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"der flugleiter" im *.pdf Format - GdF

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1/2007<br />

Brennpunkt<br />

Einigung in<br />

<strong>der</strong> Schlichtung<br />

Ein zukunftsweisen<strong>der</strong><br />

Tarifabschluss<br />

Presse & PR<br />

Hinter den Kulissen<br />

des Tarifkonflikts<br />

Hoffnungsvoller Beginn<br />

Nichtoperative in <strong>der</strong> <strong>GdF</strong><br />

Safety<br />

Schuld ist <strong>im</strong>mer <strong>der</strong> Controller<br />

Reportage<br />

Golden Flight Level 2007


Editorial<br />

Gegeneinan<strong>der</strong> statt<br />

Miteinan<strong>der</strong> – sind zufriedene<br />

Mitarbeiter nicht gefragt?<br />

von<br />

Klaus<br />

Berchtold-<br />

Nicholls,<br />

Gewerkschaftsvorsitzen<strong>der</strong><br />

Liebe Kolleginnen und Kollegen,<br />

um es gleich vorweg zu nehmen: Wenn das<br />

Gegeneinan<strong>der</strong> <strong>der</strong> letzten Monate fortgeführt<br />

wird, sieht es um die Zukunft <strong>der</strong> deutschen<br />

Flugsicherung bescheiden aus. Warum gerade<br />

das in dieser Zeit gepflegt wird, und nicht das<br />

Miteinan<strong>der</strong> zwischen Management und Mitarbeitern,<br />

ist eine Frage, die ich Ihnen nicht<br />

ernsthaft beantworten kann. Dass es aber <strong>der</strong>zeit<br />

lei<strong>der</strong> so ist, dafür gibt es viele Indizien.<br />

An vor<strong>der</strong>ster Stelle möchte ich die kürzlich gelaufenen<br />

Tarifverhandlungen mit <strong>der</strong> DFS nennen.<br />

Sie waren so voll von alt bekannten, eigentlich für<br />

überwunden geglaubten „Nettigkeiten“ des Arbeitgebers,<br />

vor allem aber geprägt von <strong>der</strong> nie überwundenen<br />

Hinhaltetaktik, dass es nur eine logische Schlussfolgerung<br />

daraus gibt: Die Interessen <strong>der</strong> Mitarbeiter<br />

sind für das Unternehmen ein stetiges Ärgernis, mit<br />

dem man sich nur wi<strong>der</strong>willig auseinan<strong>der</strong> setzt. Die<br />

Zufriedenheit <strong>der</strong> Mitarbeiter hat in <strong>der</strong> DFS offenbar<br />

keinen Stellenwert, auch nicht <strong>der</strong>en Wunsch, als<br />

wertvolle Elemente <strong>im</strong> „Produktionsprozess“ wahr<br />

und ernst genommen zu werden.<br />

Ähnliches gilt in fachlicher Hinsicht. Während man<br />

sich auf örtlicher Ebene meist noch sehr erfolgreich<br />

den Anschein gibt, an <strong>der</strong> konstruktiven Mitarbeit<br />

<strong>der</strong> operativen Mitarbeiter interessiert zu sein, lässt<br />

dieser Eindruck nach, je weiter man in <strong>der</strong> Hierarchie<br />

nach oben gelangt. Bei den entscheidenden Fragen<br />

über die weitere Entwicklung <strong>der</strong> DFS (FAB Central)<br />

ist zurzeit offen, ob die bisherigen Zusagen <strong>der</strong> DFS,<br />

die Berufsverbände (FSBD und FSTD) aktiv in die<br />

Erarbeitung von künftigen Verfahren und Strukturen<br />

einzubeziehen, auch nach dem Personalwechsel <strong>im</strong><br />

Geschäftsbereich Center noch Bestand haben. International<br />

ist die Erfüllung des Grundsatzes „umfassen-<br />

de Einbindung unter gleichen Bedingungen“ bisher<br />

weit entfernt, insbeson<strong>der</strong>e in den Partnerlän<strong>der</strong>n<br />

und was unsere Gewerkschaft als solche betrifft.<br />

Be<strong>im</strong> Stakehol<strong>der</strong> Forum in Brüssel werden wir diese<br />

Beteiligung mit allem Nachdruck einfor<strong>der</strong>n. Und<br />

dann war da noch das Beispiel „Remote Tower“, wo<br />

in bewusster Ignoranz <strong>der</strong> Tatsachen eine problemlose<br />

Umsetzbarkeit verkündet und fachliche Kritik als<br />

„persönlich motiviert“ denunziert wird.<br />

Dass die an<strong>der</strong>en Arbeitgeber unserer Mitglie<strong>der</strong> an<br />

den Regionalflughäfen und bei den Vorfeldkontrollen<br />

lieber gegen <strong>der</strong>en Vertretungen prozessieren als mit<br />

ihnen direkte Gespräche zu führen, passt da ebenso<br />

ins Gesamtkonzept wie die bisherige Verweigerung<br />

<strong>der</strong> Regierung, auf unsere Bedenken bezüglich einer<br />

Kapitalprivatisierung einzugehen und mit uns über<br />

die alternative Entwicklung <strong>der</strong> DFS (in MOSAIC als<br />

Kooperation staatlicher Flugsicherungen) zu sprechen.<br />

Wir werden die ersten Erfolg versprechenden<br />

Gespräche mit <strong>der</strong> nötigen Intensität fortführen.<br />

Wo wir auch hinblicken: Fast überall schlägt uns<br />

<strong>der</strong>zeit Verweigerungshaltung und Hinhaltetaktik<br />

entgegen. Die DFS und an<strong>der</strong>e wenden sich damit<br />

bewusst gegen den internationalen Leitspruch (und<br />

die eigenen Sonntagsreden), dass nur unter voller<br />

Einbeziehung <strong>der</strong> Mitarbeiter die Herausfor<strong>der</strong>ungen<br />

<strong>der</strong> Zukunft gemeistert werden können. Dass<br />

dies tatsächlich wahr ist, werden wir nur allzu bald<br />

schmerzlich erfahren müssen, wenn die idealistische<br />

Wunschvorstellung des Single European Sky zur Enttäuschung<br />

vieler Menschen an <strong>der</strong> Arroganz einiger<br />

weniger Manager scheitert.<br />

Die <strong>GdF</strong> wird weiter unbeirrbar an einer Korrektur<br />

dieser ignoranten Haltung arbeiten. Für diese Sisyphusarbeit<br />

hoffe ich mit dem ganzen Team <strong>der</strong> <strong>GdF</strong><br />

auf Ihre ungebrochene Unterstützung.<br />

Mit freundlichen Grüßen<br />

Klaus Berchtold-Nicholls<br />

<strong>GdF</strong> Bundesvorsitzen<strong>der</strong><br />

<strong>der</strong> flugleiter 2007/01<br />

4


GDF-Vorstand<br />

Bericht aus dem Vorstand<br />

Liebe Kolleginnen und Kollegen,<br />

natürlich stand in den Wochen seit <strong>der</strong> letzten Ausgabe des<br />

„flugleiter“ <strong>der</strong>, vom Arbeitgeber unnötig auf die Spitze getriebene,<br />

Tarifkonflikt mit <strong>der</strong> DFS <strong>im</strong> Vor<strong>der</strong>grund aller Vorstandsaktivitäten.<br />

Die Vorbereitung des ersten legalen Streiks in <strong>der</strong><br />

Geschichte <strong>der</strong> deutschen Flugsicherung hat den Vorstandsmitglie<strong>der</strong>n<br />

<strong>der</strong> <strong>GdF</strong> nochmals weit mehr abverlangt,<br />

als sie normalerweise - auch in den sonst<br />

eher als „ruhig“ bezeichneten Zeiten - ohnehin schon<br />

leisten. Da ich <strong>im</strong>mer wie<strong>der</strong> erstaunte Reaktionen<br />

erlebe, wenn ich davon erzähle, hier noch einmal zur<br />

allgemeinen Kenntnisnahme: Mit Ausnahme unseres<br />

Bundesvorsitzenden Klaus Berchtold-Nicholls, <strong>der</strong> zu<br />

50 % freigestellt ist (von <strong>der</strong> <strong>GdF</strong> bezahlt, wohlgemerkt),<br />

leisten alle an<strong>der</strong>en Vorstandsmitglie<strong>der</strong> ihr<br />

Pensum in ihrer Freizeit, respektive in ihrem Urlaub,<br />

ab. Unser Vorstand für Tarif- und Recht, Markus Siebers,<br />

<strong>der</strong> bis Ende 2006 ebenfalls zur Hälfte „freigekauft“<br />

worden war, ist mit Beginn des Jahres 2007<br />

wie<strong>der</strong> zu 100 % in den Schichtdienst eingestiegen.<br />

Er wird somit künftig, wie die an<strong>der</strong>en Vorstände auch,<br />

bei terminlichen Überschneidungen <strong>im</strong> Einzelfall freigestellt,<br />

wofür die <strong>GdF</strong> die DFS ebenfalls bezahlen<br />

muss. Natürlich versuchen wir alles, um diese, mit<br />

hohem finanziellen Aufwand verbundenen Freistellungen<br />

so gering wie möglich zu halten, schließlich<br />

sind sie ein nicht zu vernachlässigen<strong>der</strong> Posten <strong>im</strong><br />

Budget <strong>der</strong> <strong>GdF</strong>. Somit gehören achtstündige Sitzungen<br />

direkt vor o<strong>der</strong> nach einem<br />

Nachtdienst o<strong>der</strong> an den freien<br />

Tagen, zum festen Bestandteil<br />

eines jeden <strong>GdF</strong>-Vorstandes.<br />

<strong>GdF</strong> - (erst) vier<br />

Jahre auf Erfolgskurs!<br />

Betrachtet man vor diesem<br />

Hintergrund einmal die -<br />

seit <strong>der</strong> Gründung <strong>der</strong> <strong>GdF</strong><br />

vor vier Jahren - zurückgelegte<br />

Wegstrecke, kann<br />

man meines Erachtens<br />

mit dem Erreichten<br />

durchaus zufrieden sein.<br />

Trotz schmerzlicher Rückschläge<br />

und eines hohen,<br />

auch persönlichen Risikos,<br />

haben uns unsere Hartnäckigkeit sowie<br />

unsere Stringenz, begleitet von hervorragenden<br />

externen Beratern und getragen<br />

durch die Unterstützung und Geschlossenheit<br />

unserer Mitglie<strong>der</strong>, dorthin gebracht,<br />

wo wir heute sind: Nahezu 3000 Mitglie<strong>der</strong>,<br />

gerade <strong>im</strong> Begriff, auch <strong>im</strong> Bereich <strong>der</strong> Vorfeldkontrollen<br />

und Regionalflughäfen, massive Pflöcke einzurammen,<br />

fünf erfolgreiche Tarifabschlüsse bei <strong>der</strong><br />

DFS eingefahren, <strong>im</strong>mer stärkerer Ausbau <strong>der</strong> politischen<br />

Netzwerke, Kämpfer gegen die Kapitalprivatisierung<br />

<strong>der</strong> DFS, tragende Säule <strong>der</strong> europäischen<br />

FS-Gewerkschaftslandschaft, ein fester Begriff in <strong>der</strong><br />

deutschen Öffentlichkeit, rotes Tuch für all jene<br />

„Buchhalter“ in <strong>der</strong> deutschen Luftfahrt, die be<strong>im</strong><br />

Begriff „Sicherheit“ stets und zu allererst an die damit<br />

verbundenen Kosten denken.<br />

Die kurze Historie <strong>der</strong> <strong>GdF</strong> ist bisher<br />

eine nahezu einzigartige Erfolgsgeschichte!<br />

Die allermeisten Mitglie<strong>der</strong> sehen dies ganz genauso,<br />

das habe ich in den letzten Wochen in sehr, sehr vielen<br />

persönlichen Gesprächen erfahren dürfen. An dieser<br />

Stelle deshalb, auch <strong>im</strong> Namen des gesamten <strong>GdF</strong>-<br />

Vorstandes, vielen Dank für die großartige Bekundung<br />

<strong>der</strong> Zufriedenheit mit dem bisher Erreichten, egal ob<br />

sie uns per Email, SMS, Telefonat, Brief o<strong>der</strong> <strong>im</strong> persönlichen<br />

Gespräch erreichten: Aus diesen Solidaritätsbekundungen<br />

ziehe ich persönlich die Kraft für die<br />

noch zu leistende Arbeit, und es tut uns einfach sehr<br />

gut, diesen massiven Rückhalt zu erleben. Aber<br />

natürlich nehmen wir auch jene St<strong>im</strong>men wahr, die<br />

Kritik an einzelnen Leistungen <strong>der</strong> <strong>GdF</strong> äußern. Nun<br />

ist es keineswegs so, dass diese, selbst angesichts<br />

<strong>der</strong> oben aufgezählten Erfolge, unzulässig o<strong>der</strong> gar<br />

unerwünscht wäre. Ganz <strong>im</strong> Gegenteil, die selbstkritische<br />

Betrachtung <strong>der</strong> eigenen Performance ist für<br />

den <strong>GdF</strong>-Vorstand ein fester und unverzichtbarer Bestandteil<br />

