Rotten pflege
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Projekt Gebirgswald<strong>pflege</strong> 11 Bericht Nr.3A. 1993<br />
ERNST ZELLER<br />
<strong>Rotten</strong> <strong>pflege</strong><br />
Ausformung und Benutzung von Baumkollektiven<br />
als stabile Bestandeselemente
Verfasser:<br />
Ernst Zeller, Dip!. Forsting. ETH<br />
Leiter Gebirgswald<strong>pflege</strong>projekt "<br />
CH-7304 Maienfeld<br />
Fotos:<br />
R. Schwitter: Titelbild<br />
Seite 10 oben<br />
Seite 22 unten<br />
E. Zeller Alle übrigen<br />
Titelbild:<br />
Ausgeformte <strong>Rotten</strong> im Winter
Vorwort<br />
Nur ein stabiler Wald kann die von ihm erwarteten Leistungen<br />
genügend zuverlässig und dauerhaft erfüllen. Aus dieser Erfahrung<br />
erwächst die vorrangige Bedeutung der Stabilitäts<strong>pflege</strong>.<br />
Andererseits verfügen wir heute nur über sehr beschränkte<br />
Mittel für die Wald<strong>pflege</strong>. Diese Tatsache zwingt uns, uns auf<br />
die wesentlichsten Ziele zu beschränken und diese mit minimalem<br />
Aufwand anzustreben.<br />
Im Berggebiet gibt es Bestände mit besonderen Stabilitätsproblemen,<br />
eigentliche "Sorgenkinder", die unserer besonderen<br />
Zuwendung bedürfen:<br />
• Flächig-gleichförmige Fichten-Baumhölzer, meist 80 bis<br />
120jährige Aufforstungen, die bisher nie gepflegt wurden.<br />
Sie zu stabilisieren und zeitlich gestaffelt zu verjüngen, ist<br />
ein heikles Unterfangen.<br />
• Flächige Wiederaufforstungen auf Sturmschadenflächen<br />
der letzten Jahrzehnte. Hier ist eine vorbeugende Stabilitäts<strong>pflege</strong><br />
mit vertretbarem Aufwand, geringem Risiko und<br />
dauerhafter Wirkung noch möglich.<br />
Die <strong>Rotten</strong><strong>pflege</strong> ist eine mögliche Methode für spezielle Anwendungsfälle:<br />
ein "Spezialinstrument" und kein neuartiges<br />
Universalrezept. Seit einigen Jahren werden in Fichtenaufforstungen<br />
<strong>Rotten</strong> ausgeformt und damit gute Resultate erzielt -<br />
aber noch lange nicht überall, wo es nötig und nützlich wäre.<br />
Mancherorts kennt man diese Möglichkeit noch nicht, ist mit ihr<br />
(noch) nicht vertraut oder getraut sich nicht, sie anzuwenden.<br />
Das kann sich ändern.<br />
Problematisch wird es dort, wo die <strong>Rotten</strong><strong>pflege</strong> am ungeeigneten<br />
Objekt (Bestand, Standort) zu spät oder falsch angewendet<br />
wird. Das schadet dem Wald, der Methode und dem<br />
Forstdienst. Es ist deshalb unerlässlich, dass die Grundidee<br />
und die entscheidenden Regeln ihrer Anwendung verstanden<br />
werden. Dazu möchte die vorliegende Arbeit beitragen.<br />
Maienfeld, Februar 1994<br />
Ernst Zeller
Inhaltsverzeichnis<br />
Allgemeines<br />
1. <strong>Rotten</strong> 1<br />
2. Wirkung von <strong>Rotten</strong>strukturen 8<br />
3. <strong>Rotten</strong><strong>pflege</strong> 11<br />
11 <strong>Rotten</strong>ausform ung<br />
1. Anwendung 14<br />
2. Allgemeine Zielvorstellung 15<br />
3. Pflegekonzept 17<br />
3.1 Grösse und Form der <strong>Rotten</strong> 17<br />
3.2 Abstand von Rotte zu Rotte 19<br />
3.3 Behandlung der Zwischenräume 20<br />
3.4 Eingriff innerhalb der Rotte 24<br />
3.5 Zeitpunkt des Eingriffes 25<br />
3.6 <strong>Rotten</strong>ausformung 26<br />
3.7 Aufwand 29<br />
3.8 Häufigste Fehler 30<br />
4. Vorgehen<br />
4.1 Konzept entwickeln 31<br />
4.2 Arbeitsabi auf 31<br />
"'<br />
Benutzung von Baumkollektiven<br />
als stabile Bestandeselemente<br />
1. Ein Erbe wird zum Problem 32<br />
2. Mögliche Auswege 37<br />
3. Begünstigung stabiler Bestandeselemente 38<br />
4. Verjüngen 43<br />
4.1 Wann beginnen? 43<br />
4.2 Wie vorgehen? 43<br />
4.3 Besonders empfehlenswerte Literatur 45<br />
5. Planung der Feinerschliessung 46<br />
literaturverzeichn is 48
- 1 -<br />
"Verbunden werden auch<br />
die Schwachen mächtig."<br />
Schiller<br />
I Allgemeines<br />
1 . <strong>Rotten</strong><br />
Begriff<br />
Den Begriff "Rotte" verwenden wir im folgenden für eine dichtstehende<br />
Baumgemeinschaft (Kollektiv) von Trupp- bis<br />
Gruppengrösse, die sich von der Umgebung strukturell abhebt<br />
und von einem mehr oder weniger ausgeprägten Nadelmantel<br />
umhüllt ist (4,5).<br />
Ganzheit<br />
Die Rotte ist als dauerhafte, morphologische und funktionelle<br />
Einheit, als Ganzheit, zu verstehen und zu behandeln (10).<br />
Standorte<br />
<strong>Rotten</strong> und rottenförmige Bestockungen bilden sich natürlicherweise<br />
• auf Wald-Grenzstandorten in der Kampfzone und im obersten<br />
Waldgürtel<br />
• auf kleinflächigen Standortmosaiken mit ausgeprägtem<br />
Wechsel von waldfreundlichen und waldfeindlichen<br />
Kleinstandorten<br />
• auf bestockten Weiden.<br />
Spezialität<br />
der Fichte<br />
Die <strong>Rotten</strong>bildung ist offensichtlich eine Spezialität der Fichte.<br />
Das ist nicht nur im Alpenraum so. Auch bei anderen<br />
Fichtenarten in andern Gebirgen ist das gleiche Phänomen zu<br />
beobachten (11).<br />
Lärche<br />
Arve<br />
In hohen Lagen wachsen auch Lärchen und Arven in Kleinkollektiven<br />
auf (4). Häufig dominiert dann jedoch ein einzelner,<br />
starker Baum.<br />
GWP 11 I <strong>Rotten</strong><strong>pflege</strong>
- 2 -<br />
Lärchen-Kleinkollektive, meist zwei bis sechs eng zusammenstehende<br />
Bäume, bleiben als solche erhalten, wenn sich jede<br />
Lärche einen genügend grossen, voll belichteten Kronenanteil<br />
sichern kann, sei das nun im obern Kronenbereich oder am<br />
äussern Nadelmantel.<br />
Innenleben<br />
- Differenzierung<br />
in der Höhe<br />
Bei der Entwicklung der <strong>Rotten</strong> können verschiedene Phasen<br />
unterschieden werden. Dabei werden das Zusammenleben der<br />
beteiligten Bäume, die innere Struktur und die äussere Form der<br />
Rotte geprägt (11).<br />
Schon im Jungwuchs können die einzelnen<br />
Bäumchen unterschiedliche<br />
Höhen aufweisen. Vielleicht ist die Ansam<br />
ung zeitlich gestaffelt erfolgt;<br />
häufig wachsen sie auf unterschiedlich<br />
günstigen Kleinstandorten auf;<br />
wahrscheinlich haben sie unterschiedliche<br />
Erbanlagen mitbekommen.<br />
Eine ausgeprägte Differenzierung in<br />
der Höhe und Form der Bäume erfolgt<br />
dann aber mit dem beschleunigten<br />
Höhenwachstum in der Dickungsstufe.<br />
Es verstärken sich die Wechselbeziehungen<br />
im Gedränge des<br />
Kollektives.<br />
- Konkurrenz<br />
In der Stangenholzstufe setzt ein<br />
intensiver Konkurrenzkampf ein. Nur<br />
wem es gelingt, die Krone oben am<br />
Licht zu behalten, überlebt - auch<br />
wenn im dunkeln Innern des<br />
Kollektives die untern Kronenteile<br />
absterben.<br />
- Strukturierung<br />
Die Randbäume haben eine Sonderstellung:<br />
Ihr äusserer Kronenmantel<br />
bleibt unbehelligt und grün, das<br />
begünstigt und stärkt sie, das haben<br />
sie aber auch nötig, denn sie sind den<br />
Umwelteinflüssen direkt und weit<br />
stärker ausgesetzt, als die Bäume im<br />
geschützten Innern der Gemeinschaft.<br />
GWP 11 I Ronen<strong>pflege</strong>
- 3 -<br />
- Festigung<br />
Nach der "Sturm- und Drangperiode" flaut der Konkurrenzkampf<br />
ab. Wer mitzuhalten, sich anzupassen und einzufügen vermochte<br />
ist dabei. Aus dem Gegeneinander wird mehr und mehr<br />
ein Miteinander und ein Füreinander.<br />
- Zerfall<br />
oder<br />
- Nutzung<br />
Die selbständige, gefestigte Gemeinschaft<br />
kann nun in dieser Form<br />
überdauern, bis ihre Auflösung und<br />
der Zerfall infolge Alterung und<br />
Krankheit beginnt -<br />
oder<br />
bis sie, als Ganzes, genutzt wird.<br />
- Verjüngung<br />
Ob die Rotte nun zerfällt oder genutzt<br />
wird, sie hinterlässt einen für die Verjüngung<br />
vorteilhaften Kleinstandort.<br />
Ueberlebensgemeinschaften in der Kampfzone<br />
Erscheinungsform<br />
Sc.~nee dl!t-ke<br />
Fr 6J c. cro (,. k /11/':)<br />
W; hdfo, ... e. v-.<br />
Extremstandorte<br />
Diese <strong>Rotten</strong> stehen vereinzelt oder in lockerer Anordnung an<br />
den wenigen Kleinstandorten, wo das Aufkommen von Bäumen<br />
gerade noch möglich ist (4).<br />
GWP 11 I <strong>Rotten</strong><strong>pflege</strong>
- 4 -<br />
Ueberlebensstrategie<br />
- Einzelbäume ?<br />
- Kampfgemeinschaften<br />
- Hohes Alter<br />
- Vegetative<br />
Vermehrung<br />
Unter diesen Extrembedingungen wird die <strong>Rotten</strong>bildung als<br />
Ueberlebensstrategie sichtbar (4):<br />
• Die Bestockung besteht vorwiegend aus <strong>Rotten</strong>.<br />
Einzelbäume überleben seltener (4).<br />
• Die niedrigen Bäume schliessen sich eng zusammen - zu<br />
sogenannten Kampfgemeinschaften. Obschon von Schnee,<br />
Wind und Frost gezeichnet, können sie im Verband ein hohes<br />
Alter erreichen.<br />
