br />

groß, während das im Cashgame wesentlich<br />

konstanter läuft.<br />

VW: Wie bist Du eigentlich zum Pokern<br />

gekommen?<br />

JV: Ich habe vorher sehr, sehr viele andere<br />

Kartenspiele gespielt: etwa Bridge oder<br />

Doppelkopf – und war da auch ziemlich<br />

erfolgreich. Das ging so lange gut, bis ich<br />

einmal einen Bekannten aus der Bridge-Szene<br />

ins Casino Hohensyburg begleitet habe. Er<br />

hat ein bisschen gepokert, Cashgame. Ich<br />

habe ihm dabei über die Schulter geschaut<br />

und das hat mein Interesse geweckt. Als<br />

nächstes habe ich mir ein paar Bücher<br />

ausgeliehen, mir das eine oder andere<br />

dazugekauft, diese studiert und meinen<br />

Bekannten noch bei weiteren zwei, drei<br />

31 SEPTEMBER <strong>2008</strong> • WWW.<strong>BLUFF</strong>MEDIA.COM <strong>BLUFF</strong> <strong>EUROPE</strong> - DEUTSCHSPRACHIG<br />

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Sessions beobachtet.<br />

Bei meiner ersten eigenen Session habe<br />

ich dann festgestellt, dass ich recht<br />

erfolgreich bin – und bin dann dabei<br />

geblieben. (Ist Bridge genauso lukrativ?)<br />

Nein! Bridge ist zwar in meinen Augen das<br />

bedeutend schönere Kartenspiel, auch das<br />

Anspruchvollere. Doch Bridge ist brotlose<br />

Kunst.<br />

VW: Eine Kunst, bei der nicht um Geld<br />

gespielt wird, bei der es kein Geld zu<br />

verdienen gibt?<br />

JV: Es wird schon um Geld gespielt. Doch<br />

es ist ähnlich wie beim Schach, wo es nur<br />

auf der absoluten Top-Ebene um richtig viel<br />

Geld geht. Und sich dort zu behaupten, ist<br />

unheimlich schwierig. Der Nachteil bei Bridge<br />

ist, dass man sofort sieht, wer besser und wer<br />

schlechter ist. Beim Pokern gibt es so viele<br />

Schwankungen, dass man seine Niederlagen<br />

einfach auf Pech schieben kann. Darum ist<br />

Pokern auch so viel interessanter.<br />

VW: Vielleicht sollten wir Jeffrey Pollack<br />

einmal darauf aufmerksam machen und ein<br />

$10.000 Bridge Event bei der nächsten WSOP<br />

ins Leben rufen. Was denkst Du, Wie viele<br />

Pokerspieler spielen Bridge?<br />

JV: In Deutschland kenne ich sechs oder<br />

sieben, in anderen Ländern werden es wegen<br />

der ungleich höheren Popularität von Bridge<br />

deutlich mehr sein.<br />

VW: Pech versus Glück für Bridge Was ist<br />

Pokern für Dich?<br />

JV: Einfach ein geiles Spiel.<br />

VW: Jetzt wissen wir, wie Du zum Pokern<br />

gekommen bist … Wie sah eigentlich Dein<br />

Leben vor dem Pokerleben aus?<br />

JV: Ich habe eine ganz normale Lehre zum<br />

Bankkaufmann gemacht und dann in<br />

Frankfurt an einer privaten Hochschule<br />

Betriebswirtschaft mit speziellem Bezug<br />

zu Banken studiert. Dann war ich lange<br />

als Unternehmenskundenbetreuer<br />

bei der Commerzbank tätig.<br />

Irgendwie bin ich dann zu einem<br />

bedeutendem börsennotierten<br />

Unternehmen gekommen und habe<br />

Tochterunternehmen in elf Ländern<br />

bei Finanzfragen beraten und<br />

unterstützt. Es ging vor allem um<br />

Finanzierungsformen, es ging um<br />

diverse Anlagemodelle – aber<br />

auch um ganz profane Mittel<br />

wie etwa: wie entsorgt man<br />

Bargeld möglichst effizient.<br />

VW: Indem man pokert?<br />

JV: Mit dem<br />

Lösungskonzept wäre<br />

ich wahrscheinlich am<br />

Vorstand gescheitert.<br />

Stell Dir vor, Du bist in<br />

Rumänien. Dort hatte<br />

der größte Schein<br />

vor noch nicht<br />

allzu langer Zeit<br />

einen Wert von<br />

umgerechnet<br />

30 Euro und überleg mal, was ein<br />

Unternehmen wie die Metro am Tag für<br />

Umsätze macht … Da sprechen wir von<br />

mehreren Kubikmetern Bargeld, jeden Tag.<br />

Geld, das man am Ende des Tages hat. Geld,<br />

das Kosten sparend zu entsorgen ist.<br />

VW: Ich würde dennoch pokern.<br />

JV: So große Pokertische gibt es nicht.<br />

VM: Dann bauen wir sie halt und fahren<br />

mit dem Kleintransporter zum Cashgame<br />

(lachen). Zurück zum Turnierspiel … Du<br />

bist nicht das erste Mal in Las Vegas.<br />

JV: Stimmt, ich war schon 2005 und 2006<br />

hier. 2005 hatte ich nur das Main Event<br />

gespielt und einige Cashgames … Das war<br />

aber nicht so überragend (Anm. d. Red.<br />

218. Platz und $33.197 USD). 2006 war<br />

ich zwar zur Zeit der WSOP vier Wochen<br />

hier, habe aber nicht ein einziges Turnier<br />

gespielt, sondern nur Cashgame.<br />

VW: Ich habe gehört, das Pokerniveau im<br />

Cashgame sei in Las Vegas nicht besonders<br />

hoch. Viele Touristen, viele Gambler, viele<br />

Fische … Ist Vegas das Eldorado eines jeden<br />

Cashgame-Spielers …<br />

JV: Ja und nein. Nirgendwo gibt es so viele<br />

Partien, aber auch nirgendwo so viele Profis<br />

wie hier. Das Durchschnittsniveau ist im<br />

Allgemeinen höher als in Deutschland.<br />

VW: Du hast vorhin davon gesprochen,<br />

dass Dich Deine Frau in Las Vegas<br />

besucht hat. Du bist verheiratet.<br />

Passt das Leben eines<br />

Pokernomaden zu<br />

dem eines<br />

<strong>BLUFF</strong> <strong>EUROPE</strong> - DEUTSCHSPRACHIG WWW.<strong>BLUFF</strong><strong>EUROPE</strong> .COM • SEPTEMBER <strong>2008</strong> 33<br />

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NERVENKITZEL: TATORT LAS VEGAS - CONT.<br />

verheirateten Mannes, zu Haus und Heim in<br />

Dortmund?<br />

JV: Eigentlich überhaupt nicht. Ein<br />

Pokerspieler fordert von seiner Frau ein<br />

Übermaß an Vertrauen und Verständnis.<br />

Das ist sehr schwer zu geben. Ich habe das<br />

Glück, dass ich eine Frau habe, die voll<br />

hinter mir steht und die das voll unterstützt<br />

- die mitfiebert und begeistert ist und mich<br />

aufbaut, wenn es mal nicht so gut läuft.<br />

Zwischen uns funktioniert das sehr gut. Ich<br />

kenne aber auch viele Beziehungen, die unter<br />

Spiel/der Arbeit sehr leiden.<br />

VW: Beziehungen leiden – wo siehst Du die<br />

Knackpunkte?<br />

JV: Probleme gibt es vor allem deshalb, weil<br />

Pokerspieler in Deutschland in den Abendund<br />

Nachtstunden unterwegs sind. In der Zeit<br />

also, in der jeder in der Regel Zeit mit seinem<br />

Partner verbringen sollte. Als Spieler ist man<br />

da eben nicht da – und insofern geht sehr viel<br />

gemeinsame Zeit verloren.<br />

VW: Wenn ich den Pokerzirkus und die<br />

Aktivitäten von Full Tilt, Deinem Sponsor,<br />

sehe, ist das nachzuvollziehen. Fast jeder im<br />

Full Tilt Team hat noch eine andere Rolle:<br />

Arbeit, Seminare, Pokerschule. Wo ist Deine<br />

Rolle in diesem Team?<br />

JV: Obwohl wir jetzt ein Team bilden, wir<br />

uns gegenseitig unterstützen und jeder<br />

sich freut, wenn jemand aus den eigenen<br />

Reihen erfolgreich ist, bleibt ein Pokerspieler<br />

wie der Tennisspieler im Grunde immer<br />

Einzelkämpfer. Das heißt, neben Poker<br />

versucht jeder sein Ding zu machen. Mein<br />

Ding ist es da nach wie vor, Cashgame zu<br />

spielen.<br />

VW: Pokerschule, Poker-Botschafter … Pokern<br />

in die Öffentlichkeit zu tragen Ist das auch<br />

etwas für Dich?<br />

JV: Poker bekannter zu machen, das Spiel<br />

nach außen zu tragen dadurch mehr<br />

respektiert zu werden, ist eine Sache, für<br />

die ich mich mit Sicherheit mehr einsetzen<br />

würde. Ich denke, dass Poker gerade in der<br />

Politik nicht den Stellenwert hat, den es<br />

verdient. Wenn es Ansatzpunkte gibt, bei<br />

denen ich mich einbringen kann, werde ich<br />

das machen.<br />

Pokerschule, anderen beizubringen, wie man<br />

spielt … ich bin eigentlich nie ein richtig<br />

guter Lehrer gewesen. Trotzdem, ich sage<br />

dazu nicht generell nein. Ich müsste mir das<br />

genau ansehen. So wie zuletzt bei der Full<br />

Tilt Pokeracademy. Da habe ich vor kurzen<br />

ein paar Sessions gemacht, um jedem Seven<br />

Card Stud Hi Lo näher zu bringen.<br />

VW: Seven Card Hi Lo, das ist das Event,<br />

das Du gestern gespielt hast. Was ist das<br />

Besondere daran?<br />

JV: Es ist ein Spiel, das sehr interessant ist<br />

und mir viel Spaß macht. Die Winner Hand<br />

unterscheidet sich ähnlich wie beim Omaha<br />

Hi Lo darin, dass es auch eine qualifizierende<br />

Low Hand geben kann. Das heißt, wenn<br />

jemand fünf Karten mit 8 oder kleiner hat,<br />

wobei das Ass als 1 zählt, qualifiziert er sich<br />

für die Hälfte des Pots. Der Pot wird häufig<br />

geteilt.<br />

Das Besondere an Hi Lo ist dann, dass die<br />

High Hand gar nichts mehr gewinnt, weil die<br />

Low Hand irgendwie zufällig noch eine Straße<br />

oder zwei Paar einkauft und Du mit der High<br />

Hand plötzlich leer da stehst.<br />

VW: Klingt super kompliziert Wie häufig<br />

passiert es, dass der Dealer überhaupt nicht<br />

mehr weiß, was er da macht?<br />

JV: Hier im Rio eigentlich ständig. Das liegt<br />

auch daran, dass das Rio für ein Event<br />

wie die WSOP eine Vielzahl neuer Dealer<br />

rekrutieren muss – und es dabei sicherlich<br />

einige gute dabei gibt, aber auch welche, die<br />

ihr Handwerk eben nicht so gut verstehen –<br />

und zum Teil schon mit Holdem überfordert<br />

sind. Man gewöhnt sich im Laufe eines<br />

Abends schnell daran, dass man im Grunde<br />

die Arbeit der Dealer übernimmt, aufpasst,<br />

dass kein Flop gedealt wird, die Pots richtig<br />

geteilt werden … In der Regel übernimmt<br />

der gesamte Tisch die Arbeit, und der Dealer<br />

konzentriert sich darauf, die Karten richtig zu<br />

verteilen.<br />

VW: Das heißt, Hi Lo ist nicht gerade für<br />

Anfänger geeignet. Die Basics sollten schon<br />

sitzen. Welches Spiel würdest Du jemandem,<br />

der mit Pokern beginnen möchte, empfehlen?<br />

JV: Auch wenn es nicht mein liebstes Spiel<br />

ist, würde ich mit Holdem anfangen. Einfach,<br />

weil es derzeit das populärste Spiel ist, das<br />

permanent im Fernsehen gezeigt wird – und<br />

sich meines Erachtens sehr gut dazu eignet,<br />

die Basics des Pokerns zu lernen.<br />

Wer aber einmal die Luft des Pokerns<br />

geschnuppert hat, wird schnell feststellen,<br />

dass es viel interessantere Varianten im<br />

Pokern gibt, etwa Pot Limit Omaha oder<br />

Seven Card Stud.<br />

VW: Da ist es ja dann auch leichter ein<br />

Bracelet zu gewinnen … Ist das auch der<br />

Grund dafür, dass noch kein deutscher<br />

Spitzenspieler bei der WSOP ein Holdem<br />

Turnier für sich entscheiden konnte?<br />

JV: Sicher … das liegt zum einem daran, dass<br />

es im Hold‘em die größten Starterfelder gibt.<br />

Zum anderen aber auch daran, das Holdem<br />

in Amerika viel populärer ist und es hier viel<br />

mehr Hold’em Spezialisten gibt.<br />

VW: Welche Variante des Pokerns spielst Du<br />

am liebsten?<br />

JV: Meine Favorit ist Seven Card Stud Hi und<br />

Seven Card Stud Hi Lo. Ich mag aber auch<br />

Omaha.<br />

VW: Das ideale Rüstzeug für einen würdigen<br />

H.O.R.S.E. Bracelet Gewinner. Kann man sich<br />

auf ein Turnier oder eine Turnierserie wie die<br />

WSOP speziell vorbereiten?<br />

JV: Ich habe mich so vorbereitet, dass ich die<br />

letzten ein bis zwei Wochen vorher nichts<br />

mehr mit Pokern gemacht habe, sondern<br />

mich eigentlich nur erholt habe. Dann habe<br />

ich in den Varianten, in denen ich mir am<br />

meisten ausgerechnet habe – Seven Card<br />

Stud Hi Lo und Omaha Hi Lo - noch einmal<br />

einiges an Literatur gelesen, um mögliche<br />

Schwachstellen zu beseitigen.<br />

VW: Heißt das, wir können mit einem<br />

weiteren Bracelet von Dir rechnen?<br />

JV: So viele Möglichkeiten gibt es da nicht<br />

mehr … zum einem das kleine $ 1.500<br />

H.O.R.S.E. - das ich mit wenig Schlaf angehen<br />

werde, weil wir einen Tag zuvor die Bracelet-<br />

Party geben. Und dann das Main Event …<br />

Aber sich gegen so ein Feld durchzusetzen,<br />

ist natürlich keine leichte Aufgabe <br />

VW: H.O.R.S.E., die Königsdisziplin im Poker<br />

… Was genau macht dieses Event aus?<br />

JV: Um hier zu bestehen, muss man in allen<br />

Varianten auf einem sehr hohen Niveau<br />

spielen können. Der Turniererfolg in diesem<br />

Spiel macht aus, dass die durchschnittliche<br />

Stärke der einzelnen Spieler wesentlich<br />

größer ist, und dass es eigentlich eine<br />

Spezialdisziplin der Pokerprofis ist. In einem<br />

H.O.R.S.E.-Event werden alle acht Hände<br />

fünf verschiedene Disziplinen im Wechsel<br />

gespielt. Die fünf Buchstaben stehen für<br />

Holdem, Texas Hold’em Limit, Omaha Pot<br />

Limit, Razz, Seven Card Stud Hi und Seven<br />

Card Stud Eight or better.<br />

VW: Ist es verzeihbar, wenn man eine dieser<br />

fünf Varianten nicht so toll beherrscht?<br />

JV: Man sollte schon alle Spiele recht gut<br />

spielen. Aber jeder hat seine eigenen Stärken<br />

und Schwächen. Jeder ist hier oder da stärker<br />

und schwächer.<br />

VW: Das H.O.R.S.E.-Event, das Du gewonnen<br />

hast, war kein Weltmeisterturnier. Den<br />

wenigsten ist diese Problematik bekannt<br />

– aber Weltmeister bist Du nicht. Ist das<br />

Turnier dadurch weniger wert?<br />

JV: Meines Wissens gab es dafür auch ein<br />

Bracelet. Insofern sehe es nicht abgewertet.<br />

Im Gegenteil, dadurch dass es ein H.O.R.S.E.-<br />

Event war, ist der Sieg deutlich aufgewertet.<br />

VW: Das Weltmeister H.O.R.S.E. Event wolltest<br />

Du nicht spielen?) $50.000 für ein Event,<br />

dafür bin ich dann doch zu geizig.<br />

VW: Turnierverlauf, Schlüsselsituationen,<br />

Gedanken …<br />

JV: Es gab viele Schlüsselsituationen. Ich<br />

hatte einen sehr schlechten Start. Innerhalb<br />

der ersten zwei bis drei Level habe ich von<br />

meinem Startstack die Hälfte eingebüßt.<br />

Tischwechsel, so unbedeutend er für<br />

Außenstehende auch war, für mich war es<br />

der ein Schlüssel zum Erfolg. Ich konnte<br />

mich hier wieder gut aufbauen. (VW: War<br />

der Dealer nicht gut? Waren Dir Deine<br />

Mitspieler nicht angenehm?) Nein, es war<br />

einfach nur, dass ich mich unwohl fühlte.<br />

Ich spielte unwahrscheinlich schlecht, fühlte<br />

mich ausgekaut und das haben die anderen<br />

gespürt. Deshalb gingen sie extra auf mich<br />

los. Es wurde sehr aggressiv gespielt. Ich<br />

hatte nicht die Dominanz und den Respekt<br />

am Tisch, den ich mir gewünscht hatte, und<br />

ich kam nicht richtig ins Turnier.<br />

Am nächsten Tisch habe ich dann wunderbar<br />

aufgebaut. Ich war zwischenzeitlich auf 35 K.<br />

VW: Saßen in den ersten Levels bekannte<br />

Gesichter an Deinem Tisch?<br />

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JV: Jede Menge. Ich hatte Greg Raymer mit<br />

am Tisch, Chris Ferguson, Jennifer Harman,<br />

David Benyamine … ach, es waren so viele,<br />

dass ich schon wieder alle vergessen habe.<br />

(VW: Hast Du mit diesen Spielern schon<br />

vorher zusammen gespielt Spielstärke,<br />

Niveau Respekt?) Mit Greg Raymer hatte<br />

ich vorher noch nicht zu tun, mit Jennifer<br />

Harman habe ich bereits bei den Aussie<br />

Millions zusammen am Tisch gesessen.<br />

Wir hatten auch schon ein Partien online<br />

gegeneinander gespielt.<br />

VW: Zurück zum Spiel …<br />

JV: Ich habe am ersten Tag dann noch einmal<br />

den Tisch gewechselt. Es war ein ganz<br />

unangenehmer Tisch, wo David Benyamine<br />

direkt links von mir saß und anscheinend<br />

in ein anderes Turnier wollte. Er spielte wie<br />

ein Maniac und traf gegen mich gut. Ich bin<br />

an diesem Tisch wieder von 35 K auf 12 K<br />

runter während der Schnitt bei 20 K lag<br />

und da war der erste Tag dann auch zu Ende.<br />

Ich war froh, dass wieder neu ausgelost<br />

wurde. Der zweite Tag lief ganz einfach wie<br />

ein Traum. Ich habe kontinuierlich meine<br />

Chips aufgebaut und war am Ende mit den<br />

Chips vorne dabei. Am dritten Tag bin ich<br />

ganz leicht an den Finaltisch gekommen.<br />

Dort lief alles recht locker, bis wir nur noch<br />

drei waren. Dann fing es an wirklich wild<br />

zu werden. Wir haben bei sehr hohen Blinds<br />

viereinhalb Stunden zu dritt gespielt. Es war<br />

ein ständiges Auf und Ab. Jeder war mal<br />

klarer Chipleader und jeder war auch schon<br />

mal ganz kurz vor dem Aus. Marcel Luske<br />

etwa: Bei Gesamtchips von 2,4 Millionen<br />

war er runter auf 74 K, um dann wieder1,5<br />

Millionen aufzubauen - um dann doch als<br />

Dritter zu gehen. Eine Achterbahnfahrt der<br />

Gefühle. Jeder spielte hier auf Sieg.<br />

Die richtige Schlüsselhand hatte ich im<br />

Heads-up: Ich bin mit 1,6 Millionen gegen<br />

800 K als Chipleader gestartet und spielte<br />

gegen Doug Ganger, einen Amerikaner, der<br />

auch online relativ hoch Mixedgames spielt.<br />

Der also recht erfahren ist. Er hat am Anfang<br />

gegen mich jede Hand getroffen – einen<br />

Vierling im Omaha … hat den Chiplead in<br />

Windeseile gedreht. Ich war runter auf 500 K.<br />

Kurze Zeit später war ich auf 700 K. Im Seven<br />

Card Stud habe ich Ganger dann aus einer<br />

Hand herausgeblufft, mit K hoch, wo er am<br />

Ende ein Paar 7 weggeschmissen hatte. Ich<br />

bin da wieder auf 1,1 Millionen hoch hätte<br />

sonst nur noch 100 K gehabt. Diesen Bluff<br />

habe ich ihm gezeigt. Als er merkte, dass<br />

er mit einem Call der fast sichere Bracelet<br />

Sieger gewesen wäre, ist er on Tilt gegangen.<br />

Zwei Minuten später war alles vorbei.<br />

VW:Einen Bluff zeigen … der Bluff als Waffe?<br />

KV: Normalerweise versuche ich, relativ<br />

wenig preiszugeben. Doch in dieser<br />

Situation war das Zeigen der Karten die<br />

Schlüsselsituation im Heads-up.<br />

VW: Warum hast Du hier gegen Deine Regel<br />

verstoßen und Deinen Bluff aufgedeckt?<br />

JV: Es war eine besondere Situation. Wir<br />

saßen uns gegenüber, das Bracelet stand<br />

schon auf dem Tisch. Jeder, der seinen<br />

Gegner ansah, schaute automatisch erst auf<br />

das Bracelet, dann auf den Gegner. Ich dachte<br />

mir, zu wissen, dieser eine Call hätte ihm das<br />

Bracelet gebracht, würde ihn etwas aus der<br />

Fassung bringen – und hoffte, dass er danach<br />

nicht mehr sein bestes Poker spielen wird …<br />

Das ist ja dann der Fall gewesen.<br />

VW: Das Bracelet hast Du gewonnen, hast es<br />

im Haus in Dein Nachtisch gelegt, die Nacht<br />

mehrfach kontrolliert, ob es noch da ist, ob<br />

nicht doch alles nur ein Traum war, und dann <br />

Hast Du gleich das nächste Turnier gespielt?<br />

Mit Bracelet?<br />

JV: Ja, ich habe bei den Turnieren dann<br />

gleich das Bracelet angezogen nicht zuletzt<br />

wegen der Erzählungen von Eddy Scharf. Er<br />

beobachtet, dass die Leute gegen Dich mit<br />

Bracelet deutlich verhaltener und vorsichtiger<br />

spielen. Manche versuchen, etwas zu<br />

beweisen, was ja auch hin und wieder ein<br />

Vorteil sein kann. Ich kann Eddys Auffassung<br />

nur bestätigen und trotzdem hat es für mich<br />

in den letzten drei Turnieren nicht mehr für<br />

einen weiteren Cash gereicht.<br />

VW: Respekt, Respekt … Ein Bracelet am Tisch<br />

verbessert die Ausgangssituation …<br />

JV: Bei Spielern, die einen nicht kennen auf<br />

jeden Fall. Wenn ich das Bracelet jetzt aber<br />

in einem Cashgame mit Leuten, mit denen<br />

ich jetzt schon jahrelang zusammen spiele,<br />

trage, wird das sicherlich keinen Unterschied<br />

machen.<br />

VW: Wie sehen Deine Pläne für die letzten<br />

zwei, drei Wochen aus?<br />

JV: Ich werde noch zwei Turniere spielen,<br />

nach der Bracelet-Party und dem Endspiel<br />

Deutschland – Spanien, dass ich mir wieder<br />

im Hofbräuhaus geben werde. Dann werde<br />

ich das $1.5000 H.O.R.S.E.-Event spielen und<br />

vor dem Main Event ein paar Tage Pause<br />

machen.<br />

VW: Seitenwetten man hört immer wieder,<br />

dass Pokerspieler beim Pokern durch<br />

Seitenwetten mehr Geld machen, als beim<br />

Pokern auf dem Spiel steht …<br />

JV: Ich habe hier im Cashgame, Stud Hi<br />

Lo, jemanden kennen gelernt, live,<br />

mit dem ich sicher schon einige<br />

hundert Hände zusammen online<br />

gespielt habe. Ich kannte seine<br />

Spielweise, wir haben uns<br />

besser kennen gelernt<br />

und gemerkt, dass wir<br />

uns gut verstehen.<br />

Wir respektieren<br />

und schätzen uns.<br />

Am Cashgame<br />

Tisch haben wir<br />

aus einer Laune<br />

heraus ausgemacht:<br />

Wenn einer von uns<br />

beiden ein Bracelet<br />

gewinnt, zahlt er dem<br />

anderen das Buy-in<br />

für das Main Event. Die<br />

Auszahlung habe ich gerne geleistet und bin<br />

jetzt mit zehn Prozent beteiligt.<br />

VW: Was kommt nach der WSOP?<br />

JV: Gemeinsam mit meiner Frau werde ich<br />

für eine Woche nach Velden fahren das<br />

heißt, ich werde dort nicht intensiv pokern,<br />

vielleicht drei Turniere spielen und ansonsten<br />

einfach meinen Urlaub genießen.<br />

VW: Das Bracelet wird sicher mit im<br />

Gepäck sein. Wird es vielleicht eine<br />

Autogrammstunde in Velden geben?<br />

JV: Ich kenne die Jungs schon so lange, ich<br />

denke, die würden mich höchstens aus Flachs<br />

um ein Autogramm bitten.<br />

VW: Vielleicht Anfang August, in Baden, wenn<br />

die neue <strong>BLUFF</strong>-Ausgabe auf dem Markt ist <br />

Ich bedanke mich für das nette Gespräch und<br />

wünsche Dir für Deine nächsten Turniere<br />

alles Gute <br />

(Jens Vörtman und Juval haben die Plätze xx<br />

und xx im Main Event erreicht)<br />

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NERVENKITZEL: GESCHAFFT!<br />

Runner, Runner Kläser<br />

Der deutsche Chris Moneymaker heißt Martin Kläser, ist 21 Jahre alt<br />

und gewann bei der WSOP sein erstes Bracelet. Mit einem Einsatz<br />

von NULL Dollar gewann er die Full Tilt Million Challenge, ein Ticket<br />

nach Amerika und einen Platz im Team der Full Tilt Pros.<br />

<strong>BLUFF</strong> (B): Was für ein kometenhafter Aufstieg …<br />

Martin Kläser (MK): Ich kann es irgendwie immer noch nicht<br />

fassen. Erst gewinne ich die Full Tilt Million Challenge, dann fahre ich<br />

mit nach Australien und jetzt gewinne ich ein Bracelet. Damit gehöre<br />

ich zu den sechs jüngsten Bracelet-Gewinnern aller Zeiten. Es läuft im<br />

Moment richtig gut.<br />

B: Ich vergleiche Menschen nicht gerne, aber das klingt schon ein<br />

wenig wie die Geschichte von Chris Moneymaker.<br />

MK: Ja schon, nur dass ich weniger als Chris Moneymaker eingesetzt<br />

habe. Wie war das? Er hat $ 26 Dollar in ein Satellite investiert – ich<br />

bin mit zero gestartet.<br />

B: Dein Einsatz waren NULL Euro?<br />

MK: Ja genau. Ich habe mich online für die Full Tilt Million Challenge<br />

qualifiziert, habe in Köln das Live-Event gespielt und gewonnen,<br />

mich dann unter den Letzten durchgesetzt und in TV-Matches<br />

Heads-up gegen Chris Ferguson, Howard Lederer und Gus Hansen<br />

bestanden. Meine Siegprämie: Die Teilnahme an der WSOP – inklusive<br />

Reisespesen. (Anm. d. Red. Martin erhielt nach dem zweiten Headsup<br />

der Full Tilt Million Challenge im Oktober außerdem einen Profi<br />

Vertrag angeboten.)<br />

B: Das Finale im Event #43 hat am Fernsehtisch stattgefunden. War<br />

das ein Vorteil für Dich als 21-Jährigen, routinierten TV-<br />

Hasen?<br />

MK: Das war für mich auf jeden Fall ein Vorteil. Ich stelle mich eben<br />

sehr gerne selbst dar und je mehr Leute zuschauen, desto höher ist<br />

meine Motivation. Ich habe auch schon früher immer gern Theater<br />

gespielt.<br />

Je mehr Zuschauer da sind, desto schüchterner sind meine Gegner<br />

und umso mehr drehe ich auf!<br />

B: Die letzte Hand war für Dich richtig befreiend. Niemand hatte mit<br />

Dir gerechnet. Das ist ein Wahnsinnserfolg. Gab es eine spontane<br />

Party?<br />

MK: Wir wollten eigentlich feiern gehen – doch es war schon relativ<br />

spät und ich war einfach nur müde. Wir haben uns auf mein Zimmer<br />

zurückgezogen, haben uns dort eine Kleinigkeit gegönnt und sind<br />

dann etwas später friedlich eingeschlafen. Die Party haben wir dann<br />

ein paar Tage später nachgeholt.<br />

B: Wer war bei dem spontanen Chill-out denn dabei? Deine Freundin?<br />

MK: Meine Freundin war nicht dabei – die habe ich erst später hier<br />

in Las Vegas kennen gelernt. Mein Kumpel von Zuhause, Fabian, war<br />

dabei. Den Namen muss man sich übrigens merken … denn ich denke,<br />

auch ihm steht eine große Pokerkarriere bevor.<br />

B: Eine Bracelet-Party zusammen mit den anderen beiden Bracelet-<br />

Gewinnern …<br />

MK: Ja, die in einem der angesagtesten Clubs in Las Vegas stattfand<br />

– im Tao Club. Wir hatten dort einen Tisch für 30 bis 40 Leute bestellt<br />

30 SEPTEMBER <strong>2008</strong> • WWW.<strong>BLUFF</strong><strong>EUROPE</strong>.COM<br />

<strong>BLUFF</strong> <strong>EUROPE</strong> - DEUTSCHSPRACHIG<br />

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<strong>BLUFF</strong> <strong>EUROPE</strong> - DEUTSCHSPRACHIG<br />

WWW.<strong>BLUFF</strong><strong>EUROPE</strong> .COM • SEPTEMBER <strong>2008</strong><br />

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NERVENKITZEL: TATORT LAS VEGAS - CONT.<br />

Kurzportrait<br />

und die ganze Nacht gefeiert. Das hat richtig<br />

eingeschlagen.<br />

B: Du wurdest auch gleich in die Gruppe der<br />

Youngsters aufgenommen.<br />

MK: Die Luckbox-Crew hat mich sehr<br />

supportet. Das sind 15 Deutsche und<br />

Österreicher, die Bewohner der Villa. Die sind<br />

immer zuvorkommend und wir verstehen uns<br />

super. (B: Wer wohnt denn alles im Luckbox-<br />

Haus?) Natürlich die Luckbox himself,<br />

Sebastian Ruthenberg, dann Nasr el Nasr,<br />

ein Pokerspieler aus Berlin, Alexander Jung,<br />

Nico Behling, Achter bei den Aussie Millions,<br />

Florian Langmann, Zweiter bei der EPT in<br />

London … eine große Anzahl guter Spieler,<br />

von denen ich viel lernen kann.<br />

B: Heißt das, die Gruppe hat Dich gleich<br />

eingeladen und Dir das Coaching angeboten?<br />

MK: Nein, ich bin einfach vorbeigekommen<br />

– ich kenne Nasr sehr gut. Das ist ein Kollege<br />

von mir, den ich in Berlin kennen gelernt<br />

habe. Ich habe Nasr auch schon für ein paar<br />

Monate in Berlin besucht und bei ihm in<br />

der Poker-WG gewohnt. In nahezu täglichen<br />

Sessions habe ich sehr viel Erfahrungen<br />

gesammelt – im Omaha oder Hold’em. Das<br />

kam mir in diesem Jahr zugute. (B: Ist da jetzt<br />

eine kleine Beteiligung fällig?) Nein!<br />

Mir wurde angeboten, dass ich immer<br />

vorbeikommen kann, in Berlin wie in Las<br />

Vegas – und in der Villa ist es eben sehr<br />

lustig.<br />

B: Was ist das Besondere an der Villa?<br />

MK: Sie ist groß, man hat einen Pool, ein<br />

Jacuzzi, eine Billiardausstattung, es sind<br />

einfach immer viele Leute da und die<br />

Stimmung ist immer supergut.<br />

B: Du scheinst neue Freunde, ein neues<br />

Zuhause gefunden zu haben. Wirst Du im<br />

nächsten Jahr gleich von Anfang an mit in der<br />

Villa wohnen?<br />

MK: Das weiß ich noch nicht. Das hängt<br />

davon ab, ob ich mich wieder für die World<br />

Series of Poker qualifizieren kann. Ich kann<br />

mir aber schon vorstellen, dass ich mir im<br />

nächsten Jahr mit den Jungs zusammen eine<br />

Villa mieten werde: Schließlich habe ich so<br />

eine gute response von allen bekommen.<br />

Jeden Tag, den man in der Villa ist, ist lustig.<br />

Es sei denn, Full Tilt bezahlt mir wieder ein<br />

Zimmer im Rio. Dann werde ich doch lieber<br />

Fabian mitnehmen und eine schöne Zeit im<br />

Rio haben.<br />

B: Zum Turnier, zu Deinen Gewinnen.<br />

MK: Hier habe ich jetzt $216.000 gewonnen<br />

und bei der Full Tilt Million Challenge<br />

350.000 Euro. (B:Rund eine Million Dollar!)<br />

Noch nicht ganz. Das ist aber mein Ziel.<br />

(B: Und wie viel ist davon noch übrig?) Genug<br />

für ein ganzes Leben.<br />

B: Das heißt, das Geld wird Dich erst einmal<br />

nicht verändern. Du bleibst auf dem Boden<br />

der Tatsachen?<br />

MK Ja, auch nach dem Gewinn der<br />

Million Challenge verhalte ich mich nicht<br />

anders. Ich lebe immer noch so wie vorher,<br />

ich reiße immer noch dieselben blöden Witze<br />

und rede immer noch das gleiche wirre Zeug.<br />

Da hat sich nicht wirklich viel verändert.<br />

B: Event #43, Pot Limit Omaha Hi-Lo. Du bist<br />

hier unwahrscheinlich stark aufgetreten. Wie<br />

war das genau?<br />

MK: Das Turnier lief zu jedem Zeitpunkt<br />

gut. Ich habe das eine oder andere Mal<br />

sicher miracle Hände gehabt – mit denen<br />

ich in einer Heads-up Situation one-outer<br />

getroffen habe. Dann habe ich jemanden<br />

glücklich gescoopt. Ich hatte zwei glückliche<br />

Situationen, doch ich war im ganzen Turnier<br />

nicht einmal All-in.<br />

Vom Start weg hatte ich immer viel Chips<br />

und war vom Chipstand immer vorne dabei.<br />

Nachdem ich schon Tag Eins mit einem guten<br />

Chipcount abgeschlossen hatte, schloss<br />

ich auch Tag Zwei ganz vorne ab. Mit den<br />

drittmeisten Chips bin ich an den Final Table<br />

gekommen. (B: Gab es eine Key-Hand?) Ja,<br />

es gibt eine witzige Hand, an die ich mich<br />

lange erinnern werde: UTG (under the gun)<br />

limpt, middle position limpt, der Small Blind<br />

foldet zu mir. Damit erhalte ich im Big Blind<br />

ein Free play mit 2-T-T-K. Ich floppe ein Full<br />

House mit Zehnen über Zweien und habe<br />

sogar noch die 2 für mögliche Quads. Ich<br />

checke und slow playe mein Full House, es<br />

geht check around und der Turn bringt eine<br />

Qualle, eine Dame. Jetzt setze ich, der UTG<br />

Mensch neben mir callt. Der middle position<br />

guy foldet. Es stellt sich heraus, dass der<br />

UTG-Limper Queens hatte. Also ich habe ihn<br />

auf dem Flop gehabt und er war auf zwei<br />

outs runter. Doch mit der Dame auf dem Turn<br />

hatte ich plötzlich nur noch ein out, weil er<br />

Q-Q-J-T hat. Er hat die Zehn, die ich zu Quad<br />

10 brauche und ich habe nur noch meinen<br />

Ein-Outer für meinen Quad 2. Ich treffe auf<br />

dem River und mache einen Vierling 2er<br />

und er sitzt mit seinem Full House mit den<br />

Damen da.<br />

Wir haben uns gegenseitig ein bisschen todgeslowplayt,<br />

würde ich sagen.<br />

B: Du bist das eine oder andere Mal<br />

fassungslos aufgestanden, hast eine Runde<br />

gedreht, Dir das Bord noch einmal angesehen<br />

und dann kam der Ausbruch – vor Freude.<br />

MK: Ich musste ab und an aufstehen, weil<br />

ich sehr angespannt war. Und wenn ich die<br />

großen Pots gewonnen hatte, musste ich<br />

mir hin und wieder einfach Luft machen<br />

– hin und her laufen, um den Druck<br />

loszuwerden. Beim Hi-Lo muss man auch<br />

zweimal hinschauen – das Spiel ist derart<br />

kompliziert. Da passiert es schnell, dass<br />

man an irgendeiner Stelle was nicht richtig<br />

mitbekommt – und dann doch die Lo- oder die<br />

Hi-Hand gewinnt. Es gibt unwahrscheinlich<br />

viele Kombinationen.<br />

B: Von Eddy Scharf habe ich gehört, dass<br />

Du das Spiel ein Jahr vorher noch gar nicht<br />

gespielt hast. Hast Du Dir für die WSOP ein<br />

Event herausgepickt und Dich speziell darauf<br />

vorbreitet?<br />

MK: Ich habe einfach ein bisschen Poker<br />

gespielt. Wie gesagt, ich war in der WG<br />

in Berlin und habe dort sehr viel über<br />

theoretisches Poker gelernt. Max Bracht,<br />

der 18. bei den Aussie Millions geworden<br />

ist, hatte mich nach Berlin eingeladen. Doch<br />

richtig intensiv vorbereitet habe ich mich<br />

nicht.<br />

B: Jetzt trägst Du Dein erstes Bracelet. Hast<br />

ein stattliches Polster auf Deinem Konto. Hast<br />

Du Dir nach Deinem Erfolg einen besonderen<br />

Wunsch erfüllt?<br />

MK: Ich habe mir nicht wirklich etwas<br />

gegönnt (überlegt). Ich habe mir ein kleines<br />

Auto gekauft, den Ford Fiesta von meiner<br />

Mum. Daraufhin konnte sie sich ein neues<br />

Auto kaufen und das war schon ganz in<br />

Ordnung so.<br />

B: Wie haben Deine Eltern auf Deinen Sieg<br />

reagiert?<br />

MK: Meine Mutter hat sich tierisch gefreut,<br />

obzwar sie immer die Skeptische ist. Zu<br />

meinen Plänen sagt sie bloß, „Du spinnst<br />

doch, Du bist total verrückt.“ Ich sollte erst<br />

einmal was Vernünftiges lernen. Mein Vater<br />

dagegen ist total nuts gegangen, er ist total<br />

ausgerastet und hat das im ersten Moment<br />

gar nicht gecheckt, weil ich ihn sehr früh<br />

morgens angerufen habe – und er ja eine<br />

Kneipe betreibt – und wahrscheinlich noch<br />

ein bisschen verschlafen war. Am Abend hat<br />

er mich dann zurückgerufen und mir gesagt<br />

„Martin, ich glaube wir müssen noch einmal<br />

ausführlicher telefonieren.“ Da hat er sich<br />

dann tierisch für mich gefreut.<br />

B: Was sagen Deine Eltern dazu, dass Du<br />

pokerst?<br />

MK: Wie gesagt, mein Dad ist auch mehr der<br />

Gambler. Er spielt Skat wie ein Besessener.<br />

Auch die ganzen anderen deutschen<br />

Kartenspiele beherrscht er wesentlich besser.<br />

Im Doppelkopf und im Skat macht er mich<br />

eiskalt fertig. Aber im Pokern bin ich ihm<br />

natürlich bei weitem voraus. Er findet es in<br />

Ordnung, dass ich pokere und sagt, das ist<br />

genau mein Ding und meint, ich soll genau da<br />

weitermachen. Meine Mum, wie halt Mütter<br />

sind, sagt: Mach was Vernünftiges, geh<br />

studieren … Man kennt das ja …<br />

Aber sie blockiert mich nicht. Sie ist eben nur<br />

skeptisch.<br />

B: Martin Kläser privat – wo wohnst Du<br />

eigentlich?<br />

MK: Ich wohne noch in einer 9er-WG in<br />

Rheinbach bei Bonn/Köln. Das ist meine alte<br />

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Studenten-WG. Da werde ich jetzt auf jeden<br />