<strong>der</strong> eigenen Arbeit.<br />

„<strong>GdF</strong>, macht mal!“<br />

Lei<strong>der</strong> beobachte ich aber auch so manches Mal Verhaltensweisen<br />

einzelner Mitglie<strong>der</strong>, die mich zwischenzeitlich<br />

nicht nur sehr nachdenklich, son<strong>der</strong>n teilweise<br />

auch verständnislos machen. Dabei handelt es<br />

sich - dies sei hier noch einmal in aller Deutlichkeit<br />

gesagt - nur um einige wenige <strong>GdF</strong>-Mitglie<strong>der</strong>. Diese<br />

bringen es jedoch tatsächlich fertig, in Zeiten in denen<br />

Solidarität und Geschlossenheit oberstes Gebot<br />

sein müssen, durch unqualifizierte, teilweise schlicht<br />

falsche Behauptungen Unruhe unter den Kollegen zu<br />

verbreiten. Ich spreche hier von jenen „Premium-Mitglie<strong>der</strong>n“,<br />

die in schönster Regelmäßigkeit, jeweils<br />

pünktlich zu den aktuellen Tarifverhandlungen, plötzlich<br />

ihr Interesse an <strong>der</strong> Arbeit <strong>der</strong> <strong>GdF</strong> entdecken.<br />

von<br />

Marek<br />

Kluzniak<br />

5 <strong>der</strong> flugleiter 2007/01


GDF-Vorstand<br />

Bei den regelmäßig stattfindenden Örtlichen Mitglie<strong>der</strong>versammlungen<br />

wurden sie zwar noch nie gesichtet,<br />

ein Engagement für ihre Gewerkschaft, ehrenamtlich<br />

und in ihrer wertvollen Freizeit, käme ihnen niemals<br />

in den Sinn. Aber sie zahlen ja pünktlich ihren<br />

Mitgliedsbeitrag, also: „<strong>GdF</strong>, macht mal.“ Natürlich<br />

sollen dabei stets die beson<strong>der</strong>en Umstände in ihrem<br />

persönlichen Umfeld entsprechend berücksichtigt<br />

werden. Kompromisse werden nicht akzeptiert, und<br />

wehe, jemand an<strong>der</strong>es sollte am Ende etwas besser<br />

wegkommen als man selber…<br />

Die Veröffentlichungen des Arbeitgebers werden, allen<br />

Erfahrungen aus <strong>der</strong> Vergangenheit zum Trotz, als<br />

die reine Wahrheit betrachtet und dazu benutzt, um<br />

sogleich den eigenen <strong>GdF</strong>-Repräsentanten „Unfähigkeit“<br />

zu unterstellen. Des weiteren möchte man<br />

natürlich in je<strong>der</strong> Situation umgehend so informiert<br />

werden, als sei man bei allen Verhandlungen persönlich<br />

dabei gewesen. Deshalb ab und zu einmal auf<br />

die <strong>GdF</strong>-Homepage zu schauen o<strong>der</strong> sich gar in einen<br />

Email-Verteiler einzutragen, schaffen davon allerdings<br />

nur die wenigsten. Informationen sind ihnen vielmehr<br />

umgehend auf einem silbernen Tablett zu präsentieren.<br />

Darüber hinaus will man selbstverständlich nichts<br />

Negatives über den eigenen Berufsstand o<strong>der</strong> gar das<br />

eigene Gehalt in <strong>der</strong> Öffentlichkeit publiziert sehen.<br />

Das alles ist ja wohl schließlich das mindeste, was man<br />

für seinen Mitgliedsbeitrag erwarten kann, o<strong>der</strong>?<br />

Hat sich bei diesen superkritischen und stets das<br />

Max<strong>im</strong>um for<strong>der</strong>nden Mitglie<strong>der</strong>n eine Erwartungshaltung<br />

breit gemacht, die wir - die <strong>GdF</strong>-„Funktionäre“ -<br />

selbst zu verantworten haben? Nicht nur ich stelle mir<br />

diese Frage <strong>im</strong>mer wie<strong>der</strong>. Haben wir uns in den gerade<br />

mal vier Jahren „zu Tode gesiegt“, wie es ein Medien-<br />

Insi<strong>der</strong> mir gegenüber einmal formulierte? Gilt daher<br />

schon <strong>der</strong> kleinste Kompromiss, das geringste Nachgeben<br />

- Dinge, ohne die keine Verhandlung je zu einem<br />

Abschluß käme - als „Nie<strong>der</strong>lage“, „Schwäche“,<br />

„Unvermögen“?<br />

Damit ich nicht missverstanden werde:<br />

Natürlich ist es das gute Recht eines jeden Mitglieds,<br />

für seine Gewerkschaftsbeiträge auch eine<br />

adäquate Gegenleistung zu erwarten!<br />

In den letzten Wochen musste ich mit ansehen, wie<br />

teilweise erschreckend dürftig die extra zum Thema<br />

„Tarif“ einberufenen Mitglie<strong>der</strong>versammlungen besucht<br />

waren. Hinterher aber wurde Beschwerde geführt,<br />

man fühle sich nicht „ausreichend informiert“.<br />

Dafür fehlt mir - ehrlich gesagt - das Verständnis! Wenn<br />

selbst am „Mega-Standort“ Langen lediglich geschätzte<br />

50 Mitglie<strong>der</strong> den Weg zur dortigen ÖMV gefunden<br />

haben, und dies, obwohl zu diesem Zeitpunkt ein<br />

möglicher Streik bereits in aller Munde war, dann kann<br />

diese Beteiligung nur als traurig bezeichnet werden.<br />

Es sollte doch eigentlich jedem klar sein, daß genau<br />

auf diesen Treffen „Hintergrundinfos“ gegeben und<br />

erläutert werden, die in den<br />

offiziellen <strong>GdF</strong>-Publikationen<br />

aus guten Gründen nicht<br />

stehen können. Und auch<br />

zur Beantwortung von<br />

Fragen sowie für direktes<br />

Feedback von den <strong>GdF</strong>-Verantwortlichen<br />

ist ein <strong>der</strong>artiger<br />

Rahmen geradezu<br />

prädestiniert.<br />

Wer darüber hinaus in Zeiten<br />

eines massiven Tarifkonflikts<br />

<strong>im</strong>mer noch die Publikationen<br />

<strong>der</strong> Arbeitgeberseite<br />

völlig unkritisch für<br />

bare Münze n<strong>im</strong>mt, dem<br />

sei an dieser Stelle lediglich<br />

einmal eine kurze<br />

Lektüre <strong>der</strong> gesammelten<br />

DFS-Infos <strong>der</strong> vergangenen<br />

Jahre empfohlen. Angefangen<br />

von „Der (!) <strong>GdF</strong> ist<br />

keine Gewerkschaft“ über „Lotsen dürfen nicht streiken“<br />

und „Wir werden die <strong>GdF</strong> niemals anerkennen“<br />

bis hin zu meinem persönlichen Favoriten „Dieses<br />

Jahr wird es kein Weihnachtsgeld geben“ - alles<br />

natürlich stets <strong>im</strong> Brustton <strong>der</strong> Überzeugung vorgetragen<br />

- lässt sich doch eigentlich recht einfach anhand<br />

des Status Quo nachprüfen, was von <strong>der</strong>artigen<br />

Aussagen übrig geblieben ist.<br />

Wer dann auch noch, auf <strong>der</strong> Grundlage eines <strong>der</strong>art<br />

traurigen Informationsstandes, mitten in Tarifverhandlungen<br />

den eigenen Vertretern öffentlich „Versagen“<br />

vorwirft, muss wissen, dass er damit nicht nur<br />

die <strong>GdF</strong> selbst, son<strong>der</strong>n letztlich sich selbst in <strong>der</strong><br />

laufenden Auseinan<strong>der</strong>setzung schwächt. Angesichts<br />

unserer Erfüllungsquote in <strong>der</strong> Vergangenheit wäre<br />

doch wohl eher ein gehöriger Vertrauensvorschuss<br />

gegenüber de <strong>GdF</strong> angebracht. Wie bereits mehrfach<br />

gesagt, es handelt sich hierbei meist um einige wenige<br />

Personen, die - anscheinend mittlerweile völlig abgehoben<br />

- in je<strong>der</strong> Suppe ein Haar finden, sich niemals<br />

genügend gewürdigt finden und sowieso alles<br />

besser wissen als die dafür verantwortlichen Handelnden<br />

auf Seiten <strong>der</strong> <strong>GdF</strong>. Jenen ewigen Nörglern,<br />

Besserwissern und Querulanten sei an dieser Stelle<br />

gesagt: Macht mal dringend einen „Reality Check“,<br />

und wenn ihr dann <strong>im</strong>mer noch meint, die Performance<br />

<strong>der</strong> <strong>GdF</strong> sei schlecht: Engagiert Euch doch einfach<br />

selber einmal. Mal sehen, was dabei heraus kommt.<br />

Arbeit hätten wir jedenfalls genug …<br />

Mit kollegialen Grüßen<br />

Marek Kluzniak<br />

(Anmerkung <strong>der</strong> Redaktion: siehe auch den Leserbrief auf Seite 89)<br />

<strong>der</strong> flugleiter 2007/01<br />

6


Intern<br />

Was erwartet uns 2007?<br />

Ausblick auf ein Jahr mit vielen Unbekannten<br />

Mit <strong>der</strong> Herausgabe des ersten „flugleiter“ des Jahres 2007 ist<br />

das Jahr schon fast 50 Tage alt. In <strong>der</strong> Politik wird bekanntlich<br />

nach den ersten 100 Tagen eine Art Zwischenprüfung fällig.<br />

Dass das Jahr 2007 eines mit vielen Unbekannten<br />

werden kann und sich Tendenzen, seien sie positiv<br />

o<strong>der</strong> (eher) negativ schon jetzt abzeichnen, dürfte<br />

unschwer zu erkennen sein. Bereits 2006 wurde zeitig<br />

klar, dass das Thema Flugsicherung ein länger andauerndes<br />

werden würde. Verschiedene Anlässe werden<br />

daher auch in den kommenden Wochen und Monaten<br />

das Medieninteresse an <strong>der</strong> Luftfahrt und hier speziell<br />

an <strong>der</strong> Flugsicherung hochhalten.<br />

Die Flugsicherung <strong>im</strong> Umbruch: Privatisierung,<br />

Tarifkonflikt, Zertifizierung und Single European Sky,<br />

Functional Airblocks, Einführung neuer Systeme,<br />

Versetzungen und Umsetzungen – wer weiß wohin<br />

ATC steuert?<br />

Schon allein bei dieser kurzen, aber doch bezeichnenden<br />

Zusammenfassung von einigen Schlagwörtern<br />

mag man feststellen, dass Brisanz in <strong>der</strong> Luft<br />

liegt. Wichtige Weichen müssen, auch <strong>im</strong> europäischen<br />

Sinne, gestellt werden.<br />

Eines <strong>der</strong> wichtigsten Themen dürfte die weitere Verfolgung<br />

<strong>der</strong> Pläne zur Privatisierung sein. Das Flugsicherungsgesetz<br />

war nicht das einzige Gesetz, das<br />

den strengen Maßstäben des Bundespräsidialamtes<br />

nicht genügte, aber es hat dazu geführt, dass die<br />

einst einheitliche Meinung <strong>der</strong> verantwortlichen Parteien<br />

stückweise abbröckelt und zwischenzeitlich<br />

mehr Fragezeichen hinter den Privatisierungsplänen<br />

stehen als zuvor. Uneinigkeit bei <strong>der</strong> weiteren Vorgehensweise<br />

<strong>der</strong> Parteien zeichnen das Bild. Aus dem<br />

Verkehrsministerium kommen zu diesem Thema nur<br />

belanglose Kommentare, wohl mit voller Absicht. Von<br />

<strong>der</strong> Geschäftsführung <strong>der</strong> DFS hingegen werden die<br />

Führungskräfte auf den Sinn <strong>der</strong> Privatisierung eingeschworen.<br />

Jedem aus diesem Umfeld sollte eigentlich<br />

klar sein, dass eine neue Firmenphilosophie zunächst<br />

die Führungskräfte angreift und erst <strong>im</strong> weiteren Verlauf<br />

auch Auswirkungen auf den „normal“ Sterblichen<br />

hat. Aber wie gesagt: Zur Zeit hier Tendenzen<br />

aufzuzeigen, wäre sicherlich dem Blick einer Wahrsagerin<br />

in eine Kristallkugel gleichzusetzen.<br />

Das Thema, das die Kolleginnen und Kollegen zur Zeit<br />

brennend interessiert, ist das Ergebnis <strong>der</strong> Tarifgespräche<br />

zwischen DFS und <strong>GdF</strong>, unter tatkräftiger<br />

Mithilfe <strong>der</strong> Schlichterin Frau Prof. Deubler-Gmelin.<br />

Die Einigung hat die Zust<strong>im</strong>mung <strong>der</strong> handelnden<br />

Parteien bekommen. Es soll ein neues Bezahl- und<br />

Tarifsystem aus <strong>der</strong> Taufe gehoben werden, das für<br />

die nächsten Jahre Gültigkeit besitzt und hoffentlich<br />

die Weichen in Richtung Zukunft stellt. Aber auch hier<br />

gilt das Gleiche wie bei <strong>der</strong> Privatisierung: Der Blick<br />

auf die Kristallkugel gibt noch keine Hinweise, wohin<br />

<strong>der</strong> Weg führt.<br />

Ein ähnliches Problem stellten für die <strong>GdF</strong> die Verhandlungen<br />

mit Fraport und dem Münchner Flughafen<br />

dar. Es geht um einen Tarifabschluss für die Apron-<br />

Controller. Hier kann und darf man hoffen, dass beide<br />

Seiten, auch <strong>im</strong> Sinne <strong>der</strong> Mitarbeiter, konstruktive<br />

Gespräche führen, die dann einen akzeptablen Tarifabschluss<br />

zur Folge haben werden. Selbst dann, wenn<br />

sich Ex-Gewerkschaftsboss Mai, jetzt Arbeitsdirektor<br />

bei FRAPORT, entschlossen zeigt, dies zu verhin<strong>der</strong>n<br />

und sich nicht zu schade ist, dafür hanebüchene „Argumente“<br />

an den Haaren herbeizuziehen.<br />

Sportlich hingegen gibt sich das Programm für die<br />

Regionalflughäfen. Man darf gespannt sein, ob die<br />

„TTC“ (Die Tower Company), die SES-konforme Umsetzung<br />

und Erbringung <strong>der</strong> Zertifizierung <strong>der</strong> so genannten<br />