• Häufige vegetative Vermehrung und Koloniebildung durch<br />
Astableger sichern die Erneuerung und den langfristigen Fortbestand<br />
der Rotte. Das unter diesen extremen Lebensbedingungen<br />
bewährte Erbgut der Mutterbäume wird unverändert<br />
erhalten und weitergegeben.<br />
GWP " / <strong>Rotten</strong><strong>pflege</strong>
- 5 -<br />
"Modell-<strong>Rotten</strong>" in aufgelösten Bestockungen<br />
Stufig,<br />
kegelförmig<br />
"Klassische Rotte" mit stufigem, kegelförmigem<br />
Aufbau. Verjüngung am<br />
Mantelsaum.<br />
Mit Mantel<br />
und Kern<br />
"Rotte mit Mantel und Kern"<br />
Die Bäume im Innern der Gemeinschaft<br />
(Kern) sind etwa gleich hoch<br />
und bilden ein geschlossenes<br />
Kronendach. Sie finden im engen Verbund<br />
der Kronen Halt und sind gegen<br />
aussen durch den geschlossenen<br />
Nadelmantel der kräftigen Randbäume<br />
geschützt.<br />
Ohne Kern<br />
"Rotte ohne Kern" - nur Randbäume<br />
Jeder der wenigen (2-6) eng zusammenstehenden<br />
Bäume hat mit seiner<br />
einseitig langen Krone einen Anteil<br />
am belichteten Aussenmantel.<br />
In dieser Form bilden auch Lärchen<br />
dauerhafte Kollektive.<br />
Ohne Mantel<br />
"Rotte ohne Mantel"<br />
Dort wo sich die einzelnen <strong>Rotten</strong> im<br />
Laufe ihrer Entwicklung gegenseitig<br />
zusammenschliessen, verlieren sie<br />
ihre grünen Mäntel. Die ursprüngliche<br />
Rotte ist nur noch am lokalen, truppbis<br />
gruppenweisen Dichtstand der<br />
Stämme und an den mehr oder<br />
weniger zurückgebildeten <strong>Rotten</strong>mänteln<br />
erkennbar. Trotzdem bilden<br />
diese Kollektive relativ stabile<br />
Bestandeselemente .<br />
GWP 11 / <strong>Rotten</strong><strong>pflege</strong>
- 6 -<br />
<strong>Rotten</strong> in der Kampfzone<br />
GWP 11 / <strong>Rotten</strong><strong>pflege</strong>
- 7 -<br />
Typische <strong>Rotten</strong>struktur<br />
GWP 11 / <strong>Rotten</strong><strong>pflege</strong>
- 8 -<br />
2. Wirkung von <strong>Rotten</strong> rukturen<br />
Ein aus <strong>Rotten</strong>, aus selbständigen Wäldchen, zusammengesetzter<br />
Wald ist oekologisch vielfältig und stabil.<br />
Standfestig keit<br />
Widerstandskoeffizient<br />
5/"--------7'<br />
der Baumrotte 4<br />
31--___ --;('<br />
2<br />
123456<br />
Stammzahl in der Baumrotte<br />
<strong>Rotten</strong> sind standfeste Verbundsysteme,<br />
stabile Bestandeselemente.<br />
Je dichter die Bäume zusammenstehen,<br />
desto standfester das Kollektiv<br />
als Ganzes (7). Der Baumverbund<br />
kann mit einem Stabbündel verglichen<br />
werden, das im Kronen- und<br />
Wurzelbereich verflochten und elastisch<br />
abgefedert, beziehungsweise<br />
abgestützt, und von einem Kronenmantel<br />
umhüllt ist.<br />
Durchlässigkeit<br />
Das Gefüge eines aus <strong>Rotten</strong><br />
zusammengesetzten Bestandes ist<br />
gekammert und durchlässig - Stürme<br />
und Staublawinen prallen hier nicht<br />
an, sondern dringen ein und laufen<br />
meist schadlos durch. Wenn trotzdem<br />
ein Schaden entsteht, so bleibt er<br />
räumlich auf einzelne Bestandeselemente<br />
begrenzt.:s bleibt beim<br />
momentanen Schadenereignis und<br />
es entwickelt sich daraus kein unberechenbarer,<br />
dynamischer Schadprozess,<br />
wie das in flächig-gleichförmigen<br />
Beständen oft der Fall ist.<br />
Schneeablagerung<br />
1-<br />
kolK<br />
Hof<br />
t<br />
Ve.-rdlU,t:.(4'-'j<br />
H-4ufe....,<br />
Der Schnee kann von der "<strong>Rotten</strong><br />
krone" über die äussern Kronenmäntel<br />
abgleiten (7), so dass sich am<br />
Boden eine ungleich hohe und dichte,<br />
eine stabile Schneedecke bildet.<br />
GWP 11 / <strong>Rotten</strong><strong>pflege</strong>
- 9 -<br />
Oekologische<br />
Vielfalt<br />
Infolge dieses Bestandesgefüges ist alles mosaikartig, fleckig<br />
verteilt: Die Bäume, die Bodenvegetation, das Licht, die Wärme,<br />
die Feuchtigkeit, der Schnee (14). Damit entsteht oekologische<br />
Vielfalt, in der zahlreiche Tier- und Pflanzen arten ihre<br />
oekologischen Nischen finden: Nahrung, Schutz und<br />
Fortpflanzungsmöglichkeiten. Selbst durch die punktuelle<br />
Nutzung einzelner <strong>Rotten</strong> wird das Ganze nicht gefährdet oder<br />
zerstört.<br />
GWP 11 / <strong>Rotten</strong><strong>pflege</strong>
- 10-<br />
Gut ausgebildete <strong>Rotten</strong>mäntel.<br />
Schneeablagerung zwischen den <strong>Rotten</strong>.<br />
Schneefreier Hof im Bereich der Rotte<br />
GWP 11 I <strong>Rotten</strong><strong>pflege</strong>
- 11 -<br />
3. <strong>Rotten</strong><strong>pflege</strong><br />
Begriff<br />
Unter dem Begriff "<strong>Rotten</strong><strong>pflege</strong>" fassen wir im folgenden alle<br />
Massnahmen zur Begründung, Ausformung, Erhaltung und<br />
Erneuerung von <strong>Rotten</strong> sowie deren Benutzung als stabile<br />
Bestandeselemente zusammen.<br />
Kein Generalrezept<br />
Anwendung<br />
<strong>Rotten</strong><strong>pflege</strong> ist kein Generalrezept für alle Fälle. Sie soll nur<br />
dort angewendet werden, wo die nötigen Voraussetzungen gegeben<br />
sind und wo ihre Vorteile zur Wirkung kommen:<br />
• In der subalpinen Stufe (allgemein).<br />
• In (natürlichen oder künstlichen) Fichtenbeständen der obern<br />
Montanstufe.<br />
• Wo Bestandesstabilität ein vorrangiges Ziel ist (z.B. im<br />
Schutzwald, in wind- und schneegefährdeten Lagen etc.).<br />
• Wo mit minimalem Pflegeaufwand langanhaltend günstige<br />
Wirkungen erzielt werden müssen und erzielt werden<br />
können.<br />
Im folgenden gehen wir davon aus, dass die wesentlichen<br />
Voraussetzungen für die Anwendung der <strong>Rotten</strong><strong>pflege</strong> gegeben<br />
sind.<br />
Ideal<br />
Die ideale Situation: Es sind keine besondern Pflegemassnahmen<br />
nötig. Der Bestand ist und bleibt durch Selbstorganisation<br />
(stabiler Bestandesaufbau) und Selbstregulierung (Selbsterhaltung,<br />
Selbsterneuerung) stabil und funktionstüchtig. Auch<br />
Holznutzungen bringen das Ganze nicht aus dem "Gleichgewicht".<br />
Minimaler<br />
Pflegeaufwand<br />
Aus verschiedenen Gründen weicht die gegebene Situation oft<br />
von dem für uns noch Akzeptablen ab, sodass korrigierende Eingriffe<br />
nötig werden. Es stellt sich dann die Aufgabe, mit minimalem<br />
Pflegeaufwand, zur rechten Zeit, die nötige Wirkung zu<br />
erzielen. Das kann, bei gegebenen Voraussetzungen, durch<br />
<strong>Rotten</strong><strong>pflege</strong> erreicht werden.<br />
Diese Pflegemethode soll aber lediglich als ein mögliches Mittel,<br />
als Variante, in den Entscheidungsprozess einbezogen werden.<br />
GWP 111 <strong>Rotten</strong><strong>pflege</strong>
- 12 -<br />
<strong>Rotten</strong>begründung<br />
Falls für die Bestandeserneuerung oder Aufforstung Pflanzungen<br />
nötig sind, werden diese rottenförmig angelegt. Es sollen<br />
dauerhafte, stabile <strong>Rotten</strong>strukturen entstehen, die keine weitem<br />
Pflegeeingriffe mehr erfordern - ausser allenfalls nötigen Schutzmassnahmen<br />
gegen Schneegleiten, Wildschäden, Weidevieh,<br />
Vegetationskonkurrenz etc.<br />
Eine ausgezeichnete, praktische Anleitung dazu bietet der WSL<br />
BERICHT 325 (12).<br />
Entscheidende<br />
Punkte<br />
- Führung<br />
- Ausführung<br />
- <strong>Rotten</strong>abstände<br />
Aufgrund der praktischen Erfahrungen sind für den Erfolg dieser<br />
Methode entscheidend:<br />
• Gründliche Instruktionen, klare Anleitungen und laufende<br />
Kontrollen durch den Förster.<br />
• Sorgfältige Ausführung nach allen Regeln der Kunst<br />
(siehe Bericht 325).<br />
• Einhaltung von genügend grossen Abständen zwischen den<br />
einzelnen <strong>Rotten</strong>, so dass sich diese im Laufe ihrer Entwicklung<br />
nie vOllständig zusammenschliessen können.<br />
In der Praxis erweist sich die Durchsetzung dieses Punktes als<br />
besonders aufwendig und kritisch. Alte Gewohnheiten<br />
(flächiges Auspflanzen) sind zu überwinden. Günstige und<br />
ungünstige Kleinstandorte müssen erkannt werden. Das<br />
räumliche Vorstellungsvermögen ist gefordert:<br />
Mit dem Blick dauernd am Boden und kleinen Pflanzen in der<br />
Hand, fällt es nicht leicht, sich gleichzeitig vorzustellen<br />
welchen Raum dieses Bündel Pflanzen beansprucht - wenn<br />
daraus eine Rotte entstehen und eine bleiben soll.<br />
<strong>Rotten</strong>ausformung<br />
- definitiv<br />
--> Kap. 11<br />
Flächige Fichtenaufforstungen oder von Fichten dominierte<br />
Jungwaldbestände mit der Tendenz zu gleichförmigem<br />
Schichtschluss, sind durch Ausformung und Trennung von<br />
Baumkollektiven definitiv zu strukturieren. Das hat zu erfolgen,<br />
solange noch genügend innere Waldmäntel vorhanden sind und<br />