Fall so langsam mal ausziehen. (B: Ist das<br />

WG-Leben nichts für Dich?) Doch eigentlich<br />

schon. So ganz allein zu leben, da muss man<br />

schauen, wie man zurechtkommt. Das WG-<br />

Leben ist anders: Es ist immer jemand da.<br />

Es ist immer etwas los. Und es ist einfach<br />

cool, wenn Stimmung im Haus ist. Irgendwer<br />

hat immer Geburtstag. Außerdem darf man<br />

neun Mal grillen im Monat, neun Mal Party<br />

machen …<br />

B: Weil neun verschiedene Parteien in der<br />

Wohnung wohnen?<br />

MK: Ja genau, und das wird gnadenlos<br />

ausgekostet.<br />

B: Was studierst Du?<br />

MK: Ich studiere Chemie mit<br />

Materialwissenschaften, beziehungsweise<br />

ich habe das studiert. Ich denke nicht,<br />

dass ich jetzt an die FH Bonn Rhein/Sieg<br />

zurückkehren werde. Ich werde erst einmal<br />

weiter Poker spielen, mich voll darauf<br />

konzentrieren. Und wenn es noch etwas<br />

Interessantes gibt was ich machen will,<br />

dann werde ich das halt einfach machen. Die<br />

Möglichkeit habe ich ja jetzt.<br />

B: Wie sehen Deine nächsten Pläne aus?<br />

MK: Ich mache keine konkreten Pläne. Ich<br />

plane nicht weit in die Zukunft. Ich gucke<br />

einfach, was passiert und mache das Beste<br />

daraus.<br />

B: Wie geht es pokertechnisch weiter? Du<br />

wirst das Main-Event spielen …<br />

MK: Ja, genau. Das Buy-in dafür habe ich<br />

ja gewonnen. Wie es nach der WSOP weiter<br />

geht, da habe ich noch keinen Plan. Wie<br />

gesagt, ich lasse es auf mich zukommen. Ich<br />

höre, hey, da ist ein Turnier, und fliege dann<br />

einfach dorthin. Von Zeit zu Zeit spiele ich<br />

auch im Casino Aachen. Da gibt es ganz nette<br />

200 Euro Buy-in Turniere. Venlo liegt ja auch<br />

bei uns. Da musst Du nur einfach über die<br />

Grenze hüpfen und sitzt in guten Partien.<br />

Ich bin eh mehr der Fan von Live-Cashgame<br />

oder Live-Poker.<br />

B: Hast Du eine Freundin? Pokert sie auch?<br />

MK: Ja, seit Kurzem. Ich habe hier in Las<br />

Vegas eine wunderschöne Frau kennen<br />

gelernt. Eine Hamburgerin, die gerade Bagpackt<br />

durch die Welt, war zufällig hier mit<br />

einem Kollegen von mir. (B: Das soll jetzt<br />

keine Singleanzeige werden …) Hätte man<br />

dahingehend ausweiten können. Vor ein paar<br />

Wochen hätte ich das noch gerne mitgemacht<br />

– doch jetzt ist es zu spät. Mich hat es voll<br />

erwischt.<br />

B: Das heißt, von Las Vegas führt Dich Dein<br />

Weg direkt nach Hamburg?<br />

MK: Leider nicht. Sie kommt erst am 30.<br />

Juli wieder. Also muss ich noch einen Monat<br />

warten, bis ich Sie dann wiedersehen kann.<br />

B: Las Vegas, Du bist zum ersten<br />

Mal in Sin City … wie bist Du<br />

unterwegs, was nimmst Du mit …<br />

planst Du etwas …<br />

MK: Wenn Fabian und ich<br />

rausgehen, dann fahren wir einfach<br />

mit dem Taxi auf den Strip und<br />

schauen, was der Tag so bringt. Wir<br />

steigen dann meistens am Bellagio<br />

aus und laufen über den Strip. Las<br />

Vegas ist eine wunderschöne Stadt,<br />

einfach unglaublich. Das hat man<br />

noch nicht gesehen.<br />

B: Was fasziniert Dich am meisten,<br />

welche favorites hast Du?<br />

MK: Jedes Casino hat irgendetwas<br />

Besonderes. Das MGM hat einen<br />

Löwen, ist riesengroß, hat ein<br />

Urwaldrestaurant. Das Bellagio<br />

– wer Ocean’s Eleven gesehen<br />

hat, der kennt die Szene mit dem<br />

Wasserspiel. Das haben wir uns<br />

natürlich auch schon angesehen,<br />

nachts.<br />

B: Spielst Du auch viel Cashgame?<br />

MK: Hier in Vegas? Ja, die<br />

Touristen lassen Ihr Geld schon<br />

relativ freiwillig bei einem, und<br />

dass möchte man dann nicht<br />

missen. Die Swings sind aber auch<br />

hier deutlich zu spüren. Ab und an<br />

sitzen halt doch nicht nur Fische<br />

am Tisch :-)<br />

B: Pokerspieler und Seitenwetten.<br />

Der eine setzt auf einen Schlag<br />

beim Golf, der andere einfach nur<br />

darauf, ob das nächste Auto von<br />

rechts gelb oder rot ist.<br />

MK: (Lacht) Oh Gott, ich habe<br />

schon soviel gewettet hier in<br />

Las Vegas. Ich habe schon $ 100<br />

verloren, weil ich darauf gesetzt<br />

habe, dass Holland Europameister<br />

wird; jedes Bowling Spiel, das<br />

wir spielen geht um Geld, jedes<br />

Billardspiel, jedes Dartspiel. Wir<br />

spielen um alles, aber auch wirklich<br />

alles – Schere, Stein, Papier – sei<br />

es die Taxifahrt, sei es das Essen.<br />

Jeder kennt die Show mit Phil Laak<br />

und Antonius Esfandiari „I bet you“.<br />

Ich sag ein Alter, der andere sagt<br />

jünger oder älter, und wer dann<br />

richtig liegt, bekommt $20. (VW:<br />

Liegst Du vorne oder hinten?) Die<br />

wichtigen Flops haben die anderen<br />

gewonnen. Beim Wetten liege ich<br />

hinten, im Spiel liege ich vorne.<br />

B: Vielen Dank für das angenehme<br />

Gespräch. Ich wünsche Dir für<br />

Deinen weiteren Weg und Deine<br />

neue Beziehung alles Gute. Shuffle<br />

up and Deal.<br />

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NERVENKITZEL: WELTMEISTER<br />

Bluff (B.): Danke, dass Du Dir etwas Zeit genommen hast …<br />

Sebastian Ruthenberg (S.R.): Immer wieder gerne…<br />

B.: Bis zum Sieg von Martin Kläser warst Du der jüngste<br />

deutsche Bracelet-Gewinner … Jetzt bist Du zumindest der<br />

jüngste deutsche Weltmeister …<br />

S.R.: Der erste und bisher einzige Weltmeister … Ich gebe<br />

aber auf diese Titel nicht viel. Ob Weltmeister oder nicht<br />

macht für mich keinen großen Unterschied, obwohl ich mich<br />

natürlich sehr über den Titel freue. Und ehrlich gesagt habe<br />

ich vor der World Series of Poker nicht damit gerechnet, ein<br />

Bracelet zu gewinnen. Mein Ziel war ein Final Table.<br />

B.: Das heißt, der Titel ist Dir wichtiger als die<br />

Geschichtsbücher?<br />

S.R.: In erster Linie ist das Geld wichtig, der Titel kommt für<br />

mich an zweiter Stelle.<br />

B.: Für jemanden der von Poker lebt, verständlich ... aber in<br />

Mal was Neues<br />

ausprobieren<br />

Sebastian Ruthenberg, so heißt es, ist ein Meister im<br />

Chinese Poker, einer Pokervariante mit viel Action.<br />

Wetten, nicht nur auf Karten, ist seine Leidenschaft.<br />

Und acht Tage war er nach seinem Sieg bei der<br />

$5.000 World Championship Seven Card Stud Hi-<br />

Low Split-8 or Better der jüngste deutsche Bracelet<br />

Gewinner – bis Martin Kläser sich diesen Rekord holte.<br />

Den Titel des ersten deutschen Poker Weltmeisters<br />

kann Ruthenberg dagegen niemand mehr streitig<br />

machen: im. Volker Watschounek sprach mit dem<br />

glücklichen Gewinner in Las Vegas.<br />

zehn Jahren? Sieht das dann noch genauso aus?) Das Ziel<br />

jedes Pokerspielers ist auf lange Sicht finanziell unabhängig<br />

zu sein. Der Gewinn in diesem Turnier trägt einen guten<br />

Teil dazu bei. Da ich damit rechne, dass die Deutschen in<br />

Zukunft noch besser abschneiden werden, wird in zehn<br />

Jahren wahrscheinlich sowieso niemand mehr über meinen<br />

Titel reden.<br />

B.: Kanntest Du Martin Kläser schon vorher?<br />

S.R.: Ja, ich habe Martin kurz in Dortmund getroffen, als ich<br />

ihn zu einer Runde Chinese Poker mit Cort Kibler und Jan<br />

von Halle einladen wollte. Leider war er so schlau, meine<br />

Einladung abzulehnen. Richtig kennen gelernt habe ich ihn<br />

erst in Las Vegas, als er unser Haus besucht hat.<br />

B.: Martin muss Dich in Dortmund dann schon irgendwie<br />

begeistert haben. Du hast am Finaltisch mit ihm mitgezittert<br />

… aus Freundschaft, aus Patriotismus?<br />

S.R.: Zum größten Teil aus Freundschaft. Doch generell<br />

versuche ich jeden deutschen Spieler zu unterstützen.<br />

B.: Wie siehst Du selbst Deinen Weg ins Finale?<br />

S.R.: Ich habe das Turnier durchgängig extrem tight gespielt<br />

und mich aus marginalen Situationen soweit wie möglich<br />

rausgehalten. Da ich Stud Hi-Lo in Turnierform noch nie<br />

gespielt habe, bin ich an das Spiel so herangegangen, wie ich<br />

es auch beim Cashgame die letzten Monate gemacht habe.<br />

B.: Gab es aus Deiner Sicht Schlüsselsituationen?<br />

S.R.: In einer Hand limpt Annie Duke in Middle Position<br />

mit einer offenen Pik Dame und ich sitze nach einem<br />

weiteren Limper mit A-8-3 im Bring-in. Auf der 4. Strasse<br />

pairt sich meine 3, Annie kriegt ein weiteres Pik, und ich<br />

check-raise sie, um einen Drilling zu repräsentieren. Da<br />

Annie hohe Paare vorher immer geraist hat, war mir klar,<br />

dass sie auf einem Flush Draw sitzt. Ich bekomme<br />

einen Blank auf der 5. und 6. Strasse<br />

und spiele jeweils an und bekomme<br />

von Annie, die ebenfalls Blanks<br />

bekommt, schnelle Calls. Während ich<br />

meine Bet auf der 5. Strasse mache,<br />

frage ich sie „You need a Spade?“ und<br />

sie lächelt kurz. Auf der 7. Strasse gehe<br />

ich dann mit meinen letzten Chips<br />

blind All-in (nicht einmal eine ganze<br />

Bet) und sie foldet.<br />

B:. Mit Chris Ferguson hast Du dann<br />

im Heads-up gespielt.<br />

S.R.: Es ist immer eine Ehre,<br />

Pokergrößen wie Chris Ferguson<br />

gegenüberzusitzen. Unter den letzten<br />

20 waren ja auch noch Spieler wie<br />

David Benyamine, Howard Lederer,<br />

Chao Giang, Allen Cunningham, Kirill<br />

Gerasimov oder Barry Greenstein, die<br />

man ja normalerweise nur aus dem<br />

Fernsehen kennt.<br />

B.: Hat Dich hier ein Spieler besonders<br />

beeindruckt ... gab es vielleicht eine<br />

witzige Situation?<br />

S.R.: Besonders beeindruckt war<br />

ich von Chris Ferguson, der sich den<br />

ganzen Final Table wie ein Gentleman verhalten hat und mir<br />

nach dem Heads-up gesagt hat, wie sehr er mich als Spieler<br />

respektiert. In seiner Situation, nach 10:1 Chiplead das<br />

Heads-up noch zu verlieren, wäre ich wahrscheinlich nicht<br />

so locker geblieben.<br />

B.: Konntest Du Dir vielleicht von Martin ein paar Tipps<br />

holen, schließlich hat er bei der Fult Tilt Million Challenge<br />

gegen Ferguson ein Heads-up Duell gewonnen?<br />

S.R.: Da Martin eher Omaha Hi-Lo Spieler ist und die beiden<br />

Varianten sehr unterschiedlich sind, haben wir uns nicht<br />

ausgetauscht. Falls ich irgendwann mal Omaha Hi/Lo lernen<br />

möchte, wird Martin meine erste Kontaktadresse sein.<br />

B.: Nach dem Finale warst Du sehr müde … gab es dennoch<br />

eine spontane Party, ein Telefonat mit Deinen Eltern?<br />

S.R.: Meine Mutter ist wahrscheinlich mein größter Fan<br />

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NERVENKITZEL: WELTMEISTER - CONT.<br />

Kurzportrait<br />

und hat während der Arbeit den kompletten Finaltisch über das<br />

Livereporting mit Pokernews verfolgt. Eine kleine Party mit den<br />

Hausbewohnern wurde dann am nächsten Tag im Club „The Bank“<br />

vom Bellagio nachgeholt. Es ist wirklich schön, mit Spielern in<br />

einem Haus zu wohnen, wo jeder dem Anderen so einen Gewinn<br />

vom Herzen gönnt.<br />

An dieser Stelle möchte ich auch noch einmal allen Deutschen<br />

(besonders die aus meinem Haus) danken, die mich am Finaltisch<br />

so tatkräftig unterstützt haben.<br />

B.: Du hast nach dem Sieg die Moderatorin von ESPN, Tiffany<br />

Michelle, eingeladen mitzukommen. Ist sie Deiner Einladung<br />

gefolgt, war sie mit im Club?<br />

S.R.: Nein, ist sie nicht. Und da mein Herz im Moment auf jemand<br />

anderes fixiert ist, war dies nicht sonderlich schlimm. (B.: Auf<br />

Deine Freundin?) Ja, Sonja.<br />

B.: Du hast durch diesen Sieg $328.726 gewonnen. Was wirst Du<br />

mit dem Geld machen? Deiner Freundin was Nettes kaufen?<br />

S.R.: Zu allererst werde ich meiner Mutter ein neues Auto<br />

kaufen, da sie mich in den letzten Monaten mit allem Möglichen<br />

unterstützt hat und ich ihr auf diesem Wege danken möchte.<br />

Meine Freundin hat mich auch unterstützt. Sie sagt, sie braucht<br />

nicht mehr, um glücklich zu sein. Vielleicht lasse ich mir da aber<br />

noch was einfallen.<br />

B.: Sportler sammeln Urkunden und Medaillen … bekommt Dein<br />

Bracelet einen besonderen Platz, vielleicht eine eigene Vitrine?<br />

S.R.: Da ich mit dem Bracelet nicht auf der Straße spazieren<br />

gehen werde, kommt das Bracelet an einen ganz besonderen Platz<br />

in meiner Wohnung, den ich mir aber noch sorgsam aussuchen<br />

werde.<br />

B.: Was macht ein Sebastian Ruthenberg, wenn er nicht Poker<br />

spielt?<br />

S.R.: Wenn ich mal nicht Poker spiele, vertreibe ich mir meine<br />

Zeit mit Billard, Tennis, Badminton, Fußball, Tischtennis und<br />

Radfahren. In den wenigen Fällen, in denen ich keinen Sport<br />

treibe, gehe ich mit meinen Freunden Party machen, genieße<br />

gutes Essen mit einem guten Rotwein oder denke an Sonja. (B.: Du<br />

nennst Sonja zum zweiten Mal. Wie lange kennt ihr euch schon?)<br />

Wir haben uns erst in Vegas kennen gelernt, also vor etwa sechs<br />

Wochen. Das ist genug Zeit, um sich Hals über Kopf zu verlieben.<br />

Sonja war mit einem Bekannten nach Las Vegas gekommen.<br />

B.: Wie sehen Deine Ziele für die zweite Jahreshälfte aus, für die<br />

European Poker Tour (EPT)?<br />

S.R.: Ich werde dieses Jahr wohl wieder jede EPT spielen und<br />

setze mir das Ziel, zumindest bei einem der Turniere unter die<br />

ersten drei zu kommen. Die Austragungsorte der EPT sind auch<br />

gleichzeitig immer schöne Urlaubsorte, so dass ein Ausscheiden<br />

zu ertragen ist.<br />

B.: Hier in Las Vegas wohnst Du in der Villa. Was ist das<br />

Besondere an der Villa? Es heißt, schon letztes Jahr habet ihr keine<br />

Kosten gescheut. Darf ich fragen, was so ein Haus hier in Vegas für<br />

sechs Wochen kostet?<br />

S.R.: Für die sechs Wochen haben wir dieses Jahr mit 15 Leuten<br />

29.000$ bezahlt, also deutlich weniger als man in einem guten<br />

Hotel bezahlen würde. Die Vorzüge dieser Poker-WG sind<br />

zum einen der Zusammenhalt untereinander, aber auch die<br />

Tatsache, dass man mal vom Pokern loskommt und andere Dinge<br />

unternehmen kann.<br />

B.: Ein Modell für andere große Turnierwochen?<br />

S.R.: Wir haben überlegt, uns in Barcelona und in Melbourne<br />

wieder ein Haus zu mieten, da das die Reisekosten senkt und es<br />

mehr Spaß macht, in einer großen Gruppe solche Pokerreisen zu<br />

unternehmen.<br />

B.: Im Haus lebt eine eingeschworene Gemeinschaft. Wie hat sie<br />

sich gefunden?<br />

S.R.: Wir haben uns alle nach und nach kennen gelernt, entweder<br />

online oder bei den EPTs. Der Großteil der Leute, die dieses Jahr<br />

mit im Haus wohnen, war auch schon letztes Jahr mit dabei,<br />

und es ist bemerkenswert, wie gut wir uns alle verstehen, und<br />

dass es trotz 6 Wochen Aufeinanderhängens so gut wie keine<br />

Streitigkeiten gibt. Jeder packt mit an (außer beim Einkaufen, wo<br />

sich jeder so schnell wie möglich in sein Zimmer zurückzieht) und<br />

jeder versucht, auf den Anderen Rücksicht zu nehmen.<br />

B.: Kann man sich bewerben, einmal Gast zu sein? Im nächsten<br />

Jahr vielleicht?<br />

S.R.: Wir haben auch in diesem Jahr wieder Spieler mit<br />

aufgenommen, die wir nur aus dem Internet kennen und hätten<br />

wohl keine Probleme dies auch weiterhin so zu handhaben.<br />

Generell kann sich jeder bewerben, aber im Endeffekt wird von<br />

allen Hausbewohnen demokratisch abgestimmt, wer ins Haus<br />

kommt oder nicht. (B.: Ich auch?)Für Nicht-Spieler könnte es<br />

auch durchaus langweilig werden, da sich die ganze Truppe meist<br />

gleichzeitig in den Turnieren befindet. (B.: Da es ja meine Arbeit<br />

ist, darüber zu schreiben, wäre das nicht weiter schlimm ... und<br />

wenn ein wenig Zeit ist, könntest du mir mal Chinese Poker<br />

beibringen …) Leider muss ich dich enttäuschen: Chinese Poker<br />

ist out. Inzwischen möchte keiner mehr mit mir spielen und die,<br />

die mit mir spielen wollen, können das Spiel besser als ich, da ich<br />

etwas aus der Übung bin. Die Zukunft beim Gambling liegt beim<br />

Highcarden und Schnick-Schnack-Schnuck.<br />

B.: OK, dann eben Schnick-Schnack-Schnuck ... oder einfach<br />

darauf wetten, was für ein Tag morgen ist ... Zurück zu meiner<br />

Bewerbung: Bei einem möglichen Erfolg hätte ich es einfacher –<br />

vorausgesetzt ihr habt WLAN im Haus...<br />

S.R.: Zweimal sogar, Internetausfälle können bei unserem Hobby<br />

ziemlich teuer werden ... An dieser Stelle möcht ich auch nochmal<br />

klarstellen, dass ich mich als arbeitslosen Hobbyspieler sehe.<br />

B.: Las Vegas, Du bist nicht das erste Mal hier … kann man bei der<br />

WSOP <strong>2008</strong> trotzdem von einem Durchbruch sprechen?<br />

S.R.: Die letzte WSOP lief für mich, auf gut Deutsch gesagt,<br />

ziemlich beschissen, da ich 16 Turniere mitgespielt habe und in<br />

keinem den 2. Tag erreicht habe. Entweder lag das daran, dass<br />

ich mich selber zu sehr unter Druck gesetzt habe oder an der<br />

Tatsache, dass ich jede Nacht nur 2-3 Stunden Schlaf hatte und<br />

mit Rotweinresten im Körper aufgewacht bin. Dieses Jahr bin ich<br />

das Ganze etwas professioneller angegangen, indem ich mich<br />

gesünder ernährt und mir ausreichend Schlaf gegönnt habe. (B.:<br />

Mehr Obst und Gemüse und weniger Fastfood?) Ja, genau – und<br />

weniger Alkohol.<br />

B.: Eine Frage zu Deinen Anfängen, ein Tipp, den Du vor Jahren<br />

gerne erhalten hättest?<br />

S.R.: Es ist wichtig, sich auch bei Downswings an sein<br />

Bankrollmanagement zu halten und nicht über seinen<br />

Verhältnissen zu spielen. Außerdem sollte man sich stetig<br />

fortbilden und sich nicht auf seinen Erfolgen ausruhen.<br />

B.: Wie bist Du eigentlich zum Pokern gekommen?<br />

S.R.: Meine erste Pokererfahrungen habe ich im Januar 2004<br />

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gemacht, als ich auf einer Sportwettenseite einen Link zum Pokern<br />

angeklickt habe und dort dann direkt mit Real Money Games<br />

angefangen habe, obwohl ich nicht einmal die Hand Rankings oder<br />

Regeln kannte. (Der Gambler pur!)<br />

B.: Was für Pokervarianten spielst Du und welche Stakes? Ist es ein<br />

Vorteil, in Vegas in selteneren Varianten anzutreten?<br />

S.R.: In meinem ersten Jahr habe ich ausschließlich Limit Holdem<br />

gespielt, bin dann auf S’n’Gos umgestiegen und letztendlich bei NL<br />

Hold’em Cashgame hängen geblieben. Beim NL Cashgame spiele<br />

ich Games mit Blinds zwischen 5/10 und 50/100, je nachdem wo<br />

gerade eine gute Partie läuft. Seit einigen Monaten ist NL Hold’em<br />

dann auf der Strecke geblieben, da mir Alexander Jung Stud Hi/<br />

Lo beigebracht hat und ich dieses Spiel lieben gelernt habe. Leider<br />

laufen in dieser Variante nur selten Tische, sodass es darauf<br />

hinausläuft, dass ich nur 1 oder 2 Tische gleichzeitig spiele (online).<br />

Sicher erhöhen sich die Chancen auf ein Bracelet bei der WSOP,<br />

wenn man die „exotischen“ Varianten spielt, die sonst niemand<br />

spielen will.<br />

B.: Seven Card, es ist das zweite Bracelet in dieser Disziplin …<br />

beschreib unseren Lesern doch einmal, was der Unterschied zu<br />

Hold’em ist? Wo liegt der Reiz?<br />

S.R.: Der Reiz liegt für mich größtenteils darin, dass ich einfach<br />

mal eine Abwechslung vom täglichen NL Holdem brauchte, da mich<br />

dieses Spiel mit der Zeit langsam angeödet hat und ich mich nicht<br />

motivieren konnte, mich weiterzubilden. Ein großer Unterschied<br />

zu Hold’em liegt darin, dass man viel mehr Informationen<br />

hat, da vier Karten des Gegners offen liegen. Hold’em wird ab<br />

einem bestimmten Level zu Schnick –Schnack-Schnuck für<br />

Fortgeschrittene. (B.: Durch Motivationsmangel zum ersten Bracelet.<br />

Nicht schlecht … ein Tipp für Jedermann?) Vielleicht? Ich denke,<br />

dass man sich nicht nur auf eine Disziplin beschränken sollte. Die<br />

Spieler werden immer besser und auf lange Sicht werden sich nur<br />

die Spieler durchsetzen, die in mehreren Varianten ihre Stärken<br />

haben.<br />

B.: Spielst du lieber online oder live?<br />

SR.: Eigentlich bevorzuge ich das Online-Pokern, da beim Live-<br />

Poker die meisten Spieler meinen, sich für jede Entscheidung 2<br />

Minuten Zeit lassen zu können und das Spiel aufhalten. Ich habe<br />

schon versucht, mir die Zeit mit DVDs oder Musik zu vertreiben,<br />

aber leider sinkt dabei auch die Konzentration. Der Vorteil beim<br />

Online-Poker liegt darin, dass man sich in einem vertrauten Umfeld<br />

befindet und man seine Zeit viel flexibler einteilen kann.<br />

B.: Irgendwelche Tipps für jemanden, der gerade mit dem Pokern<br />

anfängt?<br />

S.R.: Bevor man sich an die Real Money Tische setzt, sollte man<br />

sich erst einmal mit ausreichend Pokerliteratur ausstatten und<br />

diese auch verstehen. Bevor sich die ersten Erfolge einstellen, muss<br />

viel Disziplin und Geduld an den Tag gelegt werden. An dieser<br />

Stelle möchte ich Nasr El Nasr und Florian Grünheid danken, der<br />

mir die Grundlagen zu diesen Themen eingetrichtert hat. (B.: Tipps<br />

für jemanden, der bei der WSOP groß herauskommen möchte?)<br />

Meiner Meinung nach sollte die WSOP erst gespielt werden, wenn<br />

eine ausreichend große Bankroll vorhanden ist und genügend Live-<br />

Erfahrung gesammelt wurde.<br />

B.: Danke für das Gespräch, gibt es eine Frage die Du hier vermisst<br />

- auf die du aber gerne geantwortet hättest?<br />

S.R.: Nein, fällt mir nichts ein. (B.: Fast hätte ich es vergessen … Wo<br />

darf ich die Bewerbung hinschicken, um das nächste Mal im Haus<br />

mitzuwohnen?) An die Adresse spammail@gmx.net ;-).<br />

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THRILLS: STUD UND OMAHA<br />

Keine<br />

Paare im<br />

Hi-Lo<br />

Von Annie Duke<br />

Die Zeit des Jahres ist wieder gekommen, in der ich meinen 8 or better Artikel schreibe.<br />

Jedes Jahr spiele ich die 8/b Turniere bei der World Series of Poker (WSOP) und<br />

jedes Jahr schreibe ich am Ende einen Artikel, in dem ich mich darüber aufrege, wie<br />

so viele Spieler den zentralen Punkt bei 8/b nicht begreifen. Tatsächlich bin ich in<br />

der glücklichen Lage, sagen zu können, dass dieses Jahr keine Ausnahme darstellt.<br />

Dieses Jahr konzentriere ich mich auf 8/b beim Seven Card Stud. Ich kann aber nicht versprechen,<br />

dass nicht doch ein bisschen Omaha 8/b dabei ist.<br />

Beginnen wir mit zwei Dingen, die man an Tag Eins eines $5k Stud 8/B Championships nie hören<br />

sollte:<br />

„Ich werde immer wieder von all diesen Paaren erwischt“, (wenn man 9 oder 10 als höchstes<br />

Paar hat).<br />

„Ich wollte Könige repräsentieren.î<br />

Beide Statements, und das kommt vielleicht nicht überraschend, stammten von dem gleichen<br />

Spieler. Das erste kam, nachdem zwei Hände hintereinander ein Ass in erster Position in einem Feld<br />

mit kleinen Karten traf und dieser Spieler mit 9 oder T als höchstem Paar reraiste. Nun, es ist so:<br />

Wenn ein Ass im Stud 8/b bereit ist, aus erster Position zu raisen, wenn das Board nicht wirklich,<br />

wirklich hart ist, dann hat das Ass irgendetwas. Vielleicht einfach nur drei kleine Karten zum Ass.<br />

Doch das ist die schlechteste Hand, die das Ass hier haben sollte. Hier können Sie mit 9 oder 10<br />

up nur raisen, wenn Sie A-A als Hole-Cards haben. Vielleicht können Sie mit T (T-T) oder 9 (9-9)<br />

reraisen. Ehrlich gesagt, geben Sie damit aber zu viel von Ihrer Hand preis. Ein Drilling oder Asse<br />

als Hole-Cards sind so ungefähr das Einzige, was geht. Jedes andere Paar würden Sie eigentlich<br />

immer folden. Schließlich wollen Sie nicht spekulieren, ob Sie gegen A-A spielen - und selbst wenn<br />

Sie das nicht tun, kriegen Sie sowieso nur die Hälfte des Pots oder folden am Ende auf der vierten<br />

oder fünften Straße, wenn das Ass das Board trifft. Wie auch immer: Mit nur einem Paar sind Sie<br />

in ganz schlechter Verfassung und müssen weit hinten liegen. Deshalb ist es wahrscheinlich keine<br />

gute Idee, hier zu reraisen. Tatsächlich wäre es das Beste, hier zu folden. Ich meine, schließlich<br />

würden Sie das Ass in früher Position nicht in einem einfachen Stud-Turnier reraisen, also kann das<br />

beim 8/b zu tun, wirklich keine gute Idee sein.<br />

Wenn man sein Geld wie ein Donkey mit einen Reraise in dieser Situation unters Volk bringt,<br />

dann würde ich nicht sagen, die Karten laufen schlecht. Stud 8/b ist kein Paar-Poker.<br />

Zur zweiten Situation kam es, als der fragliche Spieler mit König up gegen ein Feld kleiner Karten<br />

und einem Ass raiste. Als das Ass reraiste, entschied sich dieser Spieler, seinen König (A-5) (keine<br />

suits) nicht zu folden. Stattdessen reraiste er. Am Ende der Hand, als er sein Geld verlor, sagte<br />

er, „Ich wollte Könige repräsentieren.î Ok. Das ist etwas, das ich an einem Pokertisch, wo jeder<br />

Spieler $5k gezahlt hat, um zu spielen, nie wieder hören möchte. Ich meine, ehrlich, fangen wir<br />

beim Raisen mit K (A-5) in früher Position an. Gegen ein Feld kleiner Karten und einem Ass, das<br />

auf der Lauer liegt, wäre K-K fragwürdig, aber eine Hand mit zwei Karten zum Lo und A-K high ist<br />

sogar noch schlimmer. Man spielt Hi-Lo Split. Meistens kriegt man sowieso nur die Hälfte des Pots.<br />

Man erhält nicht den richtigen Preis, um schlechte Highs zu spielen. Leute mit niedrigen Händen<br />

bringen einen entweder dazu, zu folden, wenn sie treffen oder sie schleichen sich in merkwürdige<br />

Straights oder zwei Paare oder einfach Asse davon und Sie werden von einer Hand erwischt, die am<br />