Regionalairports schafft. Die TTC hat den Antrag<br />

zur SES-Zertifizierung an das BMVBS <strong>im</strong> September<br />

des abgelaufenen Jahres gestellt, inzwischen erhalten<br />

und plant bis Mitte 2007 die Übernahme <strong>der</strong><br />

FS-Dienste etwa an Plätzen wie Westerland/Sylt, Kiel,<br />

Lübeck, Schwerin, Heringsdorf, Braunschweig, Dortmund,<br />

Nie<strong>der</strong>rhein, Mönchengladbach, Pa<strong>der</strong>born,<br />

Kassel, Altenburg, Hahn, Mannhe<strong>im</strong>, Baden-Airport,<br />

Augsburg, Friedrichshafen, Hof, Zweibrücken, Lahr,<br />

Memmingen, Finkenwer<strong>der</strong> und Oberpaffenhofen.<br />

Bald wird sich zeigen, welcher dieser Flughäfen das<br />

hohe Maß <strong>der</strong> Zertifizierung geschafft hat. Natürlich<br />

werden wir diesen, nicht nur für die TTC, son<strong>der</strong>n<br />

auch für die dort tätigen Kolleginnen und Kollegen,<br />

interessanten Schritt begleiten und kommentieren.<br />

Ein erster Bericht erscheint in dieser Ausgabe.<br />

Personelle Umsetzungen und Verän<strong>der</strong>ungen gibt es<br />

in jedem Unternehmen. Es hat sie in <strong>der</strong> Vergangenheit<br />

auch bei <strong>der</strong> DFS gegeben, und es wird sie <strong>im</strong><br />

Jahre 2007 auch wie<strong>der</strong> geben. Die Frage ist nur, wie<br />

diese „persönlichen Umsetzungen“ veröffentlicht<br />

werden. Gerade in letzter Zeit brachte die eine o<strong>der</strong><br />

an<strong>der</strong>e Verän<strong>der</strong>ung die Gerüchteküche ins Brodeln.<br />

von<br />

Hans-Joach<strong>im</strong><br />

Krüger<br />

7 <strong>der</strong> flugleiter 2007/01


Intern<br />

Vielleicht wäre die DFS besser beraten, vieles<br />

offensiver und vor allen Dingen klarer darzustellen.<br />

Dieser kurze Ausblick soll verdeutlichen, dass die<br />

Flugsicherung stets ein interessantes Feld bietet, sich<br />

über viele Dinge Gedanken zu machen. Gleichzeitig<br />

gilt es festzustellen, dass die Flugsicherung sich von<br />

ihrem Selbstverständnis als Behörde ständig weiter<br />

abkoppelt und sich zu einer ganz „normalen Firma“<br />

entwickelt, auch wenn an machen Stellen die vermeintliche<br />

Behörde und das administrative Hierarchiedenken<br />

so manchen verzweifeln lassen. Wer<br />

schon 'mal einen Beschaffungsantrag für Kugelschreiber<br />

ausgefüllt hat, um dem damit verbundenen<br />

verwaltungstechnischen Aufwand zu genügen, weiß,<br />

was gemeint ist. Aber vielleicht gibt es auch hier<br />

noch Än<strong>der</strong>ungsansätze.<br />

<strong>der</strong> flugleiter 2007/01<br />

8


Intern<br />

Neuer Betriebsrat in Rödelhe<strong>im</strong><br />

In die Verlängerung gehen musste das neue Betriebsratsgremium<br />

bzw. <strong>der</strong> Wahlvorstand des AIS - Rödelhe<strong>im</strong>.<br />

Nachdem die ersten Wahlen Mitte des Jahres 2006<br />

zunächst angefochten wurden, danach das gewählte<br />

BR-Gremium kollektiv zurücktrat, konnte nun ein<br />

neuer Betriebsrat von den Beschäftigten gewählt und<br />

ins Amt berufen werden.<br />

Es waren turbulente Momente, die die alten Betriebsratsmitglie<strong>der</strong>,<br />

<strong>der</strong> alte und <strong>der</strong> neue Wahlvorstand<br />

durchlebten. So richtig nachzuvollziehen sind und<br />

waren die Gründe des kollektiven Rücktritts nicht. Viel<br />

wurde erzählt, viele Gerüchte machten die Runde. Es<br />

war dringend erfor<strong>der</strong>lich, dass gerade für das AIS ein<br />

neuer handlungsfähiger Betriebsrat gewählt wurde.<br />

Zwar war <strong>der</strong> alte Betriebsrat geschäftsführend weiter<br />

<strong>im</strong> Amt, aber viele mitbest<strong>im</strong>mungspflichtige und zum<br />

Teil personenbezogene Mitwirkungen wurden auf die<br />

lange Bank geschoben.<br />

Nach einigen Irritationen über einen möglichen neuen<br />

Wahltermin konnte sich <strong>der</strong> Wahlvorstand für neue<br />

Betriebsratswahlen auf einen Termin noch vor Weihnachten<br />

einigen und dafür Sorge tragen, dass die<br />

entsprechenden Wahlunterlagen fristgemäß veröffentlicht<br />

und verschickt wurden. Nach <strong>der</strong> Durchführung<br />

<strong>der</strong> Wahlen und <strong>der</strong> dazugehörenden Auszählung<br />

wurden folgende Kolleginnen und Kollegen<br />

in den Betriebsrat gewählt:<br />

Birgit Janovsky, Michael Kirchner, Jörg Dißelkamp-<br />

Tietze, Dieter Wehrl und Tanja Ankele.<br />

In <strong>der</strong> konstituierenden Sitzung wurde Birgit Janovsky<br />

einst<strong>im</strong>mig zur neuen BR-Vorsitzenden gewählt, und<br />

das Gremium gleich mit den ersten „Eigenarten“ und<br />

unterschiedlichen Interpretationsmöglichkeiten des<br />

Betriebsverfassungsgesetzes konfrontiert. HJK<br />

„Fachbereich Administration“<br />

Hoffnungsvoller Beginn einer starken<br />

Verbindung – Nichtoperative in <strong>der</strong> <strong>GdF</strong><br />

Eine neue Initiative <strong>der</strong> <strong>GdF</strong> nahm ihren Anfang am Abend<br />

des 05.12.2006. In Langen fand ein spezielles Treffen <strong>der</strong> Gewerkschaft<br />

mit Kolleginnen und Kollegen <strong>der</strong> DFS statt, die<br />

nicht <strong>im</strong> operativen Dienst beschäftigt sind. Anlass für die<br />

Veranstaltung, an <strong>der</strong> unter an<strong>der</strong>em RA Dirk Vogelsang, Dirk<br />

Wendland, Günter Schnause und an<strong>der</strong>e Spitzenfunktionäre<br />

<strong>der</strong> <strong>GdF</strong> teilnahmen, war, sich aktiv und kritisch mit den Problemen<br />

<strong>der</strong> Administration <strong>der</strong> DFS auseinan<strong>der</strong>zusetzen. Es<br />

sollte zudem untersucht werden, warum <strong>der</strong>en Organisationsgrad<br />

in <strong>der</strong> Gewerkschaft <strong>im</strong> Vergleich zu den Lotsen und<br />

<strong>der</strong> Technik noch relativ gering ist.<br />

Die <strong>GdF</strong> als junge Gewerkschaft sieht sich eindeutig<br />

als eine Gewerkschaft aller Kolleginnen und Kollegen<br />

in <strong>der</strong> DFS, unabhängig davon, welche Tätigkeit diese<br />

ausüben. Um die Bedürfnisse <strong>der</strong> Administration<br />

noch besser in <strong>der</strong> Tarifarbeit zu berücksichtigen, ist<br />

es notwendig, dass diese entsprechend ihren Beson<strong>der</strong>heiten<br />

als aktiver Teil in <strong>der</strong> <strong>GdF</strong> integriert wird.<br />

Man stelle sich vor, 1.000 o<strong>der</strong> 2.000 administrative<br />

Kolleginnen und Kollegen wären organisiert - sie<br />

könnten mit Nachdruck und Stärke ihre Interessen<br />

in einem eigenen Fachbereich unter<br />

dem Dach <strong>der</strong> <strong>GdF</strong> vertreten.<br />

In einer langen und offenen Diskussion mit<br />

den Gästen stellte sich heraus, dass es ganz<br />

unterschiedliche Gründe für den bislang noch<br />

relativ niedrigen Organisationsgrad gibt.<br />

„Schatten“ <strong>der</strong> Vergangenheit<br />

Vergangenheitsbedingt bestehen noch <strong>im</strong>mer<br />

Vorurteile und negative Erfahrungen in <strong>der</strong> Belegschaft<br />

<strong>der</strong> DFS <strong>im</strong> Umgang miteinan<strong>der</strong>. Als eine<br />

Ursache wurde die mangelnde Kommunikation und<br />

Einbindung <strong>der</strong> nicht-operativen Bereiche durch die<br />

<strong>GdF</strong> gesehen. An<strong>der</strong>erseits war es sicherlich nie Ziel<br />

des Arbeitgebers, die gesamte Belegschaft vereint in<br />

einer starken Gewerkschaft wie<strong>der</strong>zufinden. Dementsprechend<br />

fielen in <strong>der</strong> letzten Zeit diverse politische<br />

Veröffentlichungen des Arbeitgebers aus und sollten<br />

9 <strong>der</strong> flugleiter 2007/01


Intern<br />

von den betroffenen Kolleginnen und Kollegen auch<br />

als solche gewertet werden.<br />

Bedauerlicher Weise wurde <strong>der</strong> <strong>GdF</strong> berichtet, dass<br />

bei vielen Kolleginnen und Kollegen Angst vorherrsche,<br />

Gewerkschaftsmitglied zu werden. Einige Führungskräfte<br />

bewerten einen solchen Schritt als wenig karriereför<strong>der</strong>nd<br />

und „mahnen“ zur Zurückhaltung. Dies<br />

trifft aber nicht zu! Schauen wir doch einfach einmal<br />

auf den Werdegang einiger in Arbeitgeberrolle stehen<strong>der</strong><br />

Personen <strong>der</strong> DFS. Der Schritt vom Gewerkschafter<br />

zum leitenden Angestellten war und ist möglich und<br />

erfolgreich! Außerdem gibt es in Deutschland verbriefte<br />

Rechte aus dem Grundgesetz und dem Betriebsverfassungsgesetz,<br />

in dem gewerkschaftliche Arbeit ausdrücklichen<br />

Schutz genießt. Eine intelligente Gewerkschaftsarbeit,<br />

die von allen <strong>im</strong> Unternehmen Beschäftigten<br />

gemeinsam gestaltet wird, bietet nicht nur dem<br />

Einzelnen und Arbeitnehmergruppen son<strong>der</strong>n auch<br />

dem Unternehmen Entwicklungs- und<br />

Erneuerungschancen.<br />

Ziel muss es sein, über die Vorurteile und schlechten<br />

Erfahrungen auf beiden Seiten hinwegzukommen und<br />

sich zu einen. Das Risiko <strong>der</strong> Spaltung birgt mittelfristig<br />

zwei Tarifverträge, denken wir an die Lufthansa.<br />

Mindestens eine Seite wird dabei kräftig verlieren.<br />

Konflikte, die jetzt noch vorherrschen, können jedoch<br />

auch als Chance und Dialog genutzt werden.<br />

Konstruktives zweites Treffen<br />

Da sich auf Grund <strong>der</strong> Tarifverhandlungen <strong>der</strong> Redaktionsschluss<br />

des Flugleiters verschoben hat, ist es möglich,<br />

noch in dieser Ausgabe von <strong>der</strong> Anschlussveranstaltung<br />

am 24.01.2007 zu berichten, bei <strong>der</strong> sowohl<br />

bereits bekannte wie auch neue Kolleginnen und Kollegen<br />

aus <strong>der</strong> Unternehmenszentrale anwesend waren.<br />

Vertreten waren unter an<strong>der</strong>em die Bereiche Betriebswirtschaft,<br />

Personalwesen, Qualitäts- und Anfor<strong>der</strong>ungsmanagement<br />

sowie Systemingeneering<br />

und<br />

IT–Administration.<br />

Photo: DFS<br />

<strong>der</strong> flugleiter 2007/01<br />

10


Intern<br />

Der Abend hatte sich als Fortsetzung des 05.12.2005<br />

das Ziel gesetzt, erste Schritte zu einer gewerkschaftlichen<br />

Organisation <strong>der</strong> Nicht-Operativen unter dem<br />

Dach <strong>der</strong> <strong>GdF</strong> zu diskutieren und zu realisieren.<br />

Michael Schäfer stellte die Organisation und Struktur<br />

<strong>der</strong> <strong>GdF</strong> vor. Er zeigte den Gästen nochmals auf, dass<br />

die <strong>GdF</strong> noch <strong>im</strong>mer eine junge Gewerkschaft sei und<br />

das - auch in <strong>der</strong> Satzung festgeschriebene - Ziel hat,<br />

alle Mitarbeiter/innen <strong>der</strong> DFS zu integrieren. Aus <strong>der</strong><br />