kann in einem oder in zwei Eingriffen erreicht werden.<br />
In Kapitel 11 wird dieses Verfahren näher beschrieben.<br />
<strong>Rotten</strong>benutzung<br />
- als stabile Elemente<br />
--> Kap. 111<br />
Für die Stabilitäts<strong>pflege</strong> in geschlossenen, von der Fichte dominierten<br />
Baumhölzem können Kleinkollektive ("<strong>Rotten</strong> ohne Mäntel")<br />
als relativ stabile Bestandeselemente erhalten und benutzt<br />
werden.<br />
Näheres dazu in Kapitel 111.<br />
GWP 11 / <strong>Rotten</strong><strong>pflege</strong>
- 13 -<br />
<strong>Rotten</strong> nutzung <strong>Rotten</strong> sind stabile biologische Einheiten und auch als solche zu<br />
behandeln. Wir können einzelne Teile nicht aus diesen<br />
Systemen entfernen, ohne das Ganze zu stören oder zu<br />
zerstören.<br />
- ganze Rotte Darum soll das Kollektiv als Ganzes erhalten oder als Ganzes<br />
genutzt und verjüngt werden.<br />
<strong>Rotten</strong>verjüngung<br />
Am ehemaligen <strong>Rotten</strong>standort herrschen in der Regel wieder<br />
günstige Verjüngungsbedingungen:<br />
- günstige Bedingungen Schutzwirkung der Wurzelstöcke, Wärme (direkte Sonneneinstrahlung),<br />
Feuchtigkeit (Niederschläge), Nadelstreu (Keimbeet)<br />
und anfänglich wenig Vegetationskonkurrenz.<br />
- Selbsterneuerung Auf den bewährten <strong>Rotten</strong>standorten wachsen wiederum <strong>Rotten</strong><br />
auf. Die <strong>Rotten</strong>struktur reguliert ihre Erneuerung selbst.<br />
- Stufigkeit Erfolgt die Verjüngung zeitlich und örtlich gestaffelt, entsteht<br />
Stufigkeit, eine Gebirgsplenterstruktur.<br />
GWP 11 I <strong>Rotten</strong><strong>pflege</strong>
- 14 -<br />
11 <strong>Rotten</strong>ausformung<br />
in flächig aufwachsenden Fichtenbeständen<br />
(Jungwuchs - Stangenholz) (14)<br />
1 . Anwendung:<br />
Nur unter bestimmten Voraussetzungen<br />
Standort<br />
Besondere Standorte<br />
• Subalpine Stufe (allgemein)<br />
• Obere montane Stufe, wenn gefährliche Wind- und Schnee<br />
Einwirkungen eine angemessene Widerstandskraft der<br />
Bestände erfordert.<br />
Bestand<br />
Besondere Bestandesverhältnisse<br />
• Fichtenanteil dominiert<br />
• Tendenz zum flächigen Schichtschluss<br />
Ziel<br />
Besondere Ziele<br />
• Bestandesstabilität (vorrangig)<br />
• Minimaler Aufwand<br />
• Hohe Wirksamkeit und zuverlässige Dauerwirkung des<br />
Eingriffes<br />
• Geringes Risiko. Keine Folgeschäden<br />
Verständnis<br />
Verständnis<br />
• Alle an der Entschlussfassung und/oder Ausführung direkt<br />
oder indirekt beteiligten oder betroffenen Personen und<br />
Instanzen (Förster, Forstwart, Waldarbeiter, Waldeigentümer,<br />
ev. Jäger und andere Interssengruppen) verstehen Sinn und<br />
Zweck dieser, anfänglich etwas ungewohnten, Pflegemethode.<br />
GWP 11 / <strong>Rotten</strong><strong>pflege</strong>
- 15 -<br />
2. Aligemei ne Zielvo rstell u ng:<br />
Strukturierte Dauerbestockung<br />
Erreichen<br />
- Stabilität, Vielfalt<br />
- Stufigkeit<br />
- Gebirgsplenterwald<br />
Was erreichen ?<br />
• Dauerhaft stabile, oekologisch vielfältige<br />
Bestände mit <strong>Rotten</strong>struktur,<br />
die dereinst in langen Verjüngungszeiträumen<br />
kleinflächig verjüngt und<br />
damit stufiger gemacht werden<br />
können.<br />
Das Ideal: Gebirgsplenterwald.<br />
- Selbstregulierung<br />
Hoher Selbstregulierungsgrad:<br />
Nach der definitiven Ausformung der <strong>Rotten</strong> soll kein weiterer<br />
Pflegeeingriff mehr nötig werden - bis zur Nutzung oder zum<br />
natürlichen Zerfall der <strong>Rotten</strong>.<br />
Ein allfälliger Eingriff in X ... Jahren soll allen Zielen gleichzeitig<br />
dienen können: Der wirtschaftlichen Holznutzung, der Erhaltung<br />
einer stabilen Bestandesstruktur und der Walderneuerung.<br />
Nutzung = Pflege = Verjüngung = Walderhaltung.<br />
Vermeiden<br />
- Gleichförmigkeit, Einfalt<br />
- "Teufelskreis"<br />
Was Vermeiden ?<br />
• Gleichförmig geschlossene, oekologisch<br />
"einfältige" und labile Bestände,<br />
die nach Schadenereignissen<br />
flächig zusammenbrechen und<br />
dann wiederum gleich problematische<br />
Nachfolgebestände hervorrufen:<br />
"Teufelskreise".<br />
Die folgende, schematische Darstellung zeigt:<br />
Die wahrscheinliche, ungünstige Entwicklung einer<br />
Fichtenaufforstung ohne Pflege<br />
und daneben<br />
den durch <strong>Rotten</strong><strong>pflege</strong> angestrebten und verwirklichten<br />
Bestandesaufbau.<br />
GWP 11 / <strong>Rotten</strong><strong>pflege</strong>
- 16 -<br />
Mögliche Entwicklungen einer Fichtenaufforstung (14)<br />
4]~,<br />
DICKUNG<br />
20m<br />
a) ohne Pfl~g b) mit Pfleg~<br />
":1 ltttf1f1tt1tttt , 0'<br />
~<br />
b ~ Q ~ ,<br />
2 a) 60 m 2 b) 60 m<br />
STANGENHOLZ<br />
"] ~&=\\\~, 0'<br />
~,<br />
3 a) 120 m 3 b) 120 m<br />
BAUM HOLZ<br />
~,o,~-~ ~,<br />
120m 4 b) 120 m<br />
VERJUNGUNG<br />
Ohne Pflege<br />
2a) Schichtschluss im Stangenholz.<br />
Die dichtstehenden Bäume entwickeln<br />
schlanke Stämme und<br />
ein geschlossenes Kronendach,<br />
auf dem die Schneelast aufliegt.<br />
Die Kronen werden von unten<br />
her ausgedunkelt.<br />
3a) Schnee und Wind haben leichtes<br />
Spiel. Oertliche Einbrüche in das<br />
labile Gefüge bringen den ganzen<br />
Bestand in Gefahr (Domino)<br />
und verursachen fortlaufende<br />
Zwangsnutzungen .<br />
4a) Ein Wiederherstellungsprojekt ist<br />
fällig. Flächige Pflanzungen auf<br />
den Schadenflächen schliessen<br />
den Teufelskreis. Die Schutzfunktionen<br />
sind während längerer<br />
Zeit nicht gewährleistet. Ist die<br />
Aufforstung zu erfolgreich, so beginnt<br />
die Entwicklung wieder von<br />
vorne (1-2a-3a-4a).<br />
Mit Pflege<br />
2b) <strong>Rotten</strong>förmig strukturiertes Stangenholz.<br />
Die Randbäume der <strong>Rotten</strong> behalten<br />
ihre grünen Kronen (interner<br />
Waldmantel). Es bilden sich autonome,<br />
widerstandsfähige Schutz- und<br />
Trutz-Gemeinschaften.<br />
3b) Die <strong>Rotten</strong> beginnen sich in einem<br />
stabilen Bestandesgefüge zusammenzusch<br />
liessen .<br />
4b) Im gegliederten, erstarkten Bestand<br />
kann durch Entnahme einzelner ganzer<br />
<strong>Rotten</strong> die Verjüngung eingeleitet<br />
werden, ohne den restlichen Bestand<br />
zu gefährden.<br />
GWP 11 / <strong>Rotten</strong><strong>pflege</strong>
- 17 -<br />
3. Pflegekonzept:<br />
Den örtlichen Gegebenheiten angepasst<br />
3.1 Grösse und Form der <strong>Rotten</strong>:<br />
Kein geometrisches Schema<br />
Vorhandenes<br />
ausnützen<br />
In erster Linie sind die (noch) vorhandenen Strukturen<br />
auszunützen, zu fördern, zu erhalten und zu sichern.<br />
So zum Beispiel:<br />
- <strong>Rotten</strong>ansätze<br />
Lokal verdichtete Baumagglomerationen<br />
mit verzahnten<br />
Kronen. Kronenverbund.<br />
- Innere Säume<br />
Bäume oder Baumreihen mit<br />
einseitig längeren Kronen und<br />
starken Stämmen.<br />
- Laubbäume<br />
Beigemischte Laubbäume.<br />
Sie dunkeln angrenzende Nadelmäntel<br />
nicht aus und dienen der<br />
oekologischen Bereicherung.<br />
- Starke Einzelbäume<br />
Ueberhälter, Vorwüchse,<br />
Lärchen, Arven, Tannen, Buchen,<br />
Ahorne, etc.<br />
Ausformen<br />
Von vorhandenen Ansätzen ausgehend, sind <strong>Rotten</strong>, wo nötig<br />
und möglich, künstlich auszuformen. Dabei ist vor allem räumliches<br />
Vorstellungs- und Gestaltungsvermögen gefordert.<br />
GWP 11 I <strong>Rotten</strong><strong>pflege</strong>
- 18 -<br />
<strong>Rotten</strong>grösse<br />
Faustregel für die Wahl der <strong>Rotten</strong>grösse<br />
Wenn die <strong>Rotten</strong>grösse nicht vom Standort oder von gegebenen<br />
Bestandesstrukturen diktiert wird und die <strong>Rotten</strong>grösse frei<br />
gewählt werden kann, erhält man mit der folgenden, groben<br />
Faustregel einen Hinweis auf deren zweckmässige Grösse:<br />
- Faustregel<br />
<strong>Rotten</strong>durchmesser = 1/2 bis 1/1 der maximal zu<br />
erwartenden Baumhöhe<br />
~<br />
,<br />
1-1 IMax<br />
•<br />
1.-- cl ~<br />
d:::: 'l'l. -:=- Jj, H "'(lX<br />
Mit der maximal erreichbaren Baumhöhe wird die Wüchsigkeit<br />
des Standortes berücksichtigt: Je ungünstiger die Wuchsbedingungen,<br />
desto kleiner (und dichter) die <strong>Rotten</strong>.<br />
<strong>Rotten</strong>form<br />
Keine einheitliche, geometrische <strong>Rotten</strong>form<br />
Der äussere Umfang der <strong>Rotten</strong> ist an keine feste Form gebunden.<br />
Meist ist er rundlich, oval oder länglich, mit der<br />
Längsachse in der Fallinie des Hanges oder in der Hauptwindrichtung.<br />
Kein Schema<br />
Grösse und Form der <strong>Rotten</strong> sollen sich nicht nach einem<br />
geometrischen Schema richten.<br />
Massgebende<br />