Anfang kein Paar hatte. Weil die Leute sich in merkwürdige Highs flüchten und man meistens nur<br />

um die Hälfte des Pots spielt, darf man nur seine wirklich stärksten Highs spielen. Ich würde kaum<br />

sagen, dass K (A-5) hier dazugehört.<br />

Aber, oh nein, als der König von dem Ass gereraist wurde, hat er nicht gefoldet, wie es jede<br />

gesunde Person machen würde. Stattdessen entschied er sich, zu reraisen, um, was?, die Könige<br />

zu repräsentieren? Bitte? Das Ass hat gerade erklärt, dass die schlechteste Hand, die es haben<br />

könnte, drei kleine Karten zum Ass sind. Ich bin ziemlich sicher, dass das Ass bereits vermutet hat,<br />

der Spieler in erster Position hätte Könige, als der König up in früher Position geraist hatte. Das<br />

ist so ungefähr die einzig vorstellbare Hand, die er haben kann. Weil dieser Spieler sich so darauf<br />

versteift hat, eine tatsächliche Hand zu repräsentieren, schaffte er es irgendwie, ganz bis zum River<br />

zu gehen und den Pot zu verlieren. So viel zum Repräsentieren von Königen. Das einzig Positive<br />

für diesen Spieler war, dass es ihm gelang, das Ass langsamer werden zu lassen, als er tatsächlich<br />

einen weiteren König auf der sechsten Strasse traf. Zumindest hat er so unterwegs ein bisschen<br />

Geld gespart.<br />

Die Moral dieser Geschichte lautet: In 8/b ñ Stud oder Omaha ñ spielt man beim Stud und Omaha<br />

nicht alle hohen Hände und beim Razz und beim Omaha nicht alle niedrigen Hände. So funktioniert<br />

das Spiel nicht. Jede Hand zu spielen, die in der High-Version dieser Pokervariante gerechtfertigt<br />

werden könnte, wird Ihnen nicht gut tun. Vor allem beim Stud 8/b ist Ihr High besser stark und<br />

zum Spielen geeignet, denn schließlich wird der Pot geteilt. Die einzigen anderen hohen Hände, die<br />

Sie spielen könnten, sind die, die auch zu Lows werden können: etwa drei kleine suited Karten oder<br />

drei kleine, miteinander verbundene Karten. Die Regel, dass man nur den halben Pot bekommt,<br />

gibt es nicht umsonst. Sie ändert die Situation, welchen Preis man bezahlen kann, genau wie die<br />

Wahrscheinlichkeit, dass Ihre Hand hält, da Ihre Gegner immer noch jede Menge merkwürdige<br />

Hände haben können.<br />

Denken Sie dran: Ich möchte nie wieder hören, wie Sie sich über Ihre schlechten Karten<br />

beschweren, weil Sie 9-9 oder T-T in irgendeinem 8/b bekommen haben und ignorant genug waren,<br />

damit zu reraisen.<br />

28 SEPTEMBER <strong>2008</strong> • WWW.<strong>BLUFF</strong><strong>EUROPE</strong>.COM <strong>BLUFF</strong> <strong>EUROPE</strong> - DEUTSCHSPRACHIG<br />

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DER VIRTUELLE SPIELTISCH: JENNIFER TILLY<br />

Pokertürme<br />

Von Jennifer Tilly<br />

Egal, wie reich und berühmt man ist – Wohnungen<br />

zu suchen, kann schwierig sein.<br />

Jennifer Tilly schildert, wie sie zu einer<br />

Wohnung kam und was das für Folgen<br />

Phil und ich ziehen endlich in unser neues Apartment. Wir lieben<br />

es. Lange Zeit haben wir schon davon geträumt, nur mit<br />

Handtasche und Rucksack nach Las Vegas zu kommen. Kein<br />

Gepäck. Wozu brauchen wir Gepäck? Alles, was wir brauchen,<br />

ist in unserem Apartment in Las Vegas!<br />

Es hat lange gedauert. Vor drei Jahren habe ich eine Einheit im Cosmo<br />

gekauft. Es war noch nicht gebaut, aber der Prospekt versprach atemberaubende<br />

Blicke und einen schwungvollen Lebensstil. Auf Bildern<br />

sah man den Fitnessraum voll gesunder Leute, die lachten, während<br />

sie ihre Fitnessübungen absolvierten und eine junge Dame im Bikini<br />

und mit kirschroten Lippen, die den Swimmingpool zierte. Wir wussten<br />

nicht ganz genau, was wir gekauft hatten, aber so ähnlich sollte es<br />

schon sein.<br />

Ein Jahr später hatten die Bauarbeiten noch nicht<br />

einmal begonnen, also leistete Phil eine Anzahlung auf<br />

eine Eigentumswohnung beim W. Sie würde phantastisch<br />

sein! Heiße Bäder im Zimmer! Neon-Playboy-Einrichtung!<br />

Man würde in seinem Junggesellenapartment<br />

in der heißen Wanne sitzen können, mit Blick auf den<br />

Strip und die glänzende Zukunft mit Champagner begrüßen.<br />

Ein weiteres Jahr verging. Das Cosmo bestand aus einem großen Loch<br />

im Boden. Der W-Traum ging nie in Erfüllung. Phil erhielt seine Anzahlung<br />

zurück. „Ich möchte eine Wohnung, in die wir gleich einziehen<br />

können!“, jammerte ich. „Ich bin es leid, Luft zu kaufen!“<br />

Auftritt Pokertürme. Antonio besaß dort bereits eine Eigentumswohnung,<br />

eine Eckwohnung mit einem phantastischen Panoramablick,<br />

bei dem man den Strip im Blick hatte, doch wenn man sich umdrehte<br />

auch die Berge sehen konnte. Am Anfang wollten wir eine Wohnung<br />

wie die von Antonio, aber natürlich auf einem höheren Stockwerk. Aber<br />

dann fanden wir heraus, dass nebenan ein weiterer Komplex errichtet<br />

werden sollte und es bestand durchaus die Möglichkeit, dass wir nicht<br />

auf die Berge, sondern in das Wohnzimmer von fremden Leuten gucken<br />

würden. Der Gedanke daran ließ uns schaudern. „Wir brauchen unsere<br />

Privatsphäre!“ erklärten wir. „Wir müssen nackt herumlaufen können,<br />

ohne dass uns irgendjemand beobachtet.“<br />

Wir entschieden uns für eine kleinere Wohnung den Flur hinunter<br />

mit einem spektakulären Blick auf den Strip, der nie gestört werden<br />

kann. Wir verlegten den Boden mit Kirschbaumholz, installierten Einbauleuchten<br />

und kauften ein Haufen italienische Möbel von Antonios<br />

Quelle, Apartment Ben.<br />

Am Tag vor dem ersten Event der World Series of Poker <strong>2008</strong> zogen<br />

wir ein. Wir lieben es! Es ist genau wie die Prospekte für den Las Vegas<br />

Lifestyle. Die Aufzüge sind voller Pokerspieler und Partygirls. Morgens<br />

von zehn bis elf pulsiert der Fitnessraum mit Leben, denn jeder will<br />

noch rasch sein Fitnessprogramm absolvieren, bevor die Turniere mittags<br />

beginnen. In der Lobby stehen Palmen, ein Bibliotheksimitat und<br />

es gibt Starbucks-Kaffee umsonst.<br />

Phil, normalerweise so schlampig, wie es nur geht, hat sich plötzlich<br />

in Felix Unger verwandelt. Niemand darf Schuhe in der Wohnung tragen,<br />

vor allem ich nicht. Wie sich zeigt, hatten ihn die unendlich vielen<br />

kleinen Abdrücke auf dem Holzboden unseres alten Hauses gestört (durch<br />

Stöckelschuhe verursacht).<br />

In den ersten paar Wochen darf ich den Ofen nicht benutzen. „Ich<br />

möchte nicht, dass unser neues Apartment<br />

Phil, normally the<br />

biggest slob you would<br />

ever meet, has suddenly<br />

turned into Felix Unger.<br />

nach Essen riecht“, erklärt Phil trotzig. „Warten<br />

wir ab, bis wir uns einen Grill kaufen. Wir<br />

können draußen auf der Terrasse kochen.“<br />

Als Antonio und David Wells zu Besuch<br />

kommen und trotz der Einwände von Phil im<br />

Wohnzimmer essen, folgt er ihnen besorgt<br />

mit Handfeger und Schaufel. Hört auf zu<br />

krümeln“, bittet er. „Ihr krümelt…“ Irritiert schauen sie ihn an.<br />

„Phil, was ist mir Dir geschehen?“, fragt David mit vollem Mund. „Das<br />

ist nicht der Phil, den ich kenne.“<br />

„Dies ist meine Wohnung und ich möchte nicht, dass es unordentlich<br />

wird!“, brüllt Phil defensiv. „Ist irgendwas verkehrt daran?“<br />

Nachdem Phil an seinem Finaltisch ausgeschieden ist, gehen wir zu<br />

Sharper Image. Im Kaufrausch brausen wir durch den Laden und stapeln<br />

alles in großen Haufen auf dem Ladentisch. Sharper Image gibt<br />

sein Geschäft auf und alles im Laden wird ausverkauft. Durch seinen<br />

achten Platz ist Phil $75.000 reicher, also kaufen wir alles, was wir<br />

brauchen, und ein paar Sachen, die wir nicht brauchen.<br />

Phil besorgt sich ein Fernrohr, damit wir beobachten können, was<br />

auf der anderen Straßenseite passiert und eine Kamera, die man an der<br />

Stirn befestigen kann, damit er filmen kann, wenn er Motorrad fährt.<br />

Ich kaufe einen kleinen Weinkeller, eine Waage und einen Margaritamixer.<br />

Als wir nach Hause kommen, wirft Phil ein paar Steaks auf den<br />

neuen Outdoor-Grill während ich Mango-Margaritas in der Küche mixe.<br />

Dann setzen wir uns auf die Terrasse, um auf unsere Pokerzukunft anzustoßen,<br />

während die Sonne sich hinter den enormen Baustellen des<br />

Stadtzentrums rosa färbt.<br />

Phil dreht sich zu mir um und strahlt. „Baby!“, sagt er und hebt seine<br />

Margarita, „wir leben den Traum!“<br />

48 ??????????? <strong>2008</strong> • WWW.<strong>BLUFF</strong><strong>EUROPE</strong>.COM <strong>BLUFF</strong> <strong>EUROPE</strong> - DEUTSCHSPRACHIG<br />

TILLY.indd 44 12/7/08 17:20:23


DER VIRTUELLE SPIELTISCH: ONLINE-BERICHT<br />

IN ZUSAMMENARBEIT MIT POKERVERDICT.COM<br />

Online-Bericht<br />

Spielerporträt: OMGClayAiken<br />

Mit seinem Bracelet-Gewinn in Event #28 der WSOP <strong>2008</strong><br />

hinterließ Phil Galfond auch bei der Offline-Community<br />

Eindruck. Simon Hopper über das Internetphänomen.<br />

OMGClayAiken, alias Phil<br />

Galfond, ist einer der jungen<br />

High Stakes Online-Cashgame-<br />

Spieler, die kometenhaft an<br />

die Spitze gekommen sind. Er<br />

begann mit $10 S’n’Gs,<br />

um sich eine Bankroll<br />

aufzubauen, las dann Sklanskys Hold ’Em<br />

Poker For Advanced Players und versuchte<br />

sein Glück bei den $5/$10 Cashgames.<br />

Nach einer Gewinnsträhne spielte Phil dann<br />

in den $25/$50 und $50/$100 Partien, bis<br />

er seine ganze Bankroll in ein paar Tagen<br />

verlor.<br />

Danach tat er sich mit ‘The Ballas’<br />

zusammen und seitdem spielt er<br />

regelmäßig auf den höchsten Levels.<br />

Phil ist immer noch Mitglied der ‘Ship It,<br />

Holla’-Crew, ein Team junger Amerikaner,<br />

zu denen ‚durrr’ (Tom Dwan) und ‚raptor’<br />

(David Benefield zählen, die regelmäßig<br />

in den höchsten Online-Partien mit dabei<br />

sind. Phil meint, Dwan hätte seinem Spiel<br />

am meisten geholfen. Ihm verdanke er es<br />

auch, zu begreifen, dass „man an jede nur<br />

erdenkliche Möglichkeiten denken sollte,<br />

die man im NLHE hat. Normalerweise<br />

hat man eine Menge”. Galfonds originelle<br />

Interpretationen des Spiels zeigen sich auch<br />

in seinen Artikeln für <strong>BLUFF</strong>.<br />

Außerdem ist er einer der wenigen<br />

Online-Spezialisten, die bei High Stakes<br />

Poker dabei waren. Während seines kurzen<br />

Auftritts bei der Show kritisierte Galfond<br />

nicht nur, wie er als „Onliner“ behandelt<br />

wurde, sondern auch das Spielniveau. Auf<br />

2+2 schrieb er: Ich war gerade dabei, ins<br />

Bett zu gehen, als man mir mitteilte, drei<br />

der TV-Profis von Tag Zwei hätten in letzter<br />

Minute beschlossen, dass sie an Tag Drei<br />

spielen wollen; ich hingegen wurde für<br />

nicht besonders fernsehtauglich erachtet,<br />

weil ich so tight spielte und nicht genug mit<br />

den Spielern redete, die mich nicht<br />

kennen. So verlor ich also meinen<br />

Platz am Tisch. Gelinde gesagt war ich<br />

ziemlich wütend.<br />

Er fährt fort:<br />

Ich würde mir wünschen, dass jemand<br />

eine Show organisiert, in der ich, durrr,<br />

Aba und noch zwei andere jeder Heads-up<br />

gegen Ivey, Doyle, Negreanu, usw. spielen.<br />

Jeder von uns wird gegen ein Profi gelost<br />

und wir spielen Best of Three Heads-up 200<br />

Big Blinds Freeze-Outs. Jedes Team setzt $2<br />

Millionen oder was auch immer, und das<br />

Team, das die meisten der fünf Wettkämpfe<br />

gewinnt, teilt den Preis unter sich auf.<br />

Online-Profis gegen Live-Profis. Dann<br />

würde Amerika vielleicht begreifen, wie es<br />

wirklich ist.<br />

Nun, das wäre wirklich mal eine Partie<br />

Im Juni <strong>2008</strong> stellte sich Phil Galfond<br />

der Offline-Welt vor, indem er sein erstes<br />

WSOP-Bracelet in Event #28 (dem $5.000<br />

PLO Rebuys) und beeindruckende $817.781<br />

gewann. Was er nach dem Turnier sagte,<br />

ist vielleicht typisch für die Art, wie er das<br />

moderne Poker sieht und die enorme Zeit,<br />

die er damit verbringt: „Das Publikum und<br />

die Poker-Community insgesamt betrachten<br />

den Gewinn eines Bracelets als so wichtig<br />

und deshalb habe ich auch eins gewonnen.<br />

Ich hatte das Gefühl, ich habe mich bereits<br />

seit langer Zeit online in den härtesten<br />

Partien bewiesen, aber ich hatte mich nicht<br />

wirklich allen bewiesen. Für mich bedeutet<br />

dieses Bracelet, mich allen anderen zu<br />

beweisen.<br />

„Ich habe so viele Hände PLO mit den<br />

unterschiedlichsten Stackgrößen gespielt,<br />

dass es fast zur zweiten Natur geworden ist.<br />

Ich war konzentriert, obwohl ich nervös und<br />

angespannt war. Ich wusste aber nach wie<br />

vor, was ich tun musste; ich bin so daran<br />

gewöhnt.“<br />

Ich habe einen Lauf<br />

ICallSOWhat ist<br />

nicht zu stoppen<br />

Die <strong>2008</strong> Story muss die des<br />

geheimnisvollen High<br />

Stakes Omaha-<br />

Spielers<br />

“ICallSOWhat”<br />

sein. Dieser<br />

Spieler hat die<br />

High Stakes<br />

Omaha Partien<br />

vernichtet und<br />

in vier oder<br />

fünf Tagen mehr<br />

als $300.000<br />

gewonnen, womit er<br />

seinen Gesamtgewinn<br />

im Juni auf beinahe $1<br />

Million Dollar hochgeschraubt hat.<br />

Er ist der mit Abstand größte Gewinner<br />

in diesem Jahr und hat schon über<br />

$4,7 Millionen Dollar an Gewinnen seit<br />

Anfang <strong>2008</strong> eingefahren. Um einmal die<br />

Verhältnisse klarzumachen, so hat der<br />

andere große Gewinner in diesen Partien,<br />

David Benyamine, (den manche als den<br />

weltbesten Omaha-Spieler bezeichnen)<br />

im gleichen Zeitraum nur etwa die Hälfte<br />

dieser Summe gewinnen können.<br />

Wer dieser Spieler ist und ob er (oder<br />

sie?) diesen kranken Lauf fortsetzen<br />

wird (die Varianz im<br />

Omaha kann<br />

atemberaubend<br />

hoch sein),<br />

kann nur die<br />

Zeit zeigen.<br />

?<br />

Eins steht<br />

jedoch<br />

fest, wenn<br />

dieser<br />

Bursche<br />

(dieses<br />

Mädel?) noch<br />

lange so weiter<br />

macht, dann wird bei<br />

den High Stakes Omaha-Partien nicht<br />

mehr viel Geld übrig sein, das man<br />

gewinnen kann.<br />

Poker Verdict is an online poker<br />

community site offering expert strategy,<br />

poker news updates, player profiles,<br />

blogs, live reporting at the major events<br />

and online tourney search and results.<br />

KAVANAGH HOPPER GROSS HUGO WOOLDRIDGE TUCK GHAZI CHANNING<br />

50 SEPTEMBER <strong>2008</strong> • WWW.<strong>BLUFF</strong><strong>EUROPE</strong>.COM<br />

<strong>BLUFF</strong> <strong>EUROPE</strong> - DEUTSCHSPRACHIG<br />

VERDICT1.indd 84 15/7/08 23:48:45


Hugo’s<br />

BLOGSPOTTING<br />

Doyle in der Flaute<br />

Mittlerweile haben Sie wahrscheinlich eine ganze Menge Blogs voller Bad<br />

Beats gelesen. Ja, die WSOP ist vier Wochen alt und das heißt voller Burnout<br />

und Pokerhass. Selbst der gewaltige Doyle Brunson ist nicht gefeit gegen den<br />

Überdruss an der World Series.<br />

Folter… Tag für Tag. Was der englische König William Wallace in<br />

Braveheart antut, verblasst im Vergleich zu dem, was mir im letzten Monat<br />

widerfahren ist. Erneut war ich der Bubble Boy im $10.000 Omaha 8 or better<br />

Turnier. Ich war Chipleader mit 250k, als nur noch 40 Spieler übrig waren<br />

und kam nicht ins Geld, obwohl 27 Spieler ausgezahlt wurden.<br />

Wenn man im Amazon Room herumläuft, dann sieht man viele Spieler, die<br />

das haben, was die GIs in Vietnam den „Tausend Meter Blick“ nannten.<br />

Es sind die unglücklichen Helden ihrer Vaterstadt, deren Träume zerstört<br />

wurden; sie haben jeden Bad Beat erlebt und sie haben jeden Fehler gemacht,<br />

den man machen kann. Sie laufen umher, kratzen sich am Kopf und fragen sich,<br />

wie viel sie noch ertragen können. Mein Gott, wenn Big Poppa nicht gewinnen<br />

kann, welche Chance hat dann Joe Schmo aus Idaho?<br />

Ich kann mir einfach nicht erklären, was ich am Pokertisch falsch mache. Fünf Sessions<br />

hintereinander im Cashgame zu verlieren, ist ein Signal, dass ich nicht so spiele, wie ich sollte.<br />

Fünf Sessions hintereinander? Moment Mal, das ist gar nichts, Mr. Brunson. Manche von uns<br />

sind seit zwei Wochen in Vegas und haben jeden verdammten Tag verloren, Kumpel! Ich vermute,<br />

als Pokerpate fünf Sessions hintereinander zu verlieren ist unvorstellbar.<br />

Sein Gesicht verlieren<br />

Während Doyle ein Veteran der WSOP ist, erleben viele junge Spieler die Wiesen<br />

(das heißt Las Vegas übrigens eigentlich – Spanisch, falls Sie sich das fragen)<br />

zum ersten Mal. Ein solcher Spieler ist John Tabatabai (Sie kennen ihn,<br />

er wurde Zweiter hinter Annette_15 bei der WSOPE), der natürlich dem<br />

Wahnsinn zum Opfer fiel.<br />

Natürlich läuft es so gut für mich, dass wir uns ein Haus mitten in der<br />

Wüste mieten, von dem kein Taxifahrer weiß, wie er dahin kommen soll.<br />

Es wird noch besser, denn den Tag darauf wollten wir um 16:00 Uhr zum<br />

Strip fahren, also haben wir um 15:00 Uhr ein Taxi gerufen. Waren um<br />

16:00 fertig und natürlich war das Taxi nicht zu sehen. 16:30, kein Taxi,<br />

17:00 kein Taxi. Jetzt bin ich allmählich auf Tilt, also beschließe ich, ein wenig<br />

online zu spielen, während wir auf das Taxi warten ... natürlich, $12k und vier<br />

Stunden später kommt das Taxi. GROSSARTIG. IST DAS ERNST GEMEINT?? IST<br />

GANZ VEGAS MANIPULIERT???<br />

Ja, ich fürchte, es ist manipuliert, John. Fast niemand kommt lebend davon. Übrigens ist es nicht<br />

ungewöhnlich, dass Taxifahrer keine Ahnung haben, wohin sie fahren. Da sich Vegas immer<br />

weiter ausdehnt, wird immer gerade ein neues Wohngebiet aus dem Boden gestampft. Ich weiß<br />

noch, wie ich einmal zu irgendeiner Party in irgendeiner kitschigen Villa im Playboy-Stil am<br />

Stadtrand gefahren bin und wir eine halbe Stunde immer um die gleichen Blocks gefahren sind,<br />

weil es nirgendwo Straßenschilder oder Nummern gab.<br />

Allerdings bin ich nicht sicher, ob Tabatabai und Co. mit ihrem Haus eine wirklich gute Wahl<br />

getroffen haben.<br />

Überall in unserem Haus sind Fliegen, Kakerlaken laufen auf dem Sofa umher und wie zu<br />

erwarten ist das Kabelfernsehen Mist, es sei denn, man schaut gern Werbesendungen auf<br />

Spanisch. Alles so gewöhnlich. Oh, fast habe ich es vergessen – wenn man tagsüber vor die Tür<br />

geht, fällt einem das Gesicht ab. 50°C bei 0 Luftfeuchtigkeit. Reizend.<br />

Das Gesicht fällt ab? LOL. Das bringt es so ziemlich auf den Punkt.<br />

Ich habe einen Lauf<br />

Benyamine, die Maschine<br />

Der große Cashgame-Gewinner<br />

des Monats muss David Benyamine<br />

sein. Wir wissen alle, dass David<br />

in den großen Online-Cashgames<br />

allgegenwärtig zu sein scheint<br />

– dieses Jahr belaufen sich seine<br />

Gewinne bislang auf über $3 Millionen<br />

– aber jetzt hat er auch seine Stärke in<br />

Live-Turnieren bewiesen, indem er das<br />

WSOP Event #37 gewann, die $10.000<br />

Buy Omaha hi-lo Weltmeisterschaft. Das<br />

brachte ihm mehr als $535.000 und sein<br />

erstes WSOP-Bracelet.<br />

David war in seinem Element, als<br />

die Partie short-handed wurde (bei der<br />

Zahl der Hände, die er online shorthanded<br />

gespielt hat, ist das keine große<br />

Überraschung), und eliminierte die letzten<br />

drei Spieler mit gnadenloser Leichtigkeit.<br />

Nicht damit zufrieden, sein erstes Bracelet<br />

und mehr als eine halbe Million Dollar<br />

zu gewinnen, hat David auch in den<br />

$200/$400 PLO Online-Games gespielt<br />

und mehr als $250.000 seit seinem<br />

Bracelet-Gewinn erzielt.<br />

Wann genau er noch Zeit für etwas<br />

banalere Aktivitäten wie Essen, Schlafen,<br />

Ausgehen oder einfach dasitzen und sich<br />

zu entspannen hat, ist unklar. Eins steht<br />

allerdings fest: Falls irgendjemand einmal<br />

versuchen sollte, eine Poker spielende<br />

Maschine zu entwickeln, dann wäre<br />

David Benyamine das ideale Design.<br />

Antonius freut sich<br />

über seine neuen<br />

Tische<br />

Die großen Neuigkeiten in den<br />

Cashgames drehen sich alle um Patrick<br />

Antonius und seine neuen $2.000/$4.000<br />

H.O.R.S.E und Omaha Hi-lo Tische bei<br />

Full Tilt. Diese beiden Tische haben<br />

ein wenig Monsteraction gesehen,<br />

wobei es Antonius gelang, einen<br />

$720.000 Stack an seinem privaten Omaha<br />

Hi-lo Tisch aufzubauen – bei einem<br />

Gesamtprofit von über $500.000.<br />

Der andere große Gewinner in diesen<br />

Partien war niemand anderes als der<br />

Große Däne, Gus Hansen. Hansen hat<br />

über $1.000.000 gemacht, darunter einen<br />

$800.000 Gewinn in einer einzigen<br />

H.O.R.S.E Session. In den letzten Monaten<br />

war Hansen einer der großen Verlierer in<br />

den PLO-Partien – hoffentlich bringt ihn<br />

die neue Action an diesen Tischen aus den<br />

roten Zahlen.<br />

<strong>BLUFF</strong> <strong>EUROPE</strong> - DEUTSCHSPRACHIG WWW.<strong>BLUFF</strong><strong>EUROPE</strong>.COM • <strong>2008</strong> SEPTEMBER 51<br />

VERDICT1.indd 85 15/7/08 23:48:51


VIRTUAL FELT: SIT-N-GO<br />

Sit-N-Go<br />

mit Phil „USCPhildo“ Collins<br />

Bislang hatte Phil, im Moment Number Fünf auf Bluffs Online Player of the Year Liste, ein ausgezeichnetes<br />

Jahr und beinahe $300.000 am virtuellen Spieltisch gewonnen. Wir haben uns mit Phil ausgetauscht,<br />

um einen kleinen Eindruck zu bekommen, wie das Leben des jungen Poker-Superstars aussieht.<br />

44 SEPTEMBER <strong>2008</strong> • WWW.<strong>BLUFF</strong><strong>EUROPE</strong>.COM <strong>BLUFF</strong> <strong>EUROPE</strong> - DEUTSCHSPRACHIG<br />

SIT_GO.indd 108 16/7/08 12:03:05


<strong>BLUFF</strong>: Phil, bringen wir es gleich hinter uns:<br />

„Can you feel it coming in the air tonight?“<br />

Phil: Haha. Ja, das kann ich! „Oh<br />

Lorrrrrrrrrrrrdddddd!“ Ich glaube, ich<br />

habe auch den gleichen Zweitnamen.<br />

Es ist phantastisch; tatsächlich heißt<br />

er Philip David Michael Collins.<br />

<strong>BLUFF</strong>: Whoa! Ist ja irre.<br />

Phil: Ich bin Philip David Collins. Meine<br />

Mutter hat gedacht, er ist schon alt und<br />

würde nicht mehr allzu lange berühmt<br />

bleiben. Ich weiß, was Du denkst, aber<br />

er ist nicht mein wirklicher Vater!<br />

<strong>BLUFF</strong>: Wie wir sehen, hast Du in der<br />

letzten Zeit Online einen wirklichen Lauf<br />

gehabt. Du bist Nummer Zwei der Player<br />

of the Year Liste. Wie fühlst Du Dich so?<br />

Phil: Ich glaube, mein Selbstvertrauen war<br />

noch nie so groß. Ich denke, das hat viel<br />

mit den Ergebnissen zu tun, aber ich habe<br />

auch das Gefühl, mein Spiel hat in der<br />

letzten Zeit ein höheres Niveau erreicht und<br />

ich freue mich auf meine Pokerzukunft.<br />

<strong>BLUFF</strong>: Das ist schön! Hast Du viele Live-<br />

Turniere gespielt oder strikt online?<br />

Phil: Ich habe vor allem online gespielt,<br />

aber bislang habe ich auch sehr viel bei<br />

der WSOP gespielt. Am Ende werden es<br />

wohl zwanzig oder mehr Turniere sein.<br />

<strong>BLUFF</strong>: Mit wem wohnst Du im<br />

Moment bei der WSOP zusammen?<br />

Phil: Ich wohne bei bhanks11 (a.k.a.<br />

usourcek, FU_15) in seinem Haus,<br />

zusammen mit vier oder fünf oder anderen<br />

Jungs. Ein Haus mit fünf Zimmern,<br />

zehn Minuten vom Strip entfernt.<br />

<strong>BLUFF</strong>: Gehst Du, während Du hier<br />

in Vegas bist, gerne auf Partys oder<br />

lebst Du weniger aufregend?<br />

Phil: Ich war drei oder vier Mal in Vegas und<br />

habe eigentlich kaum was Anderes gemacht,<br />

als Karten zu spielen. Aber wenn einer von<br />

uns bei einem Turnier gut abschneidet,<br />

dann lassen wir es vielleicht krachen.<br />

<strong>BLUFF</strong>: Spearmint Rhino?<br />

Phil: Immer eine Möglichkeit!<br />

<strong>BLUFF</strong>: Ha, das scheint der Ort<br />

zum Feiern zu sein. Hast Du<br />

irgendwelche Seitenwetten laufen?<br />

Phil: Bislang noch nicht, aber ich<br />

bin sicher, das kommt noch.<br />

<strong>BLUFF</strong>: Erzähl uns ein bisschen<br />

was über frühere Seitenwetten.<br />

Phil: Ich hatte eine $5k, Drei-Mann-<br />

Seitenwette bei der letzten FTOPS durch<br />

Pocket Fives. Ich glaube, sechs Mannschaften,<br />

Siegermannschaft kriegt alles. Ich glaube, ich,<br />

bhanks und ghettofabolous wurden Letzter.<br />

<strong>BLUFF</strong>: Aua! Was tust Du in Deiner<br />

Freizeit, außer Poker spielen?<br />

Phil: Ich gucke viel Sport. In meinem<br />

ersten Jahr auf der High School habe ich<br />

Basketball gespielt und an der South<br />

Carolina habe ich viel in der Halle und ich<br />

weiß nicht was gespielt. Ich fahre auch ein<br />

paar Mal im Monat nach Charleston, um<br />

Zeit mit meiner Freundin zu verbringen.<br />

<strong>BLUFF</strong>: Dein NBA-Lieblingsteam?<br />

Phil: Mein Vater kommt aus Boston,<br />

also halte ich zu den Celtics.<br />

<strong>BLUFF</strong>: Da kannst Du Dich mit Mr. Menlo<br />

(Isaac Baron) zusammentun. Er ist auch<br />

Celtics Fan. Es scheint, als könntet Ihr<br />

beiden euch freuen, Meister zu werden.<br />

Phil: Haha! Ganz bestimmt. Ich bin kein<br />

GROSSER Fan vieler Profiteams. Eigentlich<br />

bin ich mehr der Typ für College-Sport.<br />

<strong>BLUFF</strong>: Ich vermute, University of<br />

South Carolina ist Dein Lieblingsteam<br />

beim College-Sport?<br />

Phil: Ja, genau!<br />

<strong>BLUFF</strong>: Jetzt zu den <strong>BLUFF</strong><br />

Final Five. Was dröhnt in Deinen<br />

Kopfhörern, während Du spielst?<br />

Phil: Lupe, aber ich höre auch eine Menge<br />

anderes Zeug. Im Moment bin ich gerade<br />

auf einer Art Klassiker-aus-den-80ern-<br />

Trip. Rick Astley und Hall und Oates<br />

finde ich im Moment wirklich gut.<br />

<strong>BLUFF</strong>: Glaubst Du, dass Glück im Poker<br />

eine Rolle spielt und hast Du irgendwelche<br />

Rituale, um Pech abzuwenden?<br />

Phil: Ich glaube, Glück ist eins der am<br />

meisten missverstandenen Konzepte<br />

im Poker, aber tatsächlich liegen die<br />

Dinge hier sehr einfach. Glück ist<br />

kurzfristig 100-prozentig notwendig,<br />

aber langfristig vollkommen irrelevant.<br />

Deshalb versuche ich Entscheidungen<br />

mit positivem Erwartungswert zu treffen,<br />

denn dann weiß ich, dass die Ergebnisse<br />

folgen werden, wenn ich gut spiele. Ich<br />

mache selten etwas, um meinem Glück<br />

„zu helfen“. Trotzdem gute Frage.<br />

<strong>BLUFF</strong>: Wenn Du irgendjemand platzen<br />

lassen oder dessen gesamte Bankroll<br />

gewinnen könntest, wer wäre das?<br />

Phil: Ich hätte ein zu schlechtes Gefühl,<br />

jemandem die ganze Bankroll zu nehmen.<br />

Mit Sicherheit würde es mir Spaß machen,<br />

Phil Hellmuth aus einem Turnier zu<br />

werfen. Bei einem Online-Spieler wäre das<br />

shaundeeb, damit ich WAFFLECRUSHED<br />

in die Chatbox tippen könnte.<br />

<strong>BLUFF</strong>: Warum Phil und Shaun?<br />

Phil: Haha. Ok. Ich halte Phil Hellmuth für<br />

den besten NLHE Turnierspieler, zumindest<br />

live (vor allem, weil er weiß, wie er sein<br />

Image als Phil Hellmuth ausnutzen kann, ich<br />

glaube, online würde er schlecht aussehen,<br />

aber egal). Er hat elf Bracelets, also ist<br />

er vom Ergebnis her gesehen der Beste.<br />

Den Besten platzen zu lassen, ist immer<br />

schön. Shaun ist einfach überschätzt.<br />

<strong>BLUFF</strong>: Ihr beiden mögt euch<br />

nicht besonders, nicht wahr?<br />

Phil: Ich bin nicht sicher. Er weiß<br />

vielleicht nicht, dass ich ihn nicht allzu<br />

sehr mag. Ich bin auch kein großer Fan<br />

von Plattsburgh. Im Grunde aus den<br />

gleichen Gründen wie bei Shaun.<br />

<strong>BLUFF</strong>: Wow. Lass alles raus.<br />

Phil: Ich bin beinahe sicher, er weiß,<br />

dass ich ihn für einen Idioten halte.<br />

Tatsächlich sind das nur diese beiden. Ich<br />

respektiere ihr Spiel. Ich glaube, beide<br />

sind verdammt gut, aber sie werden SOOO<br />

sehr verhätschelt, dass es mich nervt.<br />

<strong>BLUFF</strong>: Wunderbar. Welche Berühmtheiten<br />

hättest Du gerne in Deiner Entourage?<br />

Phil: Ich glaube, mein Pokertraum ist es,<br />

das Main Event zu gewinnen. Nicht des<br />

Geldes wegen, sondern um berühmt genug<br />

zu sein, damit mich Justin Timberlake<br />

vielleicht anruft und mich fragt, ob ich<br />

ihm zeigen kann, wie man spielt. Ich<br />

glaube, wir könnten gute Freunde sein.<br />

<strong>BLUFF</strong>: Er ist Mr. Berüchtigt.<br />

Phil: Außerdem würde ich Jay Leno wählen,<br />

weil jeder ihn mag und ich seine Show fast<br />

jeden Tag angucke. In seine Show eingeladen<br />

zu werden, ist ein Traum. Matt Damon, weil<br />

ich respektiere, was er mit Rounders erreicht<br />

hat. Außerdem scheint er ein netter Kerl zu<br />

sein und er mag Boston. Dazu noch Phil Ivey<br />

und Lebron James. Das wär’s so ungefähr.<br />

<strong>BLUFF</strong>: Letzte Frage: Jessica Alba,<br />

Jessica Biel, Scarlett Johansson<br />

oder Giselle Bündchen?<br />

<strong>BLUFF</strong>: Ich glaube, ich hätte Jessica Biel<br />

anstelle von Lebron wählen sollen. Auf der<br />

Liste ihrer Freunde zu sein wäre ziemlich<br />

schön oder vielleicht auch nur auf der<br />

Liste der Leute, die ihr Hintern mag.<br />

<strong>BLUFF</strong>: Ha! Du musst eine Wahl treffen,<br />

Kumpel; ich wünschte, wir könnten<br />

sie alle haben. Das wäre schön.<br />

Phil: Ugh! Okay, ich entscheide mich für<br />

Jessica Biel, wegen ihres Hinterns.<br />

<strong>BLUFF</strong>: Wirklich witzig. Du magst<br />

diesen Hintern, nicht wahr?<br />

Phil: Haha! Ja, tue ich.<br />

<strong>BLUFF</strong>: Ich glaube nicht, dass Deine<br />

Freundin das gerne lesen würde.<br />

Phil: Daran habe ich auch gerade gedacht.<br />

Ich ändere meine Antwort bei dieser Frage.<br />

Meine neue Antwort lautet Katie Sauer.<br />

<strong>BLUFF</strong>: Gut Phil, es war ein<br />

Vergnügen, mit Dir zu plaudern.<br />

Phil: Gleichfalls. Danke, dass ich<br />

wieder dabei sein durfte.<br />

<strong>BLUFF</strong> <strong>EUROPE</strong> - DEUTSCHSPRACHIG WWW.<strong>BLUFF</strong><strong>EUROPE</strong>.COM • <strong>2008</strong> SEPTEMBER 45<br />