Historie begründet, beträgt <strong>der</strong> organisierte Anteil<br />

nicht-operativer Kolleginnen und Kollegen in <strong>der</strong> <strong>GdF</strong><br />

ca. 5%. Das ist eine gute Basis, die sich aber noch<br />

kräftig ausbauen lässt.<br />

Es ist bekannt, dass gerade in <strong>der</strong> Unternehmenszentrale<br />

noch zahlreiche Vorbehalte gegen die <strong>GdF</strong> bestehen.<br />

Dazu zählen ganz sicher die „Altlasten“, die<br />

Erinnerungen an alte, lange überwundene Spannungen<br />

zwischen früheren Verbänden wecken. Als weitaus<br />

schwieriger jedoch erweist sich die gezielte Kommunikationspolitik<br />

<strong>der</strong> DFS, die die gemeinsame Organisation<br />

aller Mitarbeiter/innen verhin<strong>der</strong>n will. Diese<br />

potenzielle Stärke ist unerwünscht, weil sie die Machtverhältnisse<br />

in <strong>der</strong> DFS spürbar verän<strong>der</strong>n würde.<br />

Das DFS-Intranet und dessen Ziele<br />

Im Gespräch kam erneut die Intranetmeldung des<br />

Arbeitgebers aus dem Dezember 2006 auf, in <strong>der</strong> von<br />

über 70% Gehaltssteigerungen für Techniker sowie<br />

vom Beispiel eines Senior-Flugdatenbearbeiters in<br />

Erfurt berichtet wurde. Die <strong>GdF</strong> kommentierte die<br />

Mitteilung damals nicht, weil es geradezu lächerlich<br />

schien, darauf hinzuweisen, dass <strong>im</strong> Tower Erfurt<br />

we<strong>der</strong> in <strong>der</strong> Vergangenheit, noch aktuell o<strong>der</strong> in Zukunft<br />

ein Flugdatenbearbeiter beschäftigt war, ist<br />

o<strong>der</strong> sein wird. (s. auch Artikel in „Presse und PR“)<br />

Die 70% Gehaltssteigerung für einen Techniker stellte<br />

darüber hinaus ein rein theoretisches Modell dar.<br />

Der nette Hinweis <strong>der</strong> DFS, dass es in <strong>der</strong> Tarifrunde<br />

Gewinner und Verlierer unter <strong>der</strong> Belegschaft geben<br />

werde, wurde mit erfundenen, fiktiven Rechenmodellen<br />

untermauert. Aber diese Intranet-Mitteilungen an<br />

die Belegschaft verfehlten ihre Wirkung nicht und erzeugten<br />

Unsicherheit. Die Gäste baten die <strong>GdF</strong>, in Zukunft<br />

<strong>der</strong>artige Behauptungen des Arbeitgebers zeitnah<br />

und umfassend zu wi<strong>der</strong>legen.<br />

Nächste Schritte<br />

Die <strong>GdF</strong> wird daher ihre Kommunikation ausweiten<br />

und auch die Homepage www.gdf.de mit einem Informations-<br />

und Aktivitätenblock inklusive Ansprechpartner<br />

für die Administration versehen. Die <strong>GdF</strong> hat<br />

keinen Einfluss auf das Intranet <strong>der</strong> DFS und bittet<br />

daher die Kolleginnen und Kollegen, aktiv und oft die<br />

Homepage <strong>der</strong> <strong>GdF</strong> zu nutzen. Außerdem soll <strong>der</strong><br />

„flugleiter“ ab <strong>der</strong> nächsten Ausgabe stärker in <strong>der</strong><br />

Unternehmenszentrale verteilt werden.<br />

Die <strong>GdF</strong> hat aus diesen und an<strong>der</strong>en Gründen beschlossen,<br />

die „Administration“, wie <strong>im</strong>mer sich dieser<br />

Begriff auch künftig genau definieren mag, in<br />

nächster Zeit durch ein Mitglied dieses Bereichs in<br />

<strong>der</strong> Tarifkommission fachlich vertreten zu lassen. Die<br />

TK setzt durch den/die neue/n, fachkundige/n Vertreter/in<br />

auf die wachsende Unterstützung aller<br />

nicht-operativen Unternehmensbereiche <strong>der</strong> DFS, um<br />

die komplexen tarifrelevanten Problemstellungen abdecken<br />

zu können. Ohne Mitwirkung des Bereichs<br />

„Administration“ ist es kaum möglich, die Interessen<br />

von 2000 nicht-operativen Kolleginnen und Kollegen<br />

ausreichend zu kennen und zu bearbeiten.<br />

Günter Schnause und Thorsten Wehe berichteten von<br />

den vielen nationalpolitischen und internationalen<br />

Aktivitäten <strong>der</strong> Gewerkschaft. Durch die Europäisierung<br />

<strong>der</strong> Arbeitsmärkte und die zahlreichen neuen,<br />

vereinheitlichenden EU-Verordnungen ist diese Arbeit<br />

beson<strong>der</strong>s wichtig, um langfristig Arbeitsplätze in<br />

Deutschland zu sichern. Auch hier wird es Zeit, Kontakte<br />

zu an<strong>der</strong>en Verwaltungen von internationalen<br />

Flugsicherungsorganisationen aufzunehmen. Die<br />

Fachbereiche Betrieb und Technik betreiben das bereits<br />

sehr intensiv.<br />

Es gibt also viel nachzuholen <strong>im</strong> nicht-operativen Bereich.<br />

Der bereits 13 Jahre alte Eingruppierungstarifvertrag<br />

sollte künftig auch neue, noch nicht enthaltene<br />

Berufsfel<strong>der</strong> aufnehmen, um arbeitgeberseitigen<br />

„Personalkostensenkungsmaßnahmen“ wie Triple S<br />

den Nährboden zu entziehen. Auf Tarifebene können<br />

viele Arbeitsbedingungen, auch <strong>im</strong> sozialen Bereich,<br />

mitgestaltet werden, diese Chance bietet sich jetzt.<br />

Die Bundesvorstand <strong>der</strong> <strong>GdF</strong> wird in kürze darüber<br />

beraten, wie sich die Nicht-operativen Mitglie<strong>der</strong> eine<br />

Arbeitsplattform schaffen können, so lange sie nicht<br />

die satzungsmäßige Mindestmitglie<strong>der</strong>anzahl für die<br />

Gründung eines neuen 3. Fachbereiches erreicht hat.<br />

Der Abend war interessant und konstruktiv und wird<br />

bald mit neuen Erkenntnissen fortgesetzt. Die <strong>GdF</strong><br />

freut sich über den frischen Wind in <strong>der</strong> Unternehmenszentrale<br />

und auf viele neue Impulse dieses<br />

ebenfalls lebensnotwendigen Teils <strong>der</strong> Flugsicherung.<br />

Die <strong>GdF</strong> appelliert an Unentschlossene, die noch mit<br />

sich ringen, <strong>GdF</strong>-Mitglied zu werden:<br />

Niemand schuldet uns die Erfüllung unserer Wünsche.<br />

Eigene Erwartungen können nur selbst von<br />

den Betroffenen in die Tarifpolitik eingebracht werden.<br />

Nur gemeinsam können wir einen einheitlichen<br />

und sozialen Tarifvertrag gestalten und wahren.<br />

DA<br />

11 <strong>der</strong> flugleiter 2007/01


Brennpunkt<br />

Ein zukunftsweisen<strong>der</strong> Tarifabschluss<br />

Geld verstellt oft den Blick für das Wesentliche. Wie <strong>im</strong> Leben<br />

allgemein, so gilt dies bisweilen auch <strong>im</strong> Tarifgeschäft, wenn<br />

die Fokussierung auf Tabellen, Prozentsätze und Volumina<br />

die Aussicht auf Strukturelemente trübt, die sich hinter den<br />

Zahlen verbergen.<br />

Bei einem Tarifstreit um die Erhöhung <strong>der</strong> Vergütung,<br />

also bei klassischen „VTV-Verhandlungen“, erscheint<br />

die Aussage, dass die Fixierung auf das monetäre Interesse<br />

den Blick für das Wesentliche verstellen könnte,<br />

dennoch reichlich paradox. Geht es denn bei Vergütungstarifverhandlungen<br />

für die Arbeitnehmerseite<br />

nicht vor allem darum, <strong>der</strong> Arbeitgeberseite so viel Geld<br />

wie möglich abzunehmen o<strong>der</strong> – <strong>im</strong> Verhandlerjargon –<br />

ein größtmögliches „Volumen zu generieren“?<br />

Vor<strong>der</strong>gründig mag dies so aussehen. Indes: Geld ist<br />

nicht gleich Geld. Dies lässt sich schon an einfachen<br />

Beispielen belegen. Eine <strong>im</strong> Volumen hohe Einmalzahlung<br />

ist dauerhaft „weniger wert“ als eine <strong>im</strong> Volumen<br />

niedrigere lineare Erhöhung. Nicht abgesicherte variable<br />

Bestandteile <strong>der</strong> Vergütung sind riskanter als<br />

feststehende, „nicht angreifbare“ Bestandteile <strong>der</strong><br />

Vergütung. Die Verhin<strong>der</strong>ung <strong>der</strong> monetären Abkopplung<br />

einzelner Beschäftigtengruppen durch Zurückstellen<br />

von Partikularinteressen kann dauerhaft für<br />

die Bewahrung einer Tarifstruktur wertvoller sein als<br />

ein kurzfristiger finanzieller Vorsprung. Die Beispiele<br />

ließen sich fortsetzen.<br />

ist den Vorbehalten Einzelner hinreichend<br />

Rechnung getragen worden? All diese Fragen<br />

werden legit<strong>im</strong>erweise gestellt, bevor <strong>der</strong><br />

Startschuss für die Verhandlungen überhaupt<br />

gefallen ist. Bleibt die Beantwortung defizitär,<br />

leidet die Durchsetzungsfähigkeit <strong>der</strong> Gesamtfor<strong>der</strong>ung<br />

und ein Scheitern ist vorprogrammiert.<br />

In Kenntnis all <strong>der</strong> vorstehenden Probleme und Bedenken<br />

hat die <strong>GdF</strong>-Tarifkommission sich dennoch<br />

entschlossen, das Hauptgewicht des For<strong>der</strong>ungspakets<br />

für die Vergütungsrunde 2006/2007 auf die Struktur<br />

zu legen und nicht weniger zu for<strong>der</strong>n als eine tiefgreifende<br />

und umfassende Strukturän<strong>der</strong>ung durch<br />

Integration <strong>der</strong> operativen Zulage, Schaffung einer<br />

einheitlichen Lotsenvergütung und Einführung neuer<br />

Vergütungsbän<strong>der</strong> als Ergebnis einer Verdichtung.<br />

Dies hat <strong>der</strong> <strong>GdF</strong> natürlich anfängliche Kritik nicht nur<br />

aus den Reihen <strong>der</strong> eigenen Mitglie<strong>der</strong>, son<strong>der</strong>n – in<br />

sehr viel massiverer Form – vor allem auch vom Arbeitgeber<br />

eingetragen. Im Zentrum <strong>der</strong> Kritik <strong>der</strong> DFS<br />

stand nicht nur ein (auch medial aufbereitetes) „unverdauliches“<br />

und „ruinöses“ Volumen, son<strong>der</strong>n<br />

stets auch <strong>der</strong> strukturelle Ansatz <strong>der</strong> <strong>GdF</strong>. Eine <strong>der</strong><br />

Kardinalfragen <strong>der</strong> Vergütungsrunde, die in <strong>der</strong><br />

Schlichtung eine nicht unmaßgebliche Rolle spielte,<br />

lautete daher:<br />

„Folgt das Geld aus <strong>der</strong> Struktur o<strong>der</strong> folgt die Struktur<br />

aus dem Geld?“<br />

von<br />

RA Dirk<br />

Vogelsang<br />

Schon die Aufstellung einer Entgeltfor<strong>der</strong>ung durch<br />

die Gewerkschaft hat daher weitreichende Konsequenzen<br />

nicht nur für das monetäre Ergebnis <strong>der</strong> jeweiligen<br />

Vergütungsrunde, son<strong>der</strong>n – <strong>im</strong> Guten wie<br />

<strong>im</strong> Schlechten – auch für die mittel- o<strong>der</strong> langfristige<br />

Absicherung einer Vergütungsstruktur, die Möglichkeiten<br />

ihrer Weiterentwicklung und Opt<strong>im</strong>ierung.<br />

Allerdings muss sich eine Gewerkschaft, die anlässlich<br />

einer Vergütungsrunde Struktur gleichgewichtig gegenüber<br />

dem „reinen“ Geldinteresse betont o<strong>der</strong><br />

strukturelle Aspekte sogar in den Vor<strong>der</strong>grund stellt,<br />

auf erheblichen Gegenwind gefasst machen. Sie wird<br />

sich fragen lassen müssen, warum sie am bewährten<br />

System rüttelt, sie wird sich dem Vorwurf aussetzen,<br />

zu Gunsten einer Struktur – also aus prinzipiellen<br />

Gründen – Volumen zu „opfern“, sie wird mit dem<br />

Verdacht leben müssen, dass die Durchsetzung einzelner<br />

Strukturelemente zwangsläufig mit dem Verzicht<br />

auf an<strong>der</strong>e, ebenso wichtige Strukturelemente<br />

bezahlt werden müsse.<br />

Aber auch das Zustandekommen <strong>der</strong> Strukturfor<strong>der</strong>ung<br />

selbst wird kritisch hinterfragt werden. Wer hat<br />

sich das ausgedacht, sind überhaupt alle beteiligt<br />

worden, ist ausreichend Zeit für Diskussion gewesen,<br />

Für die DFS-Vertreter war dies eine weitgehend rhetorische<br />

Frage. Denn für sie war die Behauptung <strong>der</strong> <strong>GdF</strong>,<br />

die strukturelle Umstellung durch Verdichten (= Anheben)<br />

einzelner Vergütungsgruppen nach oben <strong>im</strong>pliziere<br />

notwendigerweise gestaffelte Ausgleichszahlungen<br />

für die davon nicht betroffenen Mitarbeiter,<br />

nur vorgeschoben. Der hinter <strong>der</strong> Frage stehende Vorwurf<br />

lautete <strong>im</strong> Kern, dass die <strong>GdF</strong> sich eine Struktur<br />