Faktoren<br />
Massgebend sind:<br />
• Standort, Wuchsbedingungen<br />
• Vorhandene Bestandesstrukturen (bestehende <strong>Rotten</strong>ansätze)<br />
• Baumarten, (z.B. Beimischung von Lärchen, Laubbäumen)<br />
• Geländeform , Kleinrelief<br />
GWP 11 / <strong>Rotten</strong><strong>pflege</strong>
- 19 -<br />
• Aeussere Einflüsse wie Lawinen, Schneegleiten, Steinschlag,<br />
Wind etc.<br />
• Zielvorstellung: Wie soll der Bestand in 100 Jahren aufgebaut<br />
sein?<br />
3.2 Abstand von Rotte zu Rotte:<br />
Gross genug<br />
G ru nd regel<br />
Minimaler<br />
<strong>Rotten</strong>abstand<br />
Wichtig: Die <strong>Rotten</strong>abstände sind so grass zu wählen, dass die<br />
<strong>Rotten</strong>mäntel dauernd in der gewünschten Länge grün bleiben<br />
und durch spätere Eingriffe nie mehr aufgerissen werden<br />
müssen.<br />
Als minimaler "<strong>Rotten</strong>abstand" wird im folgenden die kleinste<br />
Distanz zwischen den Randstämmen zweier benachbarter<br />
<strong>Rotten</strong> bezeichnet.<br />
Zwischenräume<br />
erwünscht<br />
Wenn dauernd offene Flächen zwischen den <strong>Rotten</strong> erwünscht<br />
sind:<br />
Abstand<br />
> Doppelte max. Kronenausladung<br />
der ausgewachsenen Bäume.<br />
In der Regel: min. 10m.<br />
Rotte an Rotte<br />
Wenn <strong>Rotten</strong>mäntel bis zum Boden grün bleiben sollen:<br />
Minimalabstand<br />
= Doppelte max. Kronenausladung<br />
der ausgewachsenen Bäume.<br />
In der Regel: min. 8 m.<br />
GWP 11 / <strong>Rotten</strong><strong>pflege</strong>
- 20-<br />
Zusammengeschlosene<br />
<strong>Rotten</strong><br />
Wenn verkürzte <strong>Rotten</strong>mäntel genügen und sich die <strong>Rotten</strong><br />
zusammenschliessen dürfen:<br />
Minimalabstand<br />
= Doppelte Kronenausladung der<br />
ausgewachsenen Bäume in der<br />
massgebenden Höhe über Grund.<br />
In der Regel: min 6 m.<br />
Das entspricht ungefähr dem Endabstand<br />
von Z-Bäumen bei der<br />
Durchfo rstung.<br />
Beispiel:<br />
Kronen sollen bis 6 m über Boden grün bleiben.<br />
Ist dort z.B. mit 3 m Kronenausladung zu rechnen, so beträgt der<br />
Minimalabstand zwischen den <strong>Rotten</strong> 2 x 3 m = 6 m.<br />
3.3 Behandlung der Zwischenräume zwischen<br />
den <strong>Rotten</strong>: Gefahren vorbeugen<br />
Normalfall<br />
Normalerweise können in den <strong>Rotten</strong>-Zwischenräumen die<br />
ausgehauenen Bäume an Ort und Stelle zerkleinert und liegen-<br />
- Aushieb liegen lassen gelassen werden. Nach der einmaligen, vollständigen <strong>Rotten</strong>trennung<br />
ist kein weiterer Eingriff mehr nötig. Das Astmaterial<br />
wirkt nicht behindernd.<br />
Borkenkäfer<br />
Bei Borkenkäfergefahr (Kupferstecher etc.) empfiehlt es sich,<br />
- Aeste häufnen den Aushieb zu dichten, geschlossenen Haufen aufzuschichten,<br />
so dass in ihrem Innern ein Gärungsprozess entsteht. Dadurch<br />
soll das Material seine Anziehungskraft für die Borkenkäfer<br />
verlieren (?)<br />
- im Vorsommer Die günstigste Zeit dazu ist der Vorsommer, wenn das Material<br />
rasch gärt undloder austrocknet.<br />
Erfolgt der Aushieb und die Haufenbildung erst im Herbst, so<br />
bleibt das Material während des Winters frisch und im nächsten<br />
Frühjahr "fängisch".<br />
Schneebewegungen<br />
Vor allem an südexponierten Steilhängen besteht die Gefahr,<br />
dass zwischen den <strong>Rotten</strong> unerwünschte Schneebewegungen<br />
(Schneegleiten, Nassschneerutsche) auftreten.<br />
GWP 11 I <strong>Rotten</strong><strong>pflege</strong>
- 21 -<br />
- versetzte <strong>Rotten</strong><br />
Das kann vorbeugend verhindert werden durch eine versetzte<br />
<strong>Rotten</strong>anordnung und das Stehenlassen von hohen Stöcken.<br />
Durch versetzte <strong>Rotten</strong>anordnung entstehen keine langen,<br />
zusammenhängenden Oeffnungen in der Fallinie.<br />
schlecht<br />
besser<br />
- Brusthohe Stöcke<br />
Die Bäume sind nicht bodeneben, sondern auf ca. Brusthöhe<br />
abzuschneiden und die stehenbleibenden Stammstummel zu<br />
entasten: "Vernagelung" der Schneedecke.<br />
Niedrigere Stöcke (Knie- bis Hüfthöhe) bilden eine erhebliche<br />
Verletzungsgefahr für Mensch und Tier, höhere sind weder<br />
nötig noch erwünscht.<br />
Stammstummel<br />
entasten<br />
- Käfergefahr<br />
- Schnee<br />
- Wiederaufwuchs<br />
Warum Stammstummel entasten ?<br />
Die Stämme trocknen rascher aus (Borkenkäfer!).<br />
Bei erheblicher Borkenkäfergefahr müssen dickere Stöcke<br />
nötigenfalls sogar entrindet oder angeplätzt werden, damit sie<br />
rascher austrocknen.<br />
Es bleiben keine Aeste, an denen der Schnee anfrieren und<br />
beim Kriechen oder Gleiten den ganzen Stummel aushebein<br />
kann.<br />
Es bleiben keine Aeste, die sich aufrichten und wieder<br />
hochwachsen könnnen.<br />
Geknickte<br />
Randbäume<br />
Sollten einige Bäume an den <strong>Rotten</strong>rändern knicken, weil sie für<br />
diese Stellung zu schwach sind, so ist das nicht alarmierend.<br />
<strong>Rotten</strong>ränder stabilisieren sich selbst - je früher, desto besser.<br />
GWP " I <strong>Rotten</strong><strong>pflege</strong>
- 22-<br />
Ausformung der <strong>Rotten</strong>.<br />
Umfang mit Band vorgängig markiert.<br />
Behandlung der <strong>Rotten</strong>-Zwischenräume am Hang.<br />
Hohe Stöcke dienen als Gleitschneeschutz.<br />
GWP 11 I <strong>Rotten</strong><strong>pflege</strong>
- 23-<br />
Links:<br />
Rechts:<br />
Stabile <strong>Rotten</strong>.<br />
Instabiles Stangenholz (Aufforstung).<br />
Es ist dem nächsten Sturm zum Opfer gefallen.<br />
Aus dichter, flächiger Aufforstung<br />
herausgepflegte <strong>Rotten</strong>struktur .<br />
Ein einziger und einmaliger Eingriff!<br />
GWP 111 <strong>Rotten</strong><strong>pflege</strong>
- 24 -<br />
3.4 Eingriff innerhalb der Rotte: Nötig?<br />
Konkurrenzkampf<br />
- Verformung<br />
Gemeinschaft<br />
- Schutz<br />
- Selbstregulierung<br />
Verbundsystem<br />
- nicht auflösen<br />
Aufwand!<br />
Priorität:<br />
<strong>Rotten</strong>ausformung<br />
Eingriff angezeigt:<br />
- zu Gunsten<br />
des Kollektives<br />
- Bei Schneebruchgefahr<br />
. frühzeitig<br />
Bruchsicherheit<br />
lange Kronen<br />
Der Konkurrenzkampf innerhalb der Rotte ist heftig. Das Gedränge<br />
lässt eine freie Entfaltung der Einzelbäume nicht zu. Alle werden,<br />
entsprechend ihrer Stellung im Kollektiv, geformt oder verformt.<br />
Der Kampf um einen "Platz an der Sonne" spielt sich aber in<br />
einer geschlossenen und gegen aussen geschützten Gemeinschaft<br />
ab, die sich relativ rasch selbst organisiert, reguliert und<br />
stabilisiert - auch ohne unser Zutun.<br />
Das selbständige und dauernde Verbundssystem, und nicht der<br />
Einzelbaum, macht die Rotte stabil. Es darf deshalb nicht ohne<br />
zwingenden Grund aufgelöst oder gefährdet werden. Zudem ist<br />
die Entnahme von Stämmen aus dem Innern von dichten <strong>Rotten</strong><br />
ab Stangenholzstärke meist mühsam, umständlich, gefährlich<br />
und aufwendig. Oft schadet der Eingriff dem Ganzen mehr als er<br />
dem Einzelnen nützt.<br />
Mit den verfügbaren Mitteln sind in erster Linie die <strong>Rotten</strong> auszuformen.<br />
Das ist am dringlichsten, wichtigsten und wirkungsvollsten.<br />
Eingriffe innerhalb der Rotte sind angezeigt:<br />
• Wenn sie zur Erhaltung oder Erzielung der Stabilität des ganzen<br />
Kollektives nötig sind. Z.B. Entfernung schädlicher<br />
"Zwischenständer", Köpfen von schwächlichen Randbäumen.<br />
• Bei Schneebruchgefahr, in Nassschneelagen. Hier müssen<br />
die unentbehrlichen <strong>Rotten</strong>bäume in der Dickungs- und<br />
Stangenholzstufe, d.h. bevor sie die Höhe von ca. 10 bis15 m<br />
erreichen, einen Schlankheitsgrad (h/d) von höchstens 80 bis<br />
90 aufweisen, resp. ausbilden können. Niedrige Schlankheitsgrade,<br />
verbunden mit langen Kronen, machen die Bäume<br />
weitgehend unempfindlich gegen Schneeauflagen oder<br />
Schneebruchschäden. Sie sind deshalb frühzeitig zu begünstigen.<br />
Das hat eine dreifache Wirkung:<br />
- Mit sinkendem SChlankheitsgrad werden die Stämme<br />
bruchsicherer.<br />
- Bei langkronigen Bäumen bleibt meist auch nach einem<br />
allfälligen Gipfelbruch noch ein genügend langer, lebensund<br />
regenerationsfähiger Kronenanteil erhalten.<br />
GWP 11 / <strong>Rotten</strong><strong>pflege</strong>
- 25-<br />
. weniger<br />
Schneeauflage<br />
. späterer<br />
Zusammenschluss<br />
- in grossen <strong>Rotten</strong><br />
Eingriff möglich<br />
- frühzeitig<br />
- verhältnismässig<br />
- nicht routinemässig<br />
- sorgfältig<br />
- Im aufgelockerten Verband kann der Schnee zwischen<br />
den Bäumen abgleiten und liegt nicht flächig auf einem geschlossenen<br />
Kronendach auf.<br />