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DER VIRTUELLE SPIELTISCH: TIPPS UND TRICKS<br />

Aufwärmen vor<br />

dem Spiel<br />

Von Brett “gank” Jungblut<br />

In praktisch jeder Sportart und auf jedem Niveau sieht man irgendeine<br />

Form von Aufwärmübungen. Das können Korbleger beim Basketball, das<br />

Putten im Golf oder ein leichter Dauerlauf, um den Kreislauf in Schwung<br />

zu bringen, sein. Wer im Wettkampf etwas erreichen will, stürzt sich<br />

nicht einfach ohne Vorbereitung hinein. Aufwärmübungen sorgen dafür,<br />

dass Körper und Geist des Spielers konzentriert sind und die bestmögliche<br />

Leistung bringen können. Sie sollten das Gleiche tun, wenn Sie Poker spielen.<br />

Poker ist ein Wettbewerb wie jeder andere. Sie sollten immer nach<br />

Möglichkeiten Ausschau halten, um Geist, Körper und Seele in Gang und<br />

in Form zu bringen. Nehmen Sie sich nicht die Zeit, um sich aufzuwärmen,<br />

dann stellen Sie vielleicht fest, wie Sie vermeidbare Fehler machen und die<br />

vorhandenen Informationen nicht schnell und gut entschlüsseln. Das kann<br />

Ihrer Gewinnerwartung schaden und das Schlimmste ist: Das muss nicht sein,<br />

denn Sie können dieses Problem aktiv angehen. Hier sind ein paar<br />

Vorschläge, wie Sie Ihren Geist vor dem Spiel effektiv aufwärmen.<br />

Zunächst können Sie sich von Sportlehrbüchern inspirieren lassen.<br />

Machen Sie Stretching, stemmen Sie Gewichte oder joggen Sie, bevor<br />

Sie spielen. Das bringt Ihren Kreislauf in Schwung und versorgt Ihr<br />

Gehirn mit mehr Sauerstoff und Endorphin. Dadurch funktioniert Ihr Geist<br />

besser. Diese unmittelbaren Ergebnisse tun Ihrem Geist gut, wenn<br />

Sie sich an den Pokertisch setzen. Langfristig sorgen sie für bessere<br />

Gesundheit, größere Ausdauer und höhere Lebensqualität.<br />

Sie können auch für zehn Minuten oder eine<br />

Viertelstunde ein anderes Spiel spielen und ich meine nicht<br />

im Kasino. Ein elektronisches Spiel zur Entspannung bringt<br />

Ihren Kampfgeist in Schwung und sorgt für eine bessere<br />

geistige Verfassung. Egal, ob es Tetris, Online-Schach, Halo<br />

3, FIFA ’08 oder irgendein anderes Spiel ist, das Strategie<br />

mit Hand-Augen-Koordination verbindet. Sie werden sehen,<br />

wie gut es Ihrer Aufmerksamkeit tut, wenn Sie sich an den<br />

Pokertisch setzen. Diese Sorte Spiel sorgt dafür, dass Ihr<br />

Gehirn strategisch denkt und bringt Sie in Kampfstimmung.<br />

Die letzte Art von Aufwärmübung, die ich empfehle,<br />

ist zu meditieren oder zu visualisieren, wie Sie fünf oder<br />

fünfzehn Minuten Poker spielen. Schließen Sie Ihre Augen<br />

und gehen Sie im Kopf unterschiedliche Pokersituationen<br />

durch. Überlegen Sie die Möglichkeiten und analysieren Sie<br />

dann die unterschiedlichen Entscheidungen, die zu machen,<br />

Sie beschließen können. Sie können vollkommen spontan sein. Sie können<br />

aber auch Hände durchgehen, die Sie zuvor gesehen haben. Viele<br />

wissenschaftliche Untersuchungen, die im Sport gemacht wurden,<br />

haben eine Verbindung von geistigen Vorstellungen und positiven<br />

Ergebnissen hergestellt. Meiner Ansicht nach sollte das beim Poker<br />

nicht anders sein. Indem Sie Hände visualisieren, lassen Sie Ihren<br />

Geist praktisch so arbeiten, als ob Sie bereits spielen – wenn Sie<br />

sich dann an den Tisch setzen, ist Ihr Geist aufgewärmt und bereit.<br />

Ob Sie einem dieser Vorschläge folgen oder sich einen<br />

eigenen Aufwärmplan zusammenstellen, so sollten Sie in<br />

jedem Fall eine feste Routine vor dem Spiel entwickeln. Das<br />

führt dazu, dass Sie gleich vom Start an besser spielen und<br />

nicht erst während der Partie allmählich zu Höchstform<br />

auflaufen, wie Sie es tun, wenn Sie kalt in die Partie gehen.<br />

Brett ist Videotrainer bei ProPokerSchool.com,<br />

die erste große Pokerunterrichtsseite, die Ihren<br />

gesamten Inhalt kostenlos zur Verfügung stellt!<br />

48 SEPTEMBER <strong>2008</strong> • WWW.<strong>BLUFF</strong><strong>EUROPE</strong>.COM <strong>BLUFF</strong> <strong>EUROPE</strong> - DEUTSCHSPRACHIG<br />

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Der Wille zum Erfolg<br />

Von Mike Sowers<br />

Auf dem achten Platz in einem Pokerturnier<br />

auszuscheiden, ist nie befriedigend.<br />

Es ist aufregend, an den Finaltisch<br />

zu kommen, lange zu spielen und<br />

das Auf-und-Ab eines Pokerturniers<br />

auszuhalten. Die Swings durchzustehen<br />

und am Ende dahin zu kommen, wo man<br />

hinwollte, ist ein phantastisches Gefühl. Aber nach<br />

all der Zeit und der Geduld, die nötig war, um dieses<br />

Ziel zu erreichen, wirkt früh an einem Finaltisch<br />

auszuscheiden wie eine verpasste Gelegenheit,<br />

ein bittersüßer Moment. Gemessen an der Zahl<br />

der Turniere, die man spielt, schafft man es nicht<br />

oft an den Finaltisch. Die Gelegenheit war da und<br />

doch ist man, als man dem größten Ziel seines<br />

Lebens so nahe war wie noch nie, gescheitert.<br />

Es an den Finaltisch zu schaffen ist für viele Spieler<br />

heilig. Es ist eine Gelegenheit, einen großen Erfolg<br />

zu erringen und bestätigt ihren Glauben, dass sie<br />

gewinnen können, wie sie es immer erträumt haben.<br />

Jetzt stellen Sie sich vor, Sie stehen bei der WSOP an<br />

dieser Schwelle zum Sieg - das größte, heiligste Turnier,<br />

das es gibt, und Sie haben die Chance, Ihr Können<br />

gegen die besten Spieler der Welt zu demonstrieren.<br />

Sie sind jung, noch unerfahren auf der größten Bühne,<br />

die Sie sich je vorgestellt haben. Ihr Herz hämmert wegen<br />

der Anspannung und des ganzen Adrenalins gegen Ihre<br />

Brust. Kameras und Publikum wollen wissen, ob Sie es<br />

draufhaben. Sie brennen darauf, Ihre Theorien und Ihr<br />

Können gegen einige der bekanntesten Spieler der Welt<br />

zu beweisen. Für mich war es das größte Gefühl meines<br />

Lebens. Es scheint, je höher das Wettkampfniveau<br />

und je besser und bekannter die Gegner, desto<br />

aufgeregter, konzentrierter und entschlossener werde<br />

ich. Zu wissen, dass alles, was ich je wollte, in meiner<br />

Reichweite liegt, ist das ultimative, natürliche High.<br />

Die Hand, mit der ich ausgeschieden bin, ist meiner<br />

Meinung nach eine sehr kritische Hand. Als ich 9-4 offsuit<br />

umgedreht habe, konnte ich hören, wie die Menge<br />

geseufzt und gestöhnt und sich gefragt hat, was in aller<br />

Welt der Junge da macht. Die Welt sah, wie 9-4 gegen<br />

QQ am Finaltisch eines WSOP-Events zum Showdown<br />

ging, wobei mehr als 1,4 Millionen Chips im Pot lagen.<br />

Ich hörte die Seufzer und das Stöhnen und doch glaube<br />

ich immer noch, ich habe damals korrekt gespielt.<br />

Meiner Ansicht nach war mein Resteal-Move den Versuch<br />

wert, weil er so viel wichtiger war als die tatsächliche<br />

Equity der Hand. Wenn ich mit 690.000 resteale und<br />

die Blinds von 60.000 und den 110.000 Raise von Mike<br />

Sexton gewinne, dann habe ich 860.000 bei Blinds<br />

von 20.000/40.000. Wenn er mit einer weiten Range<br />

eröffnet und nur 9-9 und bessere Paare sowie A-J und<br />

besser callt, dann gewinnt dieses All-in in einer guten<br />

Prozentzahl aller Fälle. Diesen Pot vor dem Flop zu<br />

gewinnen hätte meinen Stack um 25 Prozent vergrößert<br />

und mir mehr Optionen gegeben und die Möglichkeit<br />

eröffnet, ein paar Flops in Position zu sehen. Tatsächlich<br />

hatte ich einen der besten Plätze am Tisch, weil ich<br />

Position auf den Chipleader und andere aggressive,<br />

smarte Spieler hatte und vorhatte, das auszunutzen.<br />

Dieser Pot war einer der entscheidenden Pots<br />

im Turnier. Sexton hatte aggressiv gespielt und<br />

gezeigt, er würde am Finaltisch ziemlich aktiv<br />

sein und oft raisen, wenn noch niemand im Pot<br />

war. Den Tag zuvor hatte ich er vom Cut-Off meine<br />

Blinds mehrmals geraist, ohne dass ich mich je<br />

verteidigt hätte. Mein Instinkt und meine Erfahrungen<br />

am Tisch sagten mir, dass dies eine ideale Situation<br />

war, um einen Pot zu gewinnen. Oft suche ich mir<br />

eine großartige Gelegenheit für einen Resteal aus,<br />

sobald ich einmal ein Gefühl für den Tisch habe. Leider<br />

habe ich mir hier den falschen Moment ausgesucht.<br />

In jeder Hinsicht war dies der vernichtendste Schlag,<br />

den ich je erlitten habe. Emotional brach ich zusammen,<br />

da meine Träume gerade ins Klo gespült worden<br />

waren. Öffentlich sah man auf mich<br />

herab und ich wurde einfach nur<br />

als ein weiterer, ungestümer junger<br />

Spieler angesehen. Physisch war ich<br />

angeschlagen und es mangelte mir an<br />

Selbstvertrauen. Ich weiß, dass es in<br />

solchen Momenten wichtig ist, über<br />

sein Leben nachzudenken. Wenn ich<br />

ausscheide, dann muss ich immer<br />

allein sein, mich beruhigen und zu<br />

meiner normalen, positiven Einstellung<br />

zurückfinden. Dieses Mal fiel mir das<br />

ein bisschen schwerer, da ich immer<br />

und immer wieder über meine letzte<br />

Hand nachgedacht habe, und mit den<br />

Tränen kämpfen musste, weil ich in<br />

dem größten und meist beachteten<br />

Turnier, das ich vielleicht je spielen<br />

würde, ausgeschieden war. Aber<br />

schließlich dachte ich an die Erfolge<br />

und Erfahrungen, die mich so weit<br />

gebracht hatten, an mein Scheitern und<br />

an meine Erfolge der Vergangenheit,<br />

die darin kulminierten, dass ich es in<br />

das erste WSOP-Event meines Lebens<br />

geschafft hatte - und dort ins Geld gekommen war.<br />

Junges Selbstvertrauen ist durstig. Es gibt etwas, das<br />

mich nie ruhen lässt, das mich antreibt, bei dem,<br />

was zu tun ich mich entscheide, der Beste<br />

und Angesehenste zu sein. An dem Tag,<br />

der sich wie der enttäuschendste Tag<br />

meines Lebens anfühlte, lernte ich viel<br />

darüber, warum ich nach Las Vegas<br />

gekommen bin und warum ich in der<br />

WSOP gespielt habe. Ich bin dorthin<br />

gekommen, weil ich den Wettbewerb<br />

liebe und die Herausforderung, alle<br />

und jeden am Tisch zu überlisten. Für<br />

den Nervenkitzel, den es mir bringt,<br />

ein Pokerturnier zu dominieren und den<br />

ersten Platz zu belegen. Für die Aufregung, die ich<br />

fühle, wenn ich dem Finaltisch allmählich näher<br />

komme, angetrieben von dem Willen zum Erfolg.<br />

<strong>BLUFF</strong> <strong>EUROPE</strong> - DEUTSCHSPRACHIG<br />

WWW.<strong>BLUFF</strong><strong>EUROPE</strong>.COM • <strong>2008</strong> SEPTEMBER<br />

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VIRTUAL DER VIRTUELLE FELT: XXXXXXXXXXXX<br />

SPIELTISCH: FEHLENDE HAND!<br />

Wie kommt<br />

Ketchup in die Sauna?<br />

Sitzen, sitzen, sitzen – mancher Pokerspieler<br />

scheint gar nicht aufstehen zu wollen. Andere<br />

finden den notwendigen Ausgleich, eine kleine<br />

Trainingseinheit und Entspannung in den Spas,<br />

im Bellagio, im Rio oder an anderen Orten.<br />

Von Eduard Scharf<br />

Jeder sagt, ich wäre Omaha-Experte<br />

- weil ich dort meine beiden<br />

Bracelets gewonnen habe. Also<br />

sollte ich es wohl spielen. Der<br />

erste Tag sah ganz gut aus und ich<br />

konnte schnell und ohne große Gefahr Chips<br />

machen. Obwohl es sicher mehrere Wege<br />

gibt, die zum Ziel führen, bevorzuge ich den<br />

konservativen. Das heißt, wenig raisen, und<br />

wenn überhaupt, dann nur in Position, und<br />

versuchen die Chips reinzubringen, wenn<br />

man gewonnen hat - auf dem River. Das<br />

funktioniert erstaunlich gut im Amiland.<br />

Omaha scheint nicht wirklich das Spiel der<br />

Amerikaner zu sein. Sie wollen sich immer<br />

messen, ihr wisst schon, wie im Wilden<br />

Westen. Doch dazu eignet sich Omaha nicht<br />

so gut. Zu oft entscheiden Coinflips über Sieg<br />

oder Niederlage. Über zwei oder drei Tage<br />

kann das nicht gut gehen. Ihr seht, ich habe<br />

ein neues Feindbild, den Amerikaner. Zu<br />

Zeiten der Word Series of Poker (WSOP) gibt<br />

er mehr her als die Internetgeneration. Jeder<br />

weiß, meine optimale Performance bringe ich<br />

immer dann, wenn ich meine Gegner nicht<br />

mag, Blödsinn, wenn ich sie hasse. Das war<br />

schon so, als ich noch Tennis gespielt habe.<br />

Wer einmal im Amerika war, weiß: „Follow<br />

the rules“ und „rules“ gibt es überall. „Stand<br />

behind the yellow line“, „Don´t run, don´t<br />

smoke, no food allowed“ usw. Wenn es in Las<br />

Vegas regnet, werden Tausende von Schildern<br />

aufgestellt: „Slippery when wet“ , so dass<br />

man zwar nicht ausrutscht, aber unweigerlich<br />

über eines der Schilder stolpert. Richtige<br />

Swimmingpools gibt es in den teuren Hotels<br />

auch nicht mehr. Es sind Standingpools mit<br />

einer Wassertiefe von 1,3 m. Der Lifeguard<br />

ist trotzdem anwesend. „Slippery when wet“.<br />

Man könnte auch sagen: „Je teurer das Hotel,<br />

desto flacher der Pool.“ Die Gefahr und die<br />

Security lauern überall. Das Größte war die<br />

Disco. Es wurde zur Bracelet Party im Tao<br />

eingeladen. Security am Eingang, an jedem<br />

Durchgang, überall, mehr als an jedem<br />

Flughafen im Nahen Osten. Ich weiß auch<br />

gar nicht, was die da machen, außer allen<br />

auf die Nerven zu gehen. „You can´t stand<br />

here, you can´t stand there.“ Endlich sind<br />

wir drin, wieder überall Security. Ich dachte<br />

schon, Bush wäre zu Besuch. Doch dann<br />

sah ich es, In diversen Ecken gab es Erotik<br />

American Style. Frauen tanzten hinter Gitter<br />

alleine oder zu zweit. Wenn man stehen blieb,<br />

griff die Security ein. Silikonbewachung!?<br />

Sicher bin ich mir da nicht, ich durfte ja nicht<br />

stehen bleiben. Nicht dass jemand denkt,<br />

die Damen wären nackt oder oben ohne<br />

geweseb. Damit haben die Amis sogar in der<br />

Sauna ein Problem und ich meine nicht die<br />

Gemischtsauna. Ich habe gehört, irgendwo<br />

in Alaska gibt es eine, aber sicher sitzt da<br />

auch die Security dazwischen. Also ich sitze<br />

in der Sauna, als ein Ami ohne Badehose<br />

reinkommt, eh schon ungewöhnlich. Dafür<br />

ist er aber mit Handtuch, Cola und Hotdog<br />

bewaffnet. Das Handtuch rutscht. Klar, er<br />

hat nur zwei Hände. Also muss sein Hotdog<br />

dran glauben, was jetzt die Ketchupspuren<br />

in der Sauna erklärt. Und spätestens jetzt<br />

muss jedem klar sein, manche Situationen im<br />

Poker haben mit Karten nichts zu tun. Wenn<br />

einem ein Nacho mit Käse fressendes Etwas<br />

stundenlang gegenüber sitzt, dann muss<br />

ich reagieren. Das verlangt die Etikette. Das<br />

Timing muss halt stimmen. So kommt es zu<br />

einer Key-Hand am ersten Tag. Ich raise mit<br />

3-4-5-6, und der Ami reraist im Big Blind.<br />

Ganz klar A-A-x-x. Ich war mir sicher, er<br />

setzt mich auf K-K-x-x . Warum? Ich wollte<br />

ihn zurück zu seinem Hotdogstand schicken<br />

und malte mir ein passendes Szenario aus.<br />

Flop K-2-4 und ich habe mich mehr über den<br />

König als über den Draw gefreut, denn mir<br />

war klar, jetzt kann ich ihn aus der Hand<br />

drücken. Er setzte Pot. Hat aber genug Chips,<br />

um gegen einen Raise wegzuwerfen, also<br />

„raise Pot“. Er grübelt und grübelt, dann: „I<br />

know you have Kings“. Die wissen immer<br />

soviel, die Amis.<br />

In Level 4, ich hatte mich verdoppelt, gesellte<br />

sich ein Engländer zu uns an den<br />

Tisch. Kaum Platz genommen, wurde<br />

mal wieder ein Bad Beat erzählt.<br />

Das ist nichts Neues, dieser hatte<br />

es aber in sich. 40k im Pot, er hielt<br />

A-J-9-7. Ram Vaswani A-8-5-2, Flop<br />

A-9-8. Ram setzt auf dem Flop. Auf dem Turn<br />

geht die ganze Marie rein. Showdown. Ein<br />

Mitspieler: „I had an 8“. River, klatsch, 8.<br />

Ram: „There it is. It`s your own fault, you<br />

let me bluff you.“ Gegen einen 1 Outer zu<br />

verlieren ist hart. Für kurze Zeit hatte der<br />

Engländer mein volles Mitgefühl, aber nur<br />

kurz. Bad Beat Stories haben nämlich eines<br />

gemein: Je öfter sie erzählt werden, desto<br />

langweiliger werden sie. Da immer wieder<br />

neue Spieler zu uns an den Tisch kamen,<br />

wurde die Geschichte immer stets neu<br />

aufgelegt. Komisch, Ich lese gerade das Buch:<br />

„Die Macht des Unterbewusstseins“. Mir war<br />

es, als beschwöre der Brite seinen eigenen<br />

Untergang herauf. Auf einem Flop 9-6-2<br />

zeigte der Unglücksrabe 9-9-8-7, während<br />

sein Landsmann T-8-6-5 aufdeckte. 3 Outs,<br />

das reicht ja wohl. Auf dem River dann die 7.<br />

Noch Fragen?<br />

Jetzt wollte ich auch ein Stück vom Kuchen<br />

und callte - immerhin mit 6 Outs auf Flop<br />

44<br />

AUGUST <strong>2008</strong> • WWW.<strong>BLUFF</strong><strong>EUROPE</strong>.COM<br />

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8-9-K (T-7-5-4). Kann ahnen<br />

dass er K-K-x-x zum Showdown<br />

bringt. Sein Kommentar: „I hope<br />

you play Cashgame“. Ich glaube, er<br />

war angefressen, doch ganz ehrlich:<br />

Hätte er mich nicht mit seinen Storys<br />

gequält, meine Karten wären im Muck<br />

gelandet. Außerdem wollte ich einfach<br />

wissen, ob das alles so stimmt, was ich<br />

im Buch gelesen habe. Vielleicht habe<br />

ich ja auch nicht alles verstanden.<br />

Egal, ich hatte die Chips, und der<br />

Brite konnte zum<br />

Cashgame. Am<br />

Ende des Tages war<br />

ich mit 180k an<br />

9ter Stelle in Chips.<br />

Tag zwei, die<br />

gute Nachricht, ich war<br />

Chipleader an meinem<br />

Tisch. Die schlechte<br />

Nachricht, mit Robert<br />

Williamson III, Jeff Lisandro,<br />

Tony G und David Singer hatte<br />

die „Who is who“ der Omaha-<br />

Pokerwelt an meinem Tisch<br />

Platz genommen. Der einzige<br />

Spieler, den ich namentlich nicht<br />

kannte, war ein junger Schwede,<br />

der Tags zuvor die Omaha<br />

Cashpartie rasiert hatte. Die<br />

besten Voraussetzungen. Zuerst<br />

hatte ich die Ehre, Robert<br />

Williamson III vom Tisch zu<br />

nehmen: Ich: Jh-Th-Td-3d,<br />

Robert: 8h-7h-6d-4d, Flop<br />

9h-8d-4s, Turn und<br />

River Herz… yippeee.<br />

Übrigens Robert war<br />

mit 55<br />

Prozent Favorit als die Chips reingingen. Wen<br />

juckt das schon.<br />

Als ich dann David Singer zweimal bluffen<br />

konnte, tat das meinem Selbstbewusstsein<br />

und meinem Stack sehr gut. Mittlerweile<br />

hatte ich über 300k und war im Turnier<br />

Zweiter in Chips. Ich bin mir sicher, Singer<br />

hat mich auch geblufft - doch so etwas<br />

ignoriere ich einfach. Eine wichtige Partie<br />

für mich: Lisandro im Small Blind, ich im<br />

Big Blind, drei Limper. Der Flop T-5-2 kariert<br />

(rainbow). Alle checken. Turn 7, jetzt liegen<br />

2 Kreuz, ich habe zwei bescheidene Paare<br />

mit 7-2. Lisandro checkt, ich denke, den<br />

Pot nehme ich mir mit einer kleinen Bet,<br />

alle folden, bis auf Lisandro, der Pot raist.<br />

Hmmm. Was soll der jetzt haben? Ich denke,<br />

er hat ein gutes Draw, meine zwei Paar sind<br />

mit Sicherheit noch gut, aber ich kann mich<br />

kaum verbessern. Lisandro hat noch 30k vor<br />

sich stehen. Ich denke, dass er die reinstellt,<br />

egal was kommt. Ich bezahle. Auf dem River<br />

kommt das Pik Ass, er geht All-in, ich calle.<br />

„You got me“, sagt er, deckt auf und sieht<br />

jetzt dann, dass er das Ass zum zweiten Paar<br />

getroffen hat. Na toll. Ich klettere zurück,<br />

wechsele den Tisch und muss mir dann 5<br />

Stunden anschauen, wie um mich herum<br />

geraist und gereraist wird – mit T-J-Q-K und<br />

5-6-7-8 und A-A-J-T während ich mit 2-2-2-3<br />

und Ähnlichem vorlieb nehmen muss. Bis ich<br />

dann als 17.ter unspektakulär ausgeschieden<br />

bin, vielleicht hat mir richtigen Augenblick<br />

der Biss gefehlt. Rino Mathis, ihr wisst schon,<br />

der Schweizer, wurde 18ter. Puh. Das war<br />

knapp.<br />

(Eduard – Eddy - Scharf erreichte bei der WSOP<br />

<strong>2008</strong> zwei Cashes und bloggt regelmäßig auf<br />

Overcards.de)<br />

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AUGUST <strong>2008</strong> • WWW.<strong>BLUFF</strong><strong>EUROPE</strong> .COM<br />

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WEISHEITEN: read ’em and<br />

®<br />

Erschöpfung<br />

und die<br />

Folgen<br />

Wer müde ist, macht<br />

Fehler. FBI-Mann Joe<br />

Navarro erklärt, warum<br />

man besser Poker<br />

spielt, wenn Körper<br />

und Geist in guter<br />

Verfassung sind.<br />

Von Joe Navarro<br />

64 ???????? <strong>2008</strong> • WWW.<strong>BLUFF</strong><strong>EUROPE</strong>.COM <strong>BLUFF</strong> <strong>EUROPE</strong> - DEUTSCHSPRACHIG<br />

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Es ist das Ende einer langen Sitzung.<br />

Sie sind müde. Ihre Gegner sind<br />

müde. Da fällt Ihnen etwas auf. Einer<br />

der Spieler an Ihrem Tisch hat etwas<br />

gemacht, das er vorher noch nie gemacht<br />

hatte, und dadurch verriet er Ihnen wichtige<br />

Informationen. Erschöpfung macht sich<br />

bemerkbar Jetzt warten Sie nur auf eine<br />

Möglichkeit, ihn in einen Pot zu verwickeln.<br />

Wie wirkt sich Erschöpfung auf Tells aus? Das ist eine wichtige Frage.<br />

Die meisten Leute sind sich ihrer eigenen Tells nicht bewusst. Ich habe<br />

schon oft erklärt, wie die meisten von uns sich nicht klar darüber sind,<br />

welche Wirkung Alkohol, Stress oder Erschöpfung auf uns und unsere<br />

Fähigkeiten hat, unsere nonverbalen Signale zu verbergen und die der<br />

Anderen zu entdecken.<br />

Stress und Erschöpfung, genau wie Alkohol und Drogen, beeinflussen<br />

Tells auf jede erdenkliche Weise. Sie beeinflussen, wie gut wir unsere<br />

Gegner beobachten, ebenso sehr wie unsere Fähigkeit, Tells nicht<br />

zu zeigen. Lassen Sie mich das genauer erläutern.<br />

Als lizenzierter Pilot und als ein Beobachter menschlichen Verhaltens<br />

kann ich bezeugen, wie schlecht unsere Leistung ist, wenn wir<br />

müde oder abgespannt sind oder unter dem Einfluss von Alkohol oder<br />

Drogen stehen. Unsere motorischen Fähigkeiten leiden beträchtlich.<br />

Wir reagieren langsamer und weniger zuverlässig. Nach 80 Jahren, in<br />

denen sie Piloten beobachtet haben, wissen das Militär, die NASA und<br />

die Luftfahrtbehörde, dass Erschöpfung durchgängig mit Leistungsfällen<br />

und Konzentrationsausfällen einhergeht. Außerdem erklären uns<br />

Physiologen viel über Erschöpfung, das wir beachten sollten.<br />

Für den ernsthaften Pokerspieler sollten Körper und Geist etwas sein,<br />

auf das er sorgfältig achtet. Viele Pokerprofis glauben, körperliche und<br />

geistige Fitness ist ein Schlüssel zum Erfolg. Phil Hellmuth spricht oft<br />

darüber, wie wichtig Geist und Körper fürs Gewinnen sind. Er spricht<br />

darüber keineswegs esoterisch, sondern auf sehr praktische und wissenschaftliche<br />

Weise, die ihm offensichtlich geholfen hat. Kontinuierliches<br />

Fitnesstraining, Schlaf und Konzentrationstraining hilft Ihrem<br />

Körper, für jede Aktivität besser gerüstet zu sein, aber für einen Pokerspieler<br />

ist das noch viel wichtiger.<br />

Erschöpfung, genau wie Alkohol oder Drogen, beeinflusst unser<br />

zentrales Nervensystem. Sie schwächt unser Immunsystem, beeinflusst<br />

den Blutzuckerspiegel und kann die Hormone aus dem Gleichgewicht<br />

bringen. Man ist nicht einfach „müde“ im üblichen Sinn. Erschöpfung<br />

kann sich auf die Gefühle auswirken und in extremen Fällen zu Depression<br />

führen. Erschöpfung beeinflusst unser endokrines System, unsern<br />

Kreislauf, sogar unser Sehvermögen. All diese Systeme und wir sind<br />

noch nicht einmal bei dem wirklich großen: Erschöpfung beeinflusst<br />

unser Gehirn. Manche Leute werden stärker beeinflusst als andere und<br />

Erschöpfung wirkt sich jedes Mal anders aus. Was man isst, das Alter,<br />

wo man sich befindet, die Umgebung, all das hat Einfluss darauf, wie<br />

Ihr Körper auf Erschöpfung reagiert.<br />

Wenn das so ist, warum dann ein Risiko eingehen? Wenn Sie Poker<br />

zu Ihrem Beruf machen wollen, dann behandeln Sie Ihren Körper und<br />

Ihren Geist gut. Sie müssen sich fit halten und gut essen. Obwohl manche<br />

Pokerspieler glauben, Fitnesstraining heißt, Chips von links nach<br />

rechts zu bewegen, muss man mehr tun. Um geistig fit zu sein, sollten<br />

Sie trainieren, lange Stunden des Spielens durchzuhalten, in denen<br />

Sie Tausende von Entscheidungen fällen und Beobachtungen machen<br />

müssen. Trainieren Sie Ihren Körper, um mit all den Faktoren fertig<br />

werden zu können, die bei großen Turnieren auftauchen. Der Lärm, das<br />

Gedränge, unangenehme Leute, Gefühle, Ängste und Befürchtungen,<br />

persönliche oder gesundheitliche Probleme und alles, von dem Sie sich<br />

vorstellen können, dass es Ihr Spiel beeinflusst. Wenn Sie daran denken,<br />

wie Sie das letzte Mal am Pokertisch gesessen haben, dann spielt<br />

jede mögliche externe Variable eine Rolle. Sorgen Sie dafür, dass Sie<br />

wissen, worauf Sie sich einlassen. Einfach gesagt, ist es nicht leicht, sich<br />

zu konzentrieren, wenn Ihre Frau kurz vor der Geburt steht oder Ihre<br />

Bankroll auf dem Spiel steht. Konzentration wird von Ihrer Umgebung<br />

beeinflusst und wenn die Konzentration beeinflusst ist, dann sind Sie<br />

anfällig und werden ein schlechterer Beobachter.<br />

Sobald Pokerspieler ihre Emotionen beim Big Event beruhigt haben,<br />

fangen Sie an, ihre Tells zu kontrollieren und setzen ihr bestes Pokerface<br />

auf. Am Anfang ist dieses Pokerface großartig, aber Menschen<br />

haben ihre Grenzen. Dieses Pokerface wird von einem Nicht-Pokergehirn<br />

kontrolliert, das, wenn es müde ist, sagt, „Es ist mir egal, wie Du<br />

aussiehst.“ Ja, Ihr Gehirn lässt sie im Stich und das war’s dann mit<br />

dem Pokerface. Anstatt stoisch zu gucken, wirkt man, als wollte man<br />

gerade nach einem langen Arbeitstag aus dem Büro gehen – sehr leicht<br />

zu lesen. Nicht nur verrät man selber alles, sondern das gleiche Nicht-<br />

Pokergehirn wird sich auch immer weniger auf andere konzentrieren<br />

und wird weniger Tells erkennen. Außerdem führt Ihre Erschöpfung<br />

zu Fehlinterpretationen Ihrer Beobachtungen. Sie passen nicht mehr<br />

auf und Sie treffen nicht mehr die richtigen Entscheidungen. Sie fühlen<br />

sich nicht nur müde, Sie sind anfällig und durchschaubar. Genau das,<br />

was sich ein anderer Pokerspieler am Tisch wünscht… nicht wahr?<br />

Es ist klar, dass Stress und Erschöpfung Sie mental auszehren, aber<br />

vielleicht glauben Sie, dass körperlich alles in Ordnung ist. Denken Sie<br />

noch einmal darüber nach. Bei Erschöpfung ist Ihr Gesicht leichter zu<br />

lesen und anfälliger dafür, Informationen preiszugeben, vor allem um<br />

die Augen und den Mund. Ihre Schultern und Ihr Hals werden auch Zeichen<br />

der Erschöpfung verraten. Alles, was ich in „Read ‘em and Reap“<br />

in Bezug auf diese Bereiche erwähne, wird offensichtlicher, weil das Gehirn<br />

nicht mehr länger die Energie oder das Interesse hat, diese Pokerstatue<br />

aufrecht zu erhalten. Daran zu denken, stoisch und unbewegt zu<br />

bleiben, wenn man ein Monster auf der Hand hat, erfordert Energie, die<br />

nicht mehr länger vorhanden ist. Diese Mikrogesten sind Informationslecks<br />

und laut Dr. Paul Ekman, einem Experten für Gesichtsausdrücke,<br />

geschehen sie, weil unser Gehirn unsere Gefühle nicht vollkommen beherrschen<br />

kann, wenn wir schwach oder müde sind.<br />

Wirkt wie ein aussichtsloser Kampf, stimmt’s? Für die meisten ist<br />

es das, aber Sie können trainieren, über dieser Erschöpfung zu stehen.<br />

Bleiben Sie gesund und kräftig. Was Sie während eines Pokertags essen<br />

sollte Ihrem normalen Essen so nahe wie möglich kommen, damit Ihr<br />

Blutzucker nicht vollkommen durcheinander gerät. Dies ist kein Urlaub.<br />

Sie können sich nicht voll stopfen, um sich zu trösten, weil das sich auf<br />

so viele Ihrer Körpersysteme auswirkt.<br />

Wenn Sie das Gefühl haben, müde zu werden, dann stehen Sie oft vom<br />

Tisch auf und gehen eine Runde. Die Menschen sind nicht fürs Sitzen,<br />

sondern eher fürs Gehen gemacht. Physiologen nennen die Wade ein<br />

„zweites Herz“. Durchs Gehen befreien Sie angestautes Blut aus ihrem<br />

unteren Beinbereich, was dazu beiträgt, die Milchsäure abzubauen, die<br />

dazu führen kann, dass man nach Stress zittrig wird. Andere körperliche<br />

Lösungen umfassen das Kreisen des Nackens und der Schultern,<br />

sich bewegen und viel Wasser trinken. Wasser ist besonders wichtig,<br />

wenn Sie da draußen im Westen spielen, wo empfohlen wird, dass man<br />

seinen üblichen Tagesverbrauch um 40 Prozent steigert.<br />

Nehmen Sie Augentropfen, wenn Sie die brauchen, waschen Sie Ihr<br />

Gesicht und Ihre Hände. Schauen Sie sich etwas Anderes als Pokertische<br />

an! Auf gewisse Weise hilft das, Ihr Gehirn neu zu starten. Ihr<br />

Gehirn funktioniert am Besten, wenn es Abwechslung hat. Erstaunlicherweise<br />

wird sogar Kindern in Freizeitparks nach ein oder zwei Tagen<br />

langweilig. Wenn das, was Sie tun, monoton wird, dann sucht Ihr Gehirn<br />

Abwechslung. Nehmen Sie sich die Zeit, Ihren Geist und Ihre Gedanken<br />

zu klären. Denken Sie daran, das Spiel wird immer noch da sein, wenn<br />

Sie geistig und körperlich bereit sind, wieder dabei zu sein.<br />

Sie haben all das schon einmal erlebt, also seien Sie bereit, das nächste<br />

Mal aktiv zu werden, um Erschöpfung zu vermeiden. Bewahren Sie<br />

Ihrem Körper sein maximales Potenzial. Wenn Sie merken, wie sich Erschöpfung<br />

ausbreitet, ergreifen Sie Maßnahmen, um die Kontrolle über<br />

Ihren Körper und Ihren Geist zurück zu gewinnen und dann tun Sie<br />

wieder das, was Sie am Besten können: Ihren Chipstapel aufbauen.<br />

<strong>BLUFF</strong> <strong>EUROPE</strong> - DEUTSCHSPRACHIG WWW.<strong>BLUFF</strong><strong>EUROPE</strong>.COM • <strong>2008</strong> ????????? 65<br />