„zusammengebastelt“ habe mit dem pr<strong>im</strong>ären Ziel,<br />

möglichst hohe Ausgleichs- und Einmalzahlungen zu<br />

generieren. Salopp formuliert: Die Strukturfor<strong>der</strong>ung<br />

als Vehikel für ein maßlos aufgeblasenes Volumen ...<br />

Die Auseinan<strong>der</strong>setzung um das Verhältnis von Struktur<br />

und Geld war einer <strong>der</strong> meistbeschrittenen Trampelpfade,<br />

die durch das Dickicht des Schlichtungsdschungels<br />

geführt haben. Es lohnt sich, die Phasen<br />

dieses bemerkenswerten Tarifkonflikts einmal grob<br />

nachzuzeichnen, um besser zu verstehen, was hinter<br />

dem Vorwurf <strong>der</strong> DFS eigentlich steckt.<br />

Die Ausgangslage<br />

... <strong>im</strong> Spätsommer 2006 war best<strong>im</strong>mt von zwei grundlegenden<br />

Problemen und damit zusammenhängenden<br />

Anliegen <strong>der</strong> <strong>GdF</strong>.<br />

19 <strong>der</strong> flugleiter 2007/01


Brennpunkt<br />

Problem Nr. 1: Die Entwicklung <strong>im</strong> Bereich Technik und<br />

die auf mehreren Ebenen (FSG!) vorgetragenen Angriffe<br />

gegen die operative Zulage hatten <strong>der</strong> <strong>GdF</strong> nachhaltig<br />

die zukünftigen Gefahren vor Augen geführt. Mittelfristig<br />

drohte die Kannibalisierung von Entgeltbestandteilen<br />

und damit zugleich die Abkopplung einer<br />

wesentlichen Beschäftigtengruppe. Die Lockrufe für<br />

einen reinen „Lotsentarifvertrag“ verstärkten die Besorgnis<br />

eher noch.<br />

Problem Nr. 2: Obwohl die Trennung von Zeit und Geld<br />

bei Kastner längst beschlossene Sache war und es<br />

ein entsprechendes Commitment bei<strong>der</strong> Tarifparteien<br />

gab, war die <strong>GdF</strong> in diese Richtung noch<br />

keinen wirklichen Schritt vorangekommen. Die<br />

Gefahr einer erneuten massiven Gelddebatte<br />

– mit allen negativen Effekten – aus<br />

Anlass <strong>der</strong> Kastner-<br />

<strong>GdF</strong>-For<strong>der</strong>ungen für Tarifrunde 2006<br />

1. Vergütungserhöhung für<br />

die Jahre 2007 und 2008<br />

2. Einmalzahlung<br />

3. Integration von Urlaubs- und<br />

Weihnachtsgeld in die Grundvergütung<br />

4. Integration <strong>der</strong> operativen<br />

Zulage in die Grundvergütung<br />

Neuregelung <strong>im</strong><br />

Herbst 2007<br />

zeichnete sich<br />

deutlich ab. Wie<strong>der</strong>um<br />

stand <strong>im</strong><br />

Zentrum <strong>der</strong> Überlegungen<br />

die operative<br />

Zulage.<br />

Was also tun?<br />

Eine sorgfältige<br />

Analyse <strong>der</strong> Situation<br />

ergab, dass<br />

eine dauerhafte<br />

Integration <strong>der</strong><br />

operativen Zulage<br />

in die (bisherige:<br />

Grund-)Vergütung<br />

ebenso unvermeidlich<br />

war wie<br />

die sich daran anschließende Neuordnung <strong>der</strong> Vergütungsstruktur<br />

durch Verdichtung („Zusammendampfung“)<br />

<strong>der</strong> Vergütungsgruppen.<br />

5. Umstrukturierung des Vergütungssystems<br />

6. Pauschalisierung von Zuschlägen<br />

für Sicherheit<br />

Dabei stand <strong>der</strong> programmatische Grundsatz einer einheitlichen<br />

Lotsenvergütung (<strong>im</strong> Sinne von: Kein Abkauf<br />

von Belastung durch unterschiedliches Entgelt) <strong>im</strong> Vor<strong>der</strong>grund,<br />

wenngleich mit einer Einschränkung: Es war<br />

von vornherein klar, dass eine Bezahlung <strong>im</strong> Center<br />

„nur“ am Wi<strong>der</strong>stand des Arbeitgebers scheitern<br />

könnte, aber grundsätzlich möglich war, während <strong>der</strong><br />

Spread <strong>im</strong> Tower-Bereich <strong>im</strong> Laufe <strong>der</strong> Zeit zu groß<br />

geworden war; hier musste die Angleichung über eine<br />

Verdichtung von 7 auf 4 Gruppen hergestellt werden.<br />

Klar war schließlich auch, dass ein Erfolg <strong>der</strong> <strong>GdF</strong> in<br />

<strong>der</strong> Struktur nur komplett wäre, wenn die Nicht-Gewinner<br />

<strong>der</strong> Verdichtung für die Zeitspanne bis zur<br />

Austarierung <strong>der</strong> Belastungsunterschiede durch die<br />

Kastner-Neuregelung (September 2007) Ausgleichszahlungen<br />

in Höhe <strong>der</strong> Differenz zu den angehobenen<br />

Gruppen erhalten würden. Dies war eine Frage<br />

<strong>der</strong> Gerechtigkeit, ohne die eine Akzeptanz <strong>der</strong> ohnehin<br />

komplexen Gesamtfor<strong>der</strong>ung auch <strong>im</strong> eigenen<br />

Lager nicht herstellbar gewesen wäre.<br />

Es war auch so noch schwierig genug. Die rein handwerklichen<br />

Dinge hingegen nahmen nicht viel mehr<br />

als einen guten Monat in Anspruch, sodass das <strong>GdF</strong>-<br />

Paket etwa Mitte Oktober, rechtzeitig vor Beginn <strong>der</strong><br />

Vergütungsrunde, stand.<br />

Die Prämissen<br />

... <strong>der</strong> <strong>GdF</strong> waren ebenso einfach wie weitreichend.<br />

Von den ersten Anfängen <strong>der</strong> For<strong>der</strong>ungsaufstellung<br />

bis zum Ende <strong>der</strong> Schlichtung haben sie <strong>der</strong> <strong>GdF</strong> als<br />

Kompass gedient, als Gradmesser dafür, ob und wie<br />

weit sie vom Kurs abzukommen drohte. Die Prämissen<br />

lauteten:<br />

1. Keine(r) darf etwas verlieren.<br />

2. Einheitliche Lotsenbezahlung durchsetzen<br />

3. Gerechten Ausgleich für alle MitarbeiterInnen<br />

schaffen<br />

Entsprechend s<strong>im</strong>pel war auch die Formel <strong>der</strong> <strong>GdF</strong> für<br />

den Verhandlungsverlauf: Alles, was <strong>der</strong> Einhaltung <strong>der</strong><br />

Prämissen näher bringt, verringert den Konfliktstoff;<br />

alles, was davon entfernt, erhöht die Wahrscheinlichkeit<br />

von Streiks.<br />

Da die Prämissen sehr allgemein gehalten waren und<br />

es grundsätzlich meistens mehrere Lösungen eines<br />

Problems gibt, war damit natürlich noch nichts Entscheidendes<br />

gewonnen. Aber die rote Linie war wichtig.<br />

Der Verlauf<br />

... <strong>der</strong> Verhandlungen kann in all seinen Phasen auch<br />

hier nur grob skizziert werden. Die lange Etappe vom<br />

Verhandlungsauftakt (01.11.2006) bis zur Einleitung<br />

<strong>der</strong> Schlichtung (08.01.2007) war vor allem geprägt<br />

durch das, was es nicht gab: Kein Angebot, (folglich)<br />

keine echten Verhandlungen, keine Rechtssicherheit,<br />

kein Vertrauen, keine Sachlichkeit und – natürlich –<br />

keine Bewegung.<br />

Als wäre die Fundamentalablehnung <strong>der</strong> DFS und die<br />

systematische Stigmatisierung des <strong>GdF</strong>-Pakets als<br />

„unverdaulich“, „unverhandelbar“, „ruinös“ etc. nicht<br />

bereits schl<strong>im</strong>m genug gewesen, nahm die DFS es mit<br />

ihrer Begründungsstringenz nicht beson<strong>der</strong>s genau:<br />

Mal war es das Volumen, mal die Struktur <strong>der</strong> For<strong>der</strong>ung,<br />

dann wie<strong>der</strong> die Kombination aus beidem, welche<br />

zur Ablehnung führten.<br />

Entgegen <strong>der</strong> beliebten Legendenbildung vom „Tarifdiktat“<br />

<strong>der</strong> <strong>GdF</strong> gab es frühzeitig gewerkschaftliche<br />

Signale für einen Kompromiss. Deutliches Entgegenkommen<br />

bot die <strong>GdF</strong> insbeson<strong>der</strong>e bei <strong>der</strong> For<strong>der</strong>ung<br />

<strong>der</strong> flugleiter 2007/01<br />

20


Brennpunkt<br />

nach Pauschalierung <strong>der</strong> Zeitzuschläge, <strong>der</strong> linearen<br />

Prozentfor<strong>der</strong>ung und den Einmalzahlungen an. Da<br />

gerade die ersten beiden Punkte erhebliche Auswirkungen<br />

auf die Kosten <strong>der</strong> Altersversorgung haben, hätte<br />

dies zumindest für die Abgabe eines Angebots reichen<br />

müssen. Der DFS ging dies jedoch nicht weit genug.<br />

Ende des Jahres – es gab <strong>im</strong>mer noch kein Angebot –<br />

standen alle Zeichen auf Eskalation, die Streikvorbereitungen<br />

liefen auf Hochtouren. Als die DFS in buchstäblich<br />

letzter Sekunde die Reißleine zog und die Schlichtungskarte<br />

spielte, wurde die Situation nicht einfacher<br />

für die <strong>GdF</strong>. Um die drei Prämissen (s.o.) zu bewahren,<br />

mussten sieben Teilziele erreicht werden, die zugleich<br />

die groben Etappen <strong>der</strong> Schlichtung darstellten:<br />

• Der DFS-Gegenvorschlag in <strong>der</strong> Schlichtung musste<br />

vom Tisch<br />

• Die Integration <strong>der</strong> operativen Zulage musste her<br />

• Die einheitliche Center-Bezahlung musste<br />

durchgesetzt werden<br />

• Die Verdichtung <strong>im</strong> Tower-Bereich ebenso<br />

• Die Verdichtung <strong>im</strong> Technik- und FDB-Bereich ebenso<br />

• Die Abschaffung <strong>der</strong> Anlagentabelle ebenso<br />

• Das Volumen durfte durch die Erfüllung <strong>der</strong> ersten 6<br />

Punkte keinen wesentlichen Schaden nehmen<br />

Mühsam und beharrlich wurde ein Punkt nach dem<br />

an<strong>der</strong>en abgearbeitet und damit zugleich die Ursprungsfrage<br />

praktisch beantwortet:<br />

Nein, die Struktur folgt nicht (aus) dem Geld, ja, das<br />

Geld folgt (aus) <strong>der</strong> Struktur.<br />

Eine weitere Erkenntnis war: Die allgemeine Regel,<br />

dass die Bestreikbarkeit einer For<strong>der</strong>ung <strong>im</strong> Verhältnis<br />

zu ihrer Erfüllung exponentiell abn<strong>im</strong>mt, hat die <strong>GdF</strong><br />

in diesem Falle außer Kraft gesetzt. Bis zum unmittelbaren<br />

Schlichtungsende blieb <strong>der</strong> Streik eine sehr<br />

reale Option, da bei gravierenden Mängeln in <strong>der</strong><br />

Struktur o<strong>der</strong> <strong>im</strong> Volumen die Laufzeitunterschiede<br />

(formale For<strong>der</strong>ungslage waren mittlerweile 12 Monate,<br />

nicht mehr 24) den Ausschlag gegeben hätten.<br />

Das Ergebnis<br />

... ist inzwischen bekannt und es bedarf an dieser Stelle<br />

keiner eingehenden Erläuterung mehr. Legt man den<br />

Maßstab <strong>der</strong> drei Prämissen und sieben Teiletappen<br />

an, hat die <strong>GdF</strong> alle gesteckten Ziele ohne nennenswerte<br />

Abstriche erreicht.<br />

Dennoch bleibt <strong>der</strong> Abschluss ein Kompromiss, zu dessen<br />

Erzielung die <strong>GdF</strong> auf die Integration des Urlaubsund<br />

Weihnachtsgeldes, die Pauschalierung <strong>der</strong> Zeitzuschläge,<br />

einen Teil des ursprünglich gefor<strong>der</strong>ten<br />

Volumens und einige kleinere Punkte verzichten musste.<br />

Gerade letztere, die monetär eher unbedeutend<br />

sind, aber bei den Betroffenen Befindlichkeiten auslösen,<br />

sind Anlass<br />

für vereinzelte<br />

Kritik geworden.<br />

Man<br />

sollte gelassen<br />

damit umgehen:<br />

Die Überbetonung<br />

von Einzelaspekten<br />

und<br />

Partikularinteressen<br />

bei gleichzeitiger<br />

Vernachlässigung<br />

des<br />

Gesamtkontextes<br />

Erläuterung zu den Kostentypen<br />

Lineare Kosten:<br />

Erhöhen die Personalkosten <strong>der</strong> DFS dauerhaft<br />

Einmalzahlungen:<br />

Erhöhen die Personalkosten <strong>der</strong> DFS einmalig (in<br />

<strong>der</strong> Regel <strong>im</strong> Jahr des Tarifabschlusses)<br />

hat Tradition bei den MitarbeiterInnen in <strong>der</strong> Flugsicherung.<br />