- Mit der Zeit schliessen die begünstigten und erstarkten<br />
Bäume das Kronendach der Rotte wieder - diesmal auf<br />
Dauer.<br />
• in flachenmassIg grbsseren <strong>Rotten</strong>, auf wüchsigen Standorten<br />
(meist montan):<br />
Mit einem behutsamen Eingriff, vorzugsweise in der Mittelschicht,<br />
kann die Kronen- und Stammentwicklung von einzelnen<br />
<strong>Rotten</strong>bäumen gefördert werden.<br />
Eingriffe innerhalb der <strong>Rotten</strong> sind möglich:<br />
• In frühen Entwicklungsstufen, solange die einzelnen Bäume<br />
noch voll bekront sind (Jungwuchs - Dickung - leichtes Stangenholz)<br />
• Wenn der Aufwand eine angemessene, positive Wirkung erwarten<br />
lässt und deswegen nicht vorrangige Aufgaben<br />
(<strong>Rotten</strong>ausformung!) zurückgestellt oder gar nicht ausgeführt<br />
werden können.<br />
Von routinemässigen Eingriffen im Innern der <strong>Rotten</strong> ist jedoch<br />
abzuraten. Sowohl der zu erwartende Aufwand wie auch die<br />
fragliche Wirkung dieser Massnahmen rechtfertigen es, dass von<br />
Fall zu Fall aufgrund einer sorgfältigen Situationsbeurteilung<br />
entschieden wird, ob sich ein Eingriff lohnt, was damit erreicht<br />
werden kann und was dafür getan werden muss.<br />
3.5 Zeitpunkt des Eingriffes: Solange tiefreichende<br />
grüne Kronen vorhanden sind<br />
Optimal<br />
In der Jungwuchs - Dickungsstufe: optimal<br />
• Die Bäume haben noch (fast) bis zum Boden reichende<br />
Kronen.<br />
• Gute Uebersicht für die Auswahl der <strong>Rotten</strong>.<br />
• Leichtere und speditivere Arbeit (ev. mit Gertei).<br />
• Die Bodenvegetation ist noch lebensfähig<br />
• Der Eingriff ist relativ unauffällig.<br />
GWP " I <strong>Rotten</strong><strong>pflege</strong>
Kritisch<br />
Im Stangenholz: kritisch<br />
• Nur solange sich noch genügend bekronte Innensäume<br />
finden lassen. (Aussenkronen min. 1/2 Baumlänge)<br />
• Wenig Uebersicht. Erschwerte Auswahl der <strong>Rotten</strong>.<br />
• Grosser Arbeitsaufwand. Hohe Kosten.<br />
• Breite Schneisen ohne BOdenvegetation können auf<br />
Leute, die den Sinn und Zweck der Massnahme nicht kennen<br />
oder verstehen, schockierend wirken. (Informationsbedarf !)<br />
Zu spät<br />
Ab starkem Stangenholz: zu spät<br />
• Durchgehender Schichtschluss ist eingetreten.<br />
• Die Baumkronen sind ausgedunkelt, kurz, deformiert.<br />
• Die Stämme sind schlank und oft schlecht verankert.<br />
• Ist dieser labile Zustand einmal erreicht, sind "chirurgische"<br />
Eingriffe zur Ausformung von <strong>Rotten</strong> (zu) gefährlich.<br />
3.6 <strong>Rotten</strong>ausformung:<br />
Mehrere Varianten (schematisch dargestellt)<br />
Ein einziger Eingriff<br />
Variante 1: Ein einziger Eingriff<br />
Zwischenräume werden in einem<br />
Eingriff ausgehauen.<br />
Es verbleiben die definitiven <strong>Rotten</strong> im<br />
Endabstand.<br />
- Voraussetzungen<br />
Voraussetzungen für die Anwendung dieses Verfahrens:<br />
• Es werden damit keine Gefahren provoziert:<br />
z.B. Schneebewegungen, Steinschlag, Erosion etc.<br />
• Der Pflegeaufwand muss sich zwingend auf das absolute<br />
Minimum beschränken. Ein rechtzeitig nachfolgender Eingriff<br />
ist aus betrieblichen Gründen nicht sichergestellt.<br />
• Sinn und Zweck des "grosszügigen" Schneisenaushiebes<br />
werden (allseits) verstanden und gebilligt.<br />
GWP 11 / <strong>Rotten</strong><strong>pflege</strong>
- 27-<br />
• Ein (vorübergehendes) Vegetationsmosaik, ein Wechsel<br />
zwischen dichter Bestockung und offenen Zwischenräumen<br />
mit Kräutern, Gräsern, Sträuchern oder Lichtbaumarten ist<br />
erwünscht.<br />
Zwei Eingriffe<br />
-- zuerst Umrändeln<br />
- Mittelstreifen<br />
später entfernen<br />
1)<br />
~t/k~fjJ<br />
~/ 7,. \l7m~<br />
~ 1)<br />
Variante 2: Zwei Eingriffe<br />
Die <strong>Rotten</strong> werden vorerst nur<br />
umrändelt (ca. 2 m) breit.<br />
Der verbleibende Mittelstreifen<br />
(Zwischenbestand) muss mit dem<br />
zweiten Eingriff rechtzeitig entfernt<br />
werden, d.h. solange die Nadelmäntel<br />
der <strong>Rotten</strong> noch intakt sind.<br />
1) <strong>Rotten</strong> mit funktionstauglichen <strong>Rotten</strong>mänteln<br />
2) Zwischenbestand (Mittelstreifen). Wird im zweiten<br />
Eingriff entfernt.<br />
3) Umrändelung (ca. 2 m breit)<br />
- Voraussetzungen<br />
Voraussetzungen für die Wahl dieses Verfahrens:<br />
• Es besteht Gefahr von Schneegleiten, Steinschlag, Erosion<br />
etc.<br />
• Eine möglichst flächendeckende Bestockung / Ueberschirmung<br />
ist erwünscht.<br />
• Der nötige zweite Eingriff ist rechtzeitig möglich und eingeplant,<br />
d.h. organisatorisch und finanziell sichergestellt.<br />
(Er ist jedoch einfacher und billiger als der erste Eingriff.)<br />
• Ein einmaliger, breiter Schneisenaushieb würde (trotz Aufklärung)<br />
von den massgebenden Instanzen nicht verstanden und<br />
gebilligt. (Das kostet Geld.)<br />
GWP 111 <strong>Rotten</strong><strong>pflege</strong>
- 28-<br />
Kleinrotten<br />
Variante 3: Kleinrotten<br />
Vorerst werden kleine <strong>Rotten</strong> (wenige<br />
Bäume) um rändelt (ca. 2 m breit).<br />
- Definitive<br />
Kleinrotten<br />
Variante 3a: Kleinrottenstruktur<br />
In einem zweiten Eingriff wird durch<br />
Aushieb ganzer <strong>Rotten</strong>, die definitive<br />
Kleinrottenstruktur ausgeformt.<br />
<strong>Rotten</strong>abstand: ca. 6 - 8 m.<br />
oder<br />
oder<br />
- <strong>Rotten</strong>schwärme<br />
Variante 3b: <strong>Rotten</strong>schwärme<br />
Mehrere Kleinrotten werden als<br />
<strong>Rotten</strong>schwarm zusammengefasst.<br />
Innerhalb des Schwarmes können die<br />
Kleinrotten zusammenwachsen und<br />
später eine ganze, definitive Rotte<br />
bilden.<br />
<strong>Rotten</strong>abstände: ca. 8 m.<br />
- Voraussetzungen<br />
Voraussetzungen für die Wahl dieses Verfahrens:<br />
• Eine Kleinrottenstruktur ist, mindestens in Ansätzen, bereits<br />
vorgegeben. Das trifft oft auf Extremstandorten (z.B. an der<br />
obern Waldgrenze) oder auf ausgeprägt kleinflächigen Standortmosaiken<br />
zu (z.B. Blockschutt, ausgeprägtes Kleinrelief).<br />
• Extreme Schneelagen. Von Schneelast und Gleitschnee gefährdete<br />
Dickungen und leichte Stangenhözer. Der Schnee<br />
muss überall abgleiten können und darf nicht auf flächigen<br />
Kronendächern aufliegen.<br />
(Varianten 3a und 3b erfüllen diese Ansprüche.)<br />
• Eine einmalige, definitive Freistellung von Kleinrotten im<br />
Endabstand wird nicht verstanden und / oder gebilligt. Darum<br />
werden zwei Eingriffe, nach Variante 3a oder 3b, nötig.<br />
GWP 11 / <strong>Rotten</strong><strong>pflege</strong>
- 29 -<br />
Variantenwahl<br />
- Handlungsspielraum<br />
- Gestaltungsfreiheit<br />
Welche der oben schematisch dargestellten Variante(n) gewählt<br />
werden soll( en), ist von Fall zu Fall zu entscheiden. Wer das<br />
Prinzip einmal verstanden hat, braucht sich an kein Schema zu<br />
halten. Wer gut beobachtet und über genügend räumliches Vorstellungsvermögen<br />
verfügt, dem öffnen sich Handlungsspielraum<br />
und Gestaltungsfreiheit.<br />
Aufwand<br />
3. 7 Aufwand:<br />
Das mögliche und erforderliche Minimum<br />
- grosse Streuung<br />
Nach Angaben aus der Praxis (9) beträgt der Aufwand für die<br />
<strong>Rotten</strong><strong>pflege</strong> (im Stangenholz) um die 60 Arbeitsstunden pro ha.<br />
(Mit beträchtlicher Streuung.)<br />
- günstiger als<br />
Durchforstung<br />
- zwei Eingriffe<br />
teurer<br />
- früh = günstig<br />
Zum Vergleich: Aus gleichzeitigen Erhebungen ergaben sich<br />
Werte für die Erstdurchforstung von Stangenhölzern von 110 Arbeitsstunden<br />
pro ha (Zentralwert). Dabei ist zu beachten, dass<br />
die Durchforstung wiederholt werden muss. Die <strong>Rotten</strong><strong>pflege</strong><br />
hingegen kommt mit einem bis höchstens zwei Eingriffen aus.<br />
Wo man sich, aus irgend einem Grund, dazu entschlossen hat,<br />
die Zwischenräume zwischen den <strong>Rotten</strong> nicht auf einmal zu<br />
räumen und deshalb ein zweiter Eingriff nöig wird, erhöht sich<br />
der Gesamtaufwand. Es ist allerdings zu erwähnen, dass die<br />
spätere Entfernung des übergehaltenen Mittelstreifens einfach<br />
ist, da die <strong>Rotten</strong> bereits bestimmt sind.<br />
Eine wesentliche Aufwandverminderung ist zu erwarten, wenn<br />
die <strong>Rotten</strong>ausformung schon in der Jungwuchs-Dickungsstufe<br />
und nicht erst im Stangenholz durchgeführt wird.<br />
- günstigste Variante<br />
Falls eine <strong>Rotten</strong><strong>pflege</strong> überhaupt nötig wird, so erfolgt sie am<br />
günstigsten mit einem einmaligen Eingriff in der Jungwuchs<br />
Dickungsstufe. Ein kostengünstigeres und gleichzeitig wirksameres<br />