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THRILLS: POKER SUTRA<br />

Die richtige<br />

Stellung<br />

finden<br />

Positional Stratagies<br />

for Texas Hold’em<br />

Von Michael Rome<br />

und David Sasseman<br />

Das Kama Sutra ist ein Handbuch der Liebeskunst, das im zweiten<br />

Jahrhundert nach unserer Zeitrechnung in Indien zusammengestellt<br />

wurde. ‚Kama’ bedeutet Vergnügen, das durch die fünf Sinne<br />

erfahren wird und ‚Sutra’ bezeichnet eine Reihe prägnanter Regeln.<br />

Das bekannteste Kapitel des Kama Sutra handelt von sexuellen Positionen. In<br />

der modernen Gesellschaft ist Poker ein beliebtes weltliches Vergnügen, und um<br />

das Spiel zu beherrschen, ist es wichtig, die Strategie des positionellen Spiels zu<br />

verstehen. Hier deshalb ein paar Auszüge aus dem Poker Sutra, um Ihnen auf<br />

Ihrem Weg beizustehen.<br />

Finale Penetration: Aus letzter Position handeln. Der Großteil positioneller<br />

Strategie beruht auf dem Vorteil, nach ihren Gegnern zu handeln; dann nämlich<br />

verfügt man über mehr Informationen als die anderen, bevor man sich für Betten,<br />

Raisen, Checken oder Folden entscheidet. Haben die Spieler vor Ihnen zum<br />

Beispiel Schwäche durch Checken gezeigt, gewinnen Sie mit einer Bet vielleicht<br />

sofort den Pot. Als Alternative könnten Sie einfach checken, um eine freie Karte<br />

zu bekommen oder eine starke Hand slow zu spielen. Wenn Sie als Letzter dran<br />

sind, dann befinden Sie sich in einer vorteilhaften Position, weil Sie über mehr<br />

Wissen verfügen, von dem Sie Ihre Entscheidung abhängig machen können.<br />

Den Lotus pflücken: Die Blinds stehlen. Wenn die Karten gegeben werden,<br />

dann entscheidet sich jeder Spieler, ob er foldet oder setzt. Befinden Sie sich in<br />

später Position und alle vor Ihnen haben gefoldet, dann ist es nicht ungewöhnlich,<br />

mit zwei beliebigen halbwegs anständigen Karten zu raisen. Der Raise sollte<br />

groß genug sein, um Druck auf die Blinds auszuüben, damit sie folden. Wird der<br />

Raise gecallt, haben Sie für den Rest der Hand immer noch Position auf Ihren<br />

Gegner und die Spieler in den Blinds müssen das in Betracht ziehen, wenn sie<br />

überlegen, ob sie Ihren Raise callen sollen oder nicht.<br />

Der Elefant hebt seinen Rüssel: Großer Stack, als Letzter dran. Manchmal<br />

verfügt der Chipleader über zwei Stoßzähne: Position und Munition. Die Ironie<br />

liegt darin, dass Ihre Raises kleiner werden können, je mehr Chips Sie haben.<br />

Dies liegt an der impliziten Bedrohung durch Ihre großen Reserven. Niemand<br />

muss über den Elefant im Pokerraum reden, weil jeder weiß, dass er da ist. Es ist<br />

nicht notwendig, mit einem Raise in Pothöhe loszustürmen; die Hälfte des Pots<br />

oder weniger reicht vielleicht auch.<br />

Schneller Affe: Aus erster Position betten. Die Einstellung zum Spiel ist in<br />

den letzten Jahren aggressiver geworden. Das hat unter anderem dazu geführt,<br />

dass konventionelle Weisheiten positionellen Spiels nicht mehr allgemeingültig<br />

sind. Zum Beispiel kann als Erster handeln zu müssen, Gelegenheit zu einer<br />

guten, nicht unmittelbar zu durchschauenden Taktik bieten. Denken Sie dran,<br />

es besteht nur eine Eins zu Drei Chance, dass Ihr Gegner auf dem Flop trifft.<br />

Manchmal gewinnt der Spieler den Pot, der als Erster feuert.<br />

Tiger & Drache: Check-Raise. Wenn Sie als Erster nach dem Flop an der<br />

Reihe sind und eine starke Hand haben, dann können Sie checken, um Ihren<br />

Gegner zum Betten zu verlocken. Bettet der Gegner tatsächlich, dann erhöhen<br />

Sie um einen ordentlichen Betrag. Aber wenden Sie diese Strategie nicht an,<br />

wenn Sie nicht ziemlich sicher sind, dass Ihr Gegner setzen wird, denn sonst<br />

trifft Gegner mit der freien Karte womöglich sein Draw. Natürlich gilt auch hier:<br />

je mehr Gewinn man machen kann, desto größer das Risiko.<br />

Mungo, doppelte Kobra: Raise, Call & Reraise. Wurde vor Ihnen gebettet,<br />

was mit einem großen Reraise beantwortet wurde, dann ist es üblich zu folden,<br />

es sei denn, man hat ein Monster auf der Hand. Aber es gibt noch eine andere<br />

Alternative. Wenn Sie suited Connectors wie 7-8 in Herz halten, dann ziehen<br />

Sie ein großes Reraise in Betracht. Vielleicht folden Ihre Gegner, weil sie Angst<br />

haben, Sie könnten Asse oder Könige haben. Folden Ihre Gegner nicht und<br />

haben das hohe Paar, dann bieten suited Connectors die besten Chancen, mit<br />

etwas Glück zu treffen.<br />

Für das ultimative Vergnügen im Poker ist es wichtig, mit verschiedenen<br />

Positionen Erfahrungen zu sammeln. Hoffentlich hilft Ihnen das auf Ihrer Reise<br />

zu einer seligen Vereinigung mit den Pokergöttern.<br />

Michael Rome findet man auf seiner Pokerphilosophie-Webseite: www.<br />

romepoker.net. David Sasseman ist freischaffender Pokerautor, der unter<br />

davidsasseman@yahoo.com kontaktiert werden kann.<br />

<strong>BLUFF</strong> <strong>EUROPE</strong> - DEUTSCHSPRACHIG WWW.<strong>BLUFF</strong><strong>EUROPE</strong>.COM • <strong>2008</strong> SEPTEMBER 29<br />

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WISDOM: FULL TILT LESSONS FROM THE PROS<br />

Die Kunst des Semi-Bluffs<br />

Von Andy Bloch<br />

D<br />

er Semi-Bluff ist eine<br />

der mächtigsten Waffen<br />

im Arsenal eines jeden<br />

Pokerspielers. Stehen<br />

die Chancen gut, dass<br />

Sie einen Pot mit einem<br />

Semi-Bluff stehlen können, sollten<br />

Sie das für gewöhnlich probieren.<br />

Doch wie alles andere ist der Semi-<br />

Bluff am wirkungsvollsten, wenn<br />

man ihn zur richtigen Zeit und in<br />

der richtigen Situation anwendet.<br />

Semi-bluffen Sie zu oft und Ihre<br />

Gegner werden wissen, wann<br />

Sie ein Draw haben; semi-bluffen<br />

Sie zu selten und Ihre Gegner<br />

werden folden, wenn Sie betten.<br />

Der Schlüssel zum erfolgreichen<br />

Semi-Bluff liegt darin, variabel zu<br />

sein und seine Setzmuster nicht<br />

durchschauen zu lassen.<br />

Nehmen wir an, Sie haben ein<br />

Nut Flush Draw gefloppt und sind<br />

ziemlich sicher, dass Ihr Gegner<br />

den Flop irgendwie getroffen hat:<br />

sei es mit Top Pair oder sogar<br />

einem Set. Viele Spieler wenden<br />

in dieser Situation gerne ein<br />

Check-Raise an, aber das bringt<br />

etliche Probleme mit sich: erstens,<br />

wenn Sie in dieser Situation<br />

immer check-raisen, dann kann<br />

Ihr Gegner Sie sehr leicht auf<br />

ein Draw setzen. Zweitens, wenn<br />

Ihr Gegner wirklich eine Hand<br />

hat, dann gibt es keinen Grund<br />

für einen Check-Raise, weil er<br />

sowieso nicht folden wird und<br />

eine gute Chance besteht, dass er<br />

Sie ohnehin auszahlt, wenn Sie<br />

Ihre Hand treffen.<br />

Ein besserer Move könnte es<br />

in dieser Situation sein, auf den<br />

Semi-Bluff zu verzichten und<br />

stattdessen einfach zu callen.<br />

Treffen Sie Ihr Flush auf dem<br />

Turn, haben Sie jede Menge<br />

Möglichkeiten. Checken, Callen<br />

oder Raisen sind mögliche<br />

Spielweisen und Ihr Gegner wird<br />

Sie nicht so leicht auf eine Hand<br />

setzen. Indem Sie nicht semibluffen,<br />

erhöhen Sie Ihre Chancen,<br />

einen größeren Pot zu gewinnen,<br />

wenn Ihr Gegner tatsächlich eine<br />

starke Hand hat. Manche Spieler<br />

glauben, man hätte kein Draw,<br />

wenn man nicht semi-blufft. Das<br />

können Sie ausnutzen.<br />

Aber wenn Sie nicht glauben,<br />

dass Ihr Gegner eine starke Hand<br />

hat oder wenn Ihr Draw nicht<br />

allzu stark ist (zum Beispiel ein<br />

niedriger Flush Draw), ist der<br />

perfekte Zeitpunkt für einen<br />

Semi-Bluff gekommen. Der Semi-<br />

Bluff sollte als Waffe eingesetzt<br />

werden, um Pots zu stehlen,<br />

wenn sich die Gelegenheit ergibt.<br />

Jedoch nicht als Mittel, um Pots<br />

groß zu machen.<br />

Eine andere gute Möglichkeit,<br />

um Ihren Semi-Bluff Spielplan<br />

zu variieren, besteht darin, mit<br />

dem Semi-Bluff bis zum Turn zu<br />

warten, Diese Spielweise kann<br />

aber gefährlich sein, weil nur<br />

noch eine Karte kommt und man<br />

nicht die gleichen Odds bekommt.<br />

Dafür vermutet Ihr Gegner<br />

seltener, dass Sie semi-bluffen.<br />

Es sieht ziemlich stark aus, wenn<br />

man auf dem Flop callt und dann<br />

auf dem Turn raist. Ihr Gegner<br />

könnte glauben, Sie hätten die<br />

Nuts gefloppt und eine ziemlich<br />

starke Hand wegwerfen.<br />

Ein weiterer Vorteil, einen<br />

Semi-Bluff auf dem Turn anstatt<br />

auf dem Flop zu versuchen, liegt<br />

darin, dass man auf dem Turn<br />

zusätzliche Outs bekommen<br />

könnte. Nehmen wir einmal an,<br />

Sie haben ein Gutshot-Straight-<br />

Draw auf dem Flop und erhalten<br />

auf dem Turn noch zusätzlich<br />

ein Flush Draw. Damit erhöht<br />

sich die Zahl Ihrer Outs von vier<br />

auf ungefähr zwölf, was einen<br />

Versuch wert sein könnte, sich<br />

den Pot sofort zu sichern. Viele<br />

Spieler haben auch Probleme, Sie<br />

in dieser Situation auf ein Flush<br />

Draw zu setzen; es ist einfach<br />

schwerer, das Flush Draw auf dem<br />

Turn als auf dem Flop zu sehen.<br />

Noch einmal, das Geheimnis<br />

eines guten Semi-Bluffs liegt<br />

darin, ihn in der richtigen<br />

Situation anzuwenden. Ist der<br />

Semi-Bluff schlecht gewählt,<br />

besteht eine gute Chance, dass<br />

Sie eine ordentliche Portion Ihres<br />

Stacks verlieren. Ist der Semi-<br />

Bluff gut gewählt, bringen Sie Ihre<br />

Gegner aus dem Gleichgewicht.<br />

Und wenn Sie Ihre Hand treffen,<br />

dann können Sie Ihren Gegnern<br />

wirklich wehtun.<br />

<strong>BLUFF</strong> <strong>EUROPE</strong> - DEUTSCHSPRACHIG<br />

WWW.<strong>BLUFF</strong><strong>EUROPE</strong>.COM •SEPTEMBETT <strong>2008</strong><br />

57<br />

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DER VIRTUELLE SPIELTISCH: AUF BRACELETSUCHE<br />

Kurzportrait<br />

Howard Lederer lädt ein<br />

Who is Who? Sie kennen das Gesicht nicht. Sicher ist es<br />

ein Bracelet-Träger – denn davon gab es auf der Party<br />

von Howard Lederer reichlich. <strong>BLUFF</strong> hat sich umgesehen.<br />

Suchen Sie mit! Von Volker Watschounek<br />

Je näher das Main Event rückt, desto höher ist die Partydichte, desto mehr Pokerenthusiasten zieht es nach Las Vegas. Und wer<br />

schwelgt nicht gerne im Strom von Braceletträgern. Dank Robert Williamson III war es mir vergönnt, beim Who is Who der<br />

Pokerszene dabei zu sein. Howard Lederer hatte dafür keinen geringeren Ort als das Golden Nugget gewählt, das unweit der Wurzeln<br />

der World Series of Poker liegt, dem Binion’s Horseshoe in Downtown Las Vegas.<br />

Das Besondere am Golden Nugget ist, dass es das erste Hotel war, in dem die Symbiose von Spiel und Übernachtung aufging. Im<br />

Inneren des Poolbereichs gibt es ein echtes Haifischbecken, durch das mutige Badegäste in einer durchsichtigen Plexiglasröhre in das 1,3 m<br />

tiefe Wasser rutschen können. Obwohl auf der Einladung zur Party „bathing togs“ stand, kamen nur wenige der Einladung in den Pool nach:<br />

vornehmlich Kinder. Das größte Kind darunter war Juval, ein verrückter Amerikaner, den ich Tags zuvor beim Essen kennen gelernt hatte und<br />

der sich einer netten Seitenwette wegen freuen kann, das $10.000 No Limit Hold’em Event auf Einladung von Jesn Vörtmann spielen zu können.<br />

Doch das ist eine andere Geschichte … und eigentlich war ich ja gekommen, um Bracelets zu zählen. Schade nur, dass keiner eins trug. Wäre<br />

Keiner da gewesen. Auf den Spuren von Bracelets entdeckte ich dann den jüngsten Gast der Party: Phil Gordon junior. Ob das Baby wirklich den<br />

Namen des stolzen Papas trägt, habe ich vergessen zu fragen – wichtiger in dieser Situation: Habe ich hier vielleicht meinen ersten Bracelet-<br />

Träger vor der Linse?<br />

Nun, wer hilft mir bei der Suche nach Bracelets? Auf den Bildern sind sie versteckt. Nicht als Schmuckstück, sondern in Persona. An der<br />

Zahl 6, 7, 8 … wie viele sind es doch gleich? Notiert Euch die Namen und die Zahl der Bracelets und schreibt die richtige Lösung mit den<br />

Braceletträgern in einer Mail an HYPERLINK „mailto:volker@lyceumpublishing.com“ volker@lyceumpublishing.com. Den ersten drei Einsendern<br />

winkt ein 3-monatiges, 6-monatiges und 12-monatiges Gratis-Abonnement von <strong>BLUFF</strong> <strong>EUROPE</strong> – <strong>deutschsprachig</strong>.<br />

Shannon Elizabeth<br />

ist noch zu jung für<br />

ein Bracelet. Da sie<br />

aber im Team von<br />

Doylesroom spielt,<br />

kann man davon<br />

auszugehen, dass<br />

sie viele nützliche<br />

Tips erhält.<br />

Ist das unser erstes Bracelet,<br />

offen zur Schau getragen von<br />

David Benyamine? Beim genauen<br />

Betrachten erkennen wir, dass es<br />

eine Uhr ist. Hm!<br />

50 SEPTEMBER <strong>2008</strong> • WWW.<strong>BLUFF</strong>MEDIA.COM <strong>BLUFF</strong> <strong>EUROPE</strong> - DEUTSCHSPRACHIG<br />

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Clonie Gowen –<br />

erst noch einmal<br />

schnell schauen,<br />

ob alles sitzt, dann<br />

aufrichten und …<br />

…lächeln<br />

Eric Seidel, Coach von Martin<br />

Kläser bei der Full Tilt Million<br />

Challenge, „Wie war es, am<br />

Finaltisch plötzlich gegen<br />

seinen Schüler zu spielen?“,<br />

fragte Eddy Scharf.<br />

Welcher Braceletträger<br />

wird denn hier von<br />

der schönen Michelle<br />

begrüßt? Nachdem<br />

ich das Bild machte<br />

schaute sie mich erst<br />

einmal kritisch an,<br />

erinnerte sich dann<br />

und legalisierte das<br />

Bild. Danke!<br />

“Entschuldigung,<br />

ich habe Sie<br />

verwechselt,“ oder<br />

ist das doch ein<br />

Bracelet-Träger?<br />

Der frisch<br />

gebackene<br />

Papa Phil<br />

Gordon durfte<br />

nicht fehlen ...<br />

… und das der<br />

Kappe nach<br />

jüngste Mitglied<br />

im Full Tilt Poker<br />

Team wurde auf<br />

Händen getragen.<br />

Phil Ivey habe<br />

ich auch unter<br />

den Gästen<br />

entdeckt. Wen<br />

beobachtet er<br />

hier?<br />

Phil Ivey habe<br />

ich auch unter<br />

den Gästen entdeckt. Wen<br />

beobachtet er hier?<br />

Eduard<br />

Scharfs<br />

neues<br />

Feindbild<br />

kennen<br />

wir ja jetzt<br />

(siehe<br />

S.???), Hier<br />

waren sie<br />

Freunde!<br />

Sicher ist sicher<br />

… damit auch<br />

niemand im 1,3<br />

m tiefen Wasser<br />

ertrinkt, stand<br />

der Pool ständig unter<br />

<strong>BLUFF</strong> <strong>EUROPE</strong> - DEUTSCHSPRACHIG<br />

Beobachtung.<br />

WWW.<strong>BLUFF</strong><strong>EUROPE</strong> .COM • SEPTEMBER <strong>2008</strong> 51<br />

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PRO-SPEKTIVE: ERINNERUNGEN<br />

WSOP Flashback<br />

The Last Final Table at Binion’s Horseshoe (2005)<br />

Von Paul “Dr. Pauly” McGuire<br />

„I<br />

mmer im Mai wusste man, zur World<br />

Series of Poker (WSOP) musste<br />

man ins Horseshoe gehen“, meinte<br />

Flipchip 2005. „Es wird eine Weile<br />

dauern, bis man sich umgestellt hat.“<br />

Beinahe drei Jahrzehnte<br />

lang hat Flipchip bei der WSOP fotografiert.<br />

Jeden Mai, wenn das Kasino zum Poker-Mekka<br />

wurde, begab sich Flipchip zusammen mit<br />

Pokerspielern aus der ganzen Welt auf die<br />

jährliche Pilgerreise ins Binion’s Horseshoe.<br />

Die WSOP und das Horseshoe waren so starke<br />

Marken, dass man einfach nicht daran dachte, sie<br />

könnten unabhängig voneinander existieren. Doch<br />

genau das geschah, als Becky Behnen, Tochter des<br />

Horseshoe-Gründers Benny Binion, mit dem Kasino<br />

einen enormen Schuldenberg aufhäufte. 2004 fror<br />

die amerikanische Steuerbehörde IRS die Mittel<br />

des Kasinos ein, weil die Löhne der Angestellten<br />

nicht gezahlt worden waren. Das Kasino musste die<br />

Pforten schließen. Harrah’s Entertainment kaufte<br />

Binion’s Horseshoe und erwarb die Rechte an der<br />

WSOP. Sie verkauften Binion’s an die MTR Gaming<br />

Group, die das Kasino übernahm. MTR taufte es auf<br />

den neuen Namen Binion‘s Gambling Hall and Hotel<br />

und öffnete im April 2004 wieder die Pforten.<br />

Den Markennamen der WSOP behielt Harrah’s und<br />

setzte die Tradition des weltgrößten Pokerturniers<br />

fort. 2004 war die WSOP so populär, dass Binion’s<br />

große Probleme hatte, den Strom leidenschaftlicher<br />

Pokerspieler und Fans zu bewältigen, weshalb der<br />

Kauf durch Harrah’s und der anschließende Umzug<br />

zum richtigen Zeitpunkt kamen. Die Series wurde<br />

ins Convention Center im Rio verlegt. Hier gibt es<br />

ausreichend Platz, um die immer größer werdenden<br />

Turniere unterzubringen. Die Entscheidungsträger<br />

bei Harrah’s respektierten die historische Bedeutung<br />

und Tradition der WSOP und erklärten sich damit<br />

einverstanden, die letzten beiden Tage des Main<br />

Events 2005 im Stadtzentrum in Benny’s Bullpen<br />

im Binion’s zu spielen. Dieser Finaltisch sollte das<br />

letzte WSOP-Event sein, das je im heiligsten aller<br />

Pokerheiligtümer des Universums gespielt wurde.<br />

Unverblümt gesagt war das Binion’s ein Haufen<br />

Mist, nachdem Becky es auf Grund hatte laufen lassen.<br />

Die Beleuchtung war schlecht. Die Klimaanlage war<br />

schäbig. Die Teppiche waren moderig und schmutzig.<br />

Teile des Kasinos rochen wie eine<br />

Mischung aus Pflegeheim, kaltem<br />

Zigarrenrauch und der Männertoilette<br />

einer Autobahnraststätte für LKW-<br />

Fahrer. Die Innenstadt von Las Vegas<br />

hatte ihren Glanz verloren, als der<br />

Strip zum angesagten Ort wurde, um<br />

zu spielen und sich zu amüsieren.<br />

Die Innenstadt wurde zum Relikt.<br />

Seit einem Jahrzehnt war nichts<br />

mehr renoviert worden und Teile des<br />

Bezirks verwandelten sich schnell in<br />

eine Müllhalde. Das Publikum war<br />

unansehnlicher geworden. Sicher, es<br />

gab den steten Strom von Touristen,<br />

die billige Unterkünfte und billiges<br />

Essen suchten, aber die Mehrheit des<br />

Klientels gehörte zur untersten Stufe des<br />

Zockerabschaums in Las Vegas. Shrimp-<br />

Cocktails für 99 Cent wirken auf Jet-Set<br />

Reisende nicht gerade verführerisch.<br />

Das Anrüchige dieser Gegend bot<br />

einen perfekten Hintergrund für das<br />

prestigeträchtigste Pokerturnier der<br />

Welt. Wenn man über Obdachlose<br />

klettern musste, die in ihrem eigenen<br />

Urin auf der Fremont Street lagen,<br />

um ins Horseshoe zu kommen,<br />

dann war das eine nachdrückliche<br />

Erinnerung daran, dass man vielleicht<br />

nur einen einzigen Bad Beat davon<br />

entfernt war, selbst mit dem Gesicht<br />

nach unten im Dreck zu liegen.<br />

Genau das war es, das die WSOP im<br />

Binion’s so besonders gemacht hat.<br />

Die Umgebung und die Atmosphäre<br />

war genauso, wie es Al Alvarez in The<br />

Biggest Game in Town beschrieben<br />

hatte. Einen Moment konnte man einen<br />

High-Roller mit einem Koffer voller Geld<br />

aus einer Limousine springen sehen, im<br />

nächsten Moment musste man fürchten,<br />

von einem Junkie auf dem Parkplatz<br />

mit dem Messer niedergestochen<br />

zu werden. Man konnte einen Blick<br />

auf Johnny Chan erhaschen, wie er<br />

Autogramme gab, und wenn man sich<br />

umdrehte, sah man eine alte Frau<br />

im Rollstuhl, die den kümmerlichen<br />

Rest ihrer monatlichen Rente am<br />

einarmigen Banditen verspielte.<br />

Benny’s Bullpen sollte in eine<br />

Glasvitrine kommen und als historisches<br />

Monument bewahrt werden. Einige<br />

der bedeutendsten Ereignisse der<br />

Pokergeschichte trugen sich in Benny’s<br />

Bullpen zu und sobald man den Raum<br />

betrat, konnte man diese Energie<br />

fühlen. Bei meinem ersten Besuch<br />

bekam ich Gänsehaut und es rann mir<br />

kalt den Rücken herunter. Ich wurde<br />

von einem warmen, nostalgischen<br />

Gefühl überschwemmt, so als ich ob<br />

das Stadion der Yankees betrat, um auf<br />

das Feld zu blicken, wo die Geister von<br />

Babe Ruth, Lou Gehrig, Mickey Mantle<br />

und Joe DiMaggio sich begegneten.<br />

Benny’s Bullpen war das Yankee-<br />

Stadion des Poker und eine moderne<br />

Version des Kolosseums in Rom, wo die<br />

Gladiatoren bis zum Tod gegeneinander<br />

kämpften. Benny’s Bullpen war der<br />

Ort, an dem Spieler zu Pokerlegenden<br />

wurden. Moss. Brunson. Ungar. Chan.<br />

Sie alle haben die gleiche abgestandene<br />

Luft wie ich geatmet. Es überrascht<br />

nicht, dass Benny’s Bullpen solch<br />

ein Ehrfurcht gebietender Ort war.<br />

Man musste nicht nur gegen die<br />

besten Spieler seiner Zeit antreten,<br />

sondern auch noch mit den Geistern<br />

der Pokerlegenden klarkommen.<br />

Am Tag des Finales im Horseshoe<br />

fuhr mich Flipchip ins Binion’s und wir<br />

parkten in einer herunter gekommenen<br />

und unheimlichen Garage. Flipchip<br />

kannte die Innenstadt von Las Vegas<br />

wie seine Westentasche. Er deutete<br />

auf eine unmarkierte Tür und ich<br />

folgte ihm. Wir gingen eine Treppe<br />

hinauf, über die Strasse, einen langen<br />

Flur entlang und eine Rolltreppe<br />

hinunter. Und dann waren wir wie von<br />

Zauberhand im Binion’s und ich hatte<br />

34 SEPTEMBER <strong>2008</strong> • WWW.<strong>BLUFF</strong><strong>EUROPE</strong>.COM <strong>BLUFF</strong> <strong>EUROPE</strong> - DEUTSCHSPRACHIG<br />

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das Gefühl, als wären wir dreißig Jahre<br />

in die Vergangenheit zurück versetzt<br />

worden. Wir bahnten uns über einen<br />

geheimen Durchgang durch die Küche<br />

den Weg zum chinesischen Restaurant,<br />

das als provisorisches Medienzentrum<br />

diente, um das Gedränge in der<br />

Halle zu vermeiden. Es erinnerte<br />

mich an die Copacabana-Szene aus<br />

Martin Scorceses Film Goodfellas.<br />

Es war stockdunkel und viel enger,<br />

als ich es mir vorgestellt hatte. Der<br />

Medienbereich war weit hinten, in<br />

einer Ecke versteckt. Von dem Platz für<br />

die Medienleute aus konnte ich den<br />

Finaltisch nicht sehen, aber ich konnte<br />

auch nirgendwo anders hingehen, da es<br />

in Benny’s Bullpen nur Stehplätze gab.<br />

„Sie können sich nicht vorstellen,<br />

wie es früher war“, meinte Mike Paulle,<br />

ehemaliger Mediendirektor der WSOP.<br />

„Die Internet-Leute erhielten früher nie<br />

Presseabzeichen. Vor fünf Jahren hätte<br />

man Sie nicht einmal hereingelassen.“<br />

Die glücklichen Neun, die es an<br />

den Finaltisch geschafft hatten, waren<br />

Joe Hachem, Andy Black, Tex Barch,<br />

Daniel Bergsdorf, Mike Matusow,<br />

Aaron Kanter, Brad Kondracki, Steve<br />

Dannenmann und Scott Lazar. Die<br />

Zuschauerreihen waren dicht gedrängt<br />

mit Freunden und Familienangehörigen<br />

der Spieler am Finaltisch. Manche<br />

Railbirds hatten sich bereits drei<br />

Stunden vor Beginn des Finaltisches<br />

angestellt, nur um einen Blick auf<br />

den geschichtsträchtigen letzten<br />

WSOP-Finaltisch zu werfen, der je im<br />

Binion‘s gespielt werden würde. Die<br />

Warteschlange ging am Büffet vorbei,<br />

den engen Flur hinunter und dann<br />

weiter bis zum Medienraum. Wer nicht<br />

in Benny’s Bullpen hineinkam, verfolgte<br />

das Geschehen auf großen Monitoren<br />

beim Büffet oder unten im Wettbüro.<br />

Puggy Pearson, WSOP-Champion<br />

von 1973, zeigte sich am Finaltisch und<br />

trug sogar ein Lied vor, das er extra<br />

dafür geschrieben hatte. Etliche Profis<br />

waren unter den Zuschauern, darunter<br />

Phil Hellmuth, Jennifer Harman, Andy<br />

Bloch, Greg Raymer, Tom McEvoy,<br />

Jesus Ferguson und Erik Seidel.<br />

Um 16:47 verkündete Greg Raymer<br />

„Shuffle up and deal” und damit<br />

begann der Finaltisch. Weniger als<br />

acht Minuten später ging Matusow<br />

mit Pocket-Kings gegen Scott Lazars<br />

Asse All-in. Matusow hatte mehr Chips<br />

als Lazar, für den es nicht gut aussah,<br />

als Matusow einen dritten König auf<br />

dem Flop traf, aber Lazar traf auf Turn<br />

und River je ein Herz und machte<br />

seinen Flush. Er gewann den Pot und<br />

die Anti-Matusow-Fans in der Menge<br />

rasteten aus. Matusow machte einen<br />

niedergeschlagenen Eindruck, als er auf<br />

vier Millionen an Chips zurück fiel.<br />

Vor der ersten Pause war<br />

Matusow mit einem Short Stack<br />

in Schwierigkeiten und schwitzte<br />

wie Patrick Ewing beim Freiwurf.<br />

Tatsächlich endete Matusows<br />

wunderbarer Lauf abrupt. Bei einem<br />

5s-3s-2c Flop war Matusow mit<br />

T-T All-in gegen Dannenmann’s<br />

A-J. Matusow stand kurz davor, zu<br />

verdoppeln, aber als eine 4 auf dem<br />

Turn kam, traf Dannenmann ein<br />

Wheel. Matusow schied als Erster am<br />

Finaltisch aus, aber bekam für seinen<br />

neunten Platz eine coole Million.<br />

Nach Matusows Ausscheiden war<br />

Andy Black der beste Spieler am Tisch<br />

und setzte seine Gegner mit Raises<br />

zum richtigen Zeitpunkt stark unter<br />

Druck. Black hatte seinen Stack auf<br />

18,23 Millionen ausgebaut und die<br />

Führung übernommen. Als noch sechs<br />

Spieler übrig waren, verdoppelte Joe<br />

Hachem seinen Short Stack, was seine<br />

mittlerweile berühmten lautstarken<br />

Anhänger, die bislang die meiste Zeit<br />

still gewesen waren, aufweckte. Sobald<br />

Hachem verdoppelt hatte, skandierten<br />

sie „Aussie, Aussie, Aussie! Oy, oy, oy!“,<br />

sangen und schwenkten die australische<br />

Flagge. In der nächsten Hand machte<br />

Lazar einen Tilt-Zug und ging mit Q-T<br />

All-in. Andy Black wachte mit den<br />

Buben auf und callte. Black gewann<br />

den Pot, während ein enttäuschter<br />

Lazar auf Platz acht zum Rail ging. So<br />

hart kann die WSOP sein – man kann<br />

in zwei Händen vernichtet werden<br />

und all die Anstrengungen der ganzen<br />

Woche sind in Sekunden dahin.<br />

Doch Black musste den<br />

Chiplead wieder abgeben, nachdem er<br />

zwei entscheidende Pots verloren hatte.<br />

Bald musste er einen Short Stack hüten<br />

und wurde vom Jäger zum Gejagten.<br />

Black schied auf Platz fünf aus, als er ein Race mit T-T<br />

gegen Dannenmanns A-K verlor. Obwohl Black gerade<br />

$1.750.000 gewonnen hatte, sah er aus, als würde er<br />

gleich in Tränen ausbrechen. Phil Hellmuth eilte zu<br />

Black und sprach ein paar tröstende Worte während<br />

Black von der Menge lauter bejubelt als irgendein<br />

anderer der ausgeschiedenen Spieler am Finaltisch.<br />

„Er hat mehr als den ersten Platz verdient. Er<br />

hat mit Herz und Seele gespielt“, meinte Tom<br />

Murphy, ein irischer Journalist, der über den<br />

sensationellen Lauf seines Landsmanns berichtete.<br />

Als nur noch vier Spieler dabei waren,<br />

wurde das Geschehen langsamer. Um 3:15 Uhr nachts<br />

hatte sich die Menge in Benny’s Bullpen ein wenig<br />

ausgedünnt. Nur die Unverbesserlichen blieben. Kurz<br />

vor 5 Uhr früh schied Aaron Kanter auf dem vierten<br />

Platz aus und Hachem übernahm den Chiplead.<br />

Als nur noch drei Spieler am Tisch saßen,<br />

unterbrach ESPN die Produktion für die<br />

„Geldvorführung“, eine Prozession zweier<br />

Muskelpakete mit Gewehr im Anschlag, gefolgt<br />

von etlichen Männern im Anzug mit Kästen voller<br />

Geld. Das schütteten sie auf den Tisch und legten<br />

das Siegerbracelet obenauf. Die Sicherheitskräfte<br />

mussten einschreiten, um den Schwarm von<br />

Fotographen vom Tisch fernzuhalten.<br />

„Wenn Sie kein Gewehr haben, dann müssen Sie<br />

sich vom Geld fernhalten“, sagte Turnierdirektor<br />

Johnny Grooms über Lautsprecher.<br />

Eine weitere Stunde passierte wenig, bis Barch<br />

auf Platz drei ausschied. Als das Heads-up begann,<br />

hatte Hachem fast 40 Millionen, Dannenmann<br />

dagegen 16,3 Millionen. Um 6:40 Uhr früh, nach<br />

einer halben Stunde Heads-up errang Joe Hachem<br />

den Sieg, nachdem er eine Straight mit 7-3 offsuit<br />

gefloppt hatte. Dannenmann ging am Turn Allin,<br />

als er sein Ass getroffen hatte und wurde von<br />

Hachem schnell gecallt. Der Australier gewann<br />

$7,5 Millionen und hielt länger durch als 5.618<br />

Spieler – zu diesem Zeitpunkt das größte Feld, das<br />

es beim WSOP Main Event je gegeben hatte.<br />

Der Tisch war der längste Main Event<br />

Finaltisch der WSOP und dauerte über 14 Stunden.<br />

Wie bei den meisten großen Pokerturnieren war der<br />

Höhepunkt verhalten, denn alle waren hundemüde<br />

und erschöpft. Flipchip wartete geduldig, um ein<br />

Photo mit dem Sieger machen zu können und<br />

gegen acht Uhr in der Früh sagten wir Benny’s<br />

Bullpen zum letzten Mal auf Wiedersehen.<br />

„Die WSOP gibt es vielleicht ewig“,<br />

philosophierte Flipchip. „Aber wenn der<br />

Finaltisch nicht in Benny’s Bullpen gespielt<br />

wird, wird es nie mehr so wie früher sein.”<br />

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WISDOM: LEARNING LESSONS FROM THE PROS: MIKE CARO<br />