Darin kommt ein Selbstbehauptungswille<br />

zum Ausdruck, <strong>der</strong> einer effektiven Vertretung von<br />

Arbeitnehmerinteressen an vielen an<strong>der</strong>en Stellen<br />

durchaus nützt.<br />

Immerhin hat die Tarifkommission mit ihrem einst<strong>im</strong>migen<br />

Votum sich den Luxus <strong>der</strong> Nörgelei versagt<br />

und damit eindrucksvoll unterstrichen, dass sie die<br />

politische D<strong>im</strong>ension des Tarifabschlusses sehr genau<br />

verstanden hat.<br />

Die Perspektive<br />

... ist die Frage nach dem, was bleibt und fortwirkt,<br />

sobald die Millionen geflossen und die Beträge <strong>der</strong><br />

linearen Steigerung, die Einmalzahlungen und die<br />

Ausgleichszahlungen auf den Gehaltskonten angekommen<br />

sind.<br />

Die zentrale Botschaft lautet:<br />

Die MitarbeiterInnen <strong>der</strong> DFS werden auch in <strong>der</strong> Zukunft<br />

we<strong>der</strong> eine Abspaltung einzelner Beschäftigtengruppen<br />

noch die Abkopplung einzelner Vergütungsbestandteile<br />

zulassen!<br />

Das zukunftssichernde Moment des jetzigen Vergütungsabschlusses<br />

betont – eher unfreiwillig – auch<br />

die DFS-Geschäftsführung, indem sie stets darauf<br />

hinweist, arbeitgeberseitig beabsichtige man überhaupt<br />

keine Vergütungsabsenkung o<strong>der</strong> Abspaltung<br />

einzelner Mitarbeitergruppen, sodass die <strong>GdF</strong> sich gegen<br />

eine nicht existente Bedrohung absichere. Auf<br />

den hierin zum Ausdruck kommenden Vorwurf <strong>der</strong><br />

Übersicherung lässt sich entgegnen: Wir glauben <strong>der</strong><br />

DFS, dass ein zukünftiger Investor sich als weitaus<br />

schl<strong>im</strong>merer<br />

Arbeitgeber erweisen könnte, umso mehr bedarf es<br />

einer entsprechenden Vorsorge.<br />

Dass die Signale angekommen sind, zeigen <strong>im</strong> Übrigen<br />

die Reaktionen <strong>im</strong> Umfeld <strong>der</strong> Flugsicherung. Auch<br />

dem letzten potenziellen Akquisiteur dürfte spätestens<br />

jetzt klar geworden sein, dass Gewinnmax<strong>im</strong>ierung<br />

auf dem Rücken <strong>der</strong> DFS-Beschäftigten ein<br />

21 <strong>der</strong> flugleiter 2007/01


Brennpunkt<br />

1. Vergütungserhöhung <strong>der</strong> Jahre 2007/08<br />

Kostentyp: Lineare Kosten<br />

(relevant für die betriebliche Altersversorgung)<br />

4% Gehaltssteigerung entsprechend einer Erhöhung<br />

<strong>der</strong> Personalkosten um ca. 20 Mio Euro<br />

2. Einmalzahlung<br />

Kostentyp: Einmalzahlung (nicht relevant für die<br />

betriebliche Altersversorgung)<br />

Die <strong>GdF</strong> for<strong>der</strong>t Einmalzahlung in Höhe von 3.500<br />

Euro für die Mitarbeiter <strong>im</strong> nichtoperativen Bereich<br />

kostet ca. 10 Mio. Euro.<br />

Die von <strong>der</strong> <strong>GdF</strong> gefor<strong>der</strong>te Einmalzahlung für die<br />

Mitarbeiter <strong>im</strong> operativen Bereich kostet ca. 14,4<br />

Mio Euro.<br />

3. Integration von Urlaubs- und<br />

Weihnachtsgeld in die Grundvergütung<br />

Kann kostenneutral umgesetzt werden (keine Auswirkungen<br />

auf die betriebliche Altersversorgung)<br />

4. Integration <strong>der</strong> opertiven Zulage<br />

in die Grundvergütung<br />

Kann kostenneutral umgesetzt werden<br />

(keine Auswirkungen auf die betriebliche<br />

Altersversorgung)<br />

5. Umstrukturierung des Vergütungsystems<br />

Kostentyp: Lineare Kosten (relevant für die betriebliche<br />

Altersversorgung)<br />

Gesamtkosten: ca. 8,9 Mio Euro<br />

6. Pauschalisierung von Zuschlägen<br />

bei Schichtarbeit<br />

Kostentyp: Lineare Kosten (kann kostenneutral für<br />

die betriebliche Altersversorgung umgesetzt werden)<br />

Gesamtkosten: ca. 13,8 Mio Euro<br />

äußerst heikles Unterfangen werden dürfte.<br />

Eine weitere, vielleicht die wichtigste Erkenntnis besteht<br />

darin, dass die <strong>GdF</strong> von einer anfänglich reagierenden<br />

(Reparaturbetrieb!) schließlich zu einer agierenden<br />

gestaltenden Kraft geworden ist. Die neue beson<strong>der</strong>e<br />

Qualität des jüngsten Tarifabschlusses besteht darin,<br />

dass die Tariffor<strong>der</strong>ungen diesmal nicht nur eine Reaktion<br />

auf bereits vorgefundene o<strong>der</strong> kurzfristig zu<br />

erwartende Entwicklungen darstellen. Bei <strong>der</strong> Aufstellung<br />

des Tarifpakets für die Vergütungsrunde 2006/<br />

2007 hat die <strong>GdF</strong>-Tarifkommission erstmals beson<strong>der</strong>es<br />

Augenmerk auf die Übereinst<strong>im</strong>mung <strong>der</strong> For<strong>der</strong>ungen<br />

mit den mittel- und langfristigen Tarifzielen<br />

• Sicherung <strong>der</strong> Arbeitsplätze in <strong>der</strong> DFS GmbH<br />

• Sicherstellung einer hochwertigen Vergütung für<br />

hochwertige Tätigkeiten<br />

• Beibehaltung eines einheitlichen Tarifwerks für alle<br />

Mitarbeiter <strong>im</strong> Unternehmen<br />

• Verhin<strong>der</strong>ung bzw. Abschaffung von leistungsorientierten<br />

Vergütungsbestandteilen für die mit<br />

sicherheitsrelevanten Aufgaben betrauten Bereiche<br />

<strong>im</strong> Unternehmen<br />

• Angemessene Teilhabe am Unternehmenserfolg<br />

<strong>der</strong> <strong>GdF</strong> gelegt.<br />

Zur Perspektive gehört auch, dass die Tarifparteien<br />

aus <strong>der</strong> extremen Anspannung <strong>der</strong> letzten Monate<br />

Lehren für die Zukunft ziehen. Man kann <strong>der</strong> DFS<br />

kaum vorwerfen, dass sie in <strong>der</strong> Schlichtung nicht um<br />

einen Kompromiss bis an die „Schmerzgrenze“ (so<br />

die Schlichterin, Frau Dr. Däubler-Gmelin) gerungen<br />

hätte. Die DFS muss sich aber die Frage gefallen<br />

lassen, warum sie ein weiteres Mal erst unter dem<br />

Druck <strong>der</strong> Schlichtung, verstärkt durch die reale Aussicht<br />

von Streiks, die erstmalige Bereitschaft zur echten<br />

Verhandlung und zur nötigen Bewegung gezeigt<br />

hat. Die Vermutung, dass bei ernsthafter Verhandlungsbereitschaft<br />

<strong>der</strong> DFS bereits <strong>im</strong> Herbst ein Abschluss<br />

weniger teuer ausgefallen wäre, ist keineswegs<br />

abwegig. Dies sollte zu denken geben.<br />

Das Instrument <strong>der</strong> Schlichtung – und auch dies weist<br />

perspektivisch neue Wege – hat sich, so wie es von <strong>der</strong><br />

DFS angewendet wird, weitestgehend verbraucht. Die<br />

Schlichtung kann regelmäßig we<strong>der</strong> Verhandlungen<br />

ersetzen noch in letzter Sekunde einen Arbeitskampf<br />

abwenden – sie sollte ein ausnahmsweises Mittel zur<br />

Konfliktlösung sein, wenn die Tarifparteien das letzte<br />

Wegstück aus eigener Kraft nicht mehr schaffen.<br />

Der Vergütungsabschluss bietet mit seiner zweijährigen<br />

Laufzeit die Chance, zu neuen Ufern aufzubrechen,<br />

auch <strong>im</strong> tarifkulturellen Umgang miteinan<strong>der</strong>. Diese<br />

Chancen in den anstehenden Verhandlungen nicht zu<br />

nutzen, wäre ein Fehler, <strong>der</strong> langfristig weitaus mehr<br />

<strong>der</strong> flugleiter 2007/01<br />

22


Recht<br />

Wer vertritt eigentlich die<br />

Interessen von Apron Control?<br />

Wie bereits in <strong>der</strong> letzten Ausgabe des flugleiters (6/2006, S. 8)<br />

berichtet, hat sich die Fraport AG gerichtlich des Versuchs <strong>der</strong><br />

<strong>GdF</strong> erwehrt, für ihre Vorfeldlotsen einen auf <strong>der</strong>en beson<strong>der</strong>e<br />

Arbeitsbedingungen zugeschnittenen Tarifvertrag abzuschließen.<br />

Im Wege <strong>der</strong> einstweiligen Verfügung sollte <strong>der</strong><br />

<strong>GdF</strong> untersagt werden, ihre For<strong>der</strong>ungen mit Streikmaßnahmen<br />

bei <strong>der</strong> Fraport AG durchzusetzen. Eine Vorgehensweise, wie<br />

sie die <strong>GdF</strong> bereits gut von <strong>der</strong> Fraport-Tochter Flughafen<br />

Frankfurt-Hahn kennt (zuletzt flugleiter 6/2006, S. 11).<br />

Begründet hatte Fraport ihren Antrag damit, die <strong>GdF</strong> sei<br />

laut ihrer eigenen Satzung für die Vorfeldkontrolle unzuständig,<br />

da sie die Wahrnehmung von Flugsicherungsleistungen<br />

zum Gegenstand ihres Organisationsbereichs<br />

gemacht habe und nach den öffentlichrechtlichen<br />

Definitionen die hoheitliche Aufgabe <strong>der</strong><br />

Flugsicherung mit dem Übergang des Rollfeldes auf<br />

das Vorfeld ende. Des Weiteren berief sie sich auf den<br />

so genannten Grundsatz <strong>der</strong> Tarifeinheit, nach dem in<br />

einem Betrieb jeweils nur ein Tarifvertrag Anwendung<br />

finden soll und zwar <strong>der</strong>jenige, <strong>der</strong> dem Betrieb insgesamt<br />

nach seinem Geltungsbereich am nächsten<br />

steht. Ein Tarifvertrag, welcher allein die Vorfeldlotsen<br />

betreffe und damit lediglich 0,6 % <strong>der</strong> Gesamtbelegschaft,<br />

könne auf <strong>der</strong> Basis des Grundsatzes <strong>der</strong><br />

Tarifeinheit aber auf keinen Fall <strong>der</strong> alleinige auf den<br />

Betrieb anwendbare Tarifvertrag sein, so die Schlussfolgerung<br />

von Fraport. Diese höchst streitige Rechtsfrage<br />

steht auch <strong>im</strong> Mittelpunkt <strong>der</strong> Auseinan<strong>der</strong>setzung<br />

auf dem Hahn, wurde zuletzt vom Arbeitsgericht<br />

Mainz – Auswärtige Kammern Bad Kreuznach – jedoch<br />

<strong>im</strong> Sinne <strong>der</strong> <strong>GdF</strong> entschieden (vgl. flugleiter aaO.).<br />

Die <strong>GdF</strong> hat demgegenüber deutlich gemacht, dass <strong>der</strong><br />

in ihrer Satzung verwendete Begriff <strong>der</strong> Flugsicherungsleistungen<br />

nicht anhand <strong>der</strong> öffentlich-rechtlichen<br />

Begrifflichkeiten definiert werden kann, da diese lediglich<br />

den Verantwortungsbereich <strong>der</strong> DFS als beauftragtem<br />

Flugsicherungsunternehmen gegenüber<br />

demjenigen des Flughafenbetreibers abgrenzt und<br />

sich allein an diese beiden adressiert, nicht jedoch in<br />

an<strong>der</strong>en Zusammenhängen herangezogen werden<br />

kann. Im Übrigen erfolgt die Trennung zwischen Vorund<br />

Rollfeld zwischen DFS und Flughafenbetreiber jeweils<br />

unterschiedlich bzw. an einigen Flughäfen sogar<br />

überhaupt nicht: Dort übern<strong>im</strong>mt die DFS die Lenkung<br />

<strong>der</strong> Luftfahrzeuge bis zu ihrer Parkposition. Eine<br />

klare Abgrenzung zwischen <strong>der</strong> einen und <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en<br />

Aufgabe ist daher <strong>im</strong> Hinblick auf die Subsumierung<br />

unter den Begriff <strong>der</strong> „Flugsicherungsleistung“ nicht<br />

möglich. Dieser Begriff wird in <strong>der</strong> Satzung <strong>im</strong> Sinne<br />

einer materiellen Tätigkeitsbeschreibung verwendet.<br />

Die ausgeübten Tätigkeiten unterscheiden sich jedoch<br />

zwischen den Apron- und den Tower-Lotsen<br />

nur darin, dass die Flugsicherung <strong>im</strong> einen<br />

Fall zwei-, <strong>im</strong> an<strong>der</strong>en Fall dreid<strong>im</strong>ensional<br />

erfolgt. Beide bedienen sich <strong>der</strong> gleichen<br />

technischen Hilfsmittel, absolvieren eine<br />

ähnlich aufgebaute Ausbildung und unterliegen<br />

– wie eine Belastungsstudie <strong>der</strong> Apron-<br />

Lotsen in Frankfurt ergeben hat – vergleichbaren<br />

Belastungen, die wie<strong>der</strong>um vergleichbaren<br />

Regelungsbedarf aufwerfen (zu den<br />

Einzelheiten <strong>der</strong> Tätigkeit und <strong>der</strong> Ausbildung bei<br />