Pflegeverfahren zur Stabilisierung von gleichförmigen<br />
Fichtenaufforstungen gibt es wohl kaum.<br />
GWP 11 I <strong>Rotten</strong><strong>pflege</strong>
- 30-<br />
Fehler<br />
3.8 Häufigste Fehler:<br />
Zur besondern Beachtung<br />
"Was heute nicht richtig ist,<br />
kann morgen<br />
schon ganz falsch sein".<br />
- Abstände!<br />
• Zu kleine Abstände zwischen den <strong>Rotten</strong> (meistens)<br />
- zu spät!<br />
- Schematismus<br />
- zu gründlich<br />
- Aufklärung?<br />
- Anleitung ?<br />
- Korrekturen ?<br />
• Eingriff zu spät (meistens)<br />
• Eingriff zu schematisch, ohne Berücksichtigung der örtlichen<br />
Gegebenheiten (Versuchung besteht)<br />
• Zu starke Eingriffe innerhalb der <strong>Rotten</strong>. Vereinzelung der<br />
<strong>Rotten</strong>bäume (Tendenz zur "Gründlichkeit")<br />
• Ungenügende Information der Waldeigentümer und weiterer<br />
interessierter Kreise (oft fehlende Informationspolitik)<br />
• Ungenügende Anleitung der beteiligten Arbeitskräfte<br />
(Neue Pflegemethode, Förster selbst noch unsicher,<br />
zusätzlicher Aufwand zur Einführung)<br />
• Aufreissen von <strong>Rotten</strong>mänteln, falls sich herausstellt, dass die<br />
<strong>Rotten</strong>abstände zu klein bemessen wurden.<br />
(Bisher noch nicht beobachtet, Versuchung könnte kommen)<br />
GWP 11 / <strong>Rotten</strong><strong>pflege</strong>
- 31 -<br />
4. Vorgehen:<br />
Fragen - antworten - handeln - kontrollieren<br />
4.1 Konzept entwickeln (Checkliste)<br />
• Pflegeeingriff nötig?<br />
• <strong>Rotten</strong>ausformung möglich und zweckmässig ?<br />
• Besondere Gegebenheiten?<br />
(Standort, Bestand, Mittel, Schwierigkeiten etc.)<br />
• Nötige Vorbereitungen?<br />
(Kredit, Information, Instruktion etc.)<br />
• Ausführungsvariante(n) ?<br />
(Grösse, Abstände und Anordnung der <strong>Rotten</strong>, Anzahl Eingriffe,<br />
Eingriff innerhalb der <strong>Rotten</strong>, Behandlung der Zwischenräume<br />
und des Aushiebes)<br />
• Kontrollen?<br />
(welche - wann - wie)<br />
4.2 Arbeitsablauf<br />
• Uebersicht verschaffen<br />
• <strong>Rotten</strong>umfang bestimmen und freihauen<br />
• Eingriff innerhalb der Rotte (nur wenn unbedingt nötig)<br />
• Nächste Rotte auswählen und um rändeln<br />
(auf genügend Abstand achten!)<br />
• Restbestand zwischen den <strong>Rotten</strong> entfernen -<br />
falls kein zweiter Eingriff vorgesehen ist<br />
• Ausführung laufend kontrollieren, korrigieren oder bestätigen<br />
GWP 11 I <strong>Rotten</strong><strong>pflege</strong>
- 32-<br />
"Die rechte Zeit zum Handeln<br />
jedesmal verpassen<br />
nennt ihr<br />
die Dinge sich entwickeln lassen"<br />
J.W. Goethe<br />
111. Benutzung von Baumkollektiven<br />
als stabile Bestandeselemente<br />
im gleichförmigen<br />
Fichtenbaumholz<br />
1. Ein Erbe wird zum Problem<br />
Aufforstungen<br />
In den Jahrzehnten um die letzte Jahrhundertwende sind im<br />
Berggebiet (obere montane und subalpine Stufe) Fichtenbestände<br />
flächig-gleichförmig aufgewachsen - auf Kahlschlagflächen,<br />
auf Sturmschadenflächen und auf landwirtschaftlichen<br />
Grenzertragsböden.<br />
Zustand<br />
Die Fichte dominiert zulasten der übrigen, standortheimischen<br />
Baumarten wie Tanne, Buche, Bergahorn etc. Auf den<br />
gleichmässig wüchsigen Böden wurde das Bestandesgefüge<br />
nie unterbrochen und strukturiert: weder durch das<br />
Standortmosaik, noch durch Wind und Schnee, noch durch<br />
Pflegeeingriffe.<br />
Stabilitätsprobleme<br />
Nun steht unter dicht geschlossenem Kronendach Stamm an<br />
Stamm im Dunkel des Bestandes. Die Kronen sind kurz und oft<br />
verformt, die Stämme schlank und unter der dichten, leblosen<br />
Nadelstreu nur oberflächlich verwurzelt. Die Dinge haben sich<br />
entwickelt: ZumStabilitätsproblem.<br />
Wie weiter?<br />
Risiko<br />
Die Dinge sich weiterentwickeln lassen?<br />
Ist die Situation durch waldbauliche Eingriffe überhaupt noch zu<br />
retten oder muss in Kauf genommen werden, dass diese<br />
Bestände einem der nächsten Stürme zum Opfer fallen? Dann<br />
GWP 111 <strong>Rotten</strong><strong>pflege</strong>
- 33-<br />
"Teufelskreis"?<br />
würden auf der Kahlfläche wieder ähnliche Entwicklungen<br />
beginnen, sich der Kreislauf schliessen, sich das Problem<br />
weitervererben .<br />
Was erreichen ?<br />
Ziel<br />
Stabile<br />
Bestandeselemente<br />
Erforderlich sind stabile, aus standortsheimischen Baumarten<br />
zusammengesetzte und deutlich strukturierte Bestände, die<br />
zeitlich und räumlich gestaffelt verjüngt werden können.<br />
Das Ziel ist nur erreichbar, wenn genügend grosse und über die<br />
Fläche verteilte Bestandeselemente noch möglichst lange Zeit<br />
erhalten bleiben. Nach solchen suchen wir im Bestand.<br />
-starke Einzelbäume<br />
Dafür in Frage kommen:<br />
/<br />
- Starke Einzelbäume,<br />
die gefahrlos freigestellt werden<br />
können. (Auslesedurchforstung)<br />
- oekologisch wertvolle<br />
Bäume<br />
- Oekologisch wertvolle Laubbäume<br />
und Tannen,<br />
die zur Pflege des Standortes, zur<br />
Erleichterung der Naturverjüngung<br />
und als Samenspender erhaltenswert<br />
sind. (Mischungsregulierung)<br />
- Baumkollektive<br />
- Baumkollektive,<br />
die infolge ihres Dichtstandes, Verzahnung<br />
der Kronen, übriggebliebenen<br />
ehemaligen Nadelmänteln<br />
und gegenseitiger Abstützung der<br />
Wurzelteller relativ stabil sind - und<br />
es auch bleiben, wenn sie freigestellt<br />
werden. (<strong>Rotten</strong><strong>pflege</strong>)<br />
Wagnis<br />
Tun oder lassen ?<br />
Sind noch genügend stabile Bestandeselemente vorhanden,<br />
kann ein Pflegeeingriff in den labilen Zwischenpartien, zur<br />
Vorbereitung oder Einleitung der Verjüngung, gewagt werden.<br />
Wenn nicht, ist abzuwägen, ob durch Eingriffe nicht mehr<br />
GWP 11 I <strong>Rotten</strong><strong>pflege</strong>
- 34-<br />
Schaden als Nutzen verursacht wird: Rechtfertigt die Wirksamkeit<br />
der möglichen Massnahmen das einzugehende<br />
Stabilitätsrisiko und den erheblichen Aufwand? Oder ist es doch<br />
klüger, die Dinge weiterhin sich entwickeln zu lassen?<br />
Selbstregulierung ?<br />
Zusammenbruch ?<br />
Im günstigsten Fall reguliert sich der Bestand im Laufe der Zeit<br />
selbst - wenn nach und nach die instabilsten Partien zusammenbrechen.<br />
Im schlimmsten Fall erfolgt der Zusammenbruch flächig, aber<br />
wahrscheinlich später, als nach einem destabilisierenden<br />
Eingriff.<br />
GWP 11 / <strong>Rotten</strong><strong>pflege</strong>
- 35-<br />
Gleichförmiges Fichten-Baumholz (labil, ca. 100 jährig).<br />
Aus ehemaliger flächiger Aufforstung entstanden.<br />
Beginn eines unkontrollierbaren, flächigen Zerfallprozesses.<br />
Die gleiche Entwicklung soll sich in der nächsten Waldgeneration<br />
nicht wiederholen!<br />
GWP 111 <strong>Rotten</strong><strong>pflege</strong>
··36 -<br />
Was ist hier noch zu retten?<br />
Die Dinge entwickeln sich ...<br />
GWP 11 / <strong>Rotten</strong><strong>pflege</strong>
- 37-<br />
2. Mögliche Auswege<br />
Gleichförmig geschlossenes<br />
Fichten-Baumholz<br />
ja<br />
nein<br />
Begünstigen:<br />
• Stabile Einzelbäume<br />
• Oekologisch<br />
wertvolle Baumarten<br />
• Fichten-Kollektive<br />
Kein Eingriff<br />
Entwicklung beobachten<br />
nein<br />
Oeffnen des Bestandes<br />
Subalpin: min. 2 Std.<br />
dir. Sonnenlicht nötig.<br />
Wärme entscheidend.<br />
Schlitze nötig.<br />
Montan: Auflichtung<br />
auf Ueberschirmungsgrad<br />
von 60%. Licht<br />
entscheidend (8,10)<br />
• Keine zusätzliche<br />
Auflichtung<br />
• Verjüngungsgunst<br />
erhalten<br />
• Entwicklung verjüngungshemmender<br />
Bodenvegetation<br />
vermeiden<br />
Wenn Pflanzung nötig<br />
I<br />
Bestand stärker öffnen<br />
Fehlende Baumarten<br />
einbringen und schützen<br />
GWP 11 I <strong>Rotten</strong><strong>pflege</strong>
- 38-<br />
3. Begünstigung stabiler<br />
Bestandeselemente<br />
Gerüstbäume<br />
--> Stabilität<br />
Stabile Einzelbäume: "Gerüstbäume"<br />
Als sog. Gerüstbäume eignen sich stabile Einzelbäume, die relativ<br />
gefahrlos freigestellt werden können. Sie haben gut ausgebildete<br />
Kronen, starke Stämme (h/d < 80) und solide Verankerungen.<br />
Minoritäten<br />
--> Naturnähe<br />
Oekologisch wertvolle Baumarten: "Minoritäten"<br />
In den von der Fichte übermässig dominierten Beständen sind<br />
die standortsgemässen Baumarten meist untervertreten oder<br />
fehlen ganz.<br />
Sie sind besonders wertvoll: Für die Standort<strong>pflege</strong>, für die Naturverjüngung,<br />
als Samenbäume, als Elemente eines angestrebten<br />
naturnäher zusammengesetzten und stärker strukturierten<br />