Wie man Caro<br />

Hold’em spielt<br />

Von Mike Caro,<br />

“Das verrückte Pokergenie”<br />

Vor ein paar Minuten habe ich mich<br />

hingesetzt, um diese Kolumne über<br />

ein ganz anderes Thema zu schreiben.<br />

Was ist geschehen? Mein Geist fing<br />

an zu wandern. Und ich stellte mir<br />

vor, wie ich Hold’em spielte, aber das Spiel, das<br />

in meinen Kopf wanderte,<br />

war keins, das Sie je gespielt<br />

haben. Ich habe es ebenfalls<br />

noch nie gespielt, außer<br />

gerade in meiner Vorstellung.<br />

Doch ich bin von dem Konzept<br />

so fasziniert, dass ich es<br />

mit Ihnen teilen möchte.<br />

Wenn Ihnen das Spiel gefällt,<br />

das ich jetzt gleich schildern<br />

werde, lade ich Sie ein, der<br />

Erste zu sein, der es in Ihrer<br />

privaten Pokerrunde ausprobiert.<br />

Vielleicht überreden Sie Ihren Cardroom oder Ihr<br />

Casino, es anzubieten. Dann schreiben Sie mir bitte<br />

(mike@caro.com) und erzählen mir, wie es war.<br />

Da ich heute in bescheidener Stimmung<br />

bin, habe ich beschlossen, mich selbst bei der<br />

Namensgebung dieses neuen Spiels außen<br />

vor zu lassen. Stattdessen nenne ich es Caro<br />

Hold’em als Tribut an meinen Großvater. Die<br />

Regeln sind wirklich sehr einfach. Sie werden<br />

nicht lange brauchen, um sie zu lernen.<br />

Nicht Limit, Nicht No Limit<br />

Caro Hold’em kann nicht No Limit gespielt, wie<br />

Sie schnell verstehen werden. Aber es ist auch<br />

nicht wirklich eine Form von Limit Hold’em. Alles<br />

wird genauso gespielt wie Standard Limit Hold’em,<br />

nur dass jeder Spieler mit fünf Hole-Cards<br />

und nicht mit nur zweien beginnt. Oh, und<br />

noch eine Sache: Der Flop besteht nicht<br />

aus drei Karten, gefolgt von einer Karte<br />

auf Turn und River. Gott bewahre! Der<br />

Flop besteht aus zwei Karten – nennen<br />

wir ihn Flip – gefolgt von einer Board-<br />

Card – die wir Blip nennen, einfach, weil<br />

es sich reimt. Dann gibt es einen Reflip<br />

– zwei weitere Board-Cards. Es gibt die<br />

bekannten vier Setzrunden: Pre-flip, flip,<br />

blip, reflip. Was ist so innovativ an dieser<br />

Reihenfolge, das Board auszuteilen?<br />

Nichts. Aber es gibt einen Grund dafür. Die<br />

Partie wäre mit einem 3-1-1 Board strategisch<br />

nicht im Gleichgewicht. Das liegt an der Art, wie<br />

man setzt. Und hier wird es wirklich seltsam.<br />

Was auch immer das festgelegte Limit für eine<br />

Setzrunde ist, man setzt es einmal für jede Karte,<br />

die man hält. Zu jedem Zeitpunkt des Setzens kann<br />

man jede überflüssige Karte wegwerfen, außer<br />

einer, und dann setzt man den festgelegten Einsatz<br />

multipliziert mit der Zahl der Karten, die man hält.<br />

Sie können mit fünf, vier, drei, zwei oder nur einer<br />

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Karte betten oder raisen. Ja, Sie müssen<br />

mindestens eine Karte behalten. Auch<br />

wenn Sie vorhaben, das Board zu spielen.<br />

Wenn nötig, wird der Sieger im Showdown<br />

ermittelt, genau wie im üblichen Hold’em.<br />

Warum behält man nicht alle fünf<br />

Karten? Man kann, aber dann müsste man<br />

den fünffachen Einsatz für jede Bet, jeden<br />

Call oder jedes Raise zahlen. Vielleicht<br />

lohnt das Risiko, vielleicht nicht.<br />

Sagen wir, gespielt wird mit $10 pro<br />

Einheit. Jede Setzeinheit – das heißt, man<br />

bettet, callt oder raist um diesen Betrag für<br />

jede Karte, die man hält – beträgt dann $10<br />

vor dem Flip mit zwei Karten und nach dem<br />

Flip, $20, nachdem man den Blip mit einer<br />

Karte gesehen hat und $40, nachdem man<br />

den Reflip mit zwei Karten gesehen hat.<br />

Wieso das? Es geht darum, das Spiel im Takt<br />

zu halten. Die höhere letztere Setzrunde<br />

reflektiert den Umstand, dass alle Spieler<br />

zu diesem Zeitpunkt normalerweise nur<br />

zwei Karten halten, da sie das gesamte<br />

Board gesehen haben. Andernfalls wären die<br />

Einsätze oft kleiner als in den vorherigen<br />

Runden, wenn ein paar Spieler sich vielleicht<br />

entschieden haben, mehr Karten zu behalten.<br />

Das Wichtigste<br />

Dies sind die wichtigsten<br />

Regeln und Grundlagen:<br />

♠ Je mehr Karten man behält, desto<br />

wahrscheinlicher trifft man eine Hand, die<br />

gewinnt.<br />

♠ Je mehr Karten man behält, desto teurer ist<br />

es zu spielen und desto höher ist Ihr Risiko.<br />

♠ Sie können womöglich Stärke zeigen,<br />

indem Sie mehr Karten wegwerfen und<br />

Ihre Bluff-Chancen vielleicht psychologisch<br />

erhöhen.<br />

♠ Sie können Ihre Gegner in die Irre führen,<br />

indem Sie mehr Karten behalten, als Sie<br />

brauchen, obwohl das teuer sein kann, wenn<br />

Sie verlieren.<br />

♠Die abgelegten Karten müssen umgedreht<br />

vor den Spieler gelegt werden, damit die<br />

anderen sehen können, wie viele Karten<br />

behalten werden und das korrekte Setzen<br />

leicht überprüfen können. Die Regel,<br />

die Karten aufzudecken, sorgt für ein<br />

zusätzliches strategisches Element. (Man<br />

könnte ein abgelegtes Paar offen legen, wenn<br />

ein kleineres Paar auf dem Board liegt, in der<br />

Hoffnung, einen Drilling zu präsentieren und<br />

sich so zum Sieg zu bluffen.)<br />

♠Spieler, die folden, werfen ihre Karten<br />

verdeckt weg, wie im üblichen Hold’em.<br />

♠Die Spieler können ihre Karten zu jedem<br />

beliebigen Zeitpunkt vor dem Betten, Callen<br />

oder Raisen reduzieren, sogar in der gleichen<br />

Runde, in der sie ursprünglich mehr Karten<br />

hatten und mehr gesetzt haben. (Auch hier<br />

gibt es Möglichkeiten zur Täuschung.)<br />

♠Man muss bei Bets und Raises nicht in<br />

Höhe der Einsätze denken, sondern an die<br />

Zahl der Level. Eine Bet ist Level Eins. Ein<br />

Raise ist Level Zwei. Ein Reraise ist Level<br />

Drei. (Wahrscheinlich sollte es einen Cap bei<br />

Level Vier geben, vor allem, wenn noch mehr<br />

als zwei Spieler übrig sind.)<br />

♠Sie können keine Karten ablegen, bevor<br />

Sie checken, sondern nur, bevor Sie setzen.<br />

♠Einfach, damit Sie es besser nachvollziehen<br />

können: Wenn ein Gegner bei einer $20<br />

Runde fünf Karten hält, dann muss er $80<br />

setzen oder checken. Wenn er bettet und<br />

Sie verringern Ihre Hand um zwei Karten,<br />

dann können Sie raisen und insgesamt<br />

$80 in den Pot legen ($20 für jede Karte,<br />

um zu callen und $20 für jede Karte<br />

zum Raisen). Wenn er callt, ohne seine<br />

Hand weiter zu verkleinern, dann wird<br />

er $160 investieren, Sie dagegen $80.<br />

♠Übrigens, bei einem geteilten Pot können<br />

Sie Geld verlieren, vorausgesetzt, Sie<br />

behalten mehr Karten als ein Gegner.<br />

♠Das ist Caro Hold’em. Nennen Sie es kurz<br />

Caro, wenn Ihnen das lieber ist. Sie werden<br />

auf Elemente der Pokerkunst stoßen, denen<br />

Sie noch nie begegnet sind. Und ich wette,<br />

nach nur ein paar Händen sind Sie mit<br />

den Regeln und Abläufen gut vertraut. Ich<br />

beanspruche keinerlei Urheberrecht. Ab<br />

jetzt ist dieses Spiel öffentliches Eigentum,<br />

also gehört es Ihnen. Viel Spaß. — MC<br />

Mike Caro, “Das verrückte Pokergenie”, ist der zurzeit führende Experte in Sachen Pokerstrategie, -psychologie und -statistik. Der Weltklassespieler ist Gründer der Mike Caro<br />

University of Poker, Gaming and Life Strategy (MCU – mit einem Online-Campus unter Poker1.com). Seine Forschungen und Erfolge werden in über 100 Büchern erwähnt, die<br />

andere über ihn geschrieben haben. E-Mail: mike@caro.com. Spielen Sie Poker mit dem verrückten Genie unter DoylesRoom.com.<br />

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WEISHEITEN: BONOMO’S BLOG<br />

Die Situation<br />

erkennen<br />

Beim Poker gibt es immer eine richtige und<br />

viele falsche Entscheidungen. Oft wissen Sie<br />

jedoch nicht, wann was richtig ist. Justin<br />

Bonomo erklärt, wie Sie mit unvollständigen<br />

Informationen erfolgreich umgehen.<br />

Von Justin Bonomo<br />

60 AUGUST <strong>2008</strong> • WWW.<strong>BLUFF</strong><strong>EUROPE</strong>.COM <strong>BLUFF</strong> <strong>EUROPE</strong> - DEUTSCHSPRACHIG<br />

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In jeder Situation im Poker gibt es eine optimale<br />

Spielweise. Allerdings ist es schwer, die Situation zu<br />

erkennen. Um deutlich zu machen, was ich meine,<br />

möchte ich eine Geschichte erzählen, aber vorher<br />

möchte ich noch etwas erklären, was ein bisschen<br />

einfacher ist.<br />

Wenn Leute Hände diskutieren, dann sagen sie vielleicht<br />

Dinge wie: „Hier zu raisen ist gut. Genau wie folden. Nur<br />

callen ist schlecht.“ Das stimmt nie. Jede Spielweise hat ihre<br />

eigene Equity. Ein Fold hat immer Null-Equity (das Geld im<br />

Pot gehört nicht mehr Ihnen, also kann man es nicht als<br />

Verlust zählen.). Deshalb ist zu raisen nur dann gut, wenn<br />

die Equity größer als Null ist. Ist sie das nicht, ist ein Raise<br />

hier streng genommen schlechter als ein Call. Das gilt für<br />

alle Situationen. Vielleicht kann man die Equity nicht immer<br />

berechnen, aber theoretisch gibt es diese Zahl immer,<br />

unabhängig davon, ob Sie je herausfinden können, welche<br />

Equity es gab (oder hätte geben können).<br />

Ich weiß, die „gefühlsbetonten“ Spieler werden bei meiner<br />

nächsten Behauptung schaudern, doch jede Situation im<br />

Poker kann mathematisch aufgeschlüsselt werden. Meistens<br />

geht das nur, wenn man extrem vereinfacht, aber wieder existieren<br />

diese Zahlen, unabhängig davon, ob irgendjemand<br />

je in der Lage ist, sie zu bestimmen. Für jede Aktion gibt<br />

es einen Wahrscheinlichkeitsbaum für alle nachfolgenden<br />

Aktionen und Ergebnisse.<br />

Es gibt zahllose Faktoren, die in eine Entscheidung einfließen.<br />

Selbst wenn man die mathematischen Aspekte<br />

außer Acht lässt, gibt es noch jede Menge psychologischer<br />

Faktoren. Theoretisch könnte man einen Supercomputer<br />

kreieren, der nicht nur Poker und die ihm zugrunde liegende<br />

Mathematik perfekt beherrscht, sondern auch das<br />

menschliche Gehirn und jede psychologische Bedeutung<br />

der möglichen Körperbewegungen. Da Poker aber ein Spiel<br />

unvollständiger Informationen ist, lautet die Frage, die Sie<br />

stellen müssen: „Wie viel Information hat dieser Supercomputer?“<br />

Wie ich zu Beginn dieses Artikels gesagt habe, gibt es<br />

in jeder Situation eine optimale Spielweise. Was schwer<br />

fällt, ist die Situation zu erkennen. Jetzt aber zu der versprochenen<br />

Geschichte:<br />

Es ist Tag Drei des Main Events der World Series of Poker<br />

<strong>2008</strong> (WSOP). Die Blinds liegen bei 1.000/2.000, die Ante<br />

bei 300. John raist in früher Position mit Ah-Qs auf 6.000.<br />

Tom callt aus mittlerer Position, alle anderen folden. Der<br />

Flop bringt Qh-9h-3s. John bettet 12.000 und Tom callt. Der<br />

Turn bringt 4h und John beschließt zu checken. Er glaubt,<br />

er hat wahrscheinlich immer noch die beste Hand (genau<br />

wie ein Redraw zu den Nuts), aber hat etwas Angst vor<br />

dem Flush und würde gerne vermeiden, um einen großen<br />

Pot out of Position zu spielen. Tom überlegt etwa fünfzehn<br />

Sekunden und checkt dann nach ihm. Der River führt mit<br />

der zweiten 4 zu einem Paar auf dem Board. John spielt mit<br />

25.000 an und hofft auf einen Call. Stattdessen raist Tom<br />

auf 100.000.<br />

Johns erster Impuls ist es, zu folden. Wahrscheinlich hat<br />

Tom den Nut Flush slow gespielt. Es ist unwahrscheinlich,<br />

dass er ein Full House hat, denn dann hätte er Q-Q vor dem<br />

Flop gereraist. Damit bleiben 9-9 und 3-3 als sinnvolle<br />

Möglichkeiten, aber das Board am Turn bot so viele Möglichkeiten<br />

für ein Draw, dass Tom diese Hände gebettet hätte.<br />

John eine freie Riverkarte mit einem zufälligen Herz auf der<br />

Hand zu geben, wäre schlechtes Spiel gewesen.<br />

Aufgrund dieser Logik beschließt John, dass der Nut Flush<br />

die wahrscheinlichste Hand Toms<br />

ist und wirft noch einen letzten<br />

Blick auf seine Karten, bevor<br />

er foldet. Er sieht das Herz Ass<br />

und erkennt, dass Tom nicht<br />

den Nut Flush haben kann. Was<br />

hat er dann? K-Q in Herz? John<br />

überprüft das Board und sieht,<br />

dass die Qh dort liegt. Vielleicht<br />

hat er K-J oder J-T in Herz, aber<br />

würde er es mit diesen Händen<br />

wirklich riskieren, dem Ah eine<br />

freie Karte zu geben?<br />

Währenddessen wird Daniel<br />

Negreanu an den Tisch gesetzt.<br />

Er legt seine Chips auf den Tisch<br />

und verfolgt dann das Geschehen.<br />

Er sieht, dass Tom ein grauhaariger,<br />

leicht übergewichtiger<br />

Weißer Ende Vierzig ist. Er ist<br />

gepflegt gekleidet und trägt keinen teuren Schmuck. Seine<br />

Chips sind ordentlich gestapelt und Daniel stuft ihn als<br />

einen tighten, konservativen Spieler ein. Dann sieht er, wie<br />

Toms Hände schrecklich zittern und Daniel weiß einfach,<br />

dass Tom eine sehr starke Hand hat. Da Daniel nicht gesehen<br />

hat, was alles vor dem River passiert ist, weiß er nicht, ob<br />

das auf einen Flush oder ein Full House hinweist.<br />

Körpersprache-Spezialist Joe Navarro sitzt ebenfalls mit<br />

am Tisch. Er sieht das gleiche Zittern, das Daniel bemerkt<br />

hat, aber er glaubt, Tom blufft. Warum? Weil Joe gewisse<br />

Informationen hat, die Daniel nicht hat. Als die Turnkarte<br />

fiel, war Tom ruhig: kein Zittern, nicht einmal ein versteckter<br />

Blick auf seine Chips, der andeutet, dass er überlegt, ob<br />

er betten soll. Das Gleiche sah Joe auch, als die Riverkarte<br />

fiel. Joe hat John ebenfalls beobachtet, als der seine Karten<br />

überprüft und seine Hand schon fast weggeworfen hat. Tom<br />

fing erst zu zittern an, als John seine Karten nahe an sich<br />

heranzog und seinen schützenden Chip wieder auf seine<br />

Karten gestellt hat. Mit anderen Worten, Tom fing erst an<br />

zu zittern, als er Grund zu glauben hatte, seine Bet würde<br />

gecallt werden. Joe ist sicher, dass Tom blufft.<br />

Internet-Legende Chris9215 hat die gesamte Hand<br />

beobachtet. Er glaubt, John repräsentiert eine starke Hand<br />

mit einem Paar. Mindestens K-Q, vielleicht sogar A-A.<br />

Außerdem hat Chris gesehen, wie Tom den ganzen Tag tight<br />

gespielt hat und nimmt an, dass Tom eine starke Hand hat.<br />

Er denkt, Tom hat viel zu viel gesetzt, um einen Call zu<br />

bekommen. Er lacht innerlich, wie schlecht und berechenbar<br />

Live-Spieler sind, während er darauf wartet, dass John<br />

foldet und Tom ihm dann höflich die Nuts zeigt (oder die<br />

Beinah-Nuts).<br />

Michael sitzt mit am Tisch und hat noch eine weitere Sichtweise<br />

auf die Hand. Nur eine Woche zuvor saß Michael in<br />

einem Satellite an Toms Tisch. Sie plauderten miteinander<br />

und Tom erzählte, wie er seinen Platz bei der WSOP bei<br />

Bodoglife gewann. Sie diskutierten Strategien bei Online-<br />

Turnieren, und Tom erzählte, dass er immer die gleiche<br />

Strategie anwendet. Er spielt sehr geduldig und wartet auf<br />

starke Hände. Die schwächeren Spieler zahlen ihn immer<br />

aus. Michael sah, wie Tom seine tighte Strategie angewandt<br />

hatte, und er sah, dass sie funktionierte. Michael hatte Tom<br />

so geduldig und tight spielen sehen, dass er sicher war, Tom<br />

hatte eine gewaltige Hand. Er hatte Tom schätzen gelernt<br />

und hoffte, John würde ihn törichterweise auszahlen.<br />

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WEISHEITEN: BONOMO - CONT.<br />

Ben ist ein anderer Spieler am Tisch, der mit Tom viel online gespielt<br />

hat. Ben weiß, dass Tom als einer der tightesten Grinder bei Bodog bekannt<br />

ist und mit seiner super-tighten Strategie in Online-Partien sehr viel<br />

Geld gewonnen hat. Ben ist ebenfalls sicher, dass Tom diese Bet nicht<br />

ohne sehr starke Hand machen würde.<br />

Matt sitzt am Tisch und hat Informationen, die kein anderer hat, weil<br />

er direkt neben Tom sitzt. Er hatte seine Kopfhörer auf und hat nicht<br />

besonders auf die anderen Spieler geachtet. Er sieht, wie wild Toms<br />

Füße zittern und sich aneinander reiben. Alles andere ist Matt egal. Er<br />

sieht, wie nervös Tom ist und ist sich 100-prozentig sicher: Er blufft.<br />

Matt wünscht sich, er hätte sein Paar Zweien gespielt, um hier einen<br />

Hero-Call machen zu können.<br />

Will hat schließlich etwas bemerkt, was kein anderer Spieler am Tisch<br />

bemerkt hat. Der Tisch hinter ihnen wurde gerade eine Minute vorher<br />

aufgelöst und ihr Tisch ist der nächste, der aufgelöst werden wird. Will<br />

ist nicht ganz sicher, wie gerissen Tom ist, aber er denkt sich, „Dies wäre<br />

eine irre Gelegenheit für Tom, sein tightes Image zu nutzen, um einen<br />

Bluff durchzuziehen. Der Tisch wird bald aufgelöst, also ist dies seine<br />

letzte Chance, das zu machen, bevor er dieses Image wieder von vorne<br />

aufbauen muss.“<br />

Jetzt kommen wir wieder zu John, der als Einziger wirklich eine Entscheidung<br />

auf Grundlage der Informationen treffen muss, die er hat.<br />

John beschäftigt sich seit über einem Jahr intensiv mit Poker und versucht,<br />

so gut zu spielen, wie er kann. Er weiß, wie kompliziert Poker<br />

ist und strebt danach, so oft wie möglich, die richtige Entscheidung zu<br />

treffen. Aber was soll er hier tun?<br />

Hätte er den Supercomputer, um ihm zu helfen, dann würde er dem<br />

Computer die Informationen des Tisches geben. Er würde erklären, wie<br />

tight Tom gespielt hat und wie er bislang noch keinen Bluff gezeigt hat.<br />

Er fragt sich, ob der Computer die gleiche Logik anwenden würde, um<br />

zu dem Schluss zu kommen, dass Tom kein Full House hat und auf dem<br />

Turn gebettet hätte, um seinen Flush zu schützen, wenn er denn einen<br />

hat. Was ist wichtiger? Zwei Stunden tightes Spiel oder seine Analyse<br />

der Hand?<br />

Leider fehlen John all die Informationen, die Daniel, Joe, Chris, Michael,<br />

Ben, Matt und Will über Tom gesammelt haben. Aus Johns Perspektive<br />

gibt es einfach nicht genug Informationen, um eine souveräne<br />

Entscheidung zu fällen.<br />

John schaut sich sein Herz-Ass ein letztes Mal an und kommt zu dem<br />

Schluss, dass Tom, sollte er wirklich den unwahrscheinlichen Flush<br />

oder das Full House haben, die Hand gut gespielt hat (abgesehen davon,<br />

die Hand am Turn nicht geschützt zu haben) und den Pot verdient. John<br />

weiß, dass Tom ein tighter Spieler ist, aber zugleich kann er Tom die<br />

starke Hand einfach nicht glauben. Er sieht all die Chips im Pot und<br />

kann sich einfach nicht dazu durchringen, zu folden. Er schiebt seine<br />

Chips nach vorne, macht den Call und bedauert das bereits, bevor die<br />

Chips im Pot liegen.<br />

John hält seine Hand über dem Muck, während er darauf wartet, dass<br />

Tom eine starke Hand umdreht. Stattdessen hört er die zwei schönsten<br />

Worte der Welt: „Du gewinnst.“ John dreht A-Q um und angewidert wirft<br />

Tom J-T in Kreuz mit den Bildern nach unten in den Muck. „Wie kannst<br />

Du hier callen? Das ist ein fürchterlicher Call. Wahrscheinlich hast Du<br />

überhaupt nicht gemerkt, wie tight ich die ganze Zeit gespielt habe!“<br />

Tom blickt sich um und sieht, wie Joe, Matt und Will in sich hinein<br />

lächeln. Sie alle denken, „ich war nicht einmal in der Hand dabei und<br />

wusste, Du bluffst. Gut gespielt, Fisch. Mach es beim nächsten Mal doch<br />

bitte nicht ganz so offensichtlich.“<br />

Obwohl diese drei in sich hineinlachen, sieht Tom bei den restlichen<br />

Spielern unterschiedliche Mienen. Daniel, Chris, Michael und Ben sind<br />

alle schockiert. Chris sagt sogar zu Tom, „Wow, schöne Bet. Ich war sicher,<br />

Du hast eine starke Hand. Großartiger Bluff, auch wenn er nicht<br />

funktioniert hat.“<br />

Tom schüttelt den Kopf und beschimpft sich innerlich. Er weiß, er<br />

hat gerade einen großen Teil seines Stacks im wichtigsten Turnier des<br />

Jahres weggeblufft. Er murmelt, „Deshalb sollte ich die Donkeys nie<br />

bluffen. Sie callen immer.“<br />

Unterdessen hat John bereits vergessen, dass sein erster Impuls der<br />

war, zu folden. Innerlich klopft er sich auf die Schulter, weil er seinem<br />

Bauchgefühl vertraut hat und den richtigen Call gemacht hat. Das Gesamtbild<br />

und all die Informationen, die er nicht bemerkt hat, werden John<br />

nie bewusst. Es ist ihm egal, denn er ist jetzt Chipleader am Tisch.<br />

Offensichtlich ist diese Geschichte erfunden, um etwas zu zeigen. In<br />

jeder Situation im Poker erhält man ein paar Teile des Puzzles. Wenn<br />

man aufpasst, dann hat man vielleicht mehr Puzzleteile als jeder andere<br />

am Tisch. Aber man hat nie alle Teile. Es gibt einfach zu viele.<br />

In diesem Fall kam jeder einzelne Spieler am Tisch zu einer vernünftigen,<br />

logischen Schlussfolgerung über die Hand. Hätte jeder von ihnen<br />

geschildert, was er über die Hand gedacht hat, hätte ein Experte auf der<br />

Grundlage der Informationen, die sie hatten, ihren Schlussfolgerungen<br />

zugestimmt. Das Problem ist, dass manche der Spieler grundlegende<br />

Informationen nicht hatten, die ihre Interpretation der Hand vielleicht<br />

geändert hätten.<br />

Denken Sie einfach an diese Geschichte, wenn Sie das nächste Mal<br />

versuchen, eine Entscheidung zu fällen, bei der es unter anderem darauf<br />

ankommt, herauszufinden, was Ihr Gegner denkt. Es gibt immer<br />

noch mehr Informationen, die man herausfinden kann. Die kleinste<br />

Bewegung oder sogar ein Kleidungsstück kann das fehlende Puzzleteil<br />

sein, das Sie brauchen, um Ihre Entscheidung zu treffen. Die beste Information<br />

wären natürlich Hunderte von Stunden Erfahrung mit diesem<br />

Spieler, aber in einem Turnier kann man normalerweise davon nicht<br />

ausgehen.<br />

Damit kommen wir wieder zu dem zurück, was ich am Anfang gesagt<br />

habe: In jeder Situation im Poker gibt es eine optimale Spielweise. Was<br />

schwer fällt, ist die Situation zu erkennen.<br />

In jeder Situation haben Sie es mit einem Gegner (oder mehreren<br />

Gegnern) zu tun. Im Allgemeinen wissen Sie nicht, welche Karten sie<br />

haben, aber Sie können immer eine Range bestimmen, die auf der<br />

Wahrscheinlich jeder Hand beruht. Mit einem Minimum an Informationen<br />

wird diese Range ziemlich groß sein und die optimale Spielweise<br />

ist dann gewöhnlich das „Standardverfahren“ oder Teil der Strategie, die<br />

am wenigsten leicht auszunutzen ist. Während Sie mehr Informationen<br />

über Ihre(n) Gegner erhalten und nicht nur seine möglichen Hände,<br />

sondern auch seine Denkweise besser bestimmen können, wird Ihre<br />

optimale Spielweise plötzlich sehr viel „spezieller“. Zum Beispiel wäre<br />

es, wenn man einer großen Bet auf dem River gegen einen unbekannten<br />

Spieler gegenüber steht, ein Fehler, ohne wirklich, wirklich starke Hand<br />

immer zu folden. Ihre Gegner könnten anfangen, Sie links und rechts zu<br />

bluffen. Aber wenn Sie es mit einem sehr tighten Spieler zu tun haben,<br />

dann kann dies oft zur optimalen Strategie werden.<br />

Schließlich möchte ich meinen ersten Punkt noch einmal wiederholen.<br />

Vielleicht scheint es manchmal so, als hätte man in einer bestimmten<br />

Situation viele gute Möglichkeiten, aber es gibt immer nur eine korrekte<br />

Spielweise und alle restlichen sind Fehler. Keine vollständigen Informationen<br />

zu besitzen, wird Sie oft eine Spielweise wählen lassen, die an<br />

den Ergebnissen gemessen inkorrekt scheint, aber tatsächlich richtig<br />

ist. Das spielt keine Rolle. Was eine Rolle spielt, ist, dass angesichts der<br />

spezifischen Situation, in der Sie sich befanden, mit den Informationen,<br />

die Sie zu diesem Zeitpunkt hatten, Ihr Spiel richtig war. Wenn Sie also<br />

Ihr Spiel im Nachhinein noch einmal beurteilen, bedenken Sie, dass<br />

die Situation vielleicht nicht die gleiche ist. Die Informationen, die Sie<br />

im Anschluss an die Hand gewonnen haben (zum Beispiel, indem Sie<br />

die Karten gesehen haben), ändert die Lage, in der Sie sich befanden,<br />

vollkommen. Was zählt, ist die Situation, in der Sie zu dem Zeitpunkt<br />

waren, in dem Sie die Entscheidung gefällt haben.<br />

Hoffentlich konnten Sie meinen etwas gewundenen Gedanken folgen.<br />

Wenn ja, dann sollte sich der Kreis schließen und Sie wieder bei meiner<br />

ursprünglichen Behauptung angelangt sein:<br />

In jeder Situation im Poker gibt es immer eine optimale Spielweise.<br />

Was schwer fällt, ist die Situation zu erkennen.<br />

Justin Bonomo spielt ausschließlich bei BodogLife<br />

62 ??????????? <strong>2008</strong> • WWW.<strong>BLUFF</strong><strong>EUROPE</strong>.COM <strong>BLUFF</strong> <strong>EUROPE</strong> - DEUTSCHSPRACHIG<br />

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WISDOM: 62 PFUND<br />

Heil davon<br />

gekommen<br />

You Can’t Help but be Happy for Mike Matusow<br />

Von Gary Wise<br />

M<br />

ike Matusow zu so guter Verfassung gewesen war. Er versprach,<br />

beobachten ist einem „Dies wird ein gutes Jahr für mich. Ihr werdet<br />

Autounfall zuzusehen sehen.“ Um es gleich danach zu beweisen.<br />

nicht ganz unähnlich. Event #18 – $5.000 No Limit 2-7 Draw<br />

Diese Faszination, etwas Lowball mit Rebuys – war eins der stärksten<br />

Explosives zu beobachten; bei Autos sieht man,<br />

wie Metall zusammen gepresst wird und hört,<br />

wie Objekt auf Objekt trifft; bei Matusow ist es<br />

der scheinbar unausweichliche Ausraster und<br />

die „Wehe mir!“-Klagen, die am Ende folgen.<br />

Es ist die Essenz dessen, was Poker so unterhaltend<br />

macht.<br />

Vor der World Series of Poker <strong>2008</strong> (WSOP)<br />

hatte Matusow seit 2002 kein Bracelet mehr<br />

gewonnen. Angesichts von Matusows Rang im<br />

Poker und dessen, was seitdem geschah, ist das<br />

einigermaßen verblüffend. Ja, er gewann 2005<br />

das WSOP Tournament of Champions, aber<br />

tatsächlich kommt nichts dem Gewinn eines<br />

Bracelets gleich. Als er schließlich wieder eins<br />

Teilnehmerfelder, die man je bei der WSOP<br />

gesehen hatte. Als sich der Rauch am vorletzten<br />

Spieltag verzogen hatte, versprach der<br />

Finaltisch nicht nur enorm unterhaltsam zu<br />

werden, sondern wies auch bemerkenswert<br />

viel Talent auf.<br />

Zu Matusow gesellten sich die Cashgame<br />

Monsterspieler David Benyamine und Jeff<br />

Lisandro, der legendäre Barry Greenstein, der<br />

ungestüme Tony Guoga, alias Tony G, der Mann<br />

mit den guten Karten, Erick Lindgren und der<br />

amtierende WSOP Spieler des Jahres, Tom<br />

Schneider. Schwache Spieler gab es nicht.<br />

Benyamine, Guoga und Schneider schieden<br />

in dieser Reihenfolge aus und dann begann<br />

gewann, waren bei den unzähligen<br />

der wirkliche Grabenkrieg.<br />

Worten, die aus<br />

seinem Mund sprudelten,<br />

Als Matusow loszulegen begann,<br />

kämpften die vier noch<br />

die intensivsten und<br />

verbliebenen Spieler einen<br />

wahrsten einfach: „Ich bin<br />

Zermürbungskrieg, wobei<br />

glücklich.“ Was kann man<br />

mehr verlangen?<br />

Zu Beginn der WSOP<br />

<strong>2008</strong> sah Matusow ziemlich<br />

mitgenommen aus.<br />

Eine $100.000 Wette, ob<br />

es ihm gelingen würde, abzunehmen,<br />

ging am Vorabend<br />

der Series zu Ende<br />

und obwohl „The Mouth“<br />

die Wette gewonnen hatte,<br />

zuerst Lindgren und dann<br />

Greenstein die Action an sich<br />

rissen. Lindgren strauchelte<br />

erst, als Matusow, der sich in<br />

dieser Nacht als vom Schicksal<br />

auserwählt zeigen sollte,<br />

etwas machte, das Lindgren<br />

später „einen der schlimmsten<br />

Spielzüge, den man in der Geschichte<br />

dieses Spiels überhaupt<br />

je machen kann“ nannte.<br />

forderte sie ihren Tribut.<br />

Mike Matusow In einem späterem Interview<br />

„In den letzten 98 Stunden<br />

schilderte Lindgren <strong>BLUFF</strong><br />

habe ich nichts außer<br />

Limonade, Cayennepfeffer<br />

und Ahornsirup zu mir genommen.“ Jeden Tag<br />

war er acht Meilen gelaufen, bis sein Körper<br />

nicht mehr konnte. Alles in allem hatte er 62<br />

Pfund in genau einem Jahr abgenommen.<br />

Der neue, dünnere Mike wirkte geschwächt.<br />

Offensichtlich hatte er weniger Energie, da er<br />

sich von der Anstrengung erholte. Dennoch<br />

war er dankbar für das, was er durchgemacht<br />

hatte, und meinte, er fühle sich wie ein neuer<br />

Mensch, der in den letzten zehn Jahren nie in<br />

seine All-in Hand.<br />

„In der entscheidenden Hand<br />

raiste Jeff Lisandro am Button auf 80.000,<br />

Mike erhöhte im Small Blind auf 280.000<br />

und ich machte daraus sofort 380.000, aber<br />

zog eine Karte. Natürlich freut man sich über<br />

eine Pat-Hand [eine Hand, bei der man keine<br />

Karten zieht]…in diesem Fall eine Pat-Neun<br />

oder irgendwas in der Art. Jeff foldet und Mike<br />

ist wieder dran und ich möchte, dass er Karten<br />

zieht, denn ich habe K-7-6-3-2, eine schöne<br />

Hand für ein Draw, aber ich liege hinten, wenn<br />

er einen Buben hat. Also sage ich zu Mike<br />

„Vielleicht callst Du die Hundert besser nicht,<br />

denn Du könntest bereits hoffnungslos hinten<br />

liegen.“ Irgendwas hat in Mikes Gehirn Klick<br />

gemacht, und er machte einen der schlimmsten<br />

Spielzüge, den man in der Geschichte dieses<br />

Spiels überhaupt machen kann, es war einfach<br />

nur lachhaft. Er warf nicht seine Zehn weg,<br />

sondern er warf auch seine Neun weg. Er zog<br />

zu 8-7-4, was sowieso eine schreckliche Hand<br />

für ein Draw ist. Er bekam eine Sechs und eine<br />

Zwei, um ein Eight-Low zu machen. Meine<br />

Zwei wurde zum Paar und ich war draußen.“<br />

Obwohl er zwei Karten gegen Lindgrens<br />

eine gezogen hatte, obwohl sein Draw mit drei<br />

Karten schlechter war als Lindgrens Draw mit<br />

vier Karten, hatte Matusow am Ende gewonnen.<br />

Lindgren erklärte später, er „hätte Mike<br />

fast den Kopf abgerissen, als Mike ihm die<br />

Hand gab und ihn über den Tisch zog“, bevor<br />

Lindgren sich vom Tisch entfernte. Wie TJ<br />

Cloutier gerne sagt, „Das ist Poker“.<br />

Nachdem Lindgren ausgeschieden war,<br />

konnte Matusow mit ähnlich viel Glück auch<br />

Greenstein vom Tisch schicken, obwohl Barrys<br />

Abschied sich länger hinzog. Beide, Matusow<br />

und Lindgren, sprachen höchst anerkennend<br />

über Greensteins Spiel, nachdem er eliminiert<br />

worden war. Schließlich stand nur noch<br />

Lisandro zwischen Matusow und seinem dritten<br />

Bracelet. Ein paar Draws zur richtigen Zeit<br />

und ein paar großartige Reads waren nötig,<br />

aber schließlich war Matusow am Ziel.<br />

Ob dieser neue, dünnere Matusow mit dem<br />

(zugegeben, nur wenig) ruhigeren Auftreten<br />

und den fehlenden 62 Pfund von Dauer ist,<br />

kann nur die Zeit zeigen. Ob Lindgren oder<br />

Greenstein das Bracelet gewonnen haben<br />

sollten, kann nur nachträglich und durch einen<br />

theoretischen Ansatz beurteilt werden, der<br />

die tatsächlichen Ergebnisse nicht in Betracht<br />

zieht. Was wir wissen ist, dass an diesem einen<br />

Tag, Matusow, anstatt demoliert worden zu<br />

sein, heil davon gekommen ist. Er gewann sein<br />

Bracelet und es hat ihn glücklich gemacht.<br />

Man kann nicht anders, als sich mit ihm über<br />

sein Glück zu freuen.<br />

Gary Wise schreibt regelmäßig für <strong>BLUFF</strong>, espn.<br />

com und seine eigene Webseite, www.wisehandpoker.com.<br />

54 SEPTEMBER <strong>2008</strong> • WWW.<strong>BLUFF</strong><strong>EUROPE</strong>.COM <strong>BLUFF</strong> <strong>EUROPE</strong> - DEUTSCHSPRACHIG<br />