Apron Control flugleiter 6/2005, 1/2006 und 2/2006).<br />

Hinsichtlich des zweiten argumentativen Standbeins<br />

von Fraport sei den treuen flugleiter-Lesern wegen<br />

<strong>der</strong> mannigfachen Ausführungen zu diesem Thema in<br />

<strong>der</strong> insoweit vergleichbaren Angelegenheit auf dem<br />

Hahn ein allzu weitgehen<strong>der</strong> Vortrag erspart. Insoweit<br />

beruft sich die <strong>GdF</strong> regelmäßig auf ihre grundgesetzlich<br />

gewährleistete Koalitionsfreiheit, die es verbietet,<br />

einer Spezialisten-Gewerkschaft von vornherein den<br />

Abschluss von Tarifverträgen und den Arbeitskampf<br />

hierfür in Betrieben zu untersagen, in denen die von<br />

ihr vertretene Berufsgruppe nicht die Mehrheit stellt.<br />

Die <strong>GdF</strong> sieht sich mit dieser Auffassung in bester Gesellschaft<br />

mit einem Großteil <strong>der</strong> Landesarbeitsgerichte<br />

– insbeson<strong>der</strong>e mit dem Landesarbeitsgericht<br />

Frankfurt – und einem Großteil <strong>der</strong> Rechtsliteratur<br />

(zur Gegenstandslosigkeit <strong>der</strong> von <strong>der</strong> Gegenauffassung<br />

heraufbeschworenen „Balkanisierung“ <strong>der</strong><br />

Tariflandschaft vgl. flugleiter 6/2006, S. 8).<br />

Das Arbeitsgericht Frankfurt hat sich in I. Instanz<br />

<strong>der</strong> Auffassung <strong>der</strong> <strong>GdF</strong> angeschlossen und den Antrag<br />

von Fraport abgelehnt (Arbeitsgericht Frankfurt,<br />

29.11.2006, 16 Ga 243/06). Der daraufhin von Fraport<br />

eingelegten Berufung hat das Landesarbeitsgericht<br />

(11.01.2007, 9 SaGa 2098/06) stattgegeben und es<br />

<strong>der</strong> <strong>GdF</strong> untersagt, Arbeitskampfmaßnahmen für die<br />

Vorfeldlotsen bei Fraport durchzuführen. Die Urteilsbegründung<br />

des Hessischen Landesarbeitsgerichts<br />

liegt noch nicht vor. Der noch am gleichen Tage veröffentlichten<br />

Presseinformation des Gerichts – übrigens<br />

<strong>der</strong> ersten des Jahres 2007 – lässt sich jedoch<br />

entnehmen, dass das Gericht die <strong>GdF</strong> nach den<br />

einschlägigen öffentlich-rechtlichen Vorschriften als<br />

nicht zuständig für die Tarifierung <strong>der</strong> Vorfeldlotsen<br />

erachtet.<br />

Bemerkenswerterweise hat Fraport noch am gleichen<br />

Tag <strong>im</strong> Intranet ein Interview mit dem Arbeitsdirektor<br />

Herbert Mai veröffentlichen lassen, in welchem dieser<br />

das gerichtliche Vorgehen von Fraport damit begründet,<br />

von Rechtsanwalt<br />

David<br />

Schäfer,<br />

Rechtsanwälte<br />

Weißmantel &<br />

Vogelsang,<br />

Bremen/<br />

Neu-Isenburg<br />

23 <strong>der</strong> flugleiter 2007/01


Recht<br />

man habe Abson<strong>der</strong>ungsversuchen einer Beschäftigtengruppe<br />

entgegentreten und die Destabilisierung<br />

<strong>der</strong> Tarifstruktur von Fraport verhin<strong>der</strong>n müssen. Das<br />

Urteil des Landesarbeitsgerichts wird dementsprechend<br />

als Sieg über einen Erpressungsversuch und<br />

gegen eine „Entsolidarisierung <strong>der</strong> Beschäftigten“<br />

gefeiert. Ganz nach dem Motto „Zuckerbrot und Peitsche“<br />

wird den Apron-Controllern jedoch <strong>im</strong> gleichen<br />

Atemzug „die Hand ausgestreckt“ und angeboten,<br />

nun endlich „bestehende Ungleichgewichte und unangemessene<br />

Erschwernisse abzubauen“.<br />

Es lohnt sich stets, genau hinzuhören, wenn ein Arbeitgeber<br />

sich die Belange <strong>der</strong> Arbeitnehmer auf die<br />

Fahnen schreibt und hierzu Klassenkampfvokabeln<br />

bemüht, insbeson<strong>der</strong>e, wenn er auf <strong>der</strong> einen Seite<br />

Einzelaktionen von Beschäftigtengruppen anprangert,<br />

auf <strong>der</strong> an<strong>der</strong>en Seite aber auf geradezu väterliche<br />

Art seine Bereitschaft erklärt, die aufmüpfige Beschäftigtengruppe<br />

– Wohlverhalten selbstverständlich<br />

vorausgesetzt - wie<strong>der</strong> in die Familie aufzunehmen.<br />

Dann klingt die Botschaft an die Apron Controller<br />

wie<strong>der</strong> mehr nach Gutsherrenart. Die wohlfeile<br />

Rhetorik dient Fraport letztlich allein dazu, einzelne<br />

Beschäftigtengruppen gegeneinan<strong>der</strong> auszuspielen,<br />

um sich auf diese Weise eines vermeintlichen „Erpressungsversuchs“<br />

zu erwehren.<br />

Insbeson<strong>der</strong>e aber geht die „Message“ von Fraport an<br />

dem Kern <strong>der</strong> Auseinan<strong>der</strong>setzung und – soweit sich<br />

das auf <strong>der</strong> Basis einer Pressemitteilung sagen lässt –<br />

wohl auch am Kern <strong>der</strong> Entscheidung des Hessischen<br />

Landesarbeitsgerichts vorbei. Dieses hat nämlich offensichtlich<br />

den Arbeitskampf nicht untersagt, um einer<br />

vermeintlich drohenden Destabilisierung <strong>der</strong> Tarifwelt<br />

bei Fraport Einhalt zu gebieten o<strong>der</strong> gar die Arbeiterklasse<br />

zu einen. Vielmehr hat es lediglich die Satzung<br />

<strong>der</strong> <strong>GdF</strong> restriktiv dahin gehend ausgelegt, dass diese<br />

sich nicht gegenüber Dritten darauf berufen könne,<br />

sie vertrete auch die Mitarbeiter von Apron Control.<br />

Eine Auffassung, <strong>der</strong> man sich nicht zwingend anschließen<br />

muss, <strong>der</strong>en Konsequenzen man jedoch <strong>im</strong> Wege<br />

einer Satzungsän<strong>der</strong>ung ohne weiteres dadurch bereinigen<br />

kann, dass die <strong>GdF</strong> nun kurzfristig ihre Zuständigkeit<br />

für die Mitarbeiter <strong>der</strong> Vorfeldkontrolle <strong>der</strong>art<br />

ausdrücklich in ihre Satzung aufn<strong>im</strong>mt, dass auch für<br />

Dritte kein vernünftiger Zweifel mehr daran verbleiben<br />

kann. Spätestens mit dieser – bereits in die Wege geleiteten<br />

- Satzungsän<strong>der</strong>ung wird dann wohl auch rechtlich<br />

zweifelsfrei feststehen, dass die <strong>GdF</strong> die <strong>im</strong> Rahmen<br />

<strong>der</strong> in Art. 9 Abs. 3 GG gewährleisteten Koalitionsfreiheit<br />

berufene Interessenvertretung <strong>der</strong> Mitarbeiterinnen<br />

und Mitarbeiter <strong>der</strong> Vorfeldkontrolle <strong>der</strong> Fraport<br />

ist und nicht etwa <strong>der</strong> so sehr um die Solidarität seiner<br />

Beschäftigten untereinan<strong>der</strong> bemühte Arbeitgeber.<br />

Joe’s Corner<br />

Eigentlich liebt Joe die ersten Tage <strong>im</strong> Neuen Jahr, wenn die Nachwehen des Jahreswechsels so<br />

langsam nachlassen. Aber dieses Mal war es an<strong>der</strong>s. Denn Joe war einer emotionalen Berg- und-<br />

Talfahrt ausgesetzt. So hatte er sich schon mental auf einen Streik zu Beginn dieses Jahres eingestellt.<br />

Doch dann begann ein Gezerre um diesen Streik, das sich Joe vorher nicht vorstellen konnte. Da<br />

war die DFS mit <strong>der</strong> Behauptung, <strong>der</strong> Streik wäre nicht rechtens, an die Öffentlichkeit getreten.<br />

Danach trat <strong>der</strong> <strong>GdF</strong>-Vorstand zu Beratungen zusammen, zog einige <strong>der</strong> For<strong>der</strong>ungen zurück und<br />

erklärte, die von <strong>der</strong> DFS vorgebrachten Argumente ausgeräumt zu haben. Daraufhin zog die DFS,<br />

ähnlich dem berühmten Kaninchen, ein Angebot aus dem Zylin<strong>der</strong> das nach Meinung Joes eigentlich<br />

gar nicht so schlecht war. Aber es hatte eben den Fehler, dass damit auf die Hauptfor<strong>der</strong>ung <strong>der</strong><br />

<strong>GdF</strong>, eine Neugestaltung <strong>der</strong> Tarifstruktur anzustreben, gar nicht eingegangen wurde. Klar dass <strong>der</strong><br />

Vorstand dieses Angebot ablehnen musste.<br />

So kam Joe ein wenig ins Grübeln. Er fragte sich,<br />

weshalb die DFS so lange gebraucht hatte, um ihre<br />

rechtlichen Einwände gegen den geplanten Streik<br />

vorzubringen. Das kann natürlich taktische Gründe<br />

gehabt haben. Aber Joe kann sich des Eindrucks<br />

nicht erwehren, dass die DFS sich mit den For<strong>der</strong>ungen<br />

<strong>der</strong> <strong>GdF</strong> zunächst nicht so richtig auseinan<strong>der</strong><br />

gesetzt hatte, um dann <strong>im</strong> letzten Augenblick die<br />

Rechtmäßigkeit eines Streiks anzuzweifeln und so<br />

den drohenden Arbeitskampf nicht aus fachlichen<br />

Gründen, son<strong>der</strong>n mit juristischen Winkelzügen abzuwehren.<br />

Und natürlich fragt sich Joe, weshalb die<br />

Rechtsanwälte <strong>der</strong> <strong>GdF</strong> sich nicht ausgiebig mit den<br />

von <strong>der</strong> DFS vorgebrachten juristischen Einwänden<br />

befasst haben. Natürlich weiß Joe, dass drei Juristen<br />

durchaus in <strong>der</strong> Lage sind, zu einem best<strong>im</strong>mten<br />

Sachverhalt mindestens zu sieben, juristisch wohl begründeten<br />

Einschätzungen zu kommen. Dennoch -<br />

gefallen hat dies Joe nicht so richtig.<br />

Nun kam es also zur Schlichtung und Joe hoffte,<br />

dass <strong>GdF</strong> und DFS zu einem Kompromiss finden, mit<br />

welchem beide Seiten leben können und <strong>der</strong> eine<br />

Basis für weitere Verhandlungen darstellt. Dabei<br />

<strong>der</strong> flugleiter 2007/01<br />

24


sollte sich auch so langsam in <strong>der</strong> Chefetage <strong>der</strong> DFS<br />

herumgesprochen haben, dass es sich bei <strong>der</strong> <strong>GdF</strong><br />

nicht um einen „Amateurverein“ handelt, son<strong>der</strong>n<br />

um eine schlagkräftige und ernst zu nehmende Gewerkschaft,<br />

die zumindest bei den operativen Diensten<br />

über einen Organisationsgrad verfügt, <strong>der</strong> die<br />

Herren Bsirske, Peters und Co. vor Neid erblassen<br />

läßt. Und Joe hofft, dass sich <strong>im</strong> Management <strong>der</strong><br />

DFS endlich (wie<strong>der</strong>) die Erkenntnis breit macht,<br />

dass es ihre Mitarbeiter vor Ort sind, die das Produkt<br />

Flugsicherung erbringen, dass sie es sind, die trotz<br />

gleich bleibendem Personalstand ein <strong>im</strong>mer höheres<br />

Verkehrsaufkommen mit einem hohen Sicherheitsstandard<br />

bewältigen und dass es eigentlich selbstverständlich<br />

sein sollte, sie entsprechend dieser Leistung<br />

zu bezahlen. Und dass eben diese Entlohnung nicht<br />

einem herbeigewünschten Wettbewerb unter europäischen<br />

Flugsicherungsdienstleistern geopfert<br />

werden darf.<br />

Doch <strong>der</strong> Arbeitskampf ist nicht die einzige Sorge,<br />

die Joe beschäftigt. So musste er mit Erstaunen feststellen,<br />

dass das Veto des Bundespräsidenten bei den<br />

Verantwortlichen sowohl <strong>im</strong> Ministerium als auch<br />

bei den Politikern zu keinem grundsätzlichen Nachdenken<br />

über die Natur <strong>der</strong> Flugsicherung geführt<br />

hat, son<strong>der</strong>n dass am Ziel <strong>der</strong> Kapitalprivatisierung<br />

weiter festgehalten wird. Wie dies geschehen soll,<br />

entzieht sich Joes Kenntnis, aber er kann sich gut<br />

vorstellen, dass nun Versuche unternommen werden,<br />

das Grundgesetz zu än<strong>der</strong>n o<strong>der</strong> es auf irgendeine<br />