Bestandes. Deshalb sind sie, wo immer möglich, zu begünstigen<br />
und zu erhalten.<br />
Kleinkollektive<br />
- keine Neuentdeckung<br />
- BAVIER, 1912<br />
Durchforstung<br />
Baumkollektive: "Kleinkollektive" (<strong>Rotten</strong>?)<br />
Wirkung und Bedeutung von Baumkollektiven im Gebirgswald<br />
wurden schon vor bald einem Jahrhundert erkannt (1, 3).<br />
Ein eindrücklicher Artikel von B.B. BAVIER (1) in der Schweizerischen<br />
Zeitschrift für Forstwesen, Jahrgang 1912 (!) über "die<br />
Durchforstung im Gebirgswald" ist in diesem Zusammenhang so<br />
nützlich, dass ich nichts besseres tun kann, als daraus zu zitieren<br />
(*) :<br />
" ... Zwar haben wir in unsern Gebirgsgegenden noch<br />
sehr oft mit einer starken Abneigung der Bevölkerung<br />
gegen die Durchforstungen zu rechnen. Aber es sind<br />
nicht Worte, sondern Taten, gutgelungene Beispiele,<br />
welche einzig imstande sind, diesen Widerstand zu besiegen.<br />
Ist es auch einerseits begreiflich, dass die<br />
meist geringen finanziellen Ergebnisse der Durchforstungen<br />
namentlich dort, wo der Holzanfall als<br />
Brennholz zu ermässigten Preisen abgegeben wird,<br />
(*) Die Wiederentdeckung dieses Artikels verdanken wir<br />
Thomas FILLBRANDT (Professur für Forsteinrichtung, ETH)<br />
GWP 11 / <strong>Rotten</strong><strong>pflege</strong>
- 39-<br />
- von Bevölkerung<br />
abgelehnt<br />
nicht gerade zur Fortsetzung ermuntern, so ist doch anderseits<br />
nicht zu leugnen, dass auch der Idee an und<br />
für sich Misstrauen entgegengebracht wird und dieselbe<br />
oft kopfschüttelndes Ablehnen erfährt. "<br />
- erfolgt zu spät<br />
- ist zu riskant<br />
..... Bedenken wir, dass infolge fehlenden Absatzes,<br />
wegen Mangel an Wegen und nicht zuletzt wegen Ueberfülle<br />
an durchforstungsbedürftigen Beständen die<br />
Durchforstung im Gebirge meist spät, sehr oft zu spät<br />
vorgenommen werden kann, dass ferner in annähernd<br />
gleichaltrigen oder wenigstens gleichförmigen Beständen<br />
auch die sogenannte herrschende Stammklasse<br />
sich nicht immer kräfig zu entwickeln vermochte, dass<br />
schliesslich Weststurm, Föhn und Nordwind und die<br />
Last gewaltiger Schneemassen jährlich versuchen,<br />
Breschen in den Wald zu legen, so ist es begreiflich,<br />
dass frisch durchforstete Bestände auf Jahre hinaus<br />
Sorgenkinder des Wirtschafters bleiben, umsomehr als<br />
der Bestand auf den Eingriff nur langsam reagiert und<br />
erhaltene Schädigungen sich desto langsamer auswachsen,<br />
je ungünstiger die klimatischen Verhältnisse<br />
sind.<br />
Je mehr die Bevölkerung dem Durchforstungsprinzip<br />
skeptisch gegenüber steht, umsoeher wird sie spätere<br />
Schädigung ursächlich mit der Durchforstung in Zusammenhang<br />
bringen."<br />
Im Gebirge<br />
- Baumgruppen (<strong>Rotten</strong>)<br />
Im Gebirge" ... schliessen sich die Einzelbäume zu<br />
Baumgruppen zusammen, die, aus der Entfernung betrachtet,<br />
den Eindruck eines einzelnen Baumes erwekken.<br />
Sie vereinen ihre einseitigen, schwachen Kronen<br />
zu einer grossen Krone und bilden zusammen ein<br />
Ganzes, aus dem nur mit Gefahr für das Ganze das<br />
Einzelexemplar herausgenommen werden kann. Diese<br />
Baumgruppen waren wohl das Vorbild für die früher<br />
empfohlene Büschelpflanzung (3) und der heute für<br />
hohe Lagen als zweckmässig anerkannten Gruppenpflanzung.<br />
Gruppen und Einzelindividuen schliessen<br />
sich ihrerseits wieder zu Horsten zusammen und<br />
bilden feste Organisationen und Interessegemeinschaften.<br />
Wie aber in jeder menschlichen Vereinigung,<br />
auch wenn dieselbe nach aussen noch so kräftig und<br />
einig auftritt, innere Reibungen und Zwistigkeiten nicht<br />
ausbleiben, so ist auch im Horst nicht aller Kampf aufgehoben.<br />
Aber zäh hängen die Unterlegenen am<br />
GWP 11 I <strong>Rotten</strong><strong>pflege</strong>
- 40-<br />
Leben und schieben ihre wenigen grünen Aeste beharrlich<br />
in jede Lücke, die ihnen erlaubt von den Quellen<br />
des Lebens noch einige winzige Teilchen zu geniessen.<br />
... auch in gleichförmigen<br />
Beständen8<br />
Verschiedenheiten des Standortes, Unregelmässigkeiten<br />
der Bestockung und äussere Eingriffe manigfachster<br />
Art befördern schon von frühester Jugend an die<br />
Gruppen- und Horstbildung. Streng sondern sich<br />
diese ab, bilden eigene Mäntel durch reichliche Beastung<br />
und stemmen sich Wind und Schnee als<br />
kräftiges Ganzes entgegen.<br />
Dieser Zusammenschluss der Baumindividuen gibt<br />
dem beim flüchtigen Anblick gleichförmig scheinenden<br />
Bestand doch ein ganz bestimmtes Gepräge, wobei<br />
diese Gliederung allerdings bald nur angedeutet, bald<br />
aber sehr scharf ausgeformt ist. "<br />
- Verjüngung<br />
vorbereiten<br />
"Die Durchforstung" . .. im Gebirgswald ... "aber steigt<br />
über ihre sonstige Bedeutung als Massnahme der Bestandes<strong>pflege</strong><br />
weit hinaus und bildet einen Eingriff ins<br />
Bestandesleben, der schon jetzt auf die spätere Verjüngung<br />
die weitgehendste Rücksicht zu nehmen hat.<br />
... Mit der Auslese derjenigen Bestandespartien, weIche<br />
bis zum letzten Abtriebsschlag auf der Fläche bleiben<br />
müssen, bis zum Beginn der eigentlichen Verjüngungsschläge<br />
zu warten, wäre verfehlt. Hier hat die<br />
Durchforstung in wirksamer Weise vorzuarbeiten und<br />
sie tut dies, indem sie sich an die natürliche Gliederung<br />
der Bestände anpasst. Der Uebergang zum reinen<br />
Plenterbetrieb müsste natürlich den genau gleichen<br />
Weg einschlagen.<br />
- stabile Kollektive<br />
... auswählen und<br />
begünstigen<br />
Die Durchforstung wird sich also keineswegs in Form<br />
eines a-, b- oder c-Grades gleichmässig über die<br />
Fläche erstrecken. Sie wählt vielmehr schon jetzt Gruppen<br />
und Horste aus, welche dank ihrer Zusammensetzung<br />
und ihrer Lage geeignet sind, die Periode der<br />
allmählichen Lichtung ohne Gefährde zu überdauern<br />
und sie wird solche Horste nur insoweit angreifen, als<br />
es die kräftige Entwicklung der Einzelstämme erfordert.<br />
Sie wird die Bildung solcher Horste möglichst begünstigen,<br />
denn diese bilden im Walde das Gerippe, das<br />
auch den andern, schwächern Partien einen kräftigen<br />
Rückhalt namentlich gegen die Gewalt der Stürme bietet.<br />
GWP " / <strong>Rotten</strong><strong>pflege</strong>
- 4 I -<br />
- labile Partien<br />
... lichten und<br />
verjüngen<br />
- den Winken der<br />
Natur folgen<br />
Umgekehrt wird sie jene Partien, deren Widerstandsfähigkeit<br />
zweifelhaft erscheint - schlecht entwickelte<br />
Einzelgänger und geschwächte Gruppen - durch kräftigere<br />
Lichtung auf rasche Verjüngung vorbereiten, damit<br />
dieselbe noch unter dem sichern Schutz der organisierten<br />
Kameraden erfolgen kann. Sie wird sich auch<br />
nicht scheuen, vorhandenen Jungwuchsgruppen<br />
schon jetzt durch Lichtung zu helfen und damit wertvolle<br />
Verjüngungszentren für die spätere Verjüngung<br />
zu schaffen.<br />
Durch die natürliche Gliederung des Bestandes arbeitet<br />
die Natur selbst wieder auf die Schaffung ungleichaltriger<br />
Bestände hin. Zweck und Ziel der Durchforstung<br />
muss es sein, den Winken der Natur zu folgen,<br />
ihr Vorgehen zu unterstützen und einer geregelten<br />
Wirtschaft einzuordnen. if<br />
Es wäre heute manches besser, hätte man den Rat BAVIER's in<br />
den nachfolgenden 80 Jahren befolgt. Er ist heute noch gültig.<br />
Bestand nicht unnötig schwächen<br />
Desta bi Ii si eru ng<br />
vermeiden<br />
- keine diffusen<br />
Auflichtungen<br />
- nicht homogenisieren<br />
- Kollektive nicht<br />
auflösen<br />
Zu erwähnen bleibt nur noch, was in solchen Situationen zur Destabilisierung<br />
der Bestände führt und deshalb zu vermeiden ist:<br />
• Diffuse Auflichtungen:<br />
Sie rufen verjüngungshemmende Bodenvegetationen<br />
hervor.<br />
• Durchforstungen, welche noch vorhandene Bestandesstrukturen<br />
auflösen und "verwischen".<br />
• Bestehende Baumkollektive aufreissen<br />
oder erdünnern - und damit schwächen.<br />
GWP 11 / <strong>Rotten</strong><strong>pflege</strong>
- 42-<br />
Kronenverbund: "Eine für alle" ...<br />
Stammbündel: "Alle für einen"<br />
GWP 11/ <strong>Rotten</strong><strong>pflege</strong>
- 43-<br />
4. Verjüngen<br />
4. 1 Wann beginnen ?<br />
Lange Verjüngungszeiträume<br />
Voraussetzungen<br />
Lange Verjüngungszeiträume sind vorteilhaft: Sie verschaffen<br />
Zeit für geduldiges Warten, für das Gewährenlassen der<br />
natürlichen Erneuerungsprozesse. Sie schaffen Voraussetzungen<br />
für ungleichaltrige, stufige, strukturierte Bestände.<br />
Ideal wäre ein kontinuierlicher, ununterbrochener oder periodischer<br />