WISEHAND.indd 32 16/7/08 21:54:18


v<br />

No Limit Golf —<br />

Literally!<br />

Von Adam Slutsky<br />

72<br />

on meinem etwa fünf Meter entfernten<br />

Beobachtungsposten konnte ich den Putter<br />

meines kleinen Bruders zittern sehen.<br />

Zugegeben, der Wind war wirklich garstig –<br />

Böen von 80 Stundenkilometern waren gemessen<br />

worden – aber die Angst von Mutter Natur<br />

hatte absolut nichts mit Sandes unerwartetem<br />

Pseudo-Epileptischen Anfall zu tun. Nun, obwohl<br />

er nur etwas über einen Meter bei einem Green mit<br />

wenig oder gar keinen Unebenheiten putten musste,<br />

ging es doch um ernsthafte Summen – ganze $10.000!<br />

– sowie die Aussicht auf stolze $250K ein bisschen weiter<br />

am Green entlang. Und da gab es noch diese Geschichte<br />

– oder zumindest die Fortsetzung dieser Geschichte. Ich<br />

könnte versuchen, klug zu beschreiben, was genau verloren<br />

gehen würde, sollte er nicht einlochen, aber die unvergesslichen,<br />

Bourbon-geschwängerten Worte des wettergegerbten<br />

Captain Quint aus Der Weiße Hai bringen es<br />

perfekt auf den Punkt. Einfach gesagt, würden wir „Kopf,<br />

Schwanz, das ganze verdammte Ding“ verlieren.<br />

Ich behaupte gewiss nicht Hellseher zu sein, aber<br />

ich würde alle Bälle in meiner Golftasche sowie meine<br />

Eier darauf verwetten, dass die 100 cm Gras, die vor<br />

Sande lagen, wie 100 Kilometer aussahen und das<br />

vorschriftsmäßig große Loch im Boden sich irgendwie<br />

in den Hintern einer Amöbe verwandelt hatte. Ich fühlte<br />

SEPTEMBER <strong>2008</strong> • WWW.<strong>BLUFF</strong><strong>EUROPE</strong>.COM<br />

zwar definitiv mit meinem Bruder, war aber auch froh,<br />

dass er den Putt machen musste, nicht ich. Der Umstand,<br />

dass ein Haufen hoch auflösender Videokameras surrte<br />

und das Drama fürs Fernsehen aufnahm, verstärkte nur<br />

das geistige Chaos, das zwischen seinen Ohren zweifellos<br />

herrschte. Und so, nach einer Zeitspanne, die wie eine<br />

Ewigkeit wirkte, aber tatsächlich nur ein paar Sekunden<br />

dauerte, schwang Sande den Schläger so geschmeidig,<br />

wie es unter den Umständen nur menschenmöglich war,<br />

und führte seinen Schlag aus.<br />

Als ich letztes Jahr unmittelbar vor der Auftaktveranstaltung<br />

über die World Series of Golf (WOSG) geschrieben<br />

habe, war ich Außenstehender. Fernseh-, Unterhaltungsund<br />

Sportvermarktungsagent Terry Leiweke, Präsident<br />

und Geschäftsführer der WSOG, war so freundlich<br />

gewesen, mir eine Einladung mitzuspielen, zukommen<br />

zu lassen, aber Terminschwierigkeiten hielten mich vom<br />

Abschlag fern. Dennoch, ich sammelte alle Fakten, interviewte<br />

alle wichtigen Leute und schrieb meinen Artikel.<br />

Und obwohl ich zwar der Meinung bin, ich habe der Geschichte<br />

– und dem Turnier – Gerechtigkeit widerfahren<br />

lassen, so bleibt unterm Strich doch das Gefühl, ich hätte<br />

das ganze verdammte Ding nicht glanzvoll genug dargestellt.<br />

Denn nachdem ich beim zweiten Teil des Turniers<br />

dabei war, unbestreitbar das Coolste, was man in Klamotten<br />

auf einem Golfkurs je machen kann, bin ich für im-<br />

<strong>BLUFF</strong> <strong>EUROPE</strong> - DEUTSCHSPRACHIG<br />

SLUTSKY.indd 112 16/7/08 22:34:12


mer süchtig, abhängig wie ein Klebstoff-Schnüffler in einer Pattex-Fabrik.<br />

Was als neues Zockerkonzept begann und von zwei Poker spielenden Golfkumpels aus Las Vegas – John<br />

Slitz und Ken Maul – erdacht wurde, ist mittlerweile fast eine eigene Industrie und zu einem unglaublichen<br />

jährlichen Ereignis geworden, bei dem man „dabei sein muss“. Mittlerweile gibt es auch eine lange Liste<br />

hochrangiger Partner und Sponsoren (Full Tilt Poker, Octagon, Greenspun Media Group, PeakVision Sports,<br />

Custom Entertainment, <strong>BLUFF</strong> und viele mehr), einen Vertrag mit einem großen Fernsehsender (CBS) mit<br />

mehreren Jahren Laufzeit über die Übertragungsrechte und sogar ein öffentlich gehandeltes Papier auf der<br />

OTC Anschlagtafel (WSGF). Da die WSOG Geschick im Golf mit der Raffinesse von No Limit Texas Hold’em<br />

Poker vereint, ist sie mehr als einfach nur „Wettkampf mit Chips“.<br />

Viel mehr.<br />

Die Spieler treten in einem ausgeglichenen Feld gegeneinander an, in Gruppen, die nach Handicap gebildet<br />

werden und folgen dann den Regeln von No Limit Texas Hold’em, allerdings auf dem Golfkurs<br />

und nicht am Pokertisch. Doch sobald gespielt wird, sind die Handicaps unwichtig. Nach<br />

einer Auslosung nach Zufallsprinzip um „den Button“ (was hier die Reihenfolge des Spiels<br />

bestimmt), setzen die Teilnehmer die Ante und gehen zum Abschlag. Anders als beim traditionellen<br />

Golf, wo derjenige, der am weitesten vom Loch entfernt ist, normalerweise als Erster<br />

spielt, folgen die Spieler der vorher festgelegten Reihenfolge, die genauso reihum geht, wie<br />

der Dealerbutton um den Pokertisch geht. Wie im Poker kann derjenige, der als Erster dran<br />

ist, checken oder setzen. Je nach Action kann der nächste Spieler checken, raisen oder folden.<br />

Check-raisen ist nicht erlaubt. Wenn alle Einsätze gebracht wurden, dann führen die Spieler,<br />

die noch in der „Hand“ sind, ihre Schläge aus und wiederholen das Ganze, bis ein Sieger für<br />

dieses Loch feststeht. Bei Gleichstand teilen sich diese Spieler den Pot. Wie in jedem Pokerturnier<br />

geht es so lange weiter, bis ein Spieler alle Chips gewonnen hat. Die Anfangsbankroll<br />

an Tag Eins der WSOG beträgt $10.000 (die Höhe des Buy-ins) und die Ante beginnt bei $100<br />

(1 Prozent der Anfangsbankroll des Tages) und verdoppelt sich alle drei Löcher. Wenn ein Teilnehmer<br />

nicht genug Geld hat, um die Ante zu bezahlen, dann scheidet er sofort aus und seine<br />

verbleibenden Chips kommen in den Pot. Vielleicht wirkt das alles auf den ersten Blick ein<br />

wenig verwirrend, aber wenn ein geistiger Zwerg wie ich diese Regeln im Nu versteht, dann<br />

haben Sie sicher keine Probleme damit. Aber um alle Missverständnisse zu vermeiden – von<br />

der Notwendigkeit, Taschenrechner oder Computer mit Rechensoftware mitzunehmen ganz<br />

zu schweigen – sind bei jeder Gruppe Croupiers dabei, um die Einsätze zu verfolgen und dafür<br />

zu sorgen, dass das Spiel glatt läuft.<br />

Vom Standpunkt eines Golfpuristen, eines Traditionalisten, der sein Können nur gegen die<br />

Schöpfungen des Kursdesigners testen möchte, ist die WSOG eine Anomalie, eine schöne Sache,<br />

die verdorben wird, ähnlich wie A1 Soße auf sein Steak zu tun oder Soda in seinen Scotch.<br />

Aber für alle anderen – vom hochklassigen Beinah-Profi bis zum Hobbyspieler mit hoffnungslos<br />

hohem Handicap – ist die WSOG die beste Sache auf dem Golfkurs seit der Einführung<br />

von Oben-Ohne Getränkewagenfahrerinnen. Tatsächlich sorgen das Format und die Struktur<br />

allein für einen so aufregenden Tag auf dem Grün, dass sogar das Geld keine Rolle spielt.<br />

Okay, Moment Mal, wem erzähle ich hier was? Das Geld fügt einem bereits gut gewürzten<br />

Mahl eine superscharfe Paprikaschote hinzu. Man fragt sich, warum man vorher überhaupt in<br />

irgendeiner anderen Form Golf um Geld gespielt hat.<br />

Um die Wahrheit zu sagen, habe ich eine Hass/Liebe Beziehung zum Golf. Ich wuchs auf<br />

dem Gelände eines Ferienhotels auf und mir stand ein phantastischer, von Tom Fazio neu<br />

entwickelter, Golfkurs zur Verfügung. Aber das heißt nicht, dass ich das Spiel beherrsche.<br />

Schließlich ist es beim Golf ähnlich wie beim Sex: Man muss nicht sehr gut sein, um Spaß<br />

daran zu haben. Doch ich weiß, wie reizvoll Golf sein kann und wie gut man mit einer Runde<br />

den Härten des Alltags entfliehen kann. Über die Jahre habe ich halb-ernsthaft gespielt; manchmal<br />

musste ich wochenlang hintereinander täglich spielen, zu anderen Zeiten habe ich das<br />

Grün Monate lang gemieden wie eine Tussi mit Genitalwarzen. Doch Masochist, der ich bin,<br />

habe ich nie genug und komme immer wieder, wie ein menschlicher Bumerang mit Reparaturmaschine für<br />

defekte Rasenstücke. Leider hat sich die Beziehung in der letzten Zeit überwiegend auf der Hass-Seite des<br />

Spektrums abgespielt, Dank eines Debakels bei einer Runde in Scottsdale, Arizona. Um eine lange Geschichte<br />

kurz zu machen: Ich kam auf das Green eines Par-4 Kurses und brauchte danach fünf Schläge, um einzulochen,<br />

was dazu führte, dass ich mich an meinem Putter und an ein paar anderen Schlägern in meiner Golftasche<br />

abregierte. Dieses Erlebnis brachte mich dazu, dem Golf für immer abzuschwören, zumindest solange,<br />

bis Schweine fliegen. Also empfehle ich Ihnen nachdrücklich, eine Weile mit großem Regenschirm unterwegs<br />

zu sein, weil im Moment unglaublich viel Schinken durch die Luft schwirren muss. Denn sehen Sie, Philip<br />

Conneller, <strong>BLUFF</strong> Europes hervorragender Feuilletonredakteur, rief mich an, und meinte, er hätte für mich<br />

bei der diesjährigen WSOP einen $10.000 Platz reserviert. Erster Preis $250.000. Ob ich spielen könnte?<br />

Machst Du Witze? Das ist, als ob man fragt, ob Prinz William auf Frauen anziehend wirkt oder ob George<br />

Michael Knieschützer trägt, wenn er auf öffentliche Toiletten geht.<br />

High-profile<br />

participants<br />

for the event<br />

included:<br />

♠ Ray Romano, actor<br />

(“Everyone Loves Raymond”),<br />

comedian<br />

♠ John Daly, TV personality<br />

(“Real TV”)<br />

♠ Phil Gordon, worldclass<br />

poker pro, author<br />

and television host<br />

♠ Phil Ivey, five-time<br />

World Series of Poker<br />

bracelet winner<br />

♠ Tom Schneider, 2007<br />

World Series of Poker<br />

Player of the Year<br />

♠ Daniel Negreanu, two<br />

World Poker Tour titles<br />

♠ Rhett Butler, 2006<br />

World Series of Poker main<br />

event 5th-place finisher<br />

♠ Chris “Jesus” Ferguson,<br />

2000 World Series<br />

of Poker Champion<br />

♠ Erick Lindgren, 2004<br />

World Series of Poker<br />

Player of the Year<br />

♠ Dusty Allen, former major<br />

league baseball player<br />

♠ Emily Jilette, wife of<br />

magician Penn Jilette<br />

(of Penn & Teller)<br />

www.worldseriesofgolf.com<br />

<strong>BLUFF</strong> <strong>EUROPE</strong> - DEUTSCHSPRACHIG WWW.<strong>BLUFF</strong><strong>EUROPE</strong>.COM • SEPTEMBER <strong>2008</strong> 73<br />

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Unfortunately, he missed<br />

the putt by a mile — it<br />

broke exactly how he<br />

thought it would — and<br />

immediately expressed<br />

his displeasure with me.<br />

I still have the scar.<br />

Hallo!?<br />

Plötzlich begann ich mich zu fragen, ob die Sache irgendeinen<br />

Haken hatte. Hmmm. Aber bei meinem Gespräch mit Philip hatten<br />

wir nicht darüber geredet, dass ich irgendein eng anliegendes, nietenbesetztes<br />

Lederkostüm tragen sollte, um ihn mit Kette um den<br />

Hals ins Londoner Palladium zu begleiten, also ging ich davon aus,<br />

ich müsste mir hier keine Sorgen machen. Unnötig zu erwähnen,<br />

aber ich schoss ein überzeugendes „Verdammt, ja!“ zurück und<br />

weckte meine Golfschläger aus ihrem Winterschlaf in der Garagenecke<br />

auf.<br />

Dann kam ich wieder auf den Boden der Tatsachen zurück: War<br />

ich gut genug? Mein Ego sagte: „Ja“, aber mein sehr viel intelligenterer,<br />

unbewusster Begleiter intervenierte, wies mich an, zum Telefon<br />

zu greifen und meinen kleinen Bruder anzurufen. Mit Handicap<br />

7, hübschem Swing und aggressivem Herangehen an das Spiel<br />

ist Sande ein wirklicher Kämpfer mit lächerlich weitem Abschlag.<br />

Obwohl sein Spiel auf die kurze Distanz manchmal so konstant ist<br />

wie die geistige Verfassung von Britney Spears, ist er bei schwierigen<br />

Schlägen einer der besten Nicht-Profis, die ich kenne. Ich habe<br />

ihn aus Büschen schlagen sehen, unter Bäumen, aus der Wüste<br />

und einmal hat er den Ball sogar absichtlich über einen See geschlagen.<br />

Deshalb waren<br />

die Chancen, dass<br />

er auf dem Golfkurs<br />

Geld gewinnen würde<br />

sehr viel höher als<br />

die Ihres geschätzten<br />

Autors. Und da jeder<br />

WSOG-Spieler die Dienste<br />

eines Caddies/<br />

Finanzberaters in Anspruch<br />

nehmen kann<br />

– angefangen vom<br />

Analysieren der Greens bis zur Hilfe bei den Einsätzen – konnte<br />

ich meine ganze Aufmerksamkeit auf die Story konzentrieren und<br />

es Sande überlassen, sich auf Golf zu konzentrieren, sowie darauf,<br />

unsere Taschen mit Geld zu füllen. Zwei Wochen später waren wir<br />

Richtung Sin City unterwegs, mit Ziel Mirage, offizielles Hotel und<br />

Kasino für die World Series of Golf.<br />

Punkt Eins der Tagesordnung war ein Pflichttermin für alle<br />

Spieler, Caddies/Finanzberater, bei der die Regeln erläutert wurden.<br />

Dieses Jahr waren 80 glückliche Spieler aus einer Liste von<br />

400 Interessierten ausgewählt worden. Das war unser erster Eindruck<br />

des Wettbewerbs und wir sahen zahlreiche Berühmtheiten<br />

aus der Unterhaltungsbranche, dem Profisport und der Pokerwelt,<br />

darunter: Ray Romano, Alan Thicke, Dusty Allen, Phil Ivey, Chris<br />

„Jesus“ Ferguson, Phil Gordon, Erick Lindgren, und Allen Cunningham<br />

und viele andere. Vergessen wir nicht den Sieger des letzten<br />

Jahres, Mark Ewing. Er war zurück, gerüstet und bereit, seine Krone<br />

zu verteidigen.<br />

Nachdem wir Antworten auf jede nur vorstellbare Situation<br />

im Turniergolf erhalten hatten – zum Beispiel, was eine Gefahr<br />

darstellt und wie man vorgeht, wenn ein Ball in der Körperöffnung<br />

eines toten Tiers landen sollte – lud man uns zu einem unglaublichen<br />

Buffet ein, das im Secret Garden & Dolphin Habitat serviert<br />

wurde, und bei dem es genug kulinarische Köstlichkeiten gab, um<br />

jeden Äthiopier in einen Feinschmecker-Kunden von Jenny Craig zu<br />

verwandeln. Als wir ankamen, waren alle in Weiß gekleidet – das<br />

Thema war eine „Party in saloppem Weiß“, was der subtilen Klasse<br />

des Golfsports und Siegfried und Roys weißen Tigern und Löwen<br />

die Ehre erwies. Mein Bruder und ich müssen die Dress-Code-Notiz<br />

übersehen haben; wir sahen wie Verbrecher aus. Dennoch kauten<br />

und tranken wir nach Herzenslust, genau wie unzählige Las Vegas<br />

Berühmtheiten, während wir zusahen, wie eine Gruppe von Atlantiktümmlern<br />

eine erstaunliche Show in dem über 10 Millionen Liter<br />

fassenden Wasserbiotop vollführten.<br />

Als wir am nächsten Tag zur Paiute Golfanlage kamen – drei<br />

Golfkurse zu Füßen der malerischen Spring Mountains, entworfen<br />

von dem weltberühmten Architekten Pete Dye – blies der Wind so<br />

stark, dass sich Schaumkronen auf dem See bildeten. Gerüchten<br />

zufolge hatten sich die Außerirdischen, die die UFOs fliegen, die<br />

in Südnevada regelmäßig gesichtet werden, darauf geeinigt, am<br />

Boden zu bleiben, um einen weiteren Area 51 Zwischenfall zu verhindern.<br />

Mein Bruder und ich erhielten die Paarungstabelle, nahmen ein<br />

schnelles, aber nahrhaftes, Frühstück zu uns und machten uns<br />

auf den Weg zum Übungsgelände, um uns einzuspielen. Eigentlich<br />

musste Sande nicht die morgendliche Steifheit überwinden,<br />

sondern nur seine Nervosität. Meine Rolle war bedeutend weniger<br />

stressig. Abgesehen von meinen Pflichten als <strong>BLUFF</strong>-Autor und<br />

Ratgeber, wie viel man vor jedem Schlag setzen sollte, war ich<br />

damit zufrieden, dem Vorbild Christopher Williams’ zu folgen, Caddie/Finanzberater<br />

für Rhett Butler, Fünftplatzierter bei dem Main<br />

Event der WSOP 2006 und letztes Jahr Zweiter bei der WSOG.<br />

Chris meinte: „Unser Job ist einfach … hinkommen, Maul halten,<br />

dabei bleiben.“<br />

Ein weiser Rat, dachte ich. Denn wenn es um meinen kleinen<br />

Bruder und den Golfteil der Gleichung geht, versuche ich, Streit zu<br />

vermeiden. Vor Jahren war ich einmal bei irgendeinem komischen,<br />

unbedeutenden Wohltätigkeitsturnier sein Caddie. Am 18. Loch<br />

brauchte er einen Birdie, um ein Playoff zu erzwingen. Der Schlag,<br />

der für den Ausgleich sorgen sollte, war ein mittlerer und sehr<br />

machbarer Putt und wir hatten eine schwere Auseinandersetzung<br />

über die Beschaffenheit des Greens. Ich vertrat meine Auffassung<br />

so unerbittlich, dass er schließlich seine Meinung änderte und sich<br />

meiner Sicht der Dinge anschloss. Leider ging der Putt meilenweit<br />

daneben – er verlief genau so, wie mein Bruder geglaubt hatte –<br />

und Sande zeigte mir sein Missfallen sofort. Ich habe die Narbe<br />

immer noch.<br />

Schließlich war die Zeit zum Abschlag gekommen. Runden #1<br />

und #2 wurden auf dem Snow Mountain Kurs gespielt (6534 Meter<br />

von den Tips – unseren Tees), der einmal von Golf Digest als Nummer<br />

Eins der öffentlich zugänglichen Golfkurse in Nevada gelistet<br />

wurde. Die Finalrunde würde auf dem „Wolf“-Kurs stattfinden,<br />

der neueste und schwierigste der drei Paiute-Kurse, mit tierischen<br />

6.953 Metern von den hinteren Tees.<br />

Wir trafen unseren Croupier, den fanatischen Golfer Travis Senninger<br />

aus Las Vegas. Er war begeistert über das Format der WSOG<br />

und meinte, es sei perfekt für Wochenend-Krieger und erfahrene<br />

Profis. „Der Kick, den das Spiel dadurch erhält, ist wirklich beeindruckend”,<br />

meinte er.<br />

Der Vierte in unserer Runde war Butch Holmes, ein High Stakes<br />

Golfer aus Palm Desert, Kalifornien und San Antonio, Texas. Butch<br />

hatte bereits WSOG Luft geschnuppert und das Jahr zuvor beim<br />

Turnier in Primm Valley gespielt. Dann gab es da noch den Miragegesponserten<br />

Greg Keller, der in Las Vegas wohnte. Und Donnie<br />

Nicholson, der, nach dem zu urteilen, was ich auf dem Übungsplatz<br />

gesehen hatte, wohl unser größter Rivale war.<br />

Mein Bruder und ich hatten kurz über eine Strategie für den ersten<br />

Schlag gesprochen. Da man nie eine zweite Chance bekommt,<br />

einen ersten Eindruck zu machen, dachten wir, es wäre klug, wenn<br />

Sande den Ball irgendwo hin schlug. Sollte Sande so schlagen, wie<br />

er es normalerweise tat, dann könnte das seine Gegner verunsichern<br />

und sie wissen lassen, dass er allen bei der erstbesten Gelegenheit<br />

an die Kehle ging. Wenn er dagegen einen schlechten Abschlag<br />

machen würde, zum Beispiel ins Gebüsch oder den Ball sogar gar<br />

nicht richtig treffen würde, dann gewannen sie vielleicht den Eindruck,<br />

dass Sande wild und unbeständig war, und niemand, um<br />

den man sich viel Gedanken machen musste.<br />

Kurz gesagt, falsche Hoffnungen.<br />

Am Ende schmetterte Sande seinen Abschlag Mitte links den<br />

Fairway entlang, was einen Zuschauer dazu brachte, zu rufen: „Gefahr<br />

vorüber!“<br />

Gleich vom ersten Loch an war der Wettkampf ein intensives Aufund<br />

Ab, wobei jeder der Spieler irgendwann einmal Chipleader war,<br />

ein Beweis dafür, dass das Paarungssystem perfekt ausgeklügelt<br />

74<br />

SEPTEMBER <strong>2008</strong> • WWW.<strong>BLUFF</strong><strong>EUROPE</strong>.COM TO SUBSCRIBE, TEXT “Bluff” TO 6<strong>01</strong>55<br />

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116 AUGUST <strong>2008</strong> • WWW.<strong>BLUFF</strong>MEDIA.COM<br />

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worden war.<br />

Sande hatte so etwas noch nie erlebt und war von Struktur und Format<br />

vollkommen begeistert: „Es gibt einem bereits komplizierten, oft<br />

frustrierenden, Spiel noch einen zusätzlichen Dreh. Als ob man beim<br />

Golf nicht schon genug über jeden einzelnen Schlag nachdenken müsste<br />

– vor allem im Wettbewerb – aber jetzt kommt auch noch das Pokerelement<br />

ins Spiel. Es zwingt einen, nicht nur Golffehler, sondern auch<br />

Setzfehler zu vermeiden.“<br />

Und dann kam das 15. Loch. Drei Spieler waren noch übrig; alle waren<br />

mit drei Schlägen auf dem Green und putteten für Par. Keller, der<br />

die wenigstens Chips hatte und als Erster schlagen musste, sah sich<br />

einem Drei-Meter-Schlag abwärts gegenüber. Er checkte. Nicholson, der<br />

mit kleinem Vorsprung Chipleader war, weil er den Short Stack Butch<br />

Holmes eliminiert hatte, musste absolut gerade zwei Meter bewältigen.<br />

Er checkte ebenfalls. Sande, nur etwas mehr als einen Meter vom Loch<br />

entfernt, lächelte mich schief an. Ich konnte seine<br />

Gedanken lesen: Fuß auf die Kehle und<br />

zudrücken.<br />

„Ich bin All-in“, verkündete mein<br />

Bruder.<br />

Verblüffend, doch beide Spieler<br />

callten ohne zu zögern.<br />

Heilige Scheiße! Weder<br />

ich noch Sande hatten damit<br />

gerechnet.<br />

Der Sekt-oder-Selters-<br />

Moment war gekommen<br />

und alle entschieden sich,<br />

nach dem Sekt zu greifen!<br />

Nachdem er und sein<br />

Caddie den Putt aus jedem<br />

nur möglichem<br />

Blickwinkel betrachtet<br />

hatten, brachte sich Keller<br />

in Position und probierte<br />

sein Glück. Er traf den Ball<br />

gut, aber der segelte harmlos<br />

am Loch vorbei, womit Kellers<br />

Schicksal praktisch besiegelt<br />

war, sollten Donnie oder Sande<br />

einlochen. Nur wenige Augenblicke<br />

später brachte sich Nicholson in Stellung.<br />

Ruhig, cool, gesammelt, schlug er den<br />

Ball scheinbar ohne jede Probleme mitten ins<br />

Loch. Dieser Bursche hatte, um Teddy KGB zu zitieren,<br />

„Alligatorblut“ in den Adern.<br />

Alle Augen waren jetzt auf Sande gerichtet. Dies war der Moment. Alles<br />

oder Nichts. Aber sobald er den Ball traf, kannte ich das Ergebnis.<br />

Treffer versenkt, Baby! Juhuh!<br />

Da waren es nur noch zwei. Wir sagten Keller auf Wiedersehen und<br />

machten uns zum Par-3 16. Loch auf. Nachdem Sande seinen Abschlag<br />

ins Wasser gesetzt hatte, das genaue Gegenteil von Nicholsons wunderbarem<br />

Abschlag, foldeten wir schnell – und verloren nur das absolute<br />

Minimum, die $3.200 Ante – und gingen dann weiter zu #17, 483 Meter,<br />

Par-5 mit einem kleinen Knick nach links.<br />

Nachdem sie die Ante gesetzt hatten, machten Sande und Donnie<br />

ihren Abschlag und schauten sich hinterher die Ergebnisse an. Nicholson<br />

war in Top-Form und sein Schlag landete mitten im Fairway. Aber<br />

bei dem monströsen Gegenwind und angesichts der Entfernung zum<br />

Loch brauchte Nicholson mit Sicherheit noch mehr als zwei Schläge.<br />

Sande hatte etwas nach links geschlagen. Der Ball war auf einem Rough,<br />

das sich nach oben schwang, gelandet, kaum zwei Zentimeter von<br />

einem von fünf Holzpfählen entfernt, die oben aus der Sandfalle ragten<br />

wie Finger einer Hand. Einfach ausgedrückt, sah es ziemlich düster aus.<br />

Natürlich checkten wir. Nicholson ging sofort All-in.<br />

Ich drehte mich zu meinem Bruder um und runzelte die Stirn. „Verdammt.<br />

Ich glaube, wir müssen folden.“<br />

Aber davon wollte Sande nichts wissen.<br />

„Warum?“, fragte er. „So groß ist<br />

sein Vorteil nun auch nicht.“<br />

Dies ist die Situation, in der ich zeigen<br />

sollte, warum ich mein Geld wert war.<br />

Die Stimme der Vernunft sein und Sande<br />

dazu bringen, die richtige Entscheidung<br />

zu treffen. Für mich war die Lage so offensichtlich<br />

wie ein dreißig Zentimeter<br />

langer fluoreszierender Dildo in einem<br />

mit Kerzen beleuchteten Konvent. „Bruderherz,<br />

guck Dir an, wo Dein Ball liegt“,<br />

sagte ich. „Ich glaube, mir müssen abgeben<br />

und unser Glück am nächsten Loch versuchen.“<br />

*Das Event 20<strong>09</strong> hat maximal<br />

125 Plätze bei einem Startgeld<br />

von $10.000. Außerdem<br />

wird es ein $200.000 Buy-in<br />

Event mit ultrahohen Einsätze<br />

geben, an dem 30 Spieler<br />

teilnehmen können, und in<br />

dem die sechs Finalteilnehmer<br />

um $3,5 bis $4 Millionen<br />

Dollar spielen werden!<br />

Zusätzlich findet noch ein<br />

durch den Ryder-Cup inspirierter<br />

Mannschaftswettbewerb<br />

namens „Setanta Cup“ statt.<br />

Sande schaute mir direkt in die Augen und schüttelte den Kopf. Ich<br />

konnte sehen, wie das Feuer in ihm brannte. „Denk dran, Adam, wenn<br />

es um Golf geht, dann vertrau mir. Und ich sage Dir, ich habe das im<br />

Griff. Hier zeigen wir es ihnen. Genau hier, genau jetzt!“<br />

Bevor ich noch etwas sagen konnte, wandte Sande<br />

seine Aufmerksamkeit Travis, dem Croupier zu,<br />

und sagte zuversichtlich: „Ich calle.“<br />

Was dann kam war meiner Meinung<br />

nach der beste Schlag mit einem<br />

4er-Iron, den ich Sande je habe<br />

machen sehen. Streichen Sie<br />

das. Der beste Schlag mit<br />

einem 4er-Iron, den ich je<br />

überhaupt irgendjemanden<br />

habe machen sehen. Er<br />

landete rechts vom Fairway,<br />

nur eine Winzigkeit entfernt<br />

vom Green. Gerechterweise<br />

muss man sagen, dass Nicholson<br />

ebenfalls extrem gut geschlagen<br />

hatte, aber ich konnte<br />

sehen, dass ihn der Mut verlassen<br />

hatte. Ich bin ziemlich sicher,<br />

er rechnete damit, dass Sande<br />

folden würde (wie ich geraten hatte)<br />

oder zumindest den Schlag verpatzen<br />

würde. Nichts konnte weiter von der Wahrheit<br />

entfernt sein. So hatten die beiden die<br />

Rollen getauscht; mit einem möglichen Nicholson<br />

3er-Putt würden wir das Loch gewinnen und<br />

einen wohl uneinholbaren Vorsprung bekommen.<br />

Nach den Antes bei #18 war Nicholson pot-committed. Ganz<br />

egal, wo sein Abschlag landete, bei einem Fold hätte er nicht mehr<br />

genügend Chips, um die Ante am ersten Loch des Playoffs zu bezahlen.<br />

Aber zusätzliche Löcher waren das Letzte, woran Sande jetzt dachte.<br />

Voll gepumpt mit Adrenalin, berstend vor Selbstvertrauen und mit dem<br />

Glück, den Wind im Rücken zu haben, hämmerte Sande ein 2er-Iron-<br />

Schlag die Mitte des Fairways entlang. Er sagte, es war der beste Schlag<br />

mit einem 2er-Iron, den er je gemacht hatte. In Anbetracht der Tatsache,<br />

dass er nicht ganz 300 Meter lang war, wonach er nur noch etwas<br />

mehr als 100 Meter zu bewältigen hatte, muss ich ihm zustimmen. Drei<br />

Schläge später war es vorbei. Sandes Par war besser als Donnies Bogey<br />

und brachte uns den Sieg. Damit holten wir das Startgeld von $10.000<br />

zurück und, noch wichtiger, katapultierten uns ins Halbfinale mit der<br />

Chance, ums große Geld zu spielen. Es begann mit einem fünften Preis<br />

von $30K und kulminierte im ersten Preis von $250.000. Ich würde<br />

Ihnen gerne mehr erzählen, aber ich möchte Ihnen nicht das Vergnügen<br />

rauben, sich das anzuschauen, denn im Fernsehen wird dieses Turnier<br />

eine Woche, nachdem diese Zeitschrift am Kiosk liegt, gezeigt. Aber<br />

eine Sache ist sicher: Wenn nicht eine Welt umfassende Katastrophe<br />

oder irgendein anderes apokalyptisches Ereignis eintritt, dann werde<br />

ich die World Series of Golf im nächsten Jahr unter keinen Umständen<br />

verpassen. Aber dann werde ich meine eigenen Schläger dabei haben.<br />

So wie ich es sehe, habe ich 364 Tage, um zu üben!<br />

<strong>BLUFF</strong> <strong>EUROPE</strong> - DEUTSCHSPRACHIG WWW.<strong>BLUFF</strong><strong>EUROPE</strong>.COM • SEPTEMBER <strong>2008</strong><br />

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Auf einen Blick<br />

SWISS RANKING<br />

Juli <strong>2008</strong><br />

(Stand 13. Juli)<br />

NAME<br />

PUNKTE<br />

1 Giovanni Zurzolo CH 3.648,2<br />

2 Cemil Doganyilmaz CH 3.556,4<br />

3 Christian von Rohr CH 3.262,7<br />

4 Walter Blätter CH 2.330,1<br />

5 Dogan Güngor CH 1.980,4<br />

6 Heinz Brechbühl CH 1.949,9<br />

7 Martin van Gelder CH 1.766,4<br />

8 Roland Bucher CH 1.632.9<br />

9 Mustafa Tuncdogan CH 1.593,3<br />

10 Christian Kunz CH 1.590,1<br />

G. Zurzolo<br />

CASINO AUSTRIA<br />

RANKING Juli <strong>2008</strong><br />

(Stand 13. Juli)<br />

NAME<br />

PUNKTE<br />

1 Peter Hannke AT 527,5<br />

2 Frank Werder DE 341,5<br />

3 Andreas Krause DE 290,5<br />

4 Hansi Suppan SRB 266,0<br />

5 Hans Fest IT 263,5<br />

6 Cyrill Kotter DE 263,0<br />

7 Helmut Strobel DE 260,0<br />

8 Sebastian Behrend DE 256,5<br />

9 Johann Sperrer AT 252,0<br />

10 Dragoslav Timarac SRB 246,0<br />

P. Hanke<br />

G. Dogan<br />

In Deutschland gibt es zurzeit kein repräsentatives Ranking!<br />

SAARLAND<br />

SPIELBANKEN<br />

(Stand 10 Juli,<br />

Jackpot 3.446<br />

S. Benrend<br />

NAME<br />

GEWINN<br />

1 Luc Thong Ta DE 13.044<br />

2 N. N. DE 12.244<br />

3 Daniel Matissek DE 11.358<br />

4 Albert Pissinger LU 10.127<br />

5 Alfred Neu DE 9.928<br />

6 Giuseppe Sardone IT 9.269<br />

7 Pascal Barilaro FR 8.686<br />

8 Joris di Grgorio Zitella FR 8.452<br />

9 Damiano Albanese IT 8.275<br />

10 Said Bichbiche FR 6.744<br />

D. Timarac<br />

S. Schiffelholz<br />

66<br />

SEPTEMBER <strong>2008</strong> • WWW.<strong>BLUFF</strong><strong>EUROPE</strong>.COM<br />