Weise zu umgehen. Was ein eigenartiges Verhältnis<br />

unserer Staatsdiener und best<strong>im</strong>mter Politiker<br />

zu unserer Verfassung offenbaren würde. Man<br />

muss <strong>im</strong> Ministerium, um einen ehemaligen CSU-<br />

Politiker und Minister zu zitieren, ja nicht jeden Tag<br />

mit dem Grundgesetz unter dem Arm herumlaufen.<br />

Aber reinschauen könnte man hin und wie<strong>der</strong><br />

schon einmal. Und dann könnte man dort auch<br />

nachlesen, dass Flugsicherung eine hoheitliche Aufgabe<br />

ist. Und die sollte man, so meint Joe, nicht unbedingt<br />

Kapitalinteressen aussetzen.<br />

Doch dies scheint man <strong>im</strong> Ministerium und vor allem<br />

in <strong>der</strong> Chefetage <strong>der</strong> DFS vergessen zu haben.<br />

Dort sieht man in <strong>der</strong> Flugsicherung in erster Linie<br />

eine Dienstleistung und so hat Joe das <strong>im</strong> letzten<br />

„Transmission“ abgedruckte Interview mit dem juristischen<br />

Berater des Bundespräsidenten mit einem<br />

Gefühl gelesen, das irgendwo zwischen Schmunzeln<br />

und Ärgern angesiedet war. Hat doch <strong>der</strong> Interviewer<br />

<strong>im</strong>mer wie<strong>der</strong> versucht, dem Präsidentenberater<br />

die Aussage zu entlocken, Flugsicherung wäre nichts<br />

an<strong>der</strong>es als eine ganz normale Dienstleistung. Man<br />

merkt die Absicht und ist verst<strong>im</strong>mt!<br />

Joe hat auch mit Erstaunen gehört, dass <strong>der</strong> <strong>im</strong><br />

Ministerium zuständige Abteilungsleiter trotz des<br />

präsidialen Vetos, das man auch als präsidiale Ohrfeige<br />

bezeichnen könnte, ganz guter Laune ist. Nun<br />

weiß Joe natürlich nicht, worin diese gute Laune begründet<br />

ist. Vielleicht mag sich <strong>der</strong> Ministerialbeamte<br />

sagen, dass er sich ohnehin keine Sorgen um seinen<br />

Job zu machen habe. Schließlich wird <strong>der</strong> ja<br />

nicht kapitalprivatisiert. Und darüber hinaus hat die<br />

Ministerialbürokratie schon alles überlebt. Das Kaiserreich,<br />

die We<strong>im</strong>arer Republik, die Nazidiktatur<br />

und auch die westdeutsche Bundesrepublik. Letzlich<br />

ist es den Ministerialdirektoren und -dirigenten<br />

gleichgültig, wer unter ihnen Minister ist. O<strong>der</strong> er ist<br />

guter Laune, weil er schon einen Plan hat, wie das<br />

Grundgesetz umgangen werden kann. Dabei ist Joe<br />

<strong>der</strong> Meinung, dass unsere Verfassung ein hohes Gut<br />

ist, das nicht einfach geän<strong>der</strong>t o<strong>der</strong> umgangen werden<br />

sollte.<br />

Überhaupt hat Joe den Eindruck, dass in Berlin<br />

die Verfassung eher als lästig angesehen wird, wenn<br />

es darum geht, politische Wunschvorstellungen<br />

durchzusetzen. Hatte da das Verfassungsgericht nicht<br />

den Abschuss eines entführten Passagierflugzeuges<br />

untersagt, weil Menschenleben nicht mit Menschenleben<br />

aufgerechnet werden dürfen? Doch dieses Urteil<br />

aus Karlsruhe liess den Innenminister offenbar<br />

nicht ruhen und so kam er auf die glorreiche Idee,<br />

dass man Passagierflugzeuge durchaus abschießen<br />

dürfe, wenn man dadurch die Grundlagen des Gemeinwesens<br />

schützen könne. Nun weiß Joe nicht so<br />

genau, was unter den Grundlagen des Gemeinwesens<br />

zu verstehen ist. Unter an<strong>der</strong>em würde er darunter<br />

die Achtung <strong>der</strong> Menschenwürde und - wie<br />

oft soll man dies eigentlich noch betonen - auch den<br />

Respekt vor unserer Verfassung verstehen. Dass<br />

Menschen nach Meinung des Innenministers nun<br />

weniger wert sein sollen als <strong>der</strong> ziemlich schwammige<br />

Begriff <strong>der</strong> Grundlagen des Gemeinwesens, hält<br />

Joe für einen Irrweg, ja sogar für einen Skandal.<br />

So hat das Neue Jahr für Joe an<strong>der</strong>s begonnen als<br />

die vielen Jahre zuvor. Pathetisch veranlagte Menschen<br />

würden behaupten, dass es ein Jahr <strong>der</strong> beson<strong>der</strong>en<br />

Herausfor<strong>der</strong>ungen sein wird. Joe ist nicht<br />

beson<strong>der</strong>s pathetisch angelegt, aber dieses Mal dürfte<br />

es die Lage ziemlich genau beschreiben. Meint<br />

Joe<br />

Joe’s Corner<br />

25 <strong>der</strong> flugleiter 2007/01


Feuilleton<br />

Feuerstuhl o<strong>der</strong> die „rheinische“<br />

Inthronisation – Eine wahre Geschichte<br />

von<br />

Ralph<br />

Reinwarth<br />

Der Wunsch nach äußeren Insignien <strong>der</strong> Macht ist ein alter<br />

Menschheitstraum, <strong>der</strong> auch - je nach Kultur und Zeitalter –<br />

nach Kräften erfüllt wird. Natürlich wurden diese Gelüste in<br />

<strong>der</strong> feudalen Zeit eher berücksichtigt und befriedigt, als in <strong>der</strong><br />

Zeit nach <strong>der</strong> Aufklärung, <strong>der</strong> Säkularisierung, dem um sich<br />

greifenden Laizismus und <strong>der</strong> relativ nüchternen, technisch<br />

orientierten Welt <strong>der</strong> Neuzeit.<br />

Very high performers bitten freitags zum „Casual Day“,<br />

man darf sogar mal während <strong>der</strong> Arbeitszeit den<br />

Transformation-dress zum Weekend hin auftragen,<br />

schon mal ein Button-down-Hemd ohne Schlips tragen,<br />

beinahe frivol für ansonsten Dress-Code-uniformierte<br />

Wichtigmenschen.<br />

Damit habe ich womöglich schon das Problem beleuchtet;<br />

wie kann ich - des uniformierten Dresscodes<br />

beraubt - die Wichtigkeit herausheben? Die gängigste<br />

Idee war seit jeher <strong>der</strong> reservierte Parkplatz. Oft versucht,<br />

<strong>im</strong>mer gescheitert, an allen möglichen Einwänden,<br />

zuletzt an <strong>der</strong> absoluten Priorisierung von Behin<strong>der</strong>tenparkplätzen,<br />

die ja völlig in Ordnung ist, aber<br />

doch so eine Schmerzgrenze zieht, <strong>im</strong> Selbstwertgefühl<br />

des bevorzugt parkenden Chefs, <strong>der</strong> sich einen<br />

reservierten Parkplatz wünscht. Vermutlich.<br />

Neulich wurde in <strong>der</strong> Wachleiterbesprechung neben<br />

den üblichen, ärgerlichen Themen, die „Bottom Up“<br />

generiert werden, auch ein ärgerliches „Top Down“-<br />

Thema diskutiert, nämlich, dass man aus <strong>der</strong> Herde<br />

<strong>der</strong> Wachleiter den gerade amtierenden nicht herauskennt,<br />

besprochen. Und - an<strong>der</strong>s als mit den lästigen<br />

„bottom up“ Themen <strong>der</strong> arbeitenden Bevölkerung -<br />

kam man auch flugs zu einem Lösungsansatz: Der<br />

„Supervisor in Charge“ braucht einen roten Stuhl!<br />

OK, wenn´s <strong>der</strong> Sicherheit dient, und wenn<br />

es nur <strong>der</strong> Sicherheit dient, zu wissen, wer<br />

jetzt hier wirklich „in Charge“ ist. Aber was,<br />

wenn er sich erhebt? Dann mache ich doch<br />

ein „transmitting in the blind“ wenn ich<br />

lauthals eine Staffelungsunterschreitung<br />

melde. Da wäre vielleicht ein adrettes Leibchen<br />

in <strong>der</strong> Stuhlfarbe recht, das den Inhaber<br />

<strong>der</strong> Position auch in einem gewissen Umkreis um<br />

den Stuhl herum als solchen kenntlich macht, vielleicht<br />

durchwirkt von lumineszierenden Applikationen,<br />

um sich von eventuell ähnlichen modischen Accsessoires<br />

junger Trainees zu unterscheiden. So eine<br />

Warnweste, wie sie für Autofahrer in südlichen Län<strong>der</strong>n<br />

Vorschrift ist, machte sich ganz gut.<br />

Für den Fall des Herumfahrens des SViC (Supervisor<br />

in Carge) mit seinem Extra-Stuhl wäre auch die Anbringung<br />

von Zebrastreifen <strong>im</strong> Kontrollraumteppich<br />

denkbar, über die man gefahrlos zum Ablösen gehen<br />

kann, ohne dass man von ihm o<strong>der</strong> vom Pusher des<br />

Pizzaservice/Chinamann Lieferungsabholkarrens<br />

überfahren wird, weil alle Fahrzeuge, auch Rollstühle,<br />

davor halten müssen.<br />

Bleibt die Frage, ob die Corporate-Ethik es verlangt,<br />

einem eventuell höher gestellten Besucher diesen<br />

Stuhl aus Gründen <strong>der</strong> hierarschichen Ordnung unterschieben<br />

zu müssen. Aber da <strong>der</strong> Feuerstuhl funktionsgebunden<br />

ist, plädiere ich für einen Besucherstuhl<br />

in päpstlichem weiss. O<strong>der</strong> zwei o<strong>der</strong> drei, wer<br />

weiss denn, wer alles kommt?<br />

Das hebt ihn aus <strong>der</strong> Masse <strong>der</strong> mit blauen Stühlen bewehrten<br />

Arbeiter heraus. Das macht man auf an<strong>der</strong>en<br />

Kommandoständen genauso, und das klappt. Nach<br />

Bekanntwerden dieses Tagesordnungspunktes hat<br />

sich bei uns die arbeitende Bevölkerung schlappgelacht<br />

und ist zur selben übergegangen. Aber man kann<br />

sich sehr täuschen, dringende Probleme werden bei<br />

uns flott gelöst, ich traute meinen<br />

Augen nicht, in <strong>der</strong> Wachleitermuschel<br />

steht ein in Kardinalsrot<br />

samten bezogener<br />

Stuhl, in <strong>der</strong> Bauform gleich<br />

denen <strong>der</strong> einfachen Arbeiter,<br />

aber purpurn bezogen, wie es<br />

einer Center-Führungskraft<br />

offenbar gebührt.<br />

Zeichnung: Inga Rohmann<br />

<strong>der</strong> flugleiter 2007/01<br />

46


Feuilleton<br />

Aber das eigentliche Problem scheint die Identifizierung<br />

des SViC zu sein, was sich natürlich verschärft,<br />

wenn sich <strong>der</strong> Arsch (des SViC) zwecks eventueller<br />

Dienstgänge von seinem Insigniumsmöbel physisch<br />

lösen muss. Meine bisherige Frage: „Wer ist denn in<br />

Charge“ an die allsonn/feiertägliche Wachleitertraube<br />

in <strong>der</strong> Muschel wäre jetzt zu ersetzen durch „wer<br />

von euch hätte denn den Thron am Arsch?“ weil <strong>der</strong>selbe<br />

wegen übergehängter Jacke gar nicht als solcher<br />

erkennbar ist.<br />

Eine blaue Kordel von den Schulterklappen zur Brusttasche<br />

ginge auch, o<strong>der</strong> kardinalsrot, damit es nicht<br />

altbekannt wirkt, o<strong>der</strong> ein Ärmelüberzieher, <strong>der</strong> die<br />

Buchstaben „SViC“ statt „UvD“ trägt, dann ist man<br />

geländeübergreifend als wichtig erkennbar.<br />

Weil oft wichtige Informationen einfach in den Raum<br />

gebrüllt werden, könnte doch auch <strong>der</strong> jeweilige Sektorwachleiter,<br />

wenn man sich unter den operativen<br />

Führungskräften geeinigt hat, wer das Briefing ausfallen<br />

lässt, nach <strong>der</strong> SViC-Lotterie in seine jeweilige<br />

EBG rufen: „Habemus Papam“ und dessen Initials<br />

per MTD auf jedem Scope sichtbar machen.<br />

Vorschlag: Schon an <strong>der</strong> Akademie lernen die lieben<br />

Kin<strong>der</strong> anhand einer munteren Weise des Deutschen<br />

Kin<strong>der</strong>liedguts die Bedeutung dieses Stuhls:<br />

Es sitzt ein wichtig Männlein <strong>im</strong> OPS-Raum rum<br />

es hat ein Extra Stühlchen aus Purpur um.<br />

Da stelle ich, am Sektor knieend auf dem Arme-Sün<strong>der</strong>-Bänkchen,<br />

die Frage ganz nach oben:<br />

„Oh Herr, wo ist hier <strong>der</strong> Notausgang?“<br />

47 <strong>der</strong> flugleiter 2007/01

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