Verjüngungsprozess. Voraussetzungen dazu sind:<br />
- Standort • Nachhaltige Erhaltung der Verjüngungsgunst des Standortes.<br />
- strukturierter Bestand • Stabile, strukturierte Bestände, die ihre Position halten und<br />
nicht durch Zusammenbrüche flächige Nachfolgebestände<br />
provozieren.<br />
- früher Beginn<br />
- Voraussicht<br />
" Ueberlebensversicherung"<br />
• Frühzeitige waldbauliche Hilfen zur Ermöglichung der Naturverjüngung.<br />
• Immer an die Verjüngung denken, irgendwann brauchen wir<br />
sie bestimmt. Und falls der Altbestand vorzeitig zusammenbricht<br />
sind wir froh um jede Verjüngungsgruppe auf der Kahlfläche.<br />
Die Erhaltung und Förderung verjüngungsgünstiger Bedingungen<br />
am Boden und im Bestand, sowie die kontinuierliche und<br />
behutsame Förderung der Verjüngung sind die bestmöglichen<br />
"Ueberlebensversicherungen" für den Gebirgswald.<br />
4.2 Wie vorgehen?<br />
Mass nehmen<br />
Fragen<br />
Es gibt keine allgemeingültigen Verjüngungsrezepte. "Jeder<br />
Wald ist etwas Einziges und Einmaliges" (Leibundgut).<br />
Verlangt sind "massgeschneiderte" Behandlungen. Mass<br />
nehmen wir an der jeweiligen Situtation, an den Standortbedingungen,<br />
am Bestand und an unsern Zielvorstellungen.<br />
Am Anfang stehen Fragen - nicht Antworten und nicht Taten. Um<br />
zu situationsgerechten Entschlüssen zu gelangen, hat sich ein<br />
Vorgehen in folgenden Schritten bewährt:<br />
GWP 111 <strong>Rotten</strong><strong>pflege</strong>
- 44-<br />
1. Schritt: Beobachten - Interpretieren<br />
Beobachten<br />
Interpretieren<br />
• Wo hat es bereits Verjüngung?<br />
- warum gerade dort?<br />
• Wo hat es verjüngungsgünstige Stellen?<br />
Wie kann hier die Verjüngung ermöglicht werden?<br />
Was ist dafür entscheidend?<br />
2. Schritt: Helfen - Schützen<br />
Helfen<br />
Schützen<br />
• Verjüngungsgünstige Bedingungen herbeiführen:<br />
- Eingriff in Bestand zur Verbesserung der entscheidenden<br />
Standortfaktoren.<br />
• Gefahren und Hemmnisse mindern:<br />
- Durch Eingriff keine neuen Gefahren hervorrufen.<br />
- Stabile Ränder hinterlassen.<br />
- Keine schädlichen Prozesse wie Schneeablagerungen,<br />
Schneebewegungen, Steinschlag, Erosion<br />
etc. provozieren.<br />
- Bestehende Verjüngungshemmnisse beheben<br />
oder mindern, z.B. durch Bodenschürfung, Pflanzung,<br />
Wildschadenverhütung, Gleitschneeschutz<br />
etc.<br />
3. Schritt: Kontrollieren - Lernen<br />
Dokumentation<br />
• Dokumentieren<br />
- Was ist? Zustand und dessen Beurteilung<br />
- Was soll erreicht werden? Zielvorstellung<br />
- Was wird gemacht? Massnahmen<br />
Lernen<br />
• Geduldig warten - beobachten - lernen<br />
- Was geschieht? - Warum? - Was ist daraus zu<br />
folgern ?<br />
GWP 111 <strong>Rotten</strong><strong>pflege</strong>
- 45-<br />
Literatur<br />
4.3 Besonders empfehlenswerte Literatur<br />
Verjüngungsoekologie<br />
Aufforstung<br />
OTT, E, LUESCHER, F., FREHNER, M., BRANG, P.:<br />
Verjüngungsoekologische Besonderheiten im Gebirgsfichtenwaid<br />
im Vergleich zur Bergwaldstufe.<br />
Schweiz. Z. Forstwes. 142 (1991) 11 :879-904<br />
SCHOENENBERGER, W., FREY, W., LEUENBERGER, F.:<br />
Oekologie und Technik der Aufforstung im Gebirge.<br />
Anregung für die Praxis.<br />
Eidg. Anst. forst!. Versuchswes. Bericht Nr. 325, 1990<br />
GWP 11 I <strong>Rotten</strong><strong>pflege</strong>
- 46 -<br />
5. Planung der Feinerschliessung<br />
Vor dem<br />
Eingriff<br />
Seilkraneinsatz<br />
Konzept<br />
Wie kommt das geschlagene Holz aus dem Wald? Diese Frage<br />
ist vor jedem waldbau lichen Eingriff zu beantworten. Geschieht<br />
das nicht, sind Schäden, Verluste und Fehlentwicklungen unvermeidlich.<br />
Eine sorgfältig geplante Feinerschliessung ist unabdingbare<br />
Voraussetzung für die Realisierung der waldbaulichen<br />
Ziele - vor allem beim Einsatz von Seilkrananlagen. Dabei sind<br />
insbesondere die nachfolgenden Anforderungen zu erfüllen<br />
(nach Angaben R. AGGELER, IFM).<br />
Feinerschliessungskonzept<br />
- ausführungsreif<br />
- diagonale Linien<br />
· weniger Schäden<br />
· optimale Erschliessung<br />
· keine Schneisen in<br />
der Fallinie<br />
· Sonne für<br />
verjüngung<br />
• Das Feinerschliessungskonzept muss vor Beginn der Anzeichnung<br />
feststehen und ausführungsreif vorliegen.<br />
• Am Steilhang die Seillinien wenn immer möglich diagonal und<br />
im Abstand von max. 80 m in den Hang legen.<br />
Das hat folgende Vorteile:<br />
- Lastzuzug in der Fallinie: Weniger Schäden am Bestand.<br />
Einfache, rationelle Arbeitstechnik.<br />
- Optimale Erfassung der Waldfläche.<br />
- Keine Schneisen in der Hangfallinie, die, vom Tal oder Gegenhang<br />
aus gesehen, störend wirken und die zu gefährlichen<br />
Sturzbahnen von Schnee, Steinen, Wasser und Kaltluft<br />
werden könnten.<br />
- Die hangdiagonale Schneise öffnet das Kronendach in<br />
Richtung Morgen- oder Abendsonne und schafft damit<br />
günstige Bedingungen für die von BISCHOFF (2) beschriebene<br />
Verjüngung in Seilkranschneisen.<br />
Vorgaben<br />
- Einsatzplan<br />
- Projekt<br />
Was im Zeitpunkt der Anzeichnung gegeben sein muss:<br />
• Die Reihenfolge, in der die einzelnen Linien gebaut werden<br />
sollen ist vorbestimmt. Dabei sind, nebst waldbaulichen, auch<br />
betriebliche und technische Gesichtspunkte zu berücksichtigen.<br />
• Die Seillinie ist abgesteckt, markiert und deren Profil aufgezeichnet.<br />
Die Bauelemente (Stützenbäume, Verankerungen,<br />
Lagerplätze etc.) sind bestimmt.<br />
GWP 11I <strong>Rotten</strong><strong>pflege</strong>
- 47-<br />
- Arbeitsverfahren<br />
• Das Arbeitsverfahren (Vollbaum-, Stamm-, oder Sortimentsverfahren)<br />
ist festgelegt.<br />
Die Anzeichnung hat darauf Rücksicht zu nehmen, dass das<br />
gewählte Verfahren auch ausgeführt werden kann.<br />
Wo verjüngen?<br />
- im Bereich<br />
der Seillinie<br />
Räumliche Ordnung für die Verjüngung<br />
• Oeffnungen für die Verjüngung bevorzugt im Bereich der Seillinie<br />
anlegen - nicht an der Transportgrenze.<br />
Dadurch kann der Lichteinfall in der Seilschneise ausgenutzt,<br />
können Schäden am Bestand vermieden und optimale<br />
Arbeitsleistungen erzielt werden.<br />
1 . Durchgang:<br />
Verjüngen im Bereich<br />
der Seillinie.<br />
x.<br />
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\<br />
\<br />
\<br />
\<br />
2. Durchgang:<br />
Seillinie versetzt auf ehemalige Transportgrenze.<br />
Ergänzung der Verjüngung wiederum im Bereich<br />
der Seillinie.<br />
GWP 11 I <strong>Rotten</strong><strong>pflege</strong>
- 48-<br />
Literaturverzeichnis<br />
(1) BAVIER, B.B.: Die Durchforstung im Gebirgswald.<br />
Schweiz. Z. Forstwes. 63 (1912) 6 : 181-185<br />
(2) BISCHOFF, N.: Pflege des Gebirgswaldes.<br />
S. 111. EDMZ, Bern. 1987<br />
(3) FANKHAUSER, F.: Einige Erfahrungen betreffend<br />
Aufforstungen im Hochgebirge.<br />
Schweiz. Z. Forstwes. 1896 S. 9-14<br />
(4) KUOCH, R. u. AMIET, R.: Die Verjüngung im Bereich der<br />
obern Waldgrenze der Alpen.<br />
Mitt. Schweiz. Anst. forstl. Vers'wes. Bd. 46, Heft 4, 1970<br />
(5) KUOCH, R.: Zur Struktur und Behandlung von subalpinen<br />
Fichtenwäldern .<br />
Schweiz. Z. Forstwes. 123 (1972) 2 : 77-89<br />
(6) MAYER, H. u. on, E.: Gebirgswaldbau, Schutzwald<strong>pflege</strong>.<br />
2. Aufl. Fischer 1991<br />
(7) MLiNSEK, 0.: Die Wald<strong>pflege</strong> im subalpinen Fichtenwald<br />
am Beispiel von Poklluka.<br />
Forstw. Cbl. 94 (1975), 202-209<br />
(8) MOSANDL, R. u. EL KATEB, H.: Die Verjüngung<br />
gemischter Bergwälder - Praktische Konsequenzen aus<br />
10jähriger Untersuchungsarbeit.<br />
Forstw. Cbl. 107 (1988),2-13<br />
(9) MUELLER, R.: Arbeitsbericht zu den Erhebungen 1989<br />
über die Jungwald<strong>pflege</strong> in ausgewählten Forstrevieren<br />
der Schweiz.<br />
BUWAL. Eidg. Forstdir. (nicht veröffentlicht)<br />
(10) on, E., LUESCHER, F., FREHNER, M., BRANG, P.:<br />
Verjüngungsoekologische Besonderheiten im<br />
Gebirgsfichtenwald im Vergleich zur Bergwaldstufe.<br />
Schweiz. Z. Forstwes. 142 (1991) 11 : 879-904<br />
(11) PROSKU RYAKOV, M.A.: The structure of the shrenk spruce<br />
stands.<br />
Academy of sciences of the estonian S.S.R. Tartu. 1981<br />
GWP 11 I <strong>Rotten</strong><strong>pflege</strong>
- 49-<br />
(12) SCHOENENBERGER, W., FREY, W., LEUENBERGER, F.:<br />
Oekologie und Technik der Autorstung im Gebirge.<br />
Anregung tür die Praxis, Eidg. Anst. forst!. Versuchswes.<br />
Bericht 325. 1990<br />
(13) SCHWEIZERISCHES LANDESFORSTINVENTAR.<br />
Eidg. Anst. forst!. Versuchswes. Berichte 305. 1988<br />
(14) ZELLER, E.: Pflege von Fichtenaufforstungen im Gebirge.<br />
Bündnerwald 6/1977 : 197-202<br />
GWP 11I <strong>Rotten</strong><strong>pflege</strong>