<strong>BLUFF</strong> <strong>EUROPE</strong> - DEUTSCHSPRACHIG


CASINO Linz<br />

Rainerstraße 2-4, A-4020 Linz<br />

Texas Hold’em No Limit<br />

Wochenturnier am 10.07.<strong>2008</strong><br />

100 € – 39/(-, -) – 3.631 €<br />

Name (EUR) Gewinn<br />

1 Cyril Kotter, DE 1.380<br />

2 Wilhelm Ihrler,DE 1.<strong>01</strong>7<br />

3 N.N., AT 726<br />

4 Jan Baerbock, DE 508<br />

Texas Hold’em No Limit + Bounty<br />

Wochenturnier am 08.07.<strong>2008</strong><br />

100 + 20 € – 22/(-, -) – 2.508 €<br />

Name (EUR) Gewinn<br />

1 Peter Pfaf fenwimmer , AT 786<br />

2 Thomas Mayr, AT 579<br />

3 Andreas Kopt, AT 414<br />

4 Roland Egresits, AT 289<br />

CASINO Kleinwalsertal<br />

6991 Riezlern<br />

Texas Hold’em No Limit + Bounty<br />

Wochenturnier am 06.07.<strong>2008</strong><br />

100 € – 10/(-, -) – 8.193 €<br />

Name (EUR) Gewinn<br />

1 Mario Pfanner, DE 3.113<br />

2 Markus Städele, DE 2.295<br />

3 KarinSchäfer, DE 1.640<br />

4 MichaelDunst, AT 1.145<br />

CASINO Salzburg<br />

Schloss Klessheim, A-5071 Wals-Siezenheim<br />

Texas Hold’em No Limit + Bounty<br />

Freitagsturnier am 03.07.<strong>2008</strong><br />

100 € – 24/(-, -) – 2.235 €<br />

Name (EUR) Gewinn<br />

1 Josef Bendl, DE 849<br />

2 Peter Dräxl, DE 626<br />

3 Mirooo, HR 447<br />

4 Pero Lazic, BIH 313<br />

Texas Hold’em No Limit + Bounty<br />

Freitagsturnier am 19.06.<strong>2008</strong><br />

100 € – 24/(-, -) – 2.234 €<br />

Name (EUR) Gewinn<br />

1 Richard Bendl, DE 849<br />

2 Zisis Lianas, DE 625<br />

3 Werner Lorenzoni, AT 447<br />

4 N.N., AT 313<br />

CASINO Seefeld<br />

Bahnhofstraße 124, A-6100 Seefeld<br />

Texas Hold’em No Limit<br />

Donnerstagsturnier am 10.07.<strong>2008</strong><br />

100 € – 39/(-, -) – 3.631 €<br />

Name (EUR) Gewinn<br />

1 Alexander Zaja, DE 1.150<br />

2 Helmut Stobl, DE 850<br />

3 Charalampos Papadopoulos, DE 610<br />

4 Ludwig Trollmann, DE 430<br />

Texas Hold’em No Limit<br />

Sonntagsturnier am 06.07.<strong>2008</strong><br />

100 € – 25/(25, 24) – 4.702 €<br />

Name (EUR) Gewinn<br />

1 Alexander Steinhanses, DE 1.782<br />

2 Kristian Dressler, DE 1.320<br />

3 Alexander Zaja, HR 940<br />

4 Wolfgang Stoetges, DE 660<br />

Texas Hold’em No Limit<br />

Freitagsturier am 04.07.<strong>2008</strong><br />

50 € – 34/(-, -) – 1.615 €<br />

Name (EUR) Gewinn<br />

1 Stefan Rieser, AT 615<br />

2 Christian Hettenkofer, DE 450<br />

3 Manfred Eberharter, AT 320<br />

4 Daniel Micheler, IT 230<br />

CASINO Bregenz<br />

Am Symphonikerplatz 3, A-6900 Bregenz<br />

Texas Hold’em No Limit + Bounty<br />

Freitagsturnier am 04.07.<strong>2008</strong><br />

150 € – 58/(78, -) – 19.380 €<br />

Name (EUR) Gewinn<br />

1 Anton Wechselberger, AT 6.200<br />

2 Matthias Hierl, DE 4.650<br />

3 N. N., AT 3.490<br />

4 Wilhelm Burkert, DE 2.325<br />

5 Michael Hill, DE 1.550<br />

6 Christian Bihl, DE 1.165<br />

Texas Hold’em No Limit + Bounty<br />

Freitagsturnier am 04.07.<strong>2008</strong><br />

300 € – 33/(20, 25) – 22.230 €<br />

Name (EUR) Gewinn<br />

1 Gökhan Ekici, AT 8.450<br />

2 N.N., AT 6.220<br />

3 Stephan Gairing, DE 4.445<br />

4 Markus Städele, DE 3.115<br />

S. Müller<br />

C. Candamir<br />

Ch. Papadopulos<br />

Ch. Segala<br />

<strong>BLUFF</strong> <strong>EUROPE</strong> - DEUTSCHSPRACHIG WWW.<strong>BLUFF</strong><strong>EUROPE</strong>.COM • <strong>2008</strong> SEPTEMBER 67


CCC Wien<br />

Brehmstraße 21, A-1110 Wien<br />

Casino Saarbrücken<br />

Schlosshof 27, D-66706 Nennig<br />

Casino Schloß Berg<br />

Schlosshof 27, D-66706 Nennig<br />

Austrian Mastern<br />

Main Event am 21.06.<strong>2008</strong><br />

500 € – 55/(31, -) – 25.800 €<br />

Name<br />

(EUR)<br />

Gewinn<br />

1 Birgit Lausecker, AT 9.340<br />

2 Andreas Stadler, AT 5.630<br />

3 Eric Larlheveque, FR 3.670<br />

4 Wolfgang Folgar, AT 2.690<br />

5 Dieter Wagenknecht, AT 1.960<br />

6 Gareth Teatum, GB 1.220<br />

Austrian Mastern<br />

Main Event am 20.06.<strong>2008</strong><br />

2.000 € – 81/(-, -) – 162.000 €<br />

Name<br />

(EUR)<br />

Gewinn<br />

1 Michael Cango, AT 46.200<br />

Lu Zhe Zhang, AT 27.700<br />

3 Marco Mattes, DE 18.460<br />

4 Nikolay Karman, RU 15.390<br />

5 Csaba Racz, HU 12.310<br />

6 Khiem Nguyen, DE 10.770<br />

7 David Packer 9.230<br />

8 Balazs Micsinay, HU 7.690<br />

Austrian Masters<br />

Tag 1 am 16.06.<strong>2008</strong><br />

500 € – 77/(-, -) – 38.500 €<br />

Name<br />

(EUR)<br />

Gewinn<br />

1 Alex Leviev 11.020<br />

2 Fred Borre Johannssen, 6.580<br />

3 Roland Szczerba 4.380<br />

4 Petr Havalcek 3.650<br />

5 Hannes Birsak 2.920<br />

6 Hai Huang 2.550<br />

7 Jan Cech 2.190<br />

8 Helmut Tauber 1.820<br />

9 Vadims Milvos 1.460<br />

Austrian Mastern<br />

Main Event am 20.06.<strong>2008</strong><br />

2.000 € – 81/(-, -) – 162.000 €<br />

Name<br />

(EUR)<br />

Gewinn<br />

1 Michael Cango, AT 46.200<br />

Texas Hold’em No Limit<br />

Mittwochsturnier am <strong>09</strong>.07.<strong>2008</strong><br />

100 € – 61/(52, -) – 4.500 €<br />

Name (EUR) Gewinn<br />

1 Ralf Karrenbauer, DE 2.698<br />

2 Crinu Stanca, ROM 1.696<br />

3 Andreas Gondrom, DE 1.156<br />

4 Alfred Neu, DE 848<br />

5 Thorsten Bauere, DE 694<br />

6 Nils Svärd, SE 616<br />

Texas Hold’em No Limit<br />

Mittwochsturnier am 02.07.<strong>2008</strong><br />

100 € – 60/(81, 50) – 13.425 €<br />

Name (EUR) Gewinn<br />

1 Luc Thong Ta, DE 4.699<br />

2 Pascal Barilaro; FR 2.952<br />

3 Mustapha Mohamed, FR 2<strong>01</strong>4<br />

4 Raphael Tykoczinsky, FR 1.477<br />

5 Thorsten Günkel, DE 1.208<br />

6 Stephane Monaco, FR 1.074<br />

Texas Hold’em No Limit<br />

Mittwochsturnier am 25.06.<strong>2008</strong><br />

100 € – 36/(-, -) – 3.168 €<br />

Name (EUR) Gewinn<br />

1 Marco Territo, DE 1.267<br />

2 Christoph Knapp, DE 792<br />

3 Günther Rettel, DE 634<br />

4 Sebastian Meyer, FR 475<br />

CASINO Wiesbaden<br />

Kurhausplatz 1, D-65189 Wiesbaden<br />

Texas Hold’em No Limit<br />

Donnerstagsturnier am 10.07.<strong>2008</strong><br />

75 € – 60/(-, -) – 4.500 €<br />

Name (EUR) Gewinn<br />

1 Roland Litzel, DE 1.060<br />

2 Ben Zweiling, DE 1.060<br />

3 Joachim Köhler, DE 1.060<br />

4 M. Marwedel, DE 500<br />

5 Christian Hauck, DE 400<br />

6 Markus Hütter, DE 360<br />

Texas Hold’em No Limit<br />

Dienstagsturnier am 08.07.<strong>2008</strong><br />

75 € – 60/(-, -) – 4.500 €<br />

Name<br />

(EUR) Gewinn<br />

1 Steffen Zinkhan, DE 1.570<br />

2 Stefan Bischof, DE 990<br />

3 Melki Safar, DE 680<br />

4 N.N., DE 500<br />

5 Stephan Jancar, DE 400<br />

6 Alexander von Alten-Bockum, DE 360<br />

Texas Hold’em No Limit<br />

Sonntagsturnier am 06.07.<strong>2008</strong><br />

100 €– 60/(175, -) – 13.153 €<br />

Name (EUR) Gewinn<br />

1 Gino Scazzari, IT 4.604<br />

2 Joris Di Gregorio Zitella, FR 2.894<br />

3 Nabil Tiliouine, FR 1.972<br />

4 Nathalie Maria Grodidier, FR 1.447<br />

5 Günther Rettel, DE 1.184<br />

6 Damiano Albanese, LU 1.052<br />

Texas Hold’em No Limit<br />

Sonntagsturnier am 29.06.<strong>2008</strong><br />

100 €– 23/(50, -) – 5.174 €<br />

Name (EUR) Gewinn<br />

1 Alfred Neu, DE 1.811<br />

2 Günther Rettel, DE 1.183<br />

3 Voncenzo Fosso, FR 776<br />

4 Denis Kissel, FR 569<br />

5 Stephane Weiler, FR 466<br />

6 Albert Pissinger, LU 414<br />

Texas Hold’em No Limit<br />

Sonntagsturnier am 22.06.<strong>2008</strong><br />

100 €– 31/(-, -) – 2.728 €<br />

Name (EUR) Gewinn<br />

1 Jean Pierre Fosso, IT 955<br />

2 N. N., LU 600<br />

3 Jose Pereira, LU 4<strong>09</strong><br />

4 Colette Anne Moris, LU 300<br />

5 Fares Djeghima, FR 245<br />

6 Karl Krämer. DE 218<br />

Texas Hold’em No Limit<br />

Montagsturnier am 07.07.<strong>2008</strong><br />

300 € – 63/(-, -) – 18.900 €<br />

Name<br />

(EUR) Gewinn<br />

1 Christoph Bieniok, DE 5.870<br />

2 Jean Kleemann, DE 3.480<br />

3 Roberto Cejas-Lopez, ES 2.380<br />

4 Malki Safar, DE 1.650<br />

5 Matthias Lerch, DE 1.280<br />

6 Alexander Gebhard, DE 1.100<br />

7 Rüdiger Brüsch, DE 920<br />

8 N.N. 730<br />

9 Alfred Neu, DE 550<br />

10 Koushik Biswas, DE 370<br />

Texas Hold’em No Limit<br />

Mittwochsturnier am 02.07.<strong>2008</strong><br />

75 € – 45/(-, -) – 3.375 €<br />

Name<br />

(EUR) Gewinn<br />

1 Melki Safar, DE 1.180<br />

2 Sascha Seibert, DE 740<br />

3 Franz Einzinger, DE 505<br />

4 N.N., DE 370<br />

5 Joseph Johnson, US 310<br />

6 Benjamin Bretz, DE 270<br />

68<br />

SEPTEMBER <strong>2008</strong> • WWW.<strong>BLUFF</strong><strong>EUROPE</strong>.COM<br />

<strong>BLUFF</strong> <strong>EUROPE</strong> - DEUTSCHSPRACHIG


GRAND CASINO Baden<br />

Haselstrasse 2, CH-5400 Baden<br />

Texas Hold’em No Limit<br />

Donnerstagsturnier am 10.07.<strong>2008</strong><br />

SFr. 150 – 75/(-, -) – SFr. 9.000<br />

Name (EUR) Gewinn<br />

1 Marco Keller, CH 2.520<br />

2 Christian Kunz, CH 1.890<br />

3 Hans Pfister, CH 1.440<br />

4 Nikola Varalungovic 1.080<br />

5 Flavia Campanile, CH 810<br />

6 Alexander Veselinovic, CH 540<br />

7 Mike-Oliver Widmer, CH 450<br />

8 Chris Engeler, CH 279<br />

Texas Hold’em No Limit<br />

Mitwochsturnier am <strong>09</strong>.07.<strong>2008</strong><br />

SFr. 300 – 41/(21, -) – SFr. 16.740<br />

Name (SFr) Gewinn<br />

1 Stefan Blöchlinger, CH 5.695<br />

2 Rene Klausner, CH 3.685<br />

3 Piotr Liss, CH 2.845<br />

4 Flavio Campanile, CH 2.175<br />

5 Fabian Frenademez, CH 1.505<br />

6 Vladimir Bobot, CH 835<br />

Texas Hold’em No Limit<br />

Dienstagsturnier am 08.07.<strong>2008</strong><br />

SFr. 125 – 41/(21, -) – SFr. 16.740<br />

Name (SFr) Gewinn<br />

1 Zuhdija Nasic, CH 2.180<br />

2 Martin van Geldern, CH 1.640<br />

3 Ralph Ehlert, CH 1.250<br />

4 Andreas Kathmann, CH 935<br />

5 Adrian Wild, CH 700<br />

6 Mischa Blank, CH 470<br />

7 Emerson Alves, CH 390<br />

8 Stefan Kathmann, CH 235<br />

Texas Hold’em No Limit<br />

Montagsturnier am 07.07.<strong>2008</strong><br />

SFr. 70 – 88/(-, -) – SFr. 4.400<br />

Name (SFr) Gewinn<br />

1 Claudia Meier, CH 1.230<br />

2 Dieter Aebi, CH 925<br />

3 Tobias Schwarzenbach, CH 705<br />

4 Tobias Bassi, CH 530<br />

5 Dieter Meier, CH 395<br />

6 Stefan Kathmann, CH 265<br />

7 Chris Engler, CH 220<br />

8 Thörsten Günther, CH 130<br />

Texas Hold’em No Limit<br />

Sonntagsturnier am 05.07.<strong>2008</strong><br />

SFr. 900 – 21/(12, -) – SFr. 17.<strong>01</strong>0<br />

Name (SFr) Gewinn<br />

1 Markus Heblich, CH 6.805<br />

2. Ernst Stoller, CH 4.255<br />

3. Goran Todorovic, CH 2.890<br />

4. Dogan Güngör, CH 1.870<br />

5. Zeljko Kosic, CH 1.190<br />

Texas Hold’em No Limit<br />

Samstagsturnier am 05.07.<strong>2008</strong><br />

SFr. 500 – 24/(12, -) – SFr. 16.200<br />

Name (SFr) Gewinn<br />

1 Uwe Zimmer, CH 6.840<br />

2 Martin van Gelder, CH 4.050<br />

3 Alphons Jäggi, CH 2.755<br />

4 Udo Heran, CH 1.780<br />

5 Kristijan Dragicevic, CH 1.135<br />

CASINO Kursaal<br />

Interlaken<br />

Strandbadstrasse 44, CH-3800 Interlaken<br />

Texas Hold’em No Limit<br />

Montgasturnier am <strong>01</strong>.07.<strong>2008</strong><br />

SFr. 100 – 28/(-, -) – SFr. 2.520<br />

Name (SFr) Gewinn<br />

1 Heinz Inniger, CH 1.134<br />

2 Luca Badimir, CH 630<br />

3 Barbara Brunner, CH 453<br />

4 Alfred Bürgi, CH 302<br />

GRAND CASINO Bern<br />

Kornhausstrasse 3, CH-3<strong>01</strong>3 Bern<br />

Texas Hold’em No Limit<br />

Montgasturnier am 08.07.<strong>2008</strong><br />

SFr. 200 – 30/(-, -) – SFr. 16.490<br />

Name (SFr) Gewinn<br />

1 Le Tan Nam, CH 6.596<br />

2 Stephan Blöchlinger, CH 3.793<br />

3 Herr Kaiser, CH 2.144<br />

4 Ivan Cudina, CH 1.649<br />

5 Daniel Farine, CH 1.319<br />

6 Herr Hürsch, CH 989<br />

Texas Hold’em No Limit<br />

Montgasturnier am <strong>01</strong>.07.<strong>2008</strong><br />

SFr. 200 – 25/(-, -) – SFr. 12.416<br />

Name (SFr) Gewinn<br />

1 N. Rose, CH 4.966<br />

2 N. Galabow, CH 2.856<br />

3 N. Mohamed, CH 1.614<br />

4 N. Le, CH 1.242<br />

5 N. Ljuta, CH 993<br />

6 N. Bracher, CH 745<br />

Grand Casino Luzern<br />

Haldenstrasse 6, CH-6006 Luzern<br />

Texas Hold’em No Limit<br />

Dienstagsturnier am 11.07.<strong>2008</strong><br />

SFr. 100 – 18/(3,18-) – SFr. 17.100<br />

Mit dabei waren Spieler wie<br />

Doganyilmaz Cemil, von Rohr Christian,<br />

Blättler Walter und Le Nhut Cong.<br />

Ein Resultat wurde uns jedoch nicht<br />

ünermittelt.<br />

<strong>BLUFF</strong> <strong>EUROPE</strong> - DEUTSCHSPRACHIG WWW.<strong>BLUFF</strong><strong>EUROPE</strong>.COM • <strong>2008</strong> SEPTEMBER 69


DER VIRTUELLE SPIELTISCH: HERZ UND SEELE<br />

Besuch bei<br />

der WSOP<br />

Von Paul Wasicka<br />

Im Mai schmiedeten zahlreiche Leute um mich herum immer<br />

wieder Pläne für die WSOP – doch mir war es einfach egal.<br />

Ich war absolut nicht erpicht auf den sechswöchigen Super-<br />

Marathon, wo Essen, Schlafen oder geistig gesund bleiben<br />

genau wie so ziemlich alles andere hinter die Pokerorgie<br />

WSOP zurücktritt. Seien wir ehrlich. Was Turniere betrifft,<br />

war das letzte Jahr ziemlich dünn für mich. „Ich spiele ganz sicher<br />

das Main Event und vielleicht ein oder zwei andere Turniere“,<br />

dachte ich, aber mir mangelte es an Enthusiasmus.<br />

Ich hätte es besser wissen sollen. Poker zu spielen liegt mir im<br />

Blut. Als ich anfing, an den Sommer zu denken, sah ich mich immer<br />

wieder ins Rio fahren, eine Million Chips klappern hören und<br />

Showdowns erleben. Kurz gesagt, beim größten Pokerwahnsinn<br />

des Jahres mitzumischen. Das Feuer fing an, etwas intensiver zu<br />

brennen. Ich fing an, Blogs von Spielern zu lesen, von denen ich<br />

etwas hielt. Freunde von mir machten kühne Prognosen und bevor<br />

ich wusste, was geschah, war mein Kampfgeist entflammt. Je mehr<br />

ich über den Sommer in Vegas nachdachte, desto sicherer war ich,<br />

dass ich dabei sein musste.<br />

Der ultimative Motivationsschub kam eines späten Abends<br />

im Mai. Seit etwa einem Monat liefen die Dinge mit Napoleon<br />

Ta, einem guten Freund von mir, nicht allzu gut. Aufgrund einer<br />

unglücklichen Situation und sehr schlechter Kommunikation von<br />

mir war eine wichtige und lange Freundschaft gefährdet. Diesen<br />

Abend, als ich den Telefonhörer abnahm, erzählte er mir, er war auf<br />

dem Weg zur Series und wollte mich an seiner Seite haben.<br />

Sein Telefonanruf feuerte mich unglaublich an. Er buchte ein<br />

Ticket für mich und gleich am nächsten Tag flog ich nach Vegas.<br />

Nappy spielte verblüffend gut und holte den 11. Platz im $2.500<br />

NL. Er spielte mit Herz und Seele und es war schön, die ganze Zeit<br />

dabei zu sein, während er immer weiter nach vorne kam. In den<br />

Pausen diskutierten wir Strategien, nachts dachten wir über Hände<br />

nach und erneuerten dabei die Freundschaft.<br />

Als er nach Hause flog, fühlte ich mich phantastisch – was die<br />

Freundschaft betrifft und was Poker betrifft. In den letzten sechs<br />

Monaten hatte ich hart gearbeitet, um jedes Turnier ernst zu<br />

nehmen, aber ich hatte das Wichtigste vergessen – Spaß. Dieses<br />

Jahr kam ich nicht zur Series, weil ich musste, ich kam, weil ich<br />

wollte. Poker spielen war genau das, was ich tun wollte.<br />

Nappys gutes Abschneiden zu Beginn der Series erwies sich<br />

als erster eine Reihe von Turniererfolgen enger Freunde. Thomas<br />

Fuller, Christopher Moore und Jason Dewitt landeten ein paar Mal<br />

im Cash und gestern Nacht kam Chris Vioxx an den Finaltisch im<br />

$1.500 Razz. Glückwunsch an all diese Jungs genau wie an viele<br />

andere, die zu zahlreich sind, um sie hier namentlich zu nennen.<br />

Deshalb macht die WSOP so viel Spaß. Es ist eine irre Zeit, in der<br />

die Leute kratzen, beißen, neue Strategien entdecken und ihr hart<br />

verdientes Geld und ihre harte Arbeit einsetzen, um ihre Träume<br />

Wirklichkeit werden zu lassen.<br />

Wenn Sie diesen Artikel lesen, dann wird die Series sich bereits<br />

dem Ende nähern. Vielleicht ist sie schon vorbei. Ich weiß nicht,<br />

wie ich mich dann fühlen werde und welche – wenn überhaupt<br />

irgendwelche – Erfolge ich gehabt werden werde. Aber während<br />

ich heute aus dem Fenster schaue und über das Short Handed<br />

Turnier nachdenke, das ich in ein paar Stunden spielen werde,<br />

weiß ich, dass ich bereit bin und es keinen anderen Ort gibt, an<br />

dem ich lieber sein würde.<br />

Paul Wasicka ist Pokerprofi und Trainer in Las Vegas. Er kann unter<br />

www.kwickfish.com kontaktiert werden.<br />

46 AUGUST <strong>2008</strong> • WWW.<strong>BLUFF</strong><strong>EUROPE</strong>.COM <strong>BLUFF</strong> <strong>EUROPE</strong> - DEUTSCHSPRACHIG<br />

WASICKA.indd 94 16/7/08 12:40:34


WEISHEITEN: PRO-FILE - SPIELERPORTRÄT<br />

Kurzportrait<br />

Der Ungeduldige<br />

Vito Branciforte hat sich in der deutschen Turnierszene<br />

einen Namen gemacht. Live und im Internet, wo er<br />

angefangen hat, ernsthaft Pokern zu spielen. Mit <strong>BLUFF</strong><br />

<strong>EUROPE</strong> sprach der Familienmensch über Beziehungen,<br />

seinen Weg zum Profi und seine Ziele. Von Johannes Fischer<br />

Las Vegas, wir treffen Vito Branciforte im Rio, im Starbucks<br />

Coffeeshop, und er beginnt zu erzählen: „Ich bin in<br />

Konstanz am Bodensee geboren und dort aufgewachsen.<br />

Meine Eltern kommen aus Italien, sind aber schon etwa 40<br />

Jahre hier. Auch ich bin Italiener.<br />

Mein Vater war Schreiner, ist jetzt in Rente und meine Mutter ist<br />

Hausfrau. Ich habe sehr nette Eltern: Sie haben mich immer machen<br />

lassen und mir nie etwas vorgeschrieben. Auch bei der Berufswahl<br />

nicht: Erst habe ich Bauzeichner gelernt, danach Architektur studiert,<br />

jedoch das Studium nie abgeschlossen. Ich habe ein Angebot von<br />

einer Versicherungsagentur bekommen und in Konstanz ein großes<br />

Versicherungsbüro aufgebaut. 20<strong>01</strong> habe ich neu angefangen. Da bin<br />

ich zur Generali gegangen.<br />

Mit dem Pokern habe ich vor etwa zwölf Jahren begonnen. Ich habe<br />

mich mit Freunden getroffen und wir haben gepokert. Seit August<br />

2005 habe ich regelmäßig online gespielt, zusammen mit einem<br />

Kollegen. Bis die ersten Erfolge kamen, haben wir jedoch viel Lehrgeld<br />

bezahlt. Mein erster großer Erfolg war der Sieg in einem H.O.R.S.E<br />

Event beim PokerStars World Cup of Online Poker (WCOOP) im<br />

Oktober 2005. 1.500 Leute haben da teilgenommen. Das Buy-in betrug<br />

$215 und das Preisgeld war mit $84.000 nicht zu verachten. Zwei<br />

Disziplinen – Omaha Hi-Lo und Seven Card Stud Hi-Lo – des H.O.R.S.E<br />

Events hatte ich vorher eigentlich noch nie gespielt. Ich habe mir kurz<br />

durchgelesen, wie das geht, einen Kollegen in Wien angerufen, mir ein<br />

paar Tipps geholt und dann los gelegt. Das Turnier begann um zehn<br />

Uhr Abends. Nach etwa dreizehn Stunden hatte ich gewonnen. Wir<br />

haben uns totgelacht. Da war viel Glück dabei.“<br />

Für Vito Branciforte war das ein Startschuss und er überlegt,<br />

professionell zu pokern. Klar, dass er danach viele weitere Turniere<br />

spielt – überaus erfolgreich, wie er selbst sagt. Doch im Moment läuft<br />

bei dem Italiener gar nichts.<br />

„Seit dem 24. Dezember 2007 habe ich kein Turnier mehr<br />

gewonnen. Das ist die längste Durststrecke, die ich je hatte. Vorher<br />

habe ich jeden Monat live oder online mindestens ein Turnier<br />

gewonnen. Vielleicht liegt das an der Umstellung meines Stils. Ich<br />

spiele Turniere meistens aggressiv. Ich übe gerne Druck aus. Da ich<br />

in den letzten Monaten damit nicht so erfolgreich war, habe ich mir<br />

überlegt, tighter zu spielen. Ich komme jetzt bei Onlineturnieren<br />

in der Regel sehr weit und scheide erst kurz vor dem großen Geld<br />

aus. Vielleicht fehlt mir in diesen Situationen jetzt die Aggressivität.<br />

Während ich früher seltener ins Geld kam, bin ich als tighter Spieler<br />

jetzt häufiger im Geld. Dafür war ich früher, wenn ich im Geld war,<br />

satt im Geld. Ich muss wohl den goldenen Mittelweg finden. Doch<br />

wenn man im Turnier mehrere Stunden im gleichen Rhythmus spielt,<br />

ist es gar nicht so einfach, sich umzustellen. Aber darauf kommt es an:<br />

Der Rhythmuswechsel in den unterschiedlichen Turnierphasen. Das<br />

Tempo rausnehmen – und dann wieder Gas geben.“<br />

Vito glaubt, er hat alle „Moves drauf“ und einen guten Read auf<br />

seine Gegner. Doch er will immer mal wieder mit dem Kopf durch die<br />

Wand. Auch wenn er weiß, wie sinnlos das ist. „Ich habe schon einige<br />

große Events gespielt – und wieder kleine Fehler gemacht.“ Fehler,<br />

die den Italiener den Weg verbauten. „Live fehlt mir in bestimmten<br />

Phasen einfach die Geduld.“ Er glaubt, das italienische Temperament<br />

schade ihm in manchen Turnierphasen. „Wenn ich mal einen<br />

wichtigen Pot verliere, werde ich gleich aggressiv und gehe kurz auf<br />

Tilt. Das kostet mich dann gleich einen weiteren Teil meines Stacks.“<br />

Vollprofi ist Vito Branciforte jedoch nicht. „Ich habe in Konstanz<br />

noch immer mein Versicherungsbüro. Tatsächlich habe ich in meinem<br />

Beruf viele Dinge gelernt, die mir beim Pokern helfen. Ich habe<br />

zahlreiche Seminare über Verkaufsschulung, Kundenbetreuung usw.<br />

besucht und kann Gegner gut einschätzen.<br />

Wir – Generali – haben uns auch schon einmal überlegt, eine Bad<br />

Beat Versicherung anzubieten. Versicherungstechnisch kann man das<br />

sicher berechnen. Pokern und das Versicherungsgeschäft haben viel<br />

gemein. Wie Pokerspieler schätzen Versicherungen Risiken ein und<br />

berechnen Beiträge bzw. Einsätze entsprechend.<br />

Um das Versicherungsbüro kümmert sich allerdings vor allem<br />

meine Frau, vielmehr meine Ex-Frau. Sie verstand das mit dem Pokern<br />

nicht und ist abgedüst. Als Pokerspieler ist es schwer, eine Beziehung<br />

zu führen. Da braucht man die richtige Frau und da gibt es nur ganz<br />

wenige.“<br />

Seit er sich vor etwa zehn Monaten von seiner Frau getrennt hat,<br />

läuft es bei ihm mit dem Pokern besser. „Ich habe den Kopf jetzt frei.<br />

Poker, so wie ich es betreibe, kostet viel Zeit. Ich bin viel unterwegs,<br />

spiele viele Turniere und der Tagesablauf ist ganz aufs Pokern<br />

ausgerichtet: Je nachdem, wie die Nacht verlief, stehe ich morgens<br />

oder mittags auf, schaue im Büro nach dem Rechten und spiele dann<br />

wieder online.“ Pro Tag etwa acht, neun Stunden, mehrere Tische<br />

parallel.<br />

„Nach der Trennung von meiner Frau bin ich häufiger nach Bregenz<br />

und in die umliegenden Kasinos gefahren. Allmählich kamen auch<br />

die Erfolge – vor allem in Bregenz. Das ist fast so etwas wie mein<br />

Wohnzimmer und in den Turnierwochen gewinne ich eigentlich fast<br />

immer ein Turnier. Ich mag die Atmosphäre beim Pokern. Ich freue<br />

78 SEPTEMBER <strong>2008</strong> • WWW.<strong>BLUFF</strong>MEDIA.COM <strong>BLUFF</strong> <strong>EUROPE</strong> - DEUTSCHSPRACHIG<br />

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mich auf jedes Event, ich bin gerne unter Menschen, ich brauche<br />

meine Freunde, meine Familie. Vor allem meine Familie ist mir<br />

wichtig. Mit meinem Schwager Falvio bin ich jetzt in Las Vegas und<br />

meine Schwester unterstützt mich unglaublich. Sie hält mir den<br />

Rücken frei und macht mir den Haushalt. Kochen tut sie aber nicht für<br />

mich – ich bin ja eh nie daheim. Meine Schwester glaubt fest daran,<br />

dass ich es im Pokern schaffe.“<br />

Für Vito ging es beim Pokern langsam bergauf. Online ging es<br />

jedoch auch manchmal bergab. Er habe Fehler gemacht. Er selbst<br />

sagt von sich, sein Bankrollmanagement sei schlecht und manchmal<br />

spiele er zu hohe Limits: „Wer mich kennt, der weiß, dass ich einer<br />

bin, der manchmal zu hoch pokert. Der höchste Pot, den ich bisher<br />

verloren habe, kam vor Jahren in der Schweiz in einer privaten Partie<br />

zustande. Da lagen etwa 80.000 oder 90.000 Schweizer Franken im<br />

Pot. Gespielt wurde Pot Limit Omaha. Ich hatte die Asse double suited<br />

und calle nur. Raisen brachte an dem Tisch gar nichts. Der Tisch<br />

war so heiß, denn die haben alles bezahlt. Dann raist einer, ich calle<br />

wieder nur. Es folgt Reraise. Ich habe die Schnauze voll und raise noch<br />

einmal. Vier Spieler sind im Pot, jeder hat viel Geld vor sich und der<br />

Flop bringt A-7-4. Nuts Drilling, Rainbow Flop. Vor mir checken zwei<br />

Spieler und einer spielt den Pot an. Ich spiele gleich Raise-Pot. Beide<br />

schmeißen weg, der Dritte callt. Nächste Karte 4. Nuts Full fertig. Ich<br />

spiele wieder Pot. Er callt, ich gehe All-in. Auf dem River kommt dann<br />

die dritte 4. Er hält eine 4 und gewinnt den Pot. Runner, Runner –<br />

das war einer der größten Bad Beats, die ich je einstecken musste.“<br />

Dennoch ist Vito an diesem Abend als Gewinner vom Tisch gegangen,<br />

mit leichtem Plus. Generell spielt er allerdings lieber Turniere als<br />

Cashgames. Er meint, im Turnierpoker holt man sich das Prestige und<br />

im Cashgame das Geld, um Turniere spielen zu können. Noch kann<br />

Vito vom Poker nicht leben, noch nicht ganz. Er ist ein Lebemann und<br />

braucht viel Geld zum Leben. Doch er glaubt an sich: „Bald ist es so<br />

weit.“ Natürlich müsse er sein Spiel noch verbessern und viel lernen.<br />

Das kann er. Davon ist er überzeugt. Studium, Job – er hat in seinem<br />

Leben schon viel gelernt und erfolgreich umgesetzt. Doch trotz aller<br />

Erfolge überschätzt sich Vito nicht: „Ich halte mich nicht für einen<br />

sehr, sehr guten Pokerspieler, aber ich will es werden. Dabei geht es<br />

mir beim Pokern nicht nur um das Geld, sondern um den Erfolg. Erfolg<br />

ist mir wichtig.“<br />

(Im Main Event der WSOP <strong>2008</strong> schied Vito Branciforte als einer der<br />

letzten deutschen Spieler auf Rang 1<strong>01</strong> aus. Sein Trostpflaster in Höhe<br />

von $41.816 ist nur ein Grund, warum der Italiener seit Monaten von<br />

Sponsoren umgarnt wird.)<br />

<strong>BLUFF</strong> <strong>EUROPE</strong> - DEUTSCHSPRACHIG WWW.<strong>BLUFF</strong><strong>EUROPE</strong> .COM • SEPTEMBER <strong>2008</strong> 79<br />